Wissenschaftliches Schreiben

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Author: Reiner Kirchner
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Skript 2015

Wissenschaftliches Arbeiten / Wissenschaftstheorie / Wissenschaftliches Schreiben

Ziele ! Sachebene 1. 2. 3. 4.

Einführen in wissenschaftliches Denken und Arbeiten. Wissenschaftliche Grundbegriffe und wissenschaftstheoretische Ansätze kennen. Anleitung zum Erarbeiten eines wissenschaftlichen Berichtes geben. Verantwortungsvoll und nachvollziehbar mit fremdem Wissen umgehen können.

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Ziele ! Wertaussagen a) Grundthemen wissenschaftlichen Erkennens erörtern b) Wissenschaftstheoretische Positionen kennen c) Bedeutung der Normativität aufzeigen Schema-Darstellungen 1 – 5 ================================================================================ ===

André Oeschger, Dr. ZHAW SML St. Georgenplatz 2 Postfach 8401 Winterthur

Erich Renner, Prof. Dr. ZHAW SoE Technikumstrasse 9 Postfach 8401 Winterthur

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INHALT VORBEMERKUNG

4  

1.   WISSENSCHAFT – EIN SOZIALER PROZESS

4  

1.1   Thesen zur Wissenschaft

4  

1.2   Wissenschaft als soziales Handeln

5  

1.3   Wissenschaft – ein Emanzipationsprozess

5  

2.   WISSENSCHAFT / FORSCHUNG / GRUNDBEGRIFFE 2.1   Forschungsfragen und Forschungsansätze 2.1.1   Typen von Fragestellungen 2.1.2   Analyse und Synthese 2.1.3   Forschungsorientierung

6   6   6   7   7  

2.2   Wissenschaftstheoretische Grundfragen und Grundbegriffe 2.2.1   Realität und wissenschaftliche Aussagen: das wissenschaftliche Dilemma 2.2.2   Wissenschafts- und erkenntnistheoretische Positionen 2.2.3   Objektivität und (wissenschaftliches) Subjekt; Intersubjektivität 2.2.4   Realobjekt und Erkenntnisobjekt 2.2.5   Erkenntnisziele der Wissenschaft und Wertfreiheit

8   8   9   10   11   12  

2.3   Theorien und Modelle als Resultate wissenschaftlicher Arbeit 2.3.1   Begriffe System und Theorie 2.3.2   Theorie und Empirie 2.3.3   Theorie- und Modellbildung 2.3.4   Modelle: Typen, Komplexität und Funktionen

14   14   14   15   16  

Fazit Wissenschaftsverständnis

18  

3.   DER WISSENSCHAFTLICHE ARBEITSPROZESS

19  

3.1   Wissenschaftlichkeit, Formen der wissenschaftlichen Arbeiten 3.1.1   Was ist wissenschaftliches Arbeiten resp. Forschung? 3.1.2   Typen von Arbeiten 3.1.3   Der Forschungskreislauf

19   19   19   20  

3.2   Wissenschaftliche Methoden, Datenquellen, Ergebnisse wissensch. Arbeit 3.2.1   Methoden und Datenquellen 3.2.2   Qualitative und quantitative Forschung 3.2.3   Wissenschaftliche Aussagen

20   20   22   24  

3.3   Arbeitssegmente im wissenschaftlichen Arbeitsprozess 3.3.1   Der normative Forschungsansatz 3.3.2   Anwendungsorientierte Forschung; Inter- und Transdisziplinarität

25   25   25  

3.4   Die wissenschaftlichen Relevanzkriterien 3.4.1   Die Relevanzkriterien wissenschaftlichen Arbeitens 3.4.2   Das Konzept der kognitiven Relevanz 3.4.3   Wissenschaftliche Relevanz und Erkenntnistheorie

27   27   28   29  

Fazit Zirkuläre Prozesse

30  

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4.   EINE WISSENSCHAFTLICHE FACHARBEIT VERFASSEN

31  

4.1   Idee und Zielsetzung

31  

4.2   Themenwahl, Fragestellung 4.2.1   Die Einstiegsrecherche 4.2.2   Eine Disposition erstellen 4.2.3   Die Literaturrecherche

31   31   31   32  

4.3   Die Struktur 4.3.1   Die Kernelemente 4.3.2   Die paratextuellen Elemente 4.3.3   Abstract bzw. Management Summary und Einleitung im Vergleich 4.3.4   Die Schlussbetrachtungen

33   33   33   36   41  

4.4   Der Sprachstil der wissenschaftliche Facharbeit 4.4.1   Wissenschaftlicher Stil und Terminologie 4.4.2   Die Sprachebene 4.4.3   Die Redesituation 4.4.4   Das Ideal der Unpersönlichkeit 4.4.5   Leserführung 4.4.6   Übungen

41   41   42   42   42   45   47  

4.5   Der Umgang mit fremdem Wissen 4.5.1   Wissenschaft als soziales Handeln 4.5.2   Das Ehrlichkeitsgebot bzw. Plagiatsverbot 4.5.3   Welche Techniken gibt es, um Plagiat zu vermeiden?

50   50   50   51  

Fazit Arbeitsablauf

56  

LITERATUR

57  

ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS

58  

ANHANG

59  

I.   Projektphasen

59  

II.   Berichtsaufbau / Gliederung

59  

III.   Beispiel für einen Berichtsaufbau

60  

IV.   Beispiel für einen Bewertungsbogen: Bewertungsschema BA

61  

V.   Aufgabe zum Literatur-Ausszug

62  

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Vorbemerkung Das vorliegende Skript dient der Einführung in die Grundlagen der Wissenschaftstheorie und in das wissenschaftliche Arbeiten für Mitarbeitende der Zürcher Hochschule der angewandten Wissenschaften. Es soll befähigen, die wissenschaftliche Arbeit zu reflektieren, sowie strukturiert und effizient zu gestalten. Das Skript ist in drei Teile gegliedert: a) Ausgehend von 7 Thesen zur Wissenschaft greift es einige wichtige wissenschaftliche Grundbegriffe auf und zeigt die Basis und den Wandel von Inhalten und Methoden wissenschaftlicher Forschung und deren Erkenntnispositionen. b) Das Skript führt ein in den wissenschaftlichen Arbeitsprozess und gibt c) Anleitung zum Ausführen wissenschaftlicher Arbeiten (Semesterarbeit, Case Study, Bachelor- und Master-Thesis etc.). Integrierender Bestandteil dieser Gedankengänge bilden die Folien, welche im Kurs besprochen und als Handout abgegeben werden, sowie der e-learning-Kurs der SML.

1.

Wissenschaft – ein sozialer Prozess

1.1

Thesen zur Wissenschaft

Diskussionsnotizen, Hinweise und Aufträge

www.recherchierenim-internet.ch

Um das Wesen wissenschaftlichen Arbeitens zu erkennen und sich praktische Regeln für das Ausarbeiten eines Forschungsberichtes oder einer Facharbeit zu geben, muss man sich vorerst einen Begriff von „Wissenschaft“ bilden. Dazu sieben Thesen für die anwendungsorientierte Forschung: 1. Wissenschaft besteht in der systematischen Gewinnung und Darstellung von Erkenntnissen über einen definierten Wissenszweig. Die systematische Darstellungsweise bezieht sich sowohl auf den Wissenszweig als solchen (z. B. die Verhaltenspsychologie als Wissenschaft) als auch auf den einzelnen Forschungsbeitrag innerhalb des Wissenszweiges (z. B. eine Untersuchung über die psychologischen Mechanismen des Kaufverhaltens von Jugendlichen). 2. Wissenschaft in ihrer Gesamtheit ist das Produkt einer Forschergemeinschaft, der sog. „scientific community“, die gemeinsam am ‚Haus des Wissens’ baut. In allgemeiner Übereinkunft legt sie die Basisregeln des wissenschaftlichen Arbeitens fest und folgt ethisch-moralischen Standards. 3. Charakteristisch für Wissenschaft ist ihr Anspruch, unabhängig vom bloss subjektiven Meinen zu sein. Ihre Aussagen müssen deshalb nachvollziehbar (Reliabilität) sein, d.h. der Überprüfung durch objektive, rationale Kriterien standhalten und ebenso Gewähr bieten, das „Richtige“ zu untersuchen (Validität). 4. Die Wissenschaft strebt Erkenntnisse von allgemeiner Gültigkeit an. Zu diesem Zweck formuliert sie ihre Aussagen – ausgehend von einer theoretischen Basis – in rationalen Argumenten und logischen Schlussfolgerungen innerhalb klar definierter Prämissen. 5. Die Berücksichtigung (aller) relevanter Quellen und eine breite Datenerhebung, die für den untersuchten Gegenstand repräsentativ sind, sichert die Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen ab. 6. Wissenschaft formuliert ihre Erkenntnis in einem eigenen sachlichen Sprachstil und präzise definierten Begriffen, die eine eindeutige und objektive Vermittlung erlauben. Die Begriffe der einzelnen Wissenschaftszweige sind die wichtigsten Bausteine der jeweiligen Fachsprache. Jedoch ist moderne Wissenschaft ebenso bestrebt, ihre Erkenntnisse allgemein verständlich zu kommunizieren. 7. Wissenschaft soll Neues schaffen und einen Erkenntnisgewinn abwerfen, der Innovation innerhalb eines Wissenszweiges ermöglicht. Die Innovationen sind idealer Weise anwendungsorientiert und gesamtgesellschaftlich relevant.

Systematik

wiss. Standards

Reliabilität Validität

Theoriebezug

Datenbasis

wiss. Kommunikation

Innovation

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Obige 7 Thesen werden in den folgenden Kapiteln erläutert im Sinne einer Einführung in Grundsätze und Bedingungen von Wissenschaft und Forschung, in die Bedeutung wissenschaftlicher Grundbegriffe und in die Form praktischer Arbeitsweisen. 1.2

Wissenschaft als soziales Handeln

Entgegen der landläufigen Vorstellung vom einsamen Gelehrten, der im stillen Kämmerlein seine Theorien entwickelt, ist Wissenschaft eine eminent soziale Tätigkeit. Der soziale Charakter von Wissenschaft zeigt sich beispielsweise daran, dass wissenschaftliche Arbeiten meistens an Institutionen, beispielsweise Hochschulen, geschrieben werden, in denen Wissen im Austausch zwischen einzelnen Forschern oder zwischen Dozierenden und Studierenden generiert und vermittelt wird. Oder wissenschaftliche Aufsätze werden in Zeitschriften veröffentlicht, die von einem wissenschaftlichen Publikum gelesen werden. Doch das Entscheidende an der sozialen Dimension von Wissenschaft ist, dass auch das Produkt selber, die wissenschaftliche Theorie oder das innovative Konzept, im Dialog mit bereits vorhandenem Wissen entwickelt wird. So besteht die explizite Erwartung, dass jede wissenschaftliche Arbeit den aktuellen Forschungsstand dokumentiert und sich mit diesem auseinandersetzt. Die Verifikation der Hypothese vollzieht in den allermeisten Fällen in der Abgrenzung oder Weiterführung von bestehenden Ansätzen, die mit Hilfe des neuen Ansatzes falsifiziert werden. Der wissenschaftliche Text erscheint so nicht als ein originales Produkt, sondern als das Resultat einer Assimilation und Transformation von bereits bestehendem Wissen. Wenn ich wissenschaftlich arbeite, trete ich mit der Welt der Wissenschaft in Kontakt und bringe in einem kritischen Dialog meine eine eigene Meinung in das wissenschaftliche Gespräch ein. Wissenschaft vollzieht sich also sowohl auf der Ebene ihrer Institutionen wie auf der Ebene ihrer Produkte im Rahmen einer „Familie“, die man als „scientific community“ bezeichnet. Dass der Auftritt in der in der „scientific communitiy“, gerade für den Anfänger, auch einen gewissen Mut erfordert, kommt im folgenden Zitat zum Ausdruck: Wissenschaft und wissenschaftliches Denken beginnen dort, wo ich bereit bin, meinem eigenen Denken zu trauen, es zu explizieren, auf die Meinung anderer zu beziehen und seine Resultate in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen. Wissenschaftlichkeit hat, dieser Bestimmung entsprechend, primär nichts mit wissenschaftlicher Methode, mit Abstraktion, formaler Sprache, Objektivität usw. zu tun. Wissenschaft ist primär soziale Handlung: Genau beginnt sie mit der Veröffentlichung unseres Denkens, mit dem Moment also, an dem wir das Denken nicht mehr als Privatsache ansehen, sondern als soziale Aufgabe der Erkenntnisgewinnung. Wissenschaft ist, dieser Bestimmung entsprechend, auch und gerade, eine Sache des Mutes. Wissenschaft erfordert den Mut, selbstständig zu denken, dem eigenen Denken zu trauen, sich auf vorhandene Wissenschaft zu beziehen und sich auf eine 1 Kommunikation mit der „scientific community“ einzulassen. 1.3

Wissenschaft – ein Emanzipationsprozess

Wissenschaftliches Denken und Handeln kann auch als emanzipativer Prozess verstanden werden. Wichtige Phasen in der Kulturgeschichte der Menschheit waren dabei: -

-

1

die Überwindung der Urangst vor den Kräften von Natur und Magie durch Beobachtung und Analyse: “Baum der Erkenntnis“, Griechisches Denken ! Beschreiben und Erklären der Abbau des Alleinerklärungsanspruchs der kirchlichen und weltlichen Macht bezüglich der Stellung der Erde und des Menschen im Gefüge des Weltalls ! Bewertung und Überprüfung der Anspruch auf Planung und Gestaltung des individuellen und gemeinschaftlichen Lebens in demokratischen Strukturen ! Planen und Umsetzen

Kruse (2002), S.73

Vgl. Thesen 2,3,6

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2.

Wissenschaft / Forschung / Grundbegriffe

Im ersten Teil dieses Skripts geht es um die Darstellung von dem, was Wissenschaft tut, welcher Art die Themen sind, die sie interessiert und auf welche Prinzipien sie sich bei der Forschung abstützt. 2.1

Forschungsfragen und Forschungsansätze

Im Laufe der Wissenschaftsgeschichte ändern sich aufgrund kultureller, philosophischer, gesellschaftlicher und oft auch politischer Einflüsse die Denk- und Verfahrensweisen sowie der Fokus und die Zielsetzungen einer wissenschaftlichen Disziplin, der sog. For2 schungsansatz. Eine grundlegende Neuausrichtung wird dabei als Paradigmenwechsel bezeichnet.

Vgl. dazu Humboldt und Gauss

Im Folgenden werden Vorgehensweisen in der Forschung sowie deren Ausrichtung und Zielsetzung thematisiert. 2.1.1

Typen von Fragestellungen

Das Ziel einer wissenschaftlichen Arbeit ist es, eine aus dem Vorwissen, einer plausiblen Vermutung abgeleitete Frage oder ev. aus Vorstudien oder aus einer bestehenden Theorie sich ergebenden Fragenkomplex zu bearbeiten und begründete Antworten zu erhalten. Die so gewonnenen Aussagen dienen der Mehrung wissenschaftlicher Erkenntnis resp. der Festigung von Theorien oder deren Veränderung oder gar Ablösung.

Vgl. These 4

Man unterscheidet folgende Grundtypen von Fragestellungen: Tab. 1: Typen von Fragestellungen Fragetyp Beschreibung Erklärung Kritik / Bewertung Prognose Gestaltung / Umsetzung Evaluation / Überprüfung

Leitfrage Beispiel Was ist der Fall? Wie sieht die „Realität“ aus? Warum ist etwas so? Wie ist etwas entstanden? Wie ist ein bestimmter Zustand, eine Handlung zu bewerten? Welche Veränderungen werden eintreten? Welche Massnahmen sind geeignet, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen? Welche Massnahmen sind angemessen, bewähren sich und garantieren den längerfristigen Erfolg? Quelle: modifiziert nach Nienhüser (1998) S. 6

Eine wissenschaftliche Arbeit besteht meist aus einem Mix solcher Fragetypen, welche auf das Forschungsziel hin beantwortet werden sollen. (Vgl. dazu Abb. 2: anwendungsorientierte Forschung) Hinter den verschiedenen Typen von Fragestellungen stehen zwei zu differenzierende Vorgehensweisen der wissenschaftlichen Forschung, nämlich die Analyse und die Synthese, welche nachstehend (Kap. 2.1.2) betrachtet werden sollen.

2

Paradigma: Vorherrschende und Normen setzende wissenschaftliche Strömung; „Zeitgeist“ des wissenschaftlichen Denk- und Methodenansatzes, dem ein Grossteil der Wissenschafter einer Disziplin mehr oder weniger vorbehaltlos folgt; nach: Kuhn, T.S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Frankfurt 1976. Vgl. dazu auch Spoun / Domnik (2004), S.82 f.

Beisp. für Zitierweise von Abb. und Tab.

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2.1.2

Analyse und Synthese

Analytischer vs. synthetisierender / integrativer Forschungsansatz Eine analytische Vorgehensweise besteht darin, den Untersuchungsgegenstand in einzelne Bestandteile aufzugliedern. Dadurch werden jeweils nur Teilaspekte der komplexen Realität untersucht. Demgegenüber fasst oder interpretiert die synthetisierende Vorgehensweise ihren Forschungsgegenstand als Ganzheit. Zur Verdeutlichung dieser beiden gegensätzlichen Konzepte werden die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Natur- und Sozialwissenschaften angeführt. Abbildung 1: Auslegeordnung der Natur- und Sozialwissenschaften

„Realität“

Naturwissenschaften Analytische Methode A

Untersuchungsgegenstand

Sozialwissenschaften KompositiK ve Methode 2

II

3

Erklärende Theorien Ideen Modelle

I

1

IV

3* III

III

4 : Men: Dinge schen

Quelle: modifiziert nach Deplazes/Furrer (2004) nach Hayek (1979:61-76); Murray(1949:149-162)

Das Vorgehen (A) in den Naturwissenschaften (NW) ist vornehmlich analytisch. „Ausgangspunkt der Analyse sind zu erklärende Phänomene der Natur (II), welche empirisch wahrgenommen werden. Die ‚konstitutiven Elemente der Erklärung’(III) des Phänomens werden durch Beobachtung von zahlreichen ähnlichen Phänomenen und Abs3 traktion derer Gemeinsamkeiten identifiziert. Diese Elemente sind also nicht empirisch. Eine Erklärung in den NW in Form eines Theorems/Gesetzes (I) zielt darauf, die Einzigartigkeit des einzelnen Phänomens zu abstrahieren und die Gemeinsamkeiten verschiedener Phänomene in allgemeingültige Gesetze zu fassen. Dadurch erlaubt eine naturwissenschaftliche Erklärung (IV) die Voraussage genauer Ergebnisse. Hayek (1979: 61-76) postuliert die kompositive/synthetische Methode (K) für die Sozialwissenschaften (SW). Ausgangspunkt der Synthese sind konstitutive Ideen (3). Diese werden aus der ‚Kenntnis des menschlichen Verstandes’ (Murray 1949:150) abgeleitet. Dabei wird die Annahme gemacht, ‚dass der Verstand aller Individuen gleich funktioniert’ (Murray 1949:150). In der Synthese (4) werden anhand dieser abgeleiteten konstitutiven Ideen (3*) Muster von sozialen Beziehungen rekonstruiert. Aus diesen ergeben sich dann Konstrukte (1) von kollektiven, individuell nicht beabsichtigten sozialen Strukturen (2). Die Konstrukte erlauben, das Prinzip der Entstehung des Phänomens zu ver4 stehen, aber ermöglichen keine Voraussage.“ 2.1.3

Forschungsorientierung

Grundlagen-, ‚reine’ Forschung vs. angewandte, praxisorientierte Forschung Grundlagenforschung ist wissenschaftliche Arbeit, die in erster Linie auf die Gewinnung neuer Erkenntnisse ausgerichtet ist, ohne direkt auf eine besondere Anwendung oder Verwendung zu zielen. Grundlagenforschung zeichnet sich also dadurch aus, dass kein unmittelbarer, sichtbarer Nutzen entstehen muss. Daraus zu schliessen, Grundlagenforschung sei daher unnötig und nur teuer greift aber zu kurz. Sie bildet nämlich die Wissensbasis für die angewandte Forschung, welche Erkenntnisse für spezifische, praktische Ziele gewinnen will. Mit dieser Ausrichtung ist die anwendungsorientierte,

3

d.h. diese erklärenden Elemente selber sind nicht die „Realität an sich“, sondern auf der Basis wiss. Erkenntnis formulierte Konstrukte (vgl. Kap. 2.2.4: Real- und Erkenntnisobjekt, Abb.6) 4 Deplazes / Furrer (2005), S.4.

Vgl. Positivismus

Beisp. für Zitierweise „amerikanisch“

Vgl. Konstruktivismus

Beisp. für Zitierweise mit Fussnote

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praxisrelevante Forschung zentrales Anliegen der Fachhochschulen, während die Grundlagenforschung eher an den Universitäten und an der ETH betrieben wird. Gegenüber angewandten oder praxisorientierten Arbeiten wurde schon der Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit erhoben, was sicher dann und wann zutreffen kann. Es gilt jedoch ganz klar, dass auch die angewandte Forschung sämtlichen Kriterien der Wissenschaftlichkeit genügen muss. Die explizite Ausrichtung auf aktuelle und relevante Themen bedeutet aber viel mehr, dass praxisorientierte Fragestellungen sehr anspruchsvoll und komplex sind und nur durch einen starken Theoriebezug Aussagekraft erreichen. Angewandte oder anwendungsorientierte Forschung darf somit nicht als weniger anspruchsvolle wissenschaftliche Tätigkeit missverstanden werden, sondern bezieht sich auf die Verwertungsabsicht, die Gesellschafts- und Praxisrelevanz der Forschung. Sie zeigt direkten Nutzen in Form von Handlungsempfehlungen oder praktischen Anleitungen zur Lösung eines Problems und ist damit auch leichter kritisierbar bei Misserfolgen. Diese beiden Ausrichtungen von Forschung lassen sich in nachstehender Abb. 2 so darstellen, dass Grundlagenforschung sich vornehmlich auf die Felder B und C konzentriert und die anwendungsorientierte Forschung sich über alle vier Felder A-D erstreckt, d.h. Handlungen und deren gesellschaftlichen Bedingungen explizit in die Betrachtung einbezieht.

