17. Prof. Dr. Susanne Soretz

Konjunktur und Wachstum WS 2016/17 Prof. Dr. Susanne Soretz Gliederung 1. Einführung und Überblick 2. Erklärungen für Konjunktur Nichtlineare Invest...
Author: Annika Holst
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Konjunktur und Wachstum WS 2016/17 Prof. Dr. Susanne Soretz

Gliederung 1. Einführung und Überblick 2. Erklärungen für Konjunktur Nichtlineare Investitionen — Lohnverhandlungen — Verarbeitung von Schocks: RBC-Modelle — Psychologische Effekte: Selbsterfüllende Erwartungen 3. Erklärungen des Wachstumstrends Das Solow-Modell — Die Konvergenzdebatte — Technischer Fortschritt 4. Vom exogenen zum endogenen Wachstum Die Sparentscheidung — Nichtabnehmender Grenzertrag des Kapitals 5. Wachstumswirkungen von Staatseingriffen 6. Nachhaltigkeit und Wachstum Optimaler Ressourcenabbau — Nachhaltiges Wachstum als empirische Frage Prof. Dr. Susanne Soretz

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Literatur Arnold, L. (2002/2008), Business Cycle Theory, Oxford University Press. Arrow, K. J.; et. al. (2004) Are we consuming to much?, JEP Barro, R. J.; Sala–i–Martin, Xavier (2004), Economic Growth, MIT Press. Bretschger, L./ (2004), Wachstumstheorie, Oldenbourg Verlag. Burda, M. C.; Wyplosz, C. (2009): Makroökonomie, Eine europäische Perspektive, Verlag Franz Vahlen (Kapitel 3). Heal, G. (1998), Valuing the Future, Columbia University Press. Heinemann, M. (2015), Dynamische Makroökonomik, Springer. Maußner, A. (1994), Konjunkturtheorie, Springer. Romer, D. (2012), Advanced Macroeconomics, McGraw–Hill. Sørensen, P. B.; Whitta–Jacobson, H. J. (2010), Introducing Advanced Macroeconomics, McGraw–Hill. Weil, D. (2013), Economic Growth, Pearson.

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Organisatorisches Folien im Internet unter: rsf.uni-greifswald.de/lehrstuehle/wiwi/avwl/lehrstuhl-soretz/lehre Sprechzeit nach Vereinbarung per email: [email protected] Für notwendige Vorkorrekturen (AVWL) bitte bis 14 Tage vorher einen schriftlichen Antrag (auch email) stellen, der die gewünschte Frist, den Grund und möglichst einen Nachweis beinhaltet. Wir bemühen uns um eine schnelle Entscheidung. Für Fachmodulprüfungen bitte im Januar per email anmelden, mit Terminrestriktionen und Nachweisen dafür (z.B. Master). Normalfall: Fachmodulprüfung Anfang des Sommersemesters.

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1 Einführung und Überblick Quellen: Burda/Wyplosz Kap. 3.1–3.2 und Weil Kap. 1 langfristig steigt das reale BIP in den meisten Ländern seit der industriellen Revolution

Quelle: Weil, Economic Growth, Kapitel 1 Prof. Dr. Susanne Soretz

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das BIP verläuft in zyklischen Schwankungen (Konjunktur) um den Wachstumstrend

Quelle: Weil, Economic Growth, Kapitel 1

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reales Wirtschaftswachstum in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg

Quelle: Statistisches Bundesamt, zitiert nach Wagner, Leitfaden Volkswirtschaftslehre, Kapitel 10

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durchschnittliche Wachstumsraten im letzten Jahrhundert Land Japan Brasilien Deutschland Kanada China Vereinigte Staaten Argentinien Vereinigtes Königreich Indien Pakistan Bangladesch

Zeitintervall 1890 – 2003 1900 – 2008 1870 – 2008 1870 – 2008 1900 – 2008 1870 – 2008 1900 – 2008 1870 – 2008 1900 – 2008 1900 – 2008 1900 – 2008

Wachstum 2,79 2,38 2,05 1,99 1,99 1,80 1,69 1,47 1,38 1,21 0,78

Quelle: Mankiw/Taylor, Grundzüge der VWL

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Konjunktur: Schwankungen um den Wachstumstrend Quelle: Sørensen Chapter 13

Reales Wirtschaftswachstum ist nicht monoton, sondern schwankt ständig: Konjunkturzyklen mit durchschnittlicher Dauer von 5–8 Jahren. Definition Konjunkturzyklus: wiederkehrende wirtschaftliche Wechsellagen industrialisierter Marktwirtschaften. konjunkturelle Schwankungen führen zu Wohlfahrtseinbußen (Unsicherheit, ineffiziente Allokation) und können außerdem destabilisierend auf das politische System wirken.

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Phasen des Konjunkturzyklus: Aufschwung, Boom, Abschwung, Rezession: y

t selbst saisonal bereinigt treten Schwankungen auf: es muss tieferliegende Gründe dafür geben.

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Empirie: Was ist Konjunktur? Zeitreihe des BIP wird in Komponenten zerlegt: Saisonkomponente (saisonale Einflüsse, Jahreszeiten), Trendkomponente (Wachstumspfad, langfristig), zyklische Komponente (Konjunkturschwankungen, mehrjährig: 3-10). Beginn: Quartalsdaten des realen Bruttoinlandsprodukts

Quelle: Carstensen/Elstner; ifo,LMU Prof. Dr. Susanne Soretz

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Saisonbereinigung: saisonale Schwankungen sind Schwankungen innerhalb eines Jahres und addieren sich zu null. Mit X12 ARIMA saisonbereinigte Quartalsdaten:

In der entstandenen Zeitreihe sind noch Konjunktur und Wachstum gemeinsam zu sehen.

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Linearisieren: durch Logarithmieren sieht man eine konstante Wachstumsrate als lineare Zeitreihe

Das Wachstum muss noch heraus gerechnet werden, um auf die konjunkturellen Schwankungen fokussieren zu können. Konflikt: In der Realität ist die Wachstumsrate nicht konstant ➩ Trennung zwischen konjunkturellen Schwankungen und schwankendem Wachstumstrend ist schwierig Prof. Dr. Susanne Soretz

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Trendbereinigung: hier durch Hodrick-Prescott-Filter ➩ Optimierung des Trade-Offs zwischen möglichst guter Annäherung der Trend-Komponente an die Zeitreihe und möglichst glattem Trendverlauf

Berechnung der prozentualen Abweichung vom Trend ergibt die konjunkturellen Schwankungen des BIP:

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Stilisierte Fakten des konjunkturellen Verlaufs Investitionen und Außenhandel schwanken wesentlich stärker als das BIP (Investitionen 3-4 mal so stark, Außenhandel etwa 2-3 mal) Beschäftigung schwankt weniger stark als das BIP (etwa 0,6-0,8 mal so stark)

Quelle: Carstensen/Elstner; ifo,LMU Prof. Dr. Susanne Soretz

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Privater Konsum, Investitionen und Importe sind prozyklische Reihen, Arbeitsproduktivität meist ebenfalls (aber schwächer korreliert) Arbeitslosenquote ist antizyklische Reihe Beschäftigung, Inflation und nominaler Zins sind nachlaufende Reihen (Beschäftigung etwa ein Quartal, Inflation und Nominalzins etwa zwei Quartale) Totale Faktorproduktivität ist prozyklisch und ihre Schwankungen erklären einen großen Teil der Schwankungen des BIP. Staatsausgaben sind azyklisch

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Konjunkturprognose Konjunkturprognosen werden aus ökonometrischen Modellen abgeleitet, eine wichtige Rolle dabei spielen die Erwartungen der Wirtschaftssubjekte als Konjunkturindikator. Das Geschäftsklima ist stark mit dem BIP korreliert und läuft etwa ein Quartal vor, deshalb ist es ein wichtiger Indikator für die Konjunkturprognose:

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Konjunkturprognosen sind ungenau, denn: Die wirtschaftliche Entwicklung folgt nicht ausschließlich den Gegebenheiten aus der Vergangenheit, sondern ist in Richtung und Geschwindigkeit immer auch zufallsbedingt.

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Wenn der Prognosezeitraum nicht sehr kurz ist, werden Konjunkturprognosen sehr ungenau! Klaus W. Zimmermann (DIW, 2009): „Wir kapitulieren nicht. Wir sagen lediglich, dass punktgenaue Konjunkturprognosen für das kommende Jahr in der jetzigen Situation mehr Verwirrung stiften, als dass sie dienlich wären.“ ➩ verantwortungsbewusst wäre die Angabe von Intervallen, in denen die Wachstumsrate des BIP bspw. mit 90% Wahrscheinlichkeit liegen wird. Denn sichere Konjunkturprognose kann nicht möglich sein. Aber: „...das fand keine Akzeptanz. Die Öffentlichkeit will und wollte es eben präziser.“

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2 Erklärungen für Konjunktur

Erklärungsmöglichkeiten für konjunkturelle Schwankungen: endogene Konjunkturerklärungen (schockunabhängig): Unmittelbar aus der Interaktion der Wirtschaftssubjekte auf Märkten resultieren Schwankungen im gleichgewichtigen Einkommen. exogene Konjunkturerklärungen (schockabhängig): Die Rahmenbedingungen ändern sich ständig, die Anpassungen an die neuen Gleichgewichtseinkommen ergeben zusammen die Auf- und Abbewegungen der konjunkturellen Entwicklung.

