Titel: (Abgrenzung zwischen Schadenersatz und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsentgelt beim gerichtlichen Vergleich)

FG München, Urteil v. 19.04.2012 – 14 K 1967/09 Titel: (Abgrenzung zwischen Schadenersatz und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsentgelt beim gerichtli...
Author: Justus Schmitt
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FG München, Urteil v. 19.04.2012 – 14 K 1967/09 Titel:

(Abgrenzung zwischen Schadenersatz und umsatzsteuerpflichtigen Leistungsentgelt beim gerichtlichen Vergleich) Normenketten: § 1 Abs 1 Nr 1 UStG 1999 § 89a Abs 2 HGB § 89b HGB § 779 BGB Orientierungsätze: 1. Einigen sich die Parteien eines durch Kündigungen beendeten Handelsvertreterverhältnisses im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs, sind die vom ehemaligen Handelsvertreter vereinnahmten Zahlungen -unabhängig von der Bezeichnung als Schadenersatz- als Gegenleistung im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches zu werten, wenn mit der Vereinbarung einer Abgeltungsklausel ein Anspruchsverzicht auf Gegenleistungsbasis erklärt wird. 2. Dagegen sind die Zahlungen aufgrund des erst fünf Jahre nach beidseitiger Kündigung zustandegekommenen gerichtlichen Vergleichs als nicht umsatzsteuerbarer Schadensersatz zu beurteilen, wenn die Durchsetzbarkeit der zunächst beanspruchten Restprovisionen und des Handelsvertreterausgleichs aufgrund des jahrelangen Prozessverlaufs sehr zweifelhaft erscheint und das Fallenlassen der Verfolgung dieser Anspruchsgrundlagen nachvollziehbar und glaubwürdig ist. Schlagworte: Bemessungsgrundlage, Entgelt, Entschädigung, Gegenleistung, Gerichtsvergleich, Handelsvertreter, Handelsvertreterausgleich, Leistung, Leistungsaustausch, Leistungsentgelt, Provision, Schadensersatz, Steuerbarkeit, Umsatzsteuer, Vergleich, Verzicht Fundstellen: BeckRS 2012, 100141 BeckRS 2015, 95013  

Tenor 1. Unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2003 vom … wird die Umsatzsteuer 2003 auf negativ 1.601,95 EUR herabgesetzt. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand 1 I. Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs Entgelte im Rahmen eines umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausches darstellen. 2

