Wie autonom lassen sich Prozesse managen?

LOGISTIK 4.0 Wie autonom lassen sich Prozesse managen? Welche Anforderungen entstehen aus der Industrie 4.0 an die Logistik – und was sind die Lösung...
Author: Karola Biermann
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LOGISTIK 4.0 Wie autonom lassen sich Prozesse managen?

Welche Anforderungen entstehen aus der Industrie 4.0 an die Logistik – und was sind die Lösungsansätze von Logistik 4.0 dazu?

Dezember 2016

INHALT

Vorwort 1. Herausforderungen in der Logistik – verschärft durch Industrie 4.0 2. Einführung der wichtigsten Grundlage zur Komplexitätsreduktion – eine Cloud-Plattform 3. Die Vision der Logistik 4.0 – Maschinen kommunizieren mit Menschen und anderen Maschinen 4. Von der Integration der vertikalen Produktion mit der horizontalen Supply Chain – die Verknüpfung von Industrie 4.0 & Logistik 4.0 5. Ausblick

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VORWORT

VORWORT „Industrie 4.0 ist die Schicksalsfrage der deutschen Industrie, die sie aber global beantworten muss“, sagte Joe Kaeser, Vorstandsvorsitzender der Siemens AG, vor der Hannover Messe 2015 der „Bild am Sonntag“. Es gehe darum, die technologische Führerschaft und Vordenkerrolle in der industriellen Produktion zu verteidigen. „Industrie 4.0 ist eine Revolution, die die 2020er-Jahre bestimmen wird. Sie wird ganze Geschäftsmodelle und die Industrie weltweit verändern.“ Deutschland hat hervorragende Chancen, „die mit Industrie 4.0 bezeichnete intelligente Produktion und Logistik fortzuentwickeln“, konstatiert die Bundesregierung in ihrer Digitalen Agenda. Mittlerweile hat sich die revolutionäre Entwicklung unter dem Begriff „Logistik 4.0“ auch in Deutschlands drittgrößtem Wirtschaftsbereich etabliert. Dieses Papier beschreibt, welchen Herausforderungen sich die Logistik heute gegenüber sieht, was sich durch Industrie 4.0 ändert und wie sich Logistikdienstleister mithilfe der unter dem Begriff Logistik 4.0 diskutierten Lösungen zukunftssicher aufstellen können. Dabei geht das Papier sowohl auf einfach zu realisierende Quick-Wins ein, als auch auf langfristige Trends. Über die Logistikplattform AX4 beschäftigt sich AXIT seit mehr als 15 Jahren mit dem Thema Integration: AX4 handelt ein Volumen von über 40 Millionen Sendungen pro Jahr und umfasst mehr als 200.000 User. Die Plattform gewährleistet die problemlose Zusammenarbeit in Lieferketten, indem sie alle Beteiligten einfach und flexibel integriert. Sie schafft die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Collaboration zwischen Verladern und Logistikdienstleistern, indem Prozesse unternehmensübergreifend abgebildet und gesteuert werden können. Die Komplexität im Management von Lieferketten reduziert sich auf diesem Wege deutlich.

Jörg Schiemann COO AXIT GmbH

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HERAUSFORDERUNGEN IN DER LOGISTIK – VERSCHÄRFT DURCH INDUSTRIE 4.0

Heutige Herausforderungen in der Logistik Schon heute kommt der IT in der Logistik als Treiber von Veränderung, Digitalisierung und Innovation eine hohe Bedeutung zu. Dies zeigt sich auf vielen Handlungsfeldern der Logistik, insbesondere im schnell wachsenden eCommerce-Bereich. Hier hat das Paketvolumen in den letzten Jahren drastisch zugenommen und dieser Trend wird zukünftig sogar noch verstärkt, wenn sich dieser Bereich durch mobile Kanäle zum sogenannten „mCommerce“ weiterentwickelt. Durch die einfache Möglichkeit, Waren über Handelsplattformen im Internet international einkaufen und vermarkten zu können, wächst nicht nur auf Industrieseite der Bedarf an weltweit organisierten Beschaffungs- und Distributionsstrukturen. Auch auf Konsumentenmärkten bilden perfekt vernetzte Lieferketten, die Produktions- und Absatzmärkte zusammenführen, das Rückgrat von Versandprozessen, in denen determinierende Faktoren wie Zeit und Raum an Bedeutung verlieren.

