Worauf man sich verlassen kann von Katja Kipping

Interview 02 Für Neustart streiten 09 linksjugend [’solid] Ein Faible für Bürokratie Blickwechsel muss 12 Links ökologisch sein 02 17 Februar 2...
Author: Angela Kuntz
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Interview

02 Für Neustart streiten 09

linksjugend [’solid]

Ein Faible für Bürokratie

Blickwechsel

muss 12 Links ökologisch sein

02 17

Februar 2017 Sozialistische Monatsschrift für Dresden

editoriall

von Silvio Lang

Traditionspflege Seit 6 Jahren kommt zu dieser Jahreszeit der Hinweis auf den 13. Februar und der Aufruf an euch, liebe Genoss_innen, euch an den verschiedenen antifaschistischen Aktionen zu beteiligen. Da man lieb gewonnene Traditionen pflegen soll, bleiben wir auch in diesem Jahr dabei. Denn der Stadtvorstand hat erneut entschieden, euch zur Teilnahme am Täterspurenmahngang des Bündnisses Dresden Nazifrei aufzurufen. Details dazu findet ihr in dieser Ausgabe. Es mag für viele redundant sein, zu erklären, warum auch 2017 in Dresden Antifaschismus eine wichtige Sache ist. Hier ein paar Stichworte: Pegida, Anschläge der Gruppe Freital oder die jüngst von der Polizei durchsuchten Wohnungen der Freien Kameradschaft Dresden. Oder im Gegenzug der gerade (vorerst) durch Freispruch beendete Prozess gegen unseren Genossen Tim aus Berlin wegen der Blockaden des Naziaufmarsches 2011 – also nach 6 Jahren. Doch die sichtbare Spitze des Eisberges bleibt nur Symptom der tieferliegenden Problematik des weit verbreiteten Rassismus in unserer Stadt. Auf der Gegenseite, auf der auch wir uns bewegen, mit einer Zivilgesellschaft, die zwar aktiver geworden ist, aber längst nicht das Niveau von z.B. Leipzig erreicht hat. Dass man den Rassismus auf der Straße zumindest loswerden kann, hat die erfolgreiche Bekämpfung von Legida dort gerade bewiesen. Weil das so ist, bleibt es auch für 2017 in Dresden dabei, dass jede Gelegenheit genutzt werden sollte, für Antifaschismus und Antirassismus auf die Straße zu gehen. Der 13. Februar ist dafür erneut die richtige Gelegenheit, sei es beim Täterspurenmahngang oder, wenn nötig, direkt gegen Faschist_innen auf der Straße. Ich werde dabei sein. Und ich freue mich darauf, viele von euch zu treffen. Silvio Lang ist Stellv. Vorsitzender von DIE LINKE. Dresden

Worauf man sich verlassen kann von Katja Kipping Ein älterer Genosse hat mir einmal erzählt, dass Michael Gorbatschow seine Neujahrsansprachen stets mit dem Hinweis begann, dass die Perestroika nunmehr in ihre entscheidende Phase einträte, weshalb in der Sowjetunion das Bonmot verbreitet war, dass dieser Hinweis das einzige sei, worauf man sich in der Perestroika verlassen könne. Nun könnte man jedes Wahljahr mit einer ganz ähnlichen Ansprache beginnen, nämlich, dass das kommende Jahr entscheidend für einen Politikwechsel sei. Stimmt aber diesmal nicht: Der Politikwechsel hat schon längst begonnen. Als gäbe es kein Morgen, zieht die Große Koalition im Moment innenpolitisch eine Gesetzesverschärfung nach der anderen durch, verkauft sie als Sicherheitspolitik und betreibt doch nichts anderes damit, als die Entleibung des Rechtsstaates. Als ob das schreckliche Attentat auf einem Berliner Weihnachtsmarkt nicht genau dadurch möglich wurde, dass man bestehende rechtliche Möglichkeiten einfach nicht zur Anwendung gebracht hat. Als ob man jemanden, der untertauchen und ein Selbstmordattentat begehen will, mit elektronischen Fußfesseln davon abhalten kann, die Fußfessel zu entfernen, unterzutauchen und ein Selbstmordattentat zu begehen. Als ob einen Terroristen mehr Videokameras davon abhalten könnten, seinen Sprengsatz zu zünden. Im Gegenteil er muss sich um das Video seines Anschlags nicht mal mehr selbst kümmern. Ich kann gut verstehen, dass man als Politiker*in irgendetwas tun möchte, um die Wiederholung einer schrecklichen Tragödie zu verhindern, vor allen Dingen unter ihrem unmittelbaren Eindruck. Die Wahrheit ist aber: Man kann dies mit keinem noch so verschärften Gesetz - und das liegt in der Natur des Terrorismus. Dieser dient - im Gegensatz zur „gewöhnlichen“ Kriminalität - nicht der vordergründigen Bereicherung, sondern ist vielmehr ein Produkt der Verzweiflung. Dem Terroristen ist die persönliche Konsequenz seines Tuns völlig egal. Und genau hier findet sich auch der Ansatz für seine Bekämpfung. Nur eine Welt, in der kein Mensch mehr

Foto: DIE LINKE. Sachsen

an seinen Lebensumständen verzweifeln muss, keine Angst um sein nacktes Dasein haben muss, nicht mehr gedemütigt wird, kann eine Welt ohne Terrorismus sein. Schärfere Gesetze sind hingegen ein Herumdoktern an Symptomen und - was sie so richtig schädlich macht - sie dienen der Gewöhnung an die Einschränkung von Grundrechten. Wer sich an Überwachung als Methode gewöhnt, sich mit ihrer Akzeptanz einschläfern lässt, wird in einem Polizeistaat aufwachen. Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich muss alles getan werden, was im Rahmen der bestehenden Gesetze möglich ist, um Terroranschläge zu verhindern. So lange aber dies nicht geschieht - ob nun aus Unfähigkeit oder Überlastung der Behörden brauchen wir über strengere Gesetze überhaupt nicht zu reden. Dieses Gerede lenkt lediglich davon ab, dass wir ein Umdenken in Richtung sozialen Ausgleichs brauchen - und zwar global und zwar schnell. Das Zögern und die kapitalistische Engstirnigkeit der herrschenden Politik hat dazu geführt, dass sich die rechten Heilsverkünder

beim Predigen derzeit auf Wolke 7 befinden. Welch ein beschämender Rückschlag für die Demokratie! DIE LINKE hat seit ihrem Bestehen immer wieder davor gewarnt, dass eine globalisierte Ökonomie ohne eine globale Rechtsordnung, ohne globale Sozialstandards die Zivilisation in die Katastrophe führen wird. DIE LINKE hat immer wieder darauf hingewiesen, dass jede Waffe ihren Krieg findet und jeder Krieg neue Verzweiflung, neuen Hass produziert. DIE LINKE hat erbittert gegen jene Spaltung der Gesellschaft gestritten, welche inzwischen zu einer Verrohung des Umgangs zwischen den Menschen geführt hat, vor der wir täglich voller Entsetzen stehen. Wir werden auch 2017 zu unserer Vision einer gerechten Welt stehen, auf der niemand entmündigt, ausgegrenzt und gedemütigt wird - egal, an welchem Ort, egal, welcher Herkunft, egal, welcher Religion. Dies ist nicht das Einzige, aber das Wichtigste, worauf man sich bei der LINKEN verlassen kann!

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Interview

02 / 2017

„Die Europäische Linke muss für einen Neustart der EU streiten.“ Im Dezember 2016 wurde Gregor Gysi als neuer Präsident der Europäischen Linken gewählt. Der leidenschaftliche Europäer beschreibt seine Visionen für ein gerechtes und soziales Europa. Zuerst natürlich nachträglich noch herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum Präsidenten der Europäischen Linken. Wie kam es eigentlich dazu: Hast Du gesagt „Das würde ich gern machen!“ oder hat Dich jemand gefragt „Könntest Du nicht...?“

Wenn die EU scheitert, dann nicht an den Linken.

Nachdem ich mich im Herbst 2015 entschied, nicht mehr für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren, kamen die beiden Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger auf die glorreiche Idee, dass meine bisherigen Vorsitze von Partei (PDS) und Fraktionen (PDS und Die Linke) seit 1989 noch steigerungsfähig seien. Angesichts der tiefgreifenden Krise in Europa, der Rechtsentwicklung und einer relativ schwachen Linken also eine Herausforderung, die mich reizt. Das Klima in der Bundestagsfraktion der LINKEN, die Du lange geführt hast, ist ja bekanntlich nicht gerade das eines Kurortes. Die Europäische Linke, mit ihrem enormen Spektrum an Mitgliedsparteien, ist aber auch recht speziell. Brauchst Du die Reibung? Präsident der Europäischen Linken (EL) zu sein, ist in jeder Hinsicht spannend. Es gibt die bekannten Konflikte, die schon damit anfangen, dass es Linksparteien in Europa gibt, die die Europäische Union ablehnen, sie für im Prinzip nicht reformierbar halten. Auch diese Parteien muss ich mit vertreten, ohne meine eigene Überzeugung aufzugeben. Aber es gibt unglaublich viele positive Momente. Schon allein aufgrund der völlig unterschiedlichen Geschichten, Traditionen, Brüche und Kulturen der Linksparteien ist es außerordentlich interessant und mit neuen Erkenntnissen verbunden.



Fotos: TRIALON/Kläber

unbürokratischer, ökologisch nachhaltiger und nicht militärisch wird und die neoliberale Ausrichtung auf Markt und Wettbewerb überwindet, wird sie auch an Akzeptanz bei vielen Bürgerinnen und Bürgern wieder gewinnen. Jean Monnet, gern als „Vater Europas“ bezeichnet, der für Europa immer Solidarität und ökonomische Instrumente der Politik zusammen dachte, wurde - Ende der siebziger Jahre - mit dem Satz zitiert:

nicht mehr, denn seine Agenda 2010 war ein Plädoyer für eine Wettbewerbs-Union, in der es galt, durch die Senkung von Unternehmens- und Vermögensteuern und die Kürzung von Sozialleistungen die europäischen Nachbarn unter Zugzwang zu setzen, es Schröder gleich zu tun, um im Wettbewerb mithalten zu können. Aber eine wirkliche Union muss man gestalten, nur mit Wettbewerb erreicht man das Gegenteil, wie wir heute sehen.

Du bist ja ein Optimist - anders wären die vergangenen 26 Jahre wohl auch gar nicht auszuhalten gewesen für Dich. Woraus kannst Du einen Optimismus für die Linke in Europa beziehen - ohne den ja Dein neues Amt für die kommenden Jahre gar nicht auszuhalten wäre?