Der verstorbene Ehemann der Klägerin, Herr B, war für die Firma Großhandel in A auf Provisionsbasis als Handelsvertreter tätig. Durch Vertrag vom 15. März 1996 wurde ihm die gesamte Verkaufsleitung übertragen. 3 Nachdem es Ende 1997 zwischen der Firma A und Herrn B zu Reibereien hinsichtlich künftiger Vertragsbedingungen gekommen war, stellte er Ungereimtheiten bei seinen Provisionsabrechnungen fest. Er mahnte daher bei seinem Auftraggeber mehrmals vergeblich diverse Unterlagen wie Kundenlisten und Auftragskopien an, um die Höhe seiner Provisionsansprüche überprüfen zu können. Da die Firma auch auf das anwaltliche Schreiben vom 7. Juli 1998 hin die geforderten Unterlagen nicht übersandte, erhob Herr B am 16. September 1998 beim Landgericht C (Az.: ) Klage gegen die Firma A auf Herausgabe eines Buchungsauszuges gemäß § 87 c Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB). Gleichzeitig wurde beantragt, den Auftraggeber zur Zahlung eines noch zu beziffernden Provisionsanspruchs zu verurteilen. 4 Mit Schriftsatz vom 22. September 1998 kündigte die Firma A sodann den Mitarbeitervertrag vom 15. März 1996 fristlos und untersagte Herrn B weitere Vertretungshandlungen für die Firma zu tätigen. Da dieser die fristlose Kündigung für unwirksam hielt und von einer ordentlichen Kündigung zum nächst möglichen Termin am 31. Januar 2001 ausging, kündigte er seinerseits das Vertragsverhältnis fristlos und machte neben den Restprovisionsansprüchen in Höhe von 122.629,26 DM inkl. USt außergerichtlich einen Schadenersatzanspruch nach § 89a Abs. 2 HGB in Höhe von 234.000 DM sowie einen Handelsvertreterausgleich nach § 89 b HGB in Höhe von 116.000 DM inkl. USt geltend. Gegen diese Ansprüche wurden zahlreiche Einwendungen von der Firma A erhoben, insbesondere hinsichtlich des Bestehens von weiteren Provisionsansprüchen. Insofern behielt die Firma sich ihrerseits vor, mit Provisionsrückforderungen in Höhe von 106.559,51 DM (Bl. 50 d. LG-Akte) aufzurechnen. 5 Nachdem Herr B am verstorben war, führte die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres Ehemanns den Rechtsstreit fort und unterbreitete der Firma A zur einvernehmlichen Erledigung der Streitigkeiten das Angebot, einen Betrag von 350.000 DM zzgl. der Übernahme der Gerichtskosten zu zahlen. Dieses Angebot nahm die Firma A jedoch nicht an. 6 Nach mehrjähriger Prozessdauer hatten die Parteien am 3. Mai 2001 zunächst einen bedingten Vergleich mit folgendem Inhalt geschlossen: 7 „Die Beklagte zahlt an die Klägerin zur Abgeltung sämtlicher Forderungen aus dem streitgegenständlichen Handelsvertretervertrag einen Betrag von 300.000 DM.“ Nachdem dieser Vergleich von der Firma A widerrufen worden war, schlossen die Beteiligten nach der Einvernahme diverser Zeugen zu Einzelheiten der Verprovisionierung schließlich am 10. Januar 2003 folgenden (endgültigen) Vergleich: „ Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin … einen Schadenersatz in Höhe von netto 150.000 EUR 1. … zu bezahlen. Sofern die Beklagte auf den Vergleichsvertrag bis spätestens 31. Januar 2003 insgesamt 100.000 EUR 2. bezahlt hat …, verzichtet die Klägerin auf die restliche Vergleichssumme von 50.000 EUR. Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen 3. Handelsvertretungsverhältnis abgegolten. … .“ 9 Mit Beschluss vom gleichen Tag setzte das Landgericht C den Streitwert für den Vergleich auf 470.000 DM fest. 10 In ihrer für 2003 eingereichten Umsatzsteuererklärung behandelte die Klägerin die zwischenzeitlich vereinnahmten 100.000 EUR als nicht steuerbaren Schadenersatz.

11 Von den Angaben in der Steuererklärung wich das beklagte Finanzamt ab, in dem es in Höhe von 49.760 EUR (inkl. USt) in der „Schadenersatzzahlung“ umsatzsteuerpflichtiges Entgelt für den eingeklagten Handelsvertreterausgleich nach § 89 b HGB sowie die Restprovision erblickte. Die Umsatzsteuer 2003 wurde unter Anerkennung von Vorsteuern in Höhe von 1.601,95 EUR mit Bescheid vom auf 5.261,41 EUR festgesetzt. 12 Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Er wurde mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückgewiesen. Durch den Vergleich seien nicht nur der geltend gemachte Schadenersatz, sondern alle strittigen Ansprüche abgegolten worden. 13 Ihre Klage begründet die Klägerin im Wesentlichen damit, dass man sich im Rahmen der Vergleichsverhandlungen darauf geeinigt hätte, dass die Firma einen Schadenersatz von 150.000 EUR bzw. 100.000 EUR bezahlt und der Handelsvertreterausgleich und die Restprovisionen nicht weiter geltend gemacht werden sollten. Die Entscheidung hierfür sei insbesondere deshalb erfolgt, weil die Handelsvertreterausgleichsberechnung sehr kompliziert sowie mit zahlreichen Einwendungen und folglich mit einem hohen Prozesskostenrisiko behaftet gewesen sei. Ebenso sei die Geltendmachung der Restprovisionsansprüche höchst schwierig gewesen, da zahlreiche Informationen der zustande gekommenen Geschäfte nicht mehr vorgelegen hätten. Der Schadenersatzanspruch sei anhand der Einkünfte aus der Vergangenheit relativ leicht der Höhe nach zu berechnen gewesen. Die Abgeltungsklausel im Vergleich habe auch eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass mit der Zahlung von Schadenersatz weitere Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können. 14 Die Klägerin beantragt sinngemäß, unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids 2003 vom Umsatzsteuer 2003 auf negativ 1.601,95 EUR festzusetzen.