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2.1 Nichtlineare Investitionen als Konjunkturursache Quelle: Maußner Kap. C.II.1 Idee: Da die Investitionen positiv vom Einkommen abhängen, ist das Gütermarktgleichgewicht instabil: Überschussnachfrage zieht Erweiterungsinvestitionen nach sich und damit eine um so größere Güternachfrage. Entfernt sich die Ökonomie weit genug vom Gleichgewicht, dann sinkt die Investitionsneigung, die Investitionen reagieren dann kaum noch auf Einkommensänderungen. Dadurch ist das System global stabil: den Investoren wird „klar“, dass es sich um eine konjunkturelle Überhitzung bzw. Talsohle handelt und sie dämpfen ihre Reaktionen. basiert auf Kaldor (1940) Prof. Dr. Susanne Soretz

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Annahmen: Investitionsfunktion It = It (Yt , Kt )

mit ∂ I/∂ K < 0,

∂ I/∂ Y > 0

(1)

∂ I/∂ K < 0 ➩ je höher der Kapitalstock (bei gegebenem Einkommen), um so geringer ist der Investitionsbedarf ∂ I/∂ Y > 0 ➩ je höher das Einkommen (bei gegebenem Kapitalstock), um so höher ist der Investitionsbedarf ¯ + cYt keynesianisches Konsumverhalten: Ct = C mit der Sparneigung s = 1 − c ergibt sich die Sparfunktion ¯ + sYt St = −C

(2)

Einkommensanpassung: Yt = Yt−1 + α (It−1 − St−1 ) Prof. Dr. Susanne Soretz

Multiplikatoreffekt

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(3) 22 / 1

Die nichtlineare Investitionsfunktion: bei mittlerem Einkommen ist die Investitionsneigung hoch bei hohen Einkommen ist die Investitionsneigung gering: die Märkte sind überhitzt, Investitionsgüter sind teuer bei geringen Einkommen ist die Investitionsneigung gering: Überkapazitäten I

I

Y Prof. Dr. Susanne Soretz

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K 23 / 1

Gütermarktgleichgewicht: S, I

Y

Gleichgewicht herrscht, wenn Ersparnis = Investition das Gleichgewicht ist stationär (bleibt unverändert), wenn die (Netto-)Investitionen null sind, das heißt nur Ersatzinvestitionen stattfinden ist das Gleichgewicht stabil?? ➜ was passiert, wenn die Ökonomie außerhalb des Gleichgewichts ist? Prof. Dr. Susanne Soretz

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Dynamik im Kaldor-Modell Kapitalentwicklung: Kapazitätseffekt der Investitionen positive Investitionen I > 0 ➩ K ↑ ➩ I ↓ negative Investitionen I < 0 ➩ K ↓ ➩ I ↑ K

Y ∆K = 0 steigt an: höheres Y ➩ größere gewünschte Kapazität ➜ über ∆K = 0 ist K größer ➩ I kleiner ➩ I < 0 ➩ K sinkt ➜ unter ∆K = 0 ist K kleiner ➩ I größer ➩ I > 0 ➩ K steigt Prof. Dr. Susanne Soretz

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Einkommensentwicklung: Multiplikatoreffekt I > S ➜ Überschussnachfrage ➜ Multiplikator ➜ steigendes Einkommen (I > S → Y ↑→ C ↑→ Y ↑→ I ↑) I < S ➜ Überschussangebot ➜ Multiplikator ➜ sinkendes Einkommen (I < S → Y ↓→ C ↓→ Y ↓→ I ↓) K

Y ∆Y = 0: bei mittlerem Y reagieren Investitionen stärker ➜ über ∆Y = 0 ist K größer ➩ I kleiner ➩ I < S ➩ Y sinkt ➜ unter ∆Y = 0 ist K kleiner ➩ I größer ➩ I > S ➩ Y steigt Prof. Dr. Susanne Soretz

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die gemeinsame Entwicklung von Kapital und Einkommen: K

Y ➜ Bewegung gegen den Uhrzeigersinn um das stationäre Gleichgewicht

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Konjunkturzyklus: K ∆K =0

S, I

A

B B

A

C

D

D ∆Y =0

Y

C

Y Das Gleichgewicht ist global stabil ➩ wenn es lokal instabil ist, existiert ein Grenzzyklus, gegen den das System konvergiert ➩ endogener Konjunkturzyklus Sowohl von innen (lokale Instabilität) als auch von außen (globale Stabilität) konvergiert die Ökonomie gegen den Grenzzyklus. Prof. Dr. Susanne Soretz

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A ➜ B: Hochkonjunktur Einkommen auf Höchststand ➩ Ersparnisse auf Höchststand, S > I ➩ Einkommen beginnt zu sinken ➩ auch Investitionen sinken, noch sind sie aber positiv und der Kapitalbestand nimmt noch zu B ➜ C: Abschwung Kapital auf Höchststand, Investitionen werden nun negativ ➩ Desinvestitionen, Kapital nimmt ab, auch Einkommen sinkt weiter C ➜ D: Konjunkturtal Einkommen ist so gering, dass die Haushalte entsparen (S < 0), damit werden die Desinvestitionen kompensiert, die Nachfrage steigt ➩ Einkommen beginnt wieder zu steigen, Kapitalstock sinkt weiter. D ➜ A: Aufschwung Produktion steigt wieder, aber Kapitalstock ist noch gering ➩ Investitionen wieder positiv ➩ Kapitalstock beginnt zu steigen ➩ Nachfrage steigt ➩ Einkommen steigt. Prof. Dr. Susanne Soretz

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Erklärungsgehalt des Kaldor-Modells

Erklärung der stilisierten Fakten: ✔ Konsum und Investitionen sind prozyklische Reihen (∂ C/∂ Y > 0, ∂ I/∂ Y > 0) ✔ Investitionen schwanken (im reagiblen Teil der Investitionsfunktion) stärker als das BIP ✔ Konsum schwankt weniger stark als das BIP (c < 1) § keine Aussage über Beschäftigung und Außenhandel ➜ Konsum und Investitionen werden gut erklärt, Arbeitsmarkt und Außenhandel fehlen

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2.2 Lohnverhandlungen als Ursache der Konjunktur

Quelle: Maußner Kap. C.II.2 Idee: Einkommensschwankungen durch wechselnde Machtverteilung in Lohnverhandlungen Je geringer die Arbeitslosigkeit, um so größer die Lohnerhöhungen Je größer die Lohnerhöhungen, um so höher die Arbeitslosigkeit Zyklische Bewegungen nach dem Jäger-Beute-Prinzip basiert auf Goodwin (1967)

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Annahmen zur Beschäftigung: Beschäftigungsquote vt = 1− Arbeitslosenquote = Bevölkerungsanzahl N ist konstant

Lt N

Lt = Arbeitsnachfrage der Unternehmen Yt Lt wächst mit konstanter Rate a (technischer Fortschritt): At = A0 (1 + a)t Yt ist konstant Kapitalproduktivität κ ≡ Kt klassische Sparhypothese: Kapitaleinkommen werden gespart, Lohneinkommen konsumiert: Arbeitsproduktivität At ≡

Kt+1 − Kt = Yt − wt Lt Prof. Dr. Susanne Soretz

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Entwicklung der Beschäftigungsquote: Beschäftigung steigt, wenn ... Lt N Yt wegen Lt = At

...

wegen vt =

... ...

wegen Yt = κ Kt

...

wegen Kt+1 = Kt + It

...

wegen klass. Sparhypothese

... wenn die Lohnquote klein ist

wegen Einkommensverteilung

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vt+1 − vt =



 κ −a κ − ut vt 1+a 1+a

Beutegleichung

(5)

v

u rechts von ∆v = 0 ist u „groß“ ➩ Profite klein ➩ wenig Investitionen ➩ Produktion steigt wenig ➩ Entlassungen ➩ v ↓ links von ∆v = 0 ist u „klein“ ➩ Profite groß ➩ hohe Investitionen ➩ Produktion steigt stark ➩ viele Einstellungen ➩ v ↑ Prof. Dr. Susanne Soretz

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Annahmen zur Lohnquote: wt Lt Yt Reallohn wt wächst bei zunehmender Beschäftigungsquote (Macht der Gewerkschaften) Lohnquote ut ≡

wt+1 − wt = −γ + β vt wt

(6)

ˆt w

vt

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Entwicklung der Lohnquote: Lohnquote steigt, wenn ... wt Lt Yt

...

wegen ut =

... wenn vt hoch ist

wegen Macht d. Gewerkschaften



ut+1 − ut =

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 β −γ − a + vt ut 1+a 1+a

Räubergleichung

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(7)

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v

u über ∆u = 0 ist v „groß“ ➩ Gewerkschaftsmacht hoch ➩ u ↑ unter ∆u = 0 ist v „klein“ ➩ Gewerkschaftsmacht gering ➩ u ↓ ➜ insgesamt: Bewegung im Uhrzeigersinn

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Konjunkturzyklus v

Y

u

t

Beschäftigungsquote und Lohnquote bewegen sich zyklisch. Das Einkommen wächst mit dem Kapitalstock (konstante Kapitalproduktivität). Wenn die Lohnquote hoch ist, wird wenig investiert und vice versa. Prof. Dr. Susanne Soretz

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rund um A: Aufschwung Lohnquote ist sehr gering ➩ Profite sind groß ➩ starke Investitionstätigkeit ➩ Kapitalstock steigt ➩ Produktion steigt ➩ Arbeitsnachfrage steigt ➩ Beschäftigungsquote steigt weiter Beschäftigungsquote wird hoch ➩ Reallohn beginnt schneller zu wachsen als die Arbeitsproduktivität ➩ Lohnquote beginnt zu steigen rund um B: Hochkonjunktur Beschäftigungsquote ist sehr hoch ➩ Gewerkschaften sind mächtig ➩ Löhne steigen schnell ➩ Lohnquote steigt Lohnquote wird hoch ➩ Profitquote wird zu gering ➩ Investitionen werden gering ➩ Einkommen steigt nur noch langsamer ➩ Arbeitsnachfrage wird zu gering ➩ Beschäftigungsquote beginnt zu sinken ➩

