Wolfgang Amadeus Mozart Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 B-Dur KV 207

DO 22. Juni 2017, 13 Uhr Stuttgart, Liederhalle

Antje Weithaas, Violine SWR Symphonieorchester Leitung: Antonello Manacorda Moderation: Kerstin Gebel

Empfohlen ab Klasse 5

Erstellt von Joachim Westendorf

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Inhalt

1.

Violinkonzert Nr. 1 B-Dur KV 207 (1773) ......................................................................................... 2

2.

Informationstexte zu Mozarts Violinkonzerten .............................................................................. 3 2.1

Aus dem Programmheft der Heilbronner Konzerte vom 13.02.2014 ..................................... 3

2.2

Hartmut Becker: Mozarts Violinkonzerte ................................................................................ 6

3.

Die Geigerin Antje Weithaas ........................................................................................................... 9

4.

CD-Empfehlung.............................................................................................................................. 11

5.

Die Geige – ein Streichinstrument ................................................................................................ 11

6.

Schülerarbeitsblatt ........................................................................................................................ 16

1. Violinkonzert Nr. 1 B-Dur KV 207 (1773)

Begleitung: 2 Violinen, Viola, Bass, 2 Oboen, 2 Hörner Satzbezeichnungen: Allegro moderato - Adagio – Presto Spieldauer: ca. 21 Minuten Dieses Violinkonzert entstand im Frühjahr 1773 auf einer Italienreise Mozarts; es wurde am 14. April 1773 fertiggestellt. Mozarts erstes Violinkonzert ist gleichzeitig sein erstes Instrumentalkonzert überhaupt. Er schrieb es als Siebzehnjähriger im Jahre 1773 in Salzburg, zwei Jahre vor den vier anderen. Und welcher Wurf ist ihm sogleich gelungen! Die besondere Wichtigkeit des Genres Violinkonzert im Werkkatalog Mozarts wird noch hervorgehoben durch den sehr begrenzten Zeitraum, in dem die fünf wichtigsten Kompositionen dieser Art erschienen (alle im Laufe des Jahres 1775). Es ist nicht einfach, den Grund für diese zeitliche Beschränkung zu verstehen, insbesondere, wenn wir bedenken, dass Mozart einer der wenigen großen Komponisten war, die sowohl Geige als auch Klavier nahezu perfekt spielen konnten, wobei seine Aktivität als virtuoser Pianist eine Konstante in seinem Leben blieb, seine Tätigkeit als Konzertgeiger dagegen zu einem abrupten und

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unerklärlichen Ende kam, nachdem sie gerade erst so richtig aufblühte in diesem bedeutenden Jahr 1775... (Aus: www.hd-klassik.com)

2. Informationstexte zu Mozarts Violinkonzerten

2.1 Aus dem Programmheft der Heilbronner Konzerte vom 13.02.2014 „Er spielt schwer, aber man kennt nicht, dass es schwer ist, man glaubt, man kann es gleich nachmachen. Und das ist das Wahre.“ Wolfgang Amadeus Mozart beschrieb mit diesen Worten den Mannheimer Konzertmeister Ignaz Fränzl – und zugleich ganz allgemein seine Vorstellung von einem guten Geiger. Als Komponist folgte er demselben Ideal: Virtuosität spielt in seinen Violinkonzerten keine allzu bedeutende Rolle. Sie ist – ganz entgegen der vorherrschenden Gattungsnorm – Nebensache, denn Mozart war nach eigenem Bekunden „kein großer Liebhaber von Schwierigkeiten“. Nachzulesen ist das in einem Brief von 1777 an seinen Vater Leopold, der immerhin einer der bekanntesten Violinlehrer der damaligen Zeit war. Leopold wiederum schrieb im gleichen Jahr an seinen Sohn: „Du weißt selbst nicht, wie gut Du Violine spielst, wenn Du Dir nur Ehre geben und mit Figur, Herzhaftigkeit und Geist spielen willst, ja so, als wärest Du der erste Violinspieler in Europa.“ Dass Mozart ein außerordentlich fähiger Geiger war, wird bis heute oft übersehen, da die Zeitgenossen eher sein Klavierspiel rühmten. Doch von 1769 bis 1777 nahm er in der Salzburger Hofkapelle immerhin die Position eines Konzertmeisters ein, wenn auch in den ersten drei Jahren noch unbesoldet. Wolfgang Amadeus Mozart - Barocke und frühklassische Vorbilder – Mozarts Violinkonzert B-Dur KV 207 Es gilt deshalb als wahrscheinlich, dass er seine Konzerte für Solovioline und Orchester nicht, wie früher angenommen, für seinen Salzburger Konzertmeister-Kollegen Antonio Brunetti schrieb (der sie allerdings durchaus spielte), sondern vor allem für sich selbst. Als möglicher Adressat wurde in jüngerer Zeit aber auch Graf Johann Rudolph Czernin ins Spiel gebracht. Er war ein ehrgeiziger Amateurgeiger und gerade 17 Jahre alt, als er 1775 in Salzburg ankam. Aus demselben Jahr stammen auch vier der fünf als echt anerkannten Konzerte, nämlich die Werke KV 211, KV 216, KV 218 und KV 219. Die ältere Mozartforschung nahm an, dass das B3

