ISSN 1422-0482 . CHF 35 . EUR 27
Wissensmagazin für Wirtschaft, Gesellschaft, Handel Nummer 2 . 2014
t f n u k u Z e i d : n u n Und
genauer. r e m im n e en werd Die Prognos tzt damit? je ir w n e h c Maschine? ls A Und was ma ? r e g a ? Als Man Als Mensch
Karin Frick Der Jolie-Faktor
Ståle Økland Das Florida-Syndrom
Jacinta Nandi 62
Der Veganismus-Flirt
Thema: Decision Design 4 AUTOREN
> Verhaltensökonomie Gespräch mit Gerhard Fehr
72 SUMMARIES THEMA 114 SUMMARIES IDEEN, WORKSHOP
34 GQ STATT IQ
115 ZUSATZIMPULS
Auf der Suche nach dem Geheimnis erfolgreicher Entscheider ist die Verhaltensökonomie fündig geworden.
116 GDI-STUDIEN 117 GDI-KONFERENZEN 118 GDI GOTTLIEB DUTTWEILER INSTITUTE
> Technik Christian Rauch
120 GDI-AGENDA 2014 120 IMPRESSUM
40 CLOUD AM STEUER
Bald fahren automatische Autos auf den Strassen. Wie werden die Roboter reagieren, wenns zum Crash kommt? > Die grosse Grafik 46 IHR PROGNOSKOP
> Technologie Karin Frick
Was früher der Sterndeuter ist heute der Datendeuter: der Zukunftswegweiser unseres Vertrauens.
10 DECISION DESIGN
Führen bessere Prognosen auch zu besseren Entscheidungen? Was, wenn wir alles über unsere Zukunft wüssten?
> Politik Helga Königsdorf 48 ÜBER DIE ORGANISATION GLOBALER VERNUNFT
> Gesundheit Anja Dilk
Zwei Vorschläge für globale Entscheidungsstrukturen: für den Kampf gegen Armut und gegen Umweltzerstörung.
14 BENCHMARK YOURSELF
Big Data im Gesundheitssektor – von der Quantified-SelfBewegung über E-Healthcare bis zu Digitalmedizinern.
> Ökologie Detlef Gürtler 55 VOR MIR DIE SINTFLUT
> Design Judith Mair, Bitten Stetter und Team
Wie das langfristig Notwendige mit dem kurzfristig Mach baren in Einklang gebracht werden kann.
22 ICH-ZIPLIN
Disziplinierende Produkte versprechen ideale Körper, berechenbares Glück – und neue Märkte. Ein Streifzug durch die Lebenswelt des perfekten Ichs im Jahr 2020.
> Foto-Essay Michael Tewes 58 MESST WORLD!
> Psychologie Bettina Höchli . Detlef Gürtler
Je besser wir messen, desto besser erkennen wir, was ist. Und sehen oft sogar, was passieren wird. Oder?
28 WIE ENTSCHEIDET DIE SCHWEIZ?
Was die Daten der Besucher der Ausstellung «Entscheiden» über das Seelenleben der Deutschschweizer verraten.
6
Ideen
Workshop
> Urbanismus Gespräch mit Ståle Økland
> Ernährung Vaclav Smil
76 DAS FLORIDA-SYNDROM
104 ESSEN FÜR ZEHN MILLIARDEN
Richard Floridas «Creative Class» ist zu schön und zu einfach, um wahr zu sein – Jobs sind wichtiger als Hipster.
Drei zentrale Herausforderungen, um auch in einer Welt mit zehn Milliarden Menschen alle ernähren zu können.
> Volkswirtschaft Gespräch mit Edward Hugh
> Veranstaltungen Anna Handschuh
82 HOT LABOUR
108 TALKING HEADS – VERSUCH EINER TYPOLOGIE
Die Schweiz floriert. Was allerdings bei einigen Datenreihen so ähnlich aussieht wie bei Spanien kurz vor dem Aus bruch der Finanzkrise von 2008/09.
Referent sein war gestern. Heute sind Rockstars, Evangelisten und andere Einzigartigkeiten. > Kolumne Peter Felixberger
> Strategie Sven Gábor Jánszky
112 DIE PRAXIS DER GERECHTIGKEITSTHEORIE
90 DIE NEUE NACHHALTIGKEIT
Gute neue Bücher von Thomas Piketty, Niels Pfläging, Ruth Seliger und Edward Slingerland.
