Schmerztherapie in der Intensivmedizin

Schmerztherapie in der Intensivmedizin S. Trojan, F. Wappler 1 Einleitung Schmerzen entstehen in der Intensivmedizin durch Traumatisierung (Verletzun...
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Schmerztherapie in der Intensivmedizin S. Trojan, F. Wappler

1 Einleitung Schmerzen entstehen in der Intensivmedizin durch Traumatisierung (Verletzungen, Folgen operativer Eingriffe), Grund- und Begleiterkrankungen, lange Immobilisation sowie durch therapeutische, diagnostische und pflegerische Maßnahmen. Invasive Behandlungen, wie kontrollierte Beatmung, werden häufig erst durch Schmerztherapie und Sedierung möglich. Die Behandlung der Schmerzen ist ärztliche, ethische und rechtliche Pflicht. Durch unzureichende analgetische Therapie wird das Outcome des Patienten gefährdet, aber auch eine in Dauer und Dosierung übermäßige Behandlung kann negative Folgen haben. Um der Bedeutung von Schmerztherapie und Sedierung in der Intensivmedizin gerecht zu werden, wurden nationale und internationale Leitlinien entwickelt (1, 2). In diesen werden evidenzbasierte Empfehlungen für die Strukturen eines Behandlungskonzeptes zur Schmerztherapie in der Intensivmedizin gegeben. Umfragen zeigen, dass die Leitlinien jedoch längst noch nicht flächendeckend auf den Intensivstationen implementiert wurden (3-5). Es gilt kontinuierlich ein, der aktuellen Situation angemessenes Analgesieniveau zu erreichen, auch bei Patienten die aktuell nicht oder nur bedingt in der Lage sind antworten zu können. Es steht ein Arsenal von Schmerztherapieverfahren zur Verfügung, für deren sichere Durchführung die Besonderheiten der Intensivmedizin beachtet werden müssen. Als Voraussetzung müssen Kenntnisse über die Physiologie und Pathophysiologie des Schmerzes sowie die Stressreaktion des kritisch kranken Patienten erworben werden. Pharmakokinetik und Pharmakodynamik der Analgetika, unter Veränderungen des Verteilungsvolumens und Organdysfunktion des Intensivpatienten, sollten verstanden sein. Die praktische Umsetzung erfordert die Entwicklung eines Behandlungskonzeptes mit den Eckpunkten Schmerzmonitoring, Dokumentation, Behandlungsalgorithmen, Schulung und Qualitätssicherung, auch unter Beachtung ökonomischer Aspekte. Limitationen: Kritisch Kranke auf der Intensivstation sind eine extrem heterogene Patientengruppe. Sie beinhaltet Neonaten, Säuglinge, Kinder, Alte, Schwangere, Patienten mit unterschiedlichem Schweregrad der Erkrankung und verschiedener Fachrichtungszugehörigkeit. In den letzten Jahren wurde die Bedeutung einer an den individuellen Patienten angepassten Schmerztherapie erkannt. Demzufolge wurden Empfehlungen für eine spezifisch angepasste Therapie entwickelt (z.B. S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und postoperativer Schmerzen“) (6). Schmerz hat eine physiologische, pathophysiologische und, als sensorisches Erlebnis, eine psychologische Komponente. Die Erkenntnisse hierzu sind umfangreich und haben besondere Bedeutung bei der Entwicklung von Behandlungskonzepten zur Vermeidung der Chronifizierung von Schmerzen. Die ausführliche Darstellung aller oben genannten Aspekte würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Er begrenzt sich im Wesentlichen auf die Behandlung des Symptoms „Schmerz“ in der Intensivmedizin und die zugehörigen Behandlungskonzepte beim Erwachsenen. Vorbemerkung: Der Empfehlungsgrad von Leitlinienempfehlungen wird in diesem Artikel mit dem folgenden Graduierungssystems angegeben (Tab. 1).

249

Empfehlungsgrad (GoR)

S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin“ (1)

S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und postoperativer Schmerzen“ (6)

A

Starke Empfehlung

Standard

B

Empfehlung

Empfehlung

0

Offene Empfehlung

Option

A*

Wichtiger Praxispunkt

Tab. 1: In diesem Artikel verwendetes Graduierungssystems.

2  Häufigkeit von Schmerzen in der Intensivmedizin Die meisten Patienten auf der Intensivstation haben Schmerzen (63 % mit Schmerzen, 36 % davon mit starken Schmerzen) (7). Durch Schmerzen werden Abhusten (bei 68 % der Patienten), tiefes Durchatmen (55 %) und Schlaf (55 %) erschwert (8). Therapeutische, diagnostische und pflegerische Maßnahmen sind mit einem signifikanten Anstieg der Schmerzintensität verbunden (9, 10) und können zur Verweigerung der Behandlung durch den Patienten führen (11). Ausmaß und Häufigkeit der Schmerzen werden ohne adäquate Schmerzerfassung oft unterschätzt. So vermuteten 59 % der Ärzte und 81 % der pflegerischen Kräfte eine suffiziente Analgesie bei ihren Patienten, von denen tatsächlich 74 % moderate bis starke Schmerzen hatten (8).

3  Schmerztherapie und Outcome Schmerzen haben Einfluss auf die Stressreaktion des kritisch kranken Patienten. Durch chirurgische und nichtchirurgische Gewebeschädigung (Operation, Trauma, Pankreatitis, Myokardinfarkt), durch Blutung, Hypovolämie, Hypothermie, Infektionen, wird eine Stressantwort des Körpers ausgelöst. Es werden komplexe neurale, endokrine, metabolische und immunologische Abläufe initiiert, in deren Folge es zu einem Anstieg von Herzfrequenz und Herzzeitvolumen, Natrium- und Wasserretention, Katabolie und Hyperkoagulabilität kommt. Diese an sich physiologische Reaktion zum Erhalt der Homöostase nach Verletzung beinhaltet insbesondere für den älteren, kardiopulmonal eingeschränkten Patienten Risiken. Folge können kardiopulmonale Ereignisse wie Arrhythmie, Hypertonie, Myokardischämie und Lungenödem sein. Durch unzureichend behandelte Schmerzen können Elemente der Stressreaktion unterstützt oder sogar ausgelöst werden (12, 13). Hierauf basiert die Hypothese, dass eine Reduktion des chirurgischen Stresses durch Analgesie das postoperative Outcome verbessert. Für nichsteroidale Antiphlogistika, COX-2-Inhibitoren und Paracetamol sowie Opioide in jeglicher Art und Anwendung konnte jedoch kein relevanter Einfluß auf die postchirurgische Stress­ reaktion gezeigt werden. Durch eine zentrale neurale Blockade wie die thorakale epidurale Analgesie mit Lokalanästhetika läßt sich jedoch ein profunder hemmender Effekt auf die katabole, endokrine Stressreaktion erreichen (14). Im Vergleich zu einem traditionellen Behandlungskonzept lässt sich durch ein optimiertes, an Verfahrensanweisungen gebundenes Vorgehen mit Schmerzmessung und Do­sis­ anpassung die Analgesiequalität signifikant verbessern (7). Durch ein multimodales Behandlungskonzept mit systemischer Schmerztherapie als wichtigem Bestandteil, kann das Risiko nosokomialer Infektionen (7, 15) reduziert werden. Die Dauer der Beatmung (7, 16, 17) und die Tracheostomierate (17), die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation (17) und im Krankenhaus (16, 17) werden vermindert. In den letzten Jahren wurde zunehmend die Bedeutung des Delirs für das Outcome des Intensivpatienten erkannt. So wurde das Delirmanagement in die S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement“ neu aufgenommen. Intensivpatienten, die ein Delir erleiden, haben ein erhöhtes Risiko 250

auf der Intensivstation (18) und ein um den Faktor 3 erhöhtes Risiko in den folgenden 6 Monaten zu versterben (19). Für Patienten mit Hüftfrakturen konnten starke Schmerzen in Ruhe sowie eine niedrige Opioiddosierung als unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung eines Delirs ermittelt werden (20). Ob ein Kausalzusammenhang zwischen erhöhter Mortalität und Delir besteht ist letztendlich noch nicht geklärt (19). Das durch Sedativa und Analgetika induzierte Koma ist ein bedeutender Risikofaktor für die Entwicklung eines Delirs (18). Durch ein optimiertes Behandlungskonzept, mit Schmerztherapie als integralen Bestandteil wurde in einer aktuellen Untersuchung weniger häufig ein medikamentöses Koma induziert und die Häufigkeit eines subsyndromalen Delirs signifikant gesenkt (21). Ein Risikofaktor für die Chronifizierung akuter neuropathischer Schmerzen ist das Ausmaß des akuten Schmerzes. Als Beispiele hierfür sind chronische neuropathische Schmerzen nach Extremitätenamputation, nach Thorakotomie, Brust- und Hernienoperation zu nennen. Ob diese Beziehung ein Indikator für eine durch Schmerzen induzierte neuro­plastische Veränderungen, ein Mangel an Analgesie oder Zeichen besonderer Disposition ist, blieb bisher ungeklärt. Die Prävention chronischer postoperativer Schmerzen ist auch bei effektiver Schmerztherapie weiterhin ein noch nicht vollständig gelöstes Problem (22). Regionalanalgesieverfahren bieten eine überlegene Schmerztherapiequalität (23). Die postoperative Stressantwort des Organismus, ausgelöst durch unkontrollierte Schmerzen, sollte somit besonders effektiv gemindert werden. Dies gilt insbesondere für die thorakale Periduralanalgesie, mit der zusätzlich noch eine Blockade des sympathischen Nerven­ systems erzielt wird. Experimentelle Daten weisen auf eine Verbesserung der postoperativen Organfunktionen hin. Die myokardiale Sauerstoffbilanz soll durch Steigerung des Sauerstoffangebots und Verminderung des Sauerstoffverbrauchs verbessert werden. Durch die Sympathikusblockade soll auch die postoperative Reflexhemmung der gastrointestinalen Motilität vermindert werden, wodurch der postoperative Ileus nach abdomineller Chirurgie günstig beeinflusst wird (24). Bei beatmeten Patienten mit Peritonitis konnte durch eine Periduralanalgesie mit Bupivacain im Vergleich zu einer systemischen Morphintherapie die gastrointestinale Funktion (Motilität, Durchblutung der Magenschleimhaut) verbessert werden (25). Die Pathophysiologie der respiratorischen Dys­ funktion nach operativen Eingriffen oder Thoraxtrauma beinhaltet eine schmerz- und reflexbedingte Beeinträchtigung der normalen Aktivität der Atemmuskulatur und des Zwerchfells, wodurch Abhusten von Sekret und tiefes Durchatmen erschwert wird. Im Vergleich zu einer systemischen Schmerztherapie mit Opioiden kann durch die thorakale Periduralanalgesie die pulmonale Morbidität günstig beeinflusst werden. Dies zeigt sich in einer Reduktion der postoperativen Häufigkeit von Pneumonien und der Notwendigkeit von Reintubation und verlängerter Beatmung (26, 27). Eine besondere Wirksamkeit der thorakale Periduralanalgesie ist bei Thoraxtrauma und bei thorakalen Eingriffen zu erwarten. In einer retrospektiven Untersuchung auf Grundlage der Nationalen Amerikanischen Traumadatenbank wurde eine Analyse von 64750 Patienten mit Rippenfrakturen in Bezug auf Mortalität und Morbidität durchgeführt. Bei Einsatz der thorakalen Periduralanalgesie wurde die Krankenhausmortalität signifikant vermindert. Der Effekt wurde besonders deutlich bei Patienten mit mehr als 5 frakturierten Rippen. (28). In einer Leitlinie zur Schmerztherapie nach stumpfen Thoraxtrauma wird die thorakale Periduralanalgesie mit höchstem Empfehlungsgrad empfohlen, insbesondere bei Patienten mit 4 oder mehr frakturierten Rippen oder mit einem Alter größer oder gleich 65 Jahren (29). In einer aktuellen Metaanalyse zum Effekt der Periduralanalgesie bei traumatischen Rippenfrakturen im Vergleich zu anderen Schmerztherapieverfahren konnte jedoch keine Verbesserung hinsichtlich Mortalität, Beatmungszeit oder Intensiv- und Krankenhausaufenthaltsdauer festgestellt werden (30). Angesichts der genannten positiven Einflüsse auf die postoperativen Organfunktionen ist eine Verminderung der Mortalität durch die thorakale Periduralanalgesie zu erwarten. Die Evidenz aus Studien ist jedoch nicht ausreichend (oder nur für bestimmte Hochrisiko­ kollektive eingeschränkt ausreichend (28, 31)), um dies verbindlich zu belegen oder auch abzulehnen (32). Dies gilt allerdings für alle postoperativen Schmerztherapietechniken. 251