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rund um C: Abschwung Lohnquote ist sehr hoch ➩ Profitquote ist gering ➩ Investitionen gering ➩ Kapitalstock wächst nur lansam ➩ Einkommen wächst nur langsam ➩ geringe Arbeitsnachfrage ➩ Beschäftigungsquote sinkt Beschäftigungsquote wird gering ➩ Macht der Gewerkschaften bröckelt ➩ geringe Lohnsteigerungen ➩ Lohnquote beginnt zu sinken rund um D: Konjunkturtal Beschäftigungsquote ist noch sehr gering ➩ Gewerkschaften haben sehr wenig Macht ➩ Löhne sinken weiter ➩ Lohnquote sinkt Lohnquote ist stark gesunken und wird nun gering ➩ Profitquote ist stark gestiegen ➩ Investitionen werden größer ➩ Kapitalstock wächst schneller ➩ Einkommen wächst schneller ➩ höhere Arbeitsnachfrage ➩ Beschäftigungsquote beginnt zu steigen

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Erklärungsgehalt des Goodwin-Modells Erklärung der stilisierten Fakten: ✔ Investitionen sind prozyklische Reihe: konstante Kapitalproduktivität, das heißt Kapital und Einkommen sind proportional zueinander, bewegen sich gleichgerichtet ✔ Beschäftigung ist prozyklisch: Beschäftigung folgt den Einkommensschwankungen § keine Aussage über Außenhandel ➜ Kapital- und Arbeitsmarkt werden insgesamt gut abgebildet ➜ allerdings etwa seit 1975 zyklische Bewegung der Arbeitslosenquote um steigenden Trend, zyklische Bewegungen weniger ausgeprägt

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2.3 Verarbeitung von Schocks: RBC-Modelle

Quelle: Romer Chapter 5, Heinemann Kap. 6.3-6.4 Idee: Totale Faktorproduktivität schwankt prozyklisch (Bsp.: Produktivitätsanstieg durch Innovation, Produktivitätseinbuße durch Flut) hier Produktivitätsschock als Ursache für konjunkturelle Schwankungen modelliert ➜ Real–Business–Cycle–Theorie (reale Schocks lösen reale Schwankungen aus, Gegensatz: inflexible nominale Preise lösen Konjunktur aus) basiert auf Kydland/Prescott (1982)

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Nobelpreis 2004 an Kydland und Prescott Finn E. Kydland und Edward C. Prescott erhielten 2004 gemeinsam den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften „for their contributions to dynamic macroeconomics: the time consistency of economic policy and the driving forces behind business cycles“ Stagflation in den 1970er Jahren zeigte, dass Konjunktur nicht ausschließlich durch Schwankungen der Nachfrage begründet ist „schock“artige Veränderungen der Angebotsbedingungen waren damals entscheidend: vor allem Ölpreisschock und Rückgang des Produktivitätswachstums Prof. Dr. Susanne Soretz

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Annahmen: Haushalte ihren # intertemporalen Nutzen " maximieren t ∞ 1 u(ct ) U=E ∑ 1 + ρ 0 Produktionsbedingungen F = θt ktα l 1−α Abschreibungsrate δ

die Budgetbeschränkung der Haushalte ist: y = ct + st d. h. θt ktα l 1−α = ct + st

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Sparentscheidung bei unsicherem Einkommen: c(t + dt)

c(t) Lage der zukünftigen Budgetgerade ist nicht genau bekannt unter bestimmten Bedingungen ist die Sparquote trotzdem konstant

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Dynamik im RBC-Modell y PSfr

k

t

Positiver Schock erhöht die Produktivität und damit das Einkommen. Die Ersparnis/Investition steigt und der Kapitalstock nimmt zu. Negativer Schock reduziert die Produktivität und das Einkommen. Dadurch sinken Ersparnis/Investition und Kapitalstock. Da das Gleichgewicht stabil ist, wird immer wieder das gleichgewichtige Einkommen erreicht. Prof. Dr. Susanne Soretz

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Konjunkturzyklus

das dynamische Gleichgewicht ist stabil ➜ nach einem Produktivitätsschock strebt die Ökonomie dahin zurück ➜ sog. Schaukelstuhlmodell des Konjunkturzyklus Konjunkturzyklen sind dann Abbild der optimalen Reaktion auf exogene Störungen damit besteht kein staatlicher Handlungsbedarf! ➜ sogar wenn alle exogenen Störungen beseitigt werden könnten, würde die Wohlfahrt nur wenig steigen, berechnet Lucas (für die USA entspräche das einer Konsumsteigerung von 0,1%) und rät deshalb generell von Konjunkturpolitik ab

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Erklärungsgehalt des RBC-Modells

Erklärung der stilisierten Fakten: ✔ Investitionen und Konsum sind prozyklische Reihen ✔ Konsum schwankt weniger als das BIP § Investitionen schwanken auch weniger als das BIP § keine Aussage über Beschäftigung und Außenhandel ➜ Modell wurde erweitert um Arbeitsangebotsentscheidung, Preisrigiditäten, Außenhandel, monetäre Aspekte

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Wie gut wird reale Konjunktur erklärt? empirisches Gegenstück des Produktivitätsschocks: das Solow–Residuum (nach Solow 1957): Wachstum des Sozialprodukts, das nicht durch das Wachstum des Kapital– oder Arbeitseinsatzes erklärt werden kann (Wachstum der totalen Faktorproduktivität): F = θ k α l 1−α

(9)

F˙ =

(10)

ˆ= F

(11)

=

θˆ + |{z} Solow– Residuum

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kˆ + (1 − α ) ˆl α |{z} | {z } Prod.elast. Prod.elast. des Kapider Arbeit tals

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(12)

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reale Konjunkturschwankungen werden gut durch das Modell erklärt (hier: Modellerweiterung um endogenes Arbeitsangebot und realistische Abschreibungen) simuliertes RBC–Modell tatsächliche Reihe

0.04 0.02 0 -0.02 -0.04

60 62 64 66 68 70 72 74 76 78 80 82 84 86 88 90

Quelle: Heinemann (1995) Prof. Dr. Susanne Soretz

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Weiterentwicklung: DSGE-Modelle DSGE = dynamic stochastic general equilibrium Einbezug neu-keynesianischer Elemente in RBC-Modelle (1990er Jahre): monetärer Sektor wird integriert: Wirtschaftssubjekte handeln die Waren nicht direkt, sondern benutzen zum Handeln Geld ➜ “cash in advance“ Preisrigiditäten werden einbezogen: Preisänderungen sind nicht kostenfrei möglich, ergo werden Preise nur stufenweise angepasst, sind dazwischen fix ➜ “menue costs“ unvollständiger Wettbewerb, der aus Größenvorteilen folgt, betont die Rolle von Erwartungen für das gleichgewichtige Einkommen ➜ “monopolistischer Wettbewerb“

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Durch diese Erweiterungen gelang es, die konjunkturelle Entwicklung gut abzubilden, diese Art von Modellen hat eine große Bedeutung im Rahmen der Konjunkturprognose erlangt. aber: das Solow–Residuum erklärt selbst bereits gut 60% der Varianz des Sozialprodukts! ➜ hier ist ein hoher Anspruch gerechtfertigt, insbesondere bzgl. der Gesamtentwicklung, auch des Arbeitsmarktes und anderer Zeitreihen. Konjunktur treffend zu prognostizieren kann trotzdem nur gelingen, wenn auch Schocks prophezeit werden (siehe Finanzkrise)

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2.4 Psychologische Effekte: Selbsterfüllende Erwartungen Quelle: Arnold Kapitel 6.5. Idee: Die Ökonomie kann sich bei selbsterfüllenden Erwartungen weit von dem durch die Fundamentaldaten gerechtfertigten Gleichgewicht entfernen. Konjunkturzyklen im engeren Sinne sind alleine durch selbsterfüllende Erwartungen nicht zu erklären, wohl aber die große Bedeutung von Optimismus, Pessimismus und weit verbreiteten Meinungen. basiert auf Cass/Shell (1983)

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Sunspotgleichgewichte: Wirtschaftssubjekte knüpfen ihre Erwartungen an verschiedene Indikatoren: „sinnvolle“ ➜ die Konjunktur antizipierende Variablen; beliebige ➜ kein Zusammenhang mit den Fundamentaldaten der Ökonomie falls das Gleichgewicht eindeutig ist ➜ bei falschen Erwartungen müssen die Pläne revidiert werden ➜ Wirschaftssubjekte ändern ihre Erwartungsbildung (sie lernen) falls verschiedene Gleichgewichte möglich sind ➜ Erwartungen können determinieren, welches Gleichgewicht eintritt ➜ selbsterfüllende Erwartungen dafür müssen viele Wirtschaftssubjekte die gleichen Erwartungen haben, die Erwartungen müssen aber nicht „sinnvoll“ sein ➜ Sunspotgleichgewichte.

