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Dem Saarland fehlt ein verkehrspolitisches Leitbild. Es gibt keine klaren Ziele und Verantwortlichkeiten. Trotz hoher Zuwendungen durch die öffentliche Hand gelingt es im Saarland nicht, dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) einen ausreichenden Stellenwert beizumessen. Ein Defizit, das nicht nur der Landespolitik geschuldet ist. Auch in den saarländischen Kreisen und Kommunen fehlt oftmals der notwendige politische Gestaltungswille, um den ÖPNV im Land zu stärken. Die Arbeitskammer macht konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung des ÖPNV im Saarland. Unsere Gesellschaft basiert auf hoher Mobilität. Insbesondere die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen ein hohes Maß an Mobilität aufbringen. Aber auch die privaten Bedürfnisse nach Mobilität, sei es im Urlaub, in der Freizeit oder beim Einkaufen, haben sich verändert. Die Folgen dieser wachsenden Mobilität zeigen sich vor allem in dem stetig zunehmenden Straßenverkehr. Wurde bisher versucht, den steigenden Verkehr vor allem durch den Bau neuer Straßen zu bewältigen, so gibt es vermehrt Anzeichen dafür, dass ein einfaches „weiter so“ nicht mehr zukunftsfähig ist. Die Einhaltung der Klimaschutzziele, die stetig zunehmenden Auflagen zum Lärmschutz, die begrenzten Finanzmittel zum Ausbau und Unterhalt der Straßeninfrastruktur sowie der restriktivere Umgang mit Freiflächen zwingen zu einem Umdenken in der Verkehrspolitik. Das Ziel zukünftiger Verkehrspolitik muss sein, das Mobilitätsverhalten zu verändern, ohne die Mobilität selbst einzuschränken und gleichzeitig die Umwelt zu entlasten.

Verkehr, Lärmschutz und Klimaschutz – drei Handlungsfelder die zusammen gehören Dem Zugewinn an Mobilität in den vergangenen Jahren steht eine zunehmende Belastung durch den Verkehr gegenüber. Negative Auswirkungen wie Lärmbelastung, Luftverschmutzung oder die Zerschneidung von Landschaftsräumen haben immer wieder zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Verkehr geführt. Die Absicht, die Umweltverträglichkeit des Verkehrs zu erhöhen, konnte nur eingeschränkt erreicht werden. Dies gilt auch für das Saarland, wo bisher eine landesweite Strategie zur Verkehrsentwicklung fehlt. Die Einhaltung der Klimaschutzziele der Bundesregierung und die erfolgreiche Umsetzung der Europäischen Umgebungslärmrichtlinie werden ohne eine veränderte Verkehrspolitik jedoch kaum zu erreichen sein. Die zukünf-

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tige Klimaschutz- und Lärmschutzpolitik im Saarland muss Maßnahmen und Instrumente anstoßen, die auf Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung und Effizienzsteigerung setzen. ÖPNV und Pkw im Saarland – eine ungleiche Entwicklung Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) im Saarland findet in den Verlautbarungen aus Politik, Wirtschaft, Verbänden und Institutionen eine breite Unterstützung. Das zuständige Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft des Saarlandes verweist auf den Beitrag des ÖPNV zur Entlastung der Umwelt und zur Reduzierung klimarelevanter Emissionen. Zudem sei ein attraktiver ÖPNV wichtig für Unternehmensansiedlungen, denn diese weichen Standortfaktoren spielt für Unternehmen und ihre Mitarbeitergewinnung zunehmend eine wichtige Rolle. Die Wirklichkeit sieht anders aus: Tatsächlich ist es in den vergangenen Jahren im Saarland nicht gelungen, die Verkehrsleistung der Straßenverkehrsunternehmen spürbar zu verbessern. Die Summe der beförderten Personen in Kraftomnibussen und Straßenbahnen im Saarland verläuft nach Angaben des Statistischen Amtes Saarland von 2004 bis 2008 relativ konstant auf einem Niveau von etwa 95 Millionen pro Jahr (siehe Grafik 1).