Vgl. auch Kap.3.3.2; Abb.12

Abbildung 2: Wissenschaft und Gesellschaft: anwendungsorientierte Forschung

A

D

„Themen“ Bedingungen

„Politik“

Gesellschaft

Handlungen

anwendungsorientierte Forschung

Theorie wiss. Erklärung

B

theoretisch

Empirie wiss. Untersuchung

Wissenschaft

Grundlagenforschung

C

praktisch

Quelle: eigene Darstellung nach Renner (1999), S. 51

2.2

Wissenschaftstheoretische Grundfragen und Grundbegriffe

2.2.1

Realität und wissenschaftliche Aussagen: das wissenschaftliche Dilemma

Wie wir im Folgenden sehen werden, ist Wissenschaft bestrebt die Realität möglichst genau abzubilden, zu erklären und daraus begründetes Handeln abzuleiten. Dazu formuliert sie Theorien und zieht zur Bearbeitung und Darstellung der Untersuchungsobjekte verschiedene Arten von Modellen bei. Die Wissenschaft steckt dabei aber in einem stetigen Dilemma was die Aussagekraft ihrer Theorien und Modelle anbelangt. Ein Modell z.B., das die Wirklichkeit möglichst gut abbildet, ist sehr komplex und nur schwer handhabbar. Wird die Komplexität jedoch zu stark reduziert, ist das Modell nicht mehr realitätsgetreu. Ein Modell kann die komplexe Wirklichkeit letztlich nie perfekt abbilden und bleibt stets nur eine Annäherung an die Realität (Abb.3). Abbildung 3: Das wissenschaftliche Dilemma Streben nach Allgemeingültigkeit komplexe „Realität“

Theorien und Modelle Streben nach Realitätsnähe

Quelle: nach Boesch (2002), S. 10

Vgl. These 4

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Dies ist aber nur ein kleiner Aspekt der Grundproblematik der Erkenntnis der Realität. Seit der Begründung der abendländischen Philosophie im alten Griechenland besteht der Disput, ob wir wirklich sicher sein können, dass es um uns herum überhaupt eine Wirklichkeit gibt. Zwei philosophische Richtungen, welche sich mit dieser Thematik auseinandersetzen, sind der Konstruktivismus und der Positivismus. 2.2.2

Wissenschafts- und erkenntnistheoretische Positionen

a) Realität - ja oder nein? Konstruktivismus und Positivismus Konstruktivismus bedeutet „die grundlegende Annahme, dass jedes Bild der Welt erzeugt (konstruiert) ist, wobei sowohl die Instrumente als auch die Methoden der Konstruktion das Bild, das entsteht, beeinflussen. (...) Die Informationen, die uns die Sin5 nesorgane liefern (sind) Produkte interner Prozesse.“ Somit wird die „reale Welt“ Produkt subjektiver, psychologischer Vorgänge und sie gestaltet sich für jedes Lebewesen anders, je nach natürlichen und kulturellen Voraussetzungen sowie innerer Verfassung. Eine so genannt „objektive“ Betrachtung wird damit unmöglich. Im Gegensatz dazu steht der Positivismus. Er „lässt nur gelten, was handfest empirisch nachweisbar und (...) demonstrierbar ist. (...) Die Denkrichtung (hatte) einen beispielhaften Erfolg, weil sie die konkrete Praxis moderner Forschung (Beobachtung, Messung, Experiment) zu erfassen schien und mit dem Machbarkeitsdenken der Industrialisierung 6 konform war.“ Damit ist angedeutet, dass der Positivismus die wissenschaftliche Vorgabe v.a. für die Natur- und Wirtschaftswissenschaften darstellt. Eine Weiterentwicklung stellt der von Sir Karl R. Popper in den 1950er Jahren propa7 gierte Kritische Rationalismus dar. Als Gegenposition zum Positivismus hat sich in den letzten Jahren vor allem im Gefolge der Umweltdiskussion der sog. normative Ansatz herausgebildet. Dieser fasst Normativität als wissenschaftliche Grundposition auf im Bewusstsein, dass letztlich jede Fragestellung durch ein Subjekt hervorgebracht wird, welches durch die Sozialisation innerhalb eines bestimmten Wert- und Normenrahmens geprägt ist. b) Hermeneutik Neben den eben dargestellten wissenschaftlichen Positionen Konstruktivismus und Positivismus gibt es noch eine weitere Gegenposition zum Positivismus, die Hermeneutik. Diese ist in erster Linie eine Interpretationstechnik, hervorgegangen aus der Schriftauslegung der Bibel. Auch sie betont weniger die Objektivität, sondern vielmehr den Erfahrungshintergrund der Forscherpersönlichkeit. Ihr Blick richtet sich vorwiegend aufs Ganze und widmet sich bei der Analyse immer wieder dem Kontext der Thematik. Abbildung 4: Der hermeneutische Zirkel

Quelle: Spoun / Domnik (2004), S.34

5

Schülein (2003), S.232 Schülein (2003), S.235 7 „Der Kritische Rationalismus ist ein von Karl Popper entwickeltes philosophisch-erkenntnistheoretisches Programm, geprägt durch Analytik und Nomothetik (Suche nach Allsätzen = Gesetzmässigkeiten). Ausgehend von einem permanenten Zweifel an bisherigen Problemlösungen (Kritizismus) ersetzte Popper die Verifikations- durch die Falsifikationsmethode. Danach ist eine Aussage nur solange gültig, wie die Widerlegung erfolglos bleibt. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind stets nur vorläufig. Durch stetige Falsifikations- bzw. Verbesserungsbemühungen ergibt sich nach Popper ein zunehmend verbesserter Wissensbestand.“ Quelle: Wachter, D. in: Boesch (2002), Anhang, S. 10, Fussnote. Vgl. dazu auch Spoun / Domnik (2004), S.81 6

Vgl. dazu: Zeh, J.: „Schilf“

Vgl. dazu: Kehlmann, D.: „Humboldt und Gauss“

Beisp. für eine Erläuterung in Form einer Fussnote vgl. auch „Objektivität“ unter 2.2.4 und Kap. 3.3

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Als bevorzugte Methode der Geistes- und z.T. auch Sozialwissenschaften befasst sich die Hermeneutik mit dem Verstehen von Sinnzusammenhängen und Lebensäusserungen. Im sog. Hermeneutischen Zirkel, einem Vorgehen zum besseren Verständnis von Zielsetzung, Bedeutungszusammenhang und Position des Autors eines Textes, wird vorgegeben, wie der Prozess des Verstehens ablaufen soll. In einem spiralförmigen Weg vom Vorverständnis über das Textverständnis wird ein erweitertes Verstehen angestrebt, über welches sich ein vertieftes Textverständnis einstellt, welches sich dann zu einem breiten Erfassen eines grösseren Sinnzusammenhanges ausweiten lässt. „Der hermeneutische Zirkel beleuchtet (auch) das Verhältnis zwischen dem Besonderen und dem Allgemeinen oder den Teilen und dem Ganzen. Erst ein Verständnis des Einzelnen ermöglicht ein Verständnis des Ganzen, aber das Einzelne ist nur vor dem Hin8 tergrund des Ganzen zu verstehen.“ c) Behaviorismus 9

Auch der Behaviorismus stützt sich, wie der Positivismus, im Sinne der Erkenntnistheorie auf eine objektive, erfahrbare Realität. Es ist der Theorieansatz, welcher im ersten Teil des 20. Jahrhunderts von Amerika ausgehend die Lernpsychologie revolutionierte. Der Behaviorismus versucht das menschliche Verhalten psychologisch zu erklären und beruft sich auf die Forschungen von Pawlow, welcher mit Tierversuchen zeigte, wie bei Lebewesen durch Konditionierung unter bestimmten Bedingungen gewisse Reize ausgelöst werden können. Eine Reiz-Reaktions-Verbindung löst ein Verhalten aus, welches in funktionalistischem Sinne durch Belohnen und Bestrafen auf ein bestimmtes Ziel ausgerichtet werden kann. Der Behaviorismus stellt ein grundlegendes Prinzip für die theoretischen Konzepte des Marketings dar. 2.2.3

Objektivität und (wissenschaftliches) Subjekt; Intersubjektivität

Objektivität heisst „Sachbezogenheit von Aussagen (im Gegensatz zur Personenbezogenheit). Der Anspruch der Objektivität hat in der Wissenschaft den der Wahrheit abgelöst. Objektivierung wird angesteuert, indem die Vorstellung von Wirklichkeit mit deren Merkmalen und Entwicklung verglichen werden. Dazu dient auch der wissenschaftliche 10 Diskurs, in dem Vorstellungen der Kritik der KollegInnen ausgesetzt werden.“ In der „scientific community“ (These 2) werden also die wissenschaftlichen Erkenntnisse diskutiert und kritisch hinterfragt (These 3). Damit werden die Erkenntnisse von Individuen objektiviert, d.h. die überprüfbaren und meist auch überprüften Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit werden durch die Gemeinschaft der Forschenden nachvollzogen und angenommen. Wissenschaftstheoretisch präziser ausgedrückt nennt man dieses anerkannte Wissen statt „objektiv“ eher „intersubjektiv“, um dem nach wie vor bestehenden Zweifel an der Existenz einer letztlich gültigen Realität Ausdruck zu verleihen. Das Theoriebuch umschreibt dies so: „Das Subjekt ist in der Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie die Instanz, die erkennt und weiss. Das Erkenntnis-Subjekt erbringt eine aktive Leistung. (...) Neuere Konzeptionen sehen im Erkenntnissubjekt nicht unbedingt einen einzelnen Menschen. Es kann sich dabei auch um ein Kollektiv, eine Institution 11 oder um eine andere Art von System handeln (...).“ Damit wäre dann die Intersubjektivität als letztliche Erkenntnisinstanz legitimiert und die jeweiligen Wert- und Normenbedingungen implizit als erkenntnisleitend definiert. Wie wird nun konkret vorgegangen, um diese intersubjektive Erkenntnis zu erlangen? Die Wissenschaft macht dazu eine klare Trennung zwischen dem, was uns als Realität durch die Sinne oder durch Instrumente erfahrbar entgegen tritt und dem „Sach“verhalt, wofür die Erklärung gesucht wird. Dazu dient die Unterscheidung zwischen Realobjekt und Erkenntnisobjekt.

8

vgl. dazu Spoun / Domnik (2004), S.33 f vgl. Watson, J.B.: Psychology from the standpoint of a behaviourist, New York 1919 10 Schülein (2003), S.234 11 Schülein (2003), S.237 9

Vgl. Thesen 2 und 3

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2.2.4

Realobjekt und Erkenntnisobjekt

Das Realobjekt „Matterhorn“ (Abb. 5) ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein bizarrer Stein- und Felshaufen, der uns Menschen in seiner speziellen Erscheinungsform fasziniert. Jährlich lockt das „Horu“ Abertausende nach Zermatt und ermöglicht vielfältige wirtschaftliche Aktivitäten und alimentiert durch den damit geschaffenen „Brand“ eine ganze Wirtschaftsregion. Abbildung 5: Subjektivität oder Objektivität? Realobjekt und Erkenntnisobjekt!

Quelle Boesch (2002), S. 8

Nun kann aber dieser Steinhaufen an sich nicht das Thema wissenschaftlicher Forschung sein. Erst durch spezifische Fragestellungen, basierend auf entsprechender Normativität im Zusammenhang mit einer Theorie, wird das Realobjekt „Matterhorn“ zum Objekt der wissenschaftlichen Erkenntnis. In diesem speziellen Fall kann z.B. von Interesse sein, wo und wann die Gesteine, welche das Matterhorn bilden, entstanden und wie sie zusammengesetzt sind. Wenn dann festgestellt ist, dass es Meeresablagerungen (Sedimente) sind, wird die Frage auftreten, aus welchem Meer diese stammen, wo dieses Meer hingekommen ist - oder besser, wie die Gesteinsschichten aufeinander getürmt und an die heutige Stelle gelangt sind. Da man weiss, dass Gesteine in ganzen Paketen zusammen gefasst und als Erdkrustenteile über weite Strecken verschoben wurden, ist dann als nächstes zu klären, wie die spezielle Form des Horns entstehen konnte und ob es wohl auch eine weiter gehende Erwärmung der Erdatmosphäre überstehen würde, ohne seinen majestätischen Charakter zu verlieren. Fazit: Aus (natur-)wissenschaftlicher Sicht ist das Matterhorn von Bedeutung bezüglich des Materials, aus dem es besteht (Petrographie), der aufbauenden (endogenen) Kräfte (Tektonik) und der abtragenden (exogenen) Prozesse (Geomorphologie). Jede Disziplin definiert also ihren eigenen Erkenntnisgegenstand, resp. ihr eigenständiges Erkenntnisobjekt „Matterhorn“ auf der Basis ihrer spezifischen Theorien und Forschungsmethoden. Damit kann jede wissenschaftliche Disziplin nur einen Teilausschnitt des Realobjekts „Matterhorn“ erfassen, aber mit ihren wissenschaftlichen Aussagen einen Beitrag leisten zum Verständnis des Phänomens „Matterhorn“. Neben obigen naturwissenschaftlichen Beschreibungen und Erklärungsansätzen müssten auch geisteswissenschaftliche (z.B. kulturgeschichtliche – vgl. oben: Hermeneutik) oder sozialwissenschaftliche (z.B. psychologische – vgl. oben: Behaviorismus) Aspekte beigezogen werden, um dem Matterhorn gerecht zu werden. Und auch diese würden es nicht schaffen, die vollständige Bedeutung des zauberhaften Berges zu ergründen, besonders wenn man bedenkt, wie viele Menschen unter Todesgefahren diesen Berg unbedingt bestiegen haben wollen. Das Phänomen Matterhorn als Ganzes zu erfassen ist zu komplex. Aber jede wissenschaftliche Teilerklärung leistet ihren Beitrag, diese Komplexität mit ihren Mitteln Stück um Stück zu reduzieren, d.h. Teilphänomene zu ergründen und daraus Handlungsvorgaben zu formulieren, um den Berg in seiner Schönheit und als Basis für wirtschaftliche Aktivitäten zu erhalten.

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Die Konsequenz aus dem Beispiel Matterhorn ist in Abb. 6 dargestellt. Aus der komplexen Realität konstruiert sich jede Wissenschaftsdisziplin ihr Realobjekt über das sie mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden und spezifischer Fragestellungen ihre Erkenntnisse gewinnen will. Dieses Erkenntnisobjekt präsentiert sich dann als System, Modell oder als Theorie über einen definierten und konstruierten Ausschnitt der Realität, kann aber niemals die voll umfassende Wirklichkeit abbilden. Die Begriffe System, Modell und Theorie, mit denen ein Erkenntnisobjekt dargestellt wird, sollen im nächsten Kapitel (Kap. 2.3) besprochen werden. Abbildung 6: Vom Realobjekt zum Erkenntnisobjekt Reduktion der Komplexität durch Theorien und Modelle

Realität

Konstrukte

Realobjekt

Wissenschaftliche Fragestellungen

Erkenntnisobjekt

Erklärungen (wiss. Aussagen) und Handlungsanweisungen

Quelle: nach Boesch (1989), S. 22

======================================================

Schema 1: Forschungskonzeption Voraussetzung

Mittel

Untersuchungsgegenstand

AnalyseMethoden

Realobjekt

Fragestellung

Ziel

Hintergrund

Untersuchungsergebnisse

Wissenschaftsposition

Erkenntnisobjekt

Normativer Ansatz Quelle: eigene Darstellung

Das Objekt der wissenschaftlichen Erkenntnis ist durch die Wahl des Realobjekts und die Fragestellung normativ bestimmt.

====================================================== 2.2.5

Erkenntnisziele der Wissenschaft und Wertfreiheit

Im Gefolge der Aufklärung und späteren Demokratisierung konnte sich die Wissenschaft sowohl von den Vorgaben der Kirche, wie auch der staatlichen Macht emanzipieren. Sie entwickelte eine rationalistische Sichtweise, deren Erfolge sich in den Naturund Ingenieurwissenschaften manifestierten und in der Industrialisierung sichtbaren und umwälzenden Niederschlag fand. Im 19. und 20. Jahrhundert zeigten sich dann aber auch die Schattenseitern dieses wissenschaftlich-technischen Aufbruchs, zuerst in der Verarmung der Arbeitermassen und später in den überhand nehmenden Umweltproblemen: Die Wissenschaften und die ökonomische In-Wert-Setzung ihrer Erkenntnisse werden gewissermassen Motor zur Ausbeutung von Menschen und natürlichen Ressourcen.

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Es war dann der Gesellschaftskritiker Jürgen Habermas, der in seiner 1968(!) erschie12 nen Schrift mit dem Titel „Erkenntnis und Interesse“ die Kluft zwischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kräften anprangerte und der Wissenschaft den Vorwurf machte, sich allzu leichtfertig von politischen und ökonomischen Interessen leiten und vereinnahmen zu lassen. Er rief die Wissenschafter auf, ihr Selbstverständnis von Wissenschaft und Forschung zu revidieren und ihre Werthaltungen zu hinterfragen. Damit waren die in Wissenschaft und Forschung tätigen Menschen aufgerufen, auf den „Pfad der Tugend“ zurückzukehren und sich auf ihren eigentlichen Auftrag zu besinnen, nämlich Erkenntnisse zu gewinnen, welche der Menschheit als Ganzes echten Fortschritt bescheren können. Damit war die Forderung gestellt, gesellschaftsrelevante Forschung zu betreiben, d.h. die wissenschaftlichen Fragestellungen sollen die gesellschaftlichen (sozialen) Bedingungen reflektieren und die Verwertungsinteressen der Erkenntnisse explizit vorweisen. Einen ähnlichen Hintergrund hat der Widerruf des Postulates der sog. Wertfreiheit der Wissenschaft. Lange Zeit gab die Wissenschaft (v.a. der Positivismus und der Szien13 14 tismus ) vor, wertfrei zu arbeiten, d.h. sie wollte so tun, als wären ihre Erkenntnisse objektiv und frei von subjektiven Interessen. Heute – in der Zeit nach Habermas – wird von der forschenden Person oder Institution verlangt, dass sie Stellung bezieht und ihre Ziele und Wertvorstellungen offen legt bei der Begründung ihres Tuns. „Durch den Einbezug von Wertungen und Normen ergeben sich zwei Effekte: einmal ein ‚konstruktivistischer’ Effekt, d.h. Fakten werden entsprechend bestimmten Werthaltungen ausgeblendet bzw. ausgewählt, die (eigentliche) ‚Realität’ wird erst durch das Subjekt konstruiert. Zum zweiten entsteht durch die Konfrontation von Fakten und Werten ein Problembewusstsein. Probleme werden also verstanden als Diskrepanz zwischen Soll- und Ist15 Zustand.“ Als Probleme nehmen wir demnach einerseits wahr, was sich durch die unterschiedliche (Be-)Wertung eines gegenwärtigen Zustands ergibt und andererseits durch verschiedenen Ansprüche an eine zu gestaltende Zukunft. Sowohl Bewertungen wie Ansprüche sind subjektiv geprägt, womit Wertfreiheit im Vorneherein ausgeschlossen ist. ! Wissenschaft ist in diesem Sinne auch ein gesellschaftlicher Emanzipationsprozess.

St. Galler Tagblatt, 23. April 2009, Eleonore Baumberger

Streit über Werturteile Kann Wissenschaft überhaupt wertfrei sein? Darüber wird seit 100 Jahren gestritten. Der deutsche Soziologe Max Weber stellte 1904 die Frage, «ob man im akademischen Unterricht sich zu seinen ethischen oder durch Kulturideale oder sonst weltanschauungsmässig begründeten praktischen Wertungen solle oder nicht». Und er kam zu der Ansicht: «Es ist stilwidrig, in sachliche Facherörterungen persönliche Angelegenheiten zu mischen.» Im Werturteilsstreit mit dem Ökonomen Gustav von Schmoller, der die Haltung vertrat, sittliche Normen und ethische Grundsätze müssten in die Wissenschaft einfliessen, forderte Weber die rigorose Trennung von Sachaussagen und wertenden Aussagen. In den 60er-Jahren stritten die Vertreter des Kritischen Rationalismus, Karl Popper und Hans Albert, und der Frankfurter Schule, Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas, über die Methode der Sozialwissenschaften. Geht es dem Kritischen Rationalismus um den Versuch, gesellschaftliche Probleme zu lösen und Missstände zu beseitigen, so will die Frankfurter Schule die der Gesellschaft zugrunde liegende Totalität ausmachen, die diese Probleme und Missstände verursacht. Popper und Albert plädierten für eine rigorose Trennung von Sachaussagen und Werturteilen. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssten überprüfbar, widerlegbar sein. Für Adorno und Habermas ist eine Trennung von Sach- und Wertaussage gar nicht möglich, weil die Werthaltung eines Forschers immer auch in seine wissenschaftlichen Erkenntnisse eingehe. Eine scharfe Trennung mache zudem die Theorie für beliebige Ziele verwertbar. 12

Habermas, J. (1968) Meist abwertend für eine wissenschaftstheoretische Position, die in den Geistes- und Sozialwissenschaften allein quantifizierende, den Naturwissenschaften unkritisch entlehnte Methoden als wissenschaftlich zulassen möchte. Quelle: Wachter, D. in: Boesch (2002), Anhang, S. 10, Fussnote. 14 vgl. dazu Spoun / Domnik (2004), S.80 15 Wachter, D. in: Boesch (2002), Anhang, S. 10 13

Vgl. Kap.3.4.2, Abb.13

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HSG-Professor Gebhard Kirchgässner schrieb 2004 in einem Diskussionspapier, das Postulat der Trennung von Wert- und Sachaussagen werde in den Wirtschaftswissenschaften zwar allgemein anerkannt, hindere aber viele Ökonomen nicht daran, «wertbehaftete Aussagen» zu machen. Kirchgässner meint, nicht der einzelne Wissenschafter, sondern die Wissenschaft müsse objektiv sein, der Wissenschaftsprozess so organisiert sein, dass Widerlegungen möglich seien. 2.3

Theorien und Modelle als Resultate wissenschaftlicher Arbeit

2.3.1

Begriffe System und Theorie

Wie wir gesehen haben ist die Wissenschaft bestrebt, die Wirklichkeit möglichst korrekt abzubilden. Das Ziel ist, ein geordnetes, aufeinander bezogenes, logisch-konsistentes Wissen in einem bestimmten Begründungszusammenhang zu generieren, d.h. wissenschaftliche Aussagen über die strukturierte Realität zu machen. Diese Aussagen nennt man Theorien. Je nach „Grösse“ des Begründungszusammenhangs und Bedeutung der Aussagen über die Erkenntnisobjekte spricht man von einfachen Theorien (Konzepten) oder Gesetzen (z.B. Fallgesetze, Komparative Kostenvorteile), Theorien mittlerer Reichweite (z.B. Polarisationstheorien) oder Universaltheorien (z.B. Relativitätstheorie). „Formal ist eine Theorie ‚ein System logisch widerspruchsfreier Aussagen (...) über den jeweiligen Untersuchungsgegenstand mit den zugehörigen Definitionen der verwende16 ten Begriffe.’“ System wird dabei auf der Basis der Systemtheorie verstanden als: •

Voraussetzung: Annahme einer strukturierbaren „Realität“ – philosophisch begründet.



Ziel: geordnetes, aufeinanderbezogenes (logisch-konsistentes) Wissen (Begründungszusammenhang = Theorie); Aussagen zur strukturierten Realität.



Verfahrensweise: Hypothesenbildung; Hypothesen überprüfen durch Experimente / Untersuchungen; Einbezug aller relevanten Faktoren.

