200 Jahre im Dienste der Gesundheit

200 Jahre im Dienste der Gesundheit Ein Beitrag über die Entstehung von Bad Berkas Kur- und medizinischen Einrichtungen, ihr Fortbestehen und Entwickl...
Author: Hansl Blau
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200 Jahre im Dienste der Gesundheit Ein Beitrag über die Entstehung von Bad Berkas Kur- und medizinischen Einrichtungen, ihr Fortbestehen und Entwicklung bis in unsere heutige Zeit. Im Juni jährt sich zum 200. Mal die Eröffnung der Bad Berkaer Badeanlagen. In dem für Europa so schicksalsschweren Jahr 1813, als die Völker begannen, sich von der Unterjochung durch Napoleon zu befreien, wurde im kleinen Landstädtchen Berka, im damaligen Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach gelegen, ein Kurort gegründet. Von Quellenentdeckern und Badegründern. Berkas damaliger Mädchenschullehrer und Organist Heinrich Friedrich Schütz hatte die Idee zur Gründung einer Badeanstalt. Schon seit längeren war ihm das schwefelhaltige Wasser im Teichgebiet unterhalb des Arlsberges, dem heutigen Kurpark, aufgefallen. Die Karpfen und Hechte aus den Teichen schmeckten schlecht oder waren sogar ungenießbar. Auch erinnerte man sich an Erzählungen über einen Erdfall, welcher im Jahre 1555 entstanden war, aus welchem „daraus so ein giftiger Hauch ging, dass niemand ohne Verletzung hinein sehen konnte“. Beweis aber war das weißgelbliche Pulver, welches sich an den Pflanzen der Abflussgräben und des Teiches absetzte. Schütz befasste sich auch mit einer weiteren Quelle. Sie befand sich an der Stelle des heutigen Goethe-Brunnens. Er hatte festgestellt, dass aus ihr eisenockerhaltiges Wasser zum Vorschein kam. Setzte sich doch hier brauner Schlamm ab. Allerdings hatte dies schon der Berkaer Jakob Ludwig Geist (er war von1795 bis 1804 Goethes Sekretär) 1807 entdeckt. Seine angeregten Untersuchungen aber unterblieben. Schütz überreichte den Landesherrn Herzog Carl August im Dezember 1811 Proben der beiden Berkaer Wässer, teilte ihm seine Vermutungen mit und schlug die Errichtung einer Badeanstalt vor. Carl August war erfreut über Schützens Nachforschungen. Ihm wäre es recht, in der Nähe seiner Residenz eine Badeanstalt gründen zu können, sah er doch darin wirtschaftliche Aspekte. Es blieb das Geld der Untertanen im Lande, zum anderen könnte man mit dem Besuch von Gästen rechnen. Er beauftragte die Professoren Döbereiner und Kieser aus Jena umgehend mit Wasseruntersuchungen. Sie bestätigten die Bestandteile Eisen, Gips und Kohlensäure in der sogenannten „Stahlquelle“, wie man die von Schütz und Geist entdeckte Quelle nun nannte. Im Schwefelwasser im Teichgebiet fanden sich 30% Schwefel und 15% Kohlensäure sowie Gips, Kalk und Glaubersalz. Die Mediziner rieten dem Herzog besonders den Schwefelschlamm zu nutzen. Carl August und sein Sohn, der Erbprinz Carl Friedrich, waren von der wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Berkaer Heilquellen überzeugt und fest entschlossen, eine Badeanstalt zu gründen. Der Erbprinz allerdings forderte noch das Urteil des Herrn Geheimrat und Staatsminister von Goethe.

Goethe kommt nach Berka. Am 30 Oktober 1812 kam Goethe nach Berka. Nach Besichtigung des Ortes, seiner Umgebung und der geplanten Anlagen, ging er mit großer Gründlichkeit an die Erarbeitung eines Berichtes über die Rentabilität einer eventuell zu errichtenden Badeanstalt. Er beschäftigte sich mit den geologischen und hydrologischen Verhältnissen, mit verkehrstechnischen und wirtschaftlichen Problemen, aber auch mit der Lage und den Baulichkeiten des Ortes. Mehrfach wurden Wissenschaftler in Jena von ihm konsultiert. Schon am 22. November legte er dem Erbprinzen seinen Bericht vor. Goethe erläuterte darin seine geologischen Untersuchungen und verhehlte nicht, dass es sich seiner Meinung nach nicht um eine Schwefelquelle, sondern um schwefelhaltiges Schichtwasser handele, das nach Trockenlegung des umgebenden Sumpfgebietes versiegen würde. Auch bezweifelte er, dass die derzeitig anfallende Menge des Wassers überhaupt ausreichen werde, um den Badebetrieb über Jahre aufrecht zu erhalten. Er machte aber auch umfangreich Vorschläge über die Gestaltung und Einrichtung des Bades, falls der Herzog sich für dessen Bau entscheiden würde. So schlug er vor, das schwefelhaltige Wasser über Gräben in ein versteckt gehaltenes, als Quelle deklariertes Wasserreservoirs zu leiten. Er listete eine Vielzahl von Arbeiten, welche zur Badegründung notwendig wären, auf. So auch das Pflastern der wichtigsten Straßen und Wege im Ort, um diesen sauber zu halten oder das Anlegen von Wanderwegen und Rastplätzen in der Umgebung. Er wendete sich bau- und verwaltungstechnischen Fragen zu. Auch machte er Vorschläge über ein zu errichtendes Badehaus und einen Ballsaal, über anzulegende Dämme, Gräben, Brücken und Wege im Bereich des heutigen Parks. Er dachte an einen tüchtigen Verwalter, einen Badearzt, an notwendiges Personal und an eine polizeiliche Aufsicht. Selbst die Geselligkeit kam nicht zu kurz. So schlug Goethe die Anstellung von Musikern vor. Zur Finanzierung des gesamten Unternehmens würden nach Goethes Meinung 5.000 bis 6.000 Taler reichen. Berka wird Badeanstalt. Auf die Warnung Goethes hin ließ der Herzog erneut Wissenschaftler herbeiholen und nach der Schwefelquelle suchen. Obwohl sich diese nicht fand, entschied er am 26.1.1813 mit einem Dekret, in Berka a. d. Ilm eine Badeanstalt zu gründen. Er stellte dafür 2.000 Taler zur Verfügung. Die Bedenken Goethes versuchte er zu zerstreuen. Er behauptete, da das Schwefelwasser bei großer Kälte nicht zufriere, müsse eine ausgiebige Quelle in großer Tiefe vorhanden sein. Auch sei das Schwefelwasser in Berka schon über 200 Jahre bekannt. Im Frühjahr 1813 begann man mit allen notwendigen Arbeiten.Im März wurde im Beisein des Weimarer Hofes und Goethes ein Richtfest am Schwefelbadehaus gefeiert. Nachfolgend erfolgten die Errichtung des Schwefelbrunnens und der Bau eines Ballsaales. Mit viel Arbeit verbunden war das Trockenlegen des Sumpfgebietes, dem heutigen Kurpark, das Anlegen von Wassergräben und der Bau der „Großen Allee“, der heutigen Goetheallee. Der Badeplatz wurde gestaltet mit Blumenrabatten, Promenadenwegen und begrünten Plätzen mit Sitzgelegenheiten. Später kam eine Kegelbahn hinzu.