Könnte die angestrebte Zurückdrängung der Bedeutung der Nationalstaatlichkeit nicht doch auch eine emotionale Überforderung vieler Menschen sein? Wenn die europäische Integration für sehr viele Menschen als Bedrohung statt einer Bereicherung für ihr Leben betrachtet wird, wollen sie zurück zum Nationalstaat in der trügerischen Hoffnung, dass es mit ihm weniger Probleme gäbe. Wer wollte es den Millionen Arbeitslosen in Griechenland, Portugal und Spanien, den von massiven Kürzungen betroffenen Rentnerinnen und Rentnern verdenken, dass sie von Kürzungsdiktaten einer dazu nicht legitimierten so genannten Troika aus Internationalem Währungsfonds, EU-Kommission und Europäischer Zentralbank genug haben und den Nationalstaat vorziehen? Die vermeintliche Überforderung der Menschen kann nur durch einen grundlegenden Neustart der Europäischen Union überwunden werden, für den die Europäische Linke (EL) streiten muss. Nur wenn die EU solidarischer, sozialer, demokratischer, transparenter,

fang an mit der Parole „Euro – so nicht!“ vor einer Gemeinschaftswährung ohne Fundament, nämlich einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik mit dem Ziel der Angleichung der sozialen, ökologischen, steuerlichen und wirtschaftlichen Standards. Die Krise des Euro ist also nicht das Ergebnis eines Zuviel, sondern eines Zuwenig Europa. Die Kritik von Rechts und Rechtsaußen verläuft diametral entgegengesetzt und verbreitet die Illusion, dass man mit einem Zurück zum Nationalstaat die Probleme in einer globalen Welt lösen könne. Wir müssen das klare Gegenüber zu den Rechten bilden. Wenn die EU scheitert, dann nicht an den Linken, sondern an denen, die zu einem ethnisch begründeten Nationalstaat zurückkehren wollen.

„Die Wurzeln der Gemeinschaft sind jetzt so stark, und sie reichen tief bis in die Erde Europas“. War Monnet da nur voreilig? Jean Monnet kannte den Neoliberalismus nur als eine verstaubte, alte Theorie aus den Lehrbüchern der so genannten freien Marktwirtschaft. Er hätte sich wohl nicht vorstellen können, dass diese Lehre nach einem regulierten Kapitalismus mit Sozialstaatskompromissen die Welt so nachhaltig prägen würde. In Deutschland war Helmut Kohl der letzte leidenschaftliche Europäer alter Schule. Schon Gerhard Schröder war es

DIE LINKE hat um ihre Positionen zu Europa, bzw. zur EU immer, teils heftig gestritten, erinnert sei an die Parteitage in Essen und Hamburg. Da war das Erstarken offen rassistischer Parteien mit nationalistischer Denke - zumindest in Westeuropa - in der Form, wie wir es heute erleben, so noch nicht absehbar. War DIE LINKE letztlich zu weich in ihrer Kritik an der EU und hat damit eine Lücke gelassen, in welche die Rechten hinein gestoßen sind? Auch in der Vergangenheit zählte DIE LINKE zu den schärfsten Kritikern an der Politik der EU. Wir warnten von An-

In Bezug auf Europa und die weitere Integration setze ich vor allem auf die Jugend, auf die jüngeren Generationen, für die Europa schon ganz selbstverständlich geworden ist. Das bestätigen übrigens auch alle Meinungsumfragen in allen Mitgliedsländern der EU. Eine Rückkehr zu Pass- und Visumpflicht, Grenzkontrollen, zur Einschränkung der Freiheiten, als Bürgerin oder Bürger der EU in jedem Mitgliedsland arbeiten, studieren oder später auch als Rentnerin oder Rentner leben zu können, wäre für sie nicht hinnehmbar. Ich kann den Schock der jungen Menschen in Großbritannien über den Brexit und über sich selbst, weil viele dem Referendum fernblieben, gut verstehen. Fragen: Uwe Schaarschmidt

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DIE LINKE. Dresden

Gegen Geschichtsrevision und Nationalismus

Gedenken zum 13. Februar von Franziska Fehst Kein Datum ist in Dresden wohl so umstritten wie der 13. Februar. In der Nacht vom 13. auf den 14. Februar 1945 begann die Bombardierung der Dresdner Innenstadt. Bis heute streitet die Stadtgesellschaft um die Bedeutung des Datums und seiner Folgen. So auch um den Umgang mit Europas ehemals größtem Naziaufmarsch. Seit den 90ern trafen sich jährlich Nazis in Dresden, um den Mythos der „Kunstund Kulturstadt“ mit hunderttausenden von Toten aufrecht zu erhalten. Lange blieb der Aufmarsch unkommentiert und konnte so zum größten Naziaufmarsch Europas mit über 6.000 Personen im Jahre 2009 heranwachsen. Im Jahre darauf gelang durch die bundesweite Mobilisierung von Dresden Nazifrei erstmals die Blockade dieses Aufmarsches. Allerdings waren bzw. sind die Blockaden bis heute umstritten und Prozesse, um an Einzelpersonen Exempel zu statuieren, zogen sich über Jahre hinweg. Der letzte Fall von unserem Genossen Tim H. Aus Berlin hat nun, nach 6 Jahren und in dritter Instanz, mit einem Freispruch geendet. Letztes Jahr gab es zum ersten Mal seit den 90ern keinen Naziaufmarsch in der Dresdner Innenstadt rund um den 13.2. Dafür versammelten sich über 400 Nazis in Dresden Prohlis und zogen zum Obelisken nach Dresden Nickern. Einige hundert Gegendemonstrant_innen konnten dies nicht verhindern. Dieses

Informationen zu aktuellen Geschehnissen und Veranstaltungen findet ihr unter: www.dresden-nazifrei.de www.facebook.com/dresden.stellt.sich.quer/ www.twitter.com/dd_nazifrei Täterspurenmahngang an 13.2. „Nichts gegen Dresden, aber …“ Start: ca. 14:00/14:30 Uhr am Wettiner Platz Informationen zur „Bürgerbegegnung zum 13. Februar“ www.staatsschauspiel-dresden.de/spielplan

Jahr wird ebenfalls vermutet, dass die Innenstadt verschont bleibt und wieder relativ spontan gen Dresden-Nickern organisiert wird. Informationen gibt es über soziale Medien bzw. auf der Website von Dresden Nazifrei.

Das Bündnis wird auch dieses Jahr wieder den Täterspurenmahngang durchführen. Seit 2012 ist der Mahngang Teil des Bündnisses und soll einen Kontrapunkt zur Erinnerungskultur der Stadt darzustellen. Dieses Jahr wird es

einen besonderen Mahngang geben: In einer Kooperation mit der evangelischen Hochschule (EHS) wird der Mahngang von Studierenden der EHS gestaltet sowie die Texte für die verschiedenen Stationen erarbeitet werden. Inhaltlich wird es diesmal auch um Täter_innen der heutigen Zeit sowie struktureller Diskriminierung gehen. Auch der Stadtvorstand hat sich in der letzten Sitzung mit dem 13. Februar beschäftigt. Dabei wollen wir nicht nur zum Täterspurenmahngang aufrufen, sondern auch zu einer Bürgerbegegnung im kleinen Haus mobilisieren. Diese Bürgerbegegnung ist eine Kooperation des Staatsschauspielhauses mit der IG 13. Februar der Stadt Dresden. An dieser Stelle ein Danke an alle Genoss_innen, die sich seit Jahren in verschiedenen Bündnissen und AGs engagieren und die uns auf der Straße unterstützen. Ich hoffe viele von euch am 13.Februar auf der Straße zu sehen. Franziska Fehst ist Sprecherin vom Bündnis Dresden Nazifrei und Mitglied im Stadtvorstand DIE LINKE. Dresden

Treffen der Mitgliederverantwortlichen in Kassel

Foto: Max Kretzschmar

Lust zum Mitmachen von Annegret Gieland Die Zugverbindung Dresden-Kassel bedingt zeitiges Aufstehen und Durchhaltevermögen – aber das Programm des Treffens der Mitgliederverantwortlichen bot ein interessantes Programm, so dass ich auf Nachfrage der Koordinierungsgruppe gern diese Reise antrat. Wer sich über die Funktion „Mitgliederverantwortliche“ wundert, der weiß, dass es in unserem Stadtverband eine Arbeitsgruppe gibt, die diese Arbeit auf mehrere Schultern verteilen möchte. Dementsprechend verstehe ich meine Rolle eher als Multiplikatorin und möchte euch im Nachfolgenden über die Schwerpunkte des Treffens berichten. Nach der Veranstaltungseröffnung durch Mitarbeiter*innen aus der Bundesgeschäftsstelle, stellte unser Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn den aktuellen Diskussionsstand rund um die Vorbereitungen des Bundestagswahlkampfs vor. Klar ist, dass uns einer der herausforderndsten Wahlkämpfe bevorsteht. Es muss uns gelingen, die politische Debatte um Entsicherung (prekäre Arbeitsverhältnisse, drohende Altersarmut, etc.) und Entsolidarisierung in unserer Gesellschaft wiederzubeleben.

Neue Ideen und neue Formate: Wie das Picknick am 1. Mai im Alaunpark

In diesem Sinne sind die Gewinnung von Unterstützer*innen und Mitgliedern im (Vor-) Wahlkampf und die Einbindung dieser von besonderer Bedeutung. Vor dem Hintergrund dieser Aufgabe gab Matthias von Herrmann, früherer Greenpeaceaktivist und Parkschützer in Stuttgart, einen interessanten Einblick in die Werbung und Einbindung von Neumitgliedern in außerparlamentarischen Organisationen. Auch in unserem Stadtverband und in den Ortsverbänden müssen wir uns die Frage stellen, welche Angebote wir schaffen, um interessierte Neumitglieder für die Unterstützung von Aktionen, Plakatierung und der Verteilung unserer Infomaterialien zu

aktivieren. Auf die Frage „Wie und wo kann ich mich einbringen?“ müssen wir niederschwellige aber auch attraktive Antworten finden. Mit den verschiedenen Stammtischen und Arbeitskreisen, aber auch unserer Gruppe „efa. Eine für alle“ gehen wir, so denke ich, bereits in die richtige Richtung. Aber warum nicht mal über „Schnupperabende“ oder andere Begegnungsformate mit Gleichgesinnten, die aber noch keine Parteimitglieder sind, nachdenken? Nicht nur im Wahlkampf können wir gute Ideen und helfende Hände gebrauchen. Wenn ihr euch aktiv in die Mitgliederarbeit einbringen wollt, seid ihr in der AG

Mitglieder herzlich willkommen. Wenn ihr Interesse an einer ausführlicheren Darstellung und Diskussion über das Treffen und die dort vorgestellten und erarbeiteten Ideen habt, meldet euch bitte per Mail bei mir. Gern komme ich in euren Ortsverband oder eure Basisgruppe. Annegret Gieland ist Mitglied im Stadtvorstand DIE LINKE. Dresden

[email protected]

DIE LINKE. Dresden im Internet: www.dielinke-dresden.de und in facebook: www.facebook.com/DieLinkeDresden