Dur-Konzert KV 207 ebenfalls 1775 entstand, da es auf den 14. April dieses Jahres datiert ist. Bei näherer Untersuchung des Manuskripts zeigte sich allerdings, dass die ursprüngliche Eintragung wahrscheinlich nicht „1775“, sondern „1773“ lautete und überschrieben wurde. Möglicherweise wollte entweder Mozart oder sein Vater dem jungen Grafen weismachen, er erhalte ein brandneues Stück. Das Entstehungsjahr 1773 passt jedenfalls viel besser zum Stil des Werks, das seine barocken und frühklassischen Vorbilder nicht verleugnen kann. Sie zeigen sich beispielsweise in den „Quintfallsequenzen“ der Durchführung des ersten Satzes: Ein Motiv wird mehrfach wiederholt, jedes Mal fünf Tonstufen tiefer als zuvor. Mozart war gerade im März 1773 von seiner dritten Reise nach Italien heimgekehrt, wo er neben Opern auch Instrumentalmusik der führenden Komponisten kennen gelernt hatte. Im Bereich des Violinkonzerts waren damals vor allem die Tartini-Schüler Pietro Nardini (1722‒1793) und Gaetano Pugnani (1731‒1798) von Bedeutung, und ihr Einfluss spiegelt sich im B-DurKonzert. „Es ging wie Öl“ – das Violinkonzert G-Dur KV 216 Gegen Ende seiner Zeit als Salzburger Konzertmeister scheint Mozart das Geigenspiel ein wenig vernachlässigt zu haben. Das legen zumindest briefliche Ermahnungen Leopold Mozarts nahe – etwa die folgende vom 9. Oktober 1777: „Du wirst wohl auf der Violin, so lange du in München warst, dich gar nicht geübt haben? Das wäre mir sehr leid ...“. Vielleicht wollte Mozart seinen Vater ja beschwichtigen, als er am 23./25. Oktober 1777 aus Augsburg schrieb: „Auf die Nacht beim Souper spielte ich das Straßburger Konzert. Es ging wie Öl. Alles lobte den schönen, reinen Ton.“ Lange Zeit glaubten die Musikforscher, dass Mozart mit dem „Straßburger Konzert“ das D-Dur-Werk KV 218 meinte. Doch dann wurde in einem zeitgenössischen Liederbuch eine Melodie mit dem Titel „Der Straßburger“ entdeckt – und sie gleicht genau einem Thema aus dem Finale des Konzerts KV 216. Dieses Stück datierte Mozart selbst auf den 12. September 1775. Kurz zuvor hatte er seine Festoper „Il re pastore“ vollendet, und das merkt man dem Stück auch an: Das Hauptthema des ersten Satzes greift eine Arie des Aminta aus dem ersten Akt des Bühnenstücks auf, und an einer Stelle kurz vor der Reprise scheint der Solist sogar ein Opernrezitativ anstimmen zu wollen. Klanglich ungemein reizvoll ist der Mittelsatz, das Adagio: Die Solovioline wird hier von Flöten (statt der in den Ecksätze eingesetzten Oboe), von gedämpften hohen Streichern und gezupften Bässen begleitet. Das Finale in Rondoform überrascht durch zwei ungewöhnliche Episoden: zuerst eine gavotte-artige Melodie im langsameren Andante-Tempo, dann der schon erwähnte 4