Die Verbesserung der Welt verlässt die Charity-Ecke und wird zentraler Bestandteil des Business – als das Geschäftsmodell der Zukunft. > Zwischenruf Jacinta Nandi 96 MIT VEGANISMUS FLIRTEN!
Vom ewigen Bemühen, sich nun wirklich politisch und ökologisch korrekt zu ernähren. Und dem ewigen Scheitern daran.
7
Autoren
GERHARD FEHR > S. 34 ist Absolvent der Universität Wien in Betriebs
ziologie mit Vertiefung in Spieltheorie und Verhaltensökonomie. Sie arbeitete
wirtschaftslehre, ausgebildeter Journalist und hat mehr als zwölf Jahre Ma
als stellvertretende Geschäftsleiterin beim Dachverband Schweizer Jugend
nagementerfahrung im Investment-Banking, in der Medienbranche und dem
parlamente und absolvierte das Trainee-Programm bei den Schweizerischen
Schweizer Kreditkartenmarkt. Seit 2009 leitet er gemeinsam mit Ernst Fehr
Bundesbahnen. www.gdi.ch
die unter anderem auf Vergütungsfragen spezialisierte Unternehmensberatung Fehr Advice & Partners. www.fehradvice.com
EDWARD HUGH > S. 82 ist freischwebender Makroökonom mit Fokus auf Wachstums- und Produktivitätstheorie, demografische Prozesse und deren
KARIN FRICK > S. 10 ist Leiterin Research und Mitglied der Geschäfts
Einfluss auf die Wirtschaft sowie die ökonomische Entwicklung in Europa.
leitung des GDI Gottlieb Duttweiler Institute. Als Ökonomin erforscht sie seit
Hugh studierte an der London School of Economics und lebt nördlich von
zwei Jahrzehnten Trends und Gegentrends in Wirtschaft, Gesellschaft und
Barcelona. Seit 2003 schreibt er regelmässig Beiträge für Wirtschafts-Blogs,
Konsum. Seit ihrem Studium an der Universität St. Gallen befasst sie sich in
seit 2009 betreibt er eine Ökonomie-Debattenseite auf Facebook, 2014 er
verschiedenen Funktionen mit Zukunftsthemen, Innovation und Veränderung
schien sein erstes Buch «¿Adiós a la crisis?» (Ediciones Deusto).
von Menschen und Märkten. www.gdi.ch
www.fistfulofeuros.net
ANNA HANDSCHUH > S. 108 ist Programmleiterin der Think-Tank-Konfe
SVEN GÁBOR JÁNSZKY > S. 90 ist Trendforscher und Leiter der Denkfabrik
renzen des GDI Gottlieb Duttweiler Institute. Nach ihren Studien in Kulturwis
2b Ahead Think Tank. Der studierte Journalist und Politikwissenschaftler grün
senschaft und Kulturmanagement unter anderem in Berlin und Paris war sie in
dete 2003 sein Zukunftsforschungsinstitut in Leipzig. Jánszky ist Präsident der
verschiedenen Funktionen für Marketing und Kommunikation tätig. Zuletzt
Rulebreaker Society, eines Businessklubs für disruptive Innovatoren, und hat
begleitete sie die Markteinführung der Triodos Bank Deutschland. Sie ist Ex
Lehraufträge an Universitäten in Karlsruhe und Leipzig. Jüngste Veröffentli
pertin für Nachhaltigkeitsmarketing und -kommunikation. www.gdi.ch
chung: «Die Neuvermessung der Werte» (2014). www.2bahead.com
BETTINA HÖCHLI > S. 28 ist Researcher am GDI Gottlieb Duttweiler Insti
HELGA KÖNIGSDORF > S. 48 war eine deutsche Mathematikerin und
tute und analysiert Veränderungen von Gesellschaft, Wirtschaft und Konsum.
Schriftstellerin. Von 1974 bis 1990 war sie als Professorin für Mathematik an
An den Universitäten in Bern und Tokio studierte sie Volkswirtschaft und So
der Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin tätig. Seit 1978 arbeitete sie 4
S. 34
S. 96
S. 90
S. 82
S. 108
S. 28
S. 76
S. 22 S. 10
S. 104
S. 40
S. 48
zunächst neben-, später hauptberuflich als Schriftstellerin (u. a.: «Ungele
STÅLE ØKLAND > S. 76 ist Gründer und Leiter des norwegischen Trend-
gener Befund», 1990, «Über die unverzügliche Rettung der Welt», 1994). Am
Beratungsunternehmens Global Retail Trends. Nach seinem Studium (Sozio
4. Mai 2014 erlag Helga Königsdorf im Alter von 75 Jahren der Parkinson-
logie und Geschichte) arbeitete er in der Werbebranche als Creative und
Krankheit, an der sie seit drei Jahrzehnten litt.
