2008 B8 237

18.10.2010 Gericht Asylgerichtshof Entscheidungsdatum 18.10.2010 Geschäftszahl B8 237132-0/2008 Spruch B8 237.132-0/2008/5E IM NAMEN DER REPUBLIK!...
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18.10.2010

Gericht Asylgerichtshof

Entscheidungsdatum 18.10.2010

Geschäftszahl B8 237132-0/2008

Spruch B8 237.132-0/2008/5E IM NAMEN DER REPUBLIK! Der Asylgerichtshof hat gemäß § 61 iVm § 75 Abs. 7 Ziffer 2 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009, (AsylG 2005) und § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit: Serbien, vom 06.05.2003 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.04.2003, Zahl: 02 16.226-BAE, zu Recht erkannt: I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen. II. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 1997 wird festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung von XXXX nach Serbien zulässig ist.

Text Entscheidungsgründe: I. Verfahrensgang: Der Beschwerdeführer brachte vor, den im Spruch genannten Namen zu ehemaligen Bundesrepublik Jugoslawien und Angehöriger der Volksgruppe 19.06.2002 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, XXXX (protokolliert zur Asylgerichtshofes) illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist Lebensgefährtin stellte er am 21.06.2002 einen Antrag auf Gewährung von Asyl.

führen, Staatsangehöriger der der Serben zu sein und am Zahl: B8 237.133-0/2008 des zu sein. Ebenso wie seine

Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 04.12.2002 gab der Beschwerdeführer befragt nach seinen Wohnverhältnissen an, dass er bis zum Jahr 1999 gemeinsam mit seiner Mutter, seiner damaligen Ehefrau und seinen Kindern im Elternhaus gelebt habe. Nach der Scheidung im Jahr 2000 sei seine Familie (gemeint seine geschiedene Gattin und seine Kinder) ausgezogen und habe der Beschwerdeführer von diesem Zeitpunkt an zusammen mit seiner Mutter gewohnt. Er sei einfaches Mitglied der SPS gewesen, an politischen Aktivitäten habe er jedoch nicht teilgenommen. Befragt, weshalb er im Juni 2002 sein Heimatland verlassen habe, brachte der Beschwerdeführer vor, dass er Probleme mit der Polizei in XXXX gehabt habe; er sei im Zeitraum zwischen Mai und Ende des Jahres 2001 mehrmals zu Informationsgesprächen geladen worden. Das letzte Informationsgespräch habe zehn Tage vor seiner Ausreise stattgefunden. Im Rahmen dieser Informationsgespräche sei er befragt worden, weshalb er der Ladung im Zuge der Mobilmachung bezüglich des Kosovokonfliktes keine Folge geleistet habe. Aufgrund seiner Reservistentätigkeit wäre der Beschwerdeführer nämlich im Mai/Juni 2001 einberufen worden. Folgen habe die Nichtbefolgung der Einberufung jedoch nicht nach sich gezogen. Abgesehen von den genannten Informationsgesprächen wegen der behaupteten Nichtbefolgung der Einberufung habe es weitere, zehn bis fünfzehn Informationsgespräche gegeben. Diese Gespräche seien deshalb erfolgt, weil der ehemalige Schwager des Beschwerdeführers, der Kommandant der Polizei in XXXX, namens XXXX dem Beschwerdeführer "Probleme habe bereiten wollen". Dieser habe verhindern wollen, dass die Kinder aus der früheren Ehe des www.ris.bka.gv.at

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Beschwerdeführers beim Beschwerdeführer leben würden. Vor dem Scheidungsurteil hätten die Kinder - wie oben erwähnt - im Haus des Beschwerdeführers gewohnt, die Obsorge sei jedoch in der Folge seiner geschiedenen Frau übertragen worden. Über Vorhalt, dass die Vorgangsweise des Kommandanten nicht plausibel erscheint, zumal die Obsorge der Kinder ohnehin auf die Kindesmutter übertragen worden sei, gab der Beschwerdeführer nunmehr an, dass die Kinder auch nach der Scheidung weiterhin beim Beschwerdeführer gelebt hätten; dies deshalb, weil seine Ex-Frau die Kinder nicht abgeholt habe. Über erneuten Vorhalt, dass die Vorgangsweise des Kommandanten weiterhin nicht verständlich erscheint, führte der Beschwerdeführer lediglich aus, dass "es aber so gewesen sei". Die Frage, ob die behaupteten Probleme ausschließlich auf einer privaten Feindschaft zwischen dem Beschwerdeführer und dem örtlichen Polizeikommandanten beruhen würden, wurde seitens des Beschwerdeführers bejaht. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass sein ehemaliger Schwager stets Wege gefunden habe, um dem Beschwerdeführer Probleme zu bereiten; auch eine Wohnsitzverlegung habe ihn daran nicht gehindert. Im Zuge einiger Informationsgespräche zwischen Juni und September 2001 sei dem Beschwerdeführer seitens des Kommandanten mitgeteilt worden, dass er "in diesem Land nicht mehr frei leben könne". Befragt nach dem Inhalt des letzten Informationsgespräches gab der Beschwerdeführer an, dass dieses deshalb stattgefunden habe, weil der Beschwerdeführer im März 2002 Polizisten mit einer Pistole bedroht hätte. Die Polizisten hätten den Beschwerdeführer damals aufgesucht, weil dieser begonnen habe, "seine Rechte wahrzunehmen"; der Beschwerdeführer habe sich erkundigt, was er gegen die ständigen Polizeischikanen unternehmen könne. Die Situation sei in der Folge eskaliert, weil sich unter den Beamten jener Polizist befunden habe, der im Jänner 2001 die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers geschlagen habe. Diese sei damals schwanger gewesen und habe aufgrund des Übergriffes das Kind verloren. Genauer befragt nach der "Eskalation" gab der Beschwerdeführer an, dass er "ausgerastet" sei und den obgenannten Polizisten mit dem Umbringen bedroht habe. Er habe eine Pistole holen wollen, sei jedoch zuvor überwältigt und festgenommen worden. Im Zuge der Haft, welche lediglich ein paar Stunden gedauert habe, sei der Beschwerdeführer geschlagen worden. Er sei in der Folge wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt angezeigt worden, eine Gerichtsverhandlung habe jedoch noch nicht stattgefunden. Befragt nach dem Verfahrensstand führte der Beschwerdeführer aus, dies nicht zu wissen; er wisse nur, dass er angezeigt worden sei; deshalb sei er auch ausgereist. Auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, XXXX, gab im Rahmen ihrer Einvernahme am 04.12.2002 an, dass der Beschwerdeführer Probleme mit seinem ehemaligen Schwager, einem hohen Funktionär bei der Polizei, gehabt habe. Die Hintergründe dieser Probleme vermochte die Lebensgefährtin nicht zu nennen, sie gab diesbezüglich lediglich an, dass es normal sei, dass "ein Bruder seine Schwester schütze". Befragt nach den Kindern des Beschwerdeführers, brachte die Lebensgefährtin vor, dass diese öfters zu Besuch gekommen wären. Über Vorhalt der diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers, führte sie aus, dass die Kinder bis zur Scheidung beim Beschwerdeführer gelebt hätten, danach wären sie lediglich zu Besuch gekommen. Die Frage, ob es jemals zu einer Anzeigeerstattung oder einer Anklageerhebung gegen sie selbst oder den Beschwerdeführer gekommen sei, wurde seitens der Lebensgefährtin explizit verneint. Über erneuten Vorhalt, dass den Angaben des Beschwerdeführers folgend jedoch eine Anklage erhoben worden sei, gab sie an, diesbezüglich nichts zu wissen. Am 05.12.2002 wurde ein Erhebungsersuchen an die österreichische Botschaft in Belgrad gestellt und um Überprüfung der Angaben des Beschwerdeführers ersucht. Konkret wurde darin unter anderem der Name des Polizeichefs in XXXX erfragt und darüber hinaus angefragt, ob eine Person namens XXXX innerhalb der Polizei in XXXX zuzuordnen sei. Im Zuge der daraufhin erstatteten Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad vom 27.03.2003 wurde ausgeführt, dass Hauptmann XXXX seit November 2001 mit der Leitung (Polizeichef) des SUP XXXX betraut sei. Eine Person namens XXXX sei zu keiner Zeit mit einer Führungsfunktion in SUP XXXX (vergleichbar mit einer Polizeidirektion) betraut gewesen. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 24.04.2003, AZ: 02 16.226-BAE, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und weiters festgestellt, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "in die Bundesrepublik Jugoslawien /nunmehr Serbien, Montenegro" gemäß § 8 AsylG 1997 zulässig sei (Spruchpunkt II.). Eine Ausweisung wurde der damals anzuwendenden Rechtslage entsprechend nicht ausgesprochen. Das Bundesasylamt gelangte im angefochtenen Bescheid zu dem Ergebnis, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der behaupteten, auf privaten Motiven beruhenden, Schikanen durch den Polizeichef in XXXX nicht glaubhaft sei und darüber hinaus auch bei hypothetischer Zugrundelegung keine Asylrelevanz begründen würde. Bezüglich der vorgebrachten Nichtbefolgung der Einberufung wurde ausgeführt, dass diese im Ergebnis nicht entscheidungsrelevant sei und ebenfalls nicht geeignet sei, eine asylrelevante Verfolgung darzutun. www.ris.bka.gv.at