4 Analgesie-Monitoring Die Reaktion auf Schmerzreize, die Schmerzakzeptanz und der Analgetikabedarf unterliegen einer hohen intra- und interpersonellen Variabilität. Ein patientenorientiertes ­Analgesiekonzept in der Intensivmedizin setzt die Formulierung individueller, patientenspezifischer Behandlungsziele und eine adäquate Erfolgskontrolle sowie einen Analgesieplan zur Anpassung der Therapie voraus (1). Allgemeiner Konsens ist, dass ein Behandlungskonzept, welches sich an den individuellen Bedürfnissen des Patienten ­orientiert und unzureichende Analgesie aber auch Überbehandlung vermeidet, das Behandlungsergebnis günstig beeinflusst. Fehlendes Analgesiemonitoring ist assoziiert mit längerer Auf­ enthalts- und Beatmungsdauer auf der Intensivstation und höherer Mortalität (33). Analgesiemonitoring wurde als ein „key performance indicator“, also einen Indikator für einen intensivmedizinisch bedeutenden Schlüsselprozess erkannt (33). Dementsprechend wurde das Monitoring von Sedierung, Schmerz und Delir als Qualitätsindikator in den Kern­ datensatz Intensivmedizin 2010 der DIVI und DGAI aufgenommen (34). Das Schmerzniveau sollte routinemäßig einmal pro Schicht, mindestens 8-stündlich erfasst und dokumentiert werden. Sinnvoll sind weitere Schmerzmessungen bei neu aufgetretenen und stärker werdenden Schmerzen, nach Analgetikagaben, bei schmerzhaften Interventionen, Belastungen oder Therapieänderungen. Wenn möglich sollte die Eigenbeurteilung durch den Patienten der Fremdbeurteilung durch den Behandler vorgezogen werden, da eine erhebliche Diskrepanz in der Einschätzung der Schmerzintensität besteht. Physiologische Indikatoren für Schmerzen, wie Blutdruckerhöhung, Anstieg der Herzfrequenz, Tachypnoe, Schwitzen oder Agitation müssen beachtet werden, sind aber weder spezifisch noch sensitiv (9). Für die Schmerzmessung stehen mehrere validierte Scoringsysteme zur Verfügung. Die am meisten benutzten und in den deutschen Leitlinien (1, 6) favorisierten Messverfahren sind die Numerische Ratingskala (NRS), Visuelle Analogskala (VAS), und Verbale Ratingskala (VRS) für Erwachsene ohne wesentliche kognitive Einschränkung, die Skala zur Beurteilung von Schmerzen mit Demenz (BESD) bei Erwachsenen mit kognitiven Einschränkungen und die Behavioural Pain Scale (BPS) bei beatmeten Erwachsenen. 4.1  Numerische Ratingskala (NRS), Visuelle Analogskala (VAS), Verbale Ratingskala (VRS) Diese eindimensionalen Verfahren (Abgrenzung zu mehrdimensionalen, detaillierten Schmerzfragebögen) sind geeignete Algesimetrieinstrumente für Jugendliche und Er­­ wachsene ohne wesentliche kognitive Defizite. Numerische Ratingskala (NRS): Bei der 11-stufigen numerischen Ratingskala (NRS) werden der Schmerzintensität Zahlenwerte zwischen den Endpunkten „0 = kein Schmerz“ und „10 = stärkster vorstellbarer Schmerz“ zugeordnet (alternativ 0-20, 0-100) (Abb. 1). Die Angabe des Patienten erfolgt verbal oder durch Anzeigen auf einer vorgelegten Skala. Der Zahlenwert wird dokumentiert. Die Anwendung setzt ein gewisses Maß an Abstraktionsvermögen voraus, was die Eignung für Patienten mit kognitiven Defiziten herabsetzt.

1

2

3

4

kein Schmerz

Abb. 1: Numerische Ratingskala (NRS).

252

5

6

7

8

9

10 stärkster vorstellbarer Schmerz

Visuelle Analogskala (VAS): Die Visuelle Analogskala (VAS) wird häufig in Form eines Schmerzlineals angewandt, wobei der Patient mit Hilfe eines Schiebers auf einer stufenlosen Linie mit den Endpunkten „kein Schmerz“ und „stärkster vorstellbarer Schmerz“ seine Schmerzintensität festlegt (Abb. 2). Der Untersucher liest den zugeordneten Messwert auf der Linealrückseite ab. Die Anwendung der VAS setzt visuellräumliches Vorstellungsvermögen voraus, um die Länge einer Linie in Verbindung mit der Schmerzintensität zu setzen. Die VAS ist für Patienten mit motorischen Defiziten oder Sehschwäche eher ungeeignet.

kein Schmerz

stärkster vorstellbarer Schmerz

Abb. 2: Visuelle Analogskala (VAS).

Verbale Ratingskala (VRS): Bei der ordinalskalierten VRS wird die Schmerzintensität durch Worte beschrieben und in Kategorien eingeteilt. Für die Dokumentation werden den Kategorien Zahlenwerte zugeordnet (Abb. 3). Kategorie Kein Schmerz

0

Leichte Schmerzen

1

Mäßige Schmerzen

2

Starke Schmerzen

3

Sehr starke Schmerzen

4

Stärkste vorstellbare Schmerzen

5

Abb. 3: Beispiel VRS mit 6 Kategorien.

Kombinierte Messskalen: Es stehen auch Kombinationen aus numerischer, visueller und verbaler Ratingskala zur Verfügung. Alle Skalen zeigen eine hohe Übereinstimmung und Validität. Die Fehlerrate bei der Anwendung ist bei der VRS am niedrigsten (1,6 %) und bei der VAS am höchsten (18,3 %). Alte Patienten machen mehr Fehler bei Schmerzmessung mit der VAS (35, 36), wobei die Fehlerquote durch Übung verbessert werden kann. Die NRS ist die Messskala mit der höchsten Akzeptanz (Praktikabilität, Genauigkeit) und würde von den meisten Patienten für zukünftige Messungen auswählt werden (36). Die NRS wird von den deutschen Leitlinien mit den insgesamt besten Ergebnissen bei der Schmerzerfassung bewertet (1, 6). 4.2  Skala zur Beurteilung von Schmerzen mit Demenz (BESD) Die BESD Skala ist die ins Deutsche übertragene Form der „Pain Assessment in Advanced Dementia Scale“ (PAINAID) (37). Erfasst werden fünf mit Schmerzen bei dementen Patienten assoziierte Verhaltensweisen (Atmung, negative Lautäußerungen, Gesichtsausdruck, Körpersprache und Reaktion auf Tröstung). Die Ausprägung jeder dieser Kategorien wird mit einer Skala von 0 bis 2 bewertet. Die Addition der Einzelwerte ergibt einen Summenwert mit der Wertespanne von 0 bis 10, wie bei der NRS (Abb. 4). 253

0

1

2

Atmung (unabhängig von Lautäußerungen)

normal

gelegentlich angestrengt atmen kurze Phasen von Hyperventilation

lautstark angestrengt atmen lange Phasen von Hyperventilation Cheyne-Stoke Atmung

Negative Lautäußerungen

keine

gelegentlich stöhnen oder ächzen sich leise negativ oder missbilligend äußern

wiederholt beunruhigt rufen laut stöhnen oder ächzen weinen

Gesichtsausdruck

lächelnd nichtssagend

traurig ängstlich sorgenvoller Blick

grimassieren

Körpersprache

entspannt

angespannt nervös hin und her gehen nesteln

starr geballte Fäuste angezogene Knie sich entziehen oder wegstoßen schlagen

Trost

trösten nicht notwendig

ablenken oder beruhigen durch Stimme oder Berührung möglich

trösten, ablenken, beruhigen nicht möglich

Score

Summe Abb. 4: Skala zur Beurteilung von Schmerzen mit Demenz (BESD).