„Straßburger“. Die Solovioline begleitet sich dabei selbst mit der leeren D-Saite nach Art einer Drehleier oder eines Dudelsacks. Charmante Musik für einen groben Geiger – Rondo KV 373 und Adagio KV 261 Außer seinen fünf Violinkonzerten schrieb Mozart noch drei Einzelsätze für die gleiche Besetzung – neben den Stücken KV 373 und KV 261 noch ein weiteres Rondo KV 269. Alle drei waren für Antonio Brunetti bestimmt, einen Neapolitaner, der 1776 an den Salzburger Hof kam. In einem Brief, den der Komponist am 8. April 1781 aus Wien an seinen Vater schickte, heißt es: „Heute hatten wir, denn ich schreibe um elf Uhr nachts, Akademie, da wurden drei Stücke von mir gemacht, versteht sich neue, als ein Rondeau zu einem Konzert für Brunetti, eine Sonata mit Accompagnement einer Violin für mich, welche ich gestern nachts von elf bis zwölf Uhr komponiert habe, aber, damit ich fertig geworden bin, nur die Accompagnementstimme für Brunetti geschrieben habe, ich aber meine Partie im Kopf behalten habe, und dann ein Rondeau für Ceccarelli, welches er hat repetieren müssen.“ Mozart, Brunetti und der Kastratensänger Francesco Ceccarelli hatten ihren Dienstherrn, den Salzburger Fürsterzbischof Hieronymus Colloredo, nach Wien begleitet, und die „Akademie“ (also das Konzert) fand im Haus des Fürsten Rudolph Joseph Colloredo (Hieronymus’ Vater) statt. Die dabei gespielten Stücke zählen zu den letzten, die Mozart in Salzburger Diensten schrieb. Wenige Wochen später bat er um seine Entlassung, die ihm mit einem Fußtritt gewährt wurde. Bereits im April sind seine Briefe nach Hause von zunehmendem Groll gegen den Erzbischof geprägt, und auch für den einst geschätzten Kapell-Kollegen fand er keine guten Worte mehr: „Te Deum laudamus, dass endlich der grobe und schmutzige Brunetti weg ist, der seinem Herrn, sich selbst und der ganzen Musik Schande macht.“ All die Querelen dieser Zeit hinderten Mozart aber nicht daran, weiterhin die charmanteste Musik zu schreiben. Ein graziöses Hauptthema wird im Konzertsatz KV 373 verschiedenen Episoden gegenübergestellt; die siebenteilige Form folgt dem Schema A-B-A-C-A-B-A. Das Adagio KV 261 entstand bereits fünf Jahre zuvor – die Partitur wurde von Leopold Mozart auf „Juli 1776“ datiert. In einem Brief des älteren Mozart (vom 9. Oktober 1777) findet sich auch ein Hinweis auf „die Spart [= Partitur] vom Adagio für den Brunetti, da ihm das eine zu studiert war“. Aus diesen Worten haben Musikwissenschaftler geschlossen, das Adagio sei als Ersatz für den Mittelsatz eines anderen Mozart-Konzertes entstanden. Aufgrund der Tonart käme hier nur das Konzert KV 219 in Frage, denn ein E-Dur-Adagio passt 5

sehr gut zwischen zwei Ecksätze in A-Dur. Dass mancher Zeitgenosse das gesangliche, von gedämpften Streichern begleitete Adagio KV 261 dem harmonisch kühneren, dissonanzenreichen Satz aus KV 219 vorzog, kann man sich ebenfalls vorstellen. Doch zwingend ist die These vom Ersatz-Adagio nicht; ob sich „das eine“ in Leopolds Brief auf das Konzert KV 219 oder überhaupt auf eine Mozart-Komposition bezog, muss offen bleiben. (Aus: www.wko-heilbronn.de, Konzertprogramm vom 13.02.2014)

2.2 Hartmut Becker: Mozarts Violinkonzerte Konzertante Werke, in denen Streichinstrumente solistisch eingesetzt werden, schrieb Mozart beinahe ausschließlich in den Jahren 1773 bis 1779, das heißt zwischen der Rückkehr von seiner dritten (und letzten) Italien-Reise und der Rückkehr aus Paris. Die intensive Auseinandersetzung insbesondere mit der Violine in jener Zeit war wohl teilweise durch Mozarts Amt am fürsterzbischöflichen Hof in Salzburg wie auch durch das Drängen seines Vaters veranlasst; vor allem aber hatte er in Italien die große geigerische Tradition dieses Landes in sich aufnehmen können, war den bedeutenden Tartini-Schülern Pietro Nardini und Gaetano Pugnani begegnet und hatte in Bologna den Böhmen Joseph Myslivecek kennengelernt, der die Gattung des Violinkonzerts besonders pflegte. Hinzu kam eine offensichtliche Beliebtheit konzertanter Musik für Violine in Salzburg. Hatte Mozart bis 1773 bereits mehr als zwei Dutzend Symphonien geschrieben, war die Annäherung an die Konzertform bis dahin eher tastend gewesen, so vollzog sich nun in den Gattungen des Streicherkonzerts ein wesentlicher stilistischer Reifeprozess. Vollständig überliefert und zweifelsfrei authentisch sind fünf Konzerte und drei einzelne Sätze für Violine und Orchester der Concertone für zwei Violinen C-dur KV 190 sowie die Sinfonia concertante für Violine und Viola Es-dur KV 364 mit Orchester. Von drei weiteren unter Mozarts Namen geführten Violinkonzerten ist jenes in D-dur KV 271 I (entstanden angeblich im Sommer 1777 in Salzburg) von zweifelhafter Echtheit; die beiden anderen, Es-dur KV 268 und KV Anh. 294 C-dur, genannt Adelaide-Konzert, hat Walter Lebermann 1978 bzw. 1967 als untergeschobenes Werk von Johann Friedrich Eck bzw. als Fälschung von Marius Casadesus nachgewiesen. Sie finden hier keine Berücksichtigung. Das früheste der Konzerte, B-dur KV 207, entstand im April 1773, zeigt nicht nur ein Amalgamieren der italienischen Traditionen eines 6