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Schon heute kommt der IT in der Logistik als Treiber von Veränderung, Digitalisierung und Innovation eine hohe Bedeutung zu.

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Determinierende Faktoren wie Zeit und Raum verlieren an Bedeutung.

Grundlage dafür sind Transportabläufe, die Kundenanforderungen nach Laufzeit, Warenverfügbarkeit und Zustellqualität berücksichtigen. Dabei gilt es, unterschiedliche Verkehrsträger in das Versandkonzept einzubinden. Während beispielsweise dringend benötigte Ersatzteile für Produktionsstätten im Hauptlauf per Luftfracht versendet werden, findet der Vor- und Nachlauf in aller Regel auf der Straße statt. Weniger eilige Konsumgüter werden auf dem zeitintensiven Seeweg von China nach Europa versendet. Und wer massige Güter auf den Weg bringen will, wird die Schiene als Transportweg in seine Lieferkette einbeziehen.

Steigende Komplexität durch Anforderungsvielfalt All diese Supply Chains wollen individuell und abhängig vom einzelnen Ziel optimal zusammengestellt, beauftragt und durchgehend transparent beobachtet werden. B2B und B2C Lieferketten vermischen und überschneiden sich. Die Komplexität der Abwicklung nimmt zu: Es ist ein Aufbrechen der Supply Chains in optimierte Teilstrecken mit unterschiedlichen Modalitäten bei unterschiedlichen Dienstleistern mit unterschiedlichen Anforderungen zu beobachten. Zentrale Aufgabenstellungen müssen berücksichtigt werden: Geht es um Zeit- oder Kostenoptimierung oder steht ein geringer CO2Verbrauch im Vordergrund? Neben der wachsenden Komplexität ist zu beobachten, dass den Risikoprofilen der Supply Chains eine gesteigerte Bedeutung zukommt: Politische Krisen oder Naturkatastrophen bedingen eine stete Anpassung und Aktualisierung von potentiellen Ausweichszenarien, in die nicht selten von heute auf morgen andere Dienstleister einbezogen werden müssen.

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Neben der wachsenden Komplexität ist zu beobachten, dass den Risikoprofilen der Supply Chains eine gesteigerte Bedeutung zukommt.

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HERAUSFORDERUNGEN IN DER LOGISTIK – VERSCHÄRFT DURCH INDUSTRIE 4.0

All dies sind Themen, mit denen sich die Logistikbranche bereits seit längerem intensiv auseinandersetzen muss. Die daraus entstehenden Lösungen sind IT-getrieben und finden sich in neuen Applikationen und Plattformen wieder.

Weitere Verschärfung dieser Trends durch Industrie 4.0 Die bereits zur Hannover Messe 2011 an die Öffentlichkeit getretene Bewegung Industrie 4.0 definiert sich über die Verbindung und Synchronisation zwischen der Produktion im physischen Sinne und ihrem digitalen Abbild. Dies geschieht im Kern durch die Kommunikationsmöglichkeiten von Sensoren, die ihre Daten an Software-Systeme senden. Während so nahezu in Echtzeit Prozesse überwacht, gesteuert und optimiert werden können, steigt die Dezentralisierung der Entscheidungen – nicht eine übergeordnete Produktionsanlage optimiert, sondern die Menge der einzelnen Produkte optimiert sich quasi untereinander.

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Während Prozesse nahezu in Echtzeit überwacht, gesteuert und optimiert werden können, steigt die Dezentralisierung der Entscheidungen.