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Gegen diesen Bescheid, dem damaligen rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt am 25.04.2003, wurde mit Schriftsatz vom 06.05.2003 fristgerecht Berufung (in der Folge als Beschwerde bezeichnet; vgl. diesbezüglich § 23 Asylgerichtshofgesetz [Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I 4/2008]) erhoben und der Bescheid in vollem Umfang wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Ausgeführt wurde darin, dass die Behörde erster Instanz ihrer konstituierten Ermittlungspflicht nicht nachgekommen sei und es unterlassen habe, auf die dem Beschwerdeführer drohende Verfolgungsgefahr Rücksicht zu nehmen. Entgegen der Feststellungen der Behörde erster Instanz habe sich die politische Lage in der Heimat des Beschwerdeführers nicht verbessert; vielmehr sei eine Verschlechterung der Rechtssicherheit, eine Verrohung der politischen Auseinandersetzung und eine Verleugnung der bisherigen Werte eingetreten. In weiten Kreisen der Bevölkerung sei zudem das Gefühl der Unsicherheit und der Wertlosigkeit erzeugt worden. Auch würden die Feststellungen hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit nicht den Tatsachen entsprechen. Der Beschwerdeführer wiederholte weiters im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen, führte jedoch nunmehr aus, dass ein Freund seines Ex-Schwagers ein hoher Funktionär der Polizei in XXXX gewesen sei; dieser hätte den Beschwerdeführer immer wieder zu Informationsgesprächen geladen. In weiterer Folge wurden die beweiswürdigenden Ausführungen der Behörde erster Instanz wiederholt dargelegt und angemerkt, dass es den Tatsachen entspreche, dass die Kinder auch nach der gerichtlichen Obsorgeübertragung vorübergehend beim Beschwerdeführer gewohnt hätten. Maßgeblich sei, dass die Bedrohungen seitens des "Ex-Schwagers", aber auch seitens dessen Freunden, schon zu diesem Zeitpunkt angefangen hätten. Die "Ex-Frau" des Beschwerdeführers habe die Kinder offensichtlich ganz bewusst nicht abgeholt, um einen Vorwand gegen den Beschwerdeführer zu haben. Später hätten die Kinder bei der "Ex-Frau" gelebt und wären nur noch zu Besuch gekommen, die Drohungen seitens der Polizei hätten jedoch angehalten. Der einzige Fehler, der dem Beschwerdeführer unterlaufen sei, liege darin, dass immer vom "Ex-Schwager" des Beschwerdeführers als Polizeichef von XXXX gesprochen worden sei. Die maßgebliche Person, die die "ganze Angelegenheit initiiert habe", sei jedoch vielmehr ein Freund des "Ex-Schwagers" gewesen. Zum Vorhalt, dass das Vorgehen der Polizei "unlogisch" erscheine, wurde ausgeführt, dass "sich alles sehr rasch entwickelt habe" und von Seiten der "Ex-Frau" und ihres Bruders offensichtlich wohl vorbereitet gewesen sei. Insofern sei im Gesamtzusammenhang die Logik sehr wohl wieder gegeben. In Hinblick auf die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des Inhaltes wurde auf das Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Genf 1993 verwiesen und ausgeführt, dass die Behörde unter Beachtung der dargestellten fortwährenden Polizeischikanen zur Ansicht hätte gelangen müssen, dass dem Beschwerdeführer in seinem Heimatstaat Verfolgung aus Gründen der GFK drohe, welche auch die für eine Asylgewährung erforderliche Intensität aufweise. Hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass unzweifelhaft stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 33 GFK bedroht wäre. Es würden daher die Abschiebungshindernisse des § 57 Abs. 2 FrG vorliegen. Mit Schreiben des Asylgerichtshofes vom 07.06.2010 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 45 AVG über das Ergebnis der Beweisaufnahme zur allgemeinen (politischen, wirtschaftlichen und sozialen) Situation in Serbien, zur Frage seiner (nunmehrigen) Staatsangehörigkeit sowie zu seinen familiären und persönlichen Bindungen zu Österreich und Serbien in Kenntnis gesetzt. Dem Beschwerdeführer wurden mit diesem Schreiben die Feststellungen zur aktuellen Lage in Serbien übermittelt und diesem mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, diese Feststellungen der Entscheidung des erkennenden Gerichtshofes zugrunde zu legen. Dem Beschwerdeführer wurde Gelegenheit gegeben binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieser Verständigung zu den übermittelten Ergebnissen der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen und entsprechende Unterlagen vorzulegen, und mitgeteilt, dass ansonsten auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse der Beweisaufnahme entschieden werde. Es bestehe darüber hinaus die Möglichkeit, in die in den übermittelten Länderfeststellungen genannten Quellen Einsicht zu nehmen. Dieses Schreiben des erkennenden Gerichtshofes wurde dem Beschwerdeführer am 10.06.2010 zugestellt. Mit Schreiben vom 14.07.2010, eingelangt beim Asylgerichtshof am 22.07.2010, gab der Beschwerdeführer die Bevollmächtigung der im Schreiben ausgewiesenen Rechtsanwälte bekannt. Bis zum heutigen Tag langte beim erkennenden Gerichtshof keine Stellungnahme zu den übermittelten Ergebnissen der Beweisaufnahme ein.

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II. Der Asylgerichtshof hat erwogen: II.1. Festgestellt wird: Auf Grundlage des Asylantrages vom 21.06.2002, der Einvernahmen des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin durch die Behörde erster Instanz am 04.12.2002, der Anfragebeantwortung des Verbindungsbeamten bei der Österreichischen Botschaft in Belgrad vom 27.03.2003, weiters der Beschwerde vom 06.05.2003 sowie auf Grundlage der dem Beschwerdeführer mittels Begleitschreiben des Asylgerichtshofes vom 07.06.2010 übermittelten, unbestritten gebliebenen Ergebnisse der Beweisaufnahme, werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt: II.1.1. Zur allgemeinen Lage in Serbien: Staatsaufbau Am 03.06.2006 erklärte Montenegro seine Unabhängigkeit, wodurch die seit 04.02.2003 bestehende Staatenunion von Serbien und Montenegro (Nachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien) aufgelöst wurde. Die Republik Serbien erklärte sich durch Parlamentsbeschluss vom 05.06.2006 zum Nachfolgestaat von Serbien und Montenegro gemäß der Verfassungscharta der Staatenunion. Die autonomen Provinzen Kosovo und Wojwodina, die unter der Verfassung von 1974 noch eine republikähnliche Stellung eingenommen hatten, bekamen nach der serbischen Verfassung von 1990 die Form einer territorialen Autonomie innerhalb des serbischen Einheitsstaates. Diese Autonomie war in den neunziger Jahren zusehends eingeschränkt und im Fall des Kosovo schließlich völlig beseitigt worden. Die rechtliche Stellung des Kosovo wurde 1999 durch die Annahme der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen überlagert. Am 17.02.2008 erklärte die Republik Kosovo ihre Unabhängigkeit. Serbien hat dagegen scharf protestiert, es betrachtet Kosovo weiterhin als Teil des eigenen Staatsgebiets. Die Autonomierechte der Wojwodina wurden mit der Verabschiedung eines Rahmengesetzes im serbischen Parlament ("Omnibus-Gesetz") im Herbst 2001 wieder gestärkt. Seither hat das Parlament der Autonomen Provinz Wojwodina durch die Verabschiedung von Einzelgesetzen und Verordnungen damit begonnen, diese Autonomie stärker auszufüllen. Die verfassungsmäßigen Kompetenzen der Region bleiben jedoch weit hinter dem Status von vor 1989 zurück. Daran hat auch die neue, am 08.11.2006 in Kraft getretene Verfassung der Republik Serbien im Wesentlichen nichts geändert. Innenpolitische Situation Nach dem Sturz Milosevics im Oktober 2000 begab sich Serbien auf den Weg der Transition. Zwar wurde die Befreiung aus der internationalen Isolation erreicht, jedoch konnte das demokratische Bündnis DOS die hohen Erwartungen der Bevölkerung, gerade bei der Verbesserung des Lebensstandards, nicht erfüllen. Nach der Ermordung von Ministerpräsident Zoran Djindjic im März 2003 verlor die Regierungskoalition zunehmend an Rückhalt und musste Ende 2003 schließlich vorgezogene Neuwahlen ausrufen. Die zwischen März 2004 und Anfang 2007 amtierende Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Kostunica sah sich mit Transitions- und Reformproblemen vor allem im Bereich Wirtschaft und Verwaltung konfrontiert. Die derzeit beherrschenden politischen Themen sind die am 17.02.2008 erfolgte Unabhängigkeitserklärung des Kosovo, die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (Auslieferung der letzten mutmaßlichen Kriegsverbrecher) und die Ausgestaltung der zukünftigen Beziehungen zur EU, einschließlich des damit verbundenen Annäherungsprozesses an die EU. Auch innenpolitische Themen (Privatisierung, Korruptionsbekämpfung, Sozialpolitik) stehen im Fokus. (Auswärtiges Amt, Serbien Innenpolitik. Stand März 2008. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Serbien/Innenpolitik.html) Parlament und Regierung In der Republik Serbien fanden zuletzt am 11.05.2008 Parlamentswahlen statt. Die Parteien erzielten dabei folgende Ergebnisse: Die Demokratische Partei (DS) des serbischen Präsidenten Boris Tadic erhielt 38,75 Prozent bzw. 1,5 Millionen Stimmen, die Serbische Radikale Partei (SRS) 1,1 Mio. Stimmen bzw. 29,22 Prozent.

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Die Demokratische Partei Serbiens (DSS) des bisherigen Premiers Vojislav Kostunica kam auf rund 450.000 bzw. 11,24 Prozent der Stimmen, gefolgt von der Sozialistischen Partei (SPS) mit rund 305.000 bzw. 7,57 Prozent der Stimmen. Den Sprung ins Parlament schaffte auch die Liberaldemokratische Partei (LDP) des ehemaligen Vizepremiers Cedomir Jovanovic mit etwas mehr als 213.000 bzw. 5,30 Prozent der Stimmen. Die Ungarische Koalition ist mit vier Sitzen im Parlament vertreten. Die Bosniakische Liste für einen europäischen Sandschak (Wahlbündnis um die Partei der Demokratischen Aktion/SDA von Sulejman Ugljanin) errang zwei Abgeordnetensitze. Das Wahlbündnis Presevo-Tal, welches vier kleine Parteien der albanischen Volksgruppe im Südserbien gebildet haben, hat einen Abgeordneten. (APA 12.05.08: Wahlsieg der Demokratischen Partei in Serbien offiziell bestätigt) Der Regierungskoalition aus elf Parteien gehören die Demokratische Partei (DS) mit ihren Juniorpartnern (u.a. G17-plus, Serbische Erneuerungsbewegung/SPO von Ex-Außenminister Vuk Draskovic, Demokratischen Partei des Sandschak/SDP, Liga der Vojvodina Sozialdemokraten/LSV) sowie die Sozialistische Partei (SPS) mit ihren Juniorpartnern (u.a. Pensionistenpartei PUPS, "Einheitliches Serbien") an. Auch Minderheitenparteien wie die Partei der Demokratischen Aktion (SDA) haben sich der Koalition angeschlossen. (APA 08.07.2008: Die Mitglieder der neuen serbischen Regierung) Die neue Regierung wurde am 07.07.2008 vom Parlament bestätigt. Für die Regierung von Ministerpräsident Mirko Cvetkovic stimmten 127 Abgeordnete; 27 stimmten gegen sie. Die Abgeordneten der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) mit 78 Abgeordneten nahmen an der Abstimmung nicht teil. Die Regierung hat sich eine weitere EU-Annäherung Serbiens, das diplomatische Ringen um den Kosovo, dessen Unabhängigkeit Belgrad nicht anerkennt, intensivere wirtschaftliche Entwicklung sowie die Bekämpfung der Korruption und der Kriminalität zu ihren wichtigsten Zielen gesetzt. Durch einen besonderen Aktionsplan soll Serbien nach den Worten von Cvetkovic in vier Jahren auf den EU-Beitritt vorbereitet sein. Der Premier versprach auch eine "unaufschiebbare" Erfüllung aller internationalen Verpflichtungen Serbiens, womit die Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) in Den Haag gemeint war. (APA 07.07.2008: Neue serbische Regierung vom Parlament bestätigt) Die Demokratische Partei (DS) des im März 2003 ermordeten Ministerpräsidenten Zoran Djindjic stellt seit 2004 den (vor allem repräsentativen) Präsidenten der Republik Serbien, Boris Tadic. Er wurde am 03.02.2008 wiedergewählt. (Auswärtiges Amt, Serbien Innenpolitik. Stand amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Serbien/Innenpolitik.html)

