5. Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassung und Ausblick 5. Zusammenfassung und Ausblick Die vorliegende Arbeit beschreibt Untersuchungen über molekulare Wirkungsmechanismen v...
Author: Martha Hartmann
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Zusammenfassung und Ausblick

5.

Zusammenfassung und Ausblick

Die vorliegende Arbeit beschreibt Untersuchungen über molekulare Wirkungsmechanismen von Thiadiazol-Schmierstoffadditiven. Thiofunktionalisierte Derivate des 1,3,4Thiadiazols werden als Hochdruck- und Verschleißschutz-Zusätze in Schmierstoffen als so genannte extreme-pressure (EP) und anti-wear (AW) Additive eingesetzt. EP/AWAdditive bewirken durch eine Reaktionsschichtbildung auf den Werkstoffoberflächen Schutz gegen Mikroverschweißen der Reibpartner und reduzieren gleichzeitig den Verschleiß. Ziel der Arbeit war es, in Zusammenarbeit mit einem Industriepartner anhand ausgewählter Modell-Fälle einen Beitrag zur Korrelation zwischen der Chemie der Additive, der Reaktionsschichtbildung und den tribologischen Eigenschaften auf der Basis eines molekularen Verständnisses der Prozesse zu erlangen. Im Blickpunkt standen Alkylmonothio- und Alkyldithiothiadiazole mit verschiedenen Alkylsubstituenten. Schwerpunktmäßig betrachtet wurden 2-(tert-Butyldithio)-5methyl-1,3,4-thiadiazol (TB1), 2,5-Bis(tert-butyldithio)-1,3,4-thiadiazol (TB2), 2,5Bis(n-dodecyldithio)-1,3,4-thiadiazol (SS12) und dessen Monothioderivat S12 sowie als Modelle für den Kernbaustein dieser Additive 2,5-Dimercapto-1,3,4-thiadiazol (DMcT) und 2-Mercapto-5-methyl-1,3,4-thiadiazol (McMT). Für diese Substanzen wurde das Adsorptionsverhalten auf verschiedenen Oberflächen, das Thermolyseverhalten und die chemische Reaktivität in Lösung untersucht.

N

N

N

R

R S

S N

H3C

NH

HS N

S

TB1 S

S

S N

n-C12H25 S

n-C12H25

N

S S

C(CH3)3

(H3C)3C

N

S S

S

n-C12H25

SS12

S

S

S N

S

S12

CnHm

S

S N

S N

S S

N

McMT

NH DMcT S

N

S

S

S N

H3C

S

1,3,4-ThiadiazolHmCn Additive

TB2 S

S

n-C12H25

C(CH3)3

146

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Um schwerpunktmäßig die Reaktivität der Thiadiazole zu analysieren, sind im Rahmen dieser Arbeit verschiedene Zugangsmöglichkeiten zu dem komplexen Phänomen der Bildung von Triboschichten gewählt worden. Untersucht wurde zum einen die Schichtbildung durch Reaktionen der Additive auf Metalloberflächen im Öl (Abschnitt 3.1). So wurden die Schichten charakterisiert und Additiv-spezifische Einflüsse aufgefunden. Um die Wechselwirkung zwischen Additiv und Metall auf molekularem Level näher zu betrachten und die Anzahl unbekannter Einflussgrößen zu minimieren, müssen geeignete vereinfachte Systeme herangezogen werden. Dies geschah zum einen unter oberflächenchemischen Gesichtspunkten in UHV-Studien, in denen Additive auf eine Modelloberfläche aufgedampft und dort zur Oberflächenreaktion gebracht wurden (Oberflächenchemie Abschnitt 3), zum anderen dadurch, dass als kleinste zugängliche Wechselwirkungsmodelle molekulare Additiv-Metall-Komplexe im Hinblick auf Struktur und Reaktivität untersucht wurden (Synthesechemie und Koordinationschemie Abschnitt 2). Ein anderer molekularer Zugang bestand darin, die thermische Zersetzung der Additive an sich zu untersuchen. Dies geschah nicht gelöst in einem Öl, sondern zweckmäßig in der Gasphase, so dass der Zerfall der idealerweise isolierten Moleküle in einem Inertgas mittels Pyrolyse herbeigeführt wurde und die primären Zerfallsprodukte in einer inerten Matrix isoliert und charakterisiert wurden (Thermolysen und MatrixIsolation Abschnitt 4). Synthese, Struktur und Reaktivität thiofunktionalisierter Thiadiazole: Molekulare Modellsysteme für Schmierstoffadditive Ausgangspunkt für die Studie bildete die genaue Kenntnis der Moleküleigenschaften der Additive. Eine Reihe von Additiven und Additivmodellen konnte dargestellt und strukturell charakterisiert werden. Die Kernbausteine der Additive, DMcT und McMT, weisen eine interessante Tautomerie zwischen Thiol und Thion bzw. Thioamid auf. Die Lage des Tautomerie-Gleichgewichtes sorgt in der Literatur immer noch für Kontroversen. In dieser Arbeit ist die Tautomerisierung für DMcT und McMT mit Dichtefunktional-Rechnungen untersucht worden. In Übereinstimmung und Kombination mit schwingungsspektroskopischen und strukturchemischen Ergebnissen wurde gezeigt, dass für DMcT ein Thion-Thiol- und für McMT ein Thion-Tautomer die energetisch günstigste Struktur darstellen. Für McMT wurde die Umwandlung der Tautomere untersucht und ein Übergangszustand mit Cs-Symmetrie und einem viergliedrigen Ring 147