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Beispiel für eindeutiges Gleichgewicht: p

x gibt es nur einen Schnittpunkt von Angebot und Nachfrage, ist das Gleichgewicht eindeutig sowohl Angebot als auch Nachfrage hängen vom Preis ab bei unterschiedlichen Erwartungen passen angebotene und nachgefragte Menge nicht zusammen Erwartungen müssen revidiert werden Prof. Dr. Susanne Soretz

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Beispiel für multiple Gleichgewicht: p

x bei mehreren Schnittpunkten ist jeder Schnittpunkt ein mögliches Gleichgewicht erwarten sowohl Anbieter als auch Nachfrager eine hohe Menge, dann wird eine hohe Menge angeboten und nachgefragt es ist irrelevant, warum eine hohe Menge erwartet wird essentiell dafür ist, dass der Preis nicht reagiert: verschiedene Mengen sind beim gleichen Preis realisierbar Prof. Dr. Susanne Soretz

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Makroökonomisches Gleichgewicht:  Angebot Y ➩ Y = C + I = cY + I Nachfrage C + I I ➩ Y= 1−c

(13)

es folgt der übliche Multiplikator: I ↑ → Y ↑ → C ↑ → Y ↑ . . . ➜ wenn die Investitionen positiv vom erwarteten Einkommen abhängen, ist Raum für selbsterfüllende Erwartungen

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Y optimistische Erwartungen: Unternehmer erwarten hohes BIP ➜ erwarten hohe Nachfrage ➜ investieren viel ➜ wegen des Multiplikators hohes Einkommen ➜ hoher Konsum ➜ BIP tatsächlich hoch pessimistische Erwartungen: Unternehmer erwarten geringes BIP ➜ erwarten geringe Nachfrage ➜ investieren wenig ➜ wegen des Multiplikators geringes Einkommen ➜ geringer Konsum ➜ BIP tatsächlich gering Prof. Dr. Susanne Soretz

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Zusammenfassung einheitliche Erwartungen aller Wirtschaftssubjekte können das Gleichgewicht beeinflussen! Optimismus und Pessimismus bestätigen sich allerdings nur bei koordinierten Erwartungen ➜ Sonnenflecken wirtschaftspolitische Eingriffe, die die Erwartungen bessern, haben reale Effekte wirtschaftspolitische Eingriffe, die zu Glättung führen, sind wohlfahrtssteigernd Sunspotgleichgewichte können aber nur auftreten, wenn es mehr als ein mögliches Gleichgewicht gibt die möglichen Gleichgewichte werden eher nah beieinander liegen Prof. Dr. Susanne Soretz

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3 Erklärung des Wachstumstrends Erinnerung: das BIP verläuft in zyklischen Schwankungen (Konjunktur) um den Wachstumstrend

Quelle: Weil, Economic Growth, Kapitel 1 Prof. Dr. Susanne Soretz

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Erinnerung: durchschnittliche Wachstumsraten im letzten Jahrhundert Land Japan Brasilien Deutschland Kanada China Vereinigte Staaten Argentinien Vereinigtes Königreich Indien Pakistan Bangladesch

Zeitintervall 1890 – 2003 1900 – 2008 1870 – 2008 1870 – 2008 1900 – 2008 1870 – 2008 1900 – 2008 1870 – 2008 1900 – 2008 1900 – 2008 1900 – 2008

Wachstum 2,79 2,38 2,05 1,99 1,99 1,80 1,69 1,47 1,38 1,21 0,78

Quelle: Mankiw/Taylor, Grundzüge der VWL

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Sind 2% Wirtschaftswachstum nicht vernachlässigbar? immense Wohlfahrtsgewinne durch langfristiges Wachstum (Verzehnfachung des Einkommens in den reicheren Ländern in den letzten 200 Jahren) insbesondere größere Wohlfahrtseffekte als kurzfristige Schwankungen!

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große Unterschiede in den Wachstumsprozessen der verschiedenen Länder

Quelle: Weil, Economic Growth, Kapitel 1

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Wachstum ist stark positiv mit der Investitionsquote korreliert: Je höher die Investitionen sind, um so größer ist die Kapitalakkumulation und damit das Wachstum.

durchschnittliche Wachstumsraten pro Kopf und Investitionsquoten für 1960–2000 Quelle Bretschger S. 5

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➜ Investitionen sind nicht nur Teil der Güternachfrage (sh. ISLM-Modell), sondern bestimmen auch das Angebot (Kapazität) in den Folgeperioden! Güternachfrage:

Kapazität ➜ Güterangebot:

Y = C +I BIP besteht aus Konsumgütern und Investitionsgütern

Kt+1 = Kt + It Investitionen erhöhen den Kapitalbestand

Gütermarktgleichgewicht: I=S der Teil des BIP, der nicht in Form von Konsumgütern nachgefragt wird, ist Investitionsgüternachfrage

Kapitalmarktgleichgewicht: I=S Ersparnis ist Kapitalangebot, Investitionen sind Kapitalnachfrage, erhöhen die Kapazität

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Stilisierte Fakten nach Kaldor Pro–Kopf–Output (Arbeitsproduktivität) Y /L und Kapitalintensität K /L steigen langfristig an: Produktion wird kapitalintensiver ➜ Pro–Kopf–Einkommen steigt ➜ Lebensstandard steigt ➜ Wachstum ist wünschenswert Kapital–Output–Verhältnis K /Y ist konstant: Kapital und Produktion wachsen etwa mit gleicher Rate Zinssatz r ist langfristig konstant: Hochzins- und Niedrigzinsphasen, aber es gibt „normalen“ Zins

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Stundenlöhne steigen langfristig: steigende Arbeitsproduktivität ➜ Grenzproduktivitätsentlohnung / Lohnverhandlungen ➜ Lohn steigt mit Einkommenswachstumsrate Einkommensverteilung rK /wL bleibt langfristig konstant: Profiteinkommen rK steigen mit der Kapitalwachstumsrate, Lohneinkommen wL mit der Einkommenswachstumsrate ➜ Kapital und Einkommen wachsen mit gleicher Rate ➜ Einkommensverteilung bleibt etwa konstant

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Ursachen für Wachstum 1. Zunahme von Produktionsfaktoren ➜ mehr Output Bevölkerungswachstum: vermehrt den Produktionsfaktor Arbeit Ersparnis: vermehrt den Produktionsfaktor Kapital Bildung: vermehrt den Produktionsfaktor Humankapital

2. technischer Fortschritt: erhöht die Produktivität ➜ mehr Output Output

Produktionsfaktor Prof. Dr. Susanne Soretz

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3.1 Das Solow-Modell

Quelle: Bretschger Kap. 3 Einkommenswachstum wird durch die Vermehrung der Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit erklärt. Die Ökonomie konvergiert dann gegen den stabilen gleichgewichtigen Wachstumspfad, auf dem der aggregierte Kapitalstock mit der gleichen Rate wächst wie die Bevölkerungsgröße.

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Nobelpreis 1987 an Robert M. Solow

Robert E. Solow erhielt 1987 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften „for his contributions to the theory of economic growth“ Solow entdeckte, wie gleichgewichtiges Wirtschaftswachstum funktioniert

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Annahmen des Solow-Modells: Die Produktion erfolgt durch den Einsatz von Kapital K (t) und Arbeit L(t). Die Produktionsbedingungen werden durch die linear homogene Produktionsfunktion Y (t) = F (K (t), L(t))

(14)

beschrieben. Die Ersparnis ist proportional zum Einkommen, die (konstante) Sparquote ist s. Die aggregierte Ersparnis ist dann (15)

S(t) = sY (t)

Bevölkerungswachstumsrate n und die Abschreibungsrate δ sind konstant.

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Lineare Homogenität bzw. konstante Skalenerträge heißt: F (λ K (t), λ L(t)) = λ F (K (t), L(t))

(16)

Werden alle Inputmengen verdoppelt, so verdoppelt sich die Outputmenge ➜ es wird ohne (positive wie negative) Skaleneffekte produziert. In einem solchen Fall hängt der Output pro Kopf y nur von der Kapitalintensität k ab:   1 1 1 1 λ= ➩ F (K (t), L(t)) = F K (t) , L(t) L(t) L(t) L(t) L(t)

➩ y = f (k(t)) Prof. Dr. Susanne Soretz

Pro-Kopf-Produktionsfunktion Konjunktur und Wachstum WS 2016/17

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Die erste Ableitung der Pro-Kopf-Produktionsfunktion ist dabei identisch mit dem Grenzertrag des Kapitals: f ′ (k) = F ′ (K ) ➜ positiver, aber abnehmender Grenzertrag des Kapitals ➜ konkave Pro-Kopf-Produktionsfunktion

k

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Zwischenfazit Die Höhe des Pro-Kopf-Einkommens hängt ausschließlich von der Höhe des Pro-Kopf-Kapitalbestands ab. Will man Aussagen über die Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens treffen, dann muss man die Entwicklung der Kapitalintensität bestimmen. ➜ Wie verändert sich die Kapitalintensität?

∂K k˙ = L = ∂t

(17)

➩ k˙ = sf (k) − (δ + n)k Prof. Dr. Susanne Soretz

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➜ Veränderung der Kapitalintensität: k˙ = sf (k) − (δ + n)k Ersparnis erhöht den Kapitalstock und dadurch die Kapitalintensität Abschreibung senkt den Kapitalstock und damit die Kapitalintensität das Bevölkerungswachstum erhöht die „Anzahl der Köpfe“ und senkt dadurch (c. p.) die Kapitalintensität

k Prof. Dr. Susanne Soretz

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Dynamik im Solow-Modell: im Schnittpunkt bleibt die Kapitalintensität k ∗ konstant: die Ersparnis gleicht gerade Abschreibung und Bevölkerungswachstum aus so lange die Kapitalintensität geringer ist als k ∗ , ist die Produktivität relativ groß, so dass die Ersparnis größer ist als Abschreibung und Bevölkerungswachstum ➜ die Kapitalintensität steigt sollte die Kapitalintensität größer sein als k ∗ , dann ist die Produktivität relativ gering ➜ die Ersparnis ist dann kleiner als Abschreibung und Bevölkerungswachstum ➜ die Kapitalintensität sinkt ➜ es gibt ein eindeutiges und stabiles Gleichgewicht k ∗

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Ergebnisse des Solow-Modells es gibt ein eindeutiges und stabiles Gleichgewicht mit konstanter Kapitalintensität im Gleichgewicht wächst der aggregierte Kapitalstock mit der gleichen Rate wie die Bevölkerung auch das aggregierte Einkommen wächst mit der gleichen Rate wie die Bevölkerung das Pro-Kopf-Einkommen bleibt konstant dauerhaftes Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens ist nur durch (exogenen) technischen Fortschritt möglich

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Das Solow-Modell und die stilisierten Fakten des Wachstums:

k § Pro-Kopf-Einkommen und Kapitalintensität sind konstant ✔ konstantes Kapital-Output-Verältnis ist erklärt ✔ konstanter Zins ist erklärt § Lohn ist konstant ✔ konstante Einkommensverteilung ist erklärt Prof. Dr. Susanne Soretz

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3.2 Die Konvergenzdebatte Quelle: Barro/Sala–I–Martin 1.2.10 (S. 44–50), Sørensen 2.3 (S. 42–49) Konvergenzhypothese: Gleichen sich die Pro-Kopf-Einkommen in der Welt an? ➜ Südostasien hat in den letzten 50 Jahren nahezu aufgeschlossen Oder öffnet sich die Schere immer weiter? ➜ Der Abstand zwischen Sub-Sahara-Afrika und Westeuropa wird immer größer Wenn das neoklassische Wachstumsmodell Recht hat, müssten die Pro-Kopf-Einkommen konvergieren. Prof. Dr. Susanne Soretz

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k˙ = sf (k) − (n + δ )k kˆ =

(18)

k

k

Durchschnittsprodukt f (k)/k nimmt wie ab n + δ ist die konstante Steigung der Geraden die Wachstumsraten sind die vertikale Abstände (g1 , g2 ) ➜ je größer k bzw. y, um so kleiner die Wachstumsraten f ′ (k)

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Empirische Überprüfung: Konvergenz

Finden wir in der Realität ein stabiles Gleichgewicht, gegen das das Pro-Kopf-Einkommen konvergiert?