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Wirtschaft Seit der demokratischen Wende im Oktober 2000 bemüht sich Serbien um wirtschaftlichen Wiederaufbau und Beseitigung der Folgen politischer und wirtschaftlicher Isolation zu Zeiten des Milosevic-Regimes. Das Nettodurchschnittseinkommen liegt bei ca. 350 Euro monatlich. Die makroökonomische Stabilität des Landes bleibt insgesamt gewährleistet. Die Inflation stieg allerdings von 6,6% im Jahr 2006 auf 10,1% im Jahr 2007. Das BIP-Wachstum stieg von 5,8% im Jahr 2006 auf 7,5% im Jahr 2007, seit mehreren Jahren das beste Ergebnis. (Auswärtiges Amt, Serbien - Innenpolitik. Stand März 2008. http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Serbien/Wirtschaft.html) Im Wirtschaftsbereich stehen die Senkung der Inflation, die heuer auf 15 Prozent anzusteigen droht, und der Arbeitslosigkeit, die laut offiziellen Angaben bei rund 18 Prozent liegt, aber auch die Steigerung des Bruttonationaleinkommens und des Lebensstandards im Vordergrund. (APA 07.07.2008: Neue serbische Regierung vom Parlament bestätigt) Staatsangehörigkeit Entsprechend der Verfassung und dem Staatsangehörigkeitsrecht der ehemaligen Staatenunion Serbien und Montenegro (vormals Bundesrepublik Jugoslawien) galt für deren Bürger das Prinzip der doppelten

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Staatsbürgerschaft. Sie hatten sowohl die serbisch-montenegrinische Staatsangehörigkeit als auch die einer der Teilrepubliken. Durch die Auflösung der Staatenunion im Juni 2006 haben die Bürger Serbiens und die Montenegros keine doppelte Staatsbürgerschaft mehr; die bestehende Staatsangehörigkeit der Einzelstaaten bleibt erhalten, so dass grundsätzlich eine Staatenlosigkeit nicht eintritt. Die Bürger der ehemaligen Union sind nun entweder Staatsangehörige Serbiens oder Montenegros. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Republik Serien, Republik Montenegro, Staatsangehörigkeitsregelungen. September 2006, Abstract) Menschenrechte allgemein Die Verfassung bietet einen umfassenden Menschenrechtsschutz und auch die Regierung legt hohen Wert auf die Umsetzung der in der Verfassung verankerten Grundwerte. Insbesondere die im Rahmen des Beitrittes zum Europarat ratifizierte Europäische Menschrechtskonvention ist diesbezüglich als positiver Schritt zu nennen. (Europäische Kommission, "Serbien und Montenegro; Fortschrittsbericht 2005", 09.11.2005) Eine große Anzahl an nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen kann ohne Einschränkungen oder Behinderungen staatlicherseits arbeiten, Untersuchungen anstellen und Fälle von Menschenrechtsverletzungen publizieren. Prominente Gruppen sind etwa das Helsinki Committee for Human Rights in Serbia, the Humanitarian Law Center, the Lawyers' Committee for Human Rights, the Fund for an Open Society, the Youth Initiative for Human Rights, and Belgrade Center for Human Rights. Trotzdem kommt es aber immer auch zu Bedrohungen und Einschüchterungen solcher Gruppen, insbesondere wenn es zu Kritik von Regierungsstellen kommt. (USDOS, Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2009, März 2010) Während des Jahres 2005 wurde von der serbischen Regierung ein Ombudsmann-Amt eingerichtet. Die Provinz Vojvodina hat ebenfalls die Institution eines Ombudsmannes, der seiner Arbeit ohne Einfluss von außen nachgehen konnte. Die Rechtshilfe-Abteilung im Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte ist ebenfalls Anlaufstelle für Menschenrechtsbeschwerden in Serbien. (USDOS, Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2005, März 2006; USDOS, Serbia and Montenegro, Country Report on Human Rights Practices - 2007, März 2008) Staatliche Repression, wie unter dem System Milosevic üblich, findet nicht mehr statt. Die Regierung von Serbien übt keine gezielte Unterdrückung bestimmter Gruppen aus. Die verfassungsmäßigen Rechte werden respektiert. Die politische Opposition kann sich frei betätigen. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seiten 6 und 11) Massive und systematische Verletzungen von Menschenrechten, wie sie unter dem wie unter dem System Milosevic vor allem im Polizeigewahrsam vorkamen, wurden seit dem 05.Oktober 2000 nicht mehr gemeldet. Dennoch kommt es gelegentlich noch immer zu Verstößen gegen Menschenrechte (vor allem gegen das Recht auf Unversehrtheit der Person in Polizeigewahrsam und Strafvollzug). Opfer sind in diesen Fällen, anders als unter dem Milo¿evic - Regime, nicht politisch missliebige Personen, sondern krimineller Delikte Verdächtige. In einzelnen Fällen wurden die Polizisten vom Dienst suspendiert. In mehreren Fällen wurde Folteropfern inzwischen von serbischen Gerichten finanzielle Entschädigung aus der Staatskasse zugesprochen. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 6, Seite 18) Es gab Fortschritte auf dem Gebiet der Polizei. Die meisten Verordnungen zur Implementierung des Polizeigesetzes, darunter der Ethikkodex und die Richtlinien, die die Kompetenzen der Polizei definieren, wurden verabschiedet. Neue Regelwerke für die Durchführung der Polizeiarbeit und Richtlinien für die Anwendung von Zwangsgewalt wurden eingeführt. Im Ministerium für innere Angelegenheiten wurde ein Sekretariat für interne Kontrolle der Polizei eingerichtet. Zwischen Jänner und August 2007 wurden 1600 Bürgerbeschwerden an den Sektor für interne Kontrolle gerichtet. Dieser brachte Strafanklagen gegen 126 Polizeibeamte sowie ungefähr 2500 Disziplinarverfahren ein. Die größte Zahl der Anklagen bezog sich auf Amtsmissbrauch (30%), Bestechung und Dokumentenfälschung. (Commission of the European Communities, Serbia 2007 Progress Report, SEC(2007) 1435, 06.11.2007) In jeder der 27 Regionen der Republik ist eine spezielle Kommission eingerichtet, die verfehlungen der Polizei beobachten. Diese Kommissionen bestehen aus drei Mitgliedern: einem Polizeibeamten, einem Vertreter des www.ris.bka.gv.at

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Sekretariates für interne Kontrolle sowie einem lokal ansässigen Bürger. Das neue Polizeigesetz erlaubt es Polizeibeamten, Beschwerden gegen andere Polizisten wegen Fehlverhaltens einzubringen. (Report by the Commissioner for Human Rights Thomas Hammarberg on his visit to Serbia 13 - 17 October 2008, CommDH(2009)8, 11.03.2009) Wehrdienst Das seit 1993 gültige Armeegesetz regelt alle Rechte und Pflichten der der Wehrpflicht unterliegenden Personen sowie der Soldaten. Grundsätzlich sind alle männlichen Staatsbürger wehrpflichtig. Vorladungen zur Musterung können bereits vor Vollendung des 17. Lebensjahres versandt werden. Zur Ableistung des Grundwehrdienstes werden männliche Staatsbürger vom 18. bis zum 27. Lebensjahr, in begründeten Ausnahmefällen auch später, einberufen. Einberufungen zu Wehrübungen sind bis zum 60. Lebensjahr möglich. Über die Betroffenen entscheidet ein Losverfahren. Außer im Falle der allgemeinen Mobilmachung erfolgen die Einberufungen durch Zustellung eines Einberufungsbefehls. Seit 2002 betrug der Wehrdienst nur noch neun Monate, der zivile Ersatzdienst dreizehn Monate. Durch eine erneute Gesetzesänderung am 30.10.2005 wurde der Wehrdienst weiter auf sechs Monate, der Zivildienst auf neun Monate verkürzt. Der Wehrdienst kann aus Gewissensgründen verweigert und durch den Dienst im Sanitätsbereich, Straßenbau oder im nachgeordneten Bürodienst der Armee, seit dem 15.10.2003 auch durch Zivildienst außerhalb der Armee ersetzt werden. Für die Zeit des Wehrdienstes wird von allen Wehrpflichtigen (d.h. unabhängig von der ethnischen Zugehörigkeit) mit Erhalt des Einberufungsbefehls der Reisepass eingezogen; Ersatzpässe werden während dieser Zeit nur auf Antrag und in wenigen Ausnahmefällen ausgestellt. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien .Stand August 2008, Seiten 15 bis 16) In der Zeit zwischen Musterung und Einberufung, spätestens jedoch binnen acht Tagen ab Erhalt der Ladung zur Ableistung des Wehrdienstes kann sich der Wehrpflichtige zwischen Zivildienst (9 Monate) und Militärdienst (6 Monate) entscheiden. Danach gibt es keine Möglichkeit mehr zum Zivildienst zu wechseln, allerdings können Personen, die sich im Stand der Reserve befinden (also solche, die den Grundwehrdienst bereits abgeleistet haben), ihre weiteren Wehrpflichten auf Antrag im Zivildienst erfüllen. Aufgrund der extrem steigenden Anzahl der Zivildienstanträge gibt es große Schwierigkeiten mit der Vergabe der genau in Gesetzesblättern veröffentlichen Zivildienstplätze. Wenn jedoch ein Antrag auf Zivildienst gestellt wurde und kein Platz frei ist, wird der Zivildienst jedenfalls aufgeschoben und niemand zum Dienst mit der Waffe gezwungen. (Auskunft aus dem serbischen Verteidigungsministerium - Abteilung für Ausbildung und Schulung an die ÖB Belgrad, eingegangen am 30.08.2006; Zakon o civilnoj sluzbi [Gesetz über den Zivildienst], 26.10.2009, Amtsblatt der RS 88/09 Art. 6) Angehörige von Minderheiten wurden und werden grundsätzlich zum Wehrdienst herangezogen. Gegenteilige Angaben, vor allem bezüglich der Nichtberücksichtigung von Bosniaken aus dem Sandzak treffen nicht zu. Hingegen werden Albaner aus Südserbien seit 1991 nicht mehr zum Wehrdienst eingezogen. In anderen Teilen des Landes ansässige ethnische Albaner scheinen in jüngerer Zeit ebenfalls nicht mehr regelmäßig zum Wehrdienst herangezogen zu werden. Dies hat offenbar mit dem geringeren Personalbedarf der Streitkräfte zu tun, die mittelfristig (Planungen der Regierung sehen als Zielmarke 2010 vor) von einer Wehrpflicht in eine Berufsarmee umgewandelt und deutlich verkleinert werden sollen. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien .Stand August 2008, Seite 16) Wehrstraftaten unterliegen seit 01.01.2006 dem serbischen Strafgesetzbuch (StGB). Wehrdienstentziehung wird nach Art. 394 StGB mit Geld- oder mehrjähriger Freiheitsstrafe geahndet. Abs. 3 der Vorschrift bestimmt, dass derjenige, der das Land verlässt, um sich dadurch dem Wehrdienst zu entziehen, mit Freiheitsstrafe bis 8 Jahren bestraft wird. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 16) Der schriftliche Aufruf vom Militär erfolgt zwei Mal. Falls diesem nicht nachgegangen wird, führt die Polizei (entweder die Zivil- oder die Militärpolizei) den Anwärter bei den zuständigen Behörden vor, wo überprüft wird, warum sich selbiger nicht gemeldet hat. (ÖB Belgrad, Anfragebeantwortung vom 19.12.2006, zit.n.: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, 19.12.2007) Bei bewusstem Umgehen der Wehrpflicht droht eine Geldstrafe von 10 000-50 000 Dinar (Anm.: ca. 100 - 500 Euro) oder eine Haftstrafe bis zu 60 Tagen. 10 000-50 000 Dinar Geldstrafe oder eine Haftstrafe von bis zu 30 www.ris.bka.gv.at

