13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 2003

13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 2003 Kommunikationsabläufe und Interaktionsprozesse im Arbeitssystem Krankenhaus am Beispiel der Funk...
Author: Greta Glöckner
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13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 2003 Kommunikationsabläufe und Interaktionsprozesse im Arbeitssystem Krankenhaus am Beispiel der Funktionseinheit OP-Saal Dr.med. Ralf Hammerich Berlin

Vortragsinhalte • Kurzdarstellung von möglichen Kommunikationstheorien • Besonderheiten im OP-Bereichen • Beispiel aus einem Zentral-OP • Von der Praxis für die Praxis • Keine umfassende Präsentation von Kommunikations- und Interaktionsmodellen • Keine EDV-bedingten Problemfelder 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Ärztliche Kommunikation

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Begriffserklärung Kommunikation

(lat. communicatio = Mitteilung, Unterredung)

Verständigung untereinander, zwischenmenschlicher Verkehr besonders mit Hilfe von Sprache

Interaktion

(lat. inter = zwischen und actio = äußere Tätigkeit)

Aufeinander bezogenes Handeln zweier oder mehrerer Personen, Wechselbeziehung zwischen Handlungspartnern; sprachliche Kommunikation ist die wichtigste Form menschlicher Interaktion

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Fragen zur Kommunikation Wer sagt was wann wo zum wem mit welcher Intention und bewirkt welchen Effekt ? 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Kommunikationsmodell Inhalt(e)

Situation Sachebene

Sachebene

Vortragende/r

Nonverbale Signale

Beziehungsebene

Beziehungsebene Verbale Signale

Erfahrung 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Zuhörer/in

Kommunikationsformen • Nonverbal • Körpersprache (Mimik, Gestik, Berührung) • Visualisierung (Zeichen, Symbole)

• Verbal • Sprache (Inhalt, Stil, Mundart) • Töne (Melodie, Verständlichkeit) 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Kommunikationsformen • Einstufig – mehrstufig Zwischen zwei Personen oder seriell über mehrere Instanzen

• Direkt – indirekt Unmittelbarer Kontakt vs. mittelbarer Information

• unvermittelt – vermittelt Ohne Hilfsmittel vs. verschiedener Medien 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Beziehungsebenen • Vertikale Komponente

• Führungskräfte – MitarbeiterInnen • Klinikumsvorstand – KlinikleiterInnen

• Horizontale Komponente • •



Innerhalb einer Berufsgruppe Arbeitsgruppen / Team

Diagonale Komponente

• Austausch quer über Abteilungen und Hierarchien

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Information als Ressource • Information ist die Grundlage für Kommunikation • Information ist immaterielles Gut • Information kann Gegenstand der Wertschöpfung sein • Information erweitert / verändert sich bei ihrer Nutzung • Qualität von Information ändern sich mit ihrer Genauigkeit, Vollständigkeit, Gültigkeit, Aktualität und Zuverlässigkeit

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Informationswege • Zentrale Komponente • Sternförmig über einen Vermittler (informationshierarchisch)

• Dezentrale Komponente • Unbeschränkt zwischen allen Gruppen • Netzwerkstrukturen 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Basis von und für Interaktionsprozesse • Abhängig vom 3- bzw. 4-Säulen-Modell im Krankenhaus • Orientierung an der Aufbaustruktur oder der Prozess-& Ergebnisstruktur • Abhängigkeitsverhältnisse (Angestellte, Honorarbasis, Belegsystem) • Menschliche Weltbild (z.B. Taylor) • Mobbing (Einzelpersonen / Kleingruppen) 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Kommunikationsprobleme Hierarchie blockiert Kommunikation Blockaden führen zu Indoktrination Indoktrination schränkt Kommunikation ein Kein Platz für unorthodoxe Ideen oder kritische Fragen 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Allgemeine Aussagen zur Kommunikation I Unternehmensinterne Kommunikation hat die Funktion der Orientierung und Information, der Anordnung und Weisung, aber auch der Koordination der verschiedenen Aktivitäten im Unternehmen. Sie hat einen Sachbezug, ist darüber hinaus aber auch der zwischenmenschlichen Beziehung am Arbeitsplatz dienlich. 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Allgemeine Aussagen zur Kommunikation II Ohne Kommunikation ist ein zielorientiertes Handeln mehrerer Individuen undenkbar. Kommunikation ist als ein komplexer Prozess zu verstehen. Daher dürfen Informationen nichts als etwas betrachtet werden, das wie eine Ware weitergereicht wird.