02 / 2017

72. Jahrestag der Befreiung

DIE LINKE. Dresden und der VVNBdA laden alle Antifaschistinnen und Antifaschisten ein, mit nach Buchenwald zu kommen. Diesjähriger Schwerpunkt der Reise: Die Kinder von Buchenwald. Dort wird es eine der letzten Möglichkeiten geben, mit ehemaligen Häftlingen ins Gespräch zu kommen, durch seine Teilnahme Gesicht gegen Faschismus und Rassismus zu zeigen und zu demonstrieren, dass eine Politik der Verharmlosung von rechts nicht geduldet wird. Anmeldung bis 10. März 2017 0351 / 858 38 01 [email protected] Unkostenbeitrag 18 Euro, 10 Euro ermäßigt ... mit dem Bus: Sonntag, 09. April 2017 6.30 Uhr Pirnaischer Platz (vor Lidl)

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DIE LINKE. Dresden

Wohin soll denn die Reise gehen? Mit dem Jugendverein Roter Baum geht’s auch 2017 wieder in die Sommerferien von Peggy Turek Von der Ostsee bis zur Adria, vom Spreewald bis in die Böhmische Schweiz: Auch in diesem Sommer lädt der Jugendverein Roter Baum Kinder und Jugendliche wieder zu erlebnisreichen Ferien ein. Ob es nun für jede Menge Ostseespaß nach Rügen oder Usedom gehen soll, ob nun die Abenteuerferien im Riesengebirge oder das Paddelcamp im Spreewald locken oder ob man seine kreative Ader im Sonnenschein an der italienischen Adria ausleben möchte – der gemeinnützige Roter Baum e.V. hat für die Sommerferien 2017 ein Ferienfahrten-Paket geschnürt, in dem garantiert für jeden etwas dabei ist. Hauptsache, es wird naturnah, kreativ, erlebnisreich und vor allem gemeinschaftlich. Darauf legen das Vereinsteam und seine ehrenamtlichen BetreuerInnen großen Wert. Und nach sage und schreibe 25 Jahren Ferienlager-Organisation kann der Rote Baum e.V. hierbei auch auf jede Menge Erfahrung zurückgreifen. Seit 1992 bietet der Verein aus dem Haus der Begegnung erschwingliche Ferienfahrten für Kleine und Große an. Und daran hat sich bis heute auch nichts geändert. Insbesondere durch die aktuelle Ferienfreizeit-Förderung der Landeshauptstadt Dresden ist es dem Roten Baum möglich, Dresdner Kindern und Jugendlichen auch für kleine Teilnahmebeiträge große Ferienerlebnisse zu ermöglichen. In diesem Sommer veranstaltet der Jugendverein insgesamt 20 Ferienlager. Junge Entdecker, Naturforscher, Pfer-

AG Inklusion feierte Welttagskaffee

Foto: Roter Baum e.V.

Web: www.roter-baum.de/ferienfahrten E-Mail: [email protected] Tel.: 0351 / 858 2720 oder in der Geschäftsstelle des Roter Baum e.V. in der Großenhainer Straße 93 (Mo - Fr 10 bis 16 Uhr) defans, Kletterer und Abenteurer brauchen sich also einfach nur zu entscheiden: Wohin soll denn die Reise gehen? Und wer die jungen Menschen bei ihren spannenden Ferienerlebnissen begleiten und ihnen tatkräftig zur Seite stehen möchte, ist beim Roten Baum ebenso an der richtigen Adresse: Für die kommenden Ferienfahrten werden noch ehrenamtliche BetreuerInnen gesucht, die Verantwortung übernehmen möchten und Freude daran haben, Kindern und Jugendlichen eine unvergessliche Zeit zu bereiten.

Alle Ferienfahrten-Angebote hat der Jugendverein detailliert auf seiner Website veröffentlicht. Dort können Eltern auch unkompliziert ihre Kinder online für eine oder mehrere Ferienfahrten anmelden. Und natürlich berät das Team des Roten Baums interessierte Eltern auch persönlich per Telefon oder direkt in der Geschäftsstelle. Gern schickt der Verein den Eltern das aktuelle Ferienfahrten-Prospekt auch per Post zu. In diesem Fall reicht eine E-Mail an [email protected].

AG Soziales gründet sich

Herzlich willkommen! Mitmacher gesucht von Katharina Hanser und Thomas Räncker

Gute Stimmung: Die AG Inklusion trifft sich regelmäßig in der Wir AG

von Birger Höhn Aus Anlaß des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen feierte die AG Inklusion am 03.Dezember bei ihrem monatlichen Treffen in der WIR AG einen Welttagskaffee, zu dem alle eingeladen waren. Ein weiterer Anlaß war das sogenannte Bundesteilhabegesetz, welches am 01. Dezember 2016 im Deutschen Bundestag – gegen die Stimmen der Linken, bei Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen – angenommen worden war, und neben einen wenigen Verbesserungen aus Sicht vieler Menschen mit Behinderungen und deren Umfeld viele Verschlechterungen mit sich bringen wird. Mitglieder der AG Inklusion versorgten am Infostand vorbeigehende

Passanten mit Infomaterial und diskutierten mit ihnen. Das Bundesteilhabegesetz wird auch in diesem Jahr eines der Hauptthemen der AG Inklusion sein. Die AG Inklusion trifft sich jeweils am 1. Samstag des Monats von 15 – 18 Uhr in der WIR AG. Es sind alle herzlich eingeladen, sich aktiv an dieser AG zu beteiligen, denn das Thema gehört für mich zu den komplexen gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit, da es hier viele Querverbindungen zu anderen politischen Themenfeldern (Arbeit, Gesundheit, Wohnen, Verkehr, Bau, Flüchtlings- bzw. Migrationspolitik, Rechtsextremismus, Queerund Gesellschaftspolitik, Soziales) gibt.

Seit September gibt es im Haus der Begegnung regelmäßig, unter Leitung eines Rechtsanwaltes, eine Rechts- und Sozialberatung. Hier erhalten Ratsuchende kostenfrei und ehrenamtlich Hilfestellungen bei Fragen rund um die Themen ALG II, Miete, Rente und andere.

fraktion unterstützen und mit eigenen Veranstaltungen in Dresden wirken (z.B.: Protestaktionen, JobCenter-Begleitungen für Ratsuchende sowie ein regelmäßiges Erwerbslosenfrühstück). Die AG Soziales versteht sich auch als eine regionale Gruppe der LAG Hartz4.

Eine Gruppe von aktiven Genoss*innen und Sympathisant*innen möchte sich auch mit weiteren sozialpolitischen Themen beschäftigen und lädt ein, die „AG Soziales“ zu gründen. Wir würden uns freuen, Euch am Mittwoch, den 8. Februar 2017 um 19 Uhr im Haus der Begegnung (Empore, Großenhainer Str. 93, 01127 Dresden) begrüßen zu können. Wir wollen die Arbeit der Stadtrats-

Bei Fragen, Ideen und Anregungen könnt Ihr Euch vorab an folgende Kontaktadressen wenden: [email protected], [email protected].

Gründung der AG Soziales: Am 08. 02.2017 19 Uhr im HdB

Wir freuen uns auf Eure Unterstützung und wünschen Euch ein erfolgreiches Jahr 2017!

02

Barock

Wunsch nach Architekturfolklore

02 17

03

Asylunterkünfte

Qualität trotz Sparzwangs

03

Immobilien

Nutzung statt Leerstand

Fraktion im Dresdner Stadtrat

Februar

2017

„Wir haben wichtige soziale, kulturelle und ökologische Akzente gesetzt“ LINKE-Fraktionsvorsitzender André Schollbach zieht im Interview ein Resümee zu den Erfolgen der rot-grün-roten Stadtratsmehrheit und gibt einen Ausblick auf kommende Aufgaben in Dresden Ende November hat der Stadtrat den Doppelhaushalt 2017/2018 beschlossen. Die Fraktion hat immer wieder von rot-grün-roter Handschrift gesprochen. Wo wird die sichtbar? Wir haben Veränderungen in Höhe von 58 Millionen Euro vorgenommen und damit wichtige soziale, kulturelle und ökologische Akzente gesetzt. So wurde etwa ein millionenschweres Sozialpaket mit einer Vielzahl an Maßnahmen geschnürt, um einen Beitrag zum sozialen Ausgleich in unserer Stadt zu leisten. Auch das von uns 2015 eingeführte Sozialticket für Bus und Bahn wurde finanziell absichert. Denn wir sind der Auffassung, dass alle Menschen, auch die mit einem ganz kleinen Geldbeutel, in der Lage sein müssen, sich einen Fahrschein für die Straßenbahn zu kaufen. Und selbstverständlich wurde Eigenkapital für die neue städtische Wohnungsbaugesellschaft bereitgestellt. Zudem wurde eine Verbesserung bei der Förderung der Kulturlandschaft auch in ihrer Breite und Vielfalt erreicht. Und dies alles erneut ohne Aufnahme von Krediten oder Steuererhöhungen zulasten der Bürgerinnen und Bürger. Die Berichterstattung zum Haushalt klang aber leider anders. Ein Beispiel: die sogenannte Kürzung bei der Philharmonie. Sind das Falschmeldungen oder geht es hier um reale Verteilungskämpfe? Hier hat es seitens einiger Medien eine regelrechte Kampagne gegen die rotgrün-rote Ratsmehrheit sowie Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch gegeben. Tatsachen wurden ignoriert und Denunziationen verbreitet. Fakt ist, dass die Philharmonie im Jahr 2017 über 18 Mio. Euro erhält, während das Budget im Jahr 2016 noch 14,9 Mio. Euro betrug. Die städtischen Mittel wurden also erkennbar erhöht. Der Umstand, dass diese Steigerung nicht noch höher ausfiel, kann man nicht allen ernstes in eine Kürzung umdeuten.