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Tagen drohen, wenn der Anwärter neue Tatsachen (Krankheit, Arbeit im Ausland, neue Staatsbürgerschaft usw.), die sich auf seinen zu leistenden Wehrdienst auswirken, nicht bei den Zuständigen meldet. (Zakon o vojnoj, radnoj i materialnoj obavezi [Gesetz über die Wehr-, Arbeits- und Materialpflichten ], 26.10.2009, Amtsblatt der RS 88/09, Art. 126 und 127) Gemäß Art.394 (5) StGB kann bei freiwilliger Meldung von einer Strafe abgesehen werden: The offender specified in paragraphs 1 through 3 of this Article who voluntarily reports himself to competent government authority may be remitted from punishment. (Criminal Code, Official Gazette of RS, Nos. 85/2005, 88/2005, 107/2005, translated by OSCE) Laut einer Auskunft aus dem serbischen Verteidigungsministerium gibt es für freiwillige Meldung zum Militärdienst nach der Rückkehr aus dem Ausland keine Strafe. (Auskunft aus dem serbischen Verteidigungsministerium - Abteilung für Ausbildung und Schulung an die ÖB Belgrad, eingegangen am 30.08.2006). Nach der vollständigen Umwandlung der Armee in ein Berufsheer, die spätestens im ersten Halbjahr 2011 abgeschlossen sein soll, wird die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft werden (Zakon o vojnoj, radnoj i materialnoj obavezi [Gesetz über die Wehr-, Arbeits- und Materialpflichten], 26.10.2009, Amtsblatt der RS 88/09, Art. 135 Abs. 4; B92: Army to turn professional in 2011, 04.12.2009) Amnestiegesetze 1996 ist ein Amnestiegesetz in Kraft getreten, das alle Fälle der Wehrdienstentziehung und der Desertion zwischen 1982 und dem 14.12.1995 erfasst. Nicht unter diese Amnestieregelung fielen aktive Offiziere und Unteroffiziere. Für Wehrdienstentziehung und Desertion bis 07.10.2000 ist 2001 ein weiteres Amnestiegesetz in Kraft getreten. Die Amnestie umfasst allerdings lediglich den Verzicht auf Strafverfolgung. Eine nachträgliche Heranziehung zum Wehrdienst ist grundsätzlich möglich, sofern die Altersgrenze (im Regelfall 28, in besonderen Ausnahmefällen 35 Jahre) noch nicht überschritten ist. Am 18.04.2006 ist ein weiteres Amnestiegesetz in Kraft getreten, mit dem unter anderem Fälle der Wehrdienstentziehung zwischen dem 07.10.2000 und dem 18.04.2006 erfasst werden. Auch dieses Gesetz beinhaltet den Verzicht auf Strafverfolgung. Neben der Wehrdienstentziehung gemäß Artikel 394 StGB sind von der Amnestie umfasst: Widersetzen gegen die Wehrerfassung und Musterung gemäß Artikel 395, Nichterfüllen der Abgabepflicht gemäß Artikel 396, Herbeiführen der Wehruntauglichkeit oder Täuschung gemäß Artikel 397, eigenmächtiges Entfernen und Flucht aus der Armee von Serbien-Montenegro gemäß Artikel 399, vorgegeben durch das Strafgesetzbuch der Republik Serbien (Amtsblatt der Republik Serbien, Nr. 85/05, 88/05 und 107/05), respektive durch das frühere Allgemeine Strafgesetzbuch (Amtsblatt der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien Nr. 44/76, 36/77, 34/84, 37/84, 74/87, 57/89, 3/90, 38/90, 45/90, 54/90, Amtsblatt der Föderativen Republik Jugoslawien Nr. 35/92, 16/93, 37/93, 24/94 und 61/01 und Amtsblatt der Republik Serbien Nr. 39/03) (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 16); UBAS: Amnestiegesetze in Serbien, Stand 08.05.2006) Zurückkehrende Deserteure bzw. Kriegsdienstverweigerer, die sich dem Dienst in der Jugoslawischen Volksarmee zwischen April 1992 und Oktober 2000 entzogen hatten, werden in Serbien und Montenegro dem Amnestiegesetz zufolge keiner strafrechtlichen Verfolgung unterworfen. Es liegen auch keine glaubhaften Berichte darüber vor, dass solche strafrechtliche Verfolgungen seit 2001 vorgekommen seien. (Müller, Stephan: Gutachten zur Rückkehrmöglichkeit eines katholischen Kosovo-Albaners aus Prizren, dessen Bruder vor dem Krieg als Leibwächter für serbische Politiker und Prominente gearbeitet haben soll, 24.04.2006, Abschnitt 3: Situation für Deserteure der Jugoslawischen Armee oder Personen, die den Kriegsdienst verweigert haben; Gutachten von Amnesty International Deutschland vom 22.12.2004; EUR 70-04.051) Am 26.03.2010 wurde im Amtsblatt der Republik Serbien Nr. 18/10 neuerlich ein Amnestiegesetz verlautbart. Neben der Wehrdienstentziehung gemäß Artikel 394 StGB sind von der Amnestie umfasst: Widersetzen gegen die Wehrerfassung und Musterung gemäß Artikel 395, Nichterfüllen der Abgabepflicht gemäß Artikel 396, Herbeiführen der Wehruntauglichkeit oder Täuschung gemäß Artikel 397, eigenmächtiges www.ris.bka.gv.at

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Entfernen und Flucht aus der Armee von Serbien-Montenegro gemäß Artikel 399, vorgegeben durch das Strafgesetzbuch der Republik Serbien (Amtsblatt der Republik Serbien, Nr. 85/05, 88/05, 107/05, 72/09 und 111/09). Amnestie wird denjenigen Personen gewährt, die vom 18.04.2006 - also dem Stichtag des Amnestiegesetzes 2006 - bis zum Tage des Inkrafttretens die angeführten Straftaten begangen bzw. unter begründetem Verdacht stehen, sie begangen zu haben. Die Amnestie beinhaltet Befreiung von der Strafverfolgung, Nachsicht der Strafe sowie Löschung der Verurteilung. Wurde noch kein Strafverfahren eingeleitet, wird von der Einleitung Abstand genommen, die bereits eingeleiteten Verfahren werden eingestellt. Wurde eine rechtskräftige Haftstrafe verhängt, wird vom Vollzug der Strafe gänzlich abgesehen oder der Teil, der noch nicht verbüßt wurde nachgesehen. Personen in Untersuchungshaft oder in Strafhaft sind frei zu lassen. Das Gesetz trat am achten Tag nach der Verlautbarung in Kraft. (Zakon o amnestiji, Sluzbeni glasnik Republike Srbije 18/10 vom 26.03.2010) Versorgungslage Trotz der nach wie vor schlechten wirtschaftlichen Lage Serbiens ist die Versorgung mit Lebensmitteln gesichert. Die Rolle internationaler Organisationen bei der Versorgung sozial schwacher Bevölkerungsgruppen, v.a. von alten Leuten, Kindern, Flüchtlingen sowie im Lande Vertriebener hat zwar insgesamt abgenommen, ist aber vor allem im ländlichen Bereich sehr wichtig. In den vergangenen Jahren ist in der Republik Serbien ein deutlicher Anstieg der Realeinkommen zu verzeichnen (2007: 20 %). Der durchschnittliche monatliche Nettolohn lag 2007 bei ca. 350 Euro, im Dezember 2008 belief er sich auf 425, im Novemver 2009 auf 471 Euro. Die durchschnittliche Rente wird nach Angaben des staatlichen Rentenfonds jeweils auf 60 % des Durchschnittseinkommens festgesetzt und bei Bedarf angepasst; sie lag z.B. im November 2007 bei ca. 200 Euro. Die Inflationsrate betrug 2007 10,1%. Während in der Hauptstadt Belgrad und in Teilen der Wojwodina die Durchschnittseinkommen deutlich über dem nationalen Mittelwert liegen, sind sie in Südserbien und im Sand¿ak darunter. In den offiziellen Statistiken unberücksichtigt bleiben die im Rahmen des informellen Sektors erzielten (z.T. erheblichen) Einkommen sowie der bedeutende Beitrag (privater) ausländischer Zuwendungen. Nach Angaben der serbischen Regierung lebten 2007 6,6 % der Bevölkerung Serbiens (490.000 Personen) unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Diese liegt nach Definition der serbischen Regierung bei jedem Erwachsenen bei knapp 110 ¿/Monat, die erforderlich sind, um einen Mindestlebensstandard zu finanzieren. Der prozentuale Anteil der Bevölkerung, der unterhalb der Hungerschwelle (definiert anhand des Mindestkalorienbedarfs) von rund 50 ¿/Monat lebt, bewegt sich nahe 0. Die serbische Regierung hat damit das im Rahmen ihrer Armutsbekämpfungsstrategie gesetzte Ziel der Halbierung der Armenzahl bis 2010 bereits 2007 erreicht (Vergleichszahlen für 2002: 14 % oder ca. 1 Mio. Arme). Flüchtlinge, bestimmte Minderheiten (namentlich Roma) und Rückkehrer sind jedoch stärker von Armut betroffen als die serbische Durchschnittsbevölkerung. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seiten 19-20; USDOS: Serbia, Country Report on Human Rights Practices - 2008, Februar 2009; USDOS: Serbia, Country Report on Human Rights Practices - 2009, March 2010) Sozialhilfe In Serbien besteht Anspruch auf Sozialhilfe. Sie wird Bürgern gewährt, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Voraussetzung ist die Registrierung des Antragstellers. Die Höhe der Sozialhilfe ist in ganz Serbien gleich hoch und wird jeden Monat an die Lebenshaltungskosten angepasst. So betrug die Sozialhilfe im Monat Februar 2008: für Alleinstehende 4.721,-- Dinar (ca. 58 ¿) für eine zweiköpfige Familie 6.487,-- Dinar (ca. 79 ¿)