Grafik 1

Beförderte Personen der Straßenverkehrsunternehmen im Saarland 2004 - 2008 (Busse und Straßenbahnen) in Mio. 100

94,5

95,8

95,7

95,4

2005

2006

2007

94,6

90

80

70

2004

Quelle: Statistisches Amt Saarland, Statistisches Bundesamt

2008

Arbeitskammer

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Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der im Saarland zugelassenen Pkws von 618.706 auf 651.564 an. Somit gibt es in keinem Bundesland mehr Pkws pro Einwohner als im Saarland (Grafik 2). Gibt es einen Zusammenhang zwischen der stetig steigenden Zahl an Pkws und der stagnierenden Zahl an Nutzern des ÖPNV? Wenn ja, liegt dies an der mangelnden Qualität des ÖPNV, an fehlenden Verbindungen oder an einem überdurchschnittlich guten Straßennetz? Fragen, auf die es keine klaren Antworten gibt, denn im Saarland fehlen verlässliche Zahlen über das Mobilitätsverhalten der Saarländerinnen und Saarländer. Die letzten Zahlen stammen aus dem Jahr 1998. Damals hatte das saarländische Umweltministerium einen besonders hohen Anteil des motorisierten Individualverkehrs und einen gegenüber dem Bundesdurchschnitt nur etwa halb so hohen Anteil des ÖPNV am Verkehrsaufwand im Saarland konstatiert. Verkehrsentwicklung ohne Nahverkehrsplan Es fehlt im Saarland aber nicht nur an aktuellen und belastbaren Zahlen zum Verkehr. Es fehlt auch eine planerische Grundlage für die verkehrliche Entwicklung im Land. Das Gesetz über den Öffentlichen Personennahverkehr

Grafik 2

Pkw-Dichte Saarland - Deutschland 1993 - 2007 Pkw/1.000 Einwohner 700 Deutschland

650

625

Saarland

602

594

600

577 558

550

526

520 500

540

490

501

533

541

550

566

517

468 450 400 350 300

1993

1995

1997

Quelle: Statistisches Amt Saarland

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1999

2001

2003

2005

2007

Arbeitskammer

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im Saarland sieht vor, dass die Aufgabenträger Pläne über die Ordnung der Nahverkehrsbeziehungen und den Bedarf an Nahverkehrsleistungen (Verkehrsentwicklungsplan/Nahverkehrspläne) und über den Bedarf an Nahverkehrsinvestitionen einschließlich der Kosten (ÖPNV-Investitionspläne) für ihr Gebiet aufstellen (ÖPNVG §8). Dieser Verkehrsentwicklungsplan ist nach dem Gesetz alle fünf Jahre zu überprüfen und bei Bedarf fortzuschreiben. Der Investitionsplan ist jährlich fortzuschreiben. Gleichwohl hat die Landesregierung in den vergangenen 10 Jahren den Verkehrsentwicklungsplan nicht fortgeschrieben. Auf diesem übergeordneten Plan aufbauend, sollen dann die Kreise und Kommunen ihre Nahverkehrsplanung durchführen, um zu einem abgestimmten Gesamtangebot im ganzen Land zu kommen. Ohne einen aktuellen Verkehrsentwicklungsplan wird seit 10 Jahren der Nahverkehr im Saarland auf Zuruf geplant und weiterentwickelt. Ein politisches Leitbild, um konkrete Ziele z. B. im Bereich Klimaschutz oder Mobilitätssicherung zu erreichen, gibt es nicht. Folglich fehlt auch ein nachvollziehbares und kontrollierbares Programm zur Stärkung des Nahverkehrs im Saarland. Das bleibt nicht ohne Folgen: Während Städte wie Freiburg bei der Erschließung neuer Stadtteile als Erstes den ÖPNV ausbauen, bevor mit dem Hochbau begonnen werden darf, läuft der saarländische Nahverkehr der Siedlungsentwicklung hinterher. Ein Zustand, den es dringend zu verändern gilt, insbesondere wenn man verstärkt Fahrgäste für den Nahverkehr gewinnen möchte, die nicht unbedingt auf ihn angewiesen sind. Denn ein guter Nahverkehr muss mehr sein als ein Schüler- oder Seniorenverkehr.

