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TH BE IS B LO OO NG K ST O THE BOOK CONTENT 04-05 VORWORT 06-47 GRAFFITI 09-15 VERNISSAGE & EXHIBITION IM TACHELES 16-21 AFC INTERVIEW & PI...
Author: Wolfgang Acker
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TH BE IS B LO OO NG K ST O

THE

BOOK

CONTENT 04-05

VORWORT

06-47

GRAFFITI

09-15

VERNISSAGE & EXHIBITION IM TACHELES

16-21

AFC INTERVIEW & PIECES

22-31

CATFIGHT GRAFFITI JAM

32-33

MARTHA COOPER TAGTOWN

IMAGES COPYRIGHT // WE B GIRLZ BERLIN

34-39

DESIGN & LAYOUT COPYRIGHT // MAGDALENA PTASZNY

40-47

ALL RIGHTS RESERVED. NO PART OF THIS PUPLICATION

48-77

MAY BE REPRODUCED, STORED IN ANY RETRIEVAL SYSTEM

50-69

CONZERT IM CASSIOPEIA

OR TRANSMITTED, IN ANY MEANS.

58-59

SHORTEE INTERVIEW

64-65

ROXANNE SHANTÉ INTERVIEW

FROM THE PUBLISHER. FOR INFORMATION, CONTACT WE B GIRLZ BERLIN

70-77

GOT SOUL IM BOHANNON

LUCKAUER STRAßE 3, 10969 BERLIN, WWW.B-GIRLZ-BERLIN.COM

74-75

YARAH BRAVO INTERVIEW

PRINTED AND BOUND 2009 IN GERMANY.

78-85

FOTOSHOOT

WE B GIRLZ THE FESTIVAL BOOK COPYRIGHT // MAGDALENA PTASZNY AKA FINESTYLEZ CONZEPT, ILLUSTRATION & DESIGN // MAGDALENA PTASZNY TEXT // BIANCA LUDEWIG, MAIKE SCHRÖDER, NIKA KRAMER, TOBIAS BARENTHIN LINDBLAD

ELECTRONIC, MECHANICAL, PHOTOCOPYING, RECORDING OR OTHERWISE, WITHOUT PRIOR PREMISSION IN WRITING

86-109

BREAKING

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DANCE OFF

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ROKAFELLA HERSTORY B-GIRL VAL & B GIRL ROC INTERVIEW

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WE B GIRLZ AUF DEM BOTY

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BREAKING IM TACHELES

FAITH 47 IN DER ATM GALLERY

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PANELS

MEHR GRAF

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HIP HOP-GIRLZ MEET ALICE SCHWARZER

MUSIC

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WOMEN IN HIP HOP CHANGING THE GAME

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WORKSHOPS 22 WORKSHOPS // EXPOSEE

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COMPILATION SINAYA INTERVIEW & TRACKLIST

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INDEX // GLOSSAR

VORWORT VON NIKA KRAMER

MIT UNTERSTÜTZUNG DURCH DEN HAUPTSTADTKULTURFONDS, DIE BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG, DEN SENAT FÜR WIRTSCHAFT, TECHNOLOGIE UND FRAUEN, DIE DIVIDA STIFTUNG, NIKE UND RED BULL UND VIELER WEITERER SPONSOREN, ORGANISIERTEN WIR UNTER SCHIRMHERRSCHAFT DES AMTIERENDEN BÜRGERMEISTERS KLAUS WOWEREIT EIN 4-WÖCHIGES INTERNATIONALES FESTIVAL FÜR FRAUEN UND MÄDCHEN IM HIPHOP IN VERSCHIEDENEN BERLINER BEZIRKEN, MIT 22 WORKSHOPS, PODIUMSDISKUSSIONEN, EINEM FILM FESTIVAL, AUSSTELLUNGEN, BATTLES, SHOWS, CLUB EVENTS UND KONZERTEN. 04

BEIM WE B*GIRLZ FESTIVAL IN BERLIN KONNTEN ANFÄNGERINNEN DIE VERSCHIEDENEN AUSDRUCKSFORMEN DER HIP HOP KULTUR ERLERNEN, FORTGESCHRITTENE KONNTEN SICH DURCH MASTERCLASSES WEITERBILDEN UND INTERESSIERTE KONNTEN DIE AUFFÜHRUNGEN UND WETTKÄMPFE BESUCHEN UND SICH AN TANZ, MUSIK UND KUNST ERFREUEN. IM RAHMEN DES FESTIVALS ENTSTANDEN AUßERDEM EIN MAGAZIN, EIN BUCH, EINE DVD UND EINE COMPILATION MIT FEMALE MCS. DAS WE B*GIRLZ FESTIVAL WAR DAS BIS DAHIN WELTWEIT GRÖßTE FRAUEN HIP HOP FESTIVAL UND FAND VOM 01. BIS ZUM 30. AUGUST 2008 IN BERLIN STATT.