Bereits im ersten Aufsatz der VDI-Nachrichten im April 2011 wurde dabei die Bedeutung der Logistik hervorgehoben:

„Die vertikale Vernetzung eingebetteter Systeme bietet mit betriebswirtschaftlicher Anwendungssoftware neben völlig neuartigen Geschäftsmodellen erhebliche Optimierungspotentiale in Logistik und Produktion.“ Die als einer der Kernbegriffe der Industrie 4.0 oft zitierte „Losgröße 1“ verstärkt dabei die Herausforderungen für die Logistik: Stark individualisierte Produkte, die nicht in langfristig geplanten, sondern kurzfristig (autonom) optimierten Prozessen produziert werden, brauchen zwangsläufig auch eine individualisierte Supply Chain – für die Beschaffung der gegebenenfalls spezifischen Rohstoffe des individualisierten Produktes ebenso wie für seine Versendung zum spezifischen Endkunden. In Anlehnung an das Gabler-Wirtschafslexikon definiert sich Industrie 4.0, wie die vierte industrielle Revolution auch genannt wird, wie folgt:

„Die sogenannte vierte industrielle Revolution, zeichnet sich durch Individualisierung (selbst in der Serienfertigung) bzw. Hybridisierung der Produkte (Kopplung von Produktion und Dienstleistung) und die Integration von Kunden und Geschäftspartnern in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse aus.“

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Stark individualisierte Produkte, die in kurzfristig (autonom) optimierten Prozessen produziert werden, brauchen zwangsläufig auch eine individualisierte Supply Chain.

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HERAUSFORDERUNGEN IN DER LOGISTIK – VERSCHÄRFT DURCH INDUSTRIE 4.0

Weitergabe der Anforderungen aus der Produktion an die Logistik Die von den Endkunden in diesem Kontext mittlerweile gleichzeitig erwartete kurzfristige Lieferung der Produkte (gipfelnd in der Ein-Stunden-Lieferung von Amazon in Prime Now) hat Auswirkungen auf alle Glieder der Prozesskette. Die Produktion muss sich darauf einstellen und gleichzeitig ökonomische Anforderungen erfüllen, die sich aus geringen Lagerbeständen und einer möglichst kosteneffizienten Logistik ergeben. Die in diesem Zusammenhang aus dem Produktionsprozess entstehende Dynamik wird an die Logistikkette weitergereicht. Ihre Komplexität steigt vor dem Hintergrund heterogener Lieferanten- und Dienstleisterstrukturen überproportional an.

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Die Komplexität von Lieferketten steigt überproportional an.

2.

EINFÜHRUNG DER WICHTIGSTEN GRUNDLAGE ZUR KOMPLEXITÄTSREDUKTION – EINE CLOUD-PLATTFORM

Ein globales Optimum statt gegenläufiger lokaler Optima „Eine Cloud-Lösung, in der Unternehmen als Community zusammenarbeiten, ist ein Schlüssel zur Reduzierung von Komplexität in der Logistik“, sagte Professor Dr. Dr. h.c. Werner Delfmann von der Universität Köln auf dem 13. PraxisForum Logistik der AXIT GmbH in Frankenthal. Er trifft damit den Kern der Herausforderungen in der Logistik und zugleich den Lösungsansatz der sogenannten Logistik 4.0. So kann Logistik 4.0 im engeren Sinne als die Vernetzung von Prozessen, Daten und Systemen aller an einer Supply Chain beteiligten Unternehmen, vom Produzenten über Logistikdienstleister bis zu den Kunden, verstanden werden. Dabei ermöglicht erst eine kollaborative Zusammenarbeit dieser verschiedenen Beteiligten ein Optimum der Lieferkette – statt der, wie es heutzutage der Regelfall ist, lokalen Optima, die jedes einzelne Unternehmen für sich zu realisieren versucht. Aber nicht nur die Lieferketten werden internationaler, der Wettbewerb um sie wird es auch. Weltweit konkurrieren Logistikdienstleister mit verschiedensten Kostenstrukturen um dieselben Aufträge und verschärfen den Wettbewerb – für den Markterfolg ist bei den oben erklärten „aufgebrochenen Supply Chains“ das globale Optimum des Netzwerkes ausschlaggebend, nicht die Summe der lokalen Optima der einzelnen Beteiligten. Grundlegende Voraussetzung dafür ist ein einfacher, aber gesicherter Datenaustausch untereinander, realisiert durch eine zentrale Cloud-Plattform.

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Logistik 4.0 kann im engeren Sinne als die Vernetzung von Prozessen, Daten und Systemen aller an einer Supply Chain beteiligten Unternehmen verstanden werden.