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für eine dreiköpfige Familie 8.258,-- Dinar (ca. 100 ¿) für eine vierköpfige Familie 8.844,-- Dinar (ca. 108 ¿) für eine fünf- und mehrköpfige Familie 9.448,-- Dinar (ca. 115 ¿). Die Sozialhilfe reicht zur Deckung der realen Lebenshaltungskosten im Regelfall kaum aus. Außerdem erfolgt die Auszahlung der Sozialhilfe in Abhängigkeit von der Haushaltslage mitunter unregelmäßig. Nach Angaben des Arbeits- und Sozialministeriums wurde im April 2007 an ca. 60.000 Familien (insgesamt ca. 150.000 Personen) Sozialhilfe ausgezahlt. Die Kommunen können - je nach Haushaltslage - die Sozialhilfesätze aus eigenen Mitteln für Berechtigte in ihrer Gemeinde aufstocken. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige das so genannte Familiengeld und Kindergeld ausbezahlt. Die Auszahlung ist kumulativ möglich. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 20) Sozialhilfe wird tatsächlich gewährt und ausgezahlt, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen (insbesondere Mittellosigkeit) erfüllt sind. In Einzelfällen kann es bei der Auszahlung von Sozialhilfe - wie im Übrigen bei der Auszahlung von Gehältern und Renten - zu gewissen Verzögerungen kommen. (Auswärtiges Amt, Auskunft an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 09.05.2008, Zahl 508-516.80/45740) In Serbien existieren grundsätzlich Sozialwohnungen, doch sind die bestehenden belegt. Für Neubauten sind kaum Mittel vorhanden. Sofern Rückkehrer aus dem Ausland nicht über eigenen Wohnraum verfügen bzw. nicht selbst anmieten können, kommen sie erfahrungsgemäß meist bei Verwandten und Freunden unter. Familiäre und nachbarschaftliche Solidaritätsnetzwerke sind in Serbien noch relativ funktionsfähig. Sofern nachweislich keine private Unterkunftsmöglichkeit besteht, sind die örtlich zuständigen "Zentren für Sozialarbeit" im Einzelfall bereit, bescheidene Quartiere auf kommunale Kosten anzumieten. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seiten 20 bis 21) Medizinische Versorgung Für die medizinische Versorgung gibt es in Serbien im Bereich der Krankenversicherung gesetzliche Pflichtversicherung und mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes über die Krankenversicherung (Zakon o zdravstvenom osiguranju, Amtsblatt der Republik Serbien 17/05) erstmals auch die Möglichkeit der privaten Versicherung. In der Pflichtversicherung sind, neben Arbeitnehmern, Selbständigen, Rentnern etc. auch "sozial verletzliche Personen" erfasst. In diese Gruppe fallen, auch wenn ansonsten die Anspruchsvoraussetzungen auf Krankenversicherung nicht erfüllt wären: Kinder unter 15 Jahren, Schüler, Studenten bis zum Studienabschluss, maximal bis 26 Jahre Frauen (im Hinblick auf Mutterschutz, also im Zusammenhang mit Familienplanung, Schwangerschaft, Geburt und 12 Monate über die Geburt hinaus Personen über 65 Jahre und Personen mit Behinderung; Flüchtlinge und IDPs, die sich in Serbien aufhalten Personen, die wegen HIV behandelt werden sowie solche, die an anderen Krankheiten leiden: Infektionskrankheiten, Krebs, Hämophilie, Diabetes, schwere psychische Störungen (Psychose), Epilepsie, Multiple Sklerose, Autoimmunerkrankungen, rheumatisches Fieber, Personen in der letzten Phase chronischer Niereninsuffizienz sowie jene, die an Abhängigkeiten leiden, Personen, die während des Prozesses der Organspende und Organverpflanzung behandelt werden sowie Kranke/Verletzte, die medizinische Notversorgung benötigen. Sozial verletzliche Personen - Bezieher von permanenten sozialen Zuwendungen oder anderen materiellen Zuwendungen, Arbeitslose und solche, deren Einkommen unter einem bestimmten Satz liegt. Medizinische Leistungen sind in 4 Gruppen eingeteilt. Leistungen der ersten Gruppe werden zu 100 Prozent von der Krankenversicherung abgedeckt, die übrigen Gruppen zu 95, 80 und 65 Prozent. Für den Restbetrag ist vom Patienten eine Eigenbeteiligung zu entrichten, ebenso ist für bestimmte Untersuchungen vom Patienten eine

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Zusatzzahlung gefordert. Ein Röntgen kostet beispielsweise 20 Dinar, am teuersten ist eine Magnetresonanz mit 600 Dinar. (80 Dinar = 1 Euro). Die oben als verletzliche Gruppen aufgelisteten Personen (ebenso wie IDPs aus dem Kosovo, Kriegsversehrte, Blinde, Körperbehinderte und dauerhaft unbewegliche Personen) haben das Anrecht auf medizinische Leistungen ohne Zuzahlung. Eine Registrierung ist für die Inanspruchnahme der gesetzlichen Versicherung notwendig. Eine ärztliche Notfallversorgung ist jedoch grundsätzlich auch für nicht registrierte Personen gewährleistet. (Country of Return Information Project: Country Sheet Serbia, August 2007; (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo)April 2007, Seite 20; Zakon o zdravstvenom osiguranju, Amtsblatt der Republik Serbien 17/05) Belgrad und alle größeren Städte in Serbien sind mit allgemeinen Krankenhäusern ausgestattet, teilweise auch mit Spezialkliniken. Vor allem in staatlichen Krankenhäusern entsprechen hygienische Standards und Verpflegung nicht immer westlichen Vorstellungen. Medizinische Eingriffe, die in Westeuropa Standard sind, werden trotz der mangelhaften Ausrüstung in fast allen Teilen des Landes durchgeführt, allerdings entstehen aufgrund von Engpässen für viele staatlich finanzierte Behandlungen oft lange Wartelisten. Lebensbedrohliche Erkrankungen werden jedoch im Regelfall sofort behandelt. Es gibt nur sehr wenige Erkrankungen, die in Serbien aufgrund fehlender Ausrüstung grundsätzlich nicht oder nur schlecht behandelt werden können. Ausgebildetes medizinisches Personal ist vorhanden. Wegen der geringen Bezahlung können in einigen Krankenhäusern offene Stellen allerdings nicht besetzt werden. Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herzund sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Insbesondere fehlt eine nationale Organspenderbank. Bei aufwendigen chirurgischen Eingriffen sind die Wartezeiten lang. Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): - orthopädische Erkrankungen (auch krankengymnastische u.ä. Therapien) - psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung) - Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale) - Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen) - Epilepsie - ein Großteil der Krebsformen - Dialyse ist grundsätzlich möglich. Im Einzelfall muss die Verfügbarkeit eines Dialyseplatzes geprüft werden. Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien .Stand August 2008, Seiten 22 bis 23) Die Versorgung von Diabetikern mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist in Serbien inzwischen regelmäßig und sicher. (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 20.05.2008 an das VG Kassel zu AZ 4 E 1855/06.A) www.ris.bka.gv.at

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Bei Dialyse- und einigen weiteren Behandlungen werden die Patienten von einem Krankenwagen abgeholt und wieder nach Hause gebracht. Ist kein Krankenwagen vorhanden, können die Betroffenen kostenlos mit dem Taxi zur Behandlung und zurück fahren. Psychische Krankheiten werden in Serbien aufgrund des dort vorherrschenden medizinischen Ansatzes vorwiegend medikamentös behandelt. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit anderer Therapieformen, wenn auch in begrenztem Umfang; so gibt es z.B. für die Teilnahme an Gruppenpsychotherapie Wartelisten. Neben dem Therapiezentrum in der Wojwodina im Rahmen dieses Projektes existieren mittlerweile weitere Therapiezentren in Vranje, Leskovac und Bujanovac (Südserbien). Es gibt Kliniken für die Behandlung von Suchtkrankheiten. Die Grundversorgung mit häufig verwendeten, zunehmend auch mit selteneren Medikamenten, ist gewährleistet. Spezielle (insbesondere ausländische, in Einzelfällen auch in Serbien oder Montenegro hergestellte) Präparate sind jedoch in staatlichen Apotheken nicht immer verfügbar und müssen entweder in privaten Apotheken (zu Marktpreisen) beschafft oder kostenintensiv importiert werden. Kliniken, Apotheken und Privatpersonen können grundsätzlich jedes in Serbien zugelassene Medikament aus dem Ausland bestellen und einführen, was im Einzelfall einige Tage dauern kann. Insgesamt hat sich die Medikamentenversorgung erheblich verbessert. Dennoch ist eine zuverlässige Belieferung auch mit selteneren oder besonders kostspieligen Medikamenten, insbesondere ausländischer Herkunft, nur für den wohlhabenden Teil der Bevölkerung gewährleistet. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 23) Behandlung von Rückkehrern Serben, die rückgeführt wurden, können nach ihrer Ankunft unbehelligt in ihre Heimatstädte fahren. Eine Befragung durch die Polizei u.ä. findet nicht statt, sofern nicht in Serbien aus anderen Gründen Strafverfahren anhängig sind. Sanktionen wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland gibt es weder de iure noch de facto. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 23) Echtheit von Dokumenten Die Praxis hat gezeigt, dass viele Dokumente in formeller Hinsicht echt sind, jedoch ihr Inhalt nicht den Tatsachen und den Registereinträgen entspricht. Echte Urkunden und Bescheinigungen aller Art sind gegen Bezahlung praktisch mit jedem Inhalt zu erhalten. Hierbei spielt es keine Rolle, ob es sich um administrative, gerichtliche, anwaltliche, ärztliche oder sonstige Bescheinigungen handelt. In Einzelfällen sind selbst das Außenministerium bzw. die ehemaligen serbischmontenegrinischen Auslandsvertretungen als Mitträger inhaltlich unwahrer Dokumente aufgetreten. Neben den echten Dokumenten unwahren Inhalts sind auch zahlreiche komplette Fälschungen, meist schlechter Qualität, im Umlauf. Hierbei spielt es ebenfalls keine Rolle, ob es sich um gerichtliche, anwaltliche, ärztliche oder sonstige Bescheinigungen handelt. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien (ohne Kosovo), April 2007, Seite 25; (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 25) Besonders hoch ist die Fälschungsquote bei Dokumenten mit Kosovo-Bezug, da im Zuge der Schließung der serbischen bzw. jugoslawischen Ämter in Kosovo im Frühjahr 1999 eine Vielzahl von Formularen und Dienstsiegeln abhanden kam. Auch auf Urkunden angebrachte Apostillen sind keine Gewähr für (formale) Echtheit, da auch Apostillenstempel gefälscht werden und die zuständigen Behörden (echte) Apostillen häufig ohne formale oder gar inhaltliche Prüfung der Echtheit der vorgelegten Urkunde ausstellen. Gefälschte Reisedokumente tauchen hingegen nur selten auf. (Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Serbien. Stand August 2008, Seite 25) Die angeführten aktuellen Länderfeststellungen gründen sich auf die genannten unbedenklichen Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist; sie wurden dem Beschwerdeführer unter Wahrung des Parteiengehörs am 10.06.2010 zugestellt und sind im Verfahren unbestritten geblieben. Zusammengefasst ergibt sich aus den Länderberichten, dass sich die Republik Serbien durch Parlamentsbeschluss vom 05.06.2006 zur Rechtsnachfolgerin von Serbien und Montenegro (welches wiederum Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien war) erklärt hat. Staatliche Repression (gegen ethnische www.ris.bka.gv.at