Vivaldi und Tartini mit den Elementen von Mozarts eigener musikalischer Sprache, sondern ist formal durch seine Dreisätzigkeit und in Bezug auf die Instrumentation (zwei Oboen, zwei Hörner und Streicher) für die ganze Werkgruppe richtungweisend. Der im Mai des folgenden Jahres geschriebene Concertone C-dur KV 190 gehört zu jener in der stilistischen Nachfolge des barocken Concerto grosso stehenden Gattung der Sinfonia concertante, wie sie unter anderem von Johann Christian Bach, den Mozart sehr verehrte, gepflegt wurde; zu den beiden Soloviolinen treten im KV 190 die erste Oboe (die gleichwohl auch Tutti-Aufgaben zu übernehmen hat) und im langsamen Satz ein Violoncello obligato. Die Orchesterbesetzung ist hier um zwei Trompeten erweitert, die Violinen geteilt. Mit dem D-dur-Konzert KV 211, beendet am 14.Juni 1775, beginnt Mozart, französische Einflüsse aufzunehmen: Das Hauptthema des Kopfsatzes hat eine charakteristische marschartige Punktierung und die Form des Schlusssatzes – in KV 207 noch dem Sonatensatz verwandt – wird nun als Rondo gestaltet. Im Herbst und Winter des gleichen Jahres entsteht dann die Trias jener Werke, in denen Mozart zu völlig individueller Gestaltung und Ausdruck findet. Die zwischen September und Ende Dezember 1775, also innerhalb weniger Wochen, komponierten Konzerte in G-dur KV 216, D-dur KV 218 und A-dur KV 219 bilden in mehrfacher Hinsicht eine Gruppe. Zum einen sind die Schlusssätze höchst originell und in ihrer Gestaltung voller Überraschungen; so hält Mozart im G-dur-Konzert den Fluss der Musik plötzlich an, lässt – wie eine Erinnerung an die barocken ‚Minore‘-Teile bestimmter Tanztypen – einige Andante-Takte in g-moll folgen, an die sich ebenso unvermittelt das Zitat eines Volksliedes Willem von Nassaw anschließt, ehe die eigentliche Thematik des Satzes wiederaufgenommen wird. Im D-dur-Konzert KV 218 wird das Ritornell gar von zwei gegensätzlichen Gedanken gebildet: Der erste (Andante grazioso) ist melodisch und harmonisch offen und wird vom zweiten (Allegro ma non troppo) gleichsam beantwortet. Schon durch diesen Kunstgriff wäre der Satz sehr abwechslungsreich, doch fügt ihm Mozart außerdem noch eine Andante-Episode ein, die diesmal an die Musette Ballo Strasburghese aus Dittersdorfs Karnevals-Symphonie anklingt; der Solist begleitet hier streckenweise die Melodie selbst durch gleichzeitiges Mitspielen der leeren G-Saite, eine Stilisierung des Musette-(Dudelsack-)Klangs. Im A-dur-Konzert enthält das Rondo eine zentrale Episode in amoll, deren Gedanken Mozart aus seiner 1772 geschriebenen Ballettmusik Le gelosie de 7