Absolute Konvergenz Im Ländervergleich müssen arme Länder (geringer Kapitalstock) schneller wachsen als reiche Länder (hoher Kapitalstock) . Wir müssten also eine negative Korrelation zwischen anfänglichem Einkommen und Wachstumsrate des Einkommens finden.

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Absolute Konvergenz

Quelle: Barro/Sala-i-Martin (2004) Abb. 1.7: 114 Länder Prof. Dr. Susanne Soretz

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Absolute Konvergenz muss verworfen werden! Solow-Modell aber nicht: exogene Parameter s, n und δ sind nicht in allen Ländern gleich ➜ verschiedene Steady States

k

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k

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Bedingte Konvergenz

wenn jedes Land gegen ein anderes Steady State konvergiert, kann man die Wachstumsraten nicht unmittelbar vergleichen! ➜ Lösung: man vergleicht nur Länder, deren Strukturparameter ähnlich sind, so dass sie auch gegen (fast) das gleiche Steady State konvergieren

Bedingte Konvergenz: Länder, die weiter von ihrem eigenen Steady State entfernt sind, wachsen schneller. Die Pro-Kopf-Einkommen ähnlicher Länder konvergieren.

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Quelle: Barro/Sala-i-Martin (2004) Abb. 1.8: OECD-Länder

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Zusammenfassung Bedingte Konvergenz kann bestätigt werden, damit auch das Solow-Modell. Innerhalb sogenannter Konvergenzclubs nähern sich die Pro-Kopf-Einkommen an. Allerdings driften die Konvergenzclubs auseinander: die Pro-Kopf-Einkommen der OECD-Länder entfernen sich von denen Sub-Sahara-Afrikas. Die Wachstumsraten der Pro–Kopf–Einkommen bleiben langfristig positiv: Wir erleben kein Verschwinden des Wachstums, sondern langanhaltendes Wachstum der Pro–Kopf–Größen, das den OECD-Ländern höher ist als in Sub-Sahara-Afrika. ➜ endogene Wachstumstheorie

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Quelle: Weil (2009) Abb. 1.7 Prof. Dr. Susanne Soretz

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3.3 Technischer Fortschritt Quelle: Bretschger, Kap. 3 Technischer Fortschritt kann sich stärker auf die Produktivität des Kapitals oder auf die Produktivität der Arbeit auswirken. Man unterscheidet drei Arten von technischem Fortschritt: Arbeitsvermehrender technischer Fortschritt: In diesem Fall erhöht der technische Fortschritt die Produktivität des Faktors Arbeit, beispielsweise durch Senkung der Analphabetenrate, durch Grippeimpfung (weniger Krankheitsausfälle) oder durch bessere Arbeitsorganisation (Fließband).

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Kapitalvermehrender technischer Fortschritt: In diesem Fall erhöht der technische Fortschritt die Produktivität des Faktors Kapital, beispielsweise durch Erfindung neuer Produktionstechnik (schnellere Maschine), oder geringeren Materialverbrauch (3-Liter-Auto, dünneres Blech). Arbeits- und kapitalvermehrender technischer Fortschritt: In diesem Fall erhöht der technische Fortschritt die Gesamtproduktivität, beispielsweise durch besseres Rechtssystem oder bessere Transportwege (mehr Waren kommen an).

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Solow–Modell mit technischem Fortschritt:

k durch technischen Forschritt steigt das Grenzprodukt des Kapitals und das Pro-Kopf-Einkommen Anpassungswachstum bis zum neuen Gleichgewicht k ∗∗

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Harrod-neutraler technischer Fortschritt: Y = F (K (t), A(t)L(t)) Arbeitsvermehrender technischer Fortschritt ist nach Harrod neutral, wenn bei konstantem Grenzprodukt des Kapitals auch der Kapitalkoeffizient konstant ist. Anders ausgedrückt: wenn bei unverändertem Zins der Kapitaleinsatz propotional zum Output erhöht wird.

k Prof. Dr. Susanne Soretz

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Das Wachstum im Solow-Modell mit Harrod-neutralem technischen Fortschritt ist kompatibel mit den stilisierten Fakten des Wachstums: ✔ Pro-Kopf-Einkommen und Kapitalintensität steigen langfristig ✔ konstantes Kapital-Output-Verhältnis K /Y ✔ konstanter Zinssatz r ✔ Lohnsatz w wächst langfristig (mit der gleichen Rate wie y) ✔ langfristig konstante Einkommensverteilung rK /wL

k Prof. Dr. Susanne Soretz

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4 Vom exogenen zum endogenen Wachstum

Zentral für die Erklärung langfristigen Wachstums der Pro-Kopf-Einkommen sind: die Sparquote der technische Fortschritt Weil beide Größen im Solow-Modell exogen gegeben sind, bezeichnet man dies als Modell exogenen Wachstums. Die endogene Wachstumstheorie erklärt sowohl die Sparentscheidung als auch den technischen Fortschritt modellendogen.

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4.1 Die Sparentscheidung Quelle: Heinemann, Kap. 2, Sørensen, Chapter 16.1–16.2 (S. 466–481); Bretschger, Kapitel 4. 2–Perioden–Fall: Der Haushalt entscheidet über die Aufteilung seines Einkommens auf 2 Perioden, da er in jeder Periode Nutzen aus Konsum zieht.

Annahmen: Konsum c0 und c1 , Nutzen U = u(c0 ) +

1 u(c1 ) 1+ρ

Einkommen besteht aus Lohneinkommen w0 l und w1 l sowie Zinseinkommen (1 + r )s0 . Prof. Dr. Susanne Soretz

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Nutzenmaximierung: maxU = u(c0 ) +

1 u(c1 ) 1+ρ

(19)

u.N. w0 l = c0 + s0 (20)

w1 l + (1 + r )s0 = c1 c1

c0 GRS = Steigung d. BG Prof. Dr. Susanne Soretz



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(21) 95 / 1

für r = ρ wird konstanter Konsum gewählt Konsumwachstum c1 > c0 genau wenn r > ρ c1

c1

c0

c0

stärkere Diskontierung ρ ↑ führt zu sinkender Ersparnis: s0 ↓, c0 ↑, c1 ↓ größere Verzinsung r ↑ führt zu steigender Ersparnis: s0 ↑, c0 ↓, c1 ↑ Prof. Dr. Susanne Soretz

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Mehr-Perioden-Fall:

Annahmen: stetige Zeit

R

Nutzenfunktion U = 0∞ e−ρ t u(c(t)) dt mit der Zeitpräferenzrate ρ Lohneinkommen w (t)l und Zinseinkommen r (t)k(t) Kapitalzuwachs = Ersparnis: k˙ = s(t) ➩ Budgetbeschränkung: w (t)l + r (t)k(t) = c(t) + s(t)

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∀t

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c(t + dt)

c(t) alle benachbarten Zeitpunkte t und dt werden jeweils so verglichen wie im Zweiperiodenfall wird der Konsum in t um eine Einheit gesenkt, dann steigt der Konsum in t + dt um 1 + r Einheiten ➜ optimaler Konsumstrom: cˆ = ε (r − ρ ) Prof. Dr. Susanne Soretz

Keynes-Ramsey-Regel Konjunktur und Wachstum WS 2016/17

(22) 98 / 1

Zwischenergebnis: Konsumwachstum ist genau dann positiv, wenn r > ρ Es ist umso größer, je höher r und je geringer ρ Wachstum ist umso größer, je höher die intertemporale Substitutionselastizität ε ist. ➜ Ersparnis führt zu Konsumwachstum, falls r (t) > ρ ➜ Ersparnis bedeutet Kapitalangebot ➜ gleichgewichtiger Zins r (t) hängt auch von Kapitalnachfrage ab

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Kapitalgrenzprodukt und Wachstum: Quelle: Romer 2.A.2.1 – 2.A.2.3 (S. 47–60) Gewinnmaximierende Faktornachfrage der Unternehmen: max G = F (k, l) − rk − wl k ,l

∂G = ∂k ∂G = ∂l

(23) (24) (25)

Grenzproduktivitätstheorie: besagt, dass im Marktgleichgewicht bei mengenanpassendem Verhalten die Produktionsfaktoren nach ihrem Wertgrenzprodukt entlohnt werden Prof. Dr. Susanne Soretz

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Konsumwachstumsrate im Marktgleichgewicht: (26)

cˆ = ε (Fk − ρ ) Das Konsumwachstum hängt somit von der Entwicklung des Kapitalstocks ab. Die Entwicklung des Kapitalstocks folgt der Ersparnis: k˙ = s = rk + wl − c

(27)

Steigt der Kapitalstock, dann nimmt der Grenzertrag des Kapitals ab und die Wachstumsrate des Konsums ebenfalls. Die Ökonomie konvergiert gegen ein Steady–State mit konstantem Kapitalstock und konstantem Konsum: Fk = ρ

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cˆ = 0

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(28)

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4.2 Nichtabnehmender Grenzertrag des Kapitals

Quelle: Barro/Sala–i–Martin Kapitel 4.1, 4.3 (S. 205 – 218). Auf der Basis des (individuell) sinkenden Grenzertrags des Kapitals ist dauerhaftes Wachstum nur durch technischen Fortschritt zu erklären. Ergebnis des technischen Fortschritts ist ein nichtabnehmender Grenzertrag des (aggregierten) Kapitals. Dies ist auch besser kompatibel mit den stilisierten Fakten: Die Ertragsrate (Zins) und die Kapitalproduktivität Y /K sind langfristig konstant.