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Erst eine kollaborative Zusammenarbeit der verschiedenen Beteiligten ermöglicht ein Optimum der Lieferkette.

Erst Logistikplattformen wie AX4 ermöglichen Partnernetzwerke Software-technische Grundlage sind also Collaboration-Plattformen in der Cloud wie sie AXIT mit AX4 anbietet. Jeder Partner eines Logistiknetzwerkes hat den Zugang zu den Daten der Lieferketten, die er benötigt. Jeder Partner bekommt den gleichen Stand von Daten, es gibt keinen Zeitversatz in der Kommunikation zwischen verschiedenen Partnern, alle setzen auf den aktuellsten Stand der Information auf und haben die gleiche Grundlage. „Industrie 4.0 verlangt in der gesamten Wertschöpfungskette eine absolute Transparenz, erst dadurch lassen sich alle Prozesse beschleunigen“, bestätigt Matthias Berg, Leiter Sektionen/Fachgruppen beim Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf, Logistik. Logistikpartner, die auf einem exzellenten Informations- und Qualitätslevel verlässlich zusammenarbeiten wollen, können dies nur auf Basis einer IT-Plattform, die alle Aspekte der standort- und unternehmensübergreifenden Collaboration abbildet.

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Grundlegende Voraussetzung ist ein einfacher, aber gesicherter Datenaustausch untereinander, realisiert durch eine zentrale Cloud-Plattform.

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EINFÜHRUNG DER WICHTIGSTEN GRUNDLAGE ZUR KOMPLEXITÄTSREDUKTION – EINE CLOUD-PLATTFORM

So bietet AX4 die Möglichkeit, mit einem Zugriff über Web oder mobile Apps einfach und schnell alle Beteiligte am Informationsaustausch teilhaben zu lassen. Mittels QR-Code Scan können selbst nicht als User registrierte Logistiker für spezielle Teile der Kette ihren Input einfach auf der Plattform bereitstellen. Ein weiterer Vorteil einer Plattform wie AX4 liegt in der uneingeschränkten Konfiguration der Logistikprozesse. Wo eine Flexibilisierung der Supply Chain in der Realität erwartet wird, da ist es im Sinne der Logistik 4.0 auch notwendig, diese Flexibilisierung im digitalen Prozess über die IT-Lösung herzustellen und transparent abbilden zu können. Ein schöner Nebeneffekt: Mit wiederholtem Zugriff aller Partner auf dieselben, zentral für das Netzwerk verfügbaren Daten steigt automatisch deren Qualität an. Heute immer noch eines der zentralen Themen, werden bei einer Cloud-Plattform quasi nebenbei fehlerhaft eingegebene Daten korrigiert und damit qualitativ hochwertiger. Wenn ein Fehler bei der Eingabe passieren sollte, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass im Laufe der weiteren Zugriffe anderer Partner Fehler erkannt werden und ihre Korrektur angestoßen wird.

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Wo eine Flexibilisierung der Supply Chain in der Realität erwartet wird, ist es auch notwendig, diese im digitalen Prozess herzustellen.

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Mit wiederholtem Zugriff aller Partner auf dieselben, zentral verfügbaren Daten steigt automatisch deren Qualität an.

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DIE VISION DER LOGISTIK 4.0 – MASCHINEN KOMMUNIZIEREN MIT MENSCHEN UND ANDEREN MASCHINEN

Auswirkungen der Funktionsbereiche von Industrie 4.0 auf Logistik 4.0 Eine Cloud-Plattform wie AX4 bildet also die notwendige Grundlage für Netzwerke zur Optimierung in der Logistik. Sie ist damit gleichzeitig das Rückgrat für die durch die Industrie kommenden wachsenden Herausforderungen an die Logistik und den Lösungsansatz Logistik 4.0. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) führt in der Studie „Erschließen der Potentiale der Anwendung von Industrie 4.0 im Mittelstand“ die folgenden fünf Funktionsbereiche auf*: 1. Datenerfassung und -verarbeitung 2. Vernetzung und Integration 3. Dezentralisierung und Serviceorientierung 4. Assistenzsysteme 5. Selbstorganisation und Autonomie * Reihenfolge im Vergleich zur Originalstudie verändert