2.3.2

Theorie und Empirie

Theorien sind gleichzeitig die Fundamente wissenschaftlicher Arbeit und, wie oben beschrieben, auch das Resultat (System als Ziel) des forschenden Bemühens. Sie geben den Rahmen für die inhaltliche Ausrichtung der Forschung und stecken die Reichweite ab, für welche die gewonnenen Aussagen Gültigkeit haben. Eine wissenschaftliche Erkenntnis ist also nur soweit gültig, richtig oder wahr, wie es die theoretische Konzeption zulässt, innerhalb welcher die Aussage erarbeitet wurde. Theorien sind aber auch für unser Denken und Handeln im Alltag von grosser Bedeutung, weil sie Erkenntnisse über Zusammenhänge vermitteln, welche durch unsere Sinne nicht direkt erfahrbar sind. Ebenso sind sie „für die Praxis bedeutsam, weil sie unsere Wahrnehmung und damit unser Verhalten steuern. Theorien sind in komplexen Situationen (...) bedeutsam, weil dort einfache Rezepte versagen und nur das Verständ17 nis der Problemsituation zu einer tauglichen Lösung führen kann.“ Moderne Wissenschaft verlangt von den Theorien, dass sie in der Praxis überprüft worden sind, respektive dass die Aussicht besteht, sie einmal zu überprüfen, d.h. sie zu verifizieren oder zu falsifizieren. Ist das nicht der Fall, dann spricht man eher von Spekulationen. Wissenschaftlich Arbeiten ist also das Austesten von Theorie begründeten Aussagen (Hypothesen) anhand von Untersuchungen in der Praxis durch Datenanalyse und/oder 18 durch systematische Informationsbearbeitung. Dies ist Empirie. „Gute Theorien sind 19 grundsätzlich empirisch testbar; sie schliessen gewisse Dinge theoretisch aus.“ Der Theorie-Realität/Praxis-Bezug lässt sich folgendermassen darstellen (Abb. 7):

16

Kromrey, H.: Empirische Sozialforschung, Opladen 2002, S.48, in: Spoun/Domnik (2004), S. 73 Hunziker (2002), S. 21 18 Duden: „Empirie = Erfahrung, auf definierte Erfahrung beruhende Erkenntnis“ über die Realität 19 Hunziker (2002), S. 23 17

Beisp. für Zitat in zitiertem Text

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Abbildung 7: Der zirkuläre Forschungsprozess 2

4

Theorie

Realität 1

3

1

strukturieren, konzipieren: Theorieansatz entwerfen, Hypothesen bilden

2

verifizieren / falsifizieren: Hypothesen überprüfen

3

modifizieren: Theorie bestätigen oder verwerfen

4

Handlungsanweisungen resp. Massnahmen entwerfen und überprüfen Quelle: eigene Darstellung

Die empirische Verfahrensweise geht nun so vor, dass über den Untersuchungsgegenstand (zu erklärender Ausschnitt der Realität) plausible Vermutungen formuliert oder aus einem Theorieansatz heraus Hypothesen zur Forschungsthematik gebildet werden. Diese sollen durch Experimente resp. Untersuchungen überprüft werden. Die so gewonnenen neuen Erkenntnisse werden dem ursprünglichen Theorieansatz gegenübergestellt und dieser allenfalls modifiziert und wieder neu getestet. Aus den wissenschaftlich erhärteten Forschungsresultaten (Konzepte, Theorien) können Handlungsanweisungen für die Praxis abgeleitet werden. Daraus ergibt sich ein Kreisverfahren: der zirkuläre Forschungsprozess (Abb. 7). Empirische Forschung ist die heute übliche Vorgehensweise der Natur-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. 2.3.3

Theorie- und Modellbildung

Es gibt grundsätzlich zwei mögliche Vorgehensweisen zur Theorie- resp. Modellbildung: (Abb. 8) • Deduktion = Vom Allgemeinen zum Individuellen; Formulieren und Überprüfen von Hypothesen: Die Deduktion ist das Vorgehen vom Allgemeinen zum Besonderen. Es wird versucht, auf der Basis von bestimmten Annahmen Aussagen zu verknüpfen und entsprechend den Gesetzen der Logik Gesetzmässigkeiten sowie eine Theorie abzuleiten. Dabei werden aus allgemeinen Sätzen immer speziellere sowie aus einfa20 chen Sätzen komplexere Aussagen abgeleitet. Die Deduktion entspricht mit ihrem „top down“-Ansatz auch dem Vorgehen in der traditionellen wissenschaftlichen Lehre. •

20 21

Induktion = Vom Individuellen/Speziellen zum Allgemeinen; Schlüsse ziehen; Forschungsarbeit: Die Induktion ist das Vorgehen vom Besonderen zum Allgemeinen. Sie entspricht der empirischen erkenntnistheoretischen Grundposition. Dabei werden theoretische Aussagen aus der empirischen Analyse von Phänomenen, also aus der Erfahrung, 21 gewonnen. Das induktive Vorgehen wird v.a. in der natur- und sozialwissenschaftlichen Forschung angewendet und entspricht einem „bottom up“-Ansatz.

Maier/Tödtling (1992), S. 17 Maier/Tödtling (1992), S. 17

Vgl. dazu auch Kap.2.1.2, Abb.1

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Abbildung 8: Induktion und Deduktion I n d u k t i o n

D e d u k t i o n

Quelle: nach KÖCK (1982), S. 239

In den meisten wissenschaftlichen Disziplinen kommen sowohl Induktion als auch Deduktion als Forschungswege zum Tragen. Induktives Vorgehen findet Anwendung z.B. bei der Erforschung und Systematisierung von Pflanzenarten. Beispiele für auf deduktivem Wege erhaltenen Aussagen sind die physikalischen Gesetzmässigkeiten z.B. der Mechanik, abgeleitet aus den Erkenntnissen von Isaak Newton. 2.3.4

Modelle: Typen, Komplexität und Funktionen

Modelle: Schaubild, Wirkschema Regelkreis Formel etc.

Modelle • dienen zur Darstellung von Systemen. • sind vereinfachende Abbildungen komplexer Strukturen, • sind technische Hilfsmittel bei der Bearbeitung von Themen, • zeigen die Vielfalt der am Raum beteiligten Grössen, die darin ablaufenden Prozesse, • machen die dahinter stehenden Kräfte durchschaubar.

Die im Modell verdichtete, vereinfachte Darstellung komplexer Phänomene dient dem Verständnis und soll Vorhersagen ermöglichen. In einfachster Form können Modelle verbal oder graphisch sein, d.h. kurze und bündige Feststellungen beinhalten oder Themen in Bildern ausdrücken. 1) Modell-Typen: (nach Zweckbestimmungen) (nach Wirth 1979) • Deskriptive Modelle: Stellen Zustände und Prozesse anschaulich dar • Erklärungsmodelle:

Ermöglichen die Erklärung der „Funktionsweise“ eines Systems

• Prognosemodelle:

Erlauben wissenschaftlich abgestützte Voraussagen für die zukünftige Entwicklung des Systems

2) Komplexitätsstufen: • Bildmodell:

skizzenhafte Darstellung.

• Wirkschema:

Begriffe (Kästchen) und Pfeile.

• Formalisierte Modelle:

z.B. klar definierte Symbole für Kräfte / Enegiequellen Eigenschaften / Organismen / Subsysteme Relationen / Flüsse Prozesse / Interaktionen Lager / Speicher

• Mathematische Modelle:

mathematische Formel

3) Zusammenhang System - Modell – Realität Mit nachfolgender Darstellung (Abb. 9) wird, abschliessend zu diesem Kapitel, der Zusammenhang der betrachteten Elemente wissenschaftlicher Denk- und Vorgehens-

Allgemein-sprachliche und wissenschaftliche Modelle aufzählen

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weise nochmals aufgegriffen. Die Abbildung zeigt das Gegensatzpaar System (Idee, Gedanke, Vorstellung, Theorie) und Realität (Tatsachen, Objekte, Örtlichkeiten) und dazwischen die Funktion des Modells. Mittels Modellbildung wird die Realität strukturiert und lässt sich als System begreifen. Damit wird die Realität ‚durchschaubar’, ihre Komplexität wird reduziert. Umgekehrt wird – hervorgehend aus den Ideen – über die Modellbildung / Planung Wirklichkeit modifiziert, resp. neu geschaffen. Modelle sind Mittler zwischen den Systemen und der Realität: - Sie geben den Systemen Ausdruck und Form. - Sie sind thematisch relevante Ausschnitte der Wirklichkeit. - Die im Modell dargestellten Sachverhalte weisen idealtypischen Charakter auf. Abbildung 9: System-Modell-Realität

Repräsentation der Ideen

Repräsentation der Sachverhalte

Reduktion von Komplexität

R System

Modell

e

‚Realität‘

Strukturierung / Positivismus Konstruktivismus Quelle: Eigene Darstellung

Mit der Konstellation System – Modell – Realität lässt sehr schön auch die unterschiedliche Positionierung resp. Sichtweise von Positivismus und Konstruktivismus darstellen. Somit zeigt sich der Positivismus als Erklärungsansatz von natürlichen und gesellschaftlichen Phänomenen, während der Konstruktivismus im wissenschaftlichen, aber auch im praktischen Gestaltungsprozess neue Realitäten schafft. Insbesondere gilt dies für soziale Systeme: „Aufgrund der erkenntnistheoretischen Annahmen müssen soziale Prozesse als Prozesse der Erzeugung von Realitäten und auf sie abgestimmte Hand22 lungen verstanden werden.“

======================================================

Schema 2: Forschungsansatz Voraussetzung

Mittel

Ziel

Hintergrund

Vorstellung, Idee

Methode

Ergebnisse

Wissenschaftsposition

System

Modell

„Realität“

Normativer Ansatz

Quelle: eigene Darstellung

Mit dem Dreischritt System-Modell-Realität wird Erkenntnis ermöglicht und es werden Ziele erreicht, resp. Realitäten geschaffen.

====================================================== 22

Hejl, P.M.: Konstruktion der sozialen Konstruktion, in: Gumin, H. / Meier, H. (2006), S. 112

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Fazit Wissenschaftsverständnis •

Die Wissenschaft ist bestrebt, durch geeignete Fragestellungen sowie Analyse und Synthese die Wirklichkeit möglichst korrekt abzubilden. Dazu verwendet sie Theorien und Modelle als Erklärungs- und Arbeitsinstrumente.



Die wissenschaftlichen Aussagen werden in Theorien formuliert, welche sich laufend der Falsifizierung aussetzen müssen.



Die Arbeit mit Modellen fördert das Bewusstsein für Vernetzungen.



Um Theorien und Modelle zu bilden gibt es je zwei Wege: - Induktion (Vom Besonderen zum Allgemeinen) - Deduktion (Vom Allgemeinen zum Besonderen) resp. - analytisches Vorgehen (Analyse einzelner Phänomene, suchen nach Gesetzmässigkeiten) - synthetisches Vorgehen (erklärende Muster bilden, ausgehend von Prämissen zu bestimmten Funktionsweisen)



Die Wissenschaft unterscheidet u.a. zwischen zwei gegensätzlichen Erkenntnispositionen, dem Positivismus und dem Konstruktivismus. Positivismus bedeutet: Erklären von Phänomenen mittels Theorien und Modellen, sowie deren Überprüfung durch Verifizierung / Falsifizierung von Hypothesen. Konstruktivismus in diesem Zusammenhang meint: Bewusstsein dafür, dass Forschung den zu erforschenden „Gegenstand“ beeinflusst und dass der wissenschaftliche Arbeitsprozess gestaltende Wirkung aufweist.



Ein modernes Wissenschaftsverständnis fordert eine gewisse Normativität. Das bedeutet, dass die Forschenden ihre wissenschaftliche Positionierung (positivistisch / konstruktivistisch) kennen und ihre Werthaltungen offen legen. Sie sind sich der Einflussnahme in die gesellschaftlichen Grundbedingungen (Werte und Normen) bewusst, die sich durch ihre wissenschaftliche Tätigkeit und deren impliziten und expliziten Wirkungen und Folgen ergibt.

======================================================

Schema 3: Wissenschaftstheorie Voraussetzung

Mittel

Ziel

Erkenntnisposition

Idee

Modelle

„Realität“

Konstruktivismus

Realität

Wiss. Methode

Erkenntnis

Positivismus Quelle: eigene Darstellung

Je nach Ansatzpunkt und Zielsetzung der Forschung unterscheiden sich der Konstruktivismus oder der Positivismus als Erkenntnisposition.

======================================================

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3.

Der wissenschaftliche Arbeitsprozess

3.1

Wissenschaftlichkeit, Formen der wissenschaftlichen Arbeiten

Wie wir in Kap. 2 gesehen haben ist es das Ziel einer wissenschaftlichen Arbeit, innerhalb eines bestimmten Wissenszweiges eine spezifische, auf das Thema zugeschnittene Fragestellung zu beantworten. Dies wird erreicht, in dem man Erkenntnisse aus dem Literaturstudium verknüpft und/oder in dem man mittels einer eigenen Untersuchung Datenquellen erschliesst und auswertet und dadurch zu neuen Aussagen in einer Thematik kommt. 3.1.1

Was ist wissenschaftliches Arbeiten resp. Forschung?

Wissenschaftliches Arbeiten versucht sich vom Alltagsarbeiten abzuheben, indem gewisse Beschränkungen unserer Wahrnehmung der „realen Dinge“ bewusst gemacht und strenge Kriterien des Vorgehens vorgegeben werden: Offenheit, Nachvollziehbarkeit, Kritikfähigkeit. „Forschung ist das ‚Arbeiten an wissenschaftlichen Erkenntnissen’ (Duden 1981:56). Gemäss Neuman (1991:10) ist Forschung ein Prozess, welcher typischerweise durch folgende Schritte führt: Wahl des allgemeinen Themas, Projekt oder Interessensgebiet in eine Theorie einbetten, Studie konzipieren, Daten sammeln, Daten analysieren, Ergebnisse interpretieren und Schlussfolgerungen ziehen sowie einen Bericht verfassen. Eine Forschungsarbeit kann gemäss Neuman (1991:17ff) mittels den folgenden vier Merkmalen klassifiziert werden: • Gründe für die Studie (Erforschung, Beschreibung, Erklärung) • Gebrauch der Forschung (Grundlagenforschung, angewandte Forschung) 23 24 • Umgang mit der Dimension Zeit (Querschnittstudie , Longitudinalstudie , Fall25 studie ) 26 • Forschungstechniken (qualitativ, quantitativ)“ Die Wissenschaft ist - wie vorne gezeigt - bestrebt, die Wirklichkeit möglichst korrekt abzubilden. Das Ziel ist, ein geordnetes Wissen in einem bestimmten Begründungszusammenhang (= Theorie) zu generieren, d.h. wissenschaftliche Aussagen über die strukturierte Realität zu machen. Es „... ist die systematische Suche nach gesicherter Erkenntnis im Bewusstsein um die Einschränkungen unserer Sinne. Wissenschaftliches Arbeiten heisst, die verwendeten Methoden offen zu legen, dass sie für andere nachvollziehbar und kritisierbar wer27 den.“ 3.1.2

Typen von Arbeiten

Ähnlich den Typen von Fragestellungen, welche wir bei Kap. 2.2.1 unterschieden haben, lassen sich auch bei den Forschungsarbeiten Differenzierungen aufzeigen. In der Forschungspraxis lassen sich diese Typen (Tab. 2) von Arbeiten nicht streng auseinander halten. Vielmehr müssen Elemente der verschiedenen Ansätze mit einander verknüpft werden. So beinhaltet jede Untersuchung auch eine Literaturrecherche, bezieht sich auf theoretische Aspekte und muss Aussagen in der Realität/Praxis überprüfen.

23

Eine Querschnittsstudie bildet einen bestimmten Zeitpunkt ab Eine Longitudinalstudie erlaubt Beobachtungen über eine bestimmte Zeit 25 Eine Fallstudie ist eine intensive Beobachtung einer kleinen Stichprobe über kürzere oder längere Zeit 26 Deplazes / Furrer (2005), S. 5 27 Hunziker (2002), S. 13 24

Vgl. These 1

Vgl. These 3

Vgl. Tab. 3 / 5

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Tab. 2: Typen von wissenschaftlichen Arbeiten

Quelle: Hunziker (2002) S. 46

3.1.3

Der Forschungskreislauf

Wissenschaftliche Arbeit, also Forschung, lässt sich in folgenden sieben Schritten als Kreislauf darstellen: Fragestellung: Welches Problem soll bearbeitet werden? Stand der Forschung: Welches ist der Erkenntnisstand? Wissenslücke: Was fehlt? Wonach wird gesucht? Methode: Wie sieht der Lösungsweg aus? Ergebnisse: Welches Wissen ist entstanden? Diskussion: Wie sind die Ergebnisse zu interpretieren? Wurden die Fragen beantwortet? Ausblick: Wie soll es weiter gehen? Welche neuen Forschungsfragen ergeben sich?

Wie schon mehrfach betont, steht am Anfang jeder Forschung, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen soll, eine präzise Fragestellung. Diese gilt es in den dargestellten Schritten zu bearbeiten und am Ende rückschauend zu überprüfen, um festzustellen, ob sich aus den gefundenen Antworten allenfalls neuen Fragestellungen eröffnet haben, welche in es einem neuen Forschungszyklus zu bearbeiten gilt. 3.2

Wissenschaftliche Methoden, Datenquellen, Ergebnisse wissensch. Arbeit

3.2.1

Methoden und Datenquellen

a) Was leisten wissenschaftliche Methoden? Wissenschaftliche Methoden sind Vorgehensweisen oder Untersuchungsanlagen, welche den strengen Kriterien der Wissenschaft genügen müssen, respektive welche von der Gemeinschaft der Forschenden als solche anerkannt werden. Sie dienen dazu, die individuellen Wahrnehmungsverzerrungen möglichst auszuschalten, indem das Vorgehen und die Resultate wissenschaftlicher Arbeit offen gelegt und die Untersuchungsmethoden richtig angewendet und nachvollziehbar dargestellt werden. „Welche Methoden als wissenschaftlich gelten und wie sie richtig anzuwenden sind, wird kollektiv im 28 wissenschaftlichen Diskurs ermittelt.“ Als wichtiges Qualitätsmerkmal wissenschaftlicher Arbeit gilt die selbstkritische Beurteilung der eigenen Methoden und Forschungsergebnisse.

28

Hunziker (2002), S. 19

Vgl. Thesen 2 und 3

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b) Methodenüberblick Jede Form wissenschaftlicher Arbeit erfordert bestimmte Vorgehensweisen. Diese sollen dem Untersuchungsgegenstand adäquat sein und mit effizientem Mitteleinsatz (For29 schungsökonomie) möglichst gute Resultate hervorbringen. Hunziker stellt diverse Methoden in folgender Tabelle zusammen: (vgl. Tab.3) Tab. 3: Überblick zu Methoden der Datenerhebung (Empirie)

Quelle: Hunziker (2002), S.97

Bei den wissenschaftlichen Arbeiten in einer Fachhochschule geht es sehr oft um eine Fallstudie, z.B. Betriebsanalyse. Deshalb sind nachfolgend die Arbeitsschritte einer Fallstudie dargestellt. Tab. 4: Arbeitsschritte bei einer Fallstudie

30

Quelle: Hunziker (2002), S.87

29 30

Hunziker (2002), S. 97 vgl. dazu Berner Fachhochschule: www.hsw.bfh.ch

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c) Datenquellen / Primärerhebungen und Sekundäranalysen Der Erfolg einer wissenschaftlichen Arbeit hängt sehr stark von der Qualität der Datenquellen ab. Wie wir beim Thema Literaturrecherche (Kap. 4.4.2) noch sehen werden, macht es die heutige Fülle von Informationsquellen nicht einfacher, den hohen Qualitätsansprüchen zu genügen. Wichtigster Aspekt bei diesen Überlegungen ist sicher, dass man sich bei der Arbeit nicht auf eine zu geringe Zahl von Quellen abstützen darf, wie auch ein gewisses Spektrum verschiedener Arten von Quellen einbezogen werden muss. Scholz et al. (2002) stellen die diversen Datenquellen, welche vornehmlich dem Fundus qualitativer, empirischer Sozialforschung (vgl. Bryman 2004) entstammen, für eine Fallstudie wie folgt dar: Abbildung 10: Datenquellen für Fallstudien, The case

Quelle: Scholz, Tietje (2002) S. 14

Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal für wissenschaftliche Arbeiten ist auch die Datenbasis. Man unterscheidet dabei Primärerhebungen und Sekundäranalysen. Werden Aussagen durch eigene Datenerhebungen und deren Analyse und Interpretation gewonnen, spricht man von einer Primärerhebung. Neue Erkenntnisse generieren durch die Weiterverarbeitung und Synthese bestehender wissenschaftlicher Studien sind Sekundäranalysen. 3.2.2

Qualitative und quantitative Forschung

31

„Die Jahrzehnte alte Debatte um qualitative und quantitative Forschung befasst sich mit der Frage, ob die beiden Ansätze als unterschiedliche erkenntnistheoretische Positionen betrachtet werden müssen oder ob sie sich nur auf unterschiedliche Techniken der Datenerhebung und -analyse beziehen (Lewis-Beck et al. 2004:895). Creswell (2003) hat eine Definition von qualitativer und quantitativer Forschung erarbeitet, in die er sowohl erkenntnistheoretische als auch „technische“ Aspekte einfliessen lässt. Die Definition basiert auf den drei Merkmalen (1) philosophische Verankerung („knowledge claims“), (2) Befragungsstrategie und (3) Forschungsmethoden: “A qualitative approach is one in which the inquirer often makes knowledge claims based primarily on constructivist perspectives (i.e. the multiple meanings of individual experiences, meanings socially and historically constructed, with an intent of developing a theory or pattern) or advogacy/participatory perspective (i.e. political, issue-oriented, collaborative, or change oriented) (…). It (…) uses strategies of inquiry such as narratives, phenomenologies, ethnographies, grounded theory studies, or case studies. The 31

Vgl. dazu auch Bryman (2004)

Vgl. These 5

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researcher collects open ended, emerging data with the primary intent of developing themes from the data.” (Creswell 2003:18) “A quantitative approach is one in which the investigator primarily uses postpositivist claims for developing knowledge (i.e. cause and effect thinking, reduction to specific variables and hypotheses and questions, use of measurement and observation, and the test of theories), employs strategies of inquiry such as experiments and surveys, and collects data on predetermined instruments that yield statistical data.” (Creswell 2003:18) Punch (1998:241ff) erschliesst die Begriffe qualitatives und quantitatives Research zunächst von der Methode der Datenanalyse her und bezieht dabei viele Faktoren mit ein, die auch Creswell in seiner Definition herausstreicht. Die qualitative Forschung orientiert sich in Punchs Darstellung eher an Fällen (cases). Eine Fall-bezogene Analyse zeigt eine einzelne Stichprobe detailliert und vergleicht sie mit anderen Stichproben. Sie strebt ein ganzheitliches Verständnis an und bezieht den Kontext, gelebte Erfahrung und lokale Besonderheiten mit ein. Die Stichproben sind in der Regel klein. Das Research-Design und die Daten werden kaum vorstrukturiert und die Methoden sind wenig formalisiert, dafür multidimensional, divers und schlecht replizierbar. Der quantitative Ansatz dagegen erfasst die Wirklichkeit mittels Variablen und verbindet diese, um Hypothesen zu belegen. Das Profil der einzelnen Stichprobe (der Fall) interessiert dabei nicht. In der Regel werden Daten vom Kontext gelöst, da dieser nicht als bedeutend angesehen wird. Im Zentrum des Interesses liegt die mögliche Generalisierung der Ergebnisse. Beim quantitativen Ansatz ist die Anzahl Stichproben in der Regel gross und Forschungsdaten, -fragen, -konzepte und -design werden vorstrukturiert. Die Methoden für die Datenanalyse sind entwickelt und kodifiziert, in der Regel eindimensional und wenig variabel. Weitere zentrale Unterschiede zwischen dem qualitativen und dem quantitativen Ansatz liegen gemäss Punch (1998:240) in der Art der Daten (qualitativ versus quantitativ), in der Untersuchung von natürlichen versus „künstlichen“ Situationen, im Fokus auf Verhalten resp. Inhalt, im induktiven resp. deduktiven Ansatz und in der Identifizierung von kulturellen Mustern resp. wissenschaftlichen Gesetzen. Eine nützliche Zusammenfassung von Unterschieden hat auch Bryman (1999:36) publiziert. Sie sei hier als Ergänzung angefügt: Tab. 5: Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsansätzen Merkmal Rolle der qualitativen Forschung Beziehung zwischen Forscher und Forschungsgegenstand Position Forscher in Bezug zu Forschungsgegenstand Beziehung zwischen Theorie / Konzepten und Forschung Research-Strategie Umfang der Ergebnisse Bild der sozialen Realität Art der Daten

Qualitativer Ansatz Mittel zur Untersuchung der Interpretationen der Akteure Nahe

Quantitativer Ansatz Vorbereitend

Insider

Outsider

Distanziert

Forschung trägt zur Bildung Forschung bestätigt Theoder Theorie bei rie Unstrukturiert Strukturiert Ideographisch Gesetzgebend Prozessual, sozial konstruStatisch und ausserhalb iert durch den Akteur des Akteurs Reich, tief Hart, verlässlich Quelle: Bryman (1999:36) (Originalsprache Englisch)

Obwohl klare Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Ansätzen bestehen, sollten diese gemäss Punch (1998:239ff) nicht überbewertet werden. Beide Ansätze seien von der gleichen Logik getrieben, es gebe Überschneidungen ihrer Zwecke und die traditionelle Dichotomie zwischen den Ansätzen sei in kürzlichen Publikationen geschwächt worden. In der Tat sind in den letzten Jahren sind vermehrt Ansätze vorgestellt worden, welche qualitative und quantitative Forschungsmethoden verbinden 32 (Kombinierte Ansätze).“

32

Deplazes / Furrer (2005), S.5f.