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15 Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen. 16 Es verweist auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, dass aus der vom Landgericht C vorgenommenen Streitwertfestsetzung für den Vergleich in Höhe von 470.000 DM gerade nicht ersichtlich sei, dass durch die Abgeltungsklausel auf die Restprovisionsansprüche sowie den Handelsvertreterausgleichsanspruch verzichtet werden sollte. 17 Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die vorgelegten Akten sowie die mit Beschluss vom zum Verfahren beigezogenen Akten zum Verfahren vor dem Landgericht C, die ausgetauschten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe 18 II. Die Klage ist begründet. 19 Das Finanzamt hat die Zahlung aufgrund des Vergleichs zu Unrecht zum Teil als Gegenleistung im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustausches gewertet. 20 Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr maßgebenden Fassung (UStG) unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Besteuerung einer Lieferung oder sonstigen

Leistung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt einen Leistungsaustausch voraus. Der Leistende muss seine Leistung erkennbar um der Gegenleistung willen erbringen; die Leistung muss auf die Erlangung der Gegenleistung gerichtet ein (vgl. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 30. Januar 1997 V R 133/93, BStBl II 1997, 335; und Urteil vom 26. Oktober 2000 V R 10/00, BFH/NV 2001, 400), es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert bestehen (BFH-Urteil vom 6. Mai 2004 V R 40/02, BStBl II 2004, 854). Dabei muss die Leistung zu einem Verbrauch führen, sie muss einer identifizierbaren Person Vorteile verschaffen, aufgrund deren sie als Verbraucher angesehen werden kann (Urteil des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – vom 18. Dezember 1997, Rs. C-384/95, Slg 1997 I 7387, UVR 1998, 51). 21 Unter Bezugnahme auf diese EuGH-Rechtsprechung hält der BFH Entschädigungen oder Schadenersatzzahlungen nicht für Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn die Zahlung nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern weil der Zahlende nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden einzustehen hat (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1998 V R 58/97, BFH/NV 1999, 987; vgl. auch Urteil vom 16. Januar 2003 V R 36/01, BFH/NV 2003, 667). Demgegenüber hat der BFH den gegen Entgelt erklärten Verzicht auf eine auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage bestehende Rechtsposition als umsatzsteuerbar angesehen (BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 V R 34/03, BStBl II 2007, 67). Von einem umsatzsteuerpflichtigen, zum Leistungsaustausch führenden Anspruchsverzicht gegen Zahlung lässt sich allerdings dann nicht mehr sprechen, wenn die Beendigung vorangegangener Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien feststeht oder sie sich darüber einig sind und sie nur noch der einen oder anderen Seite in Folge der Vertragsauflösung erwachsene Entschädigungs- oder Schadenersatzleistungen festgelegt haben (vgl. BFH-Urteil vom 18. Januar 1990 V R 6/85, BFH/NV 1991, 130). 22 Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung, ob eine bloße Entschädigungs- oder Schadenersatzleistung vorliegt oder von einem im gegenseitigen Austauschverhältnis stehenden Entgelt oder Anspruchsverzicht zu sprechen ist, hängt dabei nicht von der von den Beteiligten gewählten Bezeichnung ab. Ob die Voraussetzungen für einen Leistungsaustausch vorliegen, beurteilt sich vielmehr anhand objektiver Umstände nach umsatzsteuerrechtlichen Maßstäben (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 V R 34/03, BStBl II 2007, 66). 23 Bei Anwendung der oben genannten Grundsätze auf den Streitfall, wertet der Senat die im Streitfall in Rede stehende Zahlung auch nicht in Höhe von 49.760 EUR (inkl. USt) als Entgelt für Restprovisionsansprüche sowie einen Handelsvertreterausgleich nach § 89a Abs. 2 HGB und auch nicht als Entgelt für einen im Rahmen des Vergleichs von der Klägerin erklärten Verzicht. 24 Zum Zeitpunkt des Abschlusses des gerichtlichen Vergleichs waren sich die Klägerin und die Firma A einig, dass das Handelsvertreterverhältnis aufgrund der wechselseitigen Kündigungen nicht mehr bestand. Es war zwischen den Vertragsparteien aber streitig, ob der Klägerin noch Restprovisionen aus dem Mitarbeitervertrag mit der Firma A vom 15. März 1996 zustehen. Sie hatte vor dem Landgericht aus ihrer Sicht noch offene Provisionszahlungen in Höhe von 122.629,26 DM (inkl. USt) eingeklagt und daneben außergerichtlich einen Schadenersatz für entgangenen Gewinn in Höhe von 234.000 DM sowie einen Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89 b HGB in Höhe von 116.000 DM (inkl. USt) geltend gemacht. Demgegenüber hatte die Firma A das Bestehen eines Schadenersatzanspruchs der Klägerin nach § 89a Abs. 2 HGB bestritten (vgl. Schreiben des RA , Bl. 13 d. LG-Akte) und gegen die Geltendmachung der Restprovisionen Einwendungen erhoben, die trotz Erstellung eines Buchungsauszugs über sämtliche Verkaufsgeschäfte und Einvernahme diverser Zeugen nicht beseitigt werden konnten (vgl. B. 145 ff d. LG-Akte). Die Firma A räumte zwar eventuell bestehende Provisionsansprüche in Höhe von netto 41,25 DM für 1997 (vgl. Bl. 29 d. FG-Akte) und netto 9.129,07 DM für 1998 (vgl. Bl. 133 d. LG-Akte) ein, behielt sich aber vor, ihrerseits mit Provisionsrückforderungen in Höhe von 106.559,51 DM aufzurechnen