Der Badeplatz in Berka. Reproduktion nach einem Stich von Theodor Goetz, entstanden im August 1813

Die Eröffnung des Berkaer Bades – Goethe als Badegast. Am 24.Juni 1813 erfolgte die feierliche Einweihung der Berkaer Schwefelbadeanstalt durch den Erbprinzen Carl Friedrich. Anwesend war erneut die gesamte Weimarer Hofgesellschaft, an der Spitze der Landesherr Carl August. Als Badearzt hatte man den Mediziner Kieser aus Jena berufen, Badeinspektor war der Lehrer und Organist Heinrich Friedrich Schütz. Die Berkaer hatten mit Wohnungen vorgesorgt, 60 Stuben, 47 Kammern und Stallung für73 Pferde wurden von ihnen angeboten. Nach dem Urteil der Ärzte sollten das Schwefelwasser und der Schwefelschlamm vorzüglich wirksam sein zur Behandlung von Rheumatismus und Gicht, Lähmungen, Geschwülsten, Hautausschlägen, Hämorrhoidalbeschwerden und anderen Krankheiten. Erste Badegäste waren der Baron von Fritsch, Baumeister Steinert aus Weimar und Herr und Frau Justizrat Ackermann aus Ilmenau. Von Anfang an fehlte es am Geld für die Anlage. Goethe, der sich nach wie vor um die kleine Badeanstalt sorgte, versuchte über die Schwiegertochter Carl Augusts, die Erbprinzessin Maria Pawlowna, vom Herzog einen Zuschuss zu erwirken. Er schreibt: „Meine Absichten sind diesmal die allerreinsten. Die Anlage ist ohne meine Überzeugung gemacht, allein sie ist einmal da, sie hat Geld gekostet und bringt eine diesem kleinen Orte, der durch den Krieg so viel gelitten hat, höchst förderliche Bewegung hervor“. Goethe hatte Glück mit seiner Bitte. Der Herzog stellte 500 Taler zur Verfügung und künftig jährlich 400 Taler, welche bis 1849 gezahlt wurden. Vom 13. Mai bis 28. Juni 1814 weilte Goethe mit seiner Frau Christiane in Berka, um am eigenen Körper die Heilkraft des Wassers zu erproben. Beide wohnten im Edelhof, eine Tafel am Eingang des heutigen Forstamtes in der Ilmstraße erinnert

daran. Während seines Aufenthaltes in Berka nahm sich Goethe viel Zeit, die Umgebung kennenzulernen. So besichtigte er den Schlossberg, die Berkaer Sandsteinbrüche, wanderte zu den Köhlerhütten im Kohlgrund, besuchte die Harth, den Hexenberg und München sowie umliegende Dörfer. Er nutzte aber auch die Ruhe und Abgeschiedenheit Berkas, um an seinem Festspiel „Des Epimenides Erwachen“ zu arbeiten. Mit Schütz, dem neuen Badeinspektor, besichtigte er die Stadt und die Anlagen. Er gab diesem gute Ratschläge für die Verbesserung des Stadtbildes und für eine weitere Parkgestaltung. Goethes Aufenthalt in Berka bewirkte, dass nachfolgend zahlreiche Freunde Goethes, Künstler, Mitglieder des Hofes und wohlhabende Weimarer Bürger nach Berka zur Badekur kamen. In den Rechnungsbüchern des Bades finden sich immer wieder Eintragungen über Geldausgaben „…um nach einer Schwefelquelle zu graben“ und „….um Schwefelschlamm zu suchen“. 1818 bewahrheiteten sich erstmalig Goethes Befürchtungen: Das Wasser reichte für die Bäder nicht mehr aus. Je mehr man sich mit der Trockenlegung des Parks beschäftigte, umso stärker sank der Wasserspiegel des schwefelhaltigen Wassers. Eine Quelle aber fand sich nicht. Mit erheblichem Aufwand wurde eine Anlage geschaffen, in welcher Mineralwässer und auch Schwefelwasser künstlich erzeugt werden konnte. Wegen großer Proteste der Badegäste wurde sie schnell wieder aufgegeben. Dem Herzog kamen nun Zweifel über das Weiterbestehen des Bades. Goethe aber machte ihm klar „…dass man dieses Bad nicht liegen lassen könne“. Erneut machte er auf die schöne Gegend, die gesunde Lage aufmerksam und den Vorteil, in der Nähe der Residenzstadt Weimar eine Badeanstalt zu besitzen. Er schlug, neben den wenigen Schwefelbädern, welche man noch geben konnte, auch die Nutzung der Stahlquelle vor. Die Weiterentwicklung des Bades. Erstmalig wurden 1823 Stahlbader verabreicht. In einem nahe der Quelle befindlichen Hause hatte man eine Badezelle eingerichtet, in welcher das Wasser der Quelle auch mit Kräutern versetzt angeboten wurde. Goethe nutzte die Bäder nicht wieder. Er kam aber regelmäßig nach Berka, um sich über die Weiterentwicklung des Bades zu informieren. Er traf sich mit dem Badeinspektor Schütz, mit dem ihn freundschaftliche Beziehungen verbanden. In jeder Weise versuchte Goethe, fördernd auf die Entwicklung des kleinen Bades einzuwirken. Oft war er auch Gast im Hause des „Badekönigs“, wie er Schütz scherzhaft nannte. Er schätzte dessen vortreffliches Spiel auf dem Klavier, seine musikalischen Fähigkeiten und Kenntnisse, aber auch die liebevoll von Frau Schütz für den hohen Gast zubereiteten „Schmerlen“ und das Hetschburger Bier, welches im Hause ausgeschenkt wurde. Auch der berühmte Arzt Dr. Hufeland war begeistert von Berka. Nach einem Besuch schrieb er: „Die Gegend ist herrlich, ein romantisches, von schönen waldigen Bergen begränztes Thal, aus dem, ganz in der Nähe der Quelle, die Ruinen einer alten Burg hervorragen, und zu den angenehmsten Spaziergängen einladen…“ Die günstige Aussage über Berka von Hufeland, aber auch anderer berühmter Gäste, wie der Ausspruch des 1825-26 in Berka tätigen Badearztes Dr. le Goullon:

„Jeder Atemzug Berkaer Luft ist ein Dukaten wert“, wurden nun oft zu Werbezwecken genutzt. Trotz aller Anstrengungen der Verantwortlichen des Bades, die Anzahl der Badegäste zu erhöhen, war dies nicht sehr erfolgreich. Goethe wies den Herzog Carl August immer wieder darauf hin, wie notwendig die Errichtung eines Gesellschaftshauses mit Ballsaal sei. Der Herzog stimmte ihm bei, Oberbaudirektor Coudray erhielt den Auftrag, Entwürfe für ein solches Haus vorzulegen. 1824 wurde mit dem Bau unter der Leitung von Coudray begonnen. Am 24.Juni 1825 im Beisein der gesamten Weimarer Hofgesellschaft feierlich eingeweiht. Von nun an war das neu errichtete Badegesellschaftshaus, das heutige „Coudrayhaus“, Mittelpunkt des Berkaer Badelebens.

Der Park mit dem Schwefelbadehaus und dem von Coudray errichteten Badegesellschaftshaus um 1830

Getreu den Vorstellungen von Goethe erschlossen die Berkaer die schöne Umgebung der Stadt immer mehr für ihre Gäste. Zum Schloßberg, dem Adelsberg, der Harth und der Trebe wurden Spazierwege angelegt, Ruheplätze mit Tischen und Bänken und den beliebten Mooshütten errichtet. Eine besondere Attraktion befand sich im Dammbachsgrund. Hier hatte man ein Häuschen errichtet, die sogenannte „Einsiedelei“. Das Haus konnte gemietet werden, um Tag und Nacht in der schönen Waldeinsamkeit zu verbringen. Hungern brauchten seine Bewohner nicht, wurden sie doch von Berkaer Wirten mit Speisen und Getränken bestens versorgt. 1835 erfolgte der Bau des Stahlbadehauses an der Stelle der heutigen TouristInformation. Immer öfter wurde das Wasser der Stahlquelle zu Bädern, besonders auch zu Dampfbädern genutzt. Neu waren auch in den 30er Jahren die Ilmbäder. In ihnen konnte man, vor neugierigen Blicken geschützt, ein Ilmbad nehmen und wurde auf Wunsch vom Bademeister mit Wasser übergossen. Das Ilmbad wurde vermutlich vom Hochwasser zerstört. 1840 ließ Großherzog Carl Friedrich ein Wellenbad in der

Ilm errichten. Hier wurde das Wasser an einem Wehr gestaut und der Bademeister erzeugte dabei mit einem großen Holzrechen Wellen. Zusätzlich goss man von einer darüber gehenden Brücke Bottiche mit Wasser als sogenannte Sturzbäder aus, mit einer weiteren Vorrichtung wurden auch Brausebäder verabreicht. Auch diese Anlage wurde 1847 ein Opfer des Hochwassers. 1845 kam das endgültige aus für das Schwefelwasser. Die Gräben blieben trocken, selbst den Winter über war das Sammelbecken leer. Erneut wurde künstlich erzeugtes Schwefelwasser angeboten, allerdings mit wenig Erfolg Berkas neue Heilmittel Ein neuer Badearzt brachte neue Ideen nach Berka. 1847 ließ sich Dr. Carl Ebert hier als Arzt nieder. Zuständig auch für das Bad hatte er die schwere Aufgabe, die Anstalt vor dem Niedergang zu bewahren. Um den Kurbetrieb zu fördern, führte er eine Reihe neuer Kurmittel ein. Da waren zunächst seine Ziegenmolkenkuren. Diese wurden gegen Krankheiten der Schleimhäute, der Lungenorgane und der Nerven verordnet. Besonders den Badegästen mit Lungenerkrankungen empfahl er den Aufenthalt in der „…milden, weichen Waldluft…“, um „die aromatisch harzigen Ausdünstungen der Fichten und Tannenwaldungen zusätzlich zu nutzen“. Seiner Meinung nach förderten diese den Genesungsprozess. 1850 führte Ebert erstmalig deutschlandweit Kiefer- und Fichtennadelbäder ein. Mit großem Erfolg wurden diese zur Behandlung von rheumatischen und gichtigen Beschwerden, Brustleiden und Hautausschlag angewendet. Auch bei Erkrankung der Atemwege verordnete Ebert Dampfbäder mit Zusätzen von Kiefernadeln. Eine weitere Neuerung war die Vermietung von „Waldwollmatratzen“. Badegäste mit Beschwerden des Rückens und der Wirbelsäule erhielten statt dicker Federbetten mit Waldgras gefüllte Matratzen. Das kleine bescheidene Badestädtchen wurde immer beliebter. Zum einen, weil die vielfältigsten Heilmethoden in Anspruch genommen werden konnten, zum anderen der schönen Umgebung und der ruhigen und klimatisch günstigen Lage des Ortes wegen. Inzwischen war auch in baulicher Hinsicht im Ort viel geschehen. Wie einst Goethe vorgeschlagen, hatte man schöne Häuser und Pensionen in der Nähe des Parks und der Badeanlagen errichtet. In der Stadt waren angenehme, ruhige Gästewohnungen und neue Gasthöfe entstanden und Straßen und Wege durch Pflasterung verbessert. Ab 1851 stellte die Pferdepost, von Weimar und Rudolstadt kommend, im Bedarfsfalle „Beiwagen“ für die Berkaer Badegäste. Die Poststelle in der Apotheke wurde regelmäßig angefahren. Zu allen Zeiten hatten die Verantwortlichen des Bades mit finanziellen Problemen zu kämpfen. Die niedrigsten Tarife und billigsten Preise von ganz Thüringen gab es in Berka, auch eine Kurtaxe wurde nicht erhoben. Das erhöhte zwar den Zuspruch an Gästen, das Bad aber konnte nicht bestehen. 1862 musste eingeführt werden, was in anderen Bädern längst üblich war, die Kurtaxe. Sie wurde nun künftig für die Verbesserung der Badebibliothek, die Bademusik sowie zur Gestaltung des Parks verwendet. 1870 führte Dr. Ebert eine weitere Neuerung ein: die Verabreichung von Sandbädern. In einem gegenüber dem Brunnen errichteten Sandbadehaus wurden Voll- oder Teilbäder aus getrocknetem und erhitztem Ilmsand bereitet. Mit Erfolg

wurden Neuralgien, Ischias, Lähmungen und Nierenentzündungen behandelt. Auch auf diesem Gebiet war Berka in dieser Zeit führend in Deutschland.