Managing Director. Er ist unter anderem Autor der Bücher «Trendmania» (2011) und «Bykamp» (2014). Økland amtet auch als Politiker für die Kon
JUDITH MAIR (l.), BITTEN STETTER UND TEAM > S. 22 Der Master
servative Partei Norwegens.
studiengang Trends (Master of Arts in Design) an der Zürcher Hochschule der Künste vermittelt Kompetenzen in visueller und kultureller Trendforschung
CHRISTIAN RAUCH > S. 40 war zehn Jahre Projektmanager in der For
für die Entwicklung zukunftsweisender Designkonzepte. Jeweils im ersten
schung und Entwicklung des Mobilfunkkonzerns Vodafone. Seit 2010 schreibt
Semester erstellen die Studierenden zusammen mit dem GDI einen Trend
er als freiberuflicher Publizist für verschiedene deutschsprachige Tageszei
bericht. Unter Leitung von Bitten Stetter und Judith Mair haben sich Anna
tungen und Zeitschriften. Rauch ist freier Mitarbeiter des Wissensdienstleis
Kerschbaumer, David Duca, Heidrun Föhn, Irène Münger, Lena Grossmüller,
ters Content 5 AG. www.content5.com
Lina Stanic und Nerminka Muslija dieses Jahr dem Thema «Disziplinierende Produkte» gewidmet. www.zhdk.ch
VACLAV SMIL > S. 104 ist Professor für Umweltwissenschaften an der University of Manitoba in Kanada. Er beschäftigt sich mit interdisziplinären
JACINTA NANDI > S. 96 studierte Germanistik in Exeter und lebt heute
Fragen zu den Themen Energie, Umwelt, Nahrung, Bevölkerung, Wirtschaft,
als freie Autorin in Berlin. Sie ist Mitglied der Lesebühne Die Surfpoeten
Geschichte und Public Policy. 35 Bücher und mehr als 400 Aufsätze hat
und schreibt unter anderem für «Exberliner», «Taz» und «Das Magazin».
Smil publiziert, zuletzt «Harvesting the Biosphere» (MIT Press, 2013).
www.jacinta-nandi.de
www.vaclavsmil.com 5
Summaries
THEMA: DECISION DESIGN
Judith Mair, Bitten Stetter und Team > Seite 22
Christian Rauch > Seite 40
ICH-ZIPLIN Die Quantified-Self-Bewegung er-
CLOUD AM STEUER «Ein Roboter darf kein
zeugt ständig neue Produktinnovationen, die
menschliches Wesen verletzen oder durch Un-
die eigene Leistung unaufhörlich messen, ana-
tätigkeit gestatten, dass einem menschlichen
lysieren und optimieren. Von Körpertemperatur
Wesen Schaden zugefügt wird.» Dieses erste
und Tiefschlafphasen bis hin zu sozialen Kon-
Robotergesetz von Isaac Asimov gerät bei auto-
takten – das perfekte Leben zeigt sich sowohl
matischen Autos mit der Realität in Konflikt: Es
privat als auch beruflich mehr und mehr als die
gibt Situationen im Strassenverkehr, in denen
positive Summe aus Tabellen, Prozenten, Mass
Personenschaden unvermeidbar ist. Wie wird
einheiten. Dabei entsteht ein ganz neues Markt-
dann der Algorithmus des Roboters program-
segment für disziplinierende Produkte, von
miert? Insbesondere die Haftungsproblematik
Apps über Medikamente und Messgeräte bis zu
beschäftigt heute schon Juristen und Unterneh-
Spezialkleidung.
men. Eine Übertragung der Haftung auf den Produzenten ist denkbar – würde aber die Auto-
Karin Frick > Seite 10
Bettina Höchli, Detlef Gürtler > Seite 28
matik-Autos deutlich verteuern.
DECISION DESIGN Mit der Verdatung des Le-
WIE ENTSCHEIDET DIE SCHWEIZ? Vieles ris-
bens bekommt unser Umgang mit ihm eine
kieren oder doch auf Nummer sicher gehen?