Wenn wir diese auf die Logistik anwenden, so entsteht das folgende Bild: 1. Datenerfassung und -verarbeitung Während heutige Logistikketten oft mit einfachen Statusmeldungen über Web oder EDI-Schnittstellen versorgt werden, entstehen durch Industrie 4.0 in Zukunft große Mengen an Daten aus Fahrzeugen, Lagern, Produktionsstätten über Sensoren und andere Technologien, die automatisiert in Softwaresysteme fließen und für die Logistik verarbeitet werden müssen. 2. Vernetzung und Integration Während die technischen Grundlagen für unternehmensübergreifende Kommunikation und zeitnahen Informationsaustausch mit Cloud-Plattformen geschaffen sind, kann man in der realen Umsetzung allerdings noch deutliche Potenziale erschließen. Eine Integration und damit Vernetzung der Partner einer Supply Chain ist mit Plattformen wie AX4 schnell und einfach möglich – Logistik Know-how und „Best Practices“ erlauben es so, diese heute oftmals noch ungenutzten Potenziale zu heben. 3. Dezentralisierung und Serviceorientierung Mit Vernetzung und Integration sind alle Informationen für alle Beteiligten potenziell zugänglich. Im nächsten Schritt geht es darum, diese Grundmenge sinnvoll und unter datenschutztechnischen Gesichtspunkten in Teilmengen zu differenzieren. Mit einer Orientierung an Services für Partner und Kunden kann dann im Anschluss an diese Aufteilung über eine Orchestrierung jeder Beteiligte bestmöglich mit den für ihn relevanten Daten aus der gesamten Lieferkette versorgt werden.

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DIE VISION DER LOGISTIK 4.0 – MASCHINEN KOMMUNIZIEREN MIT MENSCHEN UND ANDEREN MASCHINEN

4. Assistenzsysteme Fokussieren die ersten Punkte im Wesentlichen auf Software und Plattformen, kommt hier die Kombinationen aus Hard- und Software ins Spiel. Assistenzsysteme unterstützen und entlasten ihre Nutzer auf vielfältige Weise, so dass sie sich auf die in den Prozessen von ihnen benötigten Kernkompetenzen fokussieren können. In der Logistik kann man hierzu viele Pilotprojekte und Prototypen im Einsatz sehen. Zu den im Test befindlichen Assistenzsystemen gehören Applikationen mit Virtual und Augmented Reality, aber auch sogenannte Exoskeletts, die den Menschen bei körperlich schweren Arbeiten z.B. in der Produktion oder im Lager unterstützen oder 3D-Drucker für dezentral schnell herstellbare Teile, insbesondere Ersatzteile. Ein weiteres Beispiel für moderne Assistenzsysteme stammt von Siemens Postal, Parcel & Airport Logistics: Die Siemens-Tochter stattet Datenbrillen mit einer speziellen Software aus und unterstützt so bei der Kommissionierung von Versandpaketen oder bei der Be- und Entladung von LKW. Das erleichtert und beschleunigt die Arbeit der Paketzusteller.

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Assistenzsysteme unterstützen und entlasten ihre Nutzer auf vielfältige Weise, so dass sie sich auf die in den Prozessen von ihnen benötigten Kernkompetenzen fokussieren können.

5. Selbstorganisation und Autonomie Im letzten Aspekt werden die Steuerung und Regelmechanismen betrachtet. Mit dezentraler Logik (im Sinne von Software) können sich um Software und Kommunikationsmöglichkeiten erweiterte Teile und Maschinen zunehmend selber steuern und miteinander kommunizieren. In der Logistik findet dies optimale Einsatzmöglichkeiten in autonomen Flurförderfahrzeugen, Auslieferungsrobotern, Drohnen oder autonomen Lastkraftwagen bzw. Fahrzeugen.