Ich befand mich bei Martha Cooper in New York – wir waren auf dem Weg zur „B-Girl Be“ in Minneapolis – als ich im Sommer 2007 den Bescheid vom Hauptstadtkulturfond erhielt, dass wir den Zuschlag bekommen hatten. Wir würden die Mittel erhalten, um ein 1-monatiges Festival für Frauen im Hip Hop in Berlin zu organisieren. Marty und ich waren völlig aus dem Häuschen und fingen sofort an, Pläne zu schmieden. Während unserer Arbeit am We B*Girlz Buch hatten wir beschlossen, We B*Girlz zu einer Organisation für Frauen im Hip Hop zu machen. Unser Ziel war und ist es, Frauen im Hip Hop so darzustellen, wie wir sie kennen und nicht wie die Medien sie propagieren. Diese Frauen sind stark, selbstbewusst, diszipliniert und kreativ und haben in der Regel nichts mit den Frauen zu tun, die wir in Hip Hop Musik Videos sehen. Wir möchten Frauen im Hip Hop motivieren, ihre Geschichte zu dokumentieren und zu publizieren, um der einseitigen Präsentation der Medien entgegenzuwirken und wir wollen Veranstaltungen organisieren, die Frauen zusammenbringen und ihnen die Möglichkeit zum Lernen und zum kreativen Austausch bieten. Im Laufe der Jahre sprachen wir immer wieder davon, ein Festival für Frauen im Hip Hop zu organisieren, hatten aber keine Ahnung, wie wir das finanziell realisieren sollten. Im November 2006 lernte ich Sabine Smentek in Berlin kennen und sie machte mir Mut. Sabine ist erfolgreiche Unternehmensberaterin und half mir dabei, Fördergeldanträge zu schreiben und Geld aufzutreiben. Alle unsere vorherigen Projekte hatten Marty und ich ohne

finanzielle Unterstützung realisiert und dabei eigene Mittel eingebracht, was für mich bis an die Existenzgrenze ging. Wir stellten mehrere Anträge, unter anderem beim Hauptstadtkulturfonds in Berlin. Den 95-seitigen Fördergeldantrag zu schreiben, hatte 3 Monate Arbeit in Anspruch genommen. Die Organisation des Festivals dauerte dann noch mal ein ganzes Jahr und die Abrechnung am Ende weitere 3 Monate! Ich bemühte mich, den Großteil des Geldes in den Event selbst zu stecken und nicht zuviel für die Organisation und Verwaltung zu verwenden, aber das bedeutete natürlich, das wir mit Freiwilligen arbeiten mussten. Wir hatten fantastische Praktikantinnen und die Hip Hop Girlz aus Berlin packten alle tatkräftig mit an. Durch den Event lernte ich viele engagierte Frauen und auch Männer in Berlin kennen und schätzen und viele von ihnen arbeiten auch weiterhin eng mit uns zusammen. Ohne die Unterstützung all dieser engagierten Supporter und meiner Freunde hätten wir das Ganze nie geschafft! Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen noch einmal herzlich bedanken! Ihr rockt!!! Ich treffe immer wieder Frauen, die Female Events für überflüssig halten. Sie sind der Meinung, dass man die Hip Hop Kultur als eine gemeinsame Szene nicht in Geschlechter aufspalten sollte. Sie glauben, dass diese Teilung Mädchen nicht stärkt, sondern sie verweichlicht. Wenn ich Frauen treffe, die dieser Meinung sind, dann handelt es sich dabei durchweg um sehr starke Persönlichkeiten –starke Frauen, die genau wissen was sie wollen und die sich durchsetzen können.