Der Tarifverbund im Saarland – ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung Trotz dieser Defizite hat der ÖPNV im Saarland 2005 einen großen Schritt nach vorne gemacht hat. Mit der Gründung des saarVV gibt es einen einheitlichen Tarif für alle Busse und Bahnen im saarländischen Nahverkehr. Es gibt eine zentrale Fahrplanauskunft im Internet und es gibt ein zentrales Kundentelefon zum Ortstarif. Die lange Umsetzungsdauer – immerhin wurde das Gesetz über den Öffentlichen Personennahverkehr schon 1995 verabschiedet – schmälert nicht die Bedeutung des saarVV. Er ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Voraussetzung für einen solchen Tarif war die Umstellung von „Streckentarifen“ auf einen „Wabentarif“.

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Dieser Wechsel von dem alten Streckentarif zum neuen Wabentarif hat in manchen Bereichen jedoch zu einer Verteuerung des ÖPNV geführt. Wer z. B. von Mettlach nach Perl will, muss heute fünf Waben durchfahren – und bezahlen. Obwohl der saarVV bis 2010 pro Jahr mit 5,5 Millionen Euro durch die Landesregierung gefördert wird, sieht er nach eigenen Angaben keine Spielräume, den Zuschnitt der Waben und somit die Fahrpreise kundenfreundlicher zu gestalten. Wichtiger noch als die Frage einer verstärkten Kooperation unter den bestehenden Verkehrsunternehmen ist eine Neuausrichtung des saarVV. Er muss sich für die Kunden im saarländischen ÖPNV zu der zentralen Anlaufstelle entwickeln, ausgestattet mit den dafür notwendigen Finanzmitteln. Trotz saarVV pflegen die einzelnen Verkehrsunternehmen im Saarland bisher ein ausgeprägtes Eigenleben. Der Ausbau der Saarbahn, der Kauf neuer Busse oder die Einrichtung neuer Linien werden immer noch durch die einzelnen Unternehmen vorangetrieben und entsprechend der Öffentlichkeit vorgestellt. Um den ÖPNV im Saarland insgesamt besser zu vermarkten, wäre eine Bündelung dieser Aktivitäten über den saarVV sinnvoll.

ÖPNV im Saarland: Wer finanziert und wer profitiert? Trotz saarVV und dem damit erhofften Zuwachs an Fahrgästen wird es jedoch nicht gelingen, einen kostenneutralen ÖPNV im Saarland zu etablieren. Busse und Bahnen im Nahverkehr gehören zu den Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge und werden auf die Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen sein. Das Saarland verausgabte in den vergangenen Jahren im Durchschnitt rd. 120 Mio. Euro pro Jahr für den ÖPNV im Saarland, wovon der größte Teil Zuweisungen des Bundes sind. Mit diesem Geld wird jedoch nicht nur das laufende Geschäft bezuschusst. Auch der Ausbau der Infrastruktur wie Saarbahn oder Busbahnhöfe, oder die Anschaffung von Saarbahnzügen und Bussen werden mitfinanziert. Eine Gesamtübersicht über die Kosten des saarländischen ÖPNV gibt es jedoch nicht. Niemand im Saarland kann Angaben darüber machen, wie viel Geld über alle Gemeinden und Kreise insgesamt in den ÖPNV fließen. Es gibt auch keine zentrale Stelle beim Land oder in den Kreisen, die eine Aussage über den Umfang des im Saarland erbrachten ÖPNV geben kann. Eine Aufgabe, die gemäß ihrem Auftrag durch die VGS VerkehrsverbundGesellschaft mbH eigentlich erfüllt werden müsste. Auf Grundlage der bisher lückenhaften Informationen stellen sich die Leis­ tung und die Finanzierung im saarländischen Nahverkehr jedoch als sehr uneinheitlich dar. Es gibt Landkreise, wie z. B. der Landkreis St. Wendel, in