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Minderheiten) wie noch in der Regierungszeit Slobodan Milosevics finden nicht mehr statt, auch gibt es keine Hinweise auf systematische Polizeiübergriffe. Eine große Anzahl nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen (NGOs) kann ihrer Arbeit ohne Behinderung durch staatliche Organe nachgehen. Hinsichtlich etwaiger Übergriffe von Dritten sind die serbischen Behörden auch grundsätzlich als schutzwillig und schutzfähig anzusehen. Die allgemeine politische Situation und die Sicherheitslage in Serbien sind als ruhig anzusehen. Fortschritte sind insbesondere auch auf dem Gebiet der Polizei zu verzeichnen. Die meisten Verordnungen zur Implementierung des Polizeigesetzes, darunter der Ethikkodex und die Richtlinien, die die Kompetenzen der Polizei definieren, wurden verabschiedet. Im Ministerium für innere Angelegenheiten wurde ein Sekretariat für interne Kontrolle der Polizei eingerichtet. In jeder der 27 Regionen der Republik Serbien ist zudem eine spezielle Kommission eingerichtet, die Verfehlungen der Polizei beobachtet. Diese Kommissionen bestehen aus drei Mitgliedern, nämlich einem Polizeibeamten, einem Vertreter des Sekretariates für interne Kontrolle und einem lokal ansässigen Bürger. Das neue Polizeigesetz erlaubt es Polizeibeamten, Beschwerden gegen andere Polizisten wegen Fehlleistungen einzubringen. Die Republik Serbien verfügt über ein grundsätzlich funktionierendes Polizei- und Justizsystem. Die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung ist ebenso als gesichert anzusehen wie die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Die Republik Serbien verfügt über ein Sozialsystem, das geeignet ist, eine existenzielle Notsituation der Staatsbürger zu verhindern. Aus den Länderberichten geht weiters hervor, dass in Serbien Amnestiegesetze existieren, die den Verzicht auf Strafverfolgung im Falle der Wehrdienstentziehung beinhalten. Ein Amnestiegesetz aus dem Jahr 1996 erfasst alle Fälle der Wehrdienstentziehung und der Desertion zwischen 1982 und 14.12.1995, ein weiteres aus dem Jahr 2001 erfasst die Fälle bis 07.10.2000 sowie ein weiteres vom 18.04.2006 die Fälle im Zeitraum von 07.10.2000 bis 18.04.2006. Zurückkehrende Deserteure bzw. Kriegsdienstverweigerer, die sich dem Dienst in der Jugoslawischen Volksarmee zwischen April 1992 und Oktober 2000 entzogen hatten, werden dem Amnestiegesetz zufolge keiner strafrechtlichen Verfolgung unterworfen. Es liegen auch keine glaubhaften Berichte darüber vor, dass solche strafrechtliche Verfolgungen seit 2001 vorgenommen wurden. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass sich jener Teil des Beschwerdevorbringens, der sich auf die zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung bestanden habende Lage in Serbien und die diesbezüglichen Feststellungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid bezog, aufgrund der Tatsache, dass diese Ausführungen in der Beschwerde nicht mehr aktuell sind und mit den dem gegenständlichen Erkenntnis zugrunde liegenden Länderberichten nicht (mehr) in Einklang stehen, jedenfalls als nicht mehr zutreffend erweist. Noch einmal sei bemerkt, dass der Beschwerdeführer den ihm übermittelten aktuellen Länderberichten nicht entgegengetreten ist. II.1.2. Zum Beschwerdeführer wird festgestellt: Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Serbien, gehört der serbischen Volksgruppe an und führt den im Spruch genannten Namen. Er reiste seinen Abgaben zufolge am 19.06.2002 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, XXXX, illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 21.06.2002 in Österreich den dem Verfahren zu Grunde liegenden Antrag auf Gewährung von Asyl. Nach Absolvierung der Grund- und Hauptschule war der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise nach Österreich als Kranfahrer in seinem Heimatdorf tätig. Er führte von 1989 bis 2001 auch eine Exportfirma für Bäckereiwaren als selbständiger Gewerbetreibender. Im Heimatland leben weiterhin die Mutter und die Schwester des Beschwerdeführers sowie die Mutter seiner Lebensgefährtin. Auch die geschiedene Frau und die Kinder des Beschwerdeführers sind in Serbien aufhältig. Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer in Serbien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - droht. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in Serbien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren Erkrankung, welche seine Verbringung nach Serbien gemäß Art. 3 EMRK unzulässig machen würde, noch besteht ein längerfristiger Pflege- oder Rehabilitationsbedarf in Österreich.

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II.2. Die getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu den von ihm behaupteten Fluchtgründen stützen sich auf folgende Beweiswürdigung: Die Identität des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem vor dem Bundesasylamt vorgelegten, und im Akt in Kopie erliegenden jugoslawischen Personalausweis sowie dem Führerschein, bezüglich deren Echtheit und inhaltlicher Richtigkeit seitens des erkennenden Gerichtshofes kein Anlass zu zweifeln besteht. Die Feststellung hinsichtlich der Staatsangehörigkeit gründet sich auch auf die eigenen, diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit den oben wiedergegebenen Bestimmungen zur nunmehrigen Republik Serbien. Auch die Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Schulbildung und seiner beruflichen Tätigkeit vor der Ausreise aus seinem Heimatland sowie zu seinen familiären Verhältnissen in Serbien basieren auf den diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Diese Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, und auch zur gesundheitlichen, persönlichen und familiären Situation wurden dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörschreibens ausdrücklich zur Kenntnis gebracht und wurden nicht bestritten. Bezüglich des lediglich in der Bevollmächtigungsanzeige vom 14.07.2010 ebenfalls angeführten XXXX, bei dem es sich möglicherweise um den minderjährigen Sohn der Beschwerdeführers handelt, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass sich aus amtswegigen Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Ausländer- und Fremdeninformationssystem, Grundversorgung) ergibt, dass dieser zwar im Bundesgebiet an der gleichen Wohnsitzadresse wie auch der Beschwerdeführer gemeldet ist, jedoch aktuell für ihn kein Asylverfahren anhängig ist. Es wurde auch im gesamten Verfahren kein Vorbringen betreffend diesen Minderjährigen erstattet. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in der Republik Serbien keiner asylrelevanten - oder sonstigen Verfolgung maßgeblicher Intensität ausgesetzt ist, basiert auf den allgemeinen Feststellungen zur Lage in Serbien sowie auf dem Umstand, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Gefahr einer Verfolgung aus folgenden Gründen keine Glaubwürdigkeit zukommt: Als Fluchtgrund brachte der Beschwerdeführer vor, dass er von der Polizei zu vielfachen, schikanösen Informationsgesprächen geladen worden sei. Diese Informationsgespräche seien zum Einen wegen der Nichtbefolgung diverser Einberufungsbefehle, zum Anderen aus privaten Motiven erfolgt. Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer an, dass er wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt angeklagt worden sei und auch aus diesem Grund sein Heimatland verlassen habe. Seine Lebensgefährtin brachte im Zuge der Beschwerde gegen den sie betreffenden, ihren Asylantrag abweisenden Bescheid vom 24.04.2003, Zl: 02.16.225-BAE, zudem vor, dass der Beschwerdeführer auch wegen seiner politischen Vergangenheit festgenommen worden sei. Näher befragt nach den Vorladungen zu Informationsgesprächen aus den genannten privaten Gründen gab der Beschwerdeführer an, dass er vom Polizeichef von XXXX, der - je nach Vorbringensvariante - sein ExSchwager bzw. der Freund seines Ex-Schwagers gewesen sei, wegen seiner Scheidung im Jahr 2000 schikanös behandelt worden sei. Der Polizeichef habe verhindern wollen, dass die gemeinsamen Kinder des Beschwerdeführers und seiner früheren Gattin beim Beschwerdeführer leben würden. In diesem Zusammenhalt ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zu Beginn der Einvernahme am 04.12.2002 angab, dass seine Familie (gemeint seine frühere Gattin und seine Kinder) nach der Scheidung im Jahr 2000 vom Elternhaus des Beschwerdeführers ausgezogen wäre und der Beschwerdeführer von diesem Zeitpunkt an, alleine mit seiner Mutter gelebt habe. Er führte weiters aus, dass die Obsorge für die Kinder nach der Scheidung auf die Kindesmutter übertragen worden sei. Auch die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers gab im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 04.12.2002 an, dass die Kinder nach dem Scheidungsurteil lediglich zu Besuch gekommen seien. Über Vorhalt, dass die Vorgangsweise des Polizeichefs aus den obgenannten Motiven - nämlich zur Verhinderung, dass die Kinder beim Beschwerdeführer leben würden - demnach nicht nachvollziehbar erscheint, brachte der Beschwerdeführer nunmehr, abweichend von seinen bisherigen Angaben sowie den Angaben seiner Lebensgefährtin, vor, dass die Kinder auch nach der Scheidung weiterhin beim ihm aufhältig gewesen seien; dies deshalb, weil die Kinder von seiner Ex-Frau nicht abgeholt worden wären. Über erneuten Vorhalt in der erstinstanzlichen Einvernahme, dass es weiterhin nicht nachvollzogen werden könne, weshalb der Ex-Schwager dem nunmehr abgeänderten Vorbringen des Beschwerdeführers folgend in diesem Fall gegen den Beschwerdeführer vorgehen sollte, gab dieser völlig unsubstantiiert an, dass "es aber so gewesen sei". Im Rahmen der Beschwerde führte der Beschwerdeführer in diesem Konnex erklärend aus, dass die Kinder von seiner Ex-Frau offensichtlich bewusst nicht abgeholt worden seien, um einen Vorwand gegen den Beschwerdeführer zu erzeugen. Zu "einem späteren Zeitpunkt" hätten die www.ris.bka.gv.at

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Kinder dann bei der Kindesmutter gelebt und seien nur noch zu Besuch gekommen. Dieser Erklärungsversuch sowie die, an das Vorbringen seiner Gattin angepassten, nunmehrigen Angaben des Beschwerdeführers vermögen den erkennenden Gerichtshof in der vorliegenden Konstellation nicht zu überzeugen und erweisen sich in Zusammenschau mit den restlichen Angaben des Beschwerdeführers als nicht plausibel. Auch das weitere Beschwerdevorbringen, demzufolge "im Gesamtzusammenhang die Logik sehr wohl gegeben sei", weil sich "alles rasch entwickelt habe" und von seiner geschiedenen Frau und deren Bruder offensichtlich wohl vorbereitet gewesen sei, vermag nicht zu überzeugen. Insbesondere ist im gegenständlichen Fall weiters zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer - ebenso wie seine Lebensgefährtin - im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens stets gleichbleibend ausführte, dass die zahlreichen Ladungen zu Informationsgesprächen sowie die daran anknüpfenden Drohungen vom Bruder seiner geschiedenen Ehefrau, seinem "Ex-Schwager", dem Polizeichef des SUP XXXX, ausgegangen seien. Aus der Anfragebeantwortung vom 27.03.2003 ergibt sich jedoch, dass eine Person mit dem vom Beschwerdeführer genannten Namen im SUP XXXX zu keiner Zeit mit einer Führungsfunktion betraut gewesen ist. Erst nachdem dem Beschwerdeführer diese Ungereimtheit zur Kenntnis gebracht worden war, gab dieser - seinem bisherigen erstinstanzlichen Vorbringen widersprechend - nunmehr an, dass es sich bei dem genannten hohen Funktionär der Polizei nicht um seinen "Ex-Schwager", sondern vielmehr um einen, nunmehr vom Beschwerdeführer nicht mehr namentlich bezeichneten Freund des "Ex-Schwagers" gehandelt habe. Betont sei daher im gegebenen Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer - jedoch erst nachdem dem Vorbringen hinsichtlich der Bedrohung durch seinen Ex-Schwager seitens der Behörde erster Instanz die Glaubwürdigkeit versagt worden war - selbst einräumte, dass ihm ein Fehler unterlaufen sei; eine plausible Erklärung für diesen wesentlichen Widerspruch vermochte der Beschwerdeführer nicht zu erstatten. Aufgrund der angeführten Ungereimtheiten und Unplausibilitäten, insbesondere aber aufgrund des aufgezeigten Widerspruches hinsichtlich der Person des die Verfolgung angeblich initiierenden Polizeichefs, welchen der Beschwerdeführer - wie dargelegt - nicht verständlich zu erklären vermochte, gelangt der Asylgerichtshof zu dem Schluss, dass das Vorbringen hinsichtlich der schikanösen Ladungen zu Informationsgesprächen aufgrund einer "privaten Feindschaft" zwischen dem Beschwerdeführer und dem örtlichen Polizeikommandanten nicht glaubhaft ist. Was das behauptete letzte Informationsgespräch zehn Tage vor der Ausreise des Beschwerdeführers betrifft, ist festzuhalten, dass dieses den Angaben des Beschwerdeführers zufolge deshalb stattgefunden habe, weil der Beschwerdeführer im März 2002 einen Polizisten bedroht habe. Der Beschwerdeführer gab in diesem Zusammenhang an, dass er begonnen habe, sich gegen die behaupteten Schikanen zu wehren. Die Situation sei damals eskaliert und der Beschwerdeführer habe in der Folge einen Polizisten mit dem Umbringen bedroht. Hinsichtlich des in diesem Konnex vorgebrachten körperlichen Übergriffes gegen die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im die Lebensgefährtin betreffenden Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom heutigen Tag, B8 237.133-0/2008, verwiesen. Der Beschwerdeführer führte aus, dass er eine Pistole habe holen wollen, er sei jedoch zuvor von den anwesenden Beamten überwältigt und festgenommen worden. Er sei in der Folge wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt angezeigt worden und für ein paar Stunden inhaftiert worden; im Zuge der Haft sei er auch geschlagen worden. Den gerichtlichen Verfahrensstand vermochte der Beschwerdeführer nicht zu nennen, er brachte diesbezüglich lediglich vor, dass er angezeigt worden sei und deshalb auch ausgereist sei. Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die Lebensgefährtin im Zuge ihrer Einvernahme am 04.12.2002 angab, dass es niemals zu einer Anzeigeerstattung oder Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer gekommen sei. Auch über Vorhalt der Angaben des Beschwerdeführers blieb die Lebensgefährtin bei ihrem Vorbringen und brachte vor, diesbezüglich nichts zu wissen. Sollte man im gegenständlichen Fall jedoch tatsächlich von einer Anklageerhebung wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt ausgehen, würde es sich um einen Fall der legitimen Strafverfolgung handeln, welcher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu einer Asylgewährung führen könnte. Diesbezüglich wird auf die nachfolgenden Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen. Hinsichtlich der behaupteten Schläge im Zuge der Haft ist auszuführen, dass - im Falle eines tatsächlichen Fehlverhaltens der Polizei - die Möglichkeit besteht, sich an die entsprechenden Stellen, etwa einen Ombudsmann oder die speziell eingerichteten Kommissionen zur Bekämpfung von Verfehlungen der Polizei zu wenden. In diesem Zusammenhang wird auf die unter Punkt II.1.1 getroffenen, unbestritten gebliebenen Feststellungen zur Situation in Serbien, die diesbezüglichen Ausführungen sowie die nachfolgenden Darlegungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen. Was die vorgebrachten Einberufungen des Beschwerdeführers zum Militärdienst betrifft, ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer selbst angab, dass die Nichtbefolgung keine Folgen nach sich gezogen habe. Vor dem Hintergrund der in Serbien bestehenden Amnestiegesetze kann auch von einer aktuellen Verfolgungsgefahr des www.ris.bka.gv.at