Sandbäder, bei den Berkaer Badegästen sehr beliebt

1873 gründete sich der Berkaer Verschönerungsverein. Über viele Jahrzehnte setzten sich seine Mitglieder für die Verschönerung des Stadtbildes und der Umgebung ein. Es wurden Wanderwege und Ruheplätze in den Wäldern und im Park geschaffen oder finanziert, kleine Denkmäler errichtet sowie Quellen und Teiche angelegt. Neben Blumen- und Strauchbepflanzungen in der Stadt legten sie den Kaiserhain an und erbauten den Ilmsteg nach der Trebestraße. Ihr größtes Werk war die Errichtung des Paulinenturmes auf dem Adelsberg 1884. Im Jahre 1874 entdeckte man im Bereich des Kurparkes Moor. Die Verantwortlichen entschlossen sich, dies für Heilzwecke zu nutzen. Zwei Jahre später hatte man die Moorbadeanstalt errichtet. Hier konnten Moorbäder zur Behandlung von Gicht und Neuralgien sowie Muskel- und Gelenkrheumatismus verabreicht werden. Die Stahlquelle versiegt. Sorgen bereitete den Verantwortlichen die Stahlquelle. Durch den erhöhten Wasserverbrauch, auch für die Moorbäder, war ihr Wasser nicht mehr ausreichend. 1877 entschloss man sich zu einer Tiefbohrung, welche mit erheblichem Aufwand verbunden war. Bei einer Tiefe von 35 Metern stieß man auf eine genügende Wassermenge. Diese wurde mit 150 Kubikmetern am Tag angegeben. Doch die Bestandteile des Wassers hatten sich nun geändert. Enthielt es vorher eine erhebliche Menge an Eisenbikarbonat und freier Kohlensäure, so überwog nun der

Gehalt an Gips und doppeltkohlensaurem Kalk sowie Bitter- und Glaubersalz. Man bezeichnete die Quelle zunächst als erdige Gipsquelle. Nach neuesten Erkenntnissen und Untersuchungen bezeichnen wir heute ihr Heilwasser als „Calcium-Sulfat-Wasser“ mit balneologisch wertvollen Inhaltsstoffen wie Eisen, Jodit, Sulfitschwefel, Fluorid, Rodon und freiem gelösten Kohlenstoffdioxid. Neben der Verwendung für Bäder fand das Heilwasser immer mehr auch Verwendung als Trinkkur bei Magen-, Darm- und Blasenerkrankungen. Der Brunnen erhielt 1882 den offiziellen Namen „Carl-August-Brunnen“, nach dem Gründer des Bades, dem Großherzog Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach.

Der heutige Goethebrunnen im Jahre 1888

Die große Allee im Park wurde zur Goethe-Allee. Inzwischen verwendete man nicht mehr die Bezeichnung Badestädtchen. In allen Prospekten und Veröffentlichungen war Berka zum Kurort, die Badegäste zu Kurgästen, die Badehäuser zu Kuranlagen, das Badegesellschaftshaus zum Kurhaus und der Park zum Kurpark geworden. Der 1882 nach Berka gekommene Amtsphysikus und Badearzt Dr. Willrich vertrat in führender Position den Kurort Berka im neu gegründeten Thüringer Bäderverband. Auch auf kulturellem Gebiet wurden zahlreiche Verbesserungen eingeführt. Regelmäßig fanden im Kurhaus Kulturveranstaltungen, Gesangsdarbietungen und Theateraufführungen von Berkaer Vereinen, Wanderbühnen, aber auch des Weimarer Hoftheaters statt. Der Wirt und Berkaer Vereine veranstalteten regelmäßig Tanzabende. Seit 1886 hatte man eine aus 25 Musikern bestehende Kurkapelle, welche dreimal wöchentlich Kurkonzerte gab. Eine Zeitung für Kurgäste, die sogenannten „Saisonnachrichten“, erschien regelmäßig. Die Anzahl der Gaststätten und Gasthöfe in der Stadt und der Umgebung hatten enorm zugenommen. Besonders beliebt bei gut situierten Gästen war das 1887 auf der Trebe errichtete Hotel „Kaiser Wilhelmsburg“.

Der Anschluss an das deutsche Eisenbahnnetz wurde 1887 Wirklichkeit. Durch die Bahn war die Fahrt nach Berka günstiger und die Besucherzahlen erhöhten sich. 1888 feierten die Berkaer mit ihren Gästen das 75jährige Bestehen als Kurort. Erstmalig gestalteten Berkaer Vereine und Gewerbetreibende, Kinder und Jugendliche einen großen Festumzug. In zahlreichen historischen Bildern wurde die Geschichte des Bades und der Stadt dargestellt. Begeistert von den Gästen aufgenommen, wurden nachfolgend die jährlich von Vereinen gestalteten Trachtenfeste zur Tradition in Berka. Mit Spiel und Tanz sowie kleinen Theateraufführungen am Brunnen, im Park, aber auch auf den Festwiesen an der Trebe und im Dammbachsgrund, endeten die Feste jedes Mal mit einem Umzug. Begeistert beteiligten sich dabei auch Berkas Kurgäste. Über Jahrzehnte erhalten, führte diese Tradition zu unseren heutigen Brunnenfesten. Die Entwicklung der Berkaer Lungenheilanstalten. Dr. Willrich war nicht nur als städt. Arzt und Badearzt tätig. Er beschäftigte sich immer mehr mit der Behandlung lungenkranker Patienten. Dabei war für ihn Berka der richtige Ort. Er war von der idyllischen waldreichen Lage, der Umgebung mit seiner kräftigen und gesunden Luft begeistert. Willrich bezeichnete Berka als das „Meran Thüringens“. Zur Behandlung von Patienten mit Reizzuständen der Schleimhäute und der Lunge setzte er, wie schon Dr. Ebert, auf die ozonreiche Waldluft mit ihren aromatischen harzigen Fichten- und Kiefernwaldungen in Verbindung mit kräftiger ländlicher Kost. 1888 ließ Dr. Willrich vom Besitzer der Pension Schloss Rodberg, Herrn Petzold, auf der Hardt eine Freiluftstation errichten.