Automatisierte Flexibilisierung – der Weg von der Maschine in die Software und zurück Während die Darstellung der realen Welt der Produktion und Logistik in Informationssystemen, d.h. der virtuellen Welt, helfen kann, Prozesse besser zu verstehen und einen Statusüberblick zu bekommen, wird durch eine auch rückwärtige Integration der virtuellen Welt in die reale ein weiterer Produktivitätssprung erreicht. Wenn von Maschinen Informationen aus einer Produktions- und Logistikkette nahezu in Echtzeit in Softwaresysteme kommuniziert werden und dort eine Verarbeitung in Bezug auf Status und Optimierung passiert, dann liegt der Schritt nahe, mit den Ergebnissen der Optimierung aus der Applikation auch automatisch Software auf die Maschinen zu spielen oder diese umzukonfigurieren und auf die aktuelle Gesamtprozesskette anzupassen. So können Sortieralgorithmen und Produktionsplanungssysteme sich quasi ad hoc auf neue Gegebenheiten und Priorisierungen einstellen. Sie setzen dabei insbesondere die Anforderung der Flexibilisierung aus der Industrie an die Logistik 4.0 um.

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Durch eine Integration der virtuellen Welt in die reale wird ein weiterer Produktivitätssprung erreicht.

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VON DER INTEGRATION DER VERTIKALEN PRODUKTION MIT DER HORIZONTALEN SUPPLY CHAIN – DIE VERKNÜPFUNG VON INDUSTRIE 4.0 & LOGISTIK 4.0

Umschlag in isolierten Logistikzentren ist hoch automatisiert und optimiert Viele Logistikzentren, insbesondere hochautomatisierte und effiziente internationale Luftfrachtzentren, sind heute mit Hilfe von Software bereits in großem Maße optimiert. So kennt ein im Luftfrachtzentrum laufendes Produktionsplanungssystem die anstehenden Flüge (Ankünfte wie Abflüge), Kapazitäten und die im Lager des Zentrums befindlichen Güter mit ihren zugehörigen Informationen wie Ziel, Größe, Gewicht und Gefahrgutklassifizierung. Auf Basis dieser Daten wird heute die Beladung der Flüge – ob als Cargo-Kapazität in Passagiermaschinen oder direkt in Cargo-Maschinen – geplant, ausgelöst und durchgeführt. Während damit die Umschlagsprozesse in einem Logistikhub stark automatisiert sind, besteht derzeit noch ein Manko in der mangelnden Integration von Daten aus der Supply Chain, also zum Beispiel Informationen über die sich im Zulauf befindlichen Gütern. So entstehen regelmäßig hohe sogenannte Offload-Quoten, d.h. dass ein Großteil der Güter, die auf einen Flug geladen worden sind, vor dem Abflug wieder entladen wird. Der Grund: Es kommen rechtzeitig vor Abflug noch wichtigere Sendungen an, die statt der bereits in das Flugzeug geladenen, aber geringer priorisierten Güter, transportiert werden sollen.

Siemens Postal, Parcel & Airport Logistics und AXIT integrieren Logistikhub und Logistikkette Mit Logistik 4.0 werden nun die Informationen der Lieferkette über eine Cloud-Plattform wie AX4 mit den Daten des Planning, Prediction & Control Systems (PPC) eines Luftfrachtzentrums verbunden. Durch Integration beider Applikationen kann errechnet werden, welche LKW das Luftfrachtzentrum noch rechtzeitig vor den jeweiligen Abflügen (genauer: vor der letztmöglichen Beladung eines passenden Flugzeugs) erreichen werden. Weiterhin ist dem System bis hinunter auf Chargenebene bekannt, welche konkreten Güter auf den LKW sind. Es wird berechnet, welche davon idealerweise auf welchen Flug geladen werden sollen.

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Viele Logistikzentren sind heute mit Hilfe von Software bereits in großem Maße optimiert.

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Derzeit besteht noch ein Manko in der mangelnden Integration von Daten aus der Supply Chain.

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VON DER INTEGRATION DER VERTIKALEN PRODUKTION MIT DER HORIZONTALEN SUPPLY CHAIN – DIE VERKNÜPFUNG VON INDUSTRIE 4.0 & LOGISTIK 4.0

Aufgrund der über die Logistikplattform zur Verfügung stehenden Informationen passt das PPC die Planung so an, dass im Flugzeug Platz für die später eintreffende Fracht reserviert wird. Gleichzeitig berechnet das PPC weitere notwendige Ressourcen – z. B. Fachpersonal, „Truck Docks“, etc.