Diese Frauen brauchen keine spezielle Förderung. Aber es gibt auch Mädchen, die nicht so stark sind. Mädchen, die von ihren Eltern dazu erzogen wurden, die traditionelle Frauenrolle zu übernehmen, denen eingeimpft wurde, Frauen könnten bestimmte Dinge nicht tun, denen aufgrund kultureller oder religiöser Motivation nie erlaubt wurde, mit Jungen zusammen zu sein, oder auch Mädchen, die einfach nur schüchtern sind oder wenig Selbstbewusstsein haben. Diese Mädchen möchten wir stärken. Für sie möchten wir einen sicheren Raum schaffen, in dem sie sich ausprobieren können, wo sie Sicherheit gewinnen und wachsen können, bevor sie raus in die Szene gehen, wo immer noch die Männer dominieren und besonders im Rap teilweise ein chauvinistischer Umgangston unsichere Mädchen schnell vergraulen kann. Ich bin gerne mit Frauen zusammen und habe großartige Frauenfreundschaften. Ich habe immer gerne mit Evastöchtern zusammengearbeitet und fühle mich sehr wohl bei Frauentreffen und –Veranstaltungen, die ich als befreiend und inspirierend empfinde. Ich halte es für ein Gerücht, dass wir dauernd Zickenterror untereinander haben und das Stutenbeißerei an der Tagesordnung ist. Ich bin nicht der Meinung, dass wir einander nicht unterstützen und dass Eifersucht uns am erfolgreichen Networking hindert. Ich finde wir Netzwerken ganz ausgezeichnet! Ich habe reichlich weiblichen Support erlebt und ich glaube, dass Frauensolidarität uns sehr weit bringen kann.

Ich habe reichlich weiblichen Support erlebt und ich glaube, dass Frauensolidarität uns sehr weit bringen kann. Wir müssen uns zusammentun wenn wir das Bild der BootieShaking Video Tänzerinnen, das in der Öffentlichkeit mit Frauen im Hip Hop assoziiert wird korrigieren wollen. Frauen waren immer Teil der Hip Hop Kultur. Um sicherzugehen, dass ihre Geschichte nicht verloren geht, müssen wir Frauen anfangen die Kultur zu dokumentieren. Wir müssen junge Mädchen ermutigen, sich mit Kameras zu bewaffnen, Film und Foto Editing zu erlernen und zu lernen, wie man mit den Medien kommuniziert, damit ihre Projekte promotet und publiziert werden.

Es macht mich traurig, dass junge Frauen teilweise nichts mit Feminismus zu tun haben wollen. Generationen von Feministinnen vor uns haben gekämpft um uns gleiche Rechte zu erringen, das Wahlrecht, das Recht auf Eigentum, das Recht auf Scheidung. Das Image der Feministin ist in den Augen einiger Frauen immer noch das der hässlichen Axtschwingenden Männerhasserin, die eh keinen Mann abkriegt und deswegen Hormonstörungen hat. Dieses Bild wurde von Männern geprägt! Lasst euch davon nicht einschüchtern Girls! Feministin zu sein bedeutet für mich, aufzustehen für unsere Rechte und das zu erkämpfen, was uns zusteht.

Wenn wir das Bild der Frau im Hip Hop, der populärsten weltweit verbreiteten Jugendkultur verändern wollen, müssen wir nach Positionen streben, die es uns ermöglichen Einfluss darauf zu nehmen, wie Frauen im Hip Hop präsentiert werden. Wir müssen Mädchen und jungen Frauen die interessanten und aufregenden Möglichkeiten aufzeigen, die sie haben. Es ist unsere Aufgabe, die jüngere Generation zu informieren, zu stärken und zu unterstützen, Events zu organisieren, Filme zu zeigen und Plattformen zu schaffen, wo diese Mädchen lernen und sich austauschen können. B-Girls und generell Frauen im Hip Hop sind ein fantastisches Rollenvorbild – es liegt an uns diese Message zu verbreiten!

Wenn Frauen sich also vom Feminismus distanzieren, gibt es mir das Gefühl, wir entwickeln uns zurück und wenn ich unsere extrem sexualisierten jungen Mädchen sehe, habe ich das Gefühl, das noch viel Arbeit vor uns liegt. Weiblichkeit ist nichts negatives, es ist wunderbar eine Frau zu sein. Wir können beides – unsere Weiblichkeit zelebrieren und trotzdem Feministin sein!