Dr. Willrichs Waldschlafstätten auf der Harth

In 14 Hütten, getrennt für Damen und Herren, konnten Patienten mit Lungenkrankheiten im Sommer, Tag und Nacht, der heilsamen Waldluft ausgesetzt werden. Willrichs Behandlungsmethode hatte guten Erfolg. Auch auf Grund seiner umfangreichen Reklame war der Zuspruch groß. Je günstiger sich die Anlage auf der Harth entwickelte, umso schädlicher wirkte sie sich auf den Kurort Berka aus. Immer mehr blieben die Kurgäste von Berka fern. Ihre Meinung war: „Da, wo die Schwindsucht kuriert wird, fahren wir nicht zur Kur“. Erste Vorwürfe gegen die Waldschlafstätten sowie Dr. Willrich und Petzold wurden laut. Als das Ausbleiben der Kurgäste in den nächsten Jahren größer wurde, begann ein langer Kampf zwischen der Stadt Berka und ihrem Badearzt. Nachdem die Berkaer das Staatsministerium um Hilfe angerufen hatten, verfügte dieses Anfang 1897 den Abriss der „Tuberkelbaracken“ wegen ungenügender medizinischer Sicherheit. Im Sommer des gleichen Jahres erfolgte die Bekanntgabe über den Bau einer Lungenheilanstalt auf dem Emskopf bei München. Da von staatlicher Seite angeordnet, verhallten die Proteste der Berkaer. Die neue Heilstätte in München wurde ärztlich zunächst vom Weimarer Sophienhaus betreut. 80 Kranke konnten aufgenommen werden. Aus Rücksicht auf die geringe Bettenzahl und die große Nachfrage nach einer Kur, war die Kurdauer auf 13 Wochen beschränkt. 1904 nahm die Thüringer Landesversicherung die Sophienheilstätte in ihre Obhut. Ihren Namen hatte die Heilstätte von der Großherzogin Sophie erhalten. Die Monarchin hatte sich sehr für das Gesundheitswesen im Lande eingesetzt. Die Verbreitung der Tuberkulose in dieser Zeit war so groß, dass im Alter von 15 bis 60 Jahren jeder Dritte an dieser Krankheit starb. Um die Bettenzahlen zu erhöhen, erfolgten schon 1904, 1908 und 1911 Erweiterungen der Heilstätte. Der langjährige Leiter Dr. Kobbert sah für die Heilbehandlung seiner Patienten täglich Liegekuren, körperliche Betätigung an der frischen Luft, Waldspaziergänge und Atemgymnastik vor. Wichtig war auch die Verabreichung kräftiger Kost. In den Jahren 1898 und 1904 entstand ein weiteres Sanatorium an der heutigen Heinrich-Heine-Straße. Es war das Dr. Starck`sche Sanatorium „Schloß Harth“, eine diätetische Kuranstalt. Großzügig und modern eingerichtet, gehörte ein großer Park mit Sommerliegehallen und schönen Anlagen zum Sanatorium. Verdienter Lohn für große Mühe – Aufschwung in Berka. Als 1902 Berkas neuer Bürgermeister Paul Strauchenbruch sein Amt antrat, erkannte dieser, dass für einen modernen Kurort dringend bauliche Verbesserungen in den Kuranlagen und in der Stadt erforderlich waren. Um überhaupt Veränderungen vornehmen zu können, wurden zunächst die Anlagen und das Kurhaus vom Staat erworben. Das Wichtigste war jedoch die Verbesserung der hygienischen Verhältnisse in Berka. Aus diesem Grund erfolgte 1905/06 der Bau einer Hochdruckwasserleitung und einer Abwasseranlage. Gleichzeitig wurde der offen durch die Stadt fließende Hungerbach verrohrt. 1907/08 errichtete man ein Benoidgaswerk zur Erzeugung von Gas für Beleuchtungszwecke. 1910 erfolgte der Bau der Bürgerschule und 1911 des Waldpädagogiums auf dem Hexenberg. Zahlreiche Straßen und Wege in der Stadt wurden gepflastert. Zur gleichen Zeit gab

es im Bereich des Kurwesens zahlreiche Verbesserungen. Das Heilwasser des CarlAugust-Brunnens füllte man nun in Flaschen ab, um es im Land zu vertreiben. Der Brunnen selbst erhielt 1909 seinen heutigen Pavillon. In der Goethe-Allee hatte man schon 1903 die Schwarzpappeln wegen Überalterung gefällt und junge Linden gepflanzt. Das alte Moorbadehaus entsprach nicht mehr den Anforderungen der Zeit. Durch den Bau eines neuen Kurbadehauses wurde die größte Investition getätigt. Es entstand ein formschöner Bau, welcher der Badeanlage alle Ehre machte. Mit modernsten medizinischen Geräten ausgestattet, wurde der Neubau bei seiner Einweihung am 24.Juni 1910 sehr bewundert.

Einweihung des neu erbauten Kurbades 1910

Die Staatsregierung honorierte die Anstrengungen der Berkaer. Die Stadt erhielt am 8. Februar 1911 den Titel „Bad“ verliehen. In der Zeitung „Ilm – Bote“ war zu lesen: „ Seine Königliche Hoheit, der Großherzog, haben nach Vortrag im Gesamtministerium gnädigst zu genehmigen geruht, daß die Gemeinde Berka a. Ilm künftig den Namen „Bad Berka“ führt. Weimar, den 8. Februar 1911 Großherzoglich S. Staatsministerium gez. Paulsen“ 1911/12 errichtete die Berliner Buchdruckerkrankenkasse am Rodberg ein Erholungsheim für ihre Mitglieder. Es erhielt zunächst den Namen „Schloß Gutenberg“, später umbenannt in „Schloss Rodberg“. In der Stadt hatte man das

Hotel „Wettiner Hof“ errichtet. Günstig in der Nähe des Bahnhofes gelegen, war es von nun an das „erste Haus am Platze“. 1913 – 100 Jahre Kurort. 1913 feierten die Bad Berkaer und ihre Gäste das 100jährige Bestehen des Kurortes. Es war eines der größten Feste in unserer Stadt. Drei Tage waren ausgefüllt mit zahlreichen Veranstaltungen am Brunnen, auf dem Festplatz im Park und in zahlreichen Hotels und Gaststätten. Mehrere tausend Gäste kamen in Sonderzügen aus Weimar, aber auch aus Jena und Erfurt. Langjährige treue Kurgäste reisten sogar extra zur Feier aus Leipzig an. Höhepunkt des Festes war der große Festumzug.