Serraglio zur Oper Lucio Silla zitiert; dass dieses alla turca musikalisch ein all 'ongharese ist, wie Denes Bartha überzeugend nachgewiesen hat, ist indes weniger interessant als Mozarts phantasievolle Umsetzung des Schlagens und Peitschens (des ‚türkischen‘ Schlagwerks) durch das col legno-Spiel der tiefen Streicher. Hier zeigt sich bereits der geniale Instrumentator. Zum anderen atmen die langsamen Sätze dieser Konzerttrias eine Reinheit und Tiefe des Ausdrucks, wie sie zuvor nur Tartini und nach Mozart erst wieder Beethoven und Spohr erreicht haben. Auch hier setzt Mozart sehr gezielt die Klangfarben des Orchesters ein; so spielen die hohen Streicher im Adagio des G-dur-Konzerts stets con sordino, die tiefen über weite Strecken – einer älteren Praxis folgend – pizziccato, während die Oboen durch die süßer, weicher klingenden Flöten ausgetauscht werden. Nach diesem ersten Höhepunkt im konzertanten Schaffen Mozarts entstehen zunächst, vermutlich gegen Ende 1776, zwei einzelne Sätze, das Adagio E-dur KV 261 und das Rondo Bdur KV 269; ob sie als Substitute für entsprechende Sätze des KV 219 bzw. KV 207 gedacht waren (briefliche Äußerungen Leopold Mozarts scheinen in diese Richtung zu deuten), muss dahingestellt bleiben. In der Qualität halten sie das Niveau der drei voraufgegangenen Konzerte. Während seines Aufenthalts in Paris kam Mozart mit der französischen ‚Concertante‘ in Berührung, seine im April 1778 komponierte Sinfonia concertante für vier Bläser und Orchester ist die unmittelbare schöpferische Reaktion. Das zweite Werk dieser Gattung, KV 364 für Violine, Viola und Orchester, das wahrscheinlich im Sommer nach der Rückkehr aus Paris (1779) entstand, zeigt indessen wenig Einfluss von „welschem gout“; es ist Mozarts reifste konzertante Komposition für Streichersoli. Attribute wie Heiterkeit, Feinheit und Eleganz treten hier zurück gegenüber einer nervigen Kraft und Entschiedenheit des Ausdrucks, in denen bereits Charakterzüge der reifen Klavierkonzerte der Wiener Jahre vorgeprägt erscheinen. Zum ersten Mal schreibt Mozart einen langsamen Konzertsatz in einer Moll-Tonart (c-moll) – ein dunkles, grüblerisches Andante. Die Hineinnahme symphonischer Elemente in den konzertanten Stil (auch in der Orchesterbehandlung) bot Möglichkeiten zur Intensivierung von Ausdruckswirkungen, von denen Mozart Gebrauch macht, ohne aber in vordergründige Effekte abzugleiten. Erwähnt sei an KV 364 die besondere Hervorhebung des Violenklangs, einmal durch Teilen der Tutti-Violen in zwei 8

Gruppen (Ergebnis ist ein runderer, vollerer Klang des Orchesters), zum anderen durch Skordieren der Soloviola um insgesamt einen halben Ton; durch diese Umstimmung der Bespannung konnte der Spieler in der günstigen Applikatur von D-dur bleiben, sein Instrument hob sich durch den helleren Klang besser vom Tutti ab und verschmolz leichter mit dem der Violine. Im April 1781 entstand Mozarts letztes Werk für Violine und Orchester, das Rondo C-dur KV 373; in einem Brief an den Vater nennt er es „ein Rondo zu einem Concert für Brunetti“ (den Salzburgischen Hofkonzertmeister). Möglicherweise hatte er noch zwei weitere Sätze geplant, die durch den Bruch mit dem Fürsterzbischof und Entlassung aus Salzburgischen Diensten im Mai 1781 nicht mehr zur Ausführung kamen. Wenngleich Mozart seine Violinkonzerte nicht in erster Linie für den eigenen Bedarf schrieb, so soll doch darauf hingewiesen werden, dass er sie sowohl in Salzburg wie auch außerhalb seiner damaligen Wirkungsstätte selbst gespielt hat. Diese Tatsache gibt einen Eindruck von den beachtlichen geigerischen Fähigkeiten des Komponisten, dessen Hauptinstrument das Klavier war. (Aus: Hartmut Becker © Csampai / Holland: Der Konzertführer. Rowohlt Verlag.)

3. Die Geigerin Antje Weithaas „Antje Weithaas nimmt erst in den vergangenen Jahren langsam den Platz ein, der ihr als einer der größten lebenden Geigerinnen gebührt.“ (Berliner Zeitung) Ihr Charisma und ihre Bühnenpräsenz fesseln, ohne sich je vor das Werk zu drängen: Unprätentiös und immer der Musik den Vortritt lassend durchdringt Antje Weithaas jedes Detail im Notentext mit einer zwingenden musikalischen Intelligenz und einer beispiellosen technischen Souveränität. Ihr weitgefächertes Konzertrepertoire beinhaltet neben den großen Konzerten Mozarts, Beethovens und Schumanns und neuen Werken wie Jörg Widmanns Violinkonzert auch Klassiker der Moderne wie Schostakowitsch, Prokofjew und Gubaidulina sowie selten gespielte Violinkonzerte wie die von Hartmann und Schoeck. Als Solistin hat Antje Weithaas bereits mit Klangkörpern wie dem Deutschen SymphonieOrchester Berlin, den Bamberger Symphonikern, den großen deutschen Radio-Orchestern 9

sowie internationalen Spitzenorchestern wie Los Angeles Philharmonic, San Francisco Symphony, Philharmonia Orchestra, BBC Symphony und den führenden Orchestern der Niederlande, Skandinaviens und Asiens gearbeitet. Zu ihren Partnern am Dirigentenpult zählten dabei Künstler wie Vladimir Ashkenazy, Sir Neville Marriner, Marc Albrecht, Yakov Kreizberg, Sakari Oramo und Carlos Kalmar.