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Konstanter Grenzertrag des Kapitals: Annahmen: weiter Kapitalbegriff, mit Humankapital F = Ak

wobei A = Produktivitätsparameter

Nutzenfunktion unverändert U =

R ∞ −ρ t u(c(t)) dt 0 e

Kapitalnachfrage der Unternehmen: max G = F (k) − rk k

mit F (k) = Ak

∂G = ∂k ➩ r=

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(29)

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Konsumwachstumsrate im Marktgleichgewicht: cˆ =

➜ konstant

k

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(30)

k

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Gründe für ein konstantes (soziales) Grenzprodukt des Kapitals: Learning by doing: Durch Investition in physisches Kapital entsteht zusätzlich technisches Wissen, das die Produktivität erhöht. Infrastruktur: Aus einem Teil des erzielten Einkommens wird Infrastruktur errichtet, die dann die Produktivität des physischen Kapitals erhöht. Humankapital: Wird außer in physisches Kapital auch in Humankapital investiert, dann steigt dadurch die Produktivität des physischen Kapitals. Forschung: Werden beispielsweise neue Maschinen erfunden, dann muss bei Investition in die neuen Maschinen der Grenzertrag des physischen Kapitals nicht sinken.

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Beispiel: learning by doing

Idee: technischer Fortschritt, d. h. Produktivitätswachstum entsteht durch Investitions– und Produktionstätigkeit Integration des „learning by doing“: durch Erfahrung steigt die Arbeitsproduktivität (signifikant beispielsweise bei Flugzeugproduktion oder Schiffsproduktion), erkennbar auch daran, dass generell die Zeitreihe neuer Patente den Investitionen in physisches Kapital eng folgt.

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technisches Wissen ist ein öffentliches Gut: das Wissen einer Firma ist der gesamten Gesellschaft zugänglich (lässt sich nicht geheim halten). Damit wird Arbeit produktiver, wenn in der gesamten Gesellschaft mehr Kapital vorhanden ist. Auf individueller Ebene nimmt der Grenzertrag des Kapitals trotzdem noch ab (erste Maschine hat größeren Grenzertrag als zweite), jedoch auf aggregierter Ebene bleiben Investitionen dauerhaft lohnend (neue Unternehmen, die neue Produkte erzeugen; Etablierung neuer Technologie).

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Annahmen: Produktionsfunktion: F = Ak α (l k¯ )1−α

(31)

mit individuellem Kapitalstock k und durchschnittlichem Kapitalstock k¯ Nutzenfunktion etc. unverändert Grenzproduktivitätsentlohnung: (32)

r = Fk =

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¯ somit ist das Durch learning by doing steigt mit k auch l k, Grenzprodukt des Kapitals konstant: k = k¯



(33)

Fk =

k

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➜ Die Wachstumsrate der Ökonomie ist konstant: cˆ = kˆ = ε (α Al 1−α − ρ )

(34)

Ergebnis: Produktivitätsgewinne durch learning by doing gleichen die abnehmenden Grenzerträge des individuellen Kapitals gerade aus.

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Wachstumspolitik Kapitalakkumulation erzeugt positiven externen Effekt: privater Grenzertrag des Kapitals (s.o.): Fk = α Al 1−α ➜ Unternehmer orientieren sich nur am privaten Grenzertrag = an der Mehrproduktion in ihrem eigenen Unternehmen durch die Investition sozialer Grenzertrag des Kapitals: dF = Fk + dk

∂ F ∂ k¯ ¯ |∂ k{z∂ k}

soz.Zusatzertrag

=

(35)

➜ sozialer Zusatzertrag sind die Produktivitätsgewinne, die durch learning bei doing in den anderen Unternehmen entstehen Prof. Dr. Susanne Soretz

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Wenn die Unternehmer sich am sozialen Grenzertrag orientieren würden, wäre die Wachstumsrate höher: cˆ∗ = kˆ ∗ = ε (Al 1−α − ρ )

(36)

Dafür muss der Staat den sozialen Zusatzertrag für die Unternehmer spürbar machen: ➜ am einfachsten durch eine Subvention auf den privaten Grenzertrag in der Realität: Investitionszulagen aber eher: Unterstützung von Forschung und Entwicklung in Unternehmen, da vor allem dort positive Externalitäten entstehen

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5 Wachstumswirkungen von Staatseingriffen Quelle: Barro/Sala–i–Martin Kap. 3.1 (S. 143–152) und Kap. 4.4 (S. 220–223). Der Staat wirkt auf verschiedene Weise auf das intertemporale Marktgleichgewicht ein: Staatseinnahmen: Einkommensteuer, Konsumsteuer Staatsausgaben: produktiv, konsumtiv, außerdem Subventionstätigkeit Wie wirken diese Staatsaktivitäten auf den gleichgewichtigen Wachstumsprozess? Ist es wachstumsfördernd, Staatseinnahmen durch Einkommensteuer zu erzielen? Beeinträchtigt eine Mehrwertsteuer das Wachstum? Wie wirken Staatsausgaben auf den Wachstumsprozess? Prof. Dr. Susanne Soretz

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5.1 Einkommensteuer und produktive Staatsausgaben Annahmen: lineare Einkommensteuer: Steuersatz τy produktive Staatsausgaben: G F = F (k, l, G) = Ak α l 1−α G1−α

(37)

beispielsweise Rechtssystem, Infrastruktur Die Budgetrestriktion des Haushalts lautet dann (1 − τy )(wl + rk) = c + s

(38)

➜ der Nettokapitalertrag sinkt um den Steuersatz

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Sparentscheidung bei Einkommensteuer: c(t + dt)

c(t) Einkommensteuer senkt den Nettokapitalertrag Anreiz zu Ersparnisbildung sinkt ➜ Wachstumsrate sinkt entsprechend: cˆ = ε ((1 − τy )r − ρ )

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Grenzproduktivitätsentlohnung: (39)

r = Fk = ➩

gleichgewichtige Konsumwachstumsrate: 

lG cˆ = ε (1 − τy )α A k

1−α

−ρ

!

(40)

Zwischenergebnisse: eine Einkommensteuer wirkt wachstumsmindernd, da sie den privaten Grenzertrag des Kapitals reduziert produktive Staatsausgaben wirken wachstumsfördernd, da die Kapitalproduktivität erhöht wird

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positiver Effekt der produktiven Staatsausgaben auf die Faktorproduktivität am Beispiel des Rechtssystems:

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Wie hoch sollen die Staatsausgaben sein? ➜ je höher die Staatsausgaben, um so produktiver ist das Kapital ➜ je höher die Staatsausgaben, um so höher müssen auch die Steuereinnahmen sein staatliches Budget: G = τy F ➩ Staatsquote =

G = τy F

G und τy in der Wachstumsrate sind nicht unabhängig wählbar, sondern voneinander abhängig

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➜ Darstellung in Abhängigkeit vom Steuersatz/Staatsquote τy : G = τy F =  α G ➩ = k G = k



(41)

➜ Grenzprodukt des Kapitals:  1−α 1 1 1−α lG G = τyα A α l α Fk = α A mit k k ➩Fk = 1

= α A α (l τy )

1−α α

(42)

➜ Wachstumsrate in Abhängigkeit von der Staatsquote: 1

cˆ = ε ((1 − τy )α A α (l τy ) Prof. Dr. Susanne Soretz

1−α α

− ρ)

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(43) 119 / 1

Welche Höhe der Staatsausgaben führt zu maximalem Wachstum? 1

max cˆ = ε ((1 − τy )α A α (l τy ) τy

1−α α

− ρ)

∂ cˆ = ∂ τy

➩ τy∗ = (1 − α ) = Produktionselastizität der Staatsausgaben

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Erklärung des Ergebnisses: Grenzkosten der Staatsausgaben: das homogene Gut wird 1:1 in Staatsausgaben übertragen, ergo GK = 1 Grenzertrag der Staatsausgaben: = (1 − α )F /G

FG =

(44)

Für die optimale Höhe der Staatsausgaben müssen die Grenzkosten mit dem Grenzertrag übereinstimmen: GK = GE

➩ ➩

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G = (1 − α ) ➩ F

τy∗ = (1 − α )

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(45)

121 / 1

Zusammenfassung: die Einkommensteuer wirkt wachstumshemmend die produktiven Staatsausgaben wirken wachstumsfördernd das Optimum ist erreicht, wenn die Grenzkosten dem Grenzertag der Staatsausgaben entsprechen das bedeutet eine Staatsquote in Höhe der Produktionselastizität der Staatsausgaben

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122 / 1

Entwicklung der deutschen Staatsquote:

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123 / 1

Darstellung der Frankfurter Rundschau:

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124 / 1

Staatsquoten anderer industrialisierter Länder entwickelten sich ähnlich:

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125 / 1

Bildungsausgaben sind in Deutschland ebenfalls gestiegen:

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126 / 1

Anteil der Bildungsausgaben am BIP ist allerdings gering:

2013 wurden in Deutschland 5,3% des BIP für Bildung ausgegeben (OECD-Durchschnitt 6,2%) insbesondere im frühkindlichen Bereich ist der private Anteil der Ausgaben in Deutschland höher als in der OECD (Deutschland 30%, OECD 20%) Prof. Dr. Susanne Soretz