(vgl. Schreiben RA , LG-Akte Bl. 29 und 38 ff). Darüber hinaus hielt die Firma A entgegen, dass Herr B die von ihm zu erwartende Kundenbetreuung nicht durchgeführt habe mit der Folge, dass zahlreiche Kunden die Firma A aus ihrem Beliefererverzeichnis gestrichen hätten. Herr B habe weder nachhaltig Umsatzsteigerungen erreicht noch die nötigen Gespräche und Abschlüsse mit den Zentraleinkäufern der in Frage kommenden Abnehmer geführt (Bl. 30 d. LG-Akte). 25 Der gerichtliche Vergleich ist zur Vermeidung einer Entscheidung über die unterschiedlichen Rechtsstandpunkte geschlossen worden. Die Zahlungsvereinbarung ist dabei zweifelsfrei Bestandteil des gemäß § 779 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zustande gekommenen Vergleichs geworden, der ein gegenseitiges Nachgeben grundsätzlich impliziert und dessen Sinn es gerade ist, wegen bestehender Uneinigkeit die Höhe und den Rechtsgrund der in den Vergleich einbezogenen einzelnen Ansprüche und damit die Höhe des gegenseitigen Gebens und Nehmens nicht festzuschreiben. Die einem Vergleich immanente Gegenseitigkeit des Nachgebens spricht prinzipiell auch dafür, alle zum Vergleich gehörenden Regelungen als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehend und damit alle geregelten Verbindlichkeiten als Bestandteil eines Leistungsaustausches jedenfalls dann anzusehen, wenn eindeutige Hinweise fehlen, die es ermöglichen, einzelnen Leistungspflichten eine andere Qualifikation zuzuerkennen. 26 Im Streitfall sind eindeutige Hinweise erkennbar, dass die Zahlungsverpflichtung der Firma A nicht im Zusammenhang mit einer Leistung steht. 27 Ein Leistungsaustausch wäre - unabhängig von der Bezeichnung der Zahlung als Schadenersatz gegeben, wenn die Klägerin durch die Vereinbarung der Abgeltungsklausel einen Anspruchsverzicht auf Gegenleistungsbasis erklärt hätte. Dagegen spricht jedoch der Umstand, dass sich die Beteiligten offensichtlich einig waren, dass das Handelsvertreterverhältnis durch die wechselseitig ausgesprochenen Kündigungen nicht mehr bestand, und es nach dem jahrelangen Prozessverlauf sehr zweifelhaft erschien, dass die Klägerin die von ihr beanspruchten Restprovisionen und den Handelsvertreterausgleich hätte durchsetzen können. Insbesondere konnte auch durch den von den Wirtschaftsprüfern erstellten Buchungsauszug und die durchgeführte Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass der Klägerin der Provisionsanspruch annähernd in der von ihr begehrten Höhe zusteht. Auch schien es aufgrund der Einwendungen der Firma A, mangels ordnungsgemäßer Kundenbetreuung durch Herrn B Kunden verloren zu haben und Herr B habe keine nachhaltige Umsatzsteigerung bewirkt, für die Klägerin nach Aktenlage eher aussichtslos, einen Handelsvertreterausgleich nach § 89 b HGB erfolgreich durchzusetzen. Ein solcher setzt nämlich u. a. voraus, dass der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat. 28 Der Senat hält daher die Einlassung der Klägerin, man habe im gerichtlichen Vergleich vom 10. Januar 2003 die Verfolgung des Restprovisionsanspruchs und des Handelsvertreterausgleichs fallen lassen, weil die Ansprüche mit zahlreichen Einwendungen behaftet und deren Berechnung auch sehr kompliziert gewesen sei, für nachvollziehbar und glaubwürdig. 29 Unter diesen Umständen kann nach der Überzeugung des Senats jedoch nicht mehr davon ausgegangen werden, die Klägerin hätte mit dem Vergleich über ihr durch den Mitarbeitervertrag zustehende Rechtspositionen disponiert und dafür einen Teil der Zahlungen erhalten. Vielmehr ist die Vergleichvereinbarung vom 10. Januar 2003 dahin aufzufassen, dass sich die Klägerin, insbesondere unter Berücksichtigung eines eventuellen Provisionsrückforderungsanspruchs der Firma A, in Bezug auf den angeblichen Restprovisionsanspruch und den Handelsvertreterausgleich ins Unvermeidliche gefügt und weitere Forderungen nicht mehr geltend gemacht hat. Durch diese einvernehmliche Regelung hat sie aber