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Beschwerdeführers aufgrund der Wehrdienstentziehung im Falle der Rückkehr nicht ausgegangen werden. Auch diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen. Bezüglich des Vorbringens der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, demzufolge der Beschwerdeführer wegen seiner politischen Vergangenheit festgenommen worden sei, ist zunächst zu bemerken, dass der Beschwerdeführer selbst ein derartiges Vorbringen in seinem Verfahren zu keiner Zeit erstattet hat. Er selbst gab lediglich an, dass er einfaches Mitglied der SPS gewesen sei, an politischen Aktivitäten jedoch nicht teilgenommen habe. Dass es aufgrund seiner Parteimitgliedschaft zu Problemen gekommen wäre, wurde seitens des Beschwerdeführers nicht behauptet und kann vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen auch vom Amts wegen nicht angenommen werden. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich auch, dass die Sozialistischen Partei (SPS) der Regierungskoalition angehört. Ganz abgesehen davon ist festzuhalten, dass das genannte Vorbringen der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers auch dermaßen vage und unkonkret gehalten ist, dass es allein schon auf Grund seiner Unkonkretheit nicht geeignet sein könnte, eine konkret und gezielt gegen die Person des Beschwerdeführers gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität glaubhaft darzutun. II.3. Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Serbien die notdürftigste Lebensgrundlage zur Verfügung steht, basiert auf den unter Punkt II.1.1 angeführten Länderfeststellungen und den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, insbesondere auf dem Umstand, dass die Mutter und die Schwester des Beschwerdeführers sowie die Mutter seiner Lebensgefährtin im Heimatland leben und der familiäre Zusammenhalt in Serbien üblich ist. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass er vor seiner Ausreise mit seiner Mutter im Elternhaus gewohnt habe; es ist nicht ersichtlich, weshalb diese Unterkunftsmöglichkeit dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Serbien nicht mehr zur Verfügung stehen sollte. Insbesondere ist weiters zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der über eine 12-jährige Schulbildung und zudem eine langjährige Berufserfahrung als Kranfahrer und als selbstständiger Gewerbetreibender verfügt. Er war auch vor dem Verlassen seines Heimatlandes in der Lage, für seine Lebensgrundlage zu sorgen und hat nicht dargetan, inwiefern sich die nunmehrige Lage im Falle einer Rückkehr von der Situation in der Vergangenheit unterscheiden sollte. Aus dem Inhalt der Länderfeststellungen ergibt sich, dass die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln in Serbien gewährleistet ist. Es besteht weiters ein Sozialhilfesystem auf niedrigem Niveau. Trotz möglicherweise schwieriger wirtschaftlicher Verhältnisse besteht somit im Herkunftsstaat keine Situation, wonach der Beschwerdeführer lebendgefährdend in seiner Existenz bedroht wäre. II.4. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 75 Abs. 7 Z 2 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I 135/2009 sind Verfahren, gegen abweisende Bescheide, die am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind und in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig, eine mündliche Verhandlung hatte nicht stattgefunden. Gemäß § 61 Abs.1 Asylgesetz 2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009 entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten über 1. Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes und 2. Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesasylamtes oder, soweit dies in Abs. 3 oder 3a vorgesehen ist, durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide a) wegen Drittstaatssicherheit gemäß § 4, b) wegen Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß § 5 und c) wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG und die mit diesen Entscheidungen verbundene Ausweisung bzw. über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß § 41a. Gemäß § 23 Abs.1 Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Art. 1 BG BGBl. I Nr. 4/2008 idF BGBl. I Nr. 153/2009) sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen www.ris.bka.gv.at

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Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG hat die Rechtsmittelinstanz, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 135/2009, sind - soweit hier relevant - alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesaylamt anhängig sind oder werden, § 10 in der Fassung BGBl. I. Nr. 29/2009 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt. § 44 AsylG 1997 gilt. Gemäß der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 geführt. Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003, sind die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a idF BGBl. I Nr. 101/2003 auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden. Der gegenständliche Asylantrag wurde am 21.06.2002 gestellt. Das gegenständliche Beschwerdeverfahren ist daher hinsichtlich Spruchpunkt I. nach den Bestimmungen des AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002, zu führen; auf Grund der Übergangsbestimmung des § 44 Abs. 3 ist jedoch bezüglich Spruchpunkt II. unter anderem § 8 AsylG 1997 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 101/2003 anzuwenden. Der damaligen Rechtslage entsprechend enthält der angefochtene Bescheid keine Ausweisungsentscheidung. Zu Spruchpunkt I.: Gemäß § 7 AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1, Abschnitt A, Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht, und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt. Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH E 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

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Im Sinne der oben dargestellten Erwägungen unter Punkt II.2 konnte das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich des Bestehens einer Verfolgungsgefahr oder Bedrohungssituation nicht als glaubhaft erachtet werden und es war somit nicht geeignet, eine aktuelle, dem Beschwerdeführer konkret drohende asylrelevante Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität darzutun. Selbst wenn man im gegenständlichen Fall rein hypothetisch davon ausgehen sollte, dass der Beschwerdeführer Schikanen seitens eines einzelnen Polizeibeamten in seinem Heimatort ausgesetzt gewesen sein sollte, wäre dieses Vorbringen nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgung zu begründen. Wie der Beschwerdeführer nämlich im Zuge der erstinstanzlichen Einvernahme am 04.12.2002 selbst vorbrachte, würden die angeführten Probleme ausschließlich auf einer "privaten Feindschaft" zwischen dem Beschwerdeführer und dem örtlichen Polizeikommandanten beruhen; aus diesem behaupteten Fehlverhalten eines einzelnen Beamten aus persönlichen Gründen könnte auch bei hypothetischer Zugrundelegung nicht auf systematische Verfehlungen der Polizei geschlossen werden. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, dass in Serbien verschiedene Einrichtungen zur Bekämpfung von Fehlleistungen der Polizei bestehen. Im Ministerium für innere Angelegenheiten wurde ein Sekretariat für interne Kontrolle der Polizei eingerichtet. Darüber hinaus ist in jeder der 27 Regionen der Republik Serbien zudem eine spezielle Kommission eingerichtet, die Verfehlungen der Polizei beobachtet. Diese Kommissionen bestehen aus drei Mitgliedern, nämlich einem Polizeibeamten, einem Vertreter des Sekretariates für interne Kontrolle und einem lokal ansässigen Bürger. Was die weiters vorgebrachte Anklageerhebung wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt betrifft, ist festzuhalten, dass auch dieser - bei tatsächlichem Zutreffen - keine Asylrelevanz zukommen würde. Der Beschwerdeführer gab in diesem Zusammenhang selbst an, dass er einen Polizisten mit dem Umbringen bedroht habe; er habe beabsichtigt, eine Waffe zu holen, sei jedoch von den Beamten dabei überwältigt worden. Aus der behaupteten, nunmehr aufgrund dieses Zwischenfalls erhobenen Anklage kann jedenfalls keine ungerechtfertigte Behandlung abgeleitet werden; vielmehr läge in der vorgebrachten Konstellation ein Fall der legitimen Strafverfolgung vor, welcher nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu einer Asylgewährung führen könnte. Laut Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt eine strafrechtliche Verfolgung wegen einer begangenen Straftat in der Regel keinen Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.03.1999, Zl. 98/20/0431; oder vom 16.09.1999, Zl. 98/20/0543). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nur dann vorliegen, wenn etwa ein Staat die Strafe für ein im Kontext mit einem ethnischen oder politischen Konflikt stehendes Delikt unverhältnismäßig hoch festlegt und die Strafe nicht mehr als Maßnahme einzustufen wäre, die dem Schutz legitimer Interessen des Staates dient (VwGH 25.03.1999, Zl. 98/20/0431; VwGH 16.09.1999, Zl. 98/20/0543 mwH Kälin, Grundriss des Asylverfahrens, Basel 1990, 112 ff). Im gegenständlichen Fall wurde weder ein Zusammenhang zu einem mit einem ethnischen oder politischen Konflikt stehenden Delikt noch eine allfällige unverhältnismäßige Strafe seitens des Beschwerdeführers behauptet und kann solches in der vorliegenden Konstellation auch von Amts wegen nicht angenommen werden. Auch ist das weitere Vorbringen hinsichtlich der behaupteten Nichtbefolgung eines Einberufungsbefehles nicht geeignet, eine asylrelevante Verfolgung zu begründen. In diesem Konnex ist zum Einen festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 04.12.2002 selbst angab, dass die behauptete Nichtbefolgung keine Folgen nach sich gezogen habe. Zum Anderen ist festzuhalten, dass die allgemeine Furcht vor Ableistung des Militärdienstes laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein genommen keinen Grund für die Gewährung von Asyl darstellt, weil die Militärdienstpflicht grundsätzlich alle jungen männlichen Staatsangehörigen gleichermaßen trifft. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gemäß kann eine Einberufung zum Militärdienst nur dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung aus einem der in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen eine drohende allfällige Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung schwerer als gegenüber anderen Staatsangehörigen gewesen wäre (vgl. VwGH vom 11.10.2000, 2000/01/0326). Eine Einberufung aus einem in der Genfer Konvention genannten Grund wurde seitens des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang nicht behauptet und kann auch von Amts wegen nicht angenommen werden. Auch ist eine allfällige Schlechterstellung des Beschwerdeführers, der - wie oben dargelegt - selbst angab, mit keinen gegen seine Person gerichteten Maßnahmen aufgrund der Nichtbefolgung konfrontiert worden zu sein, gegenüber anderen Staatsangehörigen nicht erkennbar. Dass der Beschwerdeführer als Offizier der Reserve jedoch höhere Verpflichtungen als andere - einfache - Grundwehrdiener zu tragen hätte, erscheint hingehen naheliegend. Aus diesem Grund erschiene auch eine allfällige schwerere Bestrafung wegen Wehrdienstentziehung grundsätzlich nicht ausgeschlossen, doch würde auch diese mangels Bezug zu einem in der Genfer Konvention genannten Grund nicht zu einer Asylgewährung führen. Ganz abgesehen davon ist festzuhalten, dass in Serbien Amnestiegesetze in Kraft sind, mit welchen unter anderem Fälle der Wehrdienstentziehung im Zeitraum von 1992 bis 18.04.2006 erfasst werden. Diese Gesetze beinhalteten den Verzicht auf Strafverfolgung. Lediglich ausgeschlossen von der Amnestieregelung sind aktive