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(NHSC) aufgefunden. Die Tautomerisierung beeinflusst die Reaktivität der Thiadiazole. Bis zu dieser Arbeit war die Molekülstruktur von McMT im Festkörper nicht bekannt. Die Moleküle (Abbildung 87) werden im Festkörper durch intermolekulare N–H···SWasserstoffbrücken zusammengehalten mit d(N···S) = 328.3 pm und (N–H···S) = 158.37°. Die Packung im Kristall kann als kettenförmige Anordnung der ThiadiazolMoleküle entlang der kristallographischen b-Achse beschrieben werden – ein in Bezug auf andere bekannte Thiadiazol-Thione einzigartiges Muster, da gewöhnlicherweise für diese Verbindung nur Dimere beobachtet werden. Im Hinblick auf eine potentielle Anwendung im Liganden-Design für Metallkomplexe wurden auch die anderen Additive strukturell charakterisiert (Abbildung 87). Als molekulare Modelle für die Reaktionsschichtbildung organischer Disulfide auf Metallen sind verschiedene Thiadiazol-Metall-Komplexe entwickelt worden. Ein Silberthiadiazolat [Ag(McMT)]x stellt ein molekulares Modell für die Reaktionen von Thiadiazol-Additiven in ihrer Funktion als Buntmetalldesaktivatoren dar, und darüber hinaus wurde durch den thermischen Abbau dieser Modellsubstanz die Bildung einer Reaktionsschicht von Metallsulfiden auf Metalloberflächen nachvollzogen. Aufgrund der

außerordentlich

komplexen

Reaktionen

von

Fe(0)-Komplexen

mit

den

Alkyldithiothiadiazolen TB1 und TB2 wurde als einfaches Additivmodell Di-tertbutyldisulfid ausgewählt und das Thiolat [Fe2(CO)6(µ-StBu)2] synthetisiert, um für Thermolyse-Experimente zu dienen. Die Kristallstruktur von [Fe2(CO)6(µ-StBu)2], ein FeIFeI-Komplex mit einer formalen Metall-Metall-Bindung, konnte im Rahmen dieser Arbeit komplett anisotrop verfeinert werden (Abbildung 87). Das Thiolat ist ebenso ein molekulares Modell für die Reaktionsschichtbildung organischer Disulfide auf Eisen. In Analogie zu Reaktionen an einer Eisenoberfläche führt die Spaltung der Disulfidbindung in einer oxidativen Addition an Fe(0) zu einer Thiolatzwischenstufe. Verglichen mit Thiolaten auf Eisenoberflächen ist das molekular stabilisierte Modell aber bei Raumtemperatur isolierbar. Im weiteren Reaktionsschritt führt dann die Pyrolyse der Thiolate zur Bildung von FeS, Fe und flüchtiger Zersetzungsprodukte als Simulation der Schichtbildung welche auf einer Oberfläche einsetzen würde. Über eine alternative Syntheseroute ist es gelungen, mit [CpFe(CO)2(McMT)][BF4] in einer Adduktbildung einen wohldefinierten und bei Raumtemperatur beständigen Eisenkomplex mit einem Thiadiazol-Liganden zu synthetisieren und teilweise zu charakterisieren (IR, NMR, MS).