Vgl. Abb. 1: Analyse und Synthese

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3.2.3

Wissenschaftliche Aussagen

Wie wir schon mehrfach festgestellt haben sind Aussagen zu präzisen Fragestellungen das Ziel wissenschaftlicher Arbeit. Diese Aussagen werden, wie wir gesehen haben, durch Recherchen, Primärerhebungen oder durch Sekundäranalysen in qualitativen bezw. quantitativen Forschungsprozessen durch Analyse und Synthese gewonnen. Es gilt nun noch, die verschiedenen Formen von Aussagen, welche die eigentlichen Resultate des wissenschaftlichen Arbeitsprozesses bilden, darzustellen. Man unterscheidet folgende Aussagenarten:

33

a) Definitionen dienen dazu, bestimmte Sachverhalte unter einem bestimmten Begriff zu fassen, um damit den Sprachgebrauch zu regeln, d.h. eine Terminologie zu einem Thema festzulegen. In der wissenschaftlichen Arbeit muss überprüft werden, ob die Begriffe sachgerecht und sinnvoll verwendet werden.

Vgl. These 6

b) Deskriptive Aussagen beschreiben Situationen oder halten Effekte von Ereignissen fest. Sie befassen sich umfassend und systematisch mit dem IST-Zustand eines Themas. c) Theoretische Aussagen beziehen sich eher auf umfassende Situationen als auf Einzelereignisse und erklären einen Sachverhalt oder eine Entwicklung. Mit theoretischen Aussagen versucht die Forschung das allgemein Gültige, resp. die Gesetzmässigkeit von Phänomenen zu ergründen und zu beweisen und in Theorien systematisch darzustellen. d) Normative Aussagen bewerten Situationen oder Sachverhalte aufgrund einer umfassenden Analyse der Rahmenbedingungen und offen gelegter Gesichtspunkte und Kriterien. Sie dienen der Diskussion über Interpretationen von Ereignissen und sind Basis für Handlungsvorschläge und Entscheidungen. e) Prognosen dienen dazu, zukünftige Entwicklungen abzuschätzen. Sie basieren ebenfalls auf systematischen Analysen der Gegebenheiten und Rahmenbedingungen und versuchen durch logische Folgerungen Ereignisse vorauszusagen. f)

Handlungsanweisungen, resp. Ziel-Mittel-Aussagen geben an, wie bestimmte Ziele, abgestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse und normativ begründet, zu erreichen sind. Sie sind naturgemäss praxisorientiert und werden meist als Konzepte mit eindeutigen Vorgaben dargestellt. Sie 34 zielen auf klar definierte SOLL-Zustände hin.

Es gibt kaum wissenschaftliche Arbeiten, welche sich auf ausschliesslich eine obiger Aussagenarten beschränken würden. Fragestellungen werden immer mit verknüpften Aussagen und Argumentationsketten bearbeitet und münden in unseren praxisorientierten Aufgaben meist in den oben beschriebenen Ziel-Mittel-Aussagen, resp. eben in Konzepten für ein begründetes Handeln in einer spezifischen Situation. In der Grundlagenforschung würde dieses Ziel auf der Ebene der Theoriebildung resp. -modifikation liegen.

33 34

Vgl. dazu Nienhüser (1998), S. 11 ff. Vgl. dazu auch Abb. 12

Vgl. These 7

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3.3 Arbeitssegmente im wissenschaftlichen Arbeitsprozess ! anwendungsorentierte Forschung 3.3.1

Der normative Forschungsansatz

Basierend auf der philosophischen Grundposition des Konstruktivismus und als Gegenposition des vor allem auch in den ökonomischen Wissenschaften vertretenen Positivismus hat sich angesichts der aktuellen Diskussion um die nachhaltige Entwicklung der so genannte normative Ansatz verbreitet. Dieser geht davon aus, dass die gesellschaftliche Realität sich in den Werten und Normen manifestiert und wissenschaftliche Forschung diese Handlungs- und Zielsysteme laufend aufnimmt und weiterentwickelt und damit neue gesellschaftliche Realitäten schafft. Wissenschaft hat damit explizit konstitutiven Charakter für unsere Lebensbedingungen. Die vorstehenden Gedanken über Wissenschaftlichkeit, wissenschaftliche Methoden und Aussagen werden im Folgenden unter diesem normativen Ansatz zusammengefasst in ein Konzept für ein praxisorientiertes und gesellschaftsrelevantes Wissenschafts- und Forschungsverständnis, welches sich in der sozioökonomischen Forschung seit einigen Jahren etabliert hat. Für die Geographie z.B. wurden diese Gedan35 ken unter dem Titel „Engagierte Geographie“ begründet und vertreten. In Abb. 11 wird dargestellt, wie sich in diesem Forschungsverständnis der Ablauf einer empirischen Forschung gestalten soll. Forschungsarbeit wird dabei verstanden als Prozess, welcher ausgeht von einer Fragestellung unter einer bestimmten (gesellschaftlichen) Realität, die dann auf der Basis wissenschaftlicher Theorien untersucht wird und deren Erkenntnisse einfliessen sollen in (umfassend verstandene) politische Anregungen resp. Aktivitäten. Damit wird neue gesellschaftliche Realität geschaffen und es ergeben sich neue Bedingungen für wissenschaftliche Fragestellungen. 3.3.2

Anwendungsorientierte Forschung; Inter- und Transdisziplinarität

Diese Art der Forschung ist unmöglich alleine disziplinenspezifisch gestaltbar. Sie ver36 langt interdisziplinäre Arbeitsteams und ist transdisziplinär , d.h. in intensiver Zusammenarbeit in partizipativen Prozessen mit den Betroffenen, resp. Nutzern von Forschungsergebnissen zu gestalten. Abbildung 11: Dynamischer Verstehens- und Handlungsansatz; Normativität

A

D Metaebene; „Themen“

„Politik“

Gesellsch. Voraussetzungen; Werte, Normen, Wertewandel Philosophie, Religion

Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Problemlösung

Gesellschaft

Komplexe Realität

Wissenschaftliche Fachdisziplin

B

wiss. Theorien

Empirie

Fachspezifische Setzungen

Forschung, Überprüfung wissenschaftlicher Aussagen

„Theorie“

Wissenschaft

„Praxis“

C

Quelle: nach Renner (1999), S. 51

35

Vgl. Boesch (1989) und Renner (1996, 1999) Die Forderung nach Transdiziplinarität bedeutet, dass Forschung und Dienstleistung von Beginn weg in Zusammenarbeit mit den Anwendern praktiziert und der Kommunikation und Umsetzung der Erkenntnisprodukte in praktikable Handlungsanweisungen grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden. „Die transdisziplinäre Forschung befasst sich mit Möglichkeiten zur Verbesserung komplexer gesellschaftlich strittiger Probleme im Hinblick auf das Gemeinwohl und unter Berücksichtigung des Vorsorgegedankens, was das Überschreiten disziplinärer Paradigmen und den Einbezug gesellschaftlicher Einstellungen erfordert.“ aus: SAGUF: Entwicklung der Umweltforschung Schweiz, Unterlagen zum SAGUF-Workshop, Biel, 9.September 2005, S.10. 36

Vgl. dazu Kap. 2.1.3, Abb. 2

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Wissenschaftliche Arbeit durchläuft demnach in rekursiven Schleifen die vier Segmente Metatheorie (Gesellschaft / Werte / Normen, Erkenntnis), Theorie (Fachspezifische Theorien, Theorien mittlerer Reichweite), Empirie (Operationalisierung und empirische Forschung) und Politik (Handlungsorientierung, Umsetzung von Forschungsergebnissen und deren Kontrolle). In Segment A, metatheoretische Betrachtungen, geht es „um die Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens, um Werte und Normen, um Erkenntnis- und Handlungskonzepte, welche aufgeschlossen und der Untersuchungsthematik entsprechend formuliert und modifiziert werden sollen. Wissenschaftliche Theorien, Segment B, arbeiten auf der Basis fachspezifischer Kategorien Teilbereiche unserer Lebensgrundlagen auf, indem sie logisch konsistente Erklärungsansätze zu den Phänomenen liefern. Solche Erklärungsansätze verlangen nach einer wissenschaftlichen Überprüfung durch eine empirische Studie, Segment C. Dazu müssen Thesen operationalisierbar gemacht und in Form von Hypothesen verifiziert werden. 37 Gemäss dem Projektentwurf einer "Engagierten Geographie" darf wissenschaftliches Arbeiten nicht in der Analyse und Verifizierung von Thesen stehen bleiben, sondern soll im Sinne von problemorientierter Forschungsarbeit Umsetzungen in praktikable Handlungsanweisungen erfahren und damit ‚gesellschaftsrelevant’ werden. Dies geschieht in 38 der Phase des Implementierens der erarbeiteten Aussagen und Erkenntnisse durch Thesen in Segment D, Politik. Durch das Engagement des Forschers in gesellschaftlichen Prozessen werden Veränderungen von Haltungen und Wertungen initiiert und damit der Kreis zu Segment A geschlossen. So kann „Wissenschaft und wissenschaftliches Arbeiten neue Werte und Normen schaf39 fen und damit zum Wertewandel in unserer Gesellschaft beitragen.“ Dieses moderne und umfassende Verständnis von der Aufgabe der Wissenschaft weicht vom traditionellen ab, welches lediglich das Erarbeiten von Modellen (Theorie) und deren empirischen Überprüfung als wissenschaftlich betrachtet (Wissenschaft im „Elfenbeinturm“). Sowohl die explizite Verknüpfung von Wissenschaft und Gesellschaft, resp. von Theorie und Praxis, wie auch die Forderung nach Transdisziplinarität, weisen diesen Denk- und Arbeitsrahmen als angewandte (oder anwendungsorientierte) Forschung im Sinne von Praxisorientierung und Gesellschaftsrelevanz aus. Ein Beispiel aus der Wirtschaftsgeographie (Siedlungsentwicklung) soll diesen For40 schungsansatz erläutern: Metatheorie: Die Forschenden vertreten die Werte, dass ökologische und volkswirtschaftliche Ressourcen nachhaltige eingesetzt werden sollen. Es besteht die begründete Vermutung, dass unsere aktuelle Siedlungsstruktur nicht nachhaltig ist. Deshalb wird versucht, diese Situation zu analysieren und gegebenenfalls zu ihrer Verbesserung beizutragen. Daraus leitet sich folgende Hypothese ab: „Die Mobilitätskosten sind bei disperser Siedlungsstruktur bedeutend höher als bei kompakten Siedlungen.“ Es sollen also die volkswirtschaftlichen Kosten der Zersiedelung erfasst werden. Theorie: Um diese Hypothese zu untersuchen wird folgende Modellrechnung verwendet: Mobilitätskosten werden in Netzkosten (Kosten für Bau und Unterhalt) und Nutzkosten des Bereiches "Arbeit" (Distanz zum Arbeitsort, Benutztes Verkehrsmittel) unterteilt. Empirie: Für die Berechnung der Netzkosten wird eine Strassenbreite von 5m, Baukos2 ten von Fr. 500.-/m , eine Amortisationsdauer von 25 Jahren und Betriebs- und Unterhaltskosten von 1% der Anlagekosten angenommen. Daraus entstehen jährliche Netzkosten pro Einwohner von CHF 221 für den Ort X und CHF 4551 für den Ort X. Werden diese Unterschiede übertragen auf ähnliche Siedlungsstrukturen in der Schweiz berechnen die Forschenden ein Sparpotential von bis zu 10 Mrd. Franken pro Jahr. Politik: Die politische Forderung aus dieser Erkenntnis an die Raumplanung muss ein Stopp der Zersiedelung und eine Aufwertung von kompakten Siedlungsstrukturen sein. 37 38 39 40

vgl. Boesch (1989) Implementieren: einführen, einbauen, einsetzen, umsetzen; in Wirkung setzen. (vgl. auch Abb. 13) Vgl. Renner (1999), S. 50 f. aus: Boesch / Schmid (1999), S. 138

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3.4

Die wissenschaftlichen Relevanzkriterien

Wissenschaftliches Arbeiten unterliegt – wie wir schon festgestellt haben – strengen Prinzipien: Untersuchungen müssen nachvollziehbar und kritisierbar sein. Aus wissenschaftstheoretischer und forschungslogischer Sicht müssen die Kriterien aber noch erweitert werden. Es stellt sich nämlich die Frage nach der Relevanz wissenschaftlicher Bestrebungen, - einerseits, um die Arbeiten zu bewerten, - andererseits um zu prüfen, ob Forschung auch Sinn macht und die Forscher ihre Verantwortung wahrnehmen und - drittens nicht zuletzt auch deshalb, weil die Forschung grosse Summen öffentlicher Mittel verschlingt.

Vgl. These 3

Zwei Konzepte wissenschaftlicher Relevanzkriterien bieten sich an, hier dargestellt zu werden: a) die Relevanzkriterien wissenschaftlichen Arbeitens von Boesch (1989) und b) das Konzept der kognitiven Relevanz nach Bloom (1971) 3.4.1

Die Relevanzkriterien wissenschaftlichen Arbeitens

BOESCH stellt 5 Prinzipien für ein neues Wissenschaftsverständnis auf. Sie sollen als "Oberziel jeglichen wissenschaftlichen Arbeitens" gelten und damit die Unteilbarkeit der 41 Verantwortung von Wissenschaft und Gesellschaft signalisieren: Korrektheit und Kreativität, Verständlichkeit, Brauchbarkeit, Verantwortung, Identität. Diese fünf Prinzipien werden durch 'Relevanzkriterien wissenschaftlichen Arbeitens' weiter präzisiert und gleichzeitig begründet. Sie bilden eine mögliche Form des Anforderungskatalogs für moderne Wissenschaftlichkeit. BOESCH nennt dabei folgende fünf Grundsätze als minimale Anforderungskriterien für die qualitative Beurteilung wissenschaftlicher Arbeit, welche "unterschiedliche Dimensi42 onen der Argumentation über Wissenschaftlichkeit" darstellen - eben abstecken, was wissenschaftlich relevant i.w.S. sein soll. Die Reihenfolge der fünf Relevanzkriterien ergibt sich aus den fünf Prinzipien für ein neues Wissenschaftsverständnis. Sie beinhalten zusammengefasst: 1. Wissenschaftliche Relevanz, Wissenschaftlichkeit i.e.S. (BOESCH 1989 S.203 f.) gültige Standards; wissenschaftstheoretischer Transparenz, d.h. Korrektheit innerhalb des metatheoretischen Rahmens und damit Kritisierbarkeit; echter Erkenntnisgewinn, resultierend aus Innovation und Kreativität. 2. Didaktische Relevanz (BOESCH 1989 S.204 ff.) kommunikationsfördernde, auf Verständlichkeit ausgerichtete Darstellung; Umsetzung von Primärwissen der Forschungspraxis in 'nutzbares Wissen'; Informationsfluss zwischen Forschung und Öffentlichkeit. 3. Gesellschaftliche Relevanz (BOESCH 1989 S.207 ff.) Orientierung an den Bedürfnissen und Erwartungen der Gesellschaft; kritische Distanz gegenüber den interessengeleiteten, 'pragmatischen' Forderungen, d.h. Rücksichtnahme auf das sozio-politische Umfeld; Beachtung des 'Zeithorizontes' gesellschaftlicher Problemstellungen. 4. Ethische Relevanz (BOESCH 1989 S.209 ff.) grenzt die gesellschaftliche Relevanz ein, schützt vor deren 'opportunistischem Charakter'; Konnex zwischen Wissen und Handeln durch das Einbinden ins 'volle Leben'; 'Prinzip Verantwortung', d.h. Vereinbarkeit von Handlungen mit Grundsätzen und Vermeidung untragbarer Risiken; humanistische und ökologische Ethik ausgehend von den menschlichen Grundbedürfnissen; Betonen der Verantwortung gegenüber der Natur, Forderung nach Humanität und verantwortete 'Freiheit' der Forschung. 5. Fachpolitische Relevanz (BOESCH 1989 S.212 f.) 'Identität' einer Disziplin durch minimale Konturen, einen erkennbaren Kerngehalt und ein prägnantes 'Leitbild'; wissenschaftsinternes Unterscheidungs- und Abgrenzungskriterium; Förderung der 'Zusammengehörigkeit' im Prozess der Sozialisation und der Selbstorganisation der Wissenschaftsdisziplinen. 41 42

BOESCH (1989), S.213 BOESCH (1989), S.202

Auftrag: Relevanzkriterien mit den Thesen in Kap. 1 verknüpfen

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3.4.2

Das Konzept der kognitiven Relevanz

43

Während die oben beschriebenen Relevanzkriterien wissenschaftlichen Arbeitens sich auf das Was (Inhalte), Warum (Begründung) und Wozu (Ziel) der Forschung beziehen geht es bei den Kriterien kognitiver Relevanz um das Wie (Ablauf) der wissenschaftlichen Arbeit. Sie bilden gewissermassen das aufbauende Prinzip ‚geistiger’ (Kognition), sprich wissenschaftlicher Prozessschritte. Wissenschaftliche Erkenntnis wird erlangt indem man sich einem Ausschnitt der Realität Schritt um Schritt annähert, um dann sein Wirken aus der systematisch aufgearbeiteten Information und der gewonnenen Einsicht zu begründen. Jede Stufe des Arbeitsprozesses ist Basis für die nächstfolgende und führt direkt hin zu erkenntnisgeleitetem Handeln. Unter 3.2.4 wurden die Arten wissenschaftlicher Aussagen dargestellt, von denen sich die kognitiven Relevanzkriterien ableiten lassen, resp. müsste man eigentlich die Sache auf den Kopf stellen und sagen: die verschiedenen wissenschaftlichen Aussagen gründen auf den kognitiven Relevanzkriterien. Die kognitiven Relevanzkriterien sind: - Beschreiben (= Definitionen und deskriptive Aussagen) - Erklären (= theoretische Aussagen) – Hypothesen bilden, Operationalisieren, Verifizieren/Falsifizieren, d.h. Entstehung der IST-Situation analysieren - Bewerten (= normative Aussagen) - Umsetzen (= Prognosen ableiten und Ziel-Mittel-Aussagen) – Implementieren von Erkenntnissen / Handlungsanweisungen Dies sind die ersten vier kognitiven Relevanzkriterien, die sich direkt mit den Formen wissenschaftlicher Aussagen verknüpfen lassen. Modernes Wissenschaftsverständnis ergänzt diese nun mit einem fünften Kriterium, um die Folgen von Prognosen und Handlungsvorschlägen abzuschätzen, dem - Evaluieren / monitoring, damit Fehlentwicklungen und Gefahren, welche sich aus den Konzepten ergeben könnten, mittels laufender Beobachtung und Überprüfung rechtzeitig erkannt und Modifikationen eingeleitet werden können. Die fünf kognitiven Relevanzkriterien lassen sich im Forschungsablauf mit Zeit- und Prozessaspekten verknüpfen. Daraus ergibt sich ein einfaches Vorgehensschema zur 44 Untersuchung sozio-ökonomischer Fragestellungen (Abb. 12) . Abbildung 12: Arbeitsschritte im Forschungsablauf Zeit:

Vergangenheit

Gegenwart

Auftrag: Entwurf Disposition überprüfen und erweitern

Zukunft

beschreiben analysieren

monitoring / evaluieren

Prozesszustand:

WAR

IST

SOLL

Visionen Strategien

Szenarien erklären* Werte – Normen – Theorien

validieren / bewerten

Umsetzen: planen / implementieren / modifizieren

Quelle: eigene Darstellung * erklären bedeutet hier: - Analyse der Entstehung und Entwicklung - Hypothesen formulieren und überprüfen - Theoriebildung

43

nach der kognitiven Taxonomie von Bloom Die dargestellten sechs Arbeitschritte (beschreiben, analysieren, erklären, bewerten, umsetzen und evaluieren) im Forschungsablauf können auch als Grundlage eines auf dem Konzept der kognitiven Relevanz beruhenden Bewertungsrasters für wissenschaftliche Facharbeiten verwendet werden. (vgl. Anhang) 44

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======================================================

Schema 4: Forschungsablauf Voraussetzung

War-

(Mittel)

Ziel

Hintergrund

Ist-

Soll-

Normativer Ansatz

Zustände

„Vision“ Quelle: eigene Darstellung

Hinter dem Forschungsablauf resp. dem Forschungsdesign steht ein Interessen- / Werte-geleitetes Denk- und Arbeitsmodell ( „Vision“).

====================================================== 3.4.3

Wissenschaftliche Relevanz und Erkenntnistheorie

Mit obiger Darstellung (Abb. 12) des Forschungsprozesses kann auch die Thematik „Positivismus, Konstruktivismus und Normativität“ nochmals aufgegriffen werden. Die Schlaufe WAR – IST, mit welcher die Analyse vorgenommen und die Erklärung der Sachverhalte angestrebt wird, folgt dem positivistischen Erkenntniszugang, während die Gestaltungsausrichtung von der Bewertung hin zu den Visionen / Strategien und zu den SOLL-Zuständen ein konstruktivistischer Prozess darstellt. Normativität steck v.a. in den Prozessschritten erklären, bewerten, Visionen entwickeln sowie umsetzen und evaluieren Abbildung 13: Positivistische und konstruktivistische Elemente im Forschungsablauf

Fazit: Normativ sind letztlich beide Blickrichtungen, Positivismus wie Konstruktivismus, da sowohl die Erklärung, wie die Strategiebildung und deren Umsetzung sich auf Theorie-, resp. Wert- und Normensysteme beziehen.