Helga Königsdorf > Seite 48
neue Grundlage. In der Medizin, und nicht nur
Sofort oder ein wenig später? 100 000 Besu-
ÜBER DIE ORGANISATION GLOBALER VER-
dort, verschiebt sich der Fokus von der Diagno-
cher der Ausstellung «Entscheiden» im Stap-
NUNFT Wenn wir die Welt retten wollen, geht
se zur Prognose – die immer präziser wird. The-
ferhaus Lenzburg haben geantwortet – und er-
das nicht so sehr über gute Werke, sondern
rapie und Prognose verschmelzen zur Thera
lauben damit einen tiefen Blick in die Seelenla-
über gute Systeme: in der Weltgemeinschaft
gnostik. Dennoch werden die Menschen dadurch
ge der Deutschschweizer. Die Auswertung der
verankerte Strukturen, die ein Stück vom Ab-
nicht unbedingt besser entscheiden, weniger
Datensätze ergab eine relative Mehrheit mit
grund wegführen. Solche Strukturen müssen
krank, seltener verunfallen und länger mit ihrem
hoher Risiko- und hoher Geduldspräferenz. Da-
sich erst entwickeln. Sie können sich aber nur
Partner zusammenbleiben. Je negativer eine
bei korrelierte die Risikobereitschaft in der Part
entwickeln, wenn sie konkrete Aufgaben bewäl-
Prognose, je gravierender die geforderte Ver-
nerschaft mit der in Karrierefragen. Wer im Job
tigen müssen. Zwei hier vorgeschlagene Struk-
haltensänderung, desto wahrscheinlicher ist
mehr Risiko eingeht, ist zudem in der Liebe mehr
turen sind eine globale Sozialhilfe: direkte
es, dass die Prognose lieber ignoriert wird.
auf der ungeduldigen Seite.
Geldzahlungen für die Ärmsten der Armen und
Anja Dilk > Seite 14
Gespräch mit Gerhard Fehr > Seite 34
Budget jedes Jahr neu entscheidet, welches
BENCHMARK YOURSELF Big Data hat den
GQ STATT IQ Der wichtigste einzelne Faktor für
diejenigen Projekte sind, die weltweit der Um-
Gesundheitssektor erreicht. Nie zuvor gab es so
Erfolg im Leben und im Beruf ist Geduld. Je
welt am meisten helfen.
viele Möglichkeiten, Daten zu sammeln und
höher die Geduldspräferenz, desto besser im
auszuwerten, wie heute. Der technische Fort-
Schnitt die Perspektiven. Auch der als Erfolgs-
Detlef Gürtler > Seite 55
schritt in der Sensortechnik und das Wachstum
Indikator breit anerkannte IQ hängt mit der Ge-
VOR MIR DIE SINTFLUT Immer wenn bei lang-
des mobilen Internets treiben die Entwicklung
duldspräferenz zusammen: Wer sich selbst
fristigen Problemen kurzfristig gehandelt wird,
an. Leben und Gesundheit sollen kontrollierbar
auch ohne äussere Anreize gut motivieren kann,
besteht die Gefahr, dass die Akteure eine «Nach-
und voraussagbar werden. Die Fülle der Anbie-
schneidet bei IQ-Tests besser ab. Die inten-
mir-die-Sintflut»-Haltung entwickeln. Sie so
ter und Nutzer ist dabei mit schwammigen
sivste Prägung für Geduld oder Ungeduld ge-
umzudrehen, dass nachhaltig sinnvolle Ent-
Rechtslagen konfrontiert – und mit Unsicher-
schieht in der frühen Kindheit. Auf gesellschaft-
scheidungen getroffen werden, erfordert an das
heiten darüber, wer was wie verlässlich messen
licher Ebene bedeutet dies, Beruf und Familie
jeweilige Problem angepasste Mechanismen.
kann, welche Konsequenzen zu ziehen sind und
stressfreier vereinbar zu machen – und in der
Auch bei globalen Themen wie Ökologie lässt
was mit den Datenmengen passieren soll.
Schule erst Geduld, dann Lesen zu lehren.
sich das am besten auf lokaler Ebene erreichen.
ein globaler Ökofonds – der mit begrenztem
72
Summaries
hochflexiblen Arbeitsmarkt ein Hot-Labour-Land,
lung ist besonders problematisch in den ärmsten
sollte ihre sozialen Systeme so gestalten, dass sie
Ländern und in Diktaturen. Ganz ohne Abfall und
auch einen rapiden Abschwung sowie eine starke
nicht genutzte Kalorien ist Ernährung nicht mög-
Abwanderungswelle bewältigen.