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127 / 1

5.2 Auswirkungen einer Konsumsteuer

Wirkt eine Konsumsteuer (Mehrwertsteuer) auch wachstumsmindernd?

neue Annahme: lineare Konsumsteuer: Steuersatz τc Die Budgetrestriktion des Haushalts lautet dann wl + rk = (1 + τc )c + s

(46)

➜ die Konsumausgaben steigen um die Konsumsteuer

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128 / 1

Sparentscheidung bei Konsumsteuer: c(t + dt)

c(t) Konsumsteuer belastet Konsum zu allen Zeitpunkten gleich lässt Akkumulationsentscheidung unberührt ➜ Wachstumsrate bleibt cˆ = ε (r − ρ )

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Ergebnis: eine Konsumsteuer ist wachstumsneutral, da der Konsum zu allen Zeitpunkten gleich betroffen ist c(t) der realisierbare Konsum sinkt (und damit auch der Nutzen) „nur“ Niveaueffekte, keine Wirkung auf das gleichgewichtige Wachstum t eine Konsumsteuer wirkt regressiv und wird deshalb als ungerecht empfunden Prof. Dr. Susanne Soretz

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130 / 1

5.3 Auswirkungen von Staatsverschuldung neue Annahmen: Staatsverschuldung in Höhe von b(t) (government bonds) ist möglich das Vermögen der Haushalte besteht dann aus Kapitalvermögen k(t) und Staatsanleihen b(t) die jeweiligen Zinssätze sind rk und rb der Anteil des Kapitals im Vermögensportfolio ist n Die Staatsverschuldung entwickelt sich gemäß b˙ =rb b + G − τy (wl + rk k + rb b)

(47)

Die Budgetrestriktion der Haushalte ist dann v˙ = =(1 − τy )(wl + rk nv + rb (1 − n)v) − c Prof. Dr. Susanne Soretz

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(48) 131 / 1

die Portfolioentscheidung der Haushalte: Kapital und Staatsanleihen sind sichere Anlagen sollte einer der beiden Zinssätze höher sein, würde nur in diese Anlage investiert: rk > rb ➩ niemand hält Staatsanleihen ➩ rb ↑ rb > rk ➩ alle wollen ausschließlich Staatsanleihen ➩ rb ↓ ➜ einheitlicher Zinssatz rk = rb = r (in der Realität verschieden riskant, deshalb Unterschiede durch verschiedene Risikoprämien) die Budgetrestriktion der Haushalte ist dann v˙ =(1 − τy )(wl + rk nv + rb (1 − n)v) − c (49)

=

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132 / 1

Sparentscheidung bei Staatsverschuldung: c(t + dt)

c(t) Staatsverschuldung muss gleichen Zins (Sicherheitsäquivalent des Zinses) bieten wie Kapital lässt Akkumulationsentscheidung unberührt ➜ Wachstumsrate bleibt cˆ = ε ((1 − τy )r − ρ ) Prof. Dr. Susanne Soretz

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133 / 1

Zwischenfazit: Staatsverschuldung ist wachstumsneutral, da sie den Nettokapitalertrag nicht beeinflusst Staatsverschuldung ist trotzdem nicht beliebig: ihre Entwicklung (insbes. ihr Wachstum) kann gleichgewichtiges Wachstum verhindern

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Staatsausgaben: wichtige Größe für Staatsverschuldung determinieren die Produktivität des Kapitals: müssen mit der gleichen Rate wachsen wie das Kapital, damit das Grenzprodukt des Kapitals nicht sinkt ˆ = yˆ G



G = θ konstante Staatsquote y

θ kann aber größer oder kleiner als τy sein entsprechend folgt für die Wachstumsrate: cˆ = ε ((1 −

1

τy )α A α (l |{z}

Steuersatz

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τy |{z}

)

1−α α

− ρ)

Staatsquote ➩ θ

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Die gleichgewichtige Konsumwachstumsrate ist dann ➩

1

cˆ = ε ((1 − τy )α A α (l θ )

1−α α

− ρ)

bei jeder beliebigen (aber konstanten) Höhe von θ ist die Kapitalproduktivität konstant und somit gleichgewichtiges Wachstum realisierbar (insbesondere auch bei zu hohen Staatsausgaben θ > θ ∗ ) ➜ das Wachstum hängt nur von Staatsquote und Einkommensteuer ab, nicht von der Staatsverschuldung

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136 / 1

Wachstum der Staatsverschuldung: b˙ = rb + G − τy (wl + rk + rb) (50)

= ➩

ˆ= b

= (1 − τy )r +

y  G − τy y b |{z}

(51)

θ

➜ wächst die Staatsverschuldung mit der gleichen Rate wie das Einkommen, dann ist auch die Wachstumsrate der Staatsverschuldung konstant ➜ langfristiges Gleichgewicht! je höher c.p. die Staatsquote θ , um so schneller wächst die Staatsverschuldung Prof. Dr. Susanne Soretz

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137 / 1

kein Gleichgewicht, falls die Staatsverschuldung schneller wächst als ˆ > yˆ ): das Einkommen (b ➜ Zinslast des Staates steigt schneller als die Produktion diese Lösung ist ein Ponzi-game (Schneeballsystem): Zinslast wird durch Neuverschuldung bedient Das System bricht zusammen, sobald sich wegen mangelnder Glaubwürdigkeit keine Gläubiger mehr finden. Gleichgewicht möglich, falls die Staatsverschuldung langsamer wächst ˆ < yˆ ): als das Einkommen (b ➜ dann verschwindet die Staatsverschuldung langfristig aber: dieses Gleichgewicht erzeugt keine höhere Wohlfahrt als eines ˆ = yˆ mit b

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138 / 1

Die Maastricht-Kriterien Nach dem Vertrag von Maastricht sollen folgende Stabilitätskriterien hinsichtlich der Staatsverschuldung eingehalten werden: die Staatsverschuldung soll nicht höher als 60% des BIP sein b < 0, 6 ➩ y

(52)

außerdem impliziert eine konstante Schuldenquote b/y, dass die Staatsverschuldung nicht langfristig schneller wachsen darf als das BIP das Haushaltsdefizit (die Neuverschuldung) soll nicht höher als 3% des BIP sein b˙ < 0, 03 ➩ y Prof. Dr. Susanne Soretz

(53)

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Entwicklung internationaler Schuldenquoten

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Die deutsche Schuldenquote

Schuldenstand 2014: leicht gestiegen auf 2,17 Billionen Schuldenquote gesunken um 2,4 Prozentpunkte auf 74,7% (Bundesbank 2015)

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Die Schuldenbremse Die Schuldenbremse wurde 2009 beschlossen (Gegenstimmen von Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein) und ist seit 2011 (teilweise) in Kraft: die Neuverschuldung des Bundes darf ab 2016 nur noch 0,35% des BIP betragen, Ausnahmesituationen (Konjunkturentwicklung und Naturkatastrophen) müssen vom Bundestag beschlossen werden eine Neuverschuldung der Länder ist ab 2020 ausgeschlossen Übergangsregelungen mit Konsolidierungshilfen (bei Einhaltung eines Konsolidierungspfades) an verschiedene Länder (Bremen, Saarland, Berlin, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) von 2011 bis 2019 Durch die Schuldenbremse soll die Einhaltung der Maastricht-Kriterien erreicht werden. Prof. Dr. Susanne Soretz

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6 Nachhaltigkeit und Wachstum Quellen: Arrow et. al. (2004), Heal (1998) Kap. 2 und 3. Pessimisten: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet und der letzte Fisch gefangen ist, werdet Ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ (Indianische Weissagung) Optimisten: „Die Steinzeit endete nicht aus einem Mangel an Steinen, und wenn das Ölzeitalter zu Ende geht, dann wird das nicht aus Ölmangel geschehen.“ (Scheich Yamani, Mitbegründer der OPEC)

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Was ist richtig? theoretische Frage: ermöglicht Substitutionalität dauerhaftes Wachstum? empirische Frage: Beurteilung der realen Wachstumsprozesse wachsender Ressourcenverbrauch im 20. Jahrhundert: Bevölkerung: Faktor 4 industrieller Output: Faktor 40 Energieverbrauch: Faktor 16 Fischfang: Faktor 35 Kohlendioxid– und Schwefeldioxid–Emissionen: Faktor 10

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Nachhaltigkeit: eines der Schlüsselkonzepte in der Umweltdiskussion und zum Teil in der Umweltpolitik Popularität geht auf Brundtland–Kommission (1987) zurück: „Sustainable Development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“ seitdem nahezu ebenso viele Interpretationen von Nachhaltigkeit wie Autoren, die sich mit dem Konzept auseinandergesetzt haben große Überschneidung mit verschiedenen Konzepten optimalen Wachstums

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Solow (1991) zu Nachhaltigkeit: If you define sustainability as an obligation to leave the world as we found it in detail, I think that’s glib but essentially unfeasible. It is, when you think about it, not even desirable. [...] I doubt that I would feel myself better off if I had found the world exactly as the Iroquois left it. It is not clear that one would really want to do that. To make something reasonable and useful out of the idea of sustainability, I think you have to try a different kind of definition. The best thing I could think of is to say that it is an obligation to conduct ourselves so that we leave to the future the option or the capacity to be as well off as we are.

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6.1 Optimaler Ressourcenabbau Quellen: Stiglitz (1974) Growth with Exhaustible Natural Resources: Efficient and Optimal Growth Paths, Review of Economic Studies, S. 123–137. Solow (1974) The Economics of Resources or the Resources of Economics, The American Economic Review, Papers and Proceedings, S. 1–14. In der Regel werden nicht erneuerbare Ressourcen nicht direkt konsumiert, sondern bei der Produktion von Konsumgütern genutzt. Selbst wenn in der Produktion nicht erneuerbare Ressourcen eingesetzt werden, muss dauerhaft positiver (auch wachsender) Konsum nicht unmöglich sein. Schlüssel sind Kapitalakkumulation und technischer Fortschritt.