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======================================================

Schema 5: Erkenntnisposition Voraussetzung

War-

(Mittel)

Ziel

IstZustand

Soll-

Positivismus

Konstruktivismus

Wissenschaftsposition Normativer Ansatz

Erkenntnisposition Quelle: eigene Darstellung

Der Forschungsablauf ist gekennzeichnet durch das Nebeneinander der beiden Erkenntnispositionen Positivismus und Konstruktivismus.

====================================================== Fazit Zirkuläre Prozesse Forschung geschieht in zirkulären Prozessen: •

Theorie – Realität (Praxis) Abb.7: Kreis: strukturieren, verifizieren, modifizieren, handeln



Dynamischer Forschungsansatz Abb.11: Spirale: Themen, Theorie, Empirie, Anwendung



Arbeitsschritte Abb.12: Schlaufe: analysieren, bewerten, umsetzen, evaluieren

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4.

Eine wissenschaftliche Facharbeit verfassen

4.1

Idee und Zielsetzung

Im Laufe eines Studiums, resp. im wissenschaftlichen Alltag werden verschiedene Arten wissenschaftlicher Berichte in der Form von Projektarbeiten ausgeführt. Die Ansprüche variieren oft bezüglich Zielsetzung, Inhalten, Umfang etc., folgen aber meist einem mehr oder weniger einheitlichen Schema. 4.2

Themenwahl, Fragestellung

Normalerweise ist das Thema oder ein Themenkreis für die Arbeit durch eine Studienrichtung oder einen Auftraggeber vorgegeben. Oft müssen jedoch die engere Zielsetzung und die Fragestellung durch die bearbeitende Person selber präzise ausformuliert und zur Begutachtung vorgelegt werden, bevor mit der eigentlichen Arbeit begonnen werden kann. Die verschiedenen Typen von Fragestellungen haben wir weiter vorne schon angesprochen. Es gilt nun eben aufgrund der Zielsetzung die richtige Wahl zu treffen resp. den Mix zu finden zwischen beschreibenden, erklärenden und bewertenden Arbeitsschritten, die allfällig gefragte Zukunftsperspektive zu zeigen und Umsetzungsschritte zu kreieren. Weiter steht für die Bearbeitung der Fragestellung im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit meist nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung. Es gilt deshalb eine klar strukturierte Vorgehensweise zu wählen und das Ziel, einen Arbeitsbericht abzugeben, geradlinig anzustreben. Dazu werden im Folgenden die wichtigsten Arbeitsschritte aufgezeigt. 4.2.1

Vgl. dazu: e-learningKurs ZHAW SML, Einführung, Inhalt

Typen von Fragestellungen vgl. Kap. 2.

Die Einstiegsrecherche

Um sich an die Breite und Tiefe des zu bearbeitenden Themas heranzutasten wird eine erste Internetrecherche durchgeführt. Diese hat zum Ziel, möglichst schnell einen guten Überblick zu den Kernbegriffen, den aktuellen Arbeitsfeldern und ev. wichtigsten Forscherpersonen oder anerkannten FachexpertInnen im Thema zu bekommen 4.2.2

Eine Disposition erstellen

Aufgrund der Aufgabenstellung und der vorläufigen Recherchen wird als erster konkreter Arbeitsschritt eine Disposition des Forschungsauftrags zusammengestellt. Diese hat den Zweck, die Arbeit einmal von A-Z durchzudenken und das Wesentliche des Vorgehens schriftlich festzuhalten. Eine Disposition könnte auch als vorläufiges, mit Stichworten erweitertes Inhaltsverzeichnis des Untersuchungsberichtes angesehen werden. Sie besteht aus folgenden wichtigen Elementen: a) Arbeitstitel: vorläufiger Themenaufriss: pointierter Titel, informativer Untertitel b) Ausgangslage und Problemstellung: Worum geht es überhaupt? Was ist der Kontext? c) Fragestellung, Leitfrage, ev. Thesen und Zielsetzung der Arbeit d) wichtige Grundbegriffe, vorläufige Eingrenzung des Themas e) Thematische Gliederung (grobes, prov. Inhaltsverzeichnis) f) Vorgehen, Arbeitsablauf g) Welche Hauptergebnisse, Konsequenzen sind zu erwarten, ev. Massnahmen zu ergreifen? h) Quellenangaben: vorläufig mindestens drei wichtige Quellen angeben (mit vollständigen Angaben versehen gemäss 4.3.2, Literaturverzeichnis). i) Projektmanagement: Terminplan, Meilensteine, Arbeitsaufteilung j) Kostenplan, personelle und finanzielle Ressourcen Die Disposition ist in schriftlicher Form (max.1 Seite A4) gemäss obigen Punkten a) – h) auszuführen. Fragestellung und Zielsetzung (Pkt.c) sind in Sätzen ausformuliert, der Rest wird in Stichworten zusammengestellt. Die Disposition wird mit dem Auftraggeber / Dozenten besprochen. Die besprochene und allenfalls modifizierte Disposition bildet die Grundlage für das weitere Vorgehen in der Projektarbeit. Es geht nun darum – unter den Vorgaben der

Hausaufgabe

Vgl. dazu Anhang II

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Wissenschaftlichkeit - die eigentlichen Forschungsinhalte und das notwendige Verfahren der Datenerhebung und Informationsverarbeitung präzise zu beschreiben. Dazu greifen wir zurück auf die eingangs formulierten Thesen. 4.2.3

Die Literaturrecherche

Die Einstiegsrecherche wird nun vertieft: Qualitative Kriterien: Dabei genügt es nun nicht, einfach ein paar Stichworte zum Thema in eine Suchmaschine einzutippen und danach die ersten paar Treffer weiter zu verfolgen. Ebenfalls zu kurz greift, wer das Schlagwort im Verzeichnis einer Bibliothek eingibt und die gerade zur Verfügung stehenden Bücher in die Untersuchung einbezieht. Bei der Literatursuche sind zwei Aspekte zu beachten: a) Die aktuellste wissenschaftliche Diskussion findet in den Fachzeitschriften statt. Somit kommt man nicht umhin herauszufinden, welche Zeitschriften in einer bestimmten Wissenschaftsdisziplin zu einem bestimmten Thema und ev. in einem bestimmten Gebiet die neuesten Forschungsarbeiten publiziert. b) Die Sprache der Forschung ist je länger je mehr das Englische. Wenn nur die deutschen Titel in die Untersuchung einbezogen werden, verpasst man meist die aktuellsten Daten und Erkenntnisse. Gerade in der geographischen Literatur und bei der regionalen Forschung werden Fachartikel sehr oft aber auch in den jeweiligen Landessprachen veröffentlicht. Als besonders ertragreiche, aktuelle Quellen für Forschungsbeiträge sind neben den grossen Bibliotheken der Universitäten und ETH immer auch die Fachbibliotheken der verschiedenen öffentlichen und privaten Forschungsinstitute, auch der Banken und Versicherungen, zu nennen. Quantitative Kriterien: 45 Ganz allgemein gilt es darauf zu achten, dass ein möglichst breites Spektrum an Quellen für die Untersuchung herangezogen wird. Dazu gehören: Allgemeine Literatur zu einem Thema oder einem Gebiet Spezifische Fachliteratur zum Thema Nachschlagewerke für Definitionen und spezielle Beschreibungen Mündliche Quellen: Betroffene, Fachexperten, Angehörige von Forschungsinstitutionen etc. Damit eine Thematik ev. auch kontrovers behandelt werden kann muss man sich vergewissern, dass man nicht immer nur derselben Argumentationslinie, sprich wissenschaftlichen „Schule“ folgt, sondern auch Gegner einer Theorie oder von Forschungsmethoden in die Betrachtung einbezieht. Dies bedingt daher auch ein gewisses Quantum an Quellen in einer Arbeit. Suchstrategien: Über Suchstrategien wird auch bei der Einführung in das Bibliothekswesen gesprochen. Hier werden nur ein paar prinzipielle Ansätze aufgeführt: a) rückwärts gerichtete Suche Ausgangspunkt der Recherche bildet das Quellenverzeichnis einer geeigneten Studie zum Thema, mit dem man weitere Literatur findet um die Informationsbasis zu erweitern. Der Nachteil dabei ist, dass man damit nur relativ „ältere“ Unterlagen findet. b) umfassende Suche Es wird ein breites Spektrum an Quellen erschlossen mit Hilfe von wissenschaftlichen Zeitschriften, Literaturdokumentationen zu bestimmten Forschungsthemen und Literaturdatenbanken auf CD-ROM, welche oft auch Abstracts von Forschungsartikeln enthalten. c) vorwärts gerichtete Suche Auch hier bezieht man sich auf eine Studie zum Thema, verfolgt dann aber die Weiterentwicklung der Forschung, in dem man herauszufinden versucht, wer nach der Veröffentlichung einer Arbeit auf der Thematik weitergeforscht hat. Diese Informationen erhält man z.B. über den Social Science Citation Index, SSCI. 45

vgl. Abb. 10: Datenquellen für Fallstudien

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4.3

Die Struktur Vgl. Anhang

Beim Aufbau einer wissenschaftlichen Arbeit können wir zwischen Teilen unterscheiden, die den Kern der Untersuchung bilden, den sog. Kernelementen, und Teilen, die sich um diese Kernelemente gruppieren, den paratextuellen Elementen. Diese Teile dienen der Kommunikation mit dem Leser, bieten ihm zusätzliche Informationen und sollen ihm nicht zuletzt die Lektüre des Textes erleichtern. 4.3.1

Die Kernelemente

Einleitung – Hauptteil – Schluss bilden die Kernelemente der wissenschaftlichen Arbeit. In ihnen wird die eigentliche wissenschaftliche Leistung geleistet und dokumentiert. Einleitung Vgl. dazu Kap. 4.3.4 Hier wird das Thema definiert und abgegrenzt. Nennung von Zielsetzung und Hypothese. Es wird auf die Vorgehensweise, die angewandte Methode, die Kriterien der Materialauswahl usw. eingegangen. Hauptteil Hier wird die in der Einleitung genannte Hypothese konkretisiert und es wird versucht, ihre Richtigkeit zu verifizieren bzw. nachzuweisen. Dies geschieht in einer breiten Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand und der gängigen Praxis, durch Abstützung auf Erhebungen, Befragungen usw. Schluss Vgl. dazu Kap. 4.3.5 Hier werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst, ausgewertet und die Konsequenzen der gewonnen Erkenntnisse bezüglich Thema und Methoden für die Wissenschaft und Handlungsanweisungen für die Praxis aufgezeigt. 4.3.2

Die paratextuellen Elemente

Die paratextuellen Elemente, die neben Einleitung, Hauptteil und Schluss den Aufbau der wissenschaftlichen Arbeit strukturieren, erfüllen verschiedene Funktionen. Diese Funktionen bestehen in einer Lese- bzw. Orientierungshilfe, in der Kommunikation mit dem Leser und in der Dokumentation des verwendeten Materials. Ergänzt man Einleitung, Hauptteil und Schluss durch diese Elemente, gelangt man zu folgender Gliederung: • • • • • • • • • • •

Titelblatt Vorwort Management summary / Abstract Inhaltsverzeichnis [Einleitung] [Hauptteil] [Schluss] Literaturverzeichnis Verzeichnis der Tabellen Verzeichnis der Abbildungen Verzeichnis der Abkürzungen

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Titelblatt Das Titelblatt enthält: • • • • • • • •

Den Titel der Arbeit Die Textsorte der vorgelegten Arbeit, z. B. Semesterarbeit oder Master Thesis Das Fach, die Disziplin, in der die Arbeit geschrieben wurde Das Institut, bei dem die Arbeit eingereicht wurde Den Namen der Autorin, des Autors Den Namen und Titel der betreuenden Person Das Datum oder Semester, in dem die Arbeit eingereicht wurde Fakultativ kann vor dem Datum auch der Ort eingegeben werden

Beispiel:

Product-Management – aber richtig Ein Kooperationsmodell zur Kombination von Kernkompetenzen Master Thesis MAS PDM – Zentrum für Marketing Management School of Management and Law SML Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW Vorgelegt von Anneliese Muster Winterthur, 9.1. 2015 Vorwort Ein Vorwort ist nicht zwingend notwendig. Hier können Sie Angaben über den Anlass und die Anregungen, welche zur Abfassung der Arbeit geführt haben, machen. Ebenso können hier Dank für Anregungen und Hilfe angebracht werden. Das Vorwort soll nur persönliche Bemerkungen enthalten Management Summary / Abstract Hier ist eine Kurzzusammenfassung der gesamten Arbeit auf maximal drei A4-Seiten anzugeben. Das Management Summary ist wie folgt aufgeteilt: • Zielsetzung der Arbeit • Beschreibung der Ist-Situation • Kurzvorstellung der Hypothese • Schlussfolgerung • Zudem sind die zwei am häufigsten verwendeten Quellen anzugeben. Inhaltsverzeichnis Hier sind die Bezeichnung der Kapitel, Titel und Untertitel sowie die entsprechende Seitenzahl anzugeben. Die einzelnen Kapitel und Kapitelteile werden hierarchisch durchnummeriert. Kapitel erhalten eine Nummer, Kapitelteile eine Unternummer, Teile eines Kapitelteils wiederum eine Unternummer. Ein Beispiel für diese Art der Nummerierung stellt das Inhaltsverzeichnis dieses Skripts dar. Einleitung (vgl. oben) Hauptteil (vgl. oben) Schluss (vgl. oben)

Vgl. Inhaltsverzeichnis dieses Skripts.

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Literaturverzeichnis Dieses Verzeichnis beinhaltet eine Zusammenstellung aller im Text zitierten Quellen in alphabetischer Reihenfolge nach Autor. Die einzelnen Literaturangaben werden wie folgt gestaltet: Literaturangabe zu einem Buch: Nachname Autors, Initiale des Vornamens, Erscheinungsjahr in runder Klammer, Titel, Auflage (falls es mehrere Auflagen gibt), Erscheinungsort, Verlag Der Titel wird in aller Regel durch Kursivschrift oder Anführungszeichen oder Unterstreichung hervorgehoben. Der Verlagsname wird häufig abgekürzt. Die Verwendung von Punkt, Doppelpunkt und Komma entnehmen sie den untenstehenden Beispielen. Vgl. auch das Literaturverzeichnis dieses Skripts. Beispiele: Märtin, D. (2003): Erfolgreich texten. 1. Auflage. München: Wilhelm Heyne Verlag Oder: Märtin, D. (2003): Erfolgreich texten. München: Heyne (Verlagsangabe abgekürzt) Literaturangabe zu einem Aufsatz aus einem Sammelband: Nachname des Autors des Aufsatzes, Initiale des Vornamens, Erscheinungsjahr in runder Klammer, Titel des Aufsatzes, In:, Name des Herausgebers oder der Herausgeber des Sammelbandes, in der der Aufsatz erschienen ist, Titel der Sammelpublikation, Erscheinungsort, Verlag, Seitenzahlen. Beispiel: Roth, Ch. (2003): „Wissenschaftliches Schreiben lernen in und mit der Gruppe“. In: Kruse, O./Jakobs F. /Ruhmann, P. (Hrsg.), Schlüsselkompetenz Schreiben. Bielefeld: Universitätsverlag Webler, S. 83-92. Literaturangabe zu einem Aufsatz aus einer Zeitschrift oder einer Zeitung: Gleich wie Anmerkungen zu einem Aufsatz aus einem Sammelband. Es wird jedoch kein Verlag, sondern lediglich das Jahr bzw. der Jahrgang und die Zeitschriftennummer angegeben Beispiele: Reinartz, W. und Kumar, V. (2003): Kundenpflege – aber richtig. In: Harvard Business Manager, 2003 (1), S. 68- 78. Müller, O. (2007): Strategien der Kundenbindung. In: Zeitschrift für Kundenmarketing, (28) 7, S. 15-23 Anmerkung zu einer Internet-Seite: Im Prinzip gleich wie Anmerkungen zu Büchern oder Zeitschriftenaufsätzen, statt des Verlags wird jedoch die genaue Internetadresse und das Datum, an dem diese Seite konsultiert wurde, angegeben. Die Angabe des Datums ist wegen des „flüchtigen“ Charakters des Mediums Internet notwendig. Aus diesem Grund empfiehlt es sich Internet-Dokumente auszudrucken und aufzubewahren oder sie allenfalls der Arbeit im Anhang beizugeben. Beispiel: Schlepp, M. (2001): Was macht eigentlich Günter Wallraff? Interview in: Stern 2001 (21), http://www.guenter-wallraff.com/stern-seite.html (9.1.2003).

Verzeichnis der Tabellen Hier sind die Bezeichnung der Tabelle sowie die entsprechende Seitenzahl anzugeben. Die Tabellen sind ebenfalls kapitelweise fortlaufend zu nummerieren (z.B. Tab. 8-3). Der beschreibende Kurztext ist oberhalb der Tabelle anzubringen. Auch die Tabellen müssen eine Quellenangabe enthalten, wenn sie entsprechend übernommen wurde.

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Verzeichnis der Abbildungen Hier sind die Bezeichnung der Abbildung sowie die entsprechende Seitenzahl anzugeben. Die Abbildungen sind kapitelweise fortlaufend zu nummerieren (z.B. Abb. 411). Beachten Sie, dass auch bei Abbildungen die Quelle anzugeben ist, sofern Sie sie nicht selbst entworfen haben. Verzeichnung der Abkürzungen Es ist darauf zu achten, dass so wenige Abkürzungen wie möglich verwendet werden. Gebrauchte Abkürzungen sind näher zu beschreiben 4.3.3

Abstract bzw. Management Summary und Einleitung im Vergleich

Das Abstract einer wissenschaftlichen Untersuchung hat die Aufgabe, in knapper Form die wesentlichen Informationen über den Bezugstext für ein interessiertes Fachpublikum bereitzustellen und ist entsprechend fachsprachlich gehalten. Es soll konzentriert, rationell und objektiv über die zentralen Inhalte informieren. Ein Abstract gibt Auskunft über das im Referenztext behandelte Gebiet (Fach- und Themenbereich) sowie über die Zielsetzungen, Hypothesen, Methoden, Ergebnisse und Schlussfolgerungen der im Originaldokument enthaltenen Überlegungen und Darstellungen, einschliesslich der wichtigsten Fakten und Daten. Das Abstract ist nicht zu verwechseln mit der Einleitung oder dem Schlusswort einer wissenschaftlichen Arbeit, die beide einen integralen Teil der entsprechenden Studie bilden und einerseits Problemstellung und Aufbau, andererseits Resultate und kritische Relativierung der eigentlichen Untersuchung beinhalten. Das Abstract ist demgegenüber eine eigenständige Textsorte, die auch unabhängig vom referierten Text gelesen und verstanden werden soll. Das Abstract stellt – wie der Name bereits sagt – eine systematische Abstraktion der Textinhalte dar, wobei es weder dem Inhaltsverzeichnis noch dem formalen Aufbau der Studie folgen muss. Das Abstract enthält keinerlei Kritik oder Wertung des Textes, ebenso wenig wie (Kauf)Empfehlungen und dgl. Persönliche Pronominalbezüge (ich, wir) und Leseranreden (auch: rhetorische Fragen) werden vermieden. Die Erwähnung der Autorschaft tritt generell hinter die Beschreibung des Sachverhaltes zurück (Anonymisierung). Formal enthält das Abstract weder Zwischentitel noch Zitate oder Anmerkungen. Beispiele für (wissenschaftliche) Abstracts Vergleichen Sie in den beiden folgenden Beispielen die textsortentypischen Kriterien der Abstracts bezüglich formaler Gestaltung, Verhältnis des Schreibers zum Inhalt, sachlicher Fokussierung und fachsprachlichem Ausdruck. Beispiel 1: Lernen lebenslänglich ... Die Karriere lebenslangen Lernens Eine gouvernementalitätstheoretische Studie zum Weiterbildungssystem Daniel Wrana Das Lernen der Erwachsenen wurde erst im Laufe des 20. Jahrhunderts von Staaten und Administrationen als ein Gebiet entdeckt, das ein Engagement und einen Einsatz lohnt. Zuvor hatte sich Erwachsenenbildung weitgehend selbstorganisiert in bürgerlichen und kirchlichen Gruppen einerseits und der Arbeiterbewegung andererseits entwickelt. Mit der Erkenntnis, dass das »Können der Bevölkerung« nicht nur in den Erstausbildungen geschaffen wird, sondern einer permanenten Sorge über die Lebensläufe der Individuen hinweg bedarf, ist in den Diskursen der Nationalstaaten (hier begrenzt auf die Bundesrepublik) das Thema eines staatlich organisierten Weiterbildungssystems aufgetaucht. Mit der folgenden diskursanalytischen Studie möchte ich einen Beitrag zur Analyse dieses allgemein bekannten, aber doch kaum systematisch ergründeten Zusammenhangs in der Institutionalisierung der Erwachsenenbildung leisten. Den theoretischen Rahmen für die Untersuchung bilden die Gouvernementalitätsstudien. Regierungshandeln erscheint darin als komplexes Netz von Handlungsweisen verschiedener staatlicher und nicht-staatlicher Akteure, die einen bestimmten gesellschaftlichen Handlungsbereich zu etablieren oder zu besetzen suchen. Ausgehend davon lassen sich Fragen stellen wie: Warum wird ein Handlungsbereich in einem bestimmten Moment als ein Gebiet entdeckt, in dem sich ein »Einsatz« lohnt? Was versprechen sich verschie-

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dene Akteure von der Besetzung des Feldes der Bildung Erwachsener, welche Interessen haben sie und welche Vorteile verschaffen ihnen derartige Aktivitäten? Welche diskursiven Konzepte konstituieren den Handlungsbereich als Gegenstandsfeld, welche Praktiken der Regulation und Steuerung werden entwickelt? In der exemplarischen Analyse von vier bildungspolitischen Dokumenten, nämlich Gutachten im Auftrag des Staates mit dem Ziel, Gestaltungsoptionen für das Weiterbildungssystem zu eruieren, werde ich diesen Fragen nachgehen. Es wird sich dabei zeigen, dass das Weiterbildungssystem ein Ort ist, von dem aus man zu bestimmten Zeiten auf das Können der Individuen und damit auf das Profil des Könnens der ganzen Bevölkerung Einfluss zu gewinnen suchte. Meist tritt dieses Ziel aber zurück gegen ein anderes, nämlich nicht das Können, sondern bestimmte Aspekte der Mentalität der Bevölkerung zu regulieren, die nicht primäre, sondern sekundäre Bedingungen für das Produktionssystem darstellen. Es ist mehr das Wollen als das Können, mehr die Fügsamkeit als das Engagement, mehr die allgemeine Haltung als die konkreten Fähigkeiten, die es qua Erwachsenenbildung zu regieren gilt. In den letzten Jahren kommt hinzu, dass die Abwälzung von Kosten und Verantwortung für die Reproduktion dieser Produktionsbedingungen in den 70er Jahren vom ökonomischen System auf den Staat als Akteur radikalisiert wird. Die Kosten, die der Staat stellvertretend für das ökonomische System zu tragen hatte, werden nun auf die Individuen abgewälzt. Quelle: http://www.copyriot.cm/gouvernementalitaet/wrana-abstract.htm Beispiel 2: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 51, 1999, S. 635-654 AUTOR: Karin Gottschall TITEL: Freie Mitarbeit im Journalismus: Zur Entwicklung von Erwerbsformen zwischen selbständiger und abhängiger Beschäftigung Der Strukturwandel der Erwerbsarbeit manifestiert sich u.a. in Grenzverschiebungen zwischen abhängiger und selbständiger Arbeit, die soziologisch nicht leicht zu bestimmen sind. Es wird die These vertreten, dass der vorherrschende arbeitssoziologische und arbeitsmarkttheoretische Interpretationshorizont, der das Aufkommen neuer Beschäftigungsformen im Kontext der Erosion des Normalarbeitsverhältnisses verortet, für eine Analyse dieser Grenzverschiebungen ergänzungsbedürftig ist, weil hier auch strukturelle Veränderungen von bestimmten Formen von Selbständigkeit eine Rolle spielen. Am Beispiel der Entwicklung von freier Mitarbeit im Journalismus wird gezeigt, dass semi-abhängige Beschäftigungsformen, die weder dem traditionell dominanten Typus abhängiger Arbeit noch dem klassischen Typus freiberuflicher Tätigkeit entsprechen, im bundesrepublikanischen Erwerbssystem schon länger institutionell verankert sind. Im Zuge von verschärften Wettbewerbsbedingungen wie auch angesichts eines erhöhten Angebots akademisch qualifizierter Arbeitskräfte erfährt dieser Beschäftigungstypus im Mediensektor in den neunziger Jahren jedoch eine marktliche Radikalisierung, die freie Mitarbeit als frei wählbare und existenzsichernde Erwerbsform für einen Teil der Erwerbstätigen in Frage stellt. Diese Ergebnisse werden auf ihre Übertragbarkeit auf weitere qualifizierte Dienstleistungsberufe überprüft und im Hinblick auf den Ertrag der Denkfigur des ‘Arbeitskraftunternehmers’ diskutiert. STICHWÖRTER: Freie Mitarbeit, Journalismus, semi-abhängige Erwerbsformen, Strukturwandel, Dienstleistungssektor Quelle: http://www.uni-koeln.de/kzfss/archiv97-99/ks994abs.htm Hinweise zur Abfassung eines Abstracts Anfangs stehen die vollständigen bibliografischen Angaben zum Werk, inkl. Seitenzahl und Anzahl Illustrationen (nur bei selbständigen Abstracts, die vom Referenztext getrennt sind). Umreissen Sie einleitend Fachgebiet und Thematik möglichst exakt. Geben Sie die wesentlichen Inhalte des Textes systematisch geordnet wieder. Ihr Abstract braucht aber nicht dem Inhaltsverzeichnis des Originals zu folgen. Beachten Sie, dass Ihr Kurzreferat das gesamte Werk umfasst, also nicht nur die Einleitung oder das Schlusswort des jeweiligen Autors. Betonen Sie die Hauptaussagen bzw. zentralen Thesen. Schreiben Sie deskriptiv und verzichten Sie auf eigene Wertungen. Werkeigene Positionierungen, die sich theoretisch, methodisch und sachlich gegen andere abgrenzen, können referiert werden. Stellen Sie die Sachverhalte vollständig, genau, objektiv, verständlich und kurz dar.