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Aufgrund der über die Logistikplattform zur Verfügung stehenden Informationen passt das Planning, Prediction & Control System die Planung an.

Das PPC plant so, dass die Güter in das ULD beziehungsweise auf die entsprechende Palette passen. Zudem werden die spezifischen Sendungsinformationen, wie beispielsweise zu Gefahrgütern, mit geeigneten Kapazitäten abgeglichen. Das Produktionssteuerungssystem belädt die vom PPC geplanten ULDs/Paletten bzw. bereitet die Beladung so weit vor, dass die kurzfristig ankommende Fracht optimal geladen werden kann.

Die Integrated Truck Guidance übernimmt die Anfahrtsteuerung Kommt der LKW mit der Ladung für den nächsten Flug in die Nähe des Luftfrachtzentrums, kann die Integrated Truck Guidance der Siemens Mobility, aufgrund der in Echtzeit zur Verfügung stehenden Verkehrsinformationen und der Position der LKW, allen Beteiligten die voraussichtliche Ankunftszeit der LKW mitteilen und die Fahrzeuge auf dem schnellsten Weg in Richtung Luftfrachtzentrum leiten. Die Ankunftsinformation kann anschließend genutzt werden, um die Ressourcen innerhalb des Frachtzentrums optimal auf die zu erwartenden Lieferungen vorzubereiten. Zusätzlich können über das Verkehrssystem bei Not- oder Katastrophenfällen automatische Verkehrsstrategien gestartet werden, um LKW umzuleiten und gleichzeitig bestimmte Fahrzeuge zu priorisieren, damit diese schnellstmöglich durch den Verkehr kommen und das Einfahrtstor des Frachtzentrums störungsfrei erreichen.

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Die Ankunftsinformation kann genutzt werden, um Ressourcen innerhalb des Frachtzentrums optimal auf die zu erwartenden Lieferungen vorzubereiten.

Das Dock & Yard Management steuert und optimiert die Prozesse auf dem Yard Im Hintergrund plant das Dock&Yard Management (DYM) des Luftfrachtzentrums in Echtzeit die Belegung der Tore und die dadurch entstehenden Verkehrsflüsse auf dem Gelände. So ist sichergestellt, dass der priorisierte LKW ohne Zeitverlust an einem freien Tor andocken und der Entladeprozess direkt nach der Ankunft starten kann. Falls für dieses Dock ursprünglich ein anderer Spediteur geplant war, würde dieser über eine Zeitfenstersteuerung automatisch einen anderen Zeit-Slot oder ein anderes Dock zugewiesen bekommen.

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Das Dock & Yard Management stellt sicher, dass der priorisierte LKW ohne Zeitverlust an einem freien Tor andocken und der Entladeprozess direkt starten kann.

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VON DER INTEGRATION DER VERTIKALEN PRODUKTION MIT DER HORIZONTALEN SUPPLY CHAIN – DIE VERKNÜPFUNG VON INDUSTRIE 4.0 & LOGISTIK 4.0

Kameras zur automatischen Nummernschilderkennung am Smart Gate des Geländes erfassen und kontrollieren die Einfahrt des ankommenden LKW. Stimmen Sendungsdaten und das reservierte Zeitfenster mit den Informationen im DYM überein, öffnet sich die Einfahrtschranke vollautomatisch und der LKW wird via Signalanzeige oder über eine fahrerspezifische App auf kürzestem Wege an das freie Dock geleitet. Dort angekommen, wird der LKW von dem bereits über das Planning, Prediction & Control System (PPC) vorinformierten Personal entladen. So kann der Dienstleister die ULDs für das Flugzeug fertig beladen und den Beladungsvorgang rechtzeitig beenden. Um im Zeitplan zu bleiben, werden während des gesamten Beladevorgangs die Standard-Zeitabschnitte für jeden Teilprozessschritt daraufhin geprüft, ob der Slot der Flugsicherung zum Abflug eingehalten werden kann. Berücksichtigt werden dabei alle notwendigen Prozessschritte wie Einfahrt, Entladung, ULD- und Flugzeugbeladung.

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5. AUSBLICK

In die Zukunft gerichtet kann zwischen einfachen Quick-Wins und mittelfristigen Trends differenziert werden.