Die Schmerztherapie bei kognitiv eingeschränkten Patienten, z.B. bei fortgeschrittener Demenz, stellt eine besondere Herausforderung dar. Schmerzen haben eine hohe Prävalenz in dieser Patientengruppe, werden aber häufig nicht erkannt und therapiert. Soweit möglich sollte eine Selbstbeurteilung durch den Patienten erfolgen. Bei Verlust der verbalen Kommunikationsfähigkeit muss eine Fremdbeurteilung als Ersatz dienen. Erschwert wird die Beurteilung dadurch, dass sich Schmerzen bei dementen Patienten in Verhaltensweisen widerspiegeln, die nicht typischerweise mit Schmerzen assoziiert werden (z.B. Verwirrung, Zurückgezogenheit oder Aggression). So ist es nicht verwunderlich, dass die Schmerzintensität durch Behandler und Angehörige systematisch inkorrekt eingeschätzt wird (38). Für die BESD-Skala konnte gezeigt werden, dass sich nach einer Schmerzmittelgabe die Scoringwerte signifikant verringerten und bei Aussetzen weiterer Gaben erneut anstiegen. Dies wurde als Beweis dafür gewertet, dass tatsächlich Schmerzen beurteilt werden (Konstruktvalidität) (39). Sie ist praktikabel und einfach anzuwenden. Dennoch befindet sich auch die BESD weiterhin im Bereich der Entwicklung und Testung. 4.3  Behavioral Pain Scale (BPS) Die Behavioral Pain Scale (BPS) dient zur Messung der Schmerzintensität bei sedierten und beatmeten Patienten (10). Sie basiert auf der (Fremd)Beurteilung des Gesichtsausdrucks, der Bewegungen der oberen Extremität und der Adaptation an das Beatmungsgerät. Jedes dieser Kriterien wird mit vier Verhaltensweisen beschrieben, die die Schmerzstärke widerspiegeln sollen. Dabei wird mit der ersten Merkmalsausprägung (z.B. Gesichtsausdruck entspannt) die geringste und mit der vierten Merkmalsausprägung (z.B. Gesichtsausdruck grimassieren) die höchste Schmerzintensität assoziiert. Der Punktwert jedes Kriteriums wird einzeln bestimmt und anschließend der Summenwert gebildet mit der Wertespanne von 3 bis 12 (Abb. 5). 254

Item

Beschreibung

Punkte

Gesichtsausdruck

entspannt teilweise angespannt stark angespannt grimassieren

1 2 3 4

Obere Extremität

keine Bewegung teilweise Bewegung anziehen mit Bewegung der Finger ständiges Anziehen

1 2 3 4

Adaptation an das Beatmungsgerät

toleriert Beatmung seltenes Husten kämpfen mit dem Beatmungsgerät kontrollierte Beatmung nicht möglich

1 2 3 4 Summe

Abb. 5: Behavioral Pain Scale (BPS).

Die Zuverlässigkeit und Gültigkeit der BPS wurde in mehreren Untersuchungen bei Pa­tienten mit chirurgischen und internistischen Krankheitsbildern belegt (10, 40, 41). Nach schmerzhaften Maßnahmen (wie endotracheales Absaugen oder Umlagerung des Patienten) werden höhere BPS-Werte als in Ruhe oder nach nichtschmerzhaften Prozeduren gemessen (10). Dieser Unterschied fällt bei tiefer Sedierung jedoch geringer aus, da das Ausmaß der Sedierung und die Höhe des BPS-Wert negativ korreliert sind (40). Anders ausgedrückt, tief sedierte Patienten zeigen ein weniger ausgeprägtes schmerzassoziertes Verhalten, wodurch Veränderungen in den Messwerten auf einen Schmerzreiz geringer ausfallen. Die Übereinstimmung der Messungen zweier unabhängiger Untersucher (Interrater-Reliabilität) ist gut, jedoch besser im unteren Bereich der Skala (geringe Schmerzintensität) als bei höheren BPS-Werten (höhere Schmerzintensität) (41). 4.4  Schmerzintensität und Therapiezielbereiche Für die Definition eines Therapiezielbereiches ist die Festlegung klinisch relevanter Grenzbereiche der Schmerzstärke notwendig. Grundlage hierfür kann das Verhältnis zwischen Beeinträchtigung durch Schmerzen (Aktivität, Schlaf, Stimmung u.a.) und der Schmerzintensität sein. In der S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin“ wurden im Behandlungsalgorithmus zur Therapie der Analgesie als Zielbereich für die NRS/VAS/VRS Werte kleiner oder gleich 4, für die BESD Skala ein Wert kleiner gleich 4, für die BPS Werte kleiner 6 angegeben. In einer Veröffentlichung wurde ein schmerzhaftes Ereignis bei einem BPS-Wert größer 5 vermutet (7). Die Definition der Therapieziele sollte für jede Einrichtung festlegt werden. Bei einem kommunikationsfähigen Patienten muss auch die Akzeptanz des Patienten und der Wunsch nach mehr Schmerzmittel berücksichtigt werden. Die Rationale für den Einsatz von Regionalanalgesieverfahren liegt in dem Verständnis, die günstigen Einflüsse auf die Organfunktionen und die exzellente Analgesiequalität nicht isoliert, sondern als integralen Teil eines multimodalen, postoperativen Behandlungskonzeptes zu betrachten (42). Den Komponenten eines solchen Behandlungskonzeptes, wie beispielsweise frühzeitige enterale Ernährung, Mobilisation oder physiotherapeutische Behandlung, muss die Schmerztherapie angepasst werden. Das übergeordnete Ziel ist es, neben der Reduktion der Schmerzintensität, Behandlungsschritte zur Frührehabilitation zu ermöglichen. Dies darf jedoch nicht durch unerwünschte Wirkungen der Verfahren, wie motorische Blockade oder Übelkeit und Erbrechen behindert werden. Hieraus ergibt sich auch, dass zu einem zielgerichteten Behandlungskonzept das Monitoring von potentiellen Nebenwirkungen gehört. In den Tabellen 2 und 3 werden die Empfehlungen der Leitlinien für das Schmerzmonitoring wiedergegeben. 255

Empfehlung

Empfehlungsgrad

In der Intensivmedizin sollen patientenorientierte Behandlungskonzepte zur Analgesie, Sedierung und Delir mit individueller patientenspezifischer Festlegung von Therapiezielen und einem adäquaten Monitoring der Behandlungseffekte Anwendung finden – sowohl im Bezug auf gewünschte Wirkungen als auch Nebenwirkungen.

GoR: A

Das Behandlungsziel und der aktuelle Grad von Analgesie, Sedierung und Delir sollen mindestens 8-stündlich dokumentiert werden. Dies soll Standard auf allen Intensiv­ stationen sein.

GoR: A

Validierte Scoringsysteme sollen zur Therapiesteuerung und Überwachung der Anal­ gesie, der Sedierung und des Delirs eingesetzt werden.­

GoR: A

Es sollten zusätzlich die Schmerzakzeptanz und das Ausmaß schmerzassoziierter Funktionseinschränkungen erhoben werden.

GoR: A

In Abhängigkeit vom Sedierungsgrad sollen zum Monitoring der individuellen Schmerz­situation zur Verfügung stehen:   bei wachen Patienten: Numerische Ratingskala (NRS), alternativ die Verbale Ratingskala (VRS) oder die Visuelle Analogskala (VAS)  bei beatmeten Patienten: Behavioral Pain Scale (BPS) sowie Beurteilung schmerzassoziierter Kriterien subjektiver Art wie Bewegung und Mimik und physiologische Parameter wie Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz, Tränenfluss und Schweißsekretion, sowie deren Veränderung unter analgetischer Therapie  bei dementen Patienten: BESD (Behandlung von Schmerzen bei Demenz).

GoR: A

Tab. 2: Empfehlungen der S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin“ für das Schmerzmonitoring (1). Empfehlung

Empfehlungsgrad

Die Schmerzintensität beim Erwachsenen soll mit Hilfe einfacher eindimensionaler Schmerzintensitätsskalen regelmäßig erfasst werden.

GoR: A

Die Einschätzung soll durch den Patienten selbst erfolgen.

GoR: A

Grundsätzlich sollten Schmerzen bei allen schmerzverursachenden Prozeduren und schmerztherapeutischen Maßnahmen erfasst werden.

GoR: B

Es sollten zusätzlich die Schmerzakzeptanz und das Ausmaß schmerzassoziierter Funktionseinschränkungen erhoben werden.

GoR: B

Bei stark kognitiv und/oder kommunikativ einschränkten Patienten sollte die Schmerz­ einschätzung auf der Basis nonverbaler Schmerzäußerungen und Beobachtungsskalen erfolgen.

GoR: B

Wichtige therapieassoziierte Nebenwirkungen sollen gemessen und dokumentiert werden. Hierfür sollten klare Interventionsgrenzen mit Handlungsanweisungen festgelegt werden.

GoR: A* GoR: B

Die Ergebnisse der Schmerzmessung und schmerztherapeutische Interventionen sollen zeitnah in der Krankenakte dokumentiert werden.

GoR: A*

Tab. 3: Empfehlungen der S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und postoperativer Schmerzen“ für das Schmerzmonitoring (6).

5 Schmerztherapieverfahren Patienten auf der Intensivstation sollen eine an die individuelle Situation angepasste Schmerztherapie erhalten. Hierfür stehen systemische Analgesieverfahren und Regional­ analgesieverfahren oder auch die Kombination von beidem zur Verfügung. Die Erkenntnisse über physikochemische, pharmakokinetische und pharmakodynamische Eigenschaften, die bei nichtintensivmedizinischen Patienten gewonnen wurden, sind auf Grund von Veränderungen bei Metabolismus und Elimination durch Organinsuffizienzen, Veränderungen des Verteilungsvolumens oder durch Medikamenteninteraktionen nicht problemlos auf den kritisch kranken Patienten übertragbar. Daneben komplizieren andere Faktoren, wie die Schwierigkeit zwischen Nebenwirkungen der Analgetika und anderen 256

medizinischen Problemen zu unterscheiden, Variabilität der Patientenreaktionen, ein­ geschränkte Bioverfügbarkeit und spezifische Risiken in der intensivmedizinischen ­Situation (z.B. bei der Anlage und Durchführung von Regionalanalgesieverfahren bei analgosedierten Patienten) die pharmakologische Schmerztherapie. Der Goldstandard für die Applikation von systemisch wirkenden Analgetika beim Intensivpatienten ist die intravenöse Gabe. Sie sichert einen schnellen und zuverlässigen Wirkungseintritt unabhängig von Resorbtionsstörungen. Die intravenöse Gabe kann kontinuierlich und diskontinuierlich erfolgen, abhängig von der Pharmakokinetik des Analgetikums, der zu erwartenden Behandlungsdauer sowie dem zeitlichen Verlauf und der Intensität der Schmerzen. Die Aufnahme von Analgetika nach enteraler Zufuhr ist bei Intensivpatienten mit veränderter gastrointestinaler Funktion (z.B. postoperativ nach abdominalchirurgischem Eingriff) unregelmäßig und unvorhersehbar. Bei Normalisierung können Analgetika über Ernährungssonden verabreicht werden. Hierfür können manche Medikamente zerkleinert werden oder stehen in flüssiger Form zur Verfügung. Nicht alle Darreichungen sind hierfür geeignet, so sollten retardierte Formen nicht zerkleinert werden (43). Andere Applikationsformen (rektal, subkutan, transdermal) sind weniger geeignet für den kritisch kranken Intensivpatienten, da bei diesen die Aufnahme und Bioverfügbarkeit variabel und nicht vorhersehbar ist. Die intramuskuläre Gabe gilt als obsolet. Empfehlung

Empfehlungsgrad

Patienten auf Intensivstationen sollen eine an die individuelle Situation angepasste Schmerztherapie erhalten.