Höhepunkte der Spielzeit 2015/16 sind Antje Weithaas‘ Auftritte als Solistin mit dem Orchester des Theaters La Fenice Venedig unter Antonello

Manacorda

(Brahms)

sowie mit Beethovens Violinkonzert mit der Dresdner Philharmonie unter Dmitrij

Kitajenko

und

in

ihrer

eigenen Einstudierung mit dem MDR Leipzig. Mit der Camerata Bern stehen Aufführungen von Brahms‘ Violinkonzert,

diverse

Auswärtskonzerte

sowie

Südamerika-Tournee künstlerische

an.

Leiterin

eine Als des

Kammerorchesters ist sie seit der Saison

2009/10

für

dessen

musikalisches Profil verantwortlich und leitet vom Pult der Konzertmeisterin aus sogar großformatige Werke wie beispielsweise die Sinfonien Beethovens. Einen Schwerpunkt ihrer kammermusikalischen Arbeit bildet für Antje Weithaas weiterhin das Arcanto Quartett mit Daniel Sepec, Tabea Zimmermann und Jean-Guihen Queyras. Die Musiker waren unter anderem in der Carnegie Hall New York, im Théâtre du Châtelet und der Cité de la musique Paris, in der Philharmonie Berlin sowie im Konzerthaus Wien zu hören und in Israel, Japan und Nordamerika auf Tournee. Beim Label Harmonia Mundi erschienen CDs mit Werken von Bartók, Brahms, Ravel, Dutilleux, Debussy, Schubert und Mozart. 10

Nachdem Antje Weithaas in früheren Jahren vor allem mit kammermusikalischen CDs begeisterte, legte sie 2013 mit ihrer Aufnahme der Violinkonzerte von Beethoven und Berg mit dem Stavanger Symphony Orchestra unter Steven Sloane (CAvi-music) eine Referenzaufnahme vor. Begeisterte Reaktionen gibt es auch schon auf die erste CD aus Antje Weithaas‘ neuem Projekt für CAvi: der Gesamteinspielung der Solosonaten und -partiten von Johann Sebastian Bach und der Solosonaten von Eugène Ysaÿe. Das Label cpo veröffentlichte jüngst den zweiten Teil ihrer Gesamteinspielung von Max Bruchs Werken für Violine und Orchester mit der NDR Radiophilharmonie unter Hermann Bäumer. Mit der Camerata Bern erschienen bisher Aufnahmen von Werken Mendelssohns und Beethovens. Mit viereinhalb Jahren begann Antje Weithaas mit dem Geigenspiel. Sie studierte später an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin bei Professor Werner Scholz. 1987 gewann sie den Kreisler-Wettbewerb in Graz, 1988 den Bach-Wettbewerb in Leipzig und 1991 den Internationalen Joseph-Joachim-Violin-Wettbewerb in Hannover. Einige Jahre lehrte sie als Professorin an der Berliner Universität der Künste; 2004 wechselte sie an die Hochschule für Musik Hanns Eisler. Seitdem ist sie zu einer Violinpädagogin von Weltrang geworden. Antje Weithaas spielt ein Instrument von Peter Greiner aus dem Jahr 2001. (Saison 2016/2017)

4. CD-Empfehlung "Wolfgang Amadeus Mozart - Violinkonzerte 1-5 u.a." (Lena Neudauer/Violine, Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, Bruno Weil/Ltg.) CD 93.316 (hänssler Classic/Naxos) Reihe „SWR>>MUSIC“

5. Die Geige – ein Streichinstrument Unterrichtsmaterialien und Klangbeispiele sind online abrufbar unter http://klangkiste.wdr.de/card/instrumente/streicher/geige.phtml?version=html

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http://lernarchiv.bildung.hessen.de/grundschule/musik/musikinstrumente/saiteninstrument e/streichinstrumente/geige/geige/material/ArbeitsblattGeige.pdf/show_info_for_tag/?tag=geig&info=Geige Die Schülerin Julia Knopf aus der Kl. 8a hat ein Referat veröffentlicht, daraus Auszüge: (geeignet als Schülerarbeitsblatt) Der Aufbau Insgesamt aus 70 Teilen und ca. 60cm lang