Einfache Quick-Wins durch Einführung von Collaboration-Plattformen Technisch heute leicht möglich, müssen Cloud-Plattformen wie AX4 zur schnellen und einfachen Integration aller Beteiligten an Logistikketten umfangreicher und konsequenter eingesetzt werden. Mit ihrem Einsatz sind einerseits für alle Beteiligten schnell Ergebnisse zu erzielen und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Andererseits wird damit erst die Basis für weitere Entwicklungen geschaffen, die notwendig sind, um im Markt auch zukünftig bestehen zu können. Als ersten Schritt gilt es so also, vorhandene Informationen und Prozesse auf einer Plattform zusammenzuführen, um dadurch für alle Beteiligten und Partner eines Netzwerkes einen schnellen Mehrwert zu generieren.

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Als ersten Schritt gilt es, vorhandene Informationen und Prozesse auf einer Plattform zusammenzuführen, um für alle Beteiligten einen schnellen Mehrwert zu generieren.

Als unerlässliche Basis dient die so entstandene Collaboration-Plattform dann als Integrationsmöglichkeit weiterer Informationsquellen insbesondere aus der Industrie 4.0, mit denen die Steigerung der Automatisierung und der Optimierung mittelfristig im Fokus steht.

Big Data und Datenvielfalt durch Industrie 4.0 Durch Industrie 4.0 entsteht potenziell eine Unmenge an Daten, die es gilt zu sammeln, zu filtern, zu interpretieren und die richtigen Folgerungen hieraus abzuleiten. Dabei sind hier im Wesentlichen Maschinendaten zu erwarten, die automatisch generiert und in Applikationen und Datenbanken transferiert werden. Wieviel im nächsten Schritt dann durch menschliche Aktivitäten passiert, bleibt abzuwarten. Wenn wir von Machine-to-Machine Kommunikation sprechen, dann könnten sich Produktion und Logistik in einer solchen direkten Kommunikation autonom und dezentral ohne menschliches Zutun optimieren. Gleiches erscheint möglich, wenn wir an maschinelle Auswertung der Big Data und Ableitung von optimalen Produktionsabläufen, umgesetzt durch die im Text beschriebene automatische Rekonfiguration der auf den Maschinen laufenden Software, denken. Aber alle Abläufe und spezifischen Situationen können noch nicht in Algorithmen abgebildet werden. Es ist – nicht zuletzt aufgrund der vielen Ausnahmen von der Regel, die wir alle in unseren Umfeldern beobachten – zumindest mittelfristig zu erwarten, dass die Algorithmen und Software-Systeme dem menschlichen Entscheider denkbare Varianten vorschlagen, dieser die Entscheidung trifft und quasi auf Knopfdruck deren Umsetzung, d.h. die Rekonfiguration der Maschinen-Software, startet.

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Produktion und Logistik könnten sich in einer Machineto-Machine Kommunikation autonom und dezentral ohne menschliches Zutun optimieren.

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ÜBER DEN AUTOR

Jörg Schiemann COO, AXIT GmbH

Gemeinsam mit dem AXIT-Management hat Jörg Schiemann den Zusammenschluss von AXIT und Siemens Postal, Parcel & Airport Logistics (SPPAL) mitinitiiert und vorangetrieben. Zuvor war der Diplom-Informatiker Head of Logistics and Airport Solutions IT bei der SPPAL und verfügt über umfassende Verbindungen zum Siemens Konzern. Als Chief Operations Officer verantwortet Jörg Schiemann in der AXIT Geschäftsführung die Bereiche Vertrieb, Marketing und Professional Services. Software spielt für ihn die Schüsselrolle im Management von Supply Chains. Er treibt daher die Integration von Umschlagszentren und Transportströmen in einer übergreifenden ITLösung mit Weitblick und Überzeugung voran.

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Herausgeber

AXIT GmbH A Siemens Company Nachtweideweg 1-7 67227 Frankenthal Tel.: +49 6233 / 45943-0 www.axit.de

Weitere Informationen zur Nutzung der Logistikplattform AX4 sowie Beispiele zu Best Practices können Sie gerne anfordern unter: [email protected]