Festumzug zum 100 jährigen Badejubiläum 1913

Hier hatten Handwerksbetriebe, Unternehmen und Vereine um den schönsten Wagen gewetteifert. Dargestellt wurden auf 48 Wagen Bilder aus der Geschichte des Bades und seiner Entwicklung sowie die Vorstellung Bad Berkaer Produkte der Industrie, des Handwerks, der Landwirtschaft und des Kunsthandwerks. Zahlreiche Kinder- und Jugendgruppen, Turner, Sänger, Militärvereine, Schützen, Trachtengruppen und Musiker befanden sich im Festzug. Dreimal zog dieser durch zahlreiche Straßen und Gassen der Stadt, damit er auch ordentlich von den Gästen bestaunt werden konnte. Im Park nahm der Festzug dann noch einmal Aufstellung. Volksbelustigungen verschiedener Art sorgten für die Unterhaltung der Gäste, ein großes Festzelt für die gastronomische Versorgung. Ein großes Feuerwerk und die Illumination des Parks, der Kuranlagen und vieler Pensionshäuser am Abend, fand viel Beifall.

Inzwischen war Bad Berka auch ein beliebtes Ausflugsziel an den Wochenenden geworden. Gäste kamen aus den größeren Städten der Umgebung als Wanderer, Reiter, Radfahrer, besonders aber mit der Eisenbahn. Beliebte Ziele waren die damaligen Ausflugslokale „Polka“ bei Neusaalborn, „Kaiser-Wilhelmsburg“, „Waldschlösschen“, „Rauschenburg“ und zahlreiche Gasthöfe in der Stadt. Gewandert wurde meist zum Hexenberg, zur Harth, zur Trebe sowie in den Dammbachsgrund. Besonders bevorzugt wurde der Adelsberg mit seinem Paulinenturm. Der 1. Weltkrieg brachte den völligen Niedergang des Kurwesens. Einnahmen blieben aus, die erheblichen Schulden der Stadt konnten nicht abgebaut werden. 1917 wurde der Tafelwasser-Abfüllbetrieb verpachtet, 1920 die gesamten Anlagen an eine in Bad Berka gegründete Bade- und Kurhausbetriebsgesellschaft mbH verkauft. Nach dem Krieg kam es nach und nach wieder zum Aufschwung. 1925/26 entstanden gleich zwei große Erholungsheime. An der Hetschburger Straße ließ die Thüringer Bäckerinnung für ihre Mitglieder ein Ferienheim errichten. Auf der Trebe entstand das „Hartmannhaus“, später umbenannt in „Ärzteheim“, ein Erholungsheim des Verbandes Deutscher Ärzte. Sehr viel Zuspruch erhielt der Ort ab 1935 durch die von den Nationalsozialisten organisierten Urlaubsaufenthalte „Kraft durch Freude“. Regelmäßig kamen im Sommer besonders Berliner Gäste zu acht- und 14tägigen Kur- und Ferienaufenthalten nach Bad Berka. Das 1935 erbaute Freibad, in dieser Zeit das modernste seiner Art über die Kreisgrenzen hinaus, fand bei den Besuchern großen Zuspruch. Neue Heilmethoden für Lungenkranke Ab 1924 erfolgte nach und nach die Umwandlung der Sophienheilstätte in eine klinische Heilstätte.

Die Sophienheilstätte auf dem Emskopf bei München 1938

Es wurden Behandlungsräume und Laboratorien geschaffen und umfassende, neue Behandlungsmethoden für Lungenkranke eingeführt. Oberarzt Dr. Adolf Tegtmeier, seit 1924 in der Heilstätte tätig und ab 1934 ihr ärztlicher Direktor, nutzte erstmalig die Röntgentechnik. Auch erste operative Eingriffe wurden von ihm vorgenommen. Unter seiner Leitung wurde die Heilstätte zu einer der führenden Einrichtungen in Thüringen bei der Bekämpfung der Volksseuche Tbc.

Gymnastik an der frischen Luft war Bestandteil von Prof. Tegtmeiers Therapie in der Sophienheilstätte um 1930

Das Dr. Starck`sche Sanatorium, „Schloss Harth“, verkaufte sein Besitzer 1921 an die Knappschaft Pensionskasse Halle. Es entstand ein Genesungsheim für sächsische Bergleute, die sogenannte „Knappschaftsheilstätte“. Behandelt wurden Herz und Magenleiden, Asthma und sehr zum Leidwesen der Verantwortlichen der Stadt, die Staublungen der Bergleute. 1936 wurde die Heilstätte geschlossen und eine Gebiets- und Staatsführerschule zur Ausbildung für Hitler-Jugend-Führer eingerichtet. Der 2. Weltkrieg brachte das Kurwesen erneut zum Stillstand. In den Erholungsheimen und einem Teil der Kuranlagen entstanden Lazarette für verwundete deutsche Soldaten und nach der Beendigung des Krieges Wohnungen für im Krieg ausgebombte Familien, Evakuierte und Flüchtlinge. Schwerer Anfang – Wiederaufbau des Kurwesens Langsam normalisierte sich nach 1945 das Leben. 1948 erfolgten erstmals wieder Heilbehandlungen im Kurbad. 1950 wurde das „Volksheilbad“ gegründet. Alle vorhandenen Kuranlagen gingen in „Volkseigentum“ über. 250 Betten standen meist in Privatquartieren zur Verfügung. Die Verpflegung der Kurgäste erfolgte in Bad

Berkaer Gaststätten. Das Kurzentrum bestand aus dem Kurpark, dem Kurmittelhaus, der Trinkhalle und einem Verwaltungsgebäude. Der „Carl-August-Brunnen“ wurde 1949 in „Goethebrunnen“ umbenannt. Gleichzeitig erhielt er eine Brunnenfigur: die Gesundheit und Lebensfreude dokumentierende „Brunnennixe“. Zwischen 1956 und 1959 baute man oberhalb des Kurparks ein Klinisches Sanatorium mit 200 Betten. Durch die Einbeziehung mehrere ehemaliger Ferienheime und einem Hotel, konnte die Kapazität auf 400 Betten erhöht werden. Behandelt wurden Kurpatienten mit gastroenterologischen Krankheiten. Weiterhin Leber-, Herzund Kreislauferkrankungen und Krankheiten des Bewegungsapparates. Langjähriger Arzt im Kliniksanatorium war Dr. Kurt Predel, seit 1975 leitender Chefarzt.