lich, aber höher als zwanzig Prozent sollte der Abfall-Anteil nicht liegen. Tatsächlich werden je-
Sven Gábor Jánszky > Seite 90
doch derzeit bis zu fünfzig Prozent der potenziell
DIE NEUE NACHHALTIGKEITDie Verbesserung
nutzbaren Kalorien nicht verzehrt. Unseren – viel
der Welt verlässt die Charity-Ecke und wird zen-
zu hohen – Fleischkonsum könnten wir problem-
traler Bestandteil des Business – als das Ge-
los mehr als halbieren. Wir müssten dafür nur das
schäftsmodell der Zukunft. Wer als Unternehmen
Fleisch nicht mehr am Stück essen, wie bei Steaks,
nachhaltig sein will, der bittet künftig nicht mehr
sondern in Streifen geschnitten und mit Gemüse
um Spenden, sondern gibt seinen Kunden die
gemischt, wie in Asien üblich.
Möglichkeit, durch den Kauf von Produkten und Services in die «Rettung der Welt» zu investieren.
Anna Handschuh > Seite 108
Jene Aktivisten und Institutionen, die es nicht ver-
TALKING HEADS Der Markt für Referenten bei
Gespräch mit Ståle Økland > Seite 76
standen haben, ein Geschäftsmodell aufzubauen,
Konferenzen differenziert sich aus. Referent sein
DAS FLORIDA-SYNDROM Das «Creative Class»-
werden an Einfluss verlieren, denn sie leben nach
war gestern. Heute sind Rockstars, Evangelisten
Konzept Richard Floridas verführt viele Städte, nur
einem alten, überholten Werteverständnis von
und andere Einzigartigkeiten. Rockstars sind die
in die hübschen Seiten der Urbanität, also in Kul-
Nachhaltigkeit.
Führungsfiguren erfolgreicher Unternehmen, die
IDEEN
tur und Lifestyle, zu investieren und nicht in Jobs
sehr intensiv durch einen Kreis von Jüngern unter-
und Business-Infrastruktur. Aber diese Rechnung
Jacinta Nandi > Seite 96
stützt werden. Evangelisten hingegen sind nicht so
kann nur in ohnehin attraktiven Metropolen wie
MIT VEGANISMUS FLIRTEN!Nichts liegt derzeit
sehr Macher als vielmehr Kommunikatoren. Früher
Paris oder Berlin aufgehen – überall sonst sollten
so sehr im Food-Trend wie die vegane Ernährung.
hätte man sie «Pressesprecher» genannt – aber
besser Jobs geschaffen werden als Szene-Cafés.
Nicht nur fleisch-, sondern ganz tierproduktlos
wer will schon einen Konzern-Pressesprecher als
Eine gesunde Business-Community wird auch
soll das Leben sein, und die Vegan-Food-, -Gastro
Referenten engagieren?
Geld für Kultur ausgeben; umgekehrt gilt das
nomie- und -Kochbuch-Produzenten freuen sich
nicht. Die Stadt, die derzeit weltweit wohl am bes
über saftige Wachstumsraten. Für viele Konsu-
ten Wirtschaft und Kultur kombiniert, ist Wien.
menten ist der Veganismus allerdings vergleichbar mit einer Sisyphusaufgabe: Immer wieder
Gespräch mit Edward Hugh > Seite 82
versuchen sie sich an veganer Ernährung, und
HOT LABOUR Einige volkswirtschaftliche Daten-
immer wieder scheitern sie daran. Aber vielleicht
reihen der Schweiz von heute sehen sehr ähnlich
ist es ja gerade das ewige Scheitern an sich selbst,
aus wie bei zwei anderen europäischen Boom-
das die Menschen so fasziniert.
Zeiten: dem deutschen Einheitsrausch nach 1989 und der spanischen Immobilienblase vor 2008. Das gilt insbesondere für Zuwanderung, Immobi
WORKSHOP
lienpreise und Verschuldung des privaten Sektors.
Vaclav Smil > Seite 104
Andere Indikatoren hingegen signalisieren eher
ESSEN FÜR ZEHN MILLIARDENAuch in einer
Entwarnung, vor allem die niedrige Inflation. Die
Welt mit zehn Milliarden Menschen ist es prinzi
Zuwanderung als prozyklischer Faktor führt zum
piell kein Problem, alle sehr gut zu ernähren – nur
Aufschaukeln des Wirtschaftswachstums – und
eben nicht so, wie wir es derzeit praktizieren. Die
wenn sie ausbleibt, kann es genauso zu einer Ab-
drei zentralen Herausforderungen sind dabei die
wärtsspirale kommen. Die Schweiz, mit ihrem
Verteilung, der Abfall und das Fleisch. Die Vertei114
NACHHALTIGKEIT Wer Manager will, die das nachhaltige Unternehmenswohl im Auge haben, führt am besten langfristig orientierte Vergütungsbestandteile ein. (Womit Frauen meist besser klarkommen.)
renz, desto besser Ihre Erfolgsaussichten im Leben.