immerhin bewirkt, dass sie den von ihr in Folge der Vertragsauflösung ebenfalls begehrten Schadenersatz ohne weiteres Prozessrisiko erlangt hat. 30 Auch wenn die steuerrechtliche Beurteilung der streitgegenständlichen Zahlung - wie oben dargelegt - nicht von der gewählten Bezeichnung abhängt, spricht jedoch vorliegend darüber hinaus der Umstand, dass anders als im bedingten Vergleich vom 3. Mai 2001 (vgl. Bl. 127 d. LG-Akte), in dem geregelt wurde, dass die Firma A an die Klägerin zur Abgeltung sämtlicher Forderungen aus dem streitgegenständlichen Handelsvertretervertrag einen Betrag von 300.000 DM zahlt, die Beteiligten im Vergleich vom 10. Januar 2003 den Rechtsgrund der Zahlung ausdrücklich festschrieben, in dem sie vereinbarten, dass die Firma Schadenersatz zu leisten hat und eine “Netto“-Summe zahlt, dafür, dass die Geltendmachung der Restprovision und des Handelsvertreterausgleichs fallen gelassen wurde. Ein weiteres Indiz dafür, dass über den Schadenersatzanspruch hinaus die übrigen geltend gemachten Forderungen nicht mit der Zahlung von 100.000 EUR beglichen werden sollten, ist zudem die Tatsache, dass sich die Klägerin letztlich mit der Zahlung einer Summe, unter dem von ihr geforderten Schadenersatz von 234.000 DM (119.642,30 EUR) einverstanden erklärte. 31 Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO). 32 Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und den Vollstreckungsschutz folgt aus den §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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