Feministische Arbeit ist wichtiger denn jeh, in Zeiten, wo ich von jungen Frauen höre: „Wozu brauchen wir Feminismus, es ist doch alles OK?“

Also Girlz, machen wir uns an die Arbeit es gibt noch viel zu tun! PEACE & LOVE! NIKA

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GRAFFITI »HIP HOP LADIES WITH ATTITUDE« EINE AUSSTELLUNG ZUR GESCHICHTE DER FRAU IM HIP HOP IM ALLGEMEINEN UND ZU FRAUEN IM BEREICH DER AEROSOL ART IM BESONDEREN. SEIT DEN FRÜHEN TAGEN DES HIPHOP WAREN FRAUEN IN ALLEN BEREICHEN AN DER ENTSTEHUNG DER KULTUR BETEILIGT. ES GAB FRAUEN IM BREAKDANCE, IM GRAFFITI, AM PLATTENTELLER, HINTER DEM MIKROPHON ODER HINTER DEN KULISSEN. In Zusammenarbeit mit Jeanette Petri aus Paris vom Anattitude Magazin und F Lady aus Rotterdam vom Catfight Magazin organisirten We B Girlz die Ausstellung „Hip Hop Ladies with Attitude“ im Rahmen des Festivals. 08

Die Ausstellung wurde mit einer Vernissage am 22.08.08 eröffnet und fand bis zum 31.08.08 im Tacheles statt. Jeannette Petri, bekannte Hip Hop Rechercheurin, dokumentierte in der Ausstellung die Geschichte der Frau im Hip Hop von 1974 – 2000. Anhand einer Zeitreise visualisierte sie, welchen Einfluss Frauen im Hip Hop in den letzten 30 Jahren auf die Entwicklung von Rap, Graffiti, Breakdance und DJing sowie Mode, Foto und Film hatten. F.Lady aus Holland präsentierte neben ihrer Graffiti Timeline ihr internationales Netzwerk von Aerosol- und Streetart Künstlerinnen anhand ihrer Porträts, die sie von 24 herausragenden Künstlerinnen aus aller Welt im Siebdruckverfahren erstellt hat.

Im Rahmen der Ausstellung wurde zudem eine Retrospektive der New Yorker Fotojournalistin Martha Cooper gezeigt. Seit Ende der 70er Jahre dokumentiert Martha Cooper mit ihrer Kamera nicht nur die Entwicklung der Hip Hop Kultur, sondern bereist mit ihrer Kamera die Welt und porträtiert ihre Wahlheimat New York. Mit über 300 Aufnahmen gab die Werk-Schau Einblicke in 50 Jahre ihres Schaffens. Martha Cooper stellte außerdem am 28. August, im Rahmen der Graffiti Jam ihr neues Buch „Tag Town“ vor. Die Ausstellung wurde mit einer Vernissage am 22.08 eröffnet. Bei dieser Veranstaltung trugen verschiedene weibliche MCs, DJs und BGirls zur Unterhaltung der Gäste bei. Im Laufe der Ausstellungswoche gab es Workshops von Aerosol Art Künstlerinnen, z.B von MAD C und JOLIE. Am 28.08.2008 organisierten WE B Girlz eine Graffiti Jam, bei der Künstlerinnen malen und sich in einem Stylewettbewerb messen konnten. 25 internationale Graffiti

Graffiti Künstlerinnen wurden von We B*Girlz, Catfight Magazine und Anattitude Magazine eingeladen, ihr Können zu zeigen. Neben den Profis waren aber auch Amateurinnen willkommen, um beim Jazzstylecorner Graffiti Style Battle mitzumachen und sich in diesem Wettbewerb zu messen. Während der 10tägigen Ausstellung im Tacheles wurde die Galerie zur Bücherei, zum »Hangout« und zur multimedialen Infozentrale des Festivals..

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Die Besucher/innen können bei Kaffee und Kuchen zu Klängen von Mixtapes internationaler weiblicher DJs in Büchern und Magazinen zum Thema »Frau im Hip Hop« stöbern, sich mit Kopfhörern an einem der CD Player die verschiedenen musikalischen Errungenschaften von Frauen im HipHop anhören oder sich Musikvideos zum Thema ansehen. Die Galerie wurde zu einem Treffpunkt für die Teilnehmerinnen und BesucherInnen des Festivals und regte an zum Austausch und Networking.