GoR: A

Zur Durchführung einer kürzer dauernden Analgesie ≤ 72 Stunden kann die Bolusapplikation von Piritramid und/oder die kontinuierliche Applikation von gut steuerbaren Opioiden wie z.B. Remifentanil, Sufentanil durchgeführt werden.

GoR: 0

Zur Durchführung einer länger dauernden Analgesie (>72 Stunden) im intensivmedizinischen Bereich kann eine Opioidtherapie geeignet sein.

GoR: 0

Bei kritisch kranken, > 72 Stunden therapiebedürftigen Patienten kann Sufentanil oder Fentanyl eingesetzt werden.

GoR: 0

Wenn es der Zustand der Patienten ermöglicht (z.B. bei RASS 0/-1 oder im Rahmen des Weaningprozesses), kann auf eine patienten-kontrollierte Bedarfsmedikation umgestellt werden.

GoR: 0

In Abhängigkeit von der Schmerzsituation und den potentiellen Nebenwirkungen der Medikamente können alternativ oder adjuvant Nicht-Opioid-Analgetika sowie Clonidin oder Ketamin eingesetzt werden.

GoR: 0

Die Möglichkeit einer Kombination mit regionalen Analgesieverfahren (insbesondere der epiduralen Analgesie) sollte in das therapeutische Konzept miteinbezogen werden. Die Anlage von regionalen Kathetern und der Beginn der Therapie sollten möglichst präoperativ erfolgen.

GoR: B

Potenziell schmerzende Wundversorgungen sollen nur mit ausreichender analgetischer Abschirmung durchgeführt werden (Lokalanästhesie, Regionalanästhesie, Analgosedierung oder Narkose).

GoR: A

Bei wachen, kooperativen Patienten sollte die patientenkontrollierte Analgesie (PCA) bevorzugt gegenüber konventioneller bedarfsweise applizierter Schmerztherapie eingesetzt werden, da dadurch eine bessere Schmerzkontrolle und Patientenzufriedenheit erzielt wird.

GoR: B

Tab. 4: Empfehlungen der S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin“ für die analgetische Therapie (1)

Vor dem Beginn einer sedierenden Therapie sollte die Analgesie sichergestellt sein. Bei der Schmerztherapie von kurzzeitig intensivüberwachungspflichtigen Patienten nach operativen Eingriffen kann die Therapie den Empfehlungen der S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und postoperativer Schmerzen“ folgen. Opioide sind meist Hauptbestandteil der Schmerztherapie bei stärkeren Schmerzen. Nichtopioid-Analgetika, adju257

vante Medikamente oder Regionalanalgesieverfahren können in nahezu jeder Phase der Behandlung, unter Berücksichtigung der Kontraindikationen, eingesetzt werden (Tab. 4). Therapeutische, diagnostische und pflegerische Maßnahmen sind häufig mit Schmerzen verbunden und bedürfen einer ausreichenden analgetischen Abschirmung und ggf. auch einer postinterventionellen Anpassung der Dauertherapie. Der kommunikationsfähige Patient sollte immer über die anstehende Maßnahme und die damit verbundenen Schmerzen informiert werden. 5.1  Systemische Schmerztherapie Opioide sind für die Therapie starker Schmerzen in der Intensivmedizin häufig un­ verzichtbar. Überwiegend werden starkwirksame, agonistische Opioide eingesetzt. Agonisten-Antagonisten wie Buprenorphin sind wegen des Ceilingeffektes, bei dem es trotz Dosissteigerung nicht mehr zur Intensivierung der Analgesie kommt, weniger geeignet. Die rationale Auswahl eines speziellen Opioids kann auf Grundlage von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik einer Substanz erfolgen. Bei der Anwendung in der Intensivmedizin werden die Opioide häufig kontinuierlich als Dauerinfusion verabreicht. Für den Kliniker ist die Steuerbarkeit dieser Therapie von besonderem Interesse. Um­ die Erholungszeiten von der Medikamentenwirkung zu vergleichen kann das Konzept der „kontextsensitiven Halbwertszeit“, hilfreich sein. Diese ist definiert als die Zeit, die benötigt wird damit im zentralen Kompartiment die Konzentration eines Medikamentes, nach Beendigung der Zufuhr, um die Hälfte abfällt (44). Die kontextsensitive Halbwertszeit wird durch Computersimulation eines pharmakokinetischen Mehrkompartimentenmodells ermittelt und graphisch dargestellt (Abb. 6). Für die klinische Anwendung wird postuliert, dass die kontextsensitive Halbwertszeit den Zusammenhang zwischen Infu­ sionsdauer (Kontext) und Abfallgeschwindigkeit der Plasmakonzentration beschreibt.

Abb. 6: Kontextsensitive Halbwertszeit modifiziert nach (44, 45).

Hieraus ergibt sich, dass Remifentanil aufgrund der kurzen kontextsensitiven Halbwertszeit von ca. 3,5 Minuten, die auch nach mehrstündiger Infusionsdauer stabil bleibt, exzellent steuerbar ist. Im Gegensatz hierzu kumuliert das Fentanyl und eignet sich daher deutlich weniger für eine flexible Anpassung an das individuelle Analgesieniveau. Ein anderer wichtiger Gesichtspunkt bei der Auswahl eines Opioids kann das Vorliegen von Organinsuffizienzen sein. Das Hauptmetabolisierungsorgan der meisten Opioide ist 258

die Leber. Hier erfolgt eine Biotransformation, bei der die aktiven, fettlöslichen Medikamente in meist inaktive und wasserlösliche Substanzen umgewandelt werden, deren Ausscheidung dann über Niere und Galle erfolgt. Bei Leberfunktionsbeeinträchtigung kommt es durch Verringerung von Enzymaktivität und Enzymgehalt, intra- und extrahepatische Shuntverbindungen und vermindertem hepatischen Blutfluß zur Veränderung der Pharmakokinetik. Fentanyl und Sufentanil haben eine hohe, Morphin eine mittelhohe hepatische Extraktionsrate, wodurch auch bei niedriger Enzymaktivität noch genügend Substanz abgebaut wird und die Metabolisierung vorrangig von der Leberdurchblutung abhängt. Der Abbau von Alfentanil wird hingegen bei niedriger Extraktionsrate wesentlich durch die Kapazität des Enzymssystems und das Ausmaß der Proteinbindung bestimmt. Die Opioidwirkung ist bei Leberinsuffizienz mit einer hohen Variabilität verbunden. Die Ausscheidung über die Niere erfolgt nach Metabolisierung in der Leber. Die Metaboliten sind meist inaktiv mit Ausnahme der Morphinabbauprodukte. Bei Fentanyl wird bei reduziertem hepatischen Blutfluss und verminderter hepatozellulärer Funktion sowie bei Niereninsuffizienz eine Dosisanpassung bei kontinuierlicher Gabe empfohlen. Bei Sufentanil kann bei erniedrigtem Albumin oder Alkalose die Elimination verlängert sein. Die Pharmakokinetik zeigt bei Niereninsuffizienz eine hohe Variabilität, eine Dosisreduktion ist jedoch nicht erforderlich. Bei Alfentanil ist bei Leberinsuffizienz mit einer erheblichen Wirkungsverlängerung zu rechnen, eine Anpassung der Dosis bei Niereninsuffizienz ist meist nicht erforderlich. Remifentanil nimmt durch seine schnelle extrahepatische Hydrolysierung mittels unspezifischer Blut- und Gewebsesterasen zu weitgehend inaktiven Metaboliten eine Sonderstellung ein. Eine Dosisanpassung ist bei Leber- und Niereninsuffizienz nicht erforderlich. Die hepatische Metabolisierung von Morphin kann bei Leberfunktionsstörung signifikant beeinträchtigt sein. Beim Abbau entstehen zwei aktive Hauptmetaboliten, die bei Niereninsuffizienz akkumulieren können. Piritramid wird hauptsächlich in der Leber metabolisiert. Eine Leberfunktionsstörung kann eine verminderte Clearance der Substanz zur Folge haben. Bei Nierenin­ suffizienz besteht keine Einschränkung. Aus dem Genannten wurden die in Tab. 5 dargestellten Empfehlungen für die Wahl des Opioids bei Leber und Niereninsuffizienz abgeleitet (46). Substanz

Leberinsuffizienz

Niereninsuffizienz

Fentanyl

günstig

günstig (Bolusgabe) ungünstig (kontinuierlich)

Sufentanil

günstig

günstig

Alfentanil

ungünstig

günstig

Remifentanil

günstig

günstig

Morphin

ungünstig

ungünstig

Piritramid

ungünstig

günstig

Tab. 5: Empfehlungen für die Wahl des Opioids bei Leber- und Niereninsuffizienz (46).

Die S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin“ empfiehlt für eine kurzfristige Schmerztherapie kleiner oder gleich 72 Stunden den Einsatz von Piritramid oder die kontinuierliche Gabe gut steuerbarer Opioide, wie Sufentanil oder Remifentanil. Die Behandlung mit Piritramid erfolgt diskontinuierlich. Für die längerfristige Analgesie größer 72 Stunden, z.B. bei Schädelhirntrauma oder schwerer Sepsis, werden Sufentanil oder Fentanyl empfohlen. Für das Weaning nach längerer Be­atmungsphase kann erneut der Wechsel auf Sufentanil oder Remifentanil erfolgen. Die Substanzen unterscheiden sich in äquipotenter Dosierung nicht in ihrer analgetischen Wirkung. 259