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denen flächendeckend in allen Kommunen Gemeinde- bzw. Stadtbuslinien verkehren. In anderen Landkreisen wird das Angebot lediglich für den Schülerverkehr gewährleistet. Auch die Finanzierung des bestehenden Nahverkehrs erfolgt auf sehr unterschiedliche Weise. Eine landesweit einheitliche Umlagefinanzierung für den Nahverkehr gibt es nicht. So kommt es, dass im Regionalverband nur die Städte Saarbrücken und Völklingen Zuschüsse für den Kreisverkehr aufbringen. Alle anderen Kommunen im Regionalverband profitieren vom Kreisverkehr, ohne eigene Finanzmittel aufbringen zu müssen. Andere Städte, wie z. B. Homburg und St. Ingbert, haben in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um ein eigenes Stadtbussystem aufzubauen und zu unterhalten. Diese Unterschiede und die fehlenden Informationsmöglichkeiten machen eine objektive Analyse und Bewertung des Engagements der einzelnen Aufgabenträger für den ÖPNV fast unmöglich. Zu wissen, wo im Saarland ÖPNV angeboten wird, in welcher Qualität und mit welchen Kosten für die öffentliche Hand, gehört jedoch zur notwendigen Grundlage jeder Verkehrsplanung. Dass diese Informationen an keiner Stelle im Land vorliegen, verstärkt den Eindruck, dass der Landesregierung im Bereich des ÖPNV ein klarer politischer Gestaltungswille fehlt. Lohndumping führt zu einem Image- und Qualitätsverlust im ÖPNV Zu einem guten ÖPNV gehören jedoch nicht nur gute Bus- und Bahnverbindungen, intakte Bahnhöfe und attraktive Preise. Die Basis für einen guten ÖPNV bilden gut ausgebildete und fair bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Nahverkehrsunternehmen. Alle Verkehrsunternehmen im Saarland haben in den vergangenen Jahren Tochterunternehmen gegründet und zunehmend Aufträge an Fremdunternehmen vergeben mit der Absicht, geringere Löhne für die gleiche Arbeit zu zahlen. Die dadurch entfachte Lohnspirale nach unten steht im krassen Gegensatz zu einer notwendigen Steigerung der Qualität und Servicebereitschaft im ÖPNV, um neue Fahrgäste zu gewinnen. Mit dem Ende letzten Jahres von ver.di ausgehandelten Tarifvertrag für den saarländischen Nahverkehr gibt es nun erstmals einen einheitlichen Tarifvertrag für die rund 1.000 Beschäftigten in den kommunalen Verkehrsunternehmen. Damit wurde die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die kommunalen Verkehrsunternehmen wieder verstärkt eigenes Personal einstellen und weniger Aufträge an Subunternehmer vergeben. Auch die Einhaltung des im Nahverkehr gültigen Tarifvertrages kann dadurch besser gewährleistet werden.