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Formulieren Sie lexikalisch und stilistisch in der entsprechenden Fachsprache, die Terminologie des Originals kann übernommen werden, soll aber verständlich bleiben. Bilden Sie sinnvolle Absätze, aber verzichten Sie auf Zwischentitel, Listendarstellungen und Anmerkungen. Nur Schlüsselbegriffe sind zu zitieren – ohne explizite Zitate – zentrale Thesen werden möglichst genau paraphrasiert. Verwenden Sie keine ungebräuchlichen Abkürzungen, Namen sind auszuschreiben, keine weiteren Literaturangaben. Abstracts, welche sich auf Fachtexte beziehen, die sich an den „harten Wissenschaften“ orientieren, erfordern meist einen bestimmten formalen Aufbau. Die nachfolgende Beschreibung ist modellhaft als Schreibhilfe gedacht – etwa für Diplomarbeiten. Das Abstract ist ein Fliesstext ohne „Kapitel“, der die folgenden vier Teile sinngemäss enthält. Inhalt und Aufbau des Abstracts A. Einleitung: definiert die Problematik und begründet die Relevanz der Untersuchung Sie beschreiben kurz die Situation (eine problematische Situation oder technische Problematik), die wissenschaftliche / fachliche Untersuchungs-Fragestellung (folgt logischerweise aus der festgestellten Problematik). B. Methodische Einordnung der Arbeit: Art, Datenbasis und Ziel der Arbeit Sie beschreiben die Untersuchungsmethode (Umfrage, Analyse, Versuch, Test etc.), das untersuchte „Material“ und das dabei verfolgte Ziel. C. Vorgehen: informiert exemplarisch über die Untersuchungsanlage Sie nennen als Beispiel typische Fragestellungen oder beschreiben exemplarisch eine Versuchsanordnung oder ein Testbeispiel. D. Ergebnis: beschreibt die wichtigsten Resultate, Erkenntnisse, offene Fragen Sie führen die Ergebnisse auf und beziehen sich dabei auf die unter 1. aufgeführte Fragestellung (konnte sie beantwortet werden, gibt es offene Punkte?). Übung Unterschiede von Abstract und Einleitung Studienanfängerinnen und -anfänger bekunden häufig Mühe, die Textsorten Abstract bzw. Management Summary einerseits und die Einleitung zur wissenschaftlichen Facharbeit andererseits voneinander abzugrenzen. Die Unterschiede sind jedoch grundlegend. Sie ergeben sich aus der unterschiedlichen Stellung dieser Textsorten im Aufbau der Facharbeit und der damit verbundenen unterschiedlichen Funktion. Funktion und Aufbau der Einleitung Die Einleitung hat expositorischen Charakter, d.h. sie legt die Ausgangssituation für die Behandlung des Themas im Hauptteil dar und skizziert den Aufbau der Arbeit. Den Leser informiert Sie über Ziel und Zweck der Arbeit und führt ihn prospektiv durch die Arbeit. Ihnen selber dient sie als Leitfaden bei der Ausarbeitung des Hauptteils. Dabei ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie, nachdem Sie den Text als Ganzen fertig gestellt haben, die Einleitung überarbeiten, d. h. dem tatsächlichen Textverlauf anpassen müssen. Im Gegensatz zum Abstract ist die Einleitung streng strukturiert und soll folgende Elemente umfassen: - Ausgangslage und Problemstellung - Fragestellung, Leitfrage, Thesen - Zielsetzung der Arbeit - Themenrelevanz und Abgrenzung (räumlich, zeitlich, thematisch) - aktueller Forschungsstand, gängige Theorien (ev. auch in einem eigenständigen, nachfolgenden Kapitel auszuführen) - eigene Methodik, Arbeitsansatz, Vorgehen bei der Untersuchung - Begriffsbestimmungen - Thematische Gliederung, Aufbau des Berichts

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Gegenüberstellung von Abstract bzw. Management Summary und Einleitung Abstract bzw. Management Summary Resümierender Charakter Inhaltliche Verknappung Abstrahiert vom konkreten Aufbau der Arbeit Systematischer Aufbau (bezogen auf Hauptteil) Gehört nicht zum Kern der Facharbeit. Könnte theoretisch auch weggelassen werden. Die Konvention fordert jedoch ein Abstract.

Einleitung zur Facharbeit Expositorischer Charakter Detaillierende Exposition von Methoden und Inhalten Skizziert Aufbau der Arbeit und weist auf einzelne Teile hin Linearer Aufbau (bezogen auf Hauptteil) Unverzichtbarer Bestandteil jeder Facharbeit

Abstract und Management Summary unterscheiden sich im Wesentlichen darin, dass am Schluss eines Management Summarys jeweils Handlungsanweisungen gegeben werden. Management Summarys sind vorwiegend im Geschäftsbereich – Abstracts im wissenschaftlichen Bereich zu finden. Management Summary und Einleitung zu einer Einzeldiplomarbeit Aufgabe: Beurteilen Sie die Textsortengerechtheit des Mangement Summarys und der Einleitung Thema: Flexible Beschäftigung von Kadern – ein Anathema? Management Summary Flexible Arbeitszeitsysteme wie zum Beispiel Teilzeitarbeit werden bei den Mitarbeitern im Unternehmen bereits seit längerem umgesetzt. In der Führungsetage allerdings war die Umsetzung von flexibler Beschäftigung bisher nur in Einzelfällen bekannt. Anders als bei Mitarbeitern, wo flexible Arbeitszeitsysteme mit betrieblicher Flexibilität, der Möglichkeit den Auftragsschwankungen entgegenzuwirken und mit höherer Produktivität 1 assoziiert werden , sehen sich Führungskräfte mit dem Wunsch nach flexibler Beschäftigung sofort mit Bedenken konfroniert wie mangelnde Präsenz, reduziertes Engagement für die Firma, organisatorischen und kommunikativen Mehraufwand usw. Weiter wird gerade Teilzeitarbeit immer noch mit Frauenarbeit assoziert, welche wiederum mit unqualifizierter Arbeit gleichgesetzt wird. Trotzdem ist ein zunehmendes Interesse von Führungskräften nach flexibler Beschäftigung erkennbar. Führungskräfte, die den Wunsch äussern, ihre Lebensplanung neu zu gestalten und sich auch Familienaufgaben zu widmen, Weiterbildungen zu absolvieren und sich anderen Aktivitäten zuzuwenden. Auch Frauen mit höherer Ausbildung und Qualifikationen wünschen sich neben einer allfälligen Familien- und Haushaltstätigkeit, deren Verantwortung allenfalls mit dem Partner geteilt wird, eine qualifizierte Stelle, die ihrer Qualifikation entspricht. In meiner Einzeldiplomarbeit wird nun in einem ersten Schritt von der Hypothese ausgegangen, dass sich in den nächsten Jahren ein Trend zur flexiblen Beschäftigung von Kadern entwickeln wird. Diese Hypothese wird mit Erklärungen aus der Literatur und Studien bestätigt. Anschliessend wird vorgestellt, wie die flexible Beschäftigung der Führungskräfte aussehen kann, indem die Arbeitszeitmodelle erklärt werden, die schon heute am Häufigsten in der Führungsetage umgesetzt werden. Im Hauptteil der Einzeldiplomarbeit geht es darum, die Auswirkungen des Trends der flexiblen Beschäftigung von Kadern abzuschätzen und zwar in den folgenden Bereichen: • Unternehmenskultur • Wissensmanagement • Relationship Management • Beschäftigungs-Management Um nun die Auswirkungen des Trends der flexiblen Beschäftigung auf die verschiedenen Bereiche zu erkennen, wird zuerst der Status quo in den verschiedenen Bereichen dargestellt. Somit sieht man deutlich, welche Auswirkungen der Trend mit sich bringt. Um die Auswirkungen abzuschätzen, wurden Hinweise aus der Literatur verwendet und

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qualitative Umfragen mit Personalverantwortlichen aus den Branchen Nahrungsmittel, Versicherungen und Detailhandel durchgeführt. In einem letzten Teil geht es darum, wie die Anpassungen der HR-Strategie und –Policy aussehen werden, welche aufgrund dem Trend der flexiblen Beschäftigung notwendig werden. Die Antworten geben auch hier Literatur und die qualitativen Umfragen. Interessant ist ausserdem zu sehen, was die befragten Unternehmen bereits für Massnahmen unternommen haben, um sich auf diesen Trend vorzubereiten oder welche Lösungsansätze und Strategien sie sich in Zukunft vorstellen können. 1

Chance Teilzeitarbeit – Argumente und Materialien für Verantwortliche, Jürg Baillod, Seite 41

[Ausgespart: Inhaltsverzeichnis] 1. Einleitung Flexible Beschäftigungsformen sind seit längerer Zeit auf Ebene Mitarbeiter bekannt und werden dort erfolgreich umgesetzt. In der Führungsetage findet man jedoch kaum flexible Arbeitszeitmodelle wie zum Beispiel Teilzeitarbeit. Allerdings gibt es mehrere Gründe, die zu einem Trend für flexible Beschäftigung von Kadern führen können. Einerseits findet ein Wertewandel in der Gesellschaft statt, wobei qualifizierte Frauen sich nicht mehr mit einer Zusatzarbeit neben ihrer Haushalts- und Familientätigkeit zufrieden geben wollen, sondern eine Teilzeitstelle anstreben, mit dem Ziel der Selbstverwirklichung und einer ökonomischen Unabhängigkeit. Die männlichen Führungskräfte wünschen sich ausserdem, sich vermehrt auch ausserberuflichen Aktivitäten zuwenden zu können. Auch ohne das Ziel einer verkürzten Arbeitszeit fordern Führungskräfte auch mehr Zeitsouveränität, das heisst, mehr Kontrolle über ihre eigene Zeit. Als weiteres Anzeichen gilt der steigende Einsatz von Interim Manager. 1.1. Fragestellung und Ausgangslage In der Einzeldiplomarbeit wird die Hypothese aufgestellt, dass ein Trend zu flexibler Beschäftigung von Kadern stattfinden wird. Die Frage wird behandelt, welche Auswirkungen die zukünftig zunehmende flexible Beschäftigung von Kadern auf die Unternehmenskultur, das Wissensmanagement, das Relationship Management und das Beschäftigungsmanagement haben wird. Ausserdem wird untersucht, was für Anpassungen in der HR-Strategie und –Policy vorgenommen werden müssen. Aufgrund von qualitativen Umfragen wird auch den Unternehmungen die Frage gestellt, inwieweit bereits Massnahmen und Lösungsansätze getroffen wurden, um sich auf den Trend vorzubereiten und diesem erfolgreich zu begegnen. 1.2. Ziel der Arbeit Ziel der Einzeldiplomarbeit ist es aufgrund von qualitativen Umfragen und der Literatur abzuschätzen, was der Trend der flexiblen Beschäftigung für Auswirkungen auf die Unternehmenskultur, das Wissensmanagement, das Relationship Management und das Beschäftigungsmanagement haben wird. Ausserdem gilt es aufzuzeigen, was für Änderungen in der HR-Strategie und –Policy erfolgen und wie Unternehmen in Zukunft dem Trend begegnen werden. Einzeldiplomarbeit Flexible Beschäftigung von Kadern – ein Anathema? Maria Zimmermann Seite 2 1.3. Methodischer Ansatz Für die vorliegende Arbeit wurden in Form von Einzelgesprächen qualitative Interviews durchgeführt. Den Interviewpartnern wurde der Fragebogen vorgängig zugestellt und in einem späteren Telefoninterview diskutiert. Durch die Interaktion im Gespräch konnte eine Diskussion und vertiefte Antworten zum Thema flexible Beschäftigung von Kadern erreicht werden.

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4.3.4

Die Schlussbetrachtungen

Das Schlusskapitel ist in der Regel zweigeteilt und umfasst einerseits eine knappe Zusammenfassung der Resultate der Analysen und ev. Massnahmen und Empfehlungen. Andererseits wird reflektiert, ob die im Einleitungskapitel aufgeworfenen Fragestellungen bearbeitet werden konnten und die Zielsetzung erfüllt ist oder ob allenfalls noch Forschungsbedarf besteht. Gleichzeitig ist hier auch der Ort um die Arbeitsweise zu hinterfragen und allfällige Lernschritte explizit darzustellen. Im Schlusskapitel sollten enthalten sein: - Fazit und Bewertung der Hauptaussagen - Beantwortung der Fragestellung; Zielsetzung erreicht? - Konsequenzen der Erkenntnisse für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Individuen, Zukunftsaussichten - Kritik an der Arbeit, Vorgehensweise etc. - Quellenlage, Schwierigkeiten bei der Datenerhebung - offene Fragen, neue Thesen, weiterer Forschungsbedarf - persönliche Stellungnahme, Ausblick 4.4

Der Sprachstil der wissenschaftliche Facharbeit

In der Sekundärliteratur sind Vorgaben zum Aufbau von Facharbeiten und den Umgang mit Zitaten relativ leicht zu finden. Doch gibt es nur wenige Informationen über die konkreten Stilmittel, die den Schreibenden zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, wissenschaftlich zu formulieren. Dieser Mangel an konkreter Anleitung hat zur Folge, dass der wissenschaftliche Schreibstil meistens intuitiv, durch die Nachahmung bestehender Muster, im Laufe der Hochschulsozialisation erworben wird. Viele Hochschulabsolventen können denn auch nur sehr verschwommen darüber Auskunft geben, worin der wissenschaftliche Schreibstil besteht. Es herrscht die Überzeugung vor, dass man diesen Stil beherrschen oder nicht beherrschen kann, dass er jedoch nicht im eigentlichen Sinne lernbar sei. Für den Lernwilligen ist diese Situation unbefriedigend. Deshalb wird im Folgenden versucht, die grundlegenden Stilmittel des wissenschaftlichen Schreibens aufzuzeigen. Den Studierenden wird dadurch die Möglichkeit gegeben, sich den wissenschaftlichen Schreibstil in reflektierter Weise anzueignen. 4.4.1

Wissenschaftlicher Stil und Terminologie

Jede Wissenschaft benützt die jeweilige Standardsprache der Scientific Community. Es kann sich dabei um die Landessprache oder ein globalisiertes Englisch handeln. Innerhalb der Standardsprache besitzen die Wissenschaften jedoch ein eigenes Vokabular, mit dessen Hilfe die spezifischen Bereiche der jeweiligen Wissenschaft benannt werden. Dieses spezifische Vokabular macht die Fachterminologie einer Wissenschaft aus. Wer wissenschaftlich schreibt, muss diese Fachterminologie kennen und in seinem wissenschaftlichen Schreiben benützen. Dabei ist zu beachten, dass die Bedeutung der Fachterminologie durch klare Definitionen geregelt ist. Setzen Sie die Bekanntheit dieser Definitionen nicht leichtfertig voraus: „Die meisten Fachgebiete [sind] inzwischen so kompliziert und verästelt, dass selbst Wissenschafter, die zu Vertretern des gleichen Fachgebiets sprechen, nicht jeden Fachausdruck als bekannt voraussetzen können. Führen Sie deshalb Begriffe vor der ersten Verwendung ein, vor allem, wenn Sie sie in 46 einer speziellen Bedeutung gebrauchen.“

46

Märtin (2003), S. 267

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4.4.2

Die Sprachebene

Wissenschaftliche Arbeiten erfordern einen ernsthaften und sachlichen, eher konventionellen Schreibstil. Eine bildhafte, anschauliche oder gar umgangssprachliche Ausdrucksweise, um Sachverhalte zu verdeutlichen oder einen Leseanreiz zu schaffen, wirkt in wissenschaftlichen Texten deplatziert. Deshalb brauche Sie weder umgangssprachlich noch hochtrabend zu werden. Statt: Der kleinste Wert ist in der Wurzel des Heaps zu finden; er wird in den sortierten Teil eingefügt, indem man den Wert 13 ganz rechts herausschmeisst. Schreiben Sie besser: Der kleinste Wert ist in der Wurzel des Heaps zu finden; er wird in den sortierten Teil eingefügt, indem man den Wert 13 ganz rechts entfernt. Den wissenschaftlichen Schreibstil trainieren Sie am besten, indem Sie gut geschriebe47 ne Fachliteratur bewusst lesen und typische Wendungen herausschreiben. 4.4.3

Die Redesituation

Anfänger neigen dazu, den Leser ihrer Facharbeit direkt oder indirekt anzusprechen: Untersuchen wir nun, wie sich dieses Problem mit Hilfe einer kundenbezogenen Marketingstrategie lösen lässt. Die Anrede des Lesers orientiert sich an der didaktisch motivierten Redesituation des Lehrbuchs, mit der die Studierenden bestens vertraut sind. Der in Lehrbüchern verwendete Stil ist jedoch nur sehr bedingt ein Modell für wissenschaftliches Schreiben. Eine wissenschaftliche Arbeit ist kein Lehrbuch, und die direkte Anrede ist darin zu unterlassen. Schreiben Sie besser: Es soll untersucht werden, wie sich dieses Problem mit Hilfe einer kundenbezogenen Marketingstrategie lösen lässt. Die wissenschaftliches Schreiben kennzeichnende Redesituation ist durch ein Paradox gekennzeichnet: Natürlich wendet sich jeder, der eine wissenschaftliche Arbeit verfasst, an ein Publikum, dessen direkte Anrede soll jedoch tunlichst vermieden werden. 4.4.4

Das Ideal der Unpersönlichkeit

In der Vermeidung der direkten Leseransprache zeigt sich ein grundlegendes Merkmal des wissenschaftlichen Schreibstils: dessen Unpersönlichkeit. Wissenschaftliche Aus48 sagen sollen losgelöst von subjektiver Bedingtheit erscheinen: „Das Ich tritt zurück.“ Für die Formulierung unpersönlicher Aussagen stellt die deutsche Sprache verschiedene Stilmittel zu Verfügung. Im Folgenden werden fünf aufgelistet: a) Verwendung der unpersönlichen Pronomen „man“ und „es“ Eine relativ einfache Art, sich unpersönlich auszudrücken, besteht in der Verwendung der Pronomen „man“ und „es“. Diese Pronomen werden gelegentlich auch als Scheinsubjekte bezeichnet. Diese Eigenschaft macht sie geeignet, die persönlichen Pronomen wie „ich“, oder „wir“ zu ersetzen. Statt: Ich frage mich... Schreiben Sie besser: Man kann sich fragen.... Es stellt sich die Frage... 47 48

Vgl. Märtin (2003), S. 266 Märtin (2005), S. 265

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Weiter Beispiele für unpersönliche Formulierungen mit „man“ oder „es“ Man kann davon ausgehen... Man stellt fest... Wenn man die Ergebnisse der Statistik berücksichtigt... Es ist offensichtlich... Es ist unvermeidbar... b) Modaler Infinitiv Auch der sog. modale Infinitiv erlaubt unpersönliches Formulieren. Deshalb ist er eine Stilkonstante in wissenschaftlichen Texten. Unter dem modalen Infinitiv versteht man eine Konstruktion mit dem Hilfsverb „sein“ und einem Infinitiv mit „zu“. Beispiel: Somit ist festzustellen... Weiter ist zu klären... Die Bereitschaft der Kunden, auf Anreize zu reagieren ist nicht zu unterschätzen... Das Hilfsverb in dieser unpersönlichen Konstruktion bringt zum Ausdruck, ob der Infinitiv im Sinne von „können“, „müssen“ oder „nicht dürfen“ verstanden werden soll: Somit ist festzustellen... (können) Weiter ist zu klären... (müssen) Die Bereitschaft der Kunden, auf Anreize zu reagieren, ist nicht zu unterschätzen...(nicht dürfen) Der modale Infinitiv tritt häufig in Kombination mit dem unpersönlichen Pronomen „es“ auf: Es ist festzustellen... Es bleibt zu klären... Dem modalen Infinitiv ist die Konstruktion mit sich lassen plus Infinitiv verwandt. Auch hier handelt es sich um eine in wissenschaftlichen Texten häufig gebrauchte unpersönliche Konstruktion. Sie hat die Bedeutung von können: So lässt sich zeigen... Mit Hilfe dieser statistischen Resultate lässt sich nachweisen... c) Unpersönliche Akteure als Handlungsträger Eine weitere Möglichkeit, das Pronomen „Ich“ zu vermeiden, besteht darin, dass wir Teile der Arbeit selbst zu Akteuren des wissenschaftlichen Textes machen. Statt: Im folgenden Kapitel zeige ich… Schreiben Sie besser: Das folgende Kapitel zeigt… Weitere Beispiele: Die Grafik stellt dar… Diese Untersuchung beschäftigt sich mit… Ziel dieser Arbeit ist… An die Stelle des Ichs, den realen Urheber des Textes, tritt das Produkt, der Text selbst. Es liegt ein Perspektivenwechsel von mir selbst zum Produkt vor, der den willkommenen Effekt hat, dass das Subjekt ausgeblendet wird und beim Leser der Eindruck wissenschaftlicher Unpersönlichkeit entsteht. Diese Art des Formulierens ist äusserst elegant und deshalb den beiden folgenden Stilmitteln, dem Passiv und dem Nominalstil, stilistische überlegen.