Sufentanil ist das am häufigsten auf deutschen Intensivstationen verabreichte Opioid (3). Es besitzt die höchste analgetische Potenz aller Opioide (relative Wirkstärke im Vergleich mit Morphin 1 zu 500-1000). Die Substanz bindet mit hoher Affinität an den μ1-Rezeptor, wodurch die starke analgetische Wirkung erzeugt wird, und mit geringerer Affinität an μ2- und δ-Rezeptoren, welches die im Vergleich zu anderen Opioiden geringere Atem­ depression erklärt. Sufentanil besitzt zudem stärker sedierende Eigenschaften und kann als alleiniges Medikament oder als Teil eines Stufenkonzeptes, in Kombination mit Midazolam und/oder Clonidin, in allen Phasen der Behandlung zur Sedoanalgesie eingesetzt werden. Initial kann mit einer Dosierung von 1 μg·kg-1·h-1 begonnen werden. Auch eine Titration der Anlagesie mit Bolusgaben ist möglich, jedoch unter dem erhöhten Risiko einer Apnoe. Unter kontrollierten Beatmungsbedingungen werden Dosierungen von 0,6-1,5 μg·kg-1·h-1 (Median) benötigt. Mit Sufentanil ist das Weaning vom Respirator in einer Dosierung von 0,4-0,9 μg·kg-1·h-1 (Median) ohne klinisch relevante Atemdepression sicher möglich. Voraussetzung hierfür ist ein adäquates Monitoring der Sedierungs­ tiefe und der Atemfunktion. Die notwendige Dosis unterliegt in allen Phasen der Behandlung einer hohen Variabilität (47, 48). Bei kritisch kranken Patienten hat Sufentanil eine erhöhtes Verteilungsvolumen und eine verlängerte Eliminationshalbwertszeit, dennoch kann auch nach längerer kontinuierlicher Zufuhr mit einem zügigen Wirkungsverlust aufgrund der geringen kontextsensitiven Halbwertszeit gerechnet werden (49). Fentanyl ist das zweithäufigste in Deutschland in der Intensivmedizin parenteral verabreichte Opiod. Es besitzt eine große Affinität zum μ-Rezeptor und somit eine hohe analgetische Potenz (relative Wirkstärke im Vergleich mit Morphin 1 zu 100). Die Substanz zeigt nach Bolusgabe einen schnellen Wirkungseintritt und Wirkungsverlust. Die atem­ depressive Wirkung ist stärker ausgeprägt als bei Sufentanil. Anders als Sufentanil kumuliert die Substanz bei kontinuierlicher Zufuhr und hat nach kurzer Zeit eine deutliche längere kontextsensitive Halbwertszeit als Remifentanil, Alfentanil oder Sufentanil und eignet sich somit eher für die längerfristige Analgesie. Der Dosierungsbereich liegt meist im Bereich von 0,7-10 μg·kg-1·h-1 (2). Wie bei Sufentanil wird die Dosis nur durch Nebenwirkungen limitiert. Alfentanil wird in Deutschland nur selten auf der Intensivstation angewendet (50). In Großbritannien wird die Substanz in der Intensivmedizin jedoch häufiger verwendet als Fentanyl (51). Alfentanil ist ein kurzwirksames Opioid und wirksam zur Augmentierung der Analgesie bei schmerzhaften Maßnahmen im Rahmen der intensivmedizinischen Behandlung (52). Beim Intensivpatienten ist das Verteilungsvolumen erhöht und die Eliminationshalbwertszeit verlängert (53). Remifentanil ist ein hochpotenter μ-Rezeptoragonist (mit einer relativen Wirkstärke im Vergleich mit Morphin von 1 zu 100). Im Gegensatz zu den anderen Opioiden wird Remifentanil durch unspezifische Esterasen unabhängig von der Leberfunktion vollständig zu einem nahezu inaktiven Abbauprodukt (Remifentanilsäure) abgebaut. Bei Nierenin­ suffizienz kann Remifentanilsäure akkumulieren, ohne jedoch auch nach längerer Infu­ sionsdauer einen klinisch relevanten Effekt zu erzeugen (54). Eine Dosisanpassung ist sowohl bei Nieren- als auch bei Leberinsuffizienz nicht erforderlich. Remifentanil hat eine terminale Halbwertszeit von 10 bis 20 Minuten und eine kontextsensitive Halbwertszeit von 3 bis 4 Minuten unabhängig von der Infusionsdauer. Diese herausragende pharmakokinetische Eigenschaft von Remifentanil birgt aber auch das Risiko von akuten Schmerzen oder Entzugssymptomen mit sympathoadrenerger Reaktion bei absichtlicher oder unabsichtlicher Beendigung der Zufuhr. Daher sollte bei Beendigung der Therapie überlappend ein längerwirksames Opioid (z.B. Piritramid 7,5-15 mg) verabreicht wer­den. Der Spritzenwechsel bei kontinuierlicher Zufuhr sollte unverzüglich erfolgen, ähnlich wie der Wechsel bei Katecholamingabe. Die empfohlene Startdosis liegt bei 0,10,15 μg·kg-1·min-1. Der analgetische Effekt kann mit einer stufenweisen Dosissteigerung 260

in Schritten von 0,025 μg·kg-1·min-1 erfolgen. Bei einer notwendigen Dosis von 0,2 μg·kg-1·min-1 sollte zusätzlich ein Sedativum verabreicht werden (55). Durch eine Sedoanalgesie mit Remifentanil/Propofol läßt sich im Vergleich zu Midazolam/Fentanyl eine signifikant kürzere Weaningzeit und Verweildauer auf der Intensivstation nach kardiochirurgischen Eingriffen (56) und eine signifikant schnellere neurologische Beurteilbarkeit bei beatmeten Patienten mit akuter, schwerer neurochirurgischer oder neurologischer Hirnschädigung erreichen (57). Der Vergleich einer analgesiebasierten Therapie von Remifentanil/Midazolam gegenüber Morphin/Midazolam bei kurzeitbeatmeten, postoperativen Patienten, zeigte für die Kombination Remifentanil/Midazolam eine bessere Steuerbarkeit hinsichtlich Erreichen des Sedierungsziels, eine Verkürzung der Zeit bis zur Extubation und einen geringeren Midazolambedarf (58). Bei der Bewertung dieser Ergebnisse muss in Betracht gezogen werden, dass nicht eindeutig zu trennen ist, ob der positive Effekt ausschließlich auf die pharmakokinetischen Vorteile von Remifentanil beruht oder auch durch die unterschiedliche Pharmakokinetik (59) und Dosierung der zusätzlich verabreichten Sedativa beeinflusst wird. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Remifentanil wurde in kontrollierten klinischen Prüfungen über eine Dauer von bis zu drei Tagen nachgewiesen. Daher wird die Anwendung über eine Dauer von länger als drei Tagen nicht empfohlen. Die obere empfohlene Dosisgrenze beträgt 0,74 μg·kg-1·min-1. Ein in den letzten Jahren zunehmend beachteter und durchaus kontrovers diskutierter Aspekt der Schmerztherapie mit Opioiden ist die sogenannte opioidinduzierte Hyperalgesie (definiert als Sensitivierung nozizeptiver Signaltransduktionswege durch Opioide). Sie resultiert in einer Abnahme der Schmerzschwelle für schmerzhafte Stimuli und zeigt sich klinisch durch einen höheren Analgetikabedarf und eine gesteigerte Schmerzempfindlichkeit. Verschiedene pathophysiologische Mechanismen dienen zur Erklärung. Eine opioidinduzierte Hyperalgesie kann beim Opioidentzug ausgelöst werden. Opioide erzeugen nach Bindung an die Opioidrezeptoren auf zellulär-molekularer Ebene eine analgetische Wirkung, aktivieren aber auch pronozizeptive Hochregulationsmechanismen, die bei Entzug des Opioids zu Sensitivierung des schmerzleitenden Systems mit Hyperalgesie und Allodynie führen können. Weiterhin wurde für das Morphinabbauprodukt Morphin3-Glukuronid, bei hochdosierter Gabe von Morphin, eine neuroexitatorische Wirkung mit Hyperalgesie, Allodynie und Myoklonus beschrieben. Als weitere Auslöser werden ­Opioidtoleranzentwicklung und eine genetische Disposition genannt. Bei gesunden Probanden konnte nach kurzzeitiger Infusion von Remifentanil ein gesteigertes subjektives Schmerzempfinden und eine Hyperalgesie auf mechanische Reize gezeigt werden. Unter klinischen Bedingungen konnte die Relevanz der opioidinduzierte Hyperalgesie jedoch weder für Remifentanil noch für andere Opioide zweifelsfrei bestätigt oder widerlegt werden (60). Pirtramid ist ein μ-Rezeptoragonist (mit einer relativen Wirkstärke im Vergleich mit Morphin von 1 zu 0,7-1). Es ist das am häufigsten für die intermittierende Gabe verabreichte Opioid auf deutschen Intensivstationen (3). Eine Überlegenheit des Piritramid gegenüber Morphin ist, außer bei Niereninsuffizienz, letztendlich nicht belegt. Bei dem Vergleich von Piritramid und Morphin für die i.v.-PCA nach chirurgischen Eingriffen zeigte sich hinsichtlich Übelkeit, Erbrechen und Pruritus kein Unterschied zwischen den Substanzen (61). Bei der kontinuierlichen Anwendung bei Intensivpatienten zeigt sich, im Vergleich zur intermittierenden Bolusgabe, ein vergrößertes Verteilungsvolumen und eine verlängerte Eliminationshalbwertszeit. Die kontextsensitive Halbwertszeit liegt im Bereich von Fentanyl (62). Piritramid wird häufig zur patientenkontrollierten i.v. Analgesie (i.v.-PCA) eingesetzt. Für die i.v.-PCA konnte im Vergleich zu konventionellen Behandlungsregimen mit Opioiden im postoperativen Bereich eine bessere Analgesie­ qualität, ein höherer Opioidverbrauch und eine höhere Patientenzufriedenheit gezeigt werden (63, 64). 261