Wohnen, Kultur und Mobilität: Drei wichtige Faktoren für die Lebensqualität aller Dresdnerinnen und Dresdner stehen ganz oben auf der linken Agenda. Fotos: Simone Lüttger, Kraftwerk Mitte, Carsten Jünger / pixelio.de

In den letzten Wochen gibt es immer wieder Meldungen zu steigenden Mietpreisen in der Stadt. Offenbar zeigen die bisher beschlossenen Maßnahmen noch keine spürbaren Wirkungen. Zugleich lässt die Gründung der städtischen Wohnungsgesellschaft auf sich warten. Wie bekommen wir das Problem der Mietenexplosion in einigen Stadtteilen und der damit verbundenen Verdrängung in den Griff? Bereits im Sommer 2015 wurde der Grundsatzbeschluss zur Gründung der Wohnungsbaugesellschaft im Stadtrat gefasst und zahlreiche Aufträge zur Realisierung an den Oberbürgermeister erteilt. Leider erfolgte die Umsetzung nicht mit der nötigen Konsequenz. Wir haben deshalb in den vergangenen Monaten noch einmal ordentlich Druck

gemacht. Nun liegt dem Stadtrat die Vorlage zur Gründung der Wohnungsbaugesellschaft vor und kann in Kürze beschlossen werden. Zudem haben wir die Zeit genutzt, um die konkreten Planungen und Vorbereitungen für die ersten 800 Wohnungen voranzutreiben, sodass der soziale Wohnungsbau in absehbarer Zeit auch tatsächlich beginnen kann und sichtbar wird. Weiterhin ist es uns gelungen, durchzusetzen, dass verschiedene private Wohnungsbauvorhaben nur unter der Bedingung genehmigt wurden, dass ein genau bestimmter Teil der Wohnungen zu geringeren Mieten bereitgestellt wird. 2017 ist auch Wahljahr. Die Auseinandersetzungen mit dem Oberbürgermeister, aber auch der ein oder andere Misston zwischen SPD, Grünen und

LINKEN, sind jetzt schon nachlesbar. Gehst Du hier von einer Zuspitzung im Verlaufe des Jahres aus? Wie lässt sich trotzdem gut im Sinne Dresdens zusammenarbeiten? Von Oberbürgermeister Hilbert erwarte ich, dass er die rot-grün-rote Ratsmehrheit achtet und gefasste Beschlüsse ohne angezogene Handbremse umsetzt. Dann werden wir vernünftig zusammenarbeiten. Grüne und SPD sollten stets im Blick haben, dass die Erfolge von Rot-Grün-Rot auch deren Erfolge sind. „Glänzt“ die Kooperation dagegen mit Misserfolgen, fällt dies natürlich auch auf die beteiligten Kooperationspartner zurück. Deshalb sollten wir alle ein hohes Interesse daran haben, unsere Kooperationsvereinbarung gemeinsam und erfolgreich umzusetzen.

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02 / 2017

LINKE Fraktion Kurz&knapp

Fusion zum städtischen Klinikum Dresden unterzeichnet Mit Jahresstart 2017 fusionieren die städtischen Krankenhäuser Friedrichstadt und Neustadt zum „Städtischen Klinikum Dresden“. Was mit dem erfolgreichen Bürgerentscheid zum Erhalt der städtischen Krankenhäuser vor vier Jahren begann, ist nun mit der Fusion zu einem der größten zehn Krankenhäuser in Deutschland abgeschlossen worden. LINKE-Sozialbürgermeisterin Dr. Kris Kaufmann: „Mit der Fusion wächst das Krankenhaus zu einer der größten medizinischen Versorgungseinrichtungen in Dresden und der Region. Das breite Angebot an den Standorten Friedrichstadt, Neustadt-Trauchau, Weißer Hirsch und Löbtau wird in bewährter, vertrauensvoller Qualität erhalten.“ Sechs Jahre Sicherheit garantiert der Kündigungsschutz allen MitarbeiterInnen sowie die faire Bezahlung nach Tarif. Eine Privatisierung des Klinikums ist bis Ende 2022 ebenfalls ausgeschlossen. Neu ist die Integration eines Medizin-Pflegekonzepts, um die Versorgungsleistungen für über 60.000 stationär betreute Patienten und 110.000 in der Ambulanz auch zukünftig umfassend zu garantieren. www.klinikum-dresden.de

Schule auf Probe In einer neuen Versuchsschule testet die TU Dresden, wie die Schule von morgen aussehen könnte

von Anja Apel Seit fast 150 Jahren hat sich an der Schulorganisation kaum etwas verändert, während sich die Gesellschaft ständig verändert und weiterentwickelt. An der TU Dresden wurde deshalb unter Leitung von Prof. Dr. Anke Langner ein Konzept für eine „Versuchsschule“ entwickelt. Sie gründete Mitte Januar 2016 den Verein Universitätsschule Dresden e.V.. Mit dem Kultusministerium wurden bereits Verhandlungen aufgenommen und in Folge dieser Gespräche wurde der Paragraf 15 im neuen Entwurf des Schulgesetzes erweitert, um einen solchen Schulversuch gesetzlich abzusichern. Eine Evaluation soll mindestens über zwanzig Jahre durch Bildungswissenschaftler*innen erfolgen, verknüpft werden soll das mit der Lehramtsausbildung. Als Schulträger soll die Stadt Dresden die baulichen und sächlichen Voraussetzungen für die „Versuchsschule“ schaffen. Zurzeit werden durch die Landesbehörde Arbeitsverträge für die Lehrer*innen entworfen, welche dem anderen Schulalltag gerecht werden. Eine Versuchsschule hat einen zeitlich unbefristeten Versuchs-, Entwicklungs-, und Forschungsauftrag mit dem Ziel, neue zeitgemäße Schulkonzepte zu entwickeln und zu erproben. Sie erhält dafür relative große Gestaltungsfreiheiten mit gleichzeitigem Dokumentationsund Evaluationsauftrag. Das Regelschulsystem braucht Versuchsschulen,

Foto: Henri Klingberg / pixelio.de

weil sie Chancen für die allmähliche Übernahme neuer, erprobter Konzepte in Regelschulen eröffnen. Eine Versuchsschule zeigt gangbare praktische Lösungen und ist teilweise auch Initialzündung für andere Schulen, Schulentwicklung in ähnlicher Richtung anzugehen. Eine Versuchsschule leistet damit einen Beitrag zur kontinuierlichen Entwicklung des öffentlichen Schulwesens. Schwerpunkte des Konzeptes sind beispielsweise das längere gemeinsame Lernen bis zur zehnten Klasse, ein jahrgangsübergreifendes, fächerverbindendes, ganztägiges Lernen zur Ermöglichung des individualisierten Lernens und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zur Entwicklung zieldifferenter Lehr- und Lernmaterialien für Schüler*innen mit unterschiedlichen Leistungspotentialen in der Regelschule. Darüberhinaus sollen natürlich mit dieser Schulorganisation demokratische Werte an die Schüler*innen vermittelt und die Mitbestimmung aller in der Schule Tätigen gewährleistet werden. Dieses Schulmodell beinhaltet neue

Arbeitszeitmodelle für Lehrer*innen und ermöglicht eine vielfältige Medienkompetenz der Schüler*innen durch die Erprobung und Nutzung neuer Medien im Lernprozess. Erprobt werden sollen zudem andere Formen der schulischen Leistungsbemessung und Bewertung: Zensuren sollen so spät wie möglich erteilt werden. Damit sind nur einige Kernpunkte benannt, ich könnte die Liste noch beliebig lang fortsetzen. Schule muss sich weiterentwickeln, um Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft gleiche Bildungschancen zu eröffnen. Damit das gelingt, braucht es wissenschaftliche Begleitung sowie den politischen Willen die Veränderungen auch anzugehen. Noch bekommen wir von Seiten der anderen Fraktionen und des Schulverwaltungsamtes einen mächtigen Gegenwind. Doch wir lassen nicht locker und kämpfen weiter für eine Schule der Zukunft, welche den heutigen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht wird.

Chiapponisches Haus am Neumarkt

Wunsch nach Architekturfolklore von Tilo Wirtz Vor Weihnachten jubelten die Jünger des historisch rekonstruierten Neumarktes. Eine weitere Fassade, nämlich die des Chiapponischen Hauses würde rekonstruiert werden und so dem 1945 zerstörten Neumarkt eine Barockfassade mehr zurück gegeben. Doch zu den altbekannten Problemen der Rekonstruktion zerstörter Bauten kommt nun, dass der überlieferte Entwurf wahllos und beliebig verändert, ja verfälscht und gar verstümmelt wird, weshalb man in den Jubel eigentlich nicht mit einstimmen möchte, sondern eher entsetzt ist. Auf der Strecke blieben ja schon immer Authentizität, historische Materialien und Technologien. Denn am Dresdner Neumarkt ist „historisch“ zu „historisierend“ geworden. Hinter barock anmutenden Fassaden befinden sich nüchterne moderne Gipskartonräume , Tiefgaragen sowie Treppenhäuser, die mit Mailänder Marmor und Messingtreppengeländern nicht von Mehrfamilienhäusern in den Vorstädten zu unterscheiden sind und mit barocken Bürgerhäusern nichts gemeinsam haben. Auf dem ersten Blick entsprechen die Häuser von außen den alten Sepiapostkarten, allerdings ist auch hier wenig Kunst am Bau zu entdecken. Weisen barocke Häuser die zeittypischen handwerklichen Abweichungen von den Maßen auf, sind also

Abschneiden, ausschneiden, einfügen - hemmungslose Fassadenretusche am Neumarkt Foto: Tilo Wirtz

ewas hucklig, bucklig und krumm, sind die Häuser am Neumarkt mit DIN-Toleranzen dem Computer entlaufen und wirken in ihrer Exaktheit und Scharfkantigkeit überperfekt unbehaglich. Beim Chiapponischen Haus nun kommt es sogar zu einer Verstümmelung einer sehr artigen und konventionellen Barockfassade, bei der jegliche Hemmungen fallen. Das bis 1945 bestehende Gebäude stand mitten in einer Häuser-

zeile, rechts und links schlossen sich weitere Häuser an. In strenger Symmetrie gliederte sich die Fassade in neun Achsen, wobei die zweite wie die achte Achse durch Gesimse und barocken Zierat besonders betont waren und die fünfte als Mittelachse durch einen Erker noch einmal besonders hervorgehoben wurde. Insgesamt hatte das Haus drei Geschosse, zuzüglich Mansardgeschoss und Dachgauben. Da sich am Kulturpalast die retrobarocke Bebauung um

den Neumarkt nicht mehr fortsetzen lässt, wird das Chiapponische Haus nun aber zum Eckhaus. Mehr noch, die alte Barockfassade wird zum Giebel eines Eckhauses, dessen gewichtigere weil längere Hauptfassade um die Ecke nüchtern zeitgenössig daherkommt, wobei das Gebäude nun über Eck einen Sprung von der Mitte des achtzehnten in die erste Hälte des einunzwanzigsten Jahrhunderts vollführt. Einmal beim Retuschieren wird das Dach gleich noch zum Eckdach verschnitten. Damit sich die Sache in Zukunft besser rechnet, Originalfassade hin oder her - egal, wird gleich auch noch aus dem Handgelenk eine Etage hinzugefügt, während aus Platzgründen eine ganze Achse der Fassade brutal abgeschnitten wird. Jetzt stimmt zwar die Symmetrie nicht mehr und nach der Schönheitsoperation sitzt die Nase in Form des Erkers etwas schief im Gesicht, das stört in der seitlichen Projektion der veröffentlichten Fassadenvisualisierung das Laienauge zunächst mal nicht. Auch wird eine von den Proportionen her „liegende“ breite Fassade nun zu einer hochkant stehenden. Ergebnis ist kitschiger Retrobarock, der mit Baukultur nichts zu tun hat, sondern nur das dringende oberflächliche Bedürfnis nach Architekturfolklore befriedigt. Hauptsache Schnörkel – der Stil wird geopfert.