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147 / 1

Annahmen: intertemporale Nutzenfunktion U =

R ∞ −ρ t u(c(t)) dt 0 e

Produktionsfunktion F = F (A(t), k(t), l, E (t))

Preis je extrahierter Ressourceneinheit ist q und der Erlös fließt an die Haushalte Ressourcenbestand bzw. Umweltqualität nimmt durch Extraktion ab E = −R˙ Das Optimierungsproblem lautet dann maxU =

Z ∞ 0

e−ρ t u(c) dt

u. N. wl + rk + qE = c + k˙ E = −R˙

(54) (55) (56)

Die Budgetgerade des Haushalts ist (57)

wl + rk + qE = c + s Prof. Dr. Susanne Soretz

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148 / 1

Sparentscheidung bei Ressourcennutzung: c(t + dt)

c(t) Ressourcennutzung ist für Haushalte exogen ➜ hat keinen Einfluss auf die Sparentscheidung ➜ cˆ = ε (r − ρ ) Keynes-Ramsey-Regel bzw. cˆ = ε (Fk − ρ )

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149 / 1

optimaler Ressourcenabbaupfad: ➜ die Frage ist vor allem, wann die Ressource abgebaut werden soll es werden wieder jeweils die direkt hintereinander liegenden Zeitpunkte t und t + dt verglichen besser ist der Ressourcenabbaupfad, der den höheren Konsum ermöglicht (und damit den höheren Nutzen)

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150 / 1

Abbau der Ressourceneinheit schon in t:

Abbau der Ressourceneinheit erst in t + dt:

Mehrproduktion um das Grenzprodukt der extrahierten Ressource FE (t)

Mehrproduktion um das Grenzprodukt in t + dt um FE (t + dt)

um die beiden Szenarien vergleichen zu können: Investition der Mehrproduktion in Kapital ➩ dk = FE (t)

für Vergleichbarkeit mit dem ersten Szenario muss der Kapitalbestand angeglichen werden

➜ dann steigt das Einkommen in t + dt um Fk dk = Fk FE (t) (möglicher Mehrkonsum)

➜ verbleibende Mehrproduktion FE (t + dt) − FE (t) (möglicher Mehrkonsum)

➩ Vergleich Fk FE (t) ≷ FE (t + dt) − FE (t)

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151 / 1

der Ressourcenabbaupfad ist dann optimal, wenn durch Verlagerung des Abbaus keine Verbesserung mehr erzielt werden kann:

Fk FE (t) = FE (t + dt) − FE (t) ➩

cE Fk = F



Fk =

FE (t + dt) − FE (t) FE (t)

Hotellingregel

effizienter Ressourcenabbau ist somit dann gegeben, wenn die Wertsteigerung der Ressource gerade dem Grenzprodukt des Kapitals entspricht diese Bedingung ist eine Arbitragebedingung für die Investitionen in Ressourcenbestand (durch Verzicht auf Abbau) und in Kapital

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152 / 1

Was bedeutet das für das Einkommenswachstum? Ist bei effizientem Kapitalaufbau (Ramseyregel) und effizientem Ressourcenabbau (Hotellingregel) dauerhaftes Wachstum möglich?? Einkommenswachstum: F = F (A(t), k(t), l, E (t)) ➩ F˙ =



ˆ ˆ = µ + ηk kˆ + ηE E F

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(58) (59)

(60)

153 / 1

auf dem gleichgewichtigen Wachstumspfad gilt außerdem kˆ = Fˆ = cˆ

ˆ + ηE E ˆ ➩ Fˆ = µ + ηk F

(61)

und gemäß Hotellingregel gilt cE = Fk F

mit ηE = ➩

FE =



cE = F

ˆ = Fˆ − Fk E

(62)

ˆ + ηE (Fˆ − Fk ) ˆ = µ + ηk F F

(63)





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154 / 1

nach Ramseyregel folgt cˆ = ε (Fk − ρ ) = Fˆ ➩

Fk =



ˆ= F



ˆ= F

(64)



(65)

µ − ηE ρ ≷0 1 − ηk − ηE + ηE /ε

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⇐⇒

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µ ≷ ηE ρ

(66)

155 / 1

Zusammenfassung: ➤ Dauerhaftes Wachstum ist genau dann möglich, wenn der technische Fortschritt hinreichend groß und die Produktionselastizität der Ressourcenextraktion hinreichend gering (die Ressource nicht zu wichtig für die Produktion) ist. ➤ Die Kapitalakkumulation gleicht dann den Rückgang der Ressource aus, so dass die Produktion wächst, obwohl immer weniger von der Ressource eingesetzt wird. ➤ Technischer Fortschritt kann endogenisiert werden wie in Kapitel 3.2 angedeutet ➤ Keineswegs ist also dauerhaftes Wachstum durch die Begrenztheit der natürlichen Ressourcen ausgeschlossen!!

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6.2 Nachhaltiges Wachstum als empirische Frage

Quelle: Arrow et.al (2004) Ist der reale Wachstumsprozess nachhaltig? Kernbestandteil der Definition von Nachhaltigkeit: keine Verschlechterung der Bedingungen für nachfolgende Generationen Konkretisierung: intertemporale soziale Wohlfahrt soll nicht sinken (V˙ ≥ 0)

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produktive Basis soll nicht sinken: d V (W ) d V d Wi =∑ = dt d Wi d t i | {z } pit >0

∑ pit Iit

(67)

i

| {z }

genuine Investition

produktive Basis erfasst physisches Kapital, Humankapital, Naturkapital und technisches Wissen Substitutionalität spiegelt sich in Preisverhältnissen

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Ermittlung der genuinen Investition in Anlehnung an Hamilton/Clemens (1999), aber als Durchschnitt über 30 Jahre Investitionen in physisches Kapital: gemessen durch nationale Nettoinvestition Investitionen in Humankapital: gemessen durch Ausgaben für Bildung Investitionen in Naturkapital: Nettoänderungen der wirtschaftlich genutzten Wälder, des Erdölvorkommens, der Mineralvorkommen, des Kohlendioxid–Gehaltes in der Luft

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Genuine Investition als Anteil des BIP (GDP) Abbau natürlicher Ressourcen Land

Bangladesch

Nettoinvestition

Bildungsausgaben

Schaden aus CO2 Emissionen

Energieabbau

Mineralabbau

Waldabbau

genuine Investition

7,89

1,53

0,25

0,61

0,00

1,41

Indien

11,74

3,29

1,17

2,89

0,46

1,05

9,47

Nepal

14,82

2,65

0,20

0,00

0,30

3,67

13,31

Pakistan

10,92

2,02

0,75

2,60

0,00

0,84

8,75

China

30,06

1,96

2,48

6,11

0,50

0,22

22,72

S.-S.-Afrika

7,14

3,49

4,78

0,81

7,31

1,71

0,52

-2,09

Nh. O./N.-Afrika

14,72

4,70

0,80

25,54

0,12

0,06

-7,09

Großbritannien

3,70

5,21

0,32

1,20

0,00

0,00

7,38

USA

5,73

5,62

0,42

1,95

0,05

0,00

8,94

Quelle: Arrow et. al. JEP 2004

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160 / 1

Wachstum des genuinen Vermögens pro Kopf Land

genuine Investition

Bevölkerungswachstumsrate

Wachstum des gen. Vermögens pro Kopf

Produktivitätswachstum

Bangladesch

7,14

1,07

2,16

-1,09

0,81

korrigiertes Wachstum des gen. Vermögens pro Kopf 0,30

Indien

9,47

1,42

1,99

-0,57

0,64

0,54

Nepal

13,31

2,00

2,24

-0,24

0,51

0,63

8,75

1,31

2,66

-1,35

1,13

0,59

China

22,72

3,41

1,35

2,06

3,64

8,33

S.-S.-Afrika

-2,09

-0,31

2,74

-3,05

0,28

-2,58

Nh. O./N.-Afrika

-7,09

-1,06

2,37

-3,43

-0,23

-3,82

Großbritannien

7,38

1,48

0,18

1,30

0,58

2,29

USA

8,94

1,79

1,07

0,72

0,02

0,75

Pakistan

Wachstum des gen. Vermögens

Quelle: Arrow et. al. JEP 2004

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Relativierung der Daten Ergebnisse sind stark abhängig vom angenommenen Verhältnis BIP/Vermögen Auswirkungen des technischen Fortschritts sind tendenziell zu groß ausgewiesen Naturkapital ist unterbewertet in Kapitalakkumulation teilweise Probleme mit der Vergleichbarkeit der Daten, Bsp.: Chinesisches Wachstum ist wahrscheinlich überschätzt, chinesischer Ressourcenverbrauch unterschätzt Zeitreihen über die Entwicklung wären aussagekräftiger als Punktschätzungen weder Nichtlinearitäten in der Umweltentwicklung noch lokale Differenzen in der Substitutionalität sind erfasst

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Relativierung der Ergebnisse so lange das Naturkapital unterbewertet ist, sind Schlussfolgerungen schwierig durch die Unterbewertung des Naturkapitals subventionieren die ressourcenexportierenden (armen) Länder den Konsum der ressourceimportierenden (reichen) Länder

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Zusammenfassende Würdigung Beurteilung der Nachhaltigkeit hängt wesentlich von Substitutionalität ab (in der Produktion, im Nutzen und intergenerational) Technischer Fortschritt ermöglicht dauerhaftes Wachstum auch bei Einsatz beschränkter Ressourcen in der Produktion. berechtigte Zweifel an der Güte der empirischen Aussagen: bessere Daten und Zeitreihen sind notwendig, disaggregierte numerische Wachstumsmodelle sind notwendig Es ist noch viel weitere Entwicklung dieses jungen Forschungsgebietes nötig, aber es ist vorstellbar, dass auf diese Weise Antworten auf die komplexe Frage des nachhaltigen Wachstums möglich werden.

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