In der postoperativen Schmerztherapie haben die sogenannten „Nicht-Opioidanalgetika“ einen festen Stellenwert. Die Nicht-Opioidanalgetika werden nach ihrem pKa-Wert in die sauren antipyretischen Analgetika (wie Acetylsalicylsäure ASS), nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID wie Ibuprofen oder Diclofenac) und die nichtsauren antipyretischen Analgetika (wie Metamizol, Paracetamol, COX-2-Inhibitoren) eingeteilt. Die analgetische Wirkung aber auch viele Nebenwirkungen der Nicht-Opioidanalgetika werden durch die Hemmung der Cyclooxygenase-Isoenzyme (COX-1 und COX-2) ausgelöst. Arachnoidonsäure wird unter Einwirkung der Cyclooxygenase in Prostaglandine gespalten. Die Prostaglandine tragen sowohl im Gewebe als auch auf spinaler und supraspinaler Ebene wesentlich zur Entstehung von Schmerzen bei. Der Schmerz ist ausschließlich COX-2 vermittelt. Die COX-2 Bereitstellung wird unter Entzündungsbedingungen gesteigert. NSAID führen zu einer unselektiven Blockade von COX-1 und COX-2 vermutlich im Gewebe und auf spinaler Ebene. COX-2-Inhibitoren wirken selektiv im Gewebe und auf spinaler Ebene. Paracetamol hemmt die Prostaglandinsynthese im Wesentlichen im Zentralnervensystem, darüber hinaus wird die Stimulation hemmender Bahnen angenommen. Die Substanz wirkt wie Metamizol gut antipyretisch. Die Metamizolwirkung wird vermutlich durch die Hemmung spinaler COX-2 und darüber hinaus über die Aktivierung schmerzhemmender Areale im Gehirn vermittelt. Metamizol hat zudem eine gute spasmolytische Wirkung. Die Nicht-Opidanalgetika haben einen Ceilingeffekt. Auch die Nebenwirkungen sind teilweise dosisabhängig, daher werden Höchstdosierungen empfohlen. Besonders beachtet werden muss die geringe therapeutische Breite von Paracetamol hinsichtlich seiner hepatotoxischen Wirkung. Paracetamol wird in der Leber durch Glutathion inaktiviert. Sind die Glutathionvorräte erschöpft (Dosis > 140mg/kg KG) wird stattdessen ein Metabolit produziert, der direkt hepatotoxisch wirkt und zu akutem Leberversagen führen kann. Bei chronischer Lebererkrankung liegt die toxische Dosis niedriger (65). COX-1 und COX-2 kommen in den Organen in unterschiedlichem Ausmaß vor. In der Lunge wird sowohl COX-1 als COX-2 exprimiert. Die Prostaglandine supprimieren in der Lunge die Bildung von Leukotrienen. Hemmung der Cyclooxygenase durch ASS, NSAID, Metamizol aber auch COX-2-Inhibitoren kann bei disponierten Patienten zu Asthmaanfällen führen (sogenanntes „aspirininduziertes Asthma“). Prostaglandine werden im Magen-Darmtrakt ausschließlich durch COX-1 bereitgestellt. Prostaglandine sind von entscheidender Bedeutung für die Schleimhautdurchblutung, Mukusproduktion und Hemmung der Magensäuresekretion. Insbesondere die NSAID aber auch Metamizol können auch kurzzeitiger Anwendung von ein bis zwei Wochen bei gesunden Probanden zur Entstehung von Ulcerationen führen. Für die Entwicklung von Ulkuskomplikationen sind meist längere Behandlungszeiten notwendig. Beim kritisch kranken Patienten sollte diesbezüglich besonders auf die NSAID verzichtet werden. In der Niere wird sowohl COX-1 als COX-2 exprimiert. Prostaglandine tragen zur Natriumrückresorbtion, Kaliumsekre­tion und Aufrechthaltung der Nierenperfusion bei. Die Gabe von NSAID und COX-2-Inhibitoren führen bei Nierengesunden nicht zu einer relevanten Abnahme der Kreatininclearance, dennoch ist die Gabe mit einer erhöhten Inzidenz von akutem Nierenversagen verbunden. Bei intensivmedizinischen Risikopatienten mit großen Volumenverschiebungen oder Organversagen sind NSAID und COX-2-Inhibitoren nicht indiziert. Auch bezüglich des Herzkreislaufsystems und der Hämostase sind beim Einsatz der Nicht-Opioidanalgetika Besonderheiten zu beachten. Thrombozyten enthalten ausschließlich COX-1 und vermitteln die Produktion von Thromboxan aus Prostaglandinen. Thromboxan fördert die Thrombozytenaggregation und wirkt vasokonstriktorisch. Im Gefäß­ endothel hingegen findet sich COX-2, welches aus Prostaglandinen Prostazyclin bildet. Prostazyclin hemmt die Thrombozytenaggregation und wirkt vasodilatatorisch. Die COX-2-Inhibitoren dürfen bei nachgewiesener koronarvaskulärer oder zerebrovaskulärer Erkrankung nicht eingesetzt werden. ASS führt zu einer irreversiblen Hemmung der COX-1 in den Thrombozyten. Die Thrombozytenaggregationshemmung durch NSAID ist nur mäßig, die von Paracetamol und Metamizol gering. COX-2-Inhibitoren hemmen 262

die Thrombozytenaggregation nicht. ASS und NSAID sollten bei Operationen mit hohem Blutungsrisiko oder potentiell schweren Folgen einer Blutung nicht verabreicht werden. Für Metamizol sind nach schneller intravenöser Verabreichung Blutdruckabfälle bis zum Schock beschrieben worden. Abzugrenzen hiervon sind allergische Reaktionen auf Metamizol. Eine schwerwiegende, aber im deutschsprachigen Raum seltene immunologische Komplikation von Metamizol ist die Agranulozytose (65). Die Rationale für den Einsatz einer Kombinationstherapie aus Opioiden und NichtOpioidanalgetika liegt in der Verbesserung der Analgesie und der Einsparung von ­Opioiden durch einen additiven oder darüber hinausgehenden synergistischen analgetischen Effekt beider Substanzgruppen. Von diesem sogenannten „Opioidsparenden Effekt“ wird auch eine Reduktion der opioidassoziierten Nebenwirkungen erwartet. In der postoperativen Schmerztherapie bei großen operativen Eingriffen konnte eine Senkung des Opioidverbrauchs um 15-55 % gezeigt werden, durch NSAID wird das Risiko von Übelkeit und Erbrechen sowie Vigilanzminderung signifikant gesenkt und die Analgesiequa­ lität verbessert (66). Die zu erwartende Reduktion der Nebenwirkungen und die Verbesserung der Analgesiequalität sind klinisch eher als gering bis moderat zu bewerten (67). Auch sind die Substanzen in der Intensivmedizin nur wenig untersucht. Ob ein möglicher opioidsparender Effekt beim Intensivpatienten zur Verkürzung der Beatmungsdauer oder Verminderung des postoperativen Ileus führt ist nicht belegt (68). In Anbetracht der potentiell schwerwiegenden Nebenwirkungen, insbesondere der NSAID und COX-2-Inhibitoren, sollten daher die Indikation, unter Beachtung des individuellen Risikoprofils, streng gestellt werden. Häufig bei der Schmerztherapie in der Intensivmedizin eingesetzte Adjuvantien sind Clonidin und Ketamin. Der α2-Agonist Clonidin wird häufig und in nahezu jeder Phase der perioperativen und intensivmedizinischen Behandlung „off label“ eingesetzt. Dabei werden die sympathikolytischen, anxiolytischen, sedierenden, opioid- und anästhetikasparenden Eigenschaften genutzt. Durch Dämpfung der perioperativen Stressantwort kann bei Patienten mit kardialer Vorerkrankung oder erhöhtem Risiko einer Koronarischämie die Häufigkeit von kardialen Komplikationen reduziert werden. Das Imidazolinderivat Clonidin wirkt ganz überwiegend an α2-Adrenorezeptoren und hat eine geringere Affi­ nität zu α1-Adrenorezeptoren und Imidazolinrezeptoren. α2-Adrenorezeptoren sind G-Protein gekoppelte Rezeptoren die intrazelluläre „second messenger“ modulieren und die Aktivität von Ionenkanälen beeinflussen können. Nach der Aktivierung bindet der α2-Adrenorezeptor an die α-Untereinheit des G-Protein wodurch cAMP vermindert wird. G-Protein vermittelt wird ein Mechanismus ausgelöst, dessen Effekt sich nach Art des α2-Adrenorezeptors unterscheidet. α2-Adrenorezeptoren finden sich prä-, post- und extrasynaptisch. Es werden drei Subtypen von α2-Adrenorezeptoren unterschieden (Tab. 6). Rezeptor

Verteilung

Effekt

α2-a

Gehirn: Locus coeruleus Rückenmark: Nucleus inter-mediolateralis und Substantia gelatinosa

Analgesie, Sedierung, Sympathikolyse

α2-b

Glatte Muskulatur

Kurzzeitiger Blutdruckanstieg

α2-c

Nucleus Striatum und Hippocampus

Anxiolyse und Reduktion der Stressantwort.

Tab. 6: α2-Adrenorezeptoren-Subtypen, Hauptlokalisation und Effekt modifiziert nach (69).

Die Mechanismen, die den analgetischen Effekt von Clonidin auslösen sind noch nicht vollständig bekannt. Die analgetische Wirkung von Clonidin wird über den α2-aAdrenorezeptor im Locus coeruleus und im Rückenmark vermittelt. Stimulation des 263

Locus coeruleus führt zur Aktivierung absteigender, medullospinaler, adrenerger, anti­ nozizeptiver Bahnen. In der Substantia gelatinosa des Rückenmarkhinterhorns werden nach Stimulation von α2-a-Adrenorezeptoren die Signalübertragung von Aδ- und C-Fasern gehemmt. Daneben werden noch weitere Mechanismen diskutiert, wie Hemmung der Freisetzung von Substanz P, Freisetzung von Acetylcholin im Hinterhorn des Rückenmarks und Aktivierung des serotinergen Systems (69). Durch eine perioperative intravenöse Gabe von Clonidin kann dosisabhängig der postoperative Morphinbedarf gesenkt werden. Als optimale Dosierung wurde eine intraoperative Bolusgabe von 3 μg·kg-1 gefolgt von einer kontinuierlichen Infusion mit 0,3 μg·kg-1·h-1 vorgeschlagen (70). Der Einfluss auf das Herzkreislaufsystem ist die führende dosislimitierende Nebenwirkung von Clonidin. Arterielle Hypotonie wird durch α2-a Adrenorezeptor vermittelte Sympathikolyse ausgelöst. Bradykardie tritt als Folge einer Steigerung des Vagotonus und der Sympathikolyse auf. Der atemdepressive Effekt von Clonidin ist nur gering ausgeprägt. Ketamin ist ein Phenzyklinderivat und hat eine analgetische Wirkung durch Bindung an den N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor (NMDA-Rezeptor) und Opioidrezeptoren. Welcher der Opioidrezeptoren die analgetische Wirkung vermittelt, wird kontrovers diskutiert. Vermutlich ist die Bindung an den κ-Rezeptor wesentlich für die über Opioidrezeptoren vermittelte Analgesie (71). Durch Ketamin kann dosisabhängig eine sogenannte „dis­ soziative Anästhesie“ erzeugt werden. Damit wird ein Zustand beschrieben, bei dem der Patient wie entkoppelt von seiner Umwelt wirkt. Neben dieser Hauptwirkung besitzt Ketamin auch psychomimetische Nebenwirkungen, wie Halluzinationen, Albträume oder Dysphorie. Eine weitere besondere Eigenschaft von Ketamin ist dessen sympathomimetische Potenz. Als Monoanästhetikum zur Narkoseeinleitung löst die Substanz eine sympathoadrenerge Reaktion mit Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz aus. Die sympathomimetische Eigenschaft und eine zusätzliche bronchodilatatorische Wirkkomponente machen Ketamin zu einer geeigneten Substanz bei der Narkoseeinleitung von Patienten im Schock oder bei Status asthmaticus. Der Anstieg von Herzfrequenz und Blutdruck mit konsekutiver Zunahme des myokardialen Sauerstoffverbrauchs schränken jedoch auch die Anwendbarkeit bei kardial vorerkrankten Patienten ein. Ketamin ist ein Razemat mit den beiden optischen Enantiomeren S-(+)- bzw. R-(−)-Ketamin. S-(+)- Ketamin besitzt eine etwa doppelt so hohe analgetische und anästhetische Potenz wie das Razemat. Ketamin wirkt auch im subanästhetischen Dosierungsbereich stark analgetisch. Hierdurch lässt sich bei der postoperativen Schmerztherapie eine opioidsparende Wirkung erzielen (72, 73). Ob auch opioidassoziierte Nebenwirkungen reduziert werden, wird kontrovers diskutiert (72-74). Auch speziell für den intensivmedizinischen Bereich wurde nach großen abdominalchirurgischen und kardiochirurgischen Eingriffen der opioidsparende Effekt der niedrigdosierten Ketamingabe nachgewiesen (75, 76). 5.2  Regionale Analgesieverfahren Aus den unter 3. genannten Vorzügen einer Schmerztherapie mit Regionalanalgesieverfahren gegenüber einer systemischen Schmerztherapie mit Opioiden ergeben sich eine Vielzahl von Indikationen im intensivmedizinischen Bereich. Durch die gute Analgesie, auch bei Belastungssituationen ohne zentralnervöse Nebenwirkungen, werden Maßnahmen wie Umlagerung, Mobilisierung oder Atemtherapie unterstützt. Durch kontinuier­ liche Verfahren werden auch wiederholte lokal begrenzte schmerzhafte Prozeduren wie Verbandwechsel oder Wundrevisionen ermöglicht. Durch Einsparung von Opioiden oder Sedativa werden Nebenwirkungen der systemischen Therapie reduziert. Die Rationale für den Einsatz von Regionalanalgesieverfahren liegt in dem Verständnis, die günstigen Einflüsse auf die Organfunktionen und die exzellente Analgesiequalität nicht isoliert sondern als integralen Teil eines multimodalen, postoperativen Behandlungskonzeptes zu betrachten (42). Den Komponenten eines solchen Behandlungskonzeptes, wie beispielsweise frühzeitige enterale Ernährung, Mobilisation oder physiotherapeutische Behandlung, muss die Schmerztherapie angepasst werden. Das übergeordnete Ziel ist nicht die Reduk264