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LINKE Fraktion

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Qualität trotz Sparzwangs Wie Rot-Grün-Rot die Abmietungsstrategie der Verwaltung verfeinert von Kerstin Wagner Asylsuchende leben in Dresden zumeist in Wohnungen, etwa ein Drittel von ihnen ist in Wohnheimen oder Hotels untergebracht. Bemerkbar machen sich die sinkenden Zuweisungszahlen vor allem dort – die 2015 angesichts stetig steigender Zahl von Geflüchteten eilig geschlossenen Verträge mit den Eigentümern größerer Einrichtungen binden die Stadt über lange Zeiträume. Dabei ist nicht in allen die Selbstversorgung der Asylsuchenden möglich – sie erhalten das Essen von Caterern, die Kosten werden vom persönlichen Budget abgezogen. Das Konfliktpontential in diesen Einrichtungen ist größer, für Frauen und Kinder wird diese Art der Unterbringung deswegen zurecht abgelehnt. Auch die Bedürfnisse anderer, besonders schutzbedürftiger Asylsuchender müssen bei der Unterbringung berücksichtigt werden. Dafür soll das Sozialamt in den kommenden Wochen ein Konzept vorlegen. Die zu den Hochzeiten der Zuweisung notwendige „Notfallplanung zur Asylbewerberunterbringung“ soll nun wieder rückgängig gemacht werden. Es werden

Kooperation aus DIE LINKE, SPD und Grünen war es deswegen wichtig, die Standards für die Unterbringung und die Kriterien für die Abmietung festzuschreiben. Der Sparzwang darf nicht das wichtigste Entscheidungskriterium sein!

Foto: Jerzy / pixelio.de

heute nicht mehr alle ab 2015 geschaffenen Unterbringungsplätze benötigt, diese müssen nun abgebaut werden. Die Verwaltung hat deshalb eine Abmietungsstrategie vorgelegt. Diese hat das Potential, dass auf Kosten der Geflüchteten so viel Geld wie möglich gespart wird: Eine wachsende Anzahl von Unterbringungen in den Heimen mit langer Laufzeit wurden ebenso befürchtet wie eine Verdichtung von Wohngemein-

schaften. Die jedem Asylsuchenden zustehenden sechs Quadratmeter Wohnfläche könnte eine Unterbringung von drei oder mehr erwachsenen Personen in einem Raum oder auch die Unterbringung in Durchgangszimmern notwendig machen. Doch auch wenn die Asylsuchenden nur zeitlich begrenzt so untergebracht werden ist offensichtlich, welches Konfliktpotential die fehlende Privatsphäre über Monate birgt. Uns als

Vielmehr soll durch die bevorzugte Abmietung in Stadtteilen mit vielen untergebrachten Geflüchteten eine bessere Verteilung über die Stadt bewirken – möglichst unter Rücksichtnahme auf bereits gut ins Wohnumfeld integrierte Personengruppen, wie beispielsweise Familien mit Kindern. Natürlich soll der Anteil der in Wohnungen untergebrachten Personen weiterhin bei mindestens einem Drittel liegen. Wenn Heime vorerst nicht abgemietet werden können, soll die Verwaltung eine Umwidmung prüfen, die eine Nutzung für Wohnungslose ermöglicht. Für eine menschenwürdige Unterbringung haben wir neun Kriterien festgeschrieben. Auch wenn ein Teil davon bereits von der Verwaltung umgesetzt wird, wollen wir sie bestärken, die Qualität der Unterbringung für Asylsuchende zu verbessern.

Nutzung statt Leerstand Die Vorteile von Zwischennutzungen von brachliegenden Gebäuden liegen auf der Hand von Jacqueline Muth Obwohl auch in Dresden händeringend nach bezahlbaren Wohn- und Arbeitsräumen gesucht wird, stehen ca. 3000 Wohnungen und etliche Gewerbeimmobilien leer. Raumsuchende haben es gleichzeitig schwer, an die Immobilie heranzukommen. Woran liegt das?

mit Bestandsmietern, deren Interessen durch das Mieterschutzgesetz gewahrt werden. Dabei wird billigend in Kauf genommen, dass die Immobiliensubstanz leidet und nach längerem Leerstand möglicherweise nicht mehr renoviert werden kann, Abriss ist die Folge.

Leerstand befördert den schnelleren Verfall von Immobilien, gerade im Winter. Vandalismus, Staunässe und Frost schaden der Gebäudesubstanz. Statt eine Brache zuzunageln wäre es also sinnvoller, die Tür zu öffnen und die Nutzung durch Initiativen, Künstlerateliers,Startups oder auch Wohnungsuchende und andere zu ermöglichen. Gleichzeitig spart der Eigentümer Ausgaben für Sicherheits- und Hausmeisterdienste, da deren Aufgaben üblicherweise die Mieter selbst übernehmen.

Bei privaten Immobilien können Stadtverwaltung und Initiativen zwischen Privateigentümern und Nutzungsinteressenten vermitteln. Wichtig ist hier – auch später – dass es einen persönlichen Kontakt zwischen Mieter und Vermieter gibt. Es muss ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden, beide Seiten sollten mit offenen Karten spielen, um spätere Eskalationen zu vermeiden.

Trotz dieser Vorteile auch für den Eigentümer ergeben sich häufig Schwierigkeiten, wenn Raumsuchende sich für die Nutzung einer leerstehenden Immobilie interessieren. Bereits die Suche nach dem Eigentümer als Ansprechpartner ist oft schwierig: Häufig wünschen Privateigentümer keinen Kontakt zu möglichen Interessenten. Oder die Immobilie gehört zu einem Immobilienfond, die Immobilie wird dann meist von einer Immobilienverwaltung betreut, die Anfragen abwimmelt oder nicht beantwortet. Einige scheuen den befürchteten Mehraufwand durch Vermietung. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch der spekulative Leerstand: Das Gebäude oder Grundstück soll verkauft werden, das gelingt in unbezogenem Zustand besser als

Die Initiative „Wächterhäuser e.V.“ hat mit dieser Aufgabe bereits einige Häuser in Leipzig und anderen Städten erfolgreich für die Zwischennutzung erschlossen. Auch in Dresden gibt es ein „Wächterhaus“ - jedoch konnte sich dieses Konzept in Dresden nicht wirklich durchsetzen, weil hier die Leerstände seit Jahren abnehmen und der Immobilienmarkt boomt. So gibt es keine Anreize für Private, einen möglicherweise nur kurzzeitigen Leerstand zu vermeiden. Gehören Gebäude der Stadt, liegt der Fall ähnlich. Allerdings besteht hier die Möglichkeit, direkt anzufragen bei der Stadtverwaltung und möglichweise seine/ihre Interessen mithilfe von Initiativen und Stadträten deutlich zu machen. Die Stadt ist nicht verpflichtet, leerstehende Immobilien zur Verfügung zu stellen. Jedoch profitieren auch städtische Immobilien von einer Nutzung anstelle von Leerstand.

Foto: Marco Barnebeck / pixelio.de

Auf Antrag der LINKEN Fraktion im Stadtrat erarbeitet derzeit das Kulturamt ein Nutzungskonzept für die städtische Liegenschaft Meißner Landstraße 4. Nach dem Auszug des Theater Junge Generation im Dezember steht das Objekt leer und soll nun teilweise umgebaut und einer neuen Nutzung durch Initiativen, Kreative und andere zugeführt werden. Auch die alte Spielstätte der Staatsoperette in Leuben ist Ende 2016 brachgefallen. Dieses Grundstück wird derzeit als Schulstandort geprüft. Sollte die Prüfung negativ beschieden werden, ergibt sich auch hier die Überlegung, ob eine kulturelle Nachnutzung anzustreben ist. Gerade in Leuben reißt die Abwanderung des Theaters ein empfind-

liches Loch in die spärliche Kulturlandschaft vor Ort. Die CDU-Antragsinitiative zu diesem Grundstück ist hingegen nicht optimal. Sie schlägt einen Konzept-Verkauf vor. Zwar ist ein Verkauf mit (stimmigem) Konzept immer noch besser als ohne Konzept. Jedoch wäre es besser, hier endlich den Hebel umzulegen und sich von der konservativen Immobilienmentalität „erst verschleißen, dann verschachern“ weg zu bewegen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit öffentlichem Eigentum. Städtische Immobilien sollten weder verkauft noch verschleißen, sondern gepflegt werden und denjenigen zur Verfügung stehen, die auf der Suche sind nach bezahlbaren Wohn- und Arbeitsräumen.

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LINKE Fraktion Qualitäten der Ostmoderne entdecken, wertschätzen, erhalten und nutzen

ganz hinten n links von Jens Matthis Der Ruf der Dresdner Versammlungsbehörde ist leider nicht der beste. Immer wieder wurde gemutmaßt, sie behandle die PEGIDA-Anmelder geradezu zuvorkommend, während sie gegenüber Gegendemonstrationen außergewöhnlich restriktiv sei. Nun mag diese Einschätzung sehr subjektiv sein. Am 3.Oktober letzten Jahres wurde es aber selbst vielen eigentlich obrigkeitsgläubigen Zeitgenoss*innen zu bunt - oder besser gesagt zu braun. Die Kritik kam nun sogar „von oben“. Grüne und LINKE ergriffen daraufhin die Initiative und brachten einen Antrag ein, der Stadtrat möge den Vorwürfen auf den Grund gehen. Vorsorglich teilte daraufhin die Landesdirektion mit, der Stadtrat habe dazu keine Entscheidungs-, wohl aber eine Befassungskompetenz. Na immerhin - Gut, dass wir mal drüber reden können. Sofort setzte sich Oberbürgermeister Hilbert an die Spitze der Bewegung und verkündete im Stadtrat: „Lassen Sie uns einen oder mehrere Gutachter eine verfassungsrechtliche Überprüfung der Arbeit der Versammlungsbehörde vornehmen.“ Das warf immerhin die Frage auf: Darf der Stadtrat über diesen Vorschlag entscheiden oder sich wenigstens damit befassen? Da es danach darum wieder ziemlich ruhig wurde, fragte ein ungeduldiger Stadtrat, ein gewisser Schollbach, nach: Welche Maßnahmen hat der Oberbürgermeister eingeleitet, um die Versammlungsbehörde daraufhin zu überprüfen, ob und welche Missstande hier vorliegen?“ Und was antwortete der Oberbürgermeister? „Wenn es in der Versammlungsbehörde „Missstände“ gegeben hätte oder geben würde, hätte sowohl der zuständige Beigeordnete als auch ich als Leiter der gesamten Stadtverwaltung Anlass gehabt, diesen nachzugehen und sie abzustellen. Es Iiegen aber - abgesehen von lhrer nicht näher begründeten Unterstellung - keine Anhaltspunkte für Missstände vor.“ Na dann ist ja alles gut. Wozu prüfen, wenn man das Ergebnis bereits schon kennt?