148

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TB1

McMT TB2

[Fe2(CO)6(µ-StBu)2]

Abbildung 87: Durch Einkristall-Röntgenstrukturanalyse bestimmte Molekülstrukturen ausgewählter Verbindungen. Für McMT ist die kettenförmige Verknüpfung der Moleküle durch N–H···S-Wasserstoffbrücken entlang der b-Achse in einem Ausschnitt anhand von drei Molekülen dargestellt.

Thiadiazol-Additive und deren Reaktionsschichten: Molekulares Design bestimmt Schichteigenschaften und tribologische Performance Die Hochdruckwirkung oder EP-Wirksamkeit organischer Schwefelverbindungen in Schmierstoffen beruht auf der Bildung von Metallsulfiden auf den Oberflächen der Reibpaarung, die dann den Verschleiß und das Verschweißen der Reibpartner verhindern. Die Wirksamkeit eines Zusatzes hängt von der Bildungsgeschwindigkeit

149

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und den mechanischen Eigenschaften der Schutzschicht ab. Die Entstehung thermisch induzierter Reaktionsschichten einiger Thiadiazol-Additive und Modellverbindungen auf Eisen (Schichtsysteme und Pulver) und Kupfer ist mittels Thermoanalyse und oberflächenanalytischer Methoden analysiert worden. Im Mittelpunkt stand bei unterschiedlichen Reaktionsbedingungen das Wechselspiel zwischen Moleküleigenschaften und Materialeigenschaften der gebildeten Schichten. Es wurde auch im Falle komplexer heterocyclischer Verbindungen gezeigt, dass die Korrelation von Thermoanalysen an Additiv-Metallpulver-Mischungen mit tribologischen Daten funktioniert und somit die Thermoanalyse als relativ schnelle Routinemethode zur Evaluierung von Additiven und Additivmodellen in Reaktivitätsuntersuchungen dienen kann. Es wurde demonstriert, dass Monothio-Verbindungen wie etwa S12 bei höherer Temperatur mit Metallen reagieren als Dithio-Derivate gleicher Kettenlänge (SS12). Verkürzt man die Kettenlänge der Dithio-Verbindungen (TB2), erniedrigt man die Temperatur des Reaktionsbeginns. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die tribologische Performance der Additive auf der Basis der thermoanalytischen Befunde vorausgesagt: Bei gleicher chemischer Natur der Seitenketten sollten die Dithio-Verbindungen ein höheres Lasttragevermögen bzw. eine höhere Verschweißgrenze als entsprechende Monothio-Verbindungen zeigen. Variiert man die Kettenlänge, so ist bei steigender Kettenlänge eine Herabsetzung der Verschweißgrenze zu erwarten. In Prüfstandsversuchen bei unserem Industriepartner konnten diese Voraussagen sehr gut bestätigt werden. Wie an dieser Stelle der Arbeit gezeigt wurde, besteht die Möglichkeit durch rationale chemische Modifizierungen auf mikroskopischer Ebene die makroskopischen Eigenschaften (den Reaktions- und somit Einsatzbereich der Additive) zu steuern. Zur Validierung und chemischen Analyse ist die mikroskopische Oberflächenanalytik nötig, um aufzuklären, welche Reaktionen man im makroskopischen ThermolyseExperiment beobachtet hat. REM/EDX- und vor allem XPS-Analysen gestatten es, die chemische Zusammensetzung der Reaktionsschichten zu beschreiben. Die Additive bilden im mittleren Temperaturbereich (etwa 200 °C) zunächst eine organische Reaktionsschicht, die durch Oberflächenpolymerisation oder Chemisorption aktiver Additive oder Zerfallsprodukte zustande kommt. Bei Temperaturerhöhung (250 °C) oder längerer Einwirkungszeit (bei 150 °C) reagieren die organischen Wirksubstanzen mit der Metalloberfläche zu Metallsulfiden, der anorganischen Reaktionsschicht. Die in der Einleitung erwähnte Anforderung an Organoschwefelverbindungen, dass solche 150