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d) Das Passiv Das wissenschaftliche Ideal unpersönlicher Objektivität motiviert auch den häufigen Gebrauch von Passivformen in wissenschaftlichen Texten. Formulierungen im Passiv blenden den Urheber von Aussagen oder Handlungen aus. Aussagen im Passiv erscheinen objektiv, frei von unwissenschaftlicher Subjektivität. Statt: In dieser Arbeit untersuche ich... Schreiben Sie besser: In dieser Arbeit wird untersucht... Das Passiv wirkt jedoch, wenn es gehäuft auftritt, schwerfällig. Vermeiden sie es, ganze Passagen im Passiv zu formulieren, suchen Sie als Alternative unpersönliche Akteure als Handlungsträger und wechseln sie zwischen den beiden stilistischen Möglichkeiten ab. Statt: In dieser Arbeit wird untersucht… Können sie alternativ formulieren: Diese Arbeit untersucht… e) Nominalstil Ähnlich wie das Passiv führt der sog. Nominalstil zum Verschwinden des AussageSubjekts und ist deshalb in wissenschaftlichen Texten häufig anzutreffen. Der Nominalstil besteht in einer Ausdrucksweise, die durch Häufung von Substantiven gekennzeichnet ist. Handlungen werden nicht mit Hilfe von Verben, sondern von Substantiven ausgedrückt. Insofern bildet er das Gegenstück zum Verbalstil. Statt: Wenn man untersucht, wie Kunden sich verhalten, zeigt sich...(Verbalstil) Schreiben Sie besser: Eine Untersuchung des Kundenverhaltens zeigt...(Nominalstil) Wie das Beispiel zeigt, führt der Nominalstil – neben der intendierten Entpersönlichung des Ausdrucks - auch zu einer Verdichtung von Information, wie sie für wissenschaftliche Texte charakteristisch ist: Formuliert man die Aussage im Verbalstil, braucht man drei (Teil-)Sätze, im Nominalstil ist nur einen. Zum Nominalstil gehören auch die so genannten Funktionsverbgefüge. Dabei handelt es sich um Streckformen wie in Erfahrung bringen statt erfahren, unter Beweis stellen 49 statt beweisen, in Erwägung ziehen statt erwägen. Die Häufung von Formulierungen im Nominalstil wirkt ähnlich wie das Passiv schwerfällig und kann sogar der Verständlichkeit der Aussage schaden. Statt: Bei der Ausserachtlassung des finanziellen Risikos und der Nichtbefolgung von Rückstellungen kann das Ausbleiben des gewünschten Effektes der Massnahme zu Gewinnverlusten führen. Schreiben Sie besser: Allerdings müssen das finanzielle Risiko beachtet und Rückstellungen gemacht werden. Bleibt nämlich der gewünschte Effekt der Massnahme aus, kann das zu Gewinnverlusten führen.

49

Vgl. Duden, Bd. 9, o. J., „Nominalstil“, S. 625-626

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Variation der Stilmittel a) - e) als Grundlage eines eleganten und gut verständlichen wissenschaftlichen Schreibstils Der einseitige Einsatz nur eines einzigen Stilmittels, z. B. des Passivs, schadet der stilistischen Eleganz und kann sogar – dies zeigt die Häufung des Nominalstils im obigen Beispiel - der Verständlichkeit der Aussage schaden. Es kann also durchaus ein Zielkonflikt zwischen den Anforderungen des wissenschaftlichen Ausdrucks einerseits und der Eleganz des Stils und der guten Verständlichkeit andererseits bestehen. Die Abwechslung zwischen verschiedenen Stilmitteln kann diesen Konflikt entschärfen und ist deshalb die Voraussetzung für einen sowohl eleganten wie gut verständlichen wissenschaftlichen Schreibstil. Beispiele von Stilvariationen: 1. Um die Richtigkeit der Hypothese nachzuweisen, muss man die statistischen Werte auswerten. 2. Um die Richtigkeit der Hypothese nachzuweisen, sind die statistischen Werte auszuwerten. 3. Um die Richtigkeit der Hypothese nachzuweisen, müssen die statistischen Werte ausgewertet werden. 4. Um die Richtigkeit der Hypothese nachzuweisen, ist die Auswertung der statistischen Werte erforderlich. 5. Mit dem Ziel, die Richtigkeit der Hypothese nachzuweisen, wertet das nächste Kapitel die statistischen Werte aus. Welche Stilmittel wurden in den obigen Stilvariationen im Hauptsatz eingesetzt? 1.

2.

3.

4.

5.

4.4.5

Leserführung

Wissenschaftliche Texte sind hochgradig argumentative Texte. Wer einen wissenschaftlichen Text liest, nimmt an einer komplexen Beweisführung teil, die hohe Anforderungen an das Textverständnis stellt und dazu führt, dass der Schwierigkeitsgrad wissenschaftlicher Texte weit über dem anderer Texte liegt. Gerade deswegen besteht jedoch ein grosses Interesse an einer möglichst gut verständlichen Formulierung wissenschaftlicher Texte, sowohl für den Schreibenden, der seine These an das interessierte Publikum vermitteln will, wie für den Leser, der angesichts der Komplexität der wissenschaftlichen Materie für Verständnishilfen dankbar ist. So ist es in wissenschaftlichen Texten häufiger als in anderen Texten üblich, dem Leser Informationen zur Verfügung zu stellen, die ihn explizit über den Gang der Beweisführung und das methodische Vorgehen informieren sowie den logischen Zusammenhang einzelner Aussagen verdeutlichen oder den Geltungsbereich von Aussagen konkretisieren oder einschränken. Solche im Interesse der Verständlichkeit stehenden Formulierungen sind Teil der Leserführung und gehören ebenso zum wissenschaftlichen Schreibstil wie die Verwendung beispielsweise des Passiv und anderer wissenschaftstypischer Stilmittel. a) Formulierungen zum Gang der Beweisführung und dem methodischen Vorgehen: Im ersten Kapitel werden traditionelle Formen des Marketings gegenüber CRM abgegrenzt. Die Vorteile des CRM gegenüber traditionellen Formen des Marketings sollen mit Hilfe einer empirischen Studie aufgezeigt werden.

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Im Folgenden wird untersucht… Die Untersuchung hat entscheidende Vorteile des CRM gegenüber den traditionellen Formen des Marketings gezeigt. Fassen wir zusammen. Dieser Typ von Formulierungen hat meist voraus- oder zurückweisenden Charakter. b) Formulierungen zur Verdeutlichung des logischen Zusammenhangs von Aussagen Dies hat zur Folge, dass… Der Grund, weshalb diese Methode wirksamer ist als andere, besteht darin, dass… Die empirische Untersuchung dieses Problems ergibt jedoch ein anderes Bild. Reihen Sie also Ihre Aussagen nicht unverbunden aneinander, sondern verwenden Sie bei der Verknüpfung von Sätzen oder Abschnitten Bindewörter und Formulierungen, die den logischen Zusammenhang zwischen den Aussagen ausdrücklich thematisieren: „Der Gedankengang muss stetig fliessen [...]; die einzelnen Überlegungen müssen auseinander hervorgehen und lückenlos zusammenhängen. Ein ab und zu eingefügtes ‚weil‘, ‚demnach‘, ‚denn‘, ‚dadurch‘, ‚folglich‘ ist hiezu dienlich. Es braucht Übergänge und Bindeglieder, um den Eindruck von Gedankensprüngen zu vermeiden. Hier fehlt es 50 meist, wenn eine Abhandlung schwer lesbar ist.“ Das Typenrad auf der nachfolgenden Seite zeigt die Möglichkeiten logischer Verknüpfung und die Bindewörter, mit denen sich solche Verknüpfungen herstellen lassen, überblicksartig auf. (vgl. Abb. 13) c) Formulierungen zur Konkretisierung oder Einschränkung von Aussagen Genau genommen… Im Einzelnen ist zu untersuchen… Nicht zu verwechseln ist dieser kundenorientierte Ansatz mit statistischen Methoden, die… Diese Aussage gilt jedoch nur unter der Bedingung, dass… Dieser Aspekt des Problems kann aus methodischen Gründen nicht berücksichtigt werden. Dieser Typ von Formulierungen dient der grösstmöglichen Exaktheit und Unmissverständlichkeit von wissenschaftlichen Formulierungen und kann auch Aussagen zum methodischen Vorgehen beinhalten (vgl. oben).

50

Oftinger (1986), S. 205

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Abbildung 13: Typenrad logischer Verknüpfungsmöglichkeiten von Aussagen

deshalb deswegen darum weshalb nämlich doch ebenso ähnlich ganz anders desgleichen

dazu dafür deshalb deswegen

weil da denn zumal

damit um ... zu

als ob wie wenn dagegen indessen dennoch einerseits... …andererseits zum einen... …zum andern

GRUND (kausal) VERGLEICH (komparativ)

sondern doch jedoch

ZWECK (final)

zudem überdies ausserdem ferner dazu

indem dadurch, dass wodurch ohne, dass

(-)

FOLGE (konsekutiv)

ANREIHUNG (kopulativ)

MITTEL (modal)

so dass dermassen dass

GEGENERWARTUNG (konzessiv) WAHL ZEIT (alternativ) (temporal)

oder entweder ... oder anstatt ... dass anstatt ... zu

obwohl obgleich aber wo doch

und dann ehe als bevor sobald nachdem während

stattdessen sonst

trotzdem immerhin sowieso dennoch trotz allem

danach zuvor darauf endlich damals früher schliesslich währenddessen

Quelle: Modifiziert nach: Brenner / Hussing-Weitz (1994), S. 52 4.4.6

andernfalls dann

BEDINGUNG (konditional)

GEGENSATZ (adversativ) und sowie sowohl ... ….als auch weder ... noch nicht nur… …sondern auch

wenn falls sofern sobald bevor ... nicht

Übungen

Schreiben mit wissenschaftlichem Stil – redigieren Sie: 1. Mit dieser Grafik wird visualisiert, wie durch die Zeit hinweg die Kursgewinne stabilisiert werden. ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 2. Vielleicht haben Sie sich auch schon einmal gefragt, warum Kunden so stark auf Anreize reagieren. ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________

daraufhin somit also darum folglich demzufolge

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3. Wir zeigen mit unserer Arbeit ganz klar auf, dass… ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 4. Es ist doch klar, dass die Bilanz krass daneben liegt. ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 5. Es ist mir persönlich ganz besonders wichtig, dass am Schluss dieser Arbeit völlig deutlich herauskommt, dass… ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 6. Jedem wird dabei offensichtlich, was die Autorin mit dem kritischen Satz sagen wollte. ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 7. Die Finanzprüfungskommission hat diesen Plan natürlich selbst „ausbaldovert“, um darin ihren eigenen strategischen Fehler auszubügeln. ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ 8. Die Private-Equity-Haie sind trotz alternativer Optionen im Biomet-Buyout engagiert. ______________________________________________________________________ ______________________________________________________________________ Übung zum Passiv Beim untenstehenden Text handelt es sich um eine Einleitung, die ZHW-Studierende im Rahmen einer Wirtschaftsgeographie-Arbeit verfasst haben. Beurteilen Sie den Gebrauch des Passivs. Ersetzen sie die Passiv-Konstruktionen durch aktive Formulierungen. Dazu müssen Sie „Akteure“ für die beschriebenen Sachverhalte und Prozesse suchen. Beachten Sie jedoch die Regel, dass die Ich- oder Wir-Form in wissenschaftlichen Texten unüblich ist. Beispiel: Es wurde das Ziel gesetzt, aufzuzeigen, welche Umweltbelastungen oder -entlastungen die NEAT mit sich bringt. Schreiben Sie besser: Diese Arbeit (= Akteur) hat zum Ziel, aufzuzeigen, welche Umweltbelastungen oder -entlastungen die NEAT mit sich bringt. Die Aufgabe dieser Vorstudie ist, die ökologischen Auswirkungen der NEAT aufzuzeigen. Wir haben versucht, diese Auswirkungen für die Gegenwart und die Zukunft zu

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analysieren. Es wurde das Ziel gesetzt, aufzuzeigen, welche Umweltbelastungen oder -entlastungen die NEAT mit sich bringt. Zuerst wird auf die Streckenführung der NEAT und deren Planung näher eingegangen, welche vor allem unser Landschaftsbild beeinflusst. Danach wird festgestellt, dass die NEAT im Sinn des Alpenschutzartikels, der in unserer Verfassung verankert ist, gebaut wird. Anhand des Beispiels Sedrun wird aufgezeigt, dass maximale Wiederverwertungsmassnahmen des Abbruchsmaterials getroffen werden, damit die Umwelt möglichst geschützt wird. Weitere Ziele, welche von der NEAT angestrebt werden, sind die Sauberhaltung der Luft und des Grundwassers sowie die Sicherheit der Arbeiter. Mit einer gezielten Kühlung wird in den Stollen die Temperatur auf 25 Grad Celsius gesenkt. Ein weiterer Punkt, auf den eingegangen wird, ist die Bedeutung der NEAT für die Bevölkerung. Einerseits bringt die NEAT der Bevölkerung Geld und Arbeit, andererseits hat die Zivilisation aber unter der NEAT zu leiden, weil durch die Bauarbeiten der Tourismus zurückgeht. Im Teil über die Umweltauswirkungen der NEAT nach dem Bau wird der Verkehr und dessen Auswirkungen untersucht. Der alpenquerende Personen- und Güterverkehr auf den Strassen hat in ganz Europa überproportional im Vergleich zum Schienenverkehr zugenommen. Eine Umlagerung des Strassen- auf den Schienenverkehr, welche das Hauptziel der NEAT ist, wird somit unumgänglich. Durch einen Vergleich des CO2Ausstosses verschiedenster Verkehrsmittel geht hervor, dass ein Auto viel mehr CO2 ausstösst als die Bahn. Dies zeigt, dass die NEAT ökologisch sinnvoll ist. Im Hinblick auf die Zukunft wird die Bahn durch massive Zeitersparnisse und durch die grössere Sicherheit attraktiver und somit eine Konkurrenz für Autos und Flugzeuge. Eine negative Umweltauswirkung der NEAT ist jedoch der durch die Bahn verursachte Lärm. Es müssen Lärmschutzmassnahmen eingehalten werden und der Lärm muss durch besseres Rollmaterial entlastet werden. Trägt man diese Forschungsergebnisse zusammen, wird festgestellt, dass die positiven Umweltauswirkungen nach dem Bau der NEAT, die Umweltbelastungen während des Baus überwiegen. Jedoch wird sich erst in Jahrzehnten zeigen, ob die NEAT die Umwelt, wie vorgesehen, entlasten wird. Am Schluss unserer Arbeit wird ein Ausblick auf die Hauptstudie durchgeführt. Damit die Umwelt entlastet wird, müsste die Umlagerung des Strassen- auf den Schienenverkehr, die das Hauptziel der NEAT ist, auch stattfinden. In einer Hauptstudie könnte dies genauer untersucht werden. Anhand von repräsentativen Umfragen unserer Bevölkerung bezüglich der NEAT würde ersichtlich werden, ob eine Umlagerung auf die Schiene stattfinden und somit die NEAT Erfolg haben wird. Ob die Bevölkerung positiv auf die NEAT reagieren wird, hängt unter anderem von der Höhe des Bahntickets ab. Ist die Bahn günstig, wird sie der eine oder andere dem Auto vorziehen. Daher müsste man genauer die Preispolitik der NEAT untersuchen. (Lösung auf separatem Blatt)

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4.5

Der Umgang mit fremdem Wissen

4.5.1

Wissenschaft als soziales Handeln

Vgl. Thesen 2,3,6

Entgegen der landläufigen Vorstellung vom einsamen Gelehrten, der im stillen Kämmerlein seine Theorien entwickelt, ist Wissenschaft eine eminent soziale Tätigkeit. Der soziale Charakter von Wissenschaft zeigt sich beispielsweise daran, dass wissenschaftliche Arbeiten meistens an Institutionen, beispielsweise Hochschulen, geschrieben werden, in denen Wissen im Austausch zwischen einzelnen Forschern oder zwischen Dozierenden und Studierenden generiert und vermittelt wird. Oder wissenschaftliche Aufsätze werden in Zeitschriften veröffentlicht, die von einem wissenschaftlichen Publikum gelesen werden. Doch das Entscheidende an der sozialen Dimension von Wissenschaft ist, dass auch das Produkt selber, die wissenschaftliche Theorie oder das innovative Konzept, im Dialog mit bereits vorhandenem Wissen entwickelt wird. So besteht die explizite Erwartung, dass jede wissenschaftliche Arbeit den aktuellen Forschungsstand dokumentiert und sich mit diesem auseinandersetzt. Die Verifikation der Hypothese vollzieht in den allermeisten Fällen in der Abgrenzung oder Weiterführung von bestehenden Ansätzen, die mit Hilfe des neuen Ansatzes falsifiziert werden. Der wissenschaftliche Text erscheint so nicht als ein originales Produkt, sondern als das Resultat einer Assimilation und Transformation von bereits bestehendem Wissen. Wenn ich wissenschaftlich arbeite, trete ich mit der Welt der Wissenschaft in Kontakt und bringe in einem kritischen Dialog meine eine eigene Meinung in das wissenschaftliche Gespräch ein. Wissenschaft vollzieht sich also sowohl auf der Ebene ihrer Institutionen wie auf der Ebene ihrer Produkte im Rahmen einer „Familie“, die man als „scientific community“ bezeichnet. Dass der Auftritt in der in der „scientific communitiy“, gerade für den Anfänger, auch einen gewissen Mut erfordert, kommt im folgenden Zitat zum Ausdruck: Wissenschaft und wissenschaftliches Denken beginnen dort, wo ich bereit bin, meinem eigenen Denken zu trauen, es zu explizieren, auf die Meinung anderer zu beziehen und seine Resultate in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen. Wissenschaftlichkeit hat, dieser Bestimmung entsprechend, primär nichts mit wissenschaftlicher Methode, mit Abstraktion, formaler Sprache, Objektivität usw. zu tun. Wissenschaft ist primär soziale Handlung: Genau beginnt sie mit der Veröffentlichung unseres Denkens, mit dem Moment also, an dem wir das Denken nicht mehr als Privatsache ansehen, sondern als soziale Aufgabe der Erkenntnisgewinnung. Wissenschaft ist, dieser Bestimmung entsprechend, auch und gerade, eine Sache des Mutes. Wissenschaft erfordert den Mut, selbstständig zu denken, dem eigenen Denken zu trauen, sich auf vorhandene Wissenschaft zu beziehen und sich auf eine 51 Kommunikation mit der „scientific community“ einzulassen. 4.5.2

Das Ehrlichkeitsgebot bzw. Plagiatsverbot

Rüge für deutschen Professor wegen falscher Zitierweise. Längere Textpassagen 52 abgeschrieben Erlangen, 19. Sept. (ap) Ein Professor für Philosophie ist von der Universität Erlangen wegen seiner falschen Zitierweise gerügt worden. Wie die Untersuchungskommission der Universität am Dienstag mitteilte, hatte Professor Maximilian Forschner in seinem Buch «Über das Glück des Menschen» längere Textpassagen des englischen Philosophen James Urmson einfach abgeschrieben, ohne sie als Zitate zu kennzeichnen. Damit habe er eindeutig gegen das Urheberrecht und die wissenschaftsethischen Anforderungen verstossen. Rektor Gotthard Jasper verurteilte die Zitierweise als unzureichend und nicht akzeptabel. Wegen der Vorbildwirkung von Hochschullehren gegenüber Studierenden sei dies ausdrücklich zu missbilligen, erklärte Jasper. Forschner selbst gab zu, dass die von ihm verwendete einleitende Fussnote als Pauschalhinweis nicht ausreichend gewesen sei. Er bedauerte, in der Zitierweise nicht immer die grösstmögliche Sorg-

51 52

Kruse (2002), S.73 AP, 19.Sept. 2002

Vgl. These 2

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falt und Genauigkeit angewandt zu haben. Dem Philosophieprofessor drohen laut der Universität Erlangen jedoch keine akademischen Konsequenzen.

Wissenschaftliches Schreiben in einer Forschergemeinschaft

Ehrenkodex

Plagiat vermeiden

Das Schreiben auf Hochschulstufe ist wissenschaftliches Schreiben. Das bedeutet unter anderem, dass Sie beim Schreiben in einen Dialog mit einer Forschergemeinschaft treten, deren Texte Sie beim eigenen Schreiben weiterverarbeiten. Ob Sie Ihre Meinung vor dem Hintergrund fremder Texte kritisch profilieren, ob Sie fremde Texte nutzen, um Ihren Aussagen mehr Gewicht zugeben, immer sind Sie Teil einer globalen Forschergemeinschaft. Diese Gemeinschaft besitzt einen besonderen Ehrenkodex: Geistiges Eigentum muss respektiert werden! Deshalb sind Sie beim Verfassen von Texten dazu verpflichtet, die Verarbeitung fremder Texte zu signalisieren, so dass der Leser stets zwischen Ihren eigenen Aussagen und den Aussagen Fremder unterscheiden kann. Unterlassen Sie dies, machen Sie sich des Plagiats schuldig.

Abbildung 14: Eigen- und Fremdaussagen

Transparenz Eigene Aussage

Leser Fremdaussage Transparenz Quelle: Eigene Darstellung 4.5.3

Welche Techniken gibt es, um Plagiat zu vermeiden?

Grundsätzlich gibt es fünf Möglichkeiten, Fremdaussagen im eigenen Text zu signalisieren bzw. diese in den eignen Text zu integrieren. Diese Möglichkeiten werden häufig auch miteinander kombiniert. Es handelt sich um • • • • •

Explizite Nennung der Quelle im Text (textinterne Quellenangabe) Beleg (textexterne Quellenangabe) Zusammenfassung/Paraphrase Indirekte Rede Zitat

1. Explizite Nennung der Quelle im Text (textinterne Quellenangabe) Fremdäusserungen können signalisiert werden, indem man im eigenen Text ausdrücklich darauf hinweist, dass jetzt fremder Text referiert wird. Man nennt den Autor und/oder den Titel des Buches/Artikels, aus dem die Fremdäusserung stammt. Auch indirekte Rede und Zitat werden immer mit der einer expliziten Nennung der Quelle, aus der die wiedergegebene Äusserung stammt, eingeleitet.