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Abrisse aufhalten von Marco Dziallas Seit gut zwei Jahren bin ich inzwischen Mitglied im Ortsbeirat Dresden-Altstadt und habe dadurch meinen Blick auf das Baugeschehen in der Stadt geschärft. Zahlreiche Bauvorhaben haben inzwischen Bauherren und Architekten bei uns im Ortsbeirat vorgestellt. Bei den allermeisten Bauvorhaben vermisse ich einen gestalterischen oder sogar künstlerischen Anspruch, den ich umso mehr in der Nachkriegsmoderne in Dresden für mich wiederentdeckte – das betrifft vor allem die Architektur aus den 1960er und 70er Jahren. Mir fiel neben den gestalterischen Qualitäten auf, dass schon eine ganze Menge an einmaligen und nicht einmal alten Gebäuden verschwunden waren. Dazu gehört das Centrum-Warenhaus an der Prager Straße mit seiner futuristischen Aluminium-Wabenfassade, die HO Gaststätte am Zwinger (bekannt unter dem Ausdruck „Fresswürfel“) oder auch das nach Entwürfen des bekannten Dresdner Architekten Wolfgang Hänsch gebaute Einkaufszentrum an der Webergasse, an dessen Stelle sich heute die Altmarktgalerie befindet. Viele weitere Beispiele für Abrisse oder auch Umformungen lassen sich aus dieser baugeschichtlichen Epoche finden. Ich begann zu schauen, was denn noch übrig ist und was davon erhaltenswert ist.

Robotron und Pinguin-Café Als ich im Sommer 2015 von den Abrissplänen weiterer hochwertiger und gut erhaltener Gebäude am ehemaligen Robotron-Areal erfahren habe, verabredete ich mich mit dem Gründer des Bürgernetzwerks ostmodern. org Matthias Hahndorf auf den Stufen vor der ehemaligen Robotron-Kantine. Und es stand fest, wir wollen wenigstens baubezogene Kunst retten und die Robotron-Kantine darf als zeit- und industriegeschichtliches Gebäude nicht verschwinden sondern braucht eine neue Nutzung. Viel Zeit verbrachten wir mit Rettungsversuchen von baubezogener Kunst, in die zu Bauzeiten zwischen 1 bis 2 Prozent der Bausumme investiert wurde. So waren uns beispielweise die farbigen Bleiglasfenster im Treppenhaus am inzwischen abgerissenen Atrium I oder dem Erhalt der ornamental gestalten Aluminiumplatten am Rechenzentrum (zuletzt „Teppichfreund“) wichtig. Nebenbei bauten wir das Netzwerk aus, knüpften Kontakte weit über die Stadtgrenzen von Dresden hinaus und nahmen an vielen Veranstaltungen rund um das Thema teil. Schon seit dem Bekanntwerden der Abrisspläne für das Pinguin-Café in

Foto: Archiv

kolumne mne

Das Pinguin-Café mit seinem charmanten Zickzack-Dach ist ein Kleinod der Ostmoderne

der Ausgabe der Sächsischen Zeitung vom 20. Oktober 2015 steht dieser Pavillon auf unserer „Rettungsliste“. Wir recherchierten zur Geschichte und fanden schnell heraus, dass dieser kleine und einmalige Bau 1969 an der KarlMarx-Allee in Berlin stand. Anlässlich der Ausstellung zum 20. Geburtstag der DDR wollte man in der Ausstellung „Kämpfer und Sieger“ einem internationalen Publikum den Fortschritt und die Überlegenheit des Sozialismus präsentieren. Rund um das Ausstellungsgebäude der 1972 abgerissenen Deutschen Sporthalle entstanden mehrere kleine Gaststätten und Cafés mit Namen wie „Thüringer Wald“, „Ostsee“ oder „Oderbruch“. Eines davon war das charmante „Boulevard-Café“ des Architekten Erich Lippmann, ein leichter pavillonartiger Bau mit einer kühnen wellenförmigen Dachform. Dieser Bau zog dann nach Dresden um und wurde hier 1973 im Zoo mit Blick auf das Pinguin-Gehege eröffnet – er trägt deshalb bis heute den Namen „Pinguin-Cafe“. Es folgte ein Schreiben an das Landesamt für Denkmalpflege, welches das Gebäude nach einer fachlichen Prüfung auf die Denkmalschutzliste setzte. Kurze Zeit später wurde diese Denkmalschutzwürdigkeit, angeblich weil kein öffentliches Interesse an dem Erhalt besteht, von der Führungsspitze gegen den Rat der Fachabteilung aberkannt. An dieser Stelle könnte jetzt noch ein langer Text über die Missstände im Denkmalschutz in Sachsen folgen, wofür aber an dieser Stelle kein Platz ist. Schließlich setzt sich aber die untere Denkmalbehörde in Dresden für den Erhalt des Baus ein, gleichwohl ein Verbleib im Zoo nicht mehr möglich ist, da an gleicher Stelle ein größerer Neubau geplant ist. Es wurde eine Studie an der TU Dresden am Institut für

Marco Dziallas ist LINKE-Ortsbeirat in Dresden-Altstadt Kontakt: [email protected] Weitergehende Informationen gibt es online unter: Pinguin-Café Dresden: www.facebook.com/pinguincafe73 Robotron-Kantine Dresden: www.facebook.com/robotron.kantine Ostmodern allgemein: www.facebook.com/ostmodern.org

Baukonstruktion in Auftrag gegeben, die einen Abbau und eine Einlagerung für 40.000 Euro für machbar hält. Diese Studie liegt nun seit Dezember 2016 vor, und nun wurde der interfraktionelle Antrag eingereicht, der im Ausschuss für Kultur und Tourismus die Mehrheit bekam, wie hoffentlich auch in der beschließenden Sitzung am 26. Januar im Stadtrat. Dann muss das Pinguin-Café im Februar schnell abgebaut werden, da der Neubau bereits im März 2017 starten soll. Es gibt bereits schon weitergehende Gedanken und Gespräche mit der Aussicht auf einen neuen Standort.

Würdigung der Ostmoderne Es hängt unter anderem vom Zeitgeist ab, ob eine Bauepoche gewürdigt wird, denn unsere Vorlieben ändern sich. Die ältesten Baustile werden historisiert, und wir erkennen ihre Qualitäten. Darum muss die Nachkriegsmoderne in Ost und auch West noch zittern. Wir als Netzwerk ostmodern setzen uns nicht nur für den Erhalt ein, sondern möchten genau diese Werte und Qualitäten auch stärker der Öffentlichkeit vermitteln. Dazu haben wir noch viele Pläne und Ideen. Gerade bereiten wir zusammen mit dem Stadtmuseum Dresden einen Themenstadtplan zu dieser Zeitschicht vor, ergänzt durch Stadtführungen. Das alles soll bis zur Ausstellungseröffnung zum Kulturpalast im April fertig sein. Der Schwerpunkt in den nächsten Tagen und Wochen liegt wohl bei der Robotron-Kantine, dazu aber in der nächsten Ausgabe vielleicht mehr. Es gibt viel zu tun, wir freuen uns deshalb über Mitstreiter, Unterstützung, spannende Geschichten oder auch Fotos und Postkarten aus dieser Zeit.

Impressum Herausgeber: Fraktion DIE LINKE Dr.-Külz-Ring 19, 01067 Dresden E-Mail: [email protected] V.i.S.d.P. Thomas Feske Satz und Layout: Max Kretzschmar Mitarbeit an dieser Ausgabe: Thomas Feske, Tilo Wirtz, Kerstin Wagner, Marco Dziallas, Jacqueline Muth, Anja Apel Uta Gensichen Fotos: pixelio.de Druck: Lausitzer Rundschau Druckerei Cottbus Auflage dieser Ausgabe: 6.000 Exemplare Vertrieb: Schneller ist besser! Logistik GmbH Siblog

linksjugend [’solid] Dresden

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„Ein Faible für Bürokratie“ Tilman Loos ist Mitglied im Landesvorstand von DIE LINKE. Sachsen und Jugendkandidat für die kommende Bundestagswahl. Ein Gespräch mit dem Leipziger über Religion, Punkrock und was ihm an Dresden gut gefällt.

Tilman Loos (28) streitet für Laizismus und Transparenz.

Tilman, „Punkrock und Parteiarbeit“ lautet Dein Motto für die Kandidatur. Wie hängt das für dich zusammen? Parteiarbeit wird oft mit Krawatten tragenden Leuten im Fernsehen und schnöder Bürokratie assoziiert – für Letzteres habe ich zugegebenermaßen auch ein Faible. Ich mag meine Partei und was man da alles machen kann. Aber Politik kann man durchaus auch mit Punkrock-Aktionen verbinden, also mit Humor, aber auch mit scharfer Kritik. Das miteinander zu verzahnen, ist gemeint mit „Punkrock und Parteiarbeit“. Wer hätte es gedacht – deine ersten politischen Schritte hast du in der Satireorganisation „Front deutscher Äpfel“ gemacht. Erst später bist du zur Linksjugend und Parteiarbeit gekommen. Wie ernst war es dir denn damit? Ich bin 2007 in DIE LINKE eingetreten, als es die Fusion zwischen WASG und Linkspartei.PDS gab und hab mir damals gedacht: Eine Partei links der

Foto: privat

SPD, das ist doch eine sehr vernünftige Geschichte, vor allem, wenn man sich die SPD zum damaligen und auch heutigem Zeitpunkt anschaut. Eine Satiregruppe hatte ich schon, da hat „was ernstes“ noch gefehlt. Auf deiner Webseite kritisierst du Expert_innen im Bundestag. Warum? Fachwissen ist natürlich notwendig. Aber ich glaube, dass es nicht sein muss, dass jeder in der Bundestagsfraktion einen Sprecherbereich hat. Und offensichtlich sind nicht alle notwendig, denn auch kleinere Fraktionen schaffen es ja zu arbeiten – auch ohne so viele Bereiche. Man könnte das beispielsweise aufteilen zwischen denen, die direkt gewählt sind und vor allem in den Wahlkreisen unterwegs sind und denjenigen, die einen besonderen thematischen Fokus haben. Deinen eigenen Fokus legst du ja u.a. auf das Thema Transparenz. Was erwartest du dabei von deiner Partei?