Leider hilft Ungeduldigen diese Erkenntnis kaum:
Geduld lässt sich nur bei Kindern gut trainieren.
die Angebote zur Selbstkontrolle immer weiter zu.
GEDULDS-QUOTIENT Je höher Ihre Geduldspräfe-
oder? Vom Schrittzähler bis zur Schlaf-App nehmen
besser als auf Rache sinnen.
etwas tun können, um Ihr Risiko zu reduzieren?
Schmetterlinge im Bauch umso mehr fliegen können.
kein gutes Karriererezept. Ärger schnell abhaken ist
wollen Sie das wirklich wissen? Oder nur, wenn Sie
Ein wenig Kontrollverlust ist okay, wenn dafür die
besser werde ich mit meinem Leben zurechtkommen,
sikofaktoren sind per Gentest diagnostizierbar. Aber
zeigt: Schweizer lieben riskant, aber geduldig.
SELF-TRACKING Je besser ich mich kenne, desto
GEN-DIAGNOSE 3000 erbliche Krankheiten oder Ri-
KONTROLLVERLUST Die «Entscheiden»-Ausstellung
Zahn, das ist die alttestamentarische Vergeltung, aber
ten doch zu kalt – romantische Liebe geht anders.
ders als nur materiell motivierbar ist.
NEGATIVE REZIPROZITÄT Auge um Auge, Zahn um
DNA-optimierter Matching-Software sind den meis-
zeigt damit, dass er sich beherrschen kann und an-
Autos, wenn ein Unfall unvermeidbar wird?
tienten engmaschig überwacht.
bination der elterlichen Gene. Doch Single-Börsen mit
Aber was macht der Algorithmus der selbst fahrenden
ring werden speziell chronisch Kranke und Risikopa-
MATCHING Jedes neue Leben entsteht aus der Kom-
schaden, sagt Isaac Asimovs erstes Robotergesetz.
nomen: Wer bei der weichen Süssigkeit hart bleibt,
CRASH-ALGO Kein Roboter darf einem Menschen
desto eher wird die Prognose schlicht ignoriert.
Konzern lange aus – viel zu viel Risiko-Mentalität.
pie und Prognose immer mehr – mit Digital Monito-
das Problem, und je grösser die nötige Änderung,
schwimmen. Aber echte Entrepreneur-Typen hält kein
THERAGNOSTIK In der Medizin verschmelzen Thera-
mer zu Verhaltensänderung. Je weiter in der Zukunft
IGNORIEREN Schlechte Prognosen führen nicht im-
dass es Mitarbeiter möchte, die mit dem Strom
MACHER Kein Unternehmen wird freiwillig zugeben,
MARSHMALLOW Beliebter Test der Verhaltensöko-
Vertrauens. Zwölf aktuelle Beispiele.
Datendeuter: der Zukunftswegweiser unseres
Was früher der Sterndeuter war, ist heute der
Ihr Prognoskop
GDI Impuls Nummer 2 . 2014
Quelle: www.gdi-impuls.ch . © 2014
GDI Impuls
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Z
EA
AUTORENLISTE (AUSZUG)
Kofi Annan: Die afrikanische Herausforderung . Norbert Bolz: Religion ist der Antitrend zu allen Trends – Und deshalb Trend . Dieter Brandes: Die Kunst des Weglassens . Thomas Davenport und Jeanne Harris: Das Handbuch der PrognoseTechniken . Dagmar Deckstein: Klasse-Bewusstsein für Manager . Daniel Goleman: Emotionales Management . Tim Renner: «Warum Bauen Autobauer keine Fahrräder?» . Phil Rosenzweig: «Manager lassen sich über das Geheimnis des Erfolgs systematisch täuschen» . Douglas Rushkoff: «Der in teraktive Raum ist heute ebenso verschmutzt wie die Shop ping-Mall» . Edgar Schein: Vier Gesichter der Führung . Burkhard Spinnen: Kapitalismus, Sozialismus, Fraternismus . Peter Wippermann: Sozialer Reichtum . Klaus Woltron: Wie man Engelskreise konstruiert . Muhammad Yunus: Soziales Business
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