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Offiziere und Unteroffiziere. Auch aufgrund dieser Gesetze kann im Beschwerdefall daher keine aktuelle, asylrelevante Verfolgungsgefahr erkannt werden. Sofern der Beschwerdeführer - was er selbst allerdings gar nicht zum Ausdruck bringt - eine künftige Einberufung zum Militärdienst befürchten sollte, so ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass eine solche allfällige Einberufung des Beschwerdeführers zum Militärdienst oder eine allfällige unterschiedliche Behandlung während der Ableistung des Militärdienstes aus einem der in der GFK genannten Gründe erfolgen würde bzw. dem Beschwerdeführer wegen einer allfälligen künftigen Wehrdienstverweigerung aus solchen Gründen eine strengere Strafe als anderen Staatsangehörigen oder aber eine unverhältnismäßige Strafe drohen würde. Es kann auch nicht erkannt werden, dass den für Wehrdienstverweigerung allfällig drohenden Sanktionen jede Verhältnismäßigkeit fehlen würde. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass gegenwärtig nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass aktuell in Serbien Wehrpflichtige generell zu völkerrechtswidrigen Militäraktionen herangezogen werden; Länderberichte solchen Inhaltes existieren nicht. Auch der Beschwerdeführer selbst hat weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde ausreichend konkret dargetan hat, dass gerade er mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu einzelnen völkerrechtswidrigen Handlungen herangezogen werden würde; eine solche maßgebliche Wahrscheinlichkeit kann derzeit nicht erkannt werden. Vor dem Hintergrund der unter Punkt II.1.1. getroffenen, unbestritten gebliebenen Feststellungen zur Lage in Serbien und der Ausführungen unter Punkt II.2. kann im Zusammenhalt mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers somit nicht erkannt werden, dass diesem eine real drohende, aktuelle, asylrelevante Verfolgungsgefahr maßgeblicher Intensität drohen würde. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 7 AsylG 1997 abzuweisen. Was die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. die behauptete mangelhafte erstinstanzliche Einvernahme betrifft, ist festzuhalten, dass sich aus dem vorliegenden, vom Beschwerdeführer Seite für Seite unterfertigten Verhandlungsprotokoll zweifelsfrei ergibt, dass der Beschwerdeführer ordnungsgemäß einvernommen wurde und dem angefochtenen Bescheid ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde liegt. Eine Verletzung der Ermittlungspflicht ist nicht erkennbar. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen erweist sich somit als nicht gerechtfertigt. Zu Spruchpunkt II.: Gemäß Art. 5 § 1 des Fremdenrechtspakets BGBl. I Nr. 100/2005 ist das FrG mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten; am 01.01.2006 ist gemäß § 126 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (Art. 3 BG BGBl. I Nr. 100/2005 [FPG]) das FPG in Kraft getreten. Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Damit soll zum Ausdruck gebracht werden, dass das jeweilige andere Bundesgesetz nunmehr auf die entsprechenden Bestimmungen des FPG verweist. Demnach wäre die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG - sofern man die Übergangsbestimmungen des § 75 Abs. 1 AsylG 2005, BGBI. I Nr. 100/2005 und in weiterer Folge des § 44 Abs. 1 AsylG 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 nicht ohnedies als lex specialis zu § 124 Abs. 2 FPG 2005 begreift, womit die Verweisung des § 8 Abs. 1 AsylG auf § 57 FrG weiterhin aufrecht bliebe nunmehr auf die "entsprechende Bestimmung" des FPG zu beziehen, das ist § 50 FPG. Gemäß § 50 Abs. 1 FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 und 4 FPG ist die Zurückweisung, Zurückschiebung oder - mit einer für den vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Einschränkung - Abschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 GFK), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005). Ob diese Verweisung auf § 50 FPG wirklich der Absicht des Gesetzgebers entspricht, obwohl Verfahren nach dem AsylG 1997 nur weiterzuführen sind, wenn der zugrundeliegende Antrag vor dem 01.01.2006 gestellt worden ist, braucht nicht weiter untersucht zu werden, da sich die Regelungsgehalte beider Vorschriften (§ 57 www.ris.bka.gv.at

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FrG und § 50 FPG) nicht in einer Weise unterscheiden, die für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre und sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - unmittelbar oder mittelbar - auf § 57 FrG bezieht, insoweit auch auf § 50 FPG übertragen ließe. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG hat die Behörde im Fall der Abweisung eines Asylantrages von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist. § 8 Abs. 1 AsylG verweist auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I Nr. 75/1997 idF BGBl. I Nr. 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Überdies ist gemäß § 57 Abs. 2 FrG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 78/1974). Der Prüfungsrahmen des § 57 FrG wurde durch § 8 AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 57 FrG knüpft an jene zum inhaltsgleichen § 37 Fremdengesetz BGBl. 838/1992 an. Für § 57 Abs. 1 FrG i.d.F. BG BGBl I Nr. 126/2002 kann auf die Rechtsprechung zur Stammfassung dieser Bestimmung (BGBl I Nr. 75/1997) zurückgegriffen werden (VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059, VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573), mit der sie sich inhaltlich deckt (die Änderung diente nur der Verdeutlichung). Nach der Judikatur zu (§ 8 AsylG - nunmehr § 8 Abs. 1 AsylG i.V.m.) § 57 FrG ist Voraussetzung einer Feststellung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Beschwerdeführer betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028). Wie bereits oben unter Punkt I. ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer keine ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anknüpfende Verfolgung - oder eine sonstige Verfolgung - maßgeblicher Intensität glaubhaft gemacht. Es kann daher nicht - wie bereits unter Spruchpunkt I. ausgeführt wurde - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Serbien eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht. Dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Serbien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), hat der Beschwerdeführer nicht konkret vorgebracht und kann dies auch von Amts wegen nicht angenommen werden. Da sich außerdem seine Mutter und seine Schwester sowie die Mutter seiner Lebensgefährtin noch in Serbien befinden - der Beschwerdeführer trat den diesbezüglichen, ihm übermittelten Ergebnissen der Beweisaufnahme vom 07.06.2010 nicht entgegen - und der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise im Elternhaus lebte und auch keine Gründe vorgebracht hat, warum dies in Zukunft nicht wieder möglich sein sollte, stellt sich somit die Unterkunftssituation als weit besser gesichert dar, als die laut dem genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Juli 2003, Zahl: 2003/01/0059 als zwar prekär aber unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK noch erträglich beurteilte Situation der Unterbringung einer fünfköpfigen Familie in einem beheizbaren Zelt in der Größe von neun Quadratmetern.

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Asylgerichtshof

18.10.2010

Festzuhalten ist weiters, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der über eine 12-jährige Schulbildung verfügt. Nach Absolvierung der Grund- und Hauptschule arbeitete der Beschwerdeführer bis zu seiner Ausreise nach Österreich als Kranfahrer und führte im Zeitraum von 1989 bis 2001 eine Exportfirma für Bäckereiwaren als selbständiger Gewerbetreibender. Es ist nicht ersichtlich, weshalb dem Beschwerdeführer, der über die genannte Bildung und Berufserfahrung verfügt und der schon bisher in der Lage war, seine Existenz zu sichern, im Falle seiner Rückkehr nach Serbien nicht weiterhin zugemutet werden kann, für seine notdürftigste Lebensgrundlage zu sorgen. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer von derart außergewöhnlichen Umständen betroffen sein würde, die die hohe Eingriffsschwelle des Art 3 EMRK übersteigen und eine massive Bedrohung seiner Lebensgrundlage bilden könnten. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer auf Grund der nach den Feststellungen über die Situation in Serbien gegebenen Grundversorgung mit Lebensmitteln nicht in der Lage wäre, seine Grundbedürfnisse - erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme von Sozialhilfe, staatlichen Hilfeleistungen und der Unterstützung von Verwandten im Herkunftsstaat - zu decken. Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen und der Ausführungen unter Punkt II.3. kann im Zusammenhalt mit dem genannten Vorbringen des Beschwerdeführers daher nicht davon ausgegangen werden, dass dieser in Serbien in seiner Existenz bedroht wäre. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden. Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Serbien eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die Situation in Serbien auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers für diesen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde; in Serbien ist eine Zivilperson nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer solchen Bedrohung ausgesetzt. Dies wurde vom Beschwerdeführer im Verfahren auch nicht behauptet. Von einer Gefährdung iSd § 57 Abs. 1 FrG ist daher im gegenständlichen Fall nicht auszugehen. II.5. Gemäß § 41 Abs. 7 AsylG hat der Asylgerichtshof § 67d AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur außer Kraft getretenen Regelung des Art. II Abs. 2 lit. D Z 43a EGVG war der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung nicht als geklärt anzusehen, wenn die erstinstanzliche Beweiswürdigung in der Berufung substantiiert bekämpft wird oder der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (VwGH 02.03.2006, 2003/20/0317 mit Hinweisen auf VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533; 12.06.2003, 2002/20/0336; vgl. zur Zulässigkeit der Einräumung von schriftlichem Parteiengehör die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0459, oder vom 11.11.2008, Zl. 2006/19/0359-7 mit weiterem Nachweis). Gemäß dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Asylgerichtshof unterbleiben, da der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers und tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der Behörde erster Instanz getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht ausreichend substantiiert entgegen. II.6. Eine Ausweisungsentscheidung war durch den Asylgerichtshof im Beschwerdefall nicht zu treffen, zumal der erstinstanzliche Bescheid - der damaligen Rechtslage entsprechend - keinen solchen Ausspruch enthielt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

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