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Verbindungen zur Vermeidung kritischer Reibzustände am effektivsten sind, die ungefähr im Temperaturgebiet von 150 –250 °C mit den Werkstoffen Metallsulfide bilden, wird von beiden untersuchten Dialkyldithio-1,3,4-thiadiazolen, SS12 und TB2, erfüllt. Anhand dünner Schichtsysteme aus Eisen (130 nm Dicke) wurde belegt, dass der EPWirkmechanismus auf einer kontrollierten chemischen Korrosion der Oberfläche basiert. Die dünnen Eisenschichten reagierten im Rahmen der Metallsulfidbildung komplett unter Auflösung und wurden gewissermaßen "geätzt". Hierbei ist vorstellbar, dass das Additiv direkt mit der Oberfläche reagiert oder dass es zerfällt und als Vorläufer (Precursor) für weitere aktive Spezies dient, die dann wiederum mit der Oberfläche reagieren oder sich auf dieser ablagern. Durch den Zerfall, der in dieser Arbeit auch molekülchemisch betrachtet und analysiert wurde, bilden die tribochemisch aktiven Komponenten (intakte Thiadiazole, aber auch Isothiocyanide, Schwefel, Kohlenstoffdisulfid u. a.) mit dem Metall ein Metallsulfid. Dies gilt für Eisen wie für Kupfer. Die anderen Reaktionsprodukte, wie zum Beispiel Alkanthiolate können oberflächenaktiv wirken und die anorganischen Phasen bedecken, wie hier am Beispiel von Kupfer dargestellt: Kohlenwasserstoff-Schicht Schwefel Kupfersulfid Kupfer

Dieses Reaktionsverhalten zur Bildung einer organischen Reaktionsschicht kann durch die vorhin erwähnten molekularen Modelle gestützt werden. Die Länge der Alkylsubstituenten an den Thiadiazolen beeinflusst über den Einbau in die Schichten die Kristallinität und Morphologie. Sind weiche, amorphe, duktile Schichten erwünscht, sind lange Alkylketten erste Wahl. Kürzere Ketten lassen die Schichten brüchig und spröde werden. Über eine chemische Modifizierung der Additive ist also nicht nur deren Reaktivität einstellbar, auch morphologische Eigenschaften der Reaktionsschicht werden beeinflusst, wie die in dieser Arbeit nachgewiesenen Additiv-abhängigen morphologischen und damit tribomechanischen Veränderungen der Schichten zeigen (Abbildung 88). Das molekulare Additiv-Design bestimmt die Schichtmorphologie. Somit ist es möglich, dass man durch eine Feinabstimmung der chemischen Zusammensetzung optimale Additiv-Pakete für gegebene tribologische Anforderungen erzielen kann (fine-tuning der Additive). 151

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2200 2000

S 2p

1800 1600 1400

intakte Multilage Referenz

1200 1000 800

A einsetzende Bildung einer Reaktionsschicht aus Kupfersulfid

600

B

400 175

170

165

160

155

BE / eV

Abbildung 88: Additiv-abhängige Morphologie der thermisch induzierten Reaktionsschichten auf Kupfer, links oben TB2, rechts oben SS12. Im XPS-Spektrum kann die Schichtbildung durch die chemische Verschiebung des S2p-Signals für das intakte Additiv, die organische und die anorganische Reaktionsschicht (FeS oder hier Cu2S) verfolgt werden. Unten der Schichtaufbau von TB2 auf Kupfer bei unterschiedlichen Einwirkungszeiten (a 1 h, b 3 h, c 14 h).

Die Bereitschaft einiger der hier untersuchten Additive zur Schichtbildung bei moderaten Temperaturen eröffnet somit die Möglichkeit Materialien, wie zum Beispiel Bestandteile eines Lagers, gezielt durch Einlegen in eine Additivlösung vorzubehandeln, um die Einlaufeigenschaften der Werkstücke zu verbessern. Tatsächlich stellte sich in Prüfstandversuchen heraus, dass sich thermisch induzierte Schichten auf dem Stahl 100 Cr 6 mit allen verwendeten Additiven positiv auf das Reibungs- und Verschleißverhalten auswirken. Die Wirkung der thermisch erzeugten Schichten kann durch eine Einglättung der Oberfläche und günstigere Reibeigenschaften der Schutzschicht erklärt werden; Frühschäden beim Anlaufen werden gemildert oder verhindert. Das Adsorptionsverhalten und die temperaturinduzierte Zersetzung der 1,3,4Thiadiazolderivate DMcT und McMT auf der Modelloberfläche Gold wurden in Lösung

sowie

unter

Ultrahochvakuum-Bedingungen

untersucht,

um

weitere

Informationen über die Reaktivitätsunterschiede dieser Verbindungen zu gewinnen, die sich nur durch eine Methyl- bzw. Thiolgruppe voneinander unterscheiden. Für beide Verbindungen wurde ein Adsorptionsmodell (Abbildung 89) aufgestellt: McMT adsorbiert aus ethanolischer Lösung auf Gold, zerfällt aber überwiegend zu einem nicht-

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stöchiometrisch zusammengesetzten und stickstoffarmen Film mit kleineren Molekülfragmenten, so auch einige Schwefel-Isomere. DMcT hingegen bildet Dünnschichten auf Gold, die aus intakten Molekülen und durch oxidative Kupplung gebildeten Oligomeren entstehen. Man kann also von einer Oberflächenpolymerisation sprechen. Diese Modellreaktion ist beispielhaft für die Entstehung organischer Reaktionsschichten der Additive auf Metalloberflächen. Eine temperaturabhängige XPS-Studie ergab, dass in-situ bei 130 K erzeugte McMT-Dünnschichten auf Gold aus intakt adsorbierten Molekülen bestehen, sich aber oberhalb 300 K zu neuen stabilen Oberflächenspezies zersetzen (Abbildung 89). Die hohe Reaktivität der Thiadiazole auch auf der relativ inerten Goldoberfläche ist schon erstaunlich und gibt einen Hinweis, warum diese Substanzklasse als Schwefel-Precursor dient und so wirksam für die Bildung schützender Reaktionsschichten ist.

a)

N S N

S

N

S

N

S

S S

S

S

N

S

N

S S

S

S

N N

NH

N

S

S

S

S

S

N

N

S

N S

N

S

S

Au(111)

Au(111) b) N

H3C

N N

N

H3C

N

S

C S S

H3C

C S

S

S

N N

C

S

C

CH 3

N

N

S C

S

S S

Au(111)

Au(111) Abbildung 89: Schematische Adsorptionsmodelle zur Bildung von DMcT- (a) und McMTDünnschichten (b) auf Goldsubstraten nach Einlegen in ethanolische Lösungen.

Experimente zu thermischen Zersetzungsreaktionen: Thiadiazole als PrecursorVerbindungen für tribochemisch aktive Substanzen In einem Reibkontakt können lokal sehr hohe Temperaturen auftreten, weil die Reibarbeit an den mikroskopischen Kontaktflächen in Wärme umgewandelt wird, was zu einer lokalen Temperaturerhöhung führt (Kontakt- oder Blitztemperatur). Diese lokalen Temperaturspitzen können bis zu 1000 °C betragen und etwa 10-6 s andauern.

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Die Zielsetzung dieses Teils der Arbeit war es, das Thermolyseverhalten der thiofunktionalisierten Thiadiazole zu untersuchen. Im Unterschied zu Experimenten, die man an der Volumenphase durchführen könnte, ermöglichte die Kombination von Pyrolyse und Matrix-Isolation primäre Reaktionsprodukte und reaktive Moleküle zu beobachten. Die Reaktionsprodukte der Pyrolyse (Temperaturen im Ofenteil bis zu 800 oder 1000 °C) wurden schockartig in einer inerten Argon-Matrix ausgefroren und dort durch FTIR-Spektroskopie charakterisiert und identifiziert.

S

S

S

N

S

H3C

Thermolyse

N

S

S

H3C

Thermolyse

N

S8

HCN

H3C

S

C

N

N

CH2

H3C H

S

H3C

S

+

S N

N

C H

S

H3C N

HNCS

(S2)

CS2

S4

HCN

S6

CH3CN

S8

CH3CN

S

HNCS

S

H

(S2) S4

CS

H3C

S N

CS2

CH2

C

S

S

HNCS

H3C

N

S2

H

H 2 S2 S4 S6 S8

(S) S

H3C S2

S

CH3CN

2

+

N

HNCS

N

S S

McMT

S S

S

N

S

S

S

S

S S

S

S

H3C

S4 (C2h)

S4 (C2v)

S

S

HCN

S

S

S S

S

S S

S

S

S

S

cyclo-S6

cyclo-S8

HNCS

CS2

DMcT

S

HNCS

H N

HS

S3=S (S4)

Thermolyse

N

S4 (Cs)

S

S2

CH3NCS

H

S S

S

2 HCN +

CS2

H

S

2

Thermolyse

N

S

S

HCN CS2 Sx

Abbildung 90: Zusammenstellung ausgewählter Thermolyse-Reaktionen und Thermolyse-Produkte der Alkyldithiothiadiazole TB1 und TB2 sowie der Modellverbindungen McMT und DMcT.

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In den Thermolyse-Experimenten mit den Alkyldithiothiadiazolen und Mercaptothiadiazolen konnte demonstriert werden, dass alle untersuchten Substanzen zu tribochemisch aktiven Verbindungen zerfallen. Eine schematische Zusammenstellung der wichtigsten Experimente ist in Abbildung 90 wiedergegeben. Hierbei sind vor allem Verbindungen wie Isothiocyansäure HNCS, Kohlenstoffdisulfid CS2 und aktive Schwefel-Spezies Sx (x = 2, 4, 6, 8, ...) zu nennen, die als Primärprodukte der eigentlichen Fragmentierung, aber auch als Produkte von Sekundärreaktionen, etwa des Zerfalls von HNCS zu HCN und Schwefel, auftreten können. Gemessen an dem IR-spektroskopischen Nachweis der ersten Thermolyse-Produkte ist DMcT die reaktivste untersuchte Verbindung, denn sie reagiert schon bei 140 °C Pyrolyseofen-Temperatur. Das Alkyldithiothiadiazol TB2 reagiert knapp unter 200 °C und TB1 wie McMT um 200 °C. Generell ist abzuleiten, dass Thiadiazoladditive durch Alkylabspaltung bzw. β-Wasserstoffumlagerung in Form primärer Alkene reagieren und den Thiadiazolkern unter Bildung von Schwefel zurücklassen. Zentraler Punkt ist das Vermögen der Additive Reaktionsschichten auszubilden. Neben der Reaktion des Additivs mit der Eisenoberfläche kann dies auch durch Reaktionen der Thermolyseprodukte mit dem Stahl erfolgen. Die Wirkung der Thiadiazol-Additive kann daher im Rahmen eines verallgemeinerten Precursor-Konzeptes verstanden werden, da sie Vorläufersubstanzen für weitere tribochemisch aktive Verbindungen darstellen und unter Reibungseinwirkungen zu diesen zerfallen können. Die Entstehung der tribochemisch aktiven Komponenten ist besonders interessant, und die hier geschilderten Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag das Antiverschleißverhalten von schwefelhaltigen heterocyclischen Additiven wie Alkyldithiothiadiazolen zu verstehen. Hervorzuheben ist auch die Identifizierung der verschiedenen SchwefelIsomere, so zum Beispiel das kettenförmige cis/trans-Isomer S4 und das verzweigte ringförmige S3=S (S4). Diese reaktiven Zwischenprodukte der Thermolyse von TB1 und TB2 konnten mit Hilfe der Matrix-Isolation aufgefangen werden. Schwefel-Spezies wie diese reagieren unter normalen Bedingungen übertragen auf einen Reibkontakt bereitwillig und spontan zu Metallsulfiden und Organoschwefelverbindungen. Fazit Die Charakterisierung der thermischen Eigenschaften der Additive und ihrer Reaktivität auf verschiedenen Oberflächen gelang durch den kombinierten Einsatz verschiedener 155

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physikalisch-chemischer Methoden. Die Natur der Reaktionsschichten und die der Bildung zugrunde liegenden Mechanismen konnten beschrieben werden. Durch ein modellhaftes Verständnis der molekularen Wirkungsweisen dieser Verbindungen sind Vorhersagen über die tribologische Wirksamkeit auf der Grundlage physikalischchemischer Betrachtungen möglich, welche die Neuentwicklung und Optimierung von Additiven vereinfachen und beschleunigen könnten. Wie im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden konnte, ist es also möglich durch chemische Modifizierungen auf mikroskopischer Ebene einige makroskopische Eigenschaften –auch die tribologische Performance– zu steuern. Somit ist ein wichtiger Schritt erfolgt, durch eine Feinabstimmung der chemischen Zusammensetzung optimale Additiv-Pakete für gegebene tribologische Anforderungen komponieren zu können. Zudem ist es möglich, den hier entwickelten methodischen Zugang auf andere Additiv-Systeme zu erweitern und so die empirischen tribologischen Versuchsreihen durch ein tiefergehendes Verständnis von Wirkung und Leistungsgrenzen moderner Schmierstoffe zu ergänzen.

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