Dr. Kurt Predel, seit 1975 leitender Chefarzt des Kliniksanatoriums mit Mitarbeitern während der Visite.

1954 entstand auf der Festwiese im Park ein Musikpavillon. Regelmäßig fanden hier Kurkonzerte, Theateraufführungen und andere Veranstaltungen statt. 1963 feierte man die Gründung des Bades vor 150 Jahren erneut festlich. Neben zahlreichen Veranstaltungen fand ein Festakt mit einem Theaterspiel aus der Goethezeit statt. Höhepunkt des Festes war traditionell der große Festumzug. Zahlreiche Bürger, Kinder und Jugendliche beteiligten sich mit geschmückten Wagen und Darstellungen aus der Geschichte und der heutigen Zeit. Erneuter Kampf gegen die Tuberkulose. Der 2. Weltkrieg hatte nicht nur Trümmer und unsägliches Leid hinterlassen. Durch Not und Entbehrung nahmen auch zahlreiche Krankheiten überhand. An erster Stelle

stand dabei die Tuberkulose. Dr. Adolf Tegtmeier, der dies erkannte, forderte aus diesem Grund eine Erweiterung der Heilstätten. Zunächst wurde das Haus Rodberg, nachfolgend Schloss Tonndorf und die ehemalige Knappschaftsheilstätte zu einem Heilstättenkomplex zusammengefasst. Trotz vielseitiger Behandlungsmethoden und Erfolge stieg die Zahl der TbcErkrankten weiter an. 1950 kamen auf 10.000 Menschen 23 Neuerkrankungen. Dr. Tegtmeier schlug den damaligen Behörden den Neubau einer Klinik auf der Harth bei Bad Berka vor. Unter der Leitung des Architekten Dr. Hopf aus Berlin, war bereits 1951 Baubeginn. Unvorstellbare Schwierigkeiten waren dabei zu bewältigen. Die Materialbeschaffung und der Transport des Materials auf die Höhen der Harth stellten die Bauleute vor die größten Probleme. Bereits1954 wurde der erste Bauabschnitt mit 90 Betten fertiggestellt. 1956 erfolgten die ersten Operationen und ein Jahr später die Übergabe der neuen Klinik. 576 Betten in 16 Stationen standen in der neuen „Zentralklinik“ zur Verfügung. Dazu kamen die bisher genutzten Häuser: - Heilstätte I Sophienheilstätte München Abteilung für Skelett-Tuberkulose und Urogenitaltuberkulose, 209 Betten -

Heilstätte II ehemalige Knappschaftsheilstätte Abteilung für Siliko-Tuberkulose, 134 Betten

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Heilstätte III Haus Rodberg Umschulungsabteilung 50 Betten

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Heilstätte IV Schloss Tonndorf als konservative Heilstätte 91 Betten

Insgesamt konnten ab 1958 in der Zentralklinik für Lungenkrankheiten 1.060 Patienten aufgenommen werden. Dank der Bad Berkaer Klinik und dem verdienstvollen Wirken von Prof. Dr. habil. Adolf Tegtmeier ging die Tuberkulose in der DDR erheblich zurück. In den 1960 er Jahren erfolgte nach und nach eine Umprofilierung in Richtung Herzchirurgie. Daraus resultierte 1974 die Umbenennung in „Zentralklinik für Herz- und Lungenkrankheiten“. In den nachfolgenden Jahren entwickelte sich die Klinik in Bad Berka zu einer der führenden herzchirurgischen Zentren der DDR.

Hauptportal der Zentralklinik Bad Berka 1971

Die Wende - im Bad Berkaer Kur- und Gesundheitswesen Nach dem Zusammenbruch des „staatlich gelenkten“ Gesundheitswesens der ehemaligen DDR entstanden in den beiden großen Gesundheitseinrichtungen Bad Berkas, der Zentralklinik für Herz- und Lungenkrankheiten und dem Volksheilbad, erhebliche Schwierigkeiten. Beide Einrichtungen mussten um ihre Existenz fürchten. Durch die Bemühungen führender Mitarbeiter dieser Einrichtungen gelang es, Verbindungen mit renommierten westdeutschen Unternehmen aufzunehmen und so den Erhalt der Kliniken zu sichern. 1991 übernahm die Rhön-Klinikum AG aus Bad Neustadt, als Hauptgesellschafter, die Zentralklinik. Es erfolgten langjährige umfassende Erweiterungen und Umbauten der Klinik. Als erstes konnte 1993 ein neu errichtetes Operations- und Intensivmedizinisches Zentrum seiner Bestimmung übergeben werden. 1994 folgte eine Klinik für Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie. 1995 die Eröffnung des an der Südseite der Klinik errichteten Bettenhauses. Das imposante Gebäude, das als architektonische und bautechnische Meisterleistung bezeichnet werden kann, besitzt 488 Betten in modernen Zweibettzimmern, einen gläsernen Innenhof und eine Aussichtsplattform. Entstanden ist auch ein Empfangsund Aufenthaltsbereich in der Klinik, welcher gleichzeitig den OP-Trakt und das Bettenhaus verbindet. Hier befinden sich Dienstleistungseinrichtungen für Patienten und Besucher. 1998 erfolgte die Einweihung des Westtrakts der Klinik. Es entstand ein Zentrum für Querschnittsgelähmte mit 66 Betten und ein PET-Zentrum. Im 1999 fertiggestellten Osttrakt nahm eine nuklearmedizinische Therapiestation ihre Arbeit auf. Ende 2000 entstand auf dem Gelände der Zentralklinik eine „Intensiv-TransportHubschrauber-Station“. 2008 wurde ein Funktionsbau errichtet. In diesem befinden sich eine Wachstation und eine Tagesklinik.

Heute ist die Zentralklinik Bad Berka ein überregionales Schwerpunktversorgungskrankenhaus mit 19 Fachkliniken und Instituten sowie einem interdisziplinären Diagnostikum mit hochqualifizierten Ärzten und Pflegepersonal. 669 Patienten können in der Klinik aufgenommen werden. Sie kommen aus allen Bundesländern, aus europäischen Nachbarländern und aus Übersee. Für sie sind 1.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig.