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Was noch fehlt, ist ein saarländisches Tariftreuegesetz für den ÖPNV, um auch die notwendigen Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen geltendes Tarifrecht zu schaffen. Das Saarland darf den Anschluss in der Großregion nicht verlieren Mit fast 200.000 grenzüberschreitenden Berufspendlern bildet die Großregion den größten grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt innerhalb der Europäischen Union. Mit über 143.000 Einpendlern täglich – in 2008 30,5 Prozent mehr als 2004 – stellt das Großherzogtum Luxemburg einen absoluten Schwerpunkt dar. Auch aus dem Saarland sind die Pendlerzahlen stark steigend, zuletzt täglich über 6.600. Mehr als 93 Prozent der Grenzpendler nutzen den Pkw. Die Folge sind tägliche Staus im Berufsverkehr nach und von Luxemburg, die immer länger werden und sich auf immer größere Zeitspannen des Tages ausdehnen. Es besteht ein breiter Konsens in der Großregion, dass hier dringender Handlungsbedarf vorliegt. So will das Großherzogtum Luxemburg den Anteil des öffentlichen Verkehrs auf 25 % erhöhen. Erste Schritte zu einer Verbesserung des grenzüberschreitenden ÖPNV wurden bereits unternommen. So wird z. B. eine grenzüberschreitende elektronische Fahrplanauskunft im deutsch-luxemburgischen Grenzraum den ÖPNV-Nutzern in Kürze auf den jeweiligen Internetauftritten der Verbundeinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Zudem wurde aufgrund der starken Nachfrage die Schnellbusverbindung zwischen Saarbrücken und Luxemburg weiter ausgebaut. Seit dem 1. März 2009 gibt es täglich 13 direkte Verbindungen in jede Richtung. Außerdem wurde für die Pendler auch ein attraktiver Tarif von aktuell 120 Euro für das Monatsabo geschaffen. Trotz dieser positiv zu bewertenden Fortschritte sind weitere Qualitätsverbesserungen unerlässlich, wenn der ÖPNV tatsächlich wesentlich größere Teile des Pendlerverkehrs im grenzüberschreitenden Verkehr bewältigen soll. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss der Großregion hat hierzu zentrale Empfehlungen ausgesprochen:

 Einführung eines grenzüberschreitenden elektronischen Fahrplan- und Preisinformationssystems, das alle Verkehrsträger umfasst.

 Gestaltung attraktiver und aufeinander abgestimmter Fahrpläne;  Schaffung eines harmonisierten Tarifsystems für die Großregion;  Ganzheitliches Angebot für die Fahrgäste mit einer hohen Anzahl an Verknüpfungspunkten zwischen Bus und Bahn.

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Ein starker ÖPNV für das Saarland – was ist zu tun? Trotz aller Bemühungen ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, den saarländischen ÖPNV in der notwendigen Weise zu stärken. Ein aktiver Klimaschutz durch Land, Kreise und Kommunen, ein aktiver Schutz der Bevölkerung vor verkehrsbedingter Lärmbelastung, eine Verringerung der Verkehrsbelastung in den Innenstädten – all dies wird ohne spürbare Verbesserungen für den ÖPNV im Saarland nicht gelingen. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit stets die hohe Bedeutung des ÖPNV für das Saarland in offiziellen Verlautbarungen unterstrichen. Jedes Jahr fließen rund 120 Mio. Euro allein über den saarländischen Landeshaushalt in den ÖPNV. Trotzdem ist kein klares politisches Leitbild zu erkennen, an dem sich die verkehrliche Entwicklung im Saarland orientieren soll. Aus Sicht der Arbeitskammer muss die Nahverkehrspolitik im Saarland einem kritischen Blick unterzogen werden. Die bisher gepflegte Intransparenz im saarländischen ÖPNV bezogen auf die Zuständigkeiten, die Finanzierung und die Entscheidungskompetenz, muss ein Ende haben. Dazu sind aus Sicht der Arbeitskammer folgende Schritte notwendig:

 Verkehrspoltisches Leitbild für das Saarland

Entwicklung eines verkehrspolitischen Leitbildes durch die Landesregierung, das die Herausforderungen durch den Klima- und Lärmschutz aufgreift. Dazu gehören klare Ziele für die Fortentwicklung des ÖPNV im Saarland.

 Nahverkehrsplan fortschreiben

Aufbauend auf diesem Leitbild muss die längst überfällig Fortschreibung des Nahverkehrsplanes des Landes erfolgen. In der Folge sollten die Landkreise und der Regionalverband ihre Nahverkehrspläne fortschreiben.