tion der Schmerzintensität an sich, sondern dass Ermöglichen der oben genannten Behandlungsschritte, deren Erreichen nicht durch unerwünschte Wirkungen der Verfahren, wie motorische Blockade oder Übelkeit und Erbrechen, behindert werden darf. Bei der Mehrzahl der Patienten mit kontinuierlich durchgeführten perioperativen Regionalanalgesieverfahren für größere operative Eingriffe wird der Katheter im Rahmen der Narkoseeinleitung angelegt. Die intensivmedizinische Weiterbehandlung und Fortführung der Regionalanalgesie erfolgt geplant kurzzeitig auf der Intensivstation. Eine besondere Situation liegt bei Anlage oder Fortführung der Regionalanalgesieverfahren bei kritisch kranken Patienten mit manifesten oder zu erwartenden Organdysfunktionen, Sepsis, Beatmung und Vigilanzminderung durch Analgosedierung vor. Auch diese Patienten können von den Vorteilen der Regionalanalgesie profitieren, jedoch liegen häufig spezielle Risiken oder Kontraindikationen vor, die den Einsatz der Verfahren traditionell verbieten. Für die Durchführung rückenmarksnaher Regionalanalgesieverfahren bestehen die folgenden Kontraindikationen (Tab. 7). Sepsis mit positiver Blutkultur Akute Schocksymptomatik mit hochdosierter Katecholamintherapie Infektionen oder frische Blutung im ZNS-Bereich Erhöhter Hirndruck Spezifische neurologische Erkrankung ohne Dokumentation Hochgradige Aorten- oder Mitralstenose Manifeste Gerinnungsstörung Lokale Hautinfektion im Punktionsbereich Allergie gegen die verwendeten Lokalanästhetika Fehlende Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters (eine präoperative Ablehnung des Verfahrens im Aufklärungsgespräch gilt auch postoperativ) Tab. 7: Absolute Kontraindikationen für Durchführung rückenmarksnaher Regionalanalgesieverfahren bei intensivmedizinischen Patienten (1).

Neurologische Komplikationen bei der Anlage von regionalen Anästhesie- und Analgesieverfahren sind vermutlich seltene Ereignisse. In einer prospektiven Erhebung wurden bei der Anlage epiduraler Verfahren 6 (0,02 %) schwerwiegende neurologische Komplikationen bei 30413 Anwendungen beobachtet. Bei allen Patienten (n=5), die ein Nervenwurzelsyndrom erlitten, traten Missempfindungen bei Einbringen der Punktionsnadel oder Schmerzen bei der Injektion auf (77). Die Anlage einer epiduralen Nervenblockade beim analgosedierten Patienten stellt somit eine potentiell gefährdende Situation dar, da die oben genannten Warnsymptome fehlen können. Ein erhöhtes Risiko neurologischer Komplikationen bei diesen Patienten wurde jedoch nicht belegt. In einer Untersuchung wurden 4298 Patienten mit Anlage eines lumbalen epiduralen Katheters unter Allgemeinanästhesie erfasst. Es wurden keine neurologischen Komplikationen beobachtet (78). Besonders gefürchtet sind im Zusammenhang mit epiduralen Katheterverfahren Infektionen und Blutungskomplikationen, bei denen häufig permanente neurologische Schäden bis zum Querschnittssyndrom zurückbleiben. Viele der gesicherten Risikofaktoren für Katheterinfektionen, wie Komorbiditäten und eine gestörte Immunkompetenz (Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen, Tumorerkrankungen, Traumapatienten u.a.) (79) liegen bei den intensivmedizinisch betreuten Patienten vor. Besonders die Durchführung von epiduralen Katheterverfahren bei Patienten mit lokalisierter oder systemischer Infektion wird kontrovers diskutiert, da die hämatogene Dissemination von Bakterien als Ursache für die Entstehung epiduraler Abzesse betrachtet wird. In einer Erhebung wurden bei 69 Patienten epidurale Katheter (teilweise auch mehrfache Anlage) zur wiederholten chirurgischen Versorgung lokaler Wundinfektionen eingesetzt. Bei 12 Anwendungen wurden lokale Katheterinfektionen beobachtet, eine epidurale Abzedierung trat jedoch nicht auf (80). 265

Bei der Bewertung dieses Ergebnisses muss in Betracht gezogen werden, dass epidurale Abzesse in Zusammenhang mit epiduralen Katheterverfahren eher selten auftreten. Die in der Literatur veröffentlichten Daten zur Inzidenz zeigen eine große Spannweite, von nicht beobachtet bis 83/100000 (81). In einer landesweiten Erhebung in Dänemark wurden in einem einjährigen Zeitraum 17372 epidurale Katheterverfahren erfasst. Die Inzidenz des epiduralen Abszesses wurde mit 52/100000 (1:1930) angegeben. Symptome waren neurologische Stö-rungen bei 78 % der Patienten (Paraplegie der Beine, Urin- oder Stuhlinkontinenz), lokalisierte Rücken-schmerzen oder Zeichen einer lokalen Infektion bei 67 % der Patienten, Fieber bei 56 % der Patienten und Zeichen der Meningitis (Fieber, Meningismus, Kopfschmerz) bei 11 % der Patienten (82). Die genannten Symptome können, insbesondere beim analgosedierten Patienten, leicht übersehen oder fehlgedeutet werden. Auch das tatsächliche Risiko des spinalen Hämatoms als Komplikation der epiduralen Analgesieverfahren ist unbekannt. Die Inzidenz liegt jedoch, insbesondere bei bestimmten Patientenkollektiven, deutlich höher als früher angenommen. So wurde bei Patien­ tinnen, die eine epidurale Analgesie im Rahmen einer endoprothetischen Versorgung des Kniegelenks erhielten, eine Inzidenz für das spinale Hämatom von 28/100000 angegeben (83). In der überwiegenden Anzahl der Fälle von spinalem Hämatom nach rückenmarksnahen Regionalanalgesieverfahren wurden Gerinnungsstörungen als Risikofaktor ermittelt. Gerinnungsstörung treten beim intensivmedizinisch betreuten Patienten durch die Grunderkrankung oder Komorbiditäten, aber auch im Rahmen einer Thromboembolieprophylaxe oder antithrombotischen Therapie auf. Das spinale Hämatom tritt in gleicher Häufigkeit sowohl bei Anlage aber auch bei Entfernen des Katheters auf. Daher wird die Beachtung von Zeitintervallen vor und nach rückenmarksnaher Punktion bzw. Katheterentfernung empfohlen (Tab. 8). Die dort genannten Zeitintervalle müssen bei Vorliegen von Organinsuffizienzen (eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion) sowie Kombinationstherapien verschiedener Antithrombotika reevaluiert werden (84). Vor Punktion/ Katheterentfernung

nach Punktion/ Katheterentfernung

Laborkontrolle

Unfraktionierte Heparine (Prophylaxe, ≤15 000IE/d)

4h

1h

Thrombozyten bei Therapie >5 Tagen

Unfraktionierte Heparine (Therapie)

4-6h

1h (keine i.v. Bolusgabe)

aPTT, (ACT), Thrombozyten

Niedermolekulare Heparine (Prophylaxe)

12h

2-4h

Thrombozyten bei Therapie > 5 Tage

Niedermolekulare Heparine (Therapie)

24h

2-4 h

Thrombozyten, (anti-Xa)

Fondaparinux (Prophylaxe, ≤ 2,5mg/d)

36-42h

6-12h

(anti-Xa)

Vitamin-K-Antagonisten

INR 72 Stunden Sufentanil Fentanyl

• •

Adjuvante Substanzen Bedarfsadaptierte Bolusapplikation von kurzwirksamen Analgetika α2-Agonisten (Clonidin), Ketamin (nur mit Benzodiazepin oder Propofol)

Analgesieziel unterschritten

Analgesieziel erreicht?