Luftaufnahme Zentralklinik

Das Volksheilbad Bad Berka ging 1991 an die in Berlin ansässige Unternehmensgruppe Dr. Marx über. Auch hier begannen umfangreiche Baumaßnahmen. Im Mai 1994 konnte ein neu erbauter Klinikkomplex unterhalb des Adelsberges, die MEDIAN-Klinik I, eröffnet werden. 1997 folgte die Eröffnung der MEDIAN-Klinik II. Beide sind Rehabilitationskliniken. Behandelt werden Erkrankungen der Verdauungsorgane, der Leber, des Stoffwechsels und Krebserkrankungen sowie Herz-Kreislauf-Gefäßerkrankungen. Integriert wurde in die MEDIAN-Klinik I, die Cordian-Pflegeresidenz. Sie bietet 50 Heimplätze für pflegebedürftige Menschen in allen Pflegestufen. 2011 entstand in der inzwischen sanierten alten Ilmtal-Klinik eine Rehabilitationsklinik für Psychosomatik und Psychotherapie mit 60 Betten. Sie erhielt den Namen Quellbrunn-Klinik. Auch die beiden Reha-Kliniken wurden umbenannt. Die MEDIAN-Klinik I wurde zur Ilmtalklinik, die MEDIAN-Klinik II zur Adelsberg-Klinik. Groß waren auch die Anstrengungen der Stadt Bad Berka nach der Wende, um den Anforderungen an einen modernen Kurort gerecht zu werden. Sämtliche Planungen und Maßnahmen gingen in diese Richtung. Erste Voraussetzungen dazu waren der

Bau eines Klärwerkes, die Schaffung einer verkehrsberuhigten Zone und die Sanierung der Innenstadt. Historische Gebäude wie das Zeughaus, das Rathaus und andere wurden umfassend rekonstruiert. Auch in den Kuranlagen gab es erheblichen Bedarf. Es wurden der Goethebrunnen, die umliegenden alten Badehäuser sowie ein Teil des Kurparkes saniert. Am Goethebrunnen haben nun das Tourismusbüro und die Kurverwaltung, das Hotel „Am Goethebrunnen“, verschiedene medizinische Einrichtungen und Dienstleister ihr Domizil. Im Coudrayhaus, welches vom Kulturkreis betreut wird, finden regelmäßig Kulturveranstaltungen und Ausstellungen statt. Zur Aufnahme von Gästen entstanden in der Stadt und seiner Umgebung zahlreiche Pensionshäuser und gastronomische Einrichtungen. 1997 erfolgte eine umfangreiche Sanierung des 61 Jahre alten Freibades. Es entstand kein Spaßbad, wie in vielen anderen Orten, sondern ein sehr beliebtes Sportbad mit Sprungturm, Schwimmbahnen und anderen sportlichen Einrichtungen. 2002 erhielt Bad Berka das offizielle Prädikat „Staatlich anerkannter Ort mit Heilquellenkurbetrieb“. Voraussetzung dafür war das heilende Wasser des Goethebrunnens, das für Trinkkuren angewendet werden kann. Auf Grund der schlechten Luftqualität, hervorgerufen durch die beiden Bundesstraßen die Bad Berka queren, konnte der angestrebte Titel „Staatlich anerkanntes Heilbad“ nicht erreicht werden. Eine moderne und sehr ansprechende Anlage entstand 2005 am Goethebrunnen: Ein Fußtretbecken, ein Armbecken und ein Barfußpfad für Kneipp`sche Anwendungen. Sie wird von den Bad Berkaern und ihren Gästen gern genutzt. Auch entstand in den vergangenen Jahren ein Kneipp-Rundweg durch Bad Berkas Wälder mit weiteren Kneippbecken am Gottesbrünnlein und im Dammbachsgrund. Inzwischen durchzieht ein Wanderwegenetz von über 200 km Länge Bad Berkas Umgebung. Sehr gut ausgeschildert, mit Ruheplätzen und Waldhütten versehen, werden diese von Wanderern aus Nah und Fern gern angenommen. Ebenso beliebt sind die Radwege. So berührt einer der bekanntesten Radwege der Ilmtal-Radweg, vom Thüringer Wald kommend und bis zur Saale führend, das Territorium Bad Berkas. Ein Hotel für Radwanderer lädt hier zur Übernachtung ein. Weiterhin entstanden die Radwege „Pflaumenallee“ von Bad Berka nach Saalborn und ein Radweg nach Tiefengruben. Hier ist eine spätere Anbindung an den Stausee Hohenfelden und Erfurt geplant. Seit 200 Jahre finden Menschen Heilung und Erholung in Bad Berka. Was einst mit primitiven Heilmethoden wie Schwefelschlamm, Ziegenmolke und Sandbädern begann, war bis in unsere heutige Zeit mit seinen modernen Behandlungsmethoden in medizinischen Einrichtungen, mit hochqualifizierten Ärzten und Pflegepersonal, ein langer Weg. Höhen und Tiefen mussten dabei durchschritten werden. Trotz Schwierigkeiten der vielfältigsten Art haben es Verantwortliche im Verlauf der zwei Jahrhunderte immer wieder verstanden, Bad Berka als Ort des Kur- und Gesundheitswesens und der Erholung zu erhalten. Einst war es Johann Wolfgang von Goethe, der seinen Landesfürsten immer wieder mahnte, mehr für den Erhalt des kleinen Bades zu tun. Später der Badearzt Dr. Ebert, der mit seinen neuen Heilmethoden Berka vor den Niedergang bewahrte und der viel geschmähte Dr. Willrich, der letztendlich aber den Grundstein zur

Bekämpfung der Tuberkulose in Berka legte. Nicht zu vergessen Professor Dr. Adolf Tegtmeier der sich mit ganzer Kraft für den Bau der Zentralklinik einsetzte und die Ärzte, die nach der Wende für das Fortbestehen ihrer Kliniken kämpften. An sie alle und an ihr erfolgreiches Wirken will unser kleiner Beitrag erinnern. Große Aufgaben wurden im Verlauf der 200 Jahre in Bad Berka bewältigt. Aber auch in Zukunft müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um weiterhin eine „Stadt im Dienste der Gesundheit“ zu sein. Ludwig Häfner