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Einflussfaktoren auf die Kommunikation • • • • • • • •

Motivation (intra- / interpersonell) Arbeitsklima Arbeitsplatz-Zufriedenheit / Arbeitsabläufe Verhältnis zwischen Individuum – Gruppe(n) Mitarbeiterführung Konfliktmanagement Informationsmanagement Vertrauensverhältnisse

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Gründe für eine optimierte krankenhausinterne Kommunikation Eine verbesserte innerbetriebliche Kommunikation ist wichtig, • da eine Leistungsverdichtung im KH immer weiter stattfindet • die Funktionsbereiche, speziell der OPBereich, besonders kostenintensiv sind • allgemeine Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen bestehen 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Einfluss auf die Kommunikations- und Interaktionsprozesse im Krankenhaus

… Wirklichkeitsverlust, eine derealisierende Hospitalismus-Schädigung der Institutionsmitarbeiter … n. E. Goffmann: Asyle, 1978 in Dörner „Der gute Arzt“ 2001 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Einfluss auf die Kommunikations- und Interaktionsprozesse im Krankenhaus Charakteristikum der krankenhausinternen Kommunikationsform: Tabuzone Krankheit, Leiden und Tod Folgen: Sprachliche Entpersonalisierung, Gefühlsverneinung und Abgrenzung 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Kommunikation im OP-Bereich I Besonderheiten • • • • • • • • • •

Versorgungsstufe des Krankenhauses Anzahl der Fachabteilungen (regulär / optional) Mehrere Berufsgruppen und Hierarchieformen Dezentral / zentrale Struktur (baulich/organisatorisch) Begrenztes Raumangebot Ausbildung / Fachkräfte Anzahl der MitarbeiterInnen Trägerschaft Arbeitszeitmodelle Kulturelle Unterschiede

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Kommunikation im OP-Bereich II • Technische Voraussetzungen Prozessorientiertes EDV-System • OP-Planung und –Dokumentation (papiergestützt / EDV)

• • •

Auswertungstools (Strichliste, OP-Buch, Datenbank ) Vernetzung mit Controlling Sprechanlage / Telefone / Funkanlage

• Bauliche Voraussetzungen Zentral / dezentrale OP-Säle 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Kommunikation im OP-Bereich III Klarheit bei • Verantwortlichkeiten (z.B. Lagerung, Patientenabruf) • Begrifflichkeiten (z.B. „Notfall“, „Aküfis“) • Zielsetzung (z.B. Programmstabilität ?, Vorrang für Privatpatienten ?, Ausbildung ?, Patientenzahl ?, Mitarbeiterorientierung?, Effizienz & Wirtschaftlichkeit ?) 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Kommunikationspartner im OP Operateur

OPKoordinator

Anästhesist

OP-Pflege

AnästhesiePflege

LagerungsPflege

AufwachRaum

Lager Material Steri 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Station

Labor Pathologie

ITS / WST

Erwartungen / Innere Einstellung der MitarbeiterInnen im OP • • • • • • •

Individualisten Spezialisten Karrieristen Traditionalisten Opportunisten „Team-Player“ „Helfersyndrom-Besessene“

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Typische Ansichten & Meinungen I Meinung von Chirurgen: … die Anästhesisten und das Pflegepersonal müssen schneller arbeiten … Meinung der Anästhesisten: … die Chirurgen müssen besser planen … Meinung der übrigen OP-MitarbeiterInnen: … Schuld sind die Anderen … Fazit … Da kann man nichts machen … 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

/

Typische Ansichten & Meinungen II … „Zum Teil meine ich, es wird gezielt falsch informiert. Damit man friedlich bleibt, aus taktischen Gründen.“… …“Wenn die Eigeninteressen des Krankenhauses im Vordergrund stehen,…, wenn die Mitarbeit der Mitarbeiter gefordert ist, ist die Informationspolitik immer sehr gut. Wenn es um eher interne Dinge geht, ist sie miserabel. Das gilt auch für meine Vorgesetzten.“ … 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Konfliktfelder im OP • Nicht / unzureichend geklärte Zuständigkeiten / Verantwortlichkeiten • Begrenzte Zeitkontingente und Kapazitäten, speziell am Nachmittag, nachts und am Wochenende • Integration von „Notfällen“ • Fluktuation von MitarbeiterInnen 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Beispiel aus einem Klinikum der Maximalversorgung I Bauliche Strukturen • Zentral-OP mit 17 Sälen (8 Fachabteilungen; täglich ACH, AUG, GYN, HNO, KIF, NCH, UCH, URO) • Dezentrale Kliniken (7 Kliniken; tageweise

DERMA, HNO, NRAD, PCHI, PSYCH, SSK, URO, ZAHN)