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Plakat „Hip Hop Ladies with attitude“

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Mixtape Corner Tacheles Impression Der Kandie Shop Ausgelegte Printmedien

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Ausstellung Fotos Martha Cooper Ausstellung Siebdrucke von F Lady Timeline von Jeanette Timeline von Jeanette Höhrprobe Timeline

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F Lady Prints Siebdruck

AFC CREW INTERVIEW BIANCA LUDEWIG

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DIE ALTONA FEMALE CREW AUS HAMBURG GEHÖRT ZU DEN WENIGEN ALL-FEMALE-CREWS DIESES LANDES, JA DER WELT. WÄHREND DIE GRÜNDERINNEN DER CREW ALLE AUS ALTONA KAMEN, WAREN SPÄTER AUCH FRAUEN AUS ANDEREN TEILEN DER STADT ODER AUS DER SCHWEIZ VERTRETEN. 2009 SIND AFC DIE HAMBURGERINNEN WAVE, REAM, FLASH UND FANY WÄHREND MICKEY UND FLADY AUS HOLLAND KOMMEN, WO GRAFFITI EINE LANGE TRADITION HAT. AFC STEHT DESHALB INZWISCHEN MEIST FÜR ALL FEMALE CREW. DAS PASST WIE DIE FAUST AUFS AUGE.

WANN UND WARUM HABT IHR ANGEFANGEN ZU MALEN UND WIE HABT IHR EUCH KENNEN GELERNT? FANY Ich hab 1998 angefangen. Mit 14 fing ich an ein wenig rumzutaggen - schon damals war ich in einer Frauencrew – jedoch konnte man das noch nicht so ernst nehmen. Mich hat vor allem der künstlerische Aspekt interessiert, da ich mich schon immer für Kunst interessiert habe, mit sechs wollte ich schon Künstlerin werden – das war mein Traumberuf. Und Graffiti war dann für mich ein guter Einstieg, da man mit Gleichaltrigen und Gleichgesinnten kreativ sein konnte. Draußen tätig zu sein war mir auch wichtig, denn ich wollte nicht nur in meiner Wohnung sitzen und Leinwände malen. Mit vielen gemeinsame Aktionen zu planen und es dann auch umzusetzen hat mich gereizt. Als ich zu AFC kam, war ich schon einige Jahre aktiv. WAVE und ich hatten dann von einander gehört, da es ja nicht so viele Frauen gab. Wir haben dann ein Treffen arrangiert und blieben in Kontakt, haben uns immer besser kennen gelernt. Durch sie habe ich dann auch die anderen Mädels getroffen. FLASH Ich bin erst mit 19 nach Hamburg gezogen. Davor ging in meiner Gegend graffitimäßig gar nichts. Ich habe aber schon damals angefangen mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das ging so mit 16 bei mir los. Meine Schwester wohnte in Hamburg und hatte einen Freund der gemalt hat und sie hat mich dann mit Fotos und Büchern versorgt.

Ich habe dann angefangen Charakter und Namen zu malen, aber es war alles noch nicht so das Wahre. Man konnte sich damals mit niemanden darüber austauschen. Nach der Schule bin ich wegen der Ausbildung nach Hamburg gezogen und habe in der Berufsschule REAM kennen gelernt. Wir sind einander durch unsere Sneaker aufgefallen… Man kombinierte dann gleich, dass die andere wohl auch HipHop hört und ganz gut drauf sein muss. REAM hat auch im Unterricht gesketcht und ich habe sie dann angesprochen. Es gab in unserem Umfeld Leute von denen ich lernen konnte. FANY war auch auf der gleichen Berufsschule wie wir, aber da war der Kontakt noch nicht so intensiv, das kam dann erst später. Die Anderen habe ich dann durch REAM kennen gelernt. Durch sie hatte ich generell einen relativ einfachen Einstieg. Die ersten Jahre ging es eher langsam los, weil mir das Selbstvertrauen noch fehlte. REAM 1996 sind ein paar Neue bei mir in die Klasse gekommen, die waren sitzen geblieben und die haben immer gesketcht. Da ich auch gerne gezeichnet habe, wollte ich herausfinden, was die da machen. Die Jungs hatten es richtig drauf. Ich war davon geflasht. Und weil es im Unterricht oft langweilig war, hab ich dann auch angefangen zu kritzeln.

Ich hab mich da dann durchgeschlagen und bin bis heute dabei geblieben. Ich fands einfach extrem cool. Ab 1999 haben wir dann so richtig an der Wand losgelegt, da kam dann vieles zusammen. WEAVE Bei mir gings zur gleichen Zeit los und war auch schulabhängig, ich hing auch mit Jungs rum, die gezeichnet und gesprüht haben. Die Jungs waren hiphopmäