5 Grundlagen der Differentialrechnung

VWA-Mathematik WS 2003/04 5 Grundlagen der Differentialrechnung 5.1 Abbildungen Unter einer Abbildung f, f : D → W, x → y = f (x ) von einer Menge...
Author: Arthur Grosse
1 downloads 7 Views 213KB Size
VWA-Mathematik

WS 2003/04

5 Grundlagen der Differentialrechnung 5.1 Abbildungen Unter einer Abbildung f, f : D → W,

x → y = f (x )

von einer Menge D (Definitionsbereich) in eine Menge W (Wertemenge) versteht man eine Zuordnungsvorschrift, bei der jedem Element aus D genau ein Element aus W zugeordnet wird. Der dem Element (Argument) x ∈ D zugeordnete Wert aus W wird mit f(x) (Funktionswerte, Bildpunkte) bezeichnet. Beispiele:

a)

b)

Es dürfen keinem Element aus D zwei oder mehrere Werte zugewiesen werden.

1

VWA-Mathematik

WS 2003/04

2

Die Zuordnungsvorschrift kann in Form eines Ausdruckes oder in Form einer Tabelle erfaßt werden. Beispiel:

a)

D = { x  x ist Einwohner von Regensburg } f(x): Körpergröße des Einwohners x W = {y ∈ R  y > 0}

b)

Die Gebühren für Geldüberweisungen sind eine Funktion des Überweisungsbetrages: D={x∈Rx>0} W = { 0,50; 1,00} Zuordnungsvorschrift f(x): Überweisungsbetrag x Gebühr f(x)

bis 10 € einschließlich

über 10 €

0,50 €

1,00 €

5.2 Reelle Funktionen Bei reellen Funktionen handelt es sich um spezielle Abbildungen, für die gilt:

Also

Definitionsbereich

D=R

(oder D ⊂ R)

Wertebereich:

W=R

(oder W ⊂ R)

f:

R→R

x: unabhängige Variable

x → y = f(x)

f(x): abhängige Variable

Die Zuordnungsvorschrift wird i.a. durch eine Funktionsgleichung beschrieben. Die Funktion selbst kann durch eine graphische Darstellung in einem Koordinatensystem veranschaulicht werden (Graph).

VWA-Mathematik Beispiel:

f:

WS 2003/04

R → R,

f(x) =x

3

(identische Abbildung)

f(x)=y (Ordinate) 5 4 3 2 1 x (Abszisse)

0 -3

-2

-1

1

2

3

4

5

-1 -2 -3

5.2.1

Lineare Funktionen

Lineare Funktionen gehören zur Gruppe der ganzen rationalen Funktionen bzw. zu den Polynomen. Die allgemein Form eines Polynoms lautet: n

n-1

f(x) = anx + an-1x

+ ... + a1x + a0 = 0

a i:

Koeffizienten

n:

Grad des Polynom

Polynome des 1. Grades sind lineare Funktionen bzw. Geraden. Die allgemeine Form einer Gerade lautet: f(x) = ax + b a: Steigung der Geraden (Î gibt an, um wie viel sich f erhöht, wenn sich x um 1 erhöht) b: y-Abschnitt

VWA-Mathematik

WS 2003/04

4

Der Graph von allgemeinen Funktionen (Kurven) wird mit Hilfe einer Wertetabelle angefertigt. Beispiel:

f(x) = 2x + 1 x f(x)

f(x)=y (Ordinate) 5 4 3 2 1 x (Abszisse)

0 -3

-2

-1

1 -1 -2 -3

2

3

4

5

VWA-Mathematik 5.2.2

WS 2003/04

5

Ganze rationale Funktionen (Polynome)

Beispiel:

R → W,

f:

2

f(x) = x

2

Da x ≥ 0 für alle x ∈ R, gilt für den Wertebereich W von f: W = { x ∈ R  x ≥ 0} x f(x)

f(x)=y 9 8 7 6 5 4 3 2 1 -5

x

0 -4

-3

-2

-1

1 -1

2

3

4

5

VWA-Mathematik 5.2.3

WS 2003/04

6

Gebrochen rationale Funktionen

Noch allgemeinere Funktionen sind die sog. gebrochen-rationalen Funktionen, die sich allgemein darstellen lassen als: f(x) =

g( x ) , h( x )

wobei g(x) und h(x) Polynome sind. Eine gebrochen rationale Funktion ist überall dort definiert, wo der Nenner ungleich Null ist.

Beispiel:

f(x) =

x +1 x

(d.h. f: {x ∈ R  x ≠ 0} → {y ∈ R  y ≠ 1})

D = R \ {0} W = R \ {1} x f(x)

f(x) 5 4 3 2 1 x

0 -4

-3

-2

-1

1 -1 -2 -3 -4

2

3

4

5

VWA-Mathematik

WS 2003/04

7

5.3 Steigung von Funktionen Für bestimmte Zwecke benötigt man eine Maßzahl für die Änderung, die „Steigung, den „Weiterverlauf“ einer Funktion von einem bestimmten Punkt x0 an. I) Steigung linearer Funktionen: f(x)

x

Die Steigung in einem Punkt x0 ist die relative Änderung von f, bezogen auf die Änderung von x: Steigung der Geraden: s =

∆f ( x ) ∆y = ∆x ∆x

Bei linearen Funktionen (f(x) = ax + b): ∆x = x1 – x0 ∆f(x) = f(x1) – f(x0) = ax1 + b – (ax0 + b) = ax1 + b – ax0 – b = ax1 - ax0 = a(x1 – x0) ⇒s=

∆f ( x ) a( x1 − x 0 ) = =a ∆x x1 − x 0

Lineare Funktionen haben also in jedem Punkt dieselbe Steigung, nämlich a.

VWA-Mathematik

WS 2003/04

8

II) Steigung nicht-linearer Funktionen: f(x)

x

Als Maß für die Steigung s findet allgemein der Quotient s=

df ( x ) dx

Anwendung. (Da der Quotient

df ( x ) den wahren Weiterverlauf der Funktion von Punkt x0 an umso dx

genauer beschreibt, je kleiner dx ist, geht man von einer sehr kleinen Strecke dx aus.) Kennt man die Steigung einer Funktion, so läßt sich die Veränderung des Funktionswertes [df(x)] auch darstellen als: df ( x ) = s ⋅ dx .

VWA-Mathematik

WS 2003/04

9

Man kann die Steigung durch die Tangente an die durch die Funktion beschriebene Kurve im Punkt x0 veranschaulichen. f(x)

x

f(x)

x

f(x)

x

VWA-Mathematik

WS 2003/04

10

Zu jedem Punkt des Definitionsbereichs von f läßt sich die Steigung bestimmen: f(x)

x

Man erhält auf diese Weise eine neue Zuordnungsvorschrift, die jedem Punkt x des Definitionsbereiches die Steigung der Funktion f im Punkt x zuordnet: x → Steigung von f in x Diese neue Funktion wird mit f’(x) bezeichnet und heißt 1. Ableitung von f(x). Sie gibt in jedem Punkt die Maßzahl (Steigung) an, wie sich die Funktion ändert. Statt „bilden der 1.Ableitung von f(x)“ ist auch der Ausdruck „man differenziert die Funktion f(x)“ gebräuchlich. Will man die Maßzahl für die Änderung der Funktion f(x) für einen gegebenen Punkt x0 bestimmen, so ist zunächst die 1. Ableitung der Funktion f(x) zu bilden und dann f’(x0) zu berechnen.

VWA-Mathematik

WS 2003/04

5.4 Differentiationsregeln 5.4.1

Potenzfunktion f(x) = xn

n∈Q

f '(x) = n ⋅ xn−1

Beispiele:

5.4.2

Summe von Funktionen

Die Ableitung einer Summe ist gleich die Summe der Ableitungen: f(x) = u(x) + v(x) f(x) = c f(x) = c ⋅ u(x)

Beispiele:

f '(x) = u'(x) + v '(x) f '(x) = 0 f '(x) = c ⋅ u'(x)

11

VWA-Mathematik 5.4.3

WS 2003/04

Produkte von Funktionen f(x) = u(x) ⋅ v(x)

f '(x) = u'(x) ⋅ v(x) + u(x) ⋅ v '(x)

Beispiele:

5.4.4

Quotienten von Funktionen f ( x) =

Beispiele:

u( x ) v( x )

f' (x) =

u' (x) * v(x) - u(x) * v' (x) ( v( x ))2

12

VWA-Mathematik 5.4.5

WS 2003/04

Kettenregel f(x) = u(v(x))

f’(x) = u’(v(x)) * v’(x)

also: von außen nach innen ableiten/differenzieren Beispiele:

13

VWA-Mathematik

WS 2003/04

14

5.5 Funktionen mehrerer Variablen Während bisher der Funktionswert nur von einer Variablen abhängig war, soll nun am Beispiel von zwei Variablen der allgemeine Fall dargestellt werden. z = f(x,y) Derartige Funktionen lassen sich im zweidimensionalen Raum graphisch nicht mehr darstellen. Man kann sich jedoch im dreidimensionalen Raum den Funktionsverlauf vorstellen. Beispiel:

2

3

2

z = f(x,y) = x + 3x - y + y + 4xy +8

Man kann nun auch für Funktionen mehrerer Variabler die Steigung in einem bestimmten Punkt bestimmen, jedoch nur in der x-Richtung oder in der y-Richtung, wobei die jeweils andere Variable wie eine Konstante behandelt wird. Da nur nach einer Variablen abgeleitet werden kann, spricht man von teilweiser (partieller) Ableitung und macht dies durch Verwendung des Symbols ∂ anstelle von d kenntlich. Da die Variablen, nach denen jeweils nicht differenziert wird, wie Konstante zu behandeln sind, gilt für die partiellen Ableitungen der oben angegebenen Funktion:

VWA-Mathematik

WS 2003/04

sx =

∂f ( x, y ) = 2x + 3 + 4y ∂x

sy =

∂f ( x, y ) 2 = -3y + 2y + 4x ∂y

Dabei bezeichnen:

Beispiel:

sx

die Steigung der Funktion f für ein gegebenes y in x-Richtung

sy

die Steigung der Funktion f für ein gegebenes x in y-Richtung

15

VWA-Mathematik

WS 2003/04

16

5.6 Extrema von Funktionen 5.6.1

Charakterisierung von Extremwerten einer Funktion

Einen Punkt, der in einer Umgebung den höchsten Funktionswert aufweist, nennt man Hochpunkt (relatives Maximum) einer Funktion. f(x)

x

Einen Punkt, der in seiner Umgebung den niedrigsten Funktionswert aufweist, nennt man Tiefpunkt (relatives Minimum) einer Funktion. f(x)

x

VWA-Mathematik

WS 2003/04

17

In beiden Fällen zeichnet sich der extreme Punkt durch eine horizontale Tangente aus. Da einer horizontalen Tangente eine Steigung von Null entspricht, sind diejenigen x-Werte zu finden, für die die 1. Ableitung den Wert Null annimmt. Vom Vorgehen her ist also •

f ' (x ) gleich Null zu setzen und



die daraus resultierende Gleichung nach x aufzulösen, soweit dies möglich ist.

Beispiele:

VWA-Mathematik 5.6.2

WS 2003/04

18

Unterscheidung der Extremwerte

Die Unterscheidung, ob es sich bei einem x 0 -Wert, bei dem der Graph der Funktion eine horizontale Tangente aufweist, um ein relatives Maximum oder ein relatives Minimum der Funktion handelt, erfolgt mit Hilfe der 2. Ableitung der Funktion. Hat man die 1. Ableitung einer Funktion bereits gebildet, so kann man diese neue Funktion mit Hilfe der angegebenen Differentiationsregeln erneut differenzieren und erhält auf diese Weise wiederum eine Funktion, die sog. 2. Ableitung, die mit f ' ' (x ) bezeichnet wird.

Es gilt:

Beispiele:

f ' ' (x 0 ) > 0 ⇒

relatives Minimum in x 0

f ' ' (x 0 ) < 0 ⇒

relatives Maximum in x 0

f ' ' (x 0 ) = 0 ⇒

kein Extremwert (Sattelpunkt)

VWA-Mathematik

WS 2003/04

19

5.7 Beispiele für Funktionen in den Wirtschaftswissenschaften 5.7.1

Produktionsfunktion

Die Produktion stellt den Zusammenhang zwischen Faktoreinsatz und Ausbringungsmenge dar.

x: Menge ri: Faktoreinsatzmengen, i = 1, 2, ...I x = f(r1, ..., rI) Beispiel:

5.7.2

x = 2r

Nachfragefunktion/Preis-Absatzfunktion

Die Nachfragefunktion s = f(p) beschreibt die mengenmäßige Nachfrage nach einem Gut in Abhängigkeit von diesem Preis p. Sie gibt an, welche Menge bei welchem bestimmten Preis abgesetzt werden kann.

f(p)

f(p)

p

p

VWA-Mathematik 5.7.3

WS 2003/04

20

Kostenfunktion

Die Kostenfunktion K(x) beschreibt die gesamten Kosten eines Betriebes, die bei der Produktion der Menge x eines bestimmten Gutes anfallen.

K(x)

K(x)

x

5.7.4

x

Umsatzfunktion

Die Umsatzfunktion U gibt an, welchen Erlös ein Anbieter erzielt, der von einem bestimmten Gut die Menge x zum Preis p absetzt. Sie kann sowohl als Funktion des Preises als auch als Funktion der Absatzmenge x angesehen werden.

VWA-Mathematik

WS 2003/04

21

U(x)

x

5.7.5

Gewinnfunktion

Die Gewinnfunktion G(x) gibt an, welcher Gewinn beim Verkauf der Menge x eines Gutes erzielt wird. G(x) = U(x) - K(x)