 VGS mbH stärken

Die Rolle der VGS mbH muss neu definiert werden. Nach eigenem Bekunden ist sie für die Planung und Fortentwicklung des ÖPNV im Saarland verantwortlich; sie wird dieser Aufgabe bisher jedoch nur in eingeschränkter Weise gerecht.

 saarVV weiterentwickeln

Der saarVV muss sich von einer Tarifgemeinschaft hin zu einem Verkehrsverbund weiterentwickeln. Er muss zu einer zentralen Schnittstelle zwischen den Kunden und den Nahverkehrsunternehmen werden. Dazu gehören auch die Übertragung der dafür notwendigen Kompetenzen und die Bereitstellung entsprechender Finanzmittel.

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 Datengrundlage schaffen

Ohne entsprechende Daten wird eine sinnvolle Entwicklung des ÖPNV im Saarland nicht möglich sein. Das Saarland benötigt dringend aktuelle Daten über den Modal-Split im Land, aber auch in den Kreisen und Gemeinden. Auch die bisher im ÖPNV erbrachten Leistungen in den Kreisen, Kommunen und im Land müssen auf einer einheitlichen Basis dargestellt werden. Die Anzahl der beförderten Personen im ÖPNV – inklusive des Schienennahverkehrs – müssen ebenfalls erfasst und veröffentlicht werden.

 Finanzierung des ÖPNV transparent gestalten

Es bedarf einer transparenten Übersicht über die für den ÖPNV im Saarland erbrachten Finanzmittel – sowohl für die Kommunen, die Kreise wie auch das Land. Eine Aufschlüsselung der Finanzmittel nach ihrem Verwendungszweck ist ebenfalls notwendig.

 Qualität im ÖPNV sichern

Bisher fehlende Standards für zu erbringende Leistungen im ÖPNV müssen durch die Aufgabenträger klar formuliert werden. Dazu ist ein intensiver und gleichberechtigter Austausch mit den Nutzern des ÖPNV notwendig.

 Ende der Kompetenzzuweisung

Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger müssen gemeinsam Verantwortung für den ÖPNV übernehmen. Diese gemeinsame Verantwortung muss nach außen auch in Form eines einheitlichen Ansprechpartners dokumentiert werden.

 ÖPNV über die Landesgrenzen hinaus entwickeln

Die Großregion entwickelt sich immer stärker zu einem gemeinsamen Wirtschafts- und Lebensraum. Dieser Entwicklung muss die zukünftige Entwicklung des ÖPNV Rechnung tragen. Die saarländische Landesregierung muss deshalb die bestehenden Aktivitäten auf Ebene der Großregion zur Fortentwicklung des ÖPNV weiterhin aktiv unterstützen.

 Tariftreuegesetz für den ÖPNV

Um einen fairen Wettbewerb im ÖPNV zu gewährleisten, der nicht zu Lasten der dort Beschäftigten ausgetragen wird, braucht das Saarland ein Tariftreuegesetz, insbesondere auch für den Bereich des ÖPNV.

Verbesserungen durch den saarVV, Verzögerungen beim Ausbau der Saarbahn, Teilerfolge beim Bau neuer Haltepunkte, vergammelte Bahnhöfe – der Nahverkehr im Saarland hat Licht und Schatten gleichermaßen zu bieten. Auch wenn es immer wieder Teilverbesserungen in den vergangenen Jah-

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ren gab, so gelang es bisher im Saarland nicht, in spürbarem Maße Verkehr auf den ÖPNV umzulenken. Das Auto bleibt mit zunehmender Tendenz das Verkehrsmittel Nummer 1. Die saarländische Landesregierung, aber auch die für den ÖPNV zuständigen Kreise und Kommunen, müssen unter Beweis stellen, dass der Anteil des Umweltverbundes aus Bus, Bahn, Fahrrad und Fußverkehr am Gesamtverkehrsaufkommen spürbar erhöht werden kann. Erst wenn diese Trendwende im Saarland erreicht wurde, hat der ÖPNV den Stellenwert, der ihm wirklich zusteht.

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