• Dezentrale „Bedarfs-“Arbeitsplätze (CT, EH, ENDO, HK, MRT, NRAD, REA, STR) 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Beispiel aus einem Klinikum der Maximalversorgung II Organisatorische Strukturen OP-Statut (seit 12-2001) • Allgemeine Vorgaben (u.a. Ziele, Controlling, ZOP-Konferenzen, Verantwortlichkeiten, BonusSystem) • Ablaufspezifische Vorgaben (u.a. Planerstellung & Planungsinhalte, Zeitabläufe [wer / was / wann]) • Einführung eines ärztlichen OP-Koordinators (Stabstelle im Ärztlichen Direktorium) 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Beispiel aus einem Klinikum der Maximalversorgung III Personelle Strukturen • Ärztlich: 9 separate Fachabteilungen • Pflegerisch: Zentrale Pflegeleitung für OP- und Anästhesie-MitarbeiterInnen • OP-Koordinator (Stabstelle ÄD) • Reinigungsdienst (Dezernatszugehörigkeit) • Sonstige (Gerätetechniker etc.) • Materiallager / Sterilgut (Dezernatszugehörigkeit) 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Flussdiagramm zur Patientenversorgung im OP Arb.Vorg. Nr.

Arbeitsvorgänge im OP (numeriert)

Art des Arbeitsvorganges im Verhältnis zur OP

V ---

Prämedikation des Pat. - entw. in der Anä - Ambulanz oder auf Station

U

N

Zuständiges / beteiligtes Fach Arzt OP

Pfl.OP

X

Arzt Anae

Pfl.Anae

Bemerkung

Lagerung Pfleger

X

(ein oder mehrereTage vorher)

1

2

OP - und Anaesthesie - Instrumentarium vorbereiten, Abruf des Pat. (ab 2. Pat. des Tages) Pat.-Transport zum OP - Pat. von der Station zum Einleitungsraum des

X

X

X Pat.-Transport (Bei Praemedikation in Begleitung einer examinierten Pflegekraft)

X

OP Saales bringen

3

Einschleusen des Pat. - Übernahme durch Anä - Pflege u. Anä - Arzt,

(x)

X

(x)

1)

X

(x)

1)

X

(x)

1)

X

1)

Wenn Pat. überwachungspflichtig

1)

Wenn Pat. überwachungspflichtig

1)

Wenn Pat. überwachungspflichtig

(x)

z.T. auch OP- Pflege und Lagerungspfleger

4

Vorbereiten des Pat. für die OP (im Bett) - Gespräch, evtl. schon Zugänge legen,

X

Überwachungen anschließen

5

Auflegen des Pat. auf den OP - Tisch X

6

Anaesthesie einleiten und fortführen

7

Pat. in den OP - Saal bringen (zur OP - Säule)

X

8

Geräte zur Beatmung und Überwachung anschließen

X

X

X

9

(x)

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

X

OP - Lagerung vornehmen X

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X

X

X

Entwicklung für ein hausspezifisches Kommunikationskonzept •

Unternehmensspezifische Handlungsmaxime in der Personalpolitik



Berücksichtigung / Optimierung der Organisationsstrukturen



Einbindung von Kommunikations-Profis



Klare Zielsetzungen („Marktstrategie“)

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Modellprojekt : Interprofessionelle Kommunikation im Krankenhaus (InterKiK) Initiatoren: BÄK und DPR Projektauftrag: Medizinische Psychologie am UK Eppendorf (HH) Institut für Pflegewissenschaften der Uni Bielefeld Projektdauer:

April 1999 bis Mai 2002

Ziele • durchgehender Informationsfluss • Patientenorientierte Abstimmung von Arbeitsabläufen • Sicherung des Behandlungserfolges • Steigerung von Patienten und Mitarbeiterzufriedenheit

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Praktikable Beispiele •

OP-Statut zur Regelung eines Gesamtablaufs im Krankenhaus (Bsp. KKH Pinneberg, UK-NürnbergErlangen, UKBF)



Flow-Charts für Abläufe und Verantwortlichkeiten



Qualifizierung von Oberärzten / Chefärzten eines KKH zur Verbesserung der Kommunikationsfähigkeit mittels Coaching und Workshops über 2,5 Jahre (Kosten 500.000 DM, Modellprojekt im FEK in NMS)

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Zum Schluss … Koordination und Kooperation anstatt Konkurrenz und Doppelgleisigkeit F. Mannsberger Der OP-Bereich ist der Motor des Krankenhauses… und wenn er „stottert“, bleibt es irgendwann stehen ! Th. Busse 13. Symposium Intensivmedizin und Intensivpflege 21.2.2003 © RH

Literaturhinweise •

„Interprofessionelle Kommunikation im Krankenhaus“ (InterKiK; PDF-Datei)



„Der Stellenwert von innerbetrieblicher Kommunikation im Krankenhaus“ (J.Krukenberg, Diplomarbeit an der HdK Berlin, 1998)



„Der gute Arzt – Lehrbuch der ärztlichen Grundhaltung“ v. Klaus Dörner, Schattauer-Verlag, 2001



„High Risk Environment“, D.Scheidegger, Basel



„OP-Management“, Busse, 2. Auflage 2001, R.v.Decker-Verlag

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