Die Partei macht ja Vereinbarungen mit Kandidatinnen und Kandidaten und hat bestimmte Erwartungen. Sie kann die meisten Sachen aber nicht juristisch durchsetzen. Ihr fehlt gewissermaßen das Machtinstrument, Sachen geltend zu machen. Ich glaube, das Beste wäre hier, wenn die Abgeordneten transparent arbeiten. Das minimiert auch die Gefahr, dass die ganze Partei durch den Skandal eines Einzelnen betroffen ist. Wenn alle Abgeordneten transparent darlegen, was sie tun, ist die Gefahr wesentlich geringer. Das schafft auch eine Kultur des verantwortlichen Umgangs mit den Ressourcen und Privilegien, die Abgeordnete haben. Das ist vor allem nach außen relevant, weil für DIE LINKE spricht, dass wir als Partei nicht käuflich sind, eben weil wir keine Spenden von Unternehmen annehmen. Es schafft Glaubwürdigkeit, wenn die Abgeordneten sagen: „Hey, wir spenden einen großen Teil der Diäten und wir machen das Ganze hier nicht, weil wir karrieregeil sind, sondern weil wir für linke Politik streiten wollen“.

zu tun, ob man selber gläubig ist, einer Religionsgemeinschaft angehört oder ob man Agnostikerin oder Atheist ist. Ich denke aber, dass das Thema gerade jetzt von großer Relevanz ist, weil AfD sowie CDU und CSU zunehmend auf einen Kulturkampf setzen. Dabei tun sie etwas, was der Idee des Laizismus extrem zuwider läuft. Sie versuchen nämlich, die Grundpfeiler der Bundesrepublik religiös herzuleiten. Für mich jedoch geht der private Glauben niemanden etwas an und der Staat hat die Aufgabe, die Pluralität sicherzustellen. In Zukunft wird es noch viele Debatten zum Thema Religion geben. Darauf muss man eine Antwort haben und zwar eine stringente. Ich glaube, dass der Laizismus eine angemessene Antwort für uns als LINKE ist. Da du ja auf der sächsischen Landesliste antrittst, zum Schluss noch eine besondere Challenge: Fallen dir als gebürtiger Leipziger ad hoc drei Dinge ein, die in Dresden schöner sind?

Das kann man fast bei jedem Thema sagen. Laizismus hat jedoch nichts damit

Ähh, also: Der Nacht-ÖPNV ist wesentlich besser, Dresden hat keinen reinen Kopfbahnhof und der Elberadweg ist sehr schön. Dresden ist außerdem näher an Tschechien gelegen – gewissermaßen das Sachsen Europas. Tschechien hat in der EU nämlich den höchsten Bierverbrauch pro Kopf, Sachsen den zweithöchsten.

Offenbar haben wir voll ins schwarze getroffen, denn vier Tage später erfuhren wir aus der Sächsischen Zeitung, dass Mackenroth Strafanzeige gegen uns erstattet hat, in der SZ lässt er sich zitieren „Ich sehe nicht ein, mich dafür beleidigen lassen zu müssen, dass ich meine Arbeit tue.“ Kurz darauf bekamen wir Rückenwind von der Landesgeschäftsführerin Antje Feiks: „Wer sich eine hart formulierte Kritik seiner Arbeit nicht anhören

will, sollte allerdings auch bei der Vielzahl von Mordaufrufen und Hassparolen gegen Geflüchtete im Netz nicht untätig bleiben.“ Weiter führt sie aus „Vielleicht lassen wir einfach mal die Kirche im Dorf. […] Hier entsteht einmal mehr das fatale Signal für den Freistaat: Sachsen schiebt ab. Komme, was wolle. Ein weiterer Kniefall vor dem Rechtspopulismus und gerade am Tag vor Weihnachten ein vollkommen falsches Signal.“

Neben Transparenz streitest du für Laizismus. Trittst du damit nicht vielen potenziellen Wähler_innen und Genoss_innen auf die Füße?

Ausländerbeauftragter Mackenroth zeigt linksjugend Dresden an

Falsches Signal von Christopher Colditz Schon 2013 flüchtete die Familie Queslati nach Deutschland, da sie von Islamist*innen bedroht wurde. Seither haben sich alle Familienmitglieder integriert. Alle sprechen ein gutes bis fließendes Deutsch, der Sohn beherrscht nicht einmal die arabische Sprache, in Tunesien kann er sich daher nicht verständigen. Die Tochter gehört zu den Besten in ihrer Klasse. Anfang November wurde die Familie gegen 6 Uhr am Morgen von Polizist*innen aus ihrer Wohnung geholt, sie sollten zurück nach Tunesien abgeschoben werden. Sie saßen schon im Flugzeug, als sie die Nachricht erhielten, dass die Abschiebung vorerst ausgesetzt und sich die Härtefallkommission mit dem Fall beschäftigen wird. Am 23. Dezember dann, einen Tag vor Heiligabend, entschied die Härtefallkommission, deren Vorsitzender Landtagsabgeordneter Geert Macken-

roth (CDU) ist, dass die Familie doch abgeschoben wird. Wir kommentierten dieses Geschehen am 24. Dezember, auf unserer Seite in dem sozialen Netzwerk mit der Überschrift „Merry fuck you, Herr Mackenroth!“ und ergänzten „Während Herr Mackenroth heute seinen Hintern im Warmen hat und im Kreis seiner Liebsten Weihnachten feiern kann, muss sich Familie Oueslati, mit ihren drei kleinen Kindern, seelisch auf ihre Abschiebung vorbereiten. Die Härtefallkommission, deren Vorsitzender der Ausländerbeauftragte Mackenroth ist, hat gestern entschieden, dass der Familie kein Bleiberecht zugesprochen wird. Was für ein tolles Geschenk!“. Der Beitrag verbreitete sich mit rasender Geschwindigkeit in den sozialen Netzwerken, auch unter den Unterstützer*innen der Familie und auch Ahmed Queslati kommentierte den Beitrag zustimmend.

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Interkultur

Rosa Luxemburg Stiftung Dresden

Veranstaltungstipp am 08. Februar

Deutsche Pop Zustände Bezahlbares Wohnen von Susann Scholz-Karas

Denken wir an rechte Musik, so denken wir an grausame Texte und noch grausamere Töne, es klingt nach Krach, nach Brüllen, einfach mehr nach Nazi als nach Musik. Doch ist das wirklich so? Denn warum gelingt es, rechtsextremen Strukturen auch durch Musik Menschen für ihre Ideologien zu interessieren? Diesen und anderen Fragen wollen wir gemeinsam mit Dresden Nazifrei am 22. Februar in der WIR-AG nachgehen. Wir zeigen den Dokumentarfilm „Deutsche Pop Zustände - Eine Geschichte rechter Musik“ und kommen mit dem Regisseur Dietmar Post ins Gespräch. In der Ankündigung des Filmes heißt es auf http://www.playloud.org/ folgendes: “Ein Dokumentarfilm über das Zusammenspiel von Popkultur und rechter Ideologie, der die Entwicklung nationalistischer Musik seit den späten 1970er Jahren in Deutschland reflektiert. Jahrzehntelang galt Popkultur als modern und emanzipatorisch, längst aber ist sie Teil der gesellschaftlichen Mitte und hat sich merklich nach rechts geöffnet: Die Übergänge zwischen Mainstream und neonazistischen Ideologien sind inzwischen fließend.

Im ersten Bekennervideo des NSU werden die Songs „Am Puls der Zeit“ und „Kraft für Deutschland“ der populären Rechtsrock-Band „Noie Werte“ zur musikalischen Untermalung des Gezeigten verwendet. Musik spielte im NSU um Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe eine zentrale Rolle. Von ihnen ist bekannt, dass sie in der subkulturell geprägten neonazistischen Szene politisiert wurden und häufig auf Konzerte gingen. Die Szene baut zunehmend auf die mobilisierende Wirkung der Musik. Der Dokumentarfilm von Dietmar Post und Lucía Palacios zeichnet diese Entwicklungen nach und stellt Verbindungen zu sozialen und politischen Entwicklungen in Deutschland seit den späten 1970er Jahren bis in die Gegenwart her. Für ihren Film haben sie Poptheoretiker und Soziologen, Musiker und Label-Vertreter sowie einen Aussteiger aus der rechten Szene und einen Ausstiegsberater mit einer umfangreichen Sammlung musikalischer Beispiele besucht und diese von ihnen analysieren, kommentieren und einordnen lassen.“

Wohnen ist auch in Sachsen zu einer der zentralen sozialen Fragen geworden, die sich in den verschiedenen Städten und Regionen ganz unterschiedlich zeigt. In Dresden oder Leipzig und in den Speckgürteln gibt es erhebliche Mietsteigerungen, selbst in kleineren Städten werden zum Teil ganze Straßenzüge von Investoren aufgekauft. Gleichzeitig haben viele andere Orte Probleme mit Leerstand oder mit Altschulden der kommunalen Wohnungsunternehmen. Viele Mittel- und Kleinstädte oder Dörfer etwa in der Lausitz, im Erzgebirge und im Vogtland leiden unter den Folgen der Abwanderung und des demografischen Wandels. Und nicht zuletzt gibt es auch in Sachsen eine ansteigende Wohnungslosigkeit und Probleme mit der dezentralen Unterbringung Geflüchteter. Erwerbslose kommen häufig nicht mehr klar mit den Kosten der Unterkunft. Die Kosten für altersgerechten Umbau überfordern viele Seniorinnen und Senioren.

Mittwoch | 22. Februar| 19 Uhr Film und Diskussion Deutsche Pop Zustände - Eine Geschichte rechter Musik Mit Dietmar Post (Regisseur, play loud! productions) Wir AG |Martin-Luther-Str. 21 | 01099 Dresden

Caren Lay (MdB), wohnungspolitische Sprecherin der LINKEN Bundestagsfraktion und Stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende, möchte sich ein umfassendes Bild der Situation in Sachsen machen. Während ihrer Wohnungspolitischen Tour, die sie anlässlich unserer Partei- Kampagne „Das muss drin sein“ gestartet hat, wird sie in ganz Sachsen kommunale Wohnungsunternehmen, Genossenschaften, Mietervereine, Initiativen und Institutionen besuchen. Am 8. Februar ist Caren Lay mit ihrer Wohnungspolitischen Tour in Dresden. Abends möchte sie gemeinsam mit Bürgermeisterin Kris Kaufmann bei einem „Wohnungspolitischen Stammtisch“ mit Genossinnen und Genossen, Mieterinnen und Mietern, Initiativen und Genossenschaftsmitgliedern in Kontakt kommen und sich über die Dresdner Wohnungspolitik austauschen. Ihr seid herzlich eingeladen!