Analgesieziel überschritten

Regelmäßige Evaluation von Diagnose, Indikation, Therapieziel, Therapieeffekt, Patientenwunsch Dosisanpassung

• •

Dosisreduktion Monitoring von Vitalfunktionen und unerwünschten Wirkungen

Abb. 8: Schema zu analgetischer Schmerzmonitoring nach (1). Abb. 8 Schema zu analgetischer Therapie Therapie undund Schmerzmonitoring modifiziertmodifiziert nach (1)

Schmerzmessung und die Dokumentation der Messwerte sind eine wesentliche Maßnahme zur Verbesserung der Schmerztherapiequalität (98). Die lückenlose Dokumentation der Behandlung, von Wirkung und Nebenwirkungen ist aus rechtlicher Sicht und für die ­Qualitätssicherung sowie für die Lösung von Schnittstellenproblemen unverzichtbar. Schnittstellen entstehen im Rahmen von Schichtwechseln und Zu- oder Verlegung des Patienten oder durch die fach- und berufsgruppenübergreifende Therapie des Patienten. Für die Planung und Durchführung der analgetischen Therapie auf der Intensivstation ist neben der Eigenanamnese, der aktuellen Situation (z.B. Zustand des Patienten, aktuelle Diagnose) und dem Therapieplan, auch die Schmerzanamnese von Bedeutung. Die lückenlose Weitergabe der relevanten Informationen ist insbesondere für die sichere Durchführung der Regionalanalgesieverfahren unabdingbar. Schmerzen können Warn­ signal einer postoperativen Komplikation sein und sollten daher bei der Visite kommuniziert werden. Vor der Verlegung des Patienten auf die Normalstation sollte eine suffi­ ziente Einstellung der Schmerztherapie erfolgt sein. Sinnvoll ist auch die Einstellung auf eine Therapie, die in der normalstationären Versorgung fortgeführt werden kann. Ein Kernproblem bei der Entwicklung neuer Behandlungskonzepte ist die Umsetzung in den Klinikalltag. Es gilt zum einen Widerstände der Mitarbeiter und Barrieren, wie feh271

lende technische oder zeitliche Ressourcen und die Erreichbarkeit der Mitarbeiter im Rahmen von Schichtwechseltätigkeit auf der Intensivstation, zu überwinden. In den oben genannten Untersuchungen werden konkrete Maßnahmen zur Umsetzung benannt. Diese sind Schulungen, Praxisanleitung und Bereitstellung von Taschenkarten, Postern oder anderen Materialien in schriftlicher Form, die über das Behandlungskonzept informieren. Alleinige Maßnahmen sind jedoch meist nicht effektiv. Die ausschließliche Bereitstellung von Information in Form von Dienstanweisungen, E-mails oder Literatur oder alleinige Schulung des Teams über Frontalunterricht gilt als ineffektiv. Als effektiver gelten Audits, oder Anleitungen in der Eins-zu-Eins Situation mit der Möglichkeit nachzufragen (96).

8 Zusammenfassung Die Häufigkeit und das Ausmaß von Schmerzen in der Intensivmedizin werden ohne adäquates Monitoring oft unterschätzt. Die Schmerztherapie ist ein integraler Bestandteil der intensivmedizinischen Therapie. Durch eine adäquate analgetische Behandlung kann der Behandlungserfolg verbessert werden. Hierfür steht ein Arsenal von schmerztherapeutischen Verfahren zur Verfügung, deren differenzierter Einsatz im Rahmen eines zielorientierten, an Verfahrensanweisungen gebundenen, evidenzbasierten Behandlungskonzepts erfolgen sollte. Grundlage für die Entwicklung eines, an die Bedingungen der eigenen Klinik angepassten, Behandlungskonzepts, sollten die Empfehlungen der S3-Leitlinie „Analgesie, Sedierung und Delirmanagement“ sein.

9 Literatur 1. Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Langfassung. 2009. http://www.awmf.org 2. Jacobi J, Fraser GL, Coursin DB, Riker RR, Fontaine D, Wittbrodt ET, Chalfin DB, Masica MF, Bjerke HS, Coplin WM, Crippen DW, Fuchs BD, Kelleher RM, Marik PE, Nasraway SA, Jr., Murray MJ, Peruzzi WT, Lumb PD. Clinical practice guidelines for the sustained use of sedatives and analgesics in the critically ill adult. Crit Care Med 2002; 30 (1): 119-41. 3. Martin J, Franck M, Sigel S, Weiss M, Spies C. Changes in sedation management in German intensive care units between 2002 and 2006: a national follow-up survey. Crit Care 2007; 11 (6): R124. 4. Martin J, Franck M, Fischer M, Spies C. Sedation and analgesia in German intensive care units: how is it done in reality? Results of a patient-based survey of analgesia and sedation. Intensive Care Med 2006; 32 (8): 1137-42. 5. Payen JF, Chanques G, Mantz J, Hercule C, Auriant I, Leguillou JL, Binhas M, Genty C, Rolland C, Bosson JL. Current practices in sedation and analgesia for mechanically ventilated critically ill patients: a prospective multicenter patient-based study. Anesthesiology 2007; 106 (4): 687-95; quiz 891-2. 6. S3-Leitlinie „Behandlung akuter perioperativer und postoperativer Schmerzen“. Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Schmerztherapie. 2009. http://www.awmf.org 7. Chanques G, Jaber S, Barbotte E, Violet S, Sebbane M, Perrigault PF, Mann C, Lefrant JY, Eledjam JJ. Impact of systematic evaluation of pain and agitation in an intensive care unit. Crit Care Med 2006; 34 (6): 1691-9. 8. Whipple JK, Lewis KS, Quebbeman EJ, Wolff M, Gottlieb MS, Medicus-Bringa M, Hartnett KR, Graf M, Ausman RK. Analysis of pain management in critically ill patients. Pharmacotherapy 1995; 15 (5): 592-9. 9. Siffleet J, Young J, Nikoletti S, Shaw T. Patients' self-report of procedural pain in the intensive care unit. J Clin Nurs 2007; 16 (11): 2142-8. 10. Payen JF, Bru O, Bosson JL, Lagrasta A, Novel E, Deschaux I, Lavagne P, Jacquot C. Assessing pain in critically ill sedated patients by using a behavioral pain scale. Crit Care Med 2001; 29 (12): 2258-63. 11. Stanik-Hutt JA, Soeken KL, Belcher AE, Fontaine DK, Gift AG. Pain experiences of traumatically injured patients in a critical care setting. Am J Crit Care 2001; 10 (4): 252-9. 12. Lang JD, Jr. Pain. A prelude. Crit Care Clin 1999; 15 (1): 1-16. 13. Epstein J, Breslow MJ. The stress response of critical illness. Crit Care Clin 1999; 15 (1): 17-33, v. 14. Kehlet H. Effect of postoperative pain treatment on outcome-current status and future strategies. Langenbecks Arch Surg 2004; 389 (4): 244-9. 15. Arabi Y, Haddad S, Hawes R, Moore T, Pillay M, Naidu B, Issa A, Yeni B, Grant C, Alshimemeri A. Changing sedation practices in the intensive care unit--protocol implementation, multifaceted multidisciplinary approach and teamwork. Middle East J Anesthesiol 2007; 19 (2): 429-47.

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276

Regelmäßige Erhebung von Schmerz- und Sedierungsgrad, Festlegung von Therapiezielen, Frage nach Ursache für Schmerzen oder Agitation, Auswahl Analgetikum/Sedativum unter Berücksichtigung individueller Risikonutzenabwägung, Anpassung der Therapie in Dosierung und Substanzwahl (WHO Schema), systematische Übergabe (Schmerz als Vitalzeichen), unmittelbare Information von Pflegekraft an Arzt bei Schmerz/Agitation

Regelmäßige Erhebung des Sedierungsgrad, Festlegung von Therapiezielen, Frage nach Ursache für Schmerzen oder Agitation, falls Schmerz wahrscheinlich primär Schmerztherapie, Anpassung der Therapie durch Auswahl der Analgetika und Sedativa sowie Applikationsmodus (Bolus/kontinuierlich) und Dosis, zusätzlich Weaningprotokoll

Regelmäßige Überprüfung von Wachheit und Toleranz (Agitation, Anpassung an Respirator, Gesichtsausdruck) und VAS bei kontaktfähigen Patienten, Festlegung von Therapiezielen, Frage nach Ursache für Schmerzen oder Agitation, falls Schmerz wahrscheinlich primär Schmerztherapie, Anpassung der Therapie durch Auswahl des Applikationsmodus (Bolus/koninuierlich) und Dosis

Regelmäßige Erhebung von Schmerzstärke- Agitationsgrad und Delir, Festlegung von Therapiezielen, Frage nach Ursache für Schmerzen, Agitation oder Delir, Anpassung der Therapie durch Auswahl der Analgetika und Sedativa sowie Applikationsmodus (Bolus/kontinuierlich) und Dosis, Medikamentenauswahl und Protokoll auch adaptiert an voraussichtlicher Beatmungszeit und individuellen Patientenfaktoren

Regelmäßige Erhebung von Schmerz- und Sedierungsgrad, Festlegung von Therapieziel, Falls Schmerz wahrscheinlich primär Schmerztherapie, Medikamentenauswahl und Protokoll auch adaptiert an voraussichtlicher Beatmungszeit und individuellen Patientenfaktoren

(7)

(17)

(93)

(16)

(94)

Modifizierte VAS und RamsaySkala

VAS/ OPAS RASS CAM-ICU

ATICE VAS

Monitoring Pflegekraft, Verordnung Arzt

Monitoring und Dosis­anpassung durch Pflegekraft

Verordnung durch Arzt, Monitoring und Dosis­anpassung durch Pflegekraft

Monitoring und Anpassung der Therapie durch Pflegekraft

Monitoring Pflegekraft, Verordnung Arzt

NRS BPS RASS

RamsaySkala Kein Schmerzscore

Aufgabenverteilung

Monitoring

Multidisziplinäres Team aus Ärzten, und Pharmazeuten

Multidisziplinäres Team aus Pflegekräften Ärzten, Pharmazeut und Beatmungsspezialisten

Multidisziplinäres Team aus Pflegekräften und Ärzten

ø

ø

Erstellung

2 wöchige Einarbeitung von Pflegekräften und Ärzten, Algorithmus und Dosierungs­infor­ma­ tion in schriftlicher Form

Schulungen durch das Multidisziplinäres Team, Praxisanleitung, Bereitstellung des Schulungsmaterial in schriftlicher Form

Training?

Durch Pflegekräfte

Schulung, SOP, Bedside Teaching Pflegekräfte, Taschenkarte, Poster

Implementierung

Qualität von Analgesie und Sedierung  Sedierungskosten/h 

Beatmungsdauer  Aufenthaltsdauer Intensivstation und Krankenhaus  Opioidverbrauch 

Beatmungsdauer  Zeit bis Aufwachen  Lagerungsschäden 

Beatmungsdauer  Aufenthaltsdauer Intensivstation und Krankenhaus  Tracheostomierate 

Schmerz/Agitation  Beatmungsdauer  Nosokomiale Infektionen  Zufriedenheit Pflegekräfte 

Nutzen

Glossar: ATICE=Adaption to Intensive Care Environment Instrument, NRS=Numerische Rating Skala, BPS=Behavioral pain scale, Ramsay Skala= Ramsay Sedierungs Skala, RASS=Richmond Agitation Sedation Score, VAS=Visuelle Analog Skala, VAS/OPAS=Visual/Ojective Pain Assessment Scale, CAM-ICU=Confusion Assessment Method for the Intensive Care Unit

Kernelemente Behandlungsalgorithmus

Quelle

10 Anhang

Tab. 10: Klinische Untersuchungen mit Vergleich eines zielorientierten, durch SOP geführten Behandlungskonzepts mit einer traditionellen empirischen Behandlung.