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Beispiel: In ihrem Buch „Erfolgreich texten“ weist Doris Märtin darauf hin, dass dem Schreiben eines Textes eine sorgfältige Planung vorangehen muss. Märtin unterstreicht insbesondere, dass über die Textstruktur schon vor dem Schreiben Klarheit herrschen muss. Grundsätzlich soll mit der expliziten Nennung von Quellen nicht gegeizt werden. Dies garantiert, dass im Text stets Klarheit über die Urheberschaft von Aussagen herrscht. Die textinterne Nennung von Quellen muss in wissenschaftlichen Texten jedoch durch eine textexterne Quellenangabe ergänzt werden. Dies geschieht mit Hilfe eines Belegs. 2. Der Beleg (textexterne Quellenangabe) Die Aufgabe des Belegs ist es, den Leser über die Herkunft einer Aussage zu orientieren und ihm die Möglichkeit zu geben, die Aussage selber zu finden und in ihrem Kontext zu konsultieren. Er tritt praktisch immer in Verbindung mit textinterner Quellenangabe, Paraphrase, indirekter Rede oder Zitat auf. Der Beleg enthält in der Regel nicht eine detaillierte Literaturangabe, sondern lediglich den Autorennamen, das Erscheinungsjahr der Publikation und allenfalls die Seitenzahl. Der Leser findet dann die detaillierte Literaturangabe mit Hilfe dieser Angaben im Literaturverzeichnis. Belege können entweder in den Fliesstext integriert (dies ist der Fall im so genannten Harvard-Beleg) oder als Fussnote gestaltet werden. Anmerkungen, also kommentierende oder weiterführende Formulierungen, die mit dem Fliesstext nur in losem Zusammenhang stehen, werden immer als Fussnote gestaltet, weil sie aufgrund ihrer Länger den Lesefluss stören würden. Beispiele: In den Text integrierter Beleg Es wird darauf verwiesen, dass „viele Verfechter der Loyalitätsbewegung argumentieren, Kunden blieben bei einer Firma, weil es zu teuer sei, den Lieferanten zu wechseln. Sie wären daher bereit, bis zu einer bestimmten Grenze höhere Preise zu bezahlen, um nicht wechseln zu müssen“ (Reinartz/Kumar 2003, S. 71-72). Diese Ansicht ist nach Meinung der Autoren jedoch problematisch. Gestalterische Variante: Es wird darauf verwiesen, dass „viele Verfechter der Loyalitätsbewegung argumentieren, Kunden blieben bei einer Firma, weil es zu teuer sei, den Lieferanten zu wechseln. Sie wären daher bereit, bis zu einer bestimmten Grenze höhere Preise zu bezahlen, um nicht wechseln zu müssen“ (Reinartz/Kumar, 2003: 71-72). Diese Ansicht ist nach Meinung der Autoren jedoch problematisch. Als Fussnote gestalteter Kurzbeleg Es wird darauf verwiesen, dass „viele Verfechter der Loyalitätsbewegung argumentieren, Kunden blieben bei einer Firma, weil es zu teuer sei, den Lieferanten zu wechseln. Sie wären daher bereit, bis zu einer bestimmten Grenze höhere Preise zu bezahlen, um 21 nicht wechseln zu müssen“ . Diese Ansicht ist nach Meinung der Autoren jedoch problematisch. 21

Reinartz/Kumar (2003), S. 71-72 oder

21

Reinartz/Kumar (2003: 71-72)

Die detaillierte bibliographische Anmerkung müsste in Ergänzung zum Kurzbeleg im Literaturverzeichnis lauten: Reinartz, W./Kumar, V. (2003): „Kundenpflege – aber richtig“, in: Harvard Business manager, 2003 (1), S. 71-72.

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3. Die Zusammenfassung / Paraphrase Unter einer Paraphrase versteht man die sinngemässe Wiedergabe eines fremden Textes in eigenen Worten. Dies geschieht häufig in raffender Form. Aus diesem Grund sind die Grenzen zwischen Zusammenfassung und Paraphrase fliessend. Die Paraphrase eignet sich vor allem für die Wiedergabe längerer fremder Aussagen, weil sie den Schreibenden davon befreit, in indirekter Rede zu formulieren oder Zitate in den Text einzuflechten. Der Beleg zu einer Paraphrase wird in der Regel mit „vgl“ (Abkürzung für „vergleiche“) versehen. Beispiel Paraphrase: Ein Brand muss nicht nur nach aussen, sondern auch nach innen gelebt werden. Sonst bleibt er wirkungslos (vgl. Esch 2005, S. 32). Original: „Die Identität einer Unternehmung muss jedoch nach aussen und innen gelebt werden. Denn eine schöne Hülle ohne Kern bleibt immer nur eine Hülle.“(Esch 2005, S. 32). Literaturangabe zum Textbeleg: Esch, F.-R. (2005): Corporate Brands in Unternehmen verankern – werden Corporate Brands wirklich gelebt?“, in: Thexis, Nr. 1/2005, S. 31-34 4. Die indirekte Rede In der indirekten Rede verwendet man den Konjunktiv (z. B. „sei“ statt „ist“) in Verbindung mit einem redebezeichnenden Verb (z. B. „Der Autor behauptet, …), um zu signalisieren, dass man eine Fremdaussage wiedergibt. Die indirekte Rede steht nicht in Anführungszeichen. Beispiel für indirekte Rede: Esch (2005, S. 32) betont, dass die Identität einer Unternehmung nach aussen und innen gelebt werden müsse. Denn eine schöne Hülle ohne Kern bleibe immer nur eine Hülle. Original: „Die Identität einer Unternehmung muss jedoch nach aussen und innen gelebt werden. Denn eine schöne Hülle ohne Kern bleibt immer nur eine Hülle.“(Esch 2005, S. 32). Literaturangabe zum Textbeleg wie oben. 5. Das Zitat Das Zitat ist die wörtliche Übernahme einer Fremdaussage im eigenen Text. Beim Zitieren denken viele in erster Linie an die relativ komplizierten Regeln, die den Einsatz dieses Mittels bestimmen. Darüber sollte aber nicht vergessen werden, dass Zitate eine hervorragend Möglichkeit sind, in den Dialog mit einer fremden Meinung zu treten, sei dies in zustimmender oder ablehnender Haltung. Dazu ein Zitat von Otto Kruse: „Zitieren ... ist kein formales Problem, sondern ein Kernaspekt wissenschaftlichen Schreibens. Zitieren heisst, sich auf einen Diskurs zu beziehen, Zugehörigkeiten zu klären, Beziehungen herzustellen und Verantwortung für den Umgang mit fremden wissenschaftlichen Ideen zu übernehmen. Die Regeln, die dem dienen, sind for53 mal, nicht aber das Zitieren selbst.“ Wie die indirekte Rede werden Zitate mit redebezeichenden Verben bzw. einer textinternen Quellenangabe eingeleitet (z. B. der Autor gelangt zu folgenden Fazit: „…“). Kurze Zitate stehen in Anführungs- und Schlusszeichen. Längere Zitate werden drei Anschläge nach rechts eingerückt und engzeilig formatiert. Diese optische Heraushebung macht Anführungs- und Schlusszeichen überflüssig (vgl. das obige Zitat von Kruse). Beim Zitieren gilt grösste Sorgfaltspflicht. Das Zitat darf grundsätzlich nicht verändert werden, auch die Interpunktion des Originals ist zu respektieren. Ist eine Änderung unumgänglich, z. B. wenn das Zitat dem eignen Text syntaktisch angepasst werden muss, ist dies Änderung in eckiger Klammer zu signalisieren. Ebenfalls in eckiger Klammer 53

Kruse (2002), S.9

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stehen eigene Kommentare in einem Zitat, z. B. [sic!] (d. h., ‚so lautet die Quelle’). Auslassungen sind mit drei Elisionspunkten … zu signalisieren. Zitate sind immer mit Hilfe einer Anmerkung nachzuweisen. Beispiele: 1. Signalisierte Auslassung in Zitat Zitat: Esch (2005, S. 33) hebt hervor: „Profitable und loyale Kunden sind normalerweise zufrieden mit den bestehenden Beziehungen … Diese Verbraucher sind zudem konstante Käufer, die regelmässig, aber nicht intensiv einkaufen.“ Original (weggelassener Teil kursiv): „Profitable und loyale Kunden sind normalerweise zufrieden mit den bestehenden Beziehungen. Bei dem Versandhändler schickte diese Gruppe relativ häufig Waren zurück und zeigte damit, wie vertraut sie mit dem Prozess des Unternehmens war. Diese Verbraucher sind zudem konstante Käufer, die regelmässig, aber nicht intensiv einkaufen.“ 2. Syntaktisch angepasstes Zitat: Esch (2005, S. 33) weist darauf hin, dass „profitable[n]und loyale[n] Kunden“ beim Einkaufen die Attribute Konstanz und Regelmässigkeit, nicht jedoch das Attribut Intensität zukommt. (Original siehe oben.) Paraphrase, indirekte Rede und Zitat im Vergleich Interne und externe Nennung von Quellen bilden die Konstante bei der Wiedergabe von Fremdäusserungen. Paraphrase, indirekte Rede und Zitat jedoch sollen im Interesse der stilistischen Vielfalt abwechslungsweise eingesetzt werden. Dabei gilt es abzuklären, welches dieser drei Mittel der Schreibintention am besten entspricht. Dazu folgende Übersicht: Tab. 6: Paraphrase, indirekte Rede und Zitat im Vergleich Eignung

Vorteile

Nachteile

Paraphrase • Wiedergabe längerer Fremdaussagen

• •

• Ist frei von den teilweise komplizierten Regeln, die für indirekte Rede und Zitat gelten.



• Gefahr des Plagiats. Erfordert eigenes Formulieren, Suche nach Umschreibungen und Synonymen.







Indirekte Rede Wiedergabe kürzerer Fremdaussagen. Gutes Mittel, um Distanz zu markieren.

Näher bei Original wie Paraphrase. Originalformulierungen können übernommen werden, müssen aber der indirekten Rede angepasst werden. Erfordert gute grammatikalische Kenntnisse. Wirkt gestelzt, ermüdet Leser schnell





• •

Zitat Wiedergabe von Kernaussagen in zustimmender oder ablehnender Absicht. Maximale Textnähe

Komplizierte Regeln. Grammatikalisch anspruchsvolle Integration in den eigenen Text.

Quelle: eigene Darstellung

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Die kritische Auseinandersetzung mit Fremdaussagen Das Ziel der Auseinandersetzung mit Fremdaussagen in wissenschaftlichen Texten ist das Erzeugen von neuer Erkenntnis, von Wissensinnovation. Welche Möglichkeiten gibt es nun, Texte kritisch zu diskutieren? • • •

Begründeten Zustimmung und/oder Begründeten Widerspruch und/oder Weiterführenden Problematisierung

Begründete Zustimmung Eine begründete Zustimmung, die eventuell nur Teilaussagen des Textes betreffen wird, kann folgende Denkoperationen umfassen: " mit eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen Thesen des Autors weiter abstützen; " mögliche Gegenpositionen zu Thesen des Autors, auch wenn sie im Text eventuell gar nicht thematisiert sind, entkräften; " die logische Schlüssigkeit der vom Autor entwickelten Position durch eine persönliche Rekonstruktion der Hauptgedanken nachweisen. Kritische Distanzierung Die folgenden Denkoperationen können bei der kritischen Distanzierung von den Textaussagen, einem begründeten Widerspruch, und der Entfaltung einer eigenen Position eine Rolle spielen: " die Stichhaltigkeit einer These durch Gegenargumente und/oder Gegenbeispiele in Zweifel ziehen, z.B. die Gegenposition eines anderen Autors referieren oder eigene Erfahrungen dagegenhalten; " die Schlüssigkeit des Begründungsverfahrens prüfen, also den behaupteten Zusammenhang zwischen These und zugehörigen Argumenten beziehungsweise Beispielen logisch überprüfen und eventuell in Zweifel ziehen, z.B. den Schluss von einem Beispiel auf eine Aussage mit allgemeinem Anspruch als logisch nicht zureichend problematisieren; " eine These akzeptieren, aber ihren Geltungsanspruch eingrenzen, indem der Sachverhalt zergliedert und differenziert wird ("Das kommt darauf an"-Methode); " die Prämissen von Aussagen des Autors (weltanschauliche Grundlagen, wissenschaftliche Denkschule, persönliche Interessenlage) darstellen und so den Text kritisch einordnen. Weiterführende Problematisierung Zu einer weiterführenden Problematisierung der Textaussage führen folgende Denkoperationen: zusätzliche Aspekte zur Sprache bringen, welche die vom Autor gewählte Problemstellung eigentlich mitbeinhalten müsste, zu denen er aber nicht Stellung genommen hat; " vom Autor nicht gesehene Konsequenzen seiner Position darstellen.

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Fazit Arbeitsablauf Wissenschaftliche Forschung gliedert sich in die folgenden Arbeitsschritte: • • • • • • • • • • •

Forschungsauftrag formulieren Einstiegsrecherche für den thematischen und methodischen Überblick Disposition entwerfen: Zielsetzung, Fragestellung, Ressourcen Theoriebasis und Methodik festlegen Untersuchung durchführen, Zwischenresultate beschreiben Vorgehensschritte, Gedankengänge, beigezogene Quellen laufend schriftlich festhalten eigene Gedanken und fremde Ideen klar auseinander halten: Zitat, Indirekte Rede, Paraphrase Fazit ziehen: Untersuchungsergebnisse an der Zielsetzung und Fragestellung messen, Hypothesen verifizieren / falsifizieren Forschungsbericht zusammenstellen, management summary verfassen Forschungsbereicht dem Auftraggeber präsentieren Untersuchungsergebnisse und Erfahrungen mit den Methoden publizieren (Problem: private und public good beachten!)

Vgl. Anhang

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Literatur Associated Press (2002), Berlin, 19.9.2002 Backhaus, N., Steinemann, M. (2002): Leitfaden für wissenschaftliches Arbeiten. Zürich: Geogr. Inst. UniZH, Schriftenreihe Anthropogeographie, Band 18 Boesch, M. (1989): Engagierte Geographie. Stuttgart: Steiner Verlag Boesch, M. (2002): Standort-Theorie. Skript Wirtschaftsgeographie I, FWR-HSG, Universität St. Gallen Boesch, M. / Schmid-Keller (1999), S.: Mobilitätskosten und Siedlungsstruktur, in: „Netzwerk Langsamverkehr. Die Zukunft gehört dem Fussgänger- und Veloverkehr“. Bern Brenner, G. / Hussing-Weitz, R. (1994) : Besser in Deutsch. Berlin: Cornelsen Verlag Bryman, Allan (2004): Social Research Methods. 2

nd

ed. Oxford

Deplazes, W. / Furrer, B. (2005): Was ist der Unterschied zwischen Sozialwissenschaft und Naturwissenschaft, zwischen qualitativer und quantitativer Forschung? Arbeitspapier „Doktorandenseminar Forschungsmethodik I, WS 04/05, ETHZ Dürr, H.P. (2009): Auch die Wissenschaft spricht nur in Gleichnissen, Herder, Freiburg i. B. 2009 Gumin, H. / Meier, H. (2006): Einführung in den Konstruktivismus, Piper, München 2006 Habermas, J. (1968): Erkenntnis und Interesse. Frankfurt: Suhrkamp Hunziker, A.W. (2002): Spass am wissenschaftlichen Arbeiten. Zürich: Verlag SKV Köck H. (1982): „Induktion oder / und Deduktion im anthropogeographischen Erkenntnisprozess“. In: Sedlacek, P. (Hrsg.): Kultur- / Sozialgeographie, Paderborn Kruse, Otto (Hrsg.) (1998): Handbuch Studieren. Frankfurt/New York: Campus Verlag Kruse, Otto (2002): Keine Angst vor dem leeren Blatt. 9. Auflage. Frankfurt/New York: Campus Verlag Maier G./Tödtling, F. (1992/1996): Regional- und Stadtökonomik, Bd. 1: „Standorttheorie und Raumstruktur“, Bd. 2: „Regionalentwicklung/Regionalpolitik“, Wien Märtin, D (2003).: Erfolgreich texten, München: Heyne Verlag Messerli P (1989).: Mensch und Natur im alpinen Lebensraum. Risiken, Chancen, Perspektiven. Bern: Haupt Nienhüser, W. / Magnus, M. (1998): Die wissenschaftliche Bearbeitung personalwirtschaftlicher Problemstellungen. Essener Beiträge zur Personalforschung: Universität-Gesamthochschule Essen Oftinger, K. (1986): Vom Handwerkszeug des Juristen und seiner Schriftstellerei. Zürich Poenicke, Klaus (1988): Wie verfasst man wissenschaftliche Arbeiten? 2. neu bearbeitete Auflage. Mannheim/Wien/Zürich: Duden Reinartz, W./Kumar, V. (2003): Kundenpflege – aber richtig. In: Harvard Business Manager, 2003 (1), S. 68-79 Renner E. (1999): Gesellschaft – Freizeit – Lebensraum. St. Gallen Renner E. (1995): Lebensweltforschung, Sein – Erkennen – Handeln. FWR-HSG, Universität St. Gallen Schätzl, L. (1978): Wirtschaftsgeographie. Band 1 – 3. Paderborn: UTB Schmidli A. / Schnüriger W. (2001): Projektmanagement. Basel Scholz R.W. / Tietje O. (2002): Embedded Case Study Methods. Thousand Oaks Schülein, J. A. / Reize, S. (2003): Wissenschaftstheorie für Einsteiger. Wien: WUV Universitätsverlag Seger, Bruno (2004): Merkblatt für das Verfassen von Projektarbeiten und Diplomarbeiten. NDS Kulturmanagement, Zürcher Hochschule Winterthur Spoun, S. / Domnik, D.B. (2004): Erfolgreich studieren. München: Pearson: Studium Voss, R. (2011): Wissenschaftliches Arbeiten ... leicht gemacht!, UTB, Konstanz ZHAW SML (2011): e-learning-Kurs Kurs „Wissenschaftliche Recherche für die Hochschule“,

www.recherchieren-im-internet.ch , Winterthur

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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Abbildung 1: Auslegeordnung der Natur- und Sozialwissenschaften ............................... 7 Abbildung 2: Wissenschaft und Gesellschaft: anwendungsorientierte Forschung ........... 8 Abbildung 3: Das wissenschaftliche Dilemma .................................................................. 8 Abbildung 4: Der hermeneutische Zirkel .......................................................................... 9 Abbildung 5: Subjektivität oder Objektivität? Realobjekt und Erkenntnisobjekt!............. 11 Abbildung 6: Vom Realobjekt zum Erkenntnisobjekt ...................................................... 12 Abbildung 7: Der zirkuläre Forschungsprozess .............................................................. 15 Abbildung 8: Induktion und Deduktion ............................................................................ 16 Abbildung 9: System-Modell-Realität ............................................................................. 17 Abbildung 10: Datenquellen für Fallstudien, The case ................................................... 22 Abbildung 11: Dynamischer Verstehens- und Handlungsansatz; Normativität .............. 25 Abbildung 12: Arbeitsschritte im Forschungsablauf ....................................................... 28 Abbildung 13: Typenrad logischer Verknüpfungsmöglichkeiten von Aussagen ............. 47 Abbildung 14: Eigen- und Fremdaussagen .................................................................... 51

Tab. 1: Typen von Fragestellungen .................................................................................. 6 Tab. 2: Typen von wissenschaftlichen Arbeiten ............................................................. 20 Tab. 3: Überblick zu Forschungsmethoden .................................................................... 21 Tab. 4: Arbeitsschritte bei einer Fallstudie ..................................................................... 21 Tab. 5: Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsansätzen .... 23 Tab. 6: Paraphrase, indirekte Rede und Zitat im Vergleich ............................................ 50

Schema 1: Forschungskonzeption

12

Schema 2: Forschungsansatz

17

Schema 3: Wissenschaftstheorie

18

Schema 4: Forschungsablauf

29

Schema 5: Erkenntnisposition

30

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Anhang I.

Projektphasen

54

II.

Berichtsaufbau / Gliederung

Der Berichtsaufbau entspricht im Wesentlichen der Disposition. Beachten Sie dazu die Gliederung in Kap. 4.3 mit den dazugehörigen Bemerkungen sowie das nachstehende Beispiel. Erfahrungsgemäss geben das Einleitungs- und Schlusskapitel immer wieder Anlass zu Beanstandungen, deshalb hier noch ein paar Stichworte zu diesen Kapiteln: Die Einleitung sollte umfassen: - Ausgangslage und Problemstellung - Fragestellung, Leitfrage, Thesen - Zielsetzung der Arbeit - Themenrelevanz und Abgrenzung (räumlich, zeitlich, thematisch) - aktueller Forschungsstand, gängige Theorien - eigene Methodik, Arbeitsansatz, Vorgehen - Begriffsbestimmungen - Thematische Gliederung, Aufbau des Berichts Im Schlusskapitel sollten enthalten sein: - Fazit und Bewertung der Hauptaussagen - Beantwortung der Fragestellung - Konsequenzen der Erkenntnisse für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik, Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Individuen, Zukunftsaussichten - Kritik an der Arbeit, Vorgehensweise etc. - Quellenlage, Schwierigkeiten bei der Datenerhebung - offene Fragen, neue Thesen, weiterer Forschungsbedarf - persönliche Stellungnahme, Ausblick 54

Hunziker (2002) S. 113

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III.

55

Beispiel für einen Berichtsaufbau55

Hunziker (2002) S. 116f.

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IV.

Beispiel für einen Bewertungsbogen: Bewertungsschema BA

Name: Thema:

Note: 0 = nicht vorhanden; 1 = ungenügend; 2 = genügend; 3 = gut; 4 = sehr gut

Kriterien

Beurteilung

0

1

2

3

4

Punkte x1

Form Erscheinungsbild: Einband, Identifik., Kopf-/ Fussz, Fussnot.; Blocksatz / Trennungen Titelblatt: Titel, Schule, Abteilung., Veranstaltung, Dozent, Datum, BA Nr., Name Inhalt / Gliederung: Kapitelnr, Seitenzahlen; Vorwort, Abstract; Verzeichnisse, logischer Aufbau Illustrationen: Fotos, Abbildungen, Tab., Schemata, Diagramme, Pläne, Karten, Anhang Zitate: Zitierweise, Vollständigkeit Informationsquellen: gedruckte, elektronische, mündliche; vollständige Angaben

x2

Sprache: Grammatik G, Rechtschr. R, Fehler F Ausdruck S / Überleitungen Ü

Vollständigk. / sachl. Richtigkeit

x2

Zusammenfassung Thema, Ziel, Vorgehen, Resultate Einleitung: Thema, pers. Zugang; Fragestlg., Thesen, Zielsetzung; Methoden, Abgrenzg, Aufbau Hauptteil: Theorie und Praxis, Erkenntnisse, War- / Ist-Zustand, Kernaussagen, Vergleiche, Aktualität Schluss: Fazit, Folgerungen, Massnahmen Aussichten, pers. Wert’g, Arbeitsabl. Zielsetzung erreicht, Fragen beantw.

Gehalt

x2

Beschreiben / Wissen

B

Analyse / Entwicklung

A

Erklären: theoret. / konzeptionell

E

Bewerten / Begründung

W

Umsetzen / Synthese

U

Controlling / Wirkungen

C

Vision / Kreativität

V

Gesamteindruck

x2

Thema erfasst und sinnvoll abgegrenzt Eigenständige Leistg. / Kritikfähigkeit K

Total Punkte

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V.

Aufgabe zum Literatur-Ausszug a) Fassen Sie die wesentlichen Aussagen Ihres Lit.Ausszugs kurz und prägnant zusammen (max. ½ Seite A4) b) Verknüpfen Sie die gewonnenen Aussagen und Erkenntnisse mit Textstellen bezw. Abbildungen im Skript, indem Sie dazu eine tabellarische Aufstellung machen Autor / Titel / Ausszugsseiten:

Aussage Lit.Ausszug

Seite

Aussage Skript

Seite