Diskussion mit Dr. Kris Kaufmann und Caren Lay (MdB) Mittwoch | 08. Februar | 19 Uhr LadenCafé aha | Kreuzstraße 7

Unterwegs in Sachsen und Europa… von Anja Eichhorn Auch im vergangenen Jahr waren wir Sachsen unterwegs, um gemeinsam mit den Genoss*innen und unseren Bündnispartner*innen für eine solidarische Europapolitik zu streiten u.a. in Weißwasser, in Leipzig, Kirchberg, Görlitz, Freiberg oder Dresden. Auch auf europäischer Ebene war Conny Ernst als Mitglied der Delegation DIE LINKE. im Europaparlament vor Ort: in Belgrad, Wien, in der Türkei oder zu den Studientagen der Fraktion in den Niederlanden. Gleichfalls haben wir unsere Studie zur europäischen Migrationspolitik fertigstellen können, die nun vorliegt und allen Interessierten bei Bedarf frei zur Verfügung steht. Parallel dazu arbeiten wir gemeinsam in der LAG Asyl und Migration an einem linken Integrationspapier, welches in den kommenden Wochen zur Debatte stehen soll. Wie ihr sicherlich wisst, haben wir 2016 zusammen mit MdL Sarah Buddeberg, auch die Ausstellung zur häuslichen Gewalt eröffnet, die seitdem in Dresden, Leipzig und darüber hinaus in fast ganz Sachsen zu sehen war und von Fachgesprächen und öffentlichkeitswirksamen Ausstellungen begleitet wurde. Für das neue Jahr haben wir uns vorgenommen,

Bericht aus Europa die Ausstellung auch außerhalb Sachsens zu zeigen. Geplanter Startpunkt dafür ist das rheinlandpfälzische Europabüro von Conny Ernst und MdEP Gabi Zimmer in Mainz. Von dort aus soll die mobile Ausstellung dann in Ludwigshafen und Trier gezeigt werden. Natürlich liegt uns, neben der öffentlichkeitswirksamen Sensibilisierung für das Thema, auch hier die Vernetzung und der Austausch mit Expert*innen am Herzen. Themenabende und mögliche Fachgesprächsrunden sollen daher den Rahmen der kleinen Tour im 1. Halbjahr bilden. Gleich zu Beginn des Jahres waren wir aber wieder in Sachsen unterwegs, diesmal zusammen mit Mdl Falk Neubert in Döbeln, wo in den Räumen des dortigen Frauenzentrums „Regenbogen e.V.“ die Ausstellung zu sehen war. Trotz wesentlicher Fortschritte, auch auf europäischer Ebene, finden die Belange von Trans* Personen in Europa noch

viel zu wenig Beachtung. Menschen, die sich dem gesellschaftlich verankerten System der Zweigeschlechtlichkeit nicht zugehörig fühlen, sind in vielen Ländern der EU nach wie vor massiver Diskriminierung ausgesetzt. Und das obwohl die Parlamentarische Versammlung des Europarates 2015 eine wegweisende Resolution gegen die Diskriminierung von Trans* Menschen verabschieden konnte. Wir möchten die bestehenden Ungerechtigkeiten sichtbar machen und für das Thema sensibilisieren. Aus diesem Grund möchten wir, als ein Schwerpunkt unserer politischen Arbeit, die Situation und Belange von Trans* Menschen stärker in den Focus rücken. Fest steht: Auch dieses Jahr werden wir in Sachsen unterwegs sein und für ein soziales und gleichberechtigtes Europa streiten. Gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen, dem konservativem Rollback und des ge-

sellschaftlichen Rechtsruck den wir erleben ist es wichtig, gemeinsam für eine offene und gleichberechtigte Gesellschaft – für eine alternative und linke Politik einzustehen. Dafür wollen wir uns auch weiterhin stark machen und freuen uns auf kommende Projekte und die Arbeit an den Themen. An dieser Stelle möchten wir allen Genoss*innen noch einen guten, kämpferischen und kraftvollen Start ins Neue Jahr wünschen. Natürlich könnt ihr uns wie immer erreichen unter: [email protected] oder auf www.cornelia-ernst.de Dort findet ihr alle Termine sowie aktuelle Infomaterialien.

Impressum Herausgeber: DIE LINKE. Dresden Großenhainer Straße 93, 01127 Dresden, Tel.: 0351 8583801 Fax: 0351 8583802, www.dielinke-dresden.de E-Mail: [email protected] V.i.S.d.P. Jens Matthis Satz und Layout: Max Kretzschmar Mitarbeit an dieser Ausgabe: Katja Kipping, Kristin Hofmann, Franziska Fehst, Ursula Zierz, Anja Klotzbücher, Sarah Buddeberg, Uta Gensichen, Helga Brand-Kästel, Fotos: Pixelio.de Lausitzer Rundschau Druckerei GmbH, Cottbus

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Blickwechsel

Links muss ökologisch sein Am 27. und 28. Januar findet in Essen die Konferenz zum sozial-ökologischen Umbau statt. Warum links nicht mehr ohne Nachhaltigkeit geht, erklären die eingeladenen Referent_innen. Ob jemand besonders stark von tosendem Straßenlärm oder verschmutzter Luft belastet ist, hängt insbesondere von einem Faktor ab – dem Einkommen. Seit Jahrzehnten weisen deshalb Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter in der ganzen Welt darauf hin, dass dieje-

nigen Menschen, die weniger Geld haben, häufiger unter Umweltbelastungen leiden. Aber auch die gravierenden Folgen des Klimawandels treffen in erster Linie arme Länder und deren Bevölkerung. Eine gesellschaftliche Transformation ist also dringend notwendig.

Wie das gelingen kann, darum soll es auf der Konferenz zum sozial-ökologischen Umbau gehen, die gemeinsam von DIE LINKE. Bundestag und der Rosa-Luxemburg-Stiftung veranstaltet wird. Eingeladen sind Referentinnen und Referenten aus Umweltverbänden

Was sind die „harten Brocken“ für die linke Politik, denen sie sich stellen muss? Natürlich benötigen wir starke Gewerkschaften und gute Arbeit. Doch linke Politik ist immer noch sehr auf die Erwerbsarbeit und hier insbesondere auf die mehrheitlich männlichen Kernbelegschaften in den traditionell starken Industrien konzentriert. Und die Linke ist bislang eher eine Umverteilungs- und keine Transformationslinke, sie fragt zu wenig nach

der Art und Weise der Produktion. Der zweite „harte Brocken“ liegt in der internationalen Orientierung. Friedenspolitik ist zentral, doch sie muss ergänzt werden um politische Vorschläge, wie hierzulande und weltweit die imperiale Lebensweise, die sich ja auch in den Schwellenländern rasch ausbreitet, verändert werden kann.

Prof. Ulrich Brand, Universität Wien, Stellv. Leiter des Instituts für Politikwissenschaft

und Klimabewegung, Wissenschaft und Gewerkschaften. Zu den harten Brocken des sozial-ökologischen Umbaus, die auf der Konferenz diskutiert werden, zählen etwa die gerechte Gestaltung des Kohleausstiegs, das Wachstumsdilemma und herrschende Konsumweisen.

Erwerb/Muße/Sorgearbeit: Mit welchem Mix wird Gesellschaft verändert? Für mich muss die Diskussion um eine Arbeitszeitverkürzung wieder in Gang kommen, denn um ökologischer zu leben, brauchen wir auch mehr Zeit, so für Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Stichwort Entschleunigung muss in Zukunft auch bei uns Linken eine Rolle spielen, genauso wie der Begriff Life-Work-Balance, was so viel heißt wie eine Ausgewogenheit von Erwerbsarbeit und Freizeit. Klar ist, dass wir viel mehr Arbeitsplätze im öffentlichen Bereich wie Bildung, Pflege, Krankenhaus und Betreuung brauchen und diese finanziert werden müssen. Allerdings irgendwoher muss das Geld kommen und das

heißt: Wir brauchen nach wie vor neben Dienstleistungen auch Wertschöpfung in der Produktion von Gütern. Diese müssen nachhaltig produziert werden und der Gedanke der Kreislaufwirtschaft ohne neue Rohstoffe muss Fuß fassen. Auch Zeit für Sorge, also Kinderbetreuung aber auch häusliche Pflege müssen mehr in den Blickpunkt einer zukünf tigen Politik rücken. Eine andere Gesellschaft braucht eine Umverteilung des Reichtums und eine andere Bewertung von Arbeit. Dazu gehört eine gute Entlohnung auch und gerade in der Dienstleistung und eine Grundsicherung um den Niedriglohnsektor endlich auszutrocknen.

Warum ist die ökologische auch immer eine soziale bzw. Gerechtigkeits-Frage? Ökologische und soziale Fragen müssen eng verschränkt beantwortet werden. Schon vor gut 15 Jahren scheiterte RotGrün daran bei der Ökosteuer-Reform. Die Mehrbelastungen für sozial Benachteiligte in der Gesellschaft wurden nicht ausgeglichen. Das untergräbt die Akzeptanz für lenkende Ansätze, mit denen die wahren ökologischen Folgekosten von Produkten oder Dienstleistungen für den Konsumenten eingepreist werden. Ich denke, wir brauchen eine grundlegende ökologische Wende in der Energie-, Verkehrs- und Agrarpolitik – und dies mit einer guten Kombination

von ordnungspolitischen Verboten und Anreizen für ökologische Innovationen. Doch dies wird nur auf breite Unterstützung in der Bevölkerung treffen, wenn diese über soziale Sicherheit verfügt - und nicht große Teile von ihr mit Abstiegsängsten konfrontiert sind oder in Armut leben. Sonst begünstigt dies die Rechtspopulisten von der AfD, die gegen eine ökologische Wende streitet. Aber Ökologie und Gerechtigkeit sind auch immer eine globale Frage. Letztlich geht es darum, wer auf diesem endlichen Planeten noch wieviel Zugang zu den knappen fossilen Ressourcen erhält.

Christoph Bautz, Geschäftsführer der Organisation Campact

Ralf Krämer, Bereich Wirtschaftspolitik, ver.di-Bundesvorstand

Wie kann die Linke grüner werden und sollte sie das überhaupt? Zunächst: Es geht nicht darum, dass die LINKE grüner werden soll, sie muss von ihrer gesamten Ausrichtung her genauer auf diese Themen schauen. Wie halten wir es mit dem Wachstum? Folgen wir weiter dessen Logik. Wie sieht es wirklich mit dem Umgang mit fossilen Rohstoffen aus? Wie betrachten wir die Energiewende und wie weit wollen wir da gehen? Und was hat soziale Gerechtigkeit mit alledem zu tun?

Dagmar Enkelmann, Vorsitzende der Rosa Luxemburg Stiftung

Eva Bulling-Schröter, Energieund Klimapolitikerin der LINKEN im Bundestag

Insofern geht es nicht darum, ökologischer zu werden, sondern darum, die Forderungen und Themen, die mit dem Begriff sozialer Gerechtigkeit zusammenhängen, weiter auszudehnen. Und da müssen wir globaler werden. Ich habe den Eindruck, dass die LINKE Probleme und Folgen der sozialökologischen Transformation noch sehr rational und regional betrachtet und zu wenig die globale Sichtweise einnimmt.

Welche Strukturen müssen sich verändern, dass ökologische Lebensweisen für alle möglich werden? Mehr Gleichheit und soziale Sicherheit und weniger Konkurrenz und Stress würden es jedenfalls sehr erleichtern. Zugleich müssen die Möglichkeiten stark beschränkt werden, mit ökologisch schädlichen Produkte und Prozessen Profit zu machen.

Mehr Informationen zur Konferenz, zum Programm und zur Anmeldung gibt es unter: sozial-oeko-logisch.blog.rosalux.de