1. Schnecke - ist als barocke Verzierung an klassischen Instrumenten nicht wegzudenken, praktisch keine Auswirkung auf den Klang 2. Wirbel - aus Ebenholz oder Buchsbaum, zum groben Stimmen der Saiten 3. Wirbelkasten 4. Obersattel 5. Griffbrett - durch ständiges Saitenniederdrücken sehr hoher Verschleiß, darum aus massivem Holz 6. Einlagen 7. Decke - aus Fichte (besitzt eine sehr hohe Elastizität) 8. Saiten - Die Geige besteht aus der g-, d-, a- und der e-Saite. Die eSaite ist ausschließlich aus Stahl, die anderen aus Darm (empfindlich, lange Einspielzeit, man kann sie jedoch perfekt aufs Instrument abstimmen), Kunststoff (unempfindlich, kurze Einspielzeit) oder Stahl (billige Alternative) mit Metallumspinnung

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9. F-Löcher - erhöhen die Schwingungsfähigkeit der Decke und lassen den verstärkten Schall nach außen 10. Steg - aus Ahornholz, hält die Saiten im richtigen Abstand über dem Griffbrett, überträgt die Schwingung der Saiten auf die Decke 11. Feinstimmer - aus Metall, mit ihnen ist das feine Stimmen möglich 12. Saitenhalter - aus Ebenholz, Buchsbaum, Plastik oder Leichtmetall; direkt mit den Saiten verbunden und kann sich wegen seiner großen Masse auf den Klang auswirken (dämpfen). 13. Untersattel 14. Knopf - an ihm wird die Anhängesaite des Saitenhalters befestigt 15. Hals - Ahorn 16. Boden - aus Ahorn, meist 2teilig 17. Einlagen - Verzierungen aus Holz, Papier etc. 18. Zargen - aus Ahorn, 1mm dick, werden an einer heißen Metallform gebogen 19. Bassbalken - verläuft fast parallel zur Mittelachse, stützt die Decke 20. Stimme - aus Fichtenholz, überträgt den Schall von der Decke auf den Boden 21. Ober-, Unter- und Eckklotz - dienen zur Verstärkung Der Bogen

Die Bogenspitze hält die Bogenhaare. Der Bezug besteht aus 150-170 Haaren vom Schweif eines Pferdes. Die Bogenstange ist aus Pernambukholz. Der Frosch ist aus Ebenholz, mit dem Drehen der Schraube wird der Bezug ge-/entspannt. Die Geschichte der Violine

Gestrichene Instrumente sind in Europa erst seit dem Mittelalter bekannt. Die heutige Violine machte eine Reihe von Entwicklungen durch, der Anfang lag jedoch bei der Rebec (11. Jhdt.). Danach folgten die Fidel (um 1240, in allen möglichen Formen und Größen), bis zur Viola da Braccio (1520), die 3-4 Saiten hatte und bereits in Quinten gestimmt war. Um 1550 entwarf Andrea Amati die erste Geige, so wie wir sie heute kennen. Er arbeitete an der Verbesserung von Form und Klang der Violine. So erhöhte er den Steg und verlängerte das Griffbrett, wodurch man längere Saiten kräftiger spannen konnte, was zur Folge hatte, dass der Ton nun kräftiger klang. Amatis Geigen werden zwar auch heute noch gespielt, aber in Bezug auf Eleganz und Tonqualität reichen sie nicht an die von seinem Schüler Antonio Stradivari heran. 13

Er fertigte jedes Einzelteil der Geige mit größter Sorgfalt an, wodurch seine Geigen in ganz Europa Anerkennung fand. Er machte die Geige länger, verstärkte den Klangkörper und vergrößerte die Schalllöcher, was der Geige einen volleren Ton gab. Diese beiden lebten in Cremona und zusammen mit Guarneri del Gesu bilden sie sozusagen die Top Drei der Geigenbauer, so dass sie bis heute nicht übertroffen werden. Auch die Geigensaiten veränderten sich im Laufe der Zeit: Anfangs bestanden sie nur aus zusammengedrehten Schafsdarmstreifen, was für die beiden tieferen Saiten jedoch nicht so gut geeignet war. Nach 1690 entwickelte man eine neue Technik: In den Darm wurde ein feiner Draht eingewickelt wodurch die Saite dicker und der Klang sauberer wurde. Veränderungen im Geigenbau ab etwa 1840 Schwierigere Stücke mussten vor größerem Publikum gespielt werden, deshalb mussten auch die Geigen besser werden. Sie wurden zu lauteren Geigen (um)gebaut: Der Hals wurde länger und neigte mehr nach hinten. Bassbalken, Stimme, Ober-, Unter- und Eckklotz wurden gegen stärkere ausgetauscht und auch der Steg veränderte seine Form. So waren die Geigen stabiler und hielten den neuen Anforderungen stand. Auch heute noch werden gewisse technische Änderungen vorgenommen, aber an dem Grundriss und der Grundform des Instrumentes wird nichts mehr verändert. Es gibt heute regelrechte Wissenschaften, um den Klang und die Intensität etc. des Tons um ein Minimales zu verbessern. So beschäftigen sich Physiker, Chemiker, Musiker mit diesem Instrument. Tonerzeugung Die Saite klebt an den mit Kolophonium behafteten Bogenhaaren fest, wird mitgenommen und löst sich plötzlich wieder und schnellt in die ursprüngliche Position zurück, dieser Vorgang wiederholt sich immer wieder -> Sägezahnschwingung. Die schwingende Saite überträgt die Schwingung auf den Steg dieser überträgt sie auf die Decke. Bassbalken und Stimmstock übertragen die Schwingung auf Decke und Boden. Im Geigenkörper wird der eigentlich leise Ton verstärkt und so gut hörbar. Der verstärkte Ton tritt durch die F-Löcher nach außen. Die Obertöne tragen zum typischen Klangcharakter der Violine bei, sie sind ein Qualitätsmerkmal. Spielweisen Es ist sehr von Bedeutung, an welcher Stelle des Bogens man streicht: Verschiedene Stellen sind für bestimmte Lautstärken und Effekte geeignet. Obere Bogenhälfte und Spitze sind ideal für leise Töne. Bogenmitte (nach Gewicht) ist ideal für springende Stricharten, weil der Bogen gut hüpft. Untere Bogenhälfte und Frosch sind geeignet für laute Töne. 14

Ebenso kommt es auf die Stelle an, an welcher der Bogen die Saite streicht: Je nachdem, ob dicht am Steg oder näher am Griffbrett, entstehen unterschiedliche Klangfarben. Auch kann auf dem Steg ein hölzernes Kämmchen geklemmt werden, wodurch die Schwingungen, die vom Steg auf den Resonanzkörper übertragen werden, gedämpft werden. So klingt der Ton sehr zart und weit entfernt. -

Pizzicato - mit den Fingern die Saiten zupfen Col legno - mit der Bogenstange streichen Vibrato - der die Saite greifende Finger wird etwas in Griffbrett Richtung hin und her bewegt, nicht zu stark, sonst leiert der Ton => dies erzeugt mehr Intensität und Betonung für gefühlsvolle Musikstücke - Flageolett-Töne klingen flötenähnlich; man erzeugt sie, in dem man die Saite nur leicht berührt und nicht fest auf das Griffbrett drückt Durch unterschiedliche Spielweisen können Geräusche wie Kratzen, Heulen, Flöten, Schaben, Klopfen und Miauen hervorgebracht werden.

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6. Schülerarbeitsblatt Wir besuchen am 22.06.2017 ein Konzert in der Stuttgarter Liederhalle. Dort hören wir zwei Werke klassischer Orchestermusik des 18. und 19. Jahrhunderts aus der Zeit der „Wiener Klassik“. Die sog. „Unvollendete Sinfonie in h-moll von Franz Schubert erklingt nach dem einleitenden Violinkonzert. Das Violinkonzert Nr. 1 B-Dur KV 207 (1773) von Wolfgang Amadeus Mozart wird von der Solistin Antje Weithaas sowie den Streichern des SWR-Sinfonieorchesters in Begleitung von 2 Oboen und 2 Hörnern gespielt. Antonello Manacorda ist der Dirigent. Das Konzert hat drei Teile mit den Satzbezeichnungen: Allegro moderato - Adagio - Presto (schnell – langsam - sehr schnell). Dieses Violinkonzert entstand im Frühjahr 1773 auf einer Italienreise Mozarts; es wurde am 14. April 1773 fertiggestellt. Mozarts erstes Violinkonzert ist gleichzeitig sein erstes Instrumentalkonzert überhaupt. Er schrieb es als Siebzehnjähriger im Jahre 1773 in Salzburg, zwei Jahre vor den vier anderen. Und welcher Wurf ist ihm sogleich gelungen!

Antje Weithaas ist Professorin für Violinspiel an der Musikhochschule Hanns-Eisler in Berlin. Sie ist als gefragte Solistin weltweit unterwegs, dazu auch als Musikerin in KammermusikEnsembles. Am 17.06. ist sie im Deutschlandfunk bei einer Übertragung von der Wartburg nahe Eisenach zu hören. Am 22.06. wird das Konzert ebenfalls live im Programm SWR2 gesendet.

Antonello Manacorda ist seit der Saison 2010/2011 Künstlerischer Leiter der Kammerakademie Potsdam und seit der Saison 2011/2012 Chefdirigent des niederländischen Het Gelders Orkest. Von 2006 bis 2010 war er Chefdirigent der Mailänder Pomeriggi Musicali. Zu den Höhepunkten der Saison 2016/17 im Konzertbereich zählen Debüts beim Orchestre National du Capitole de Toulouse, Radio-Sinfonieorchester Stuttgart und bei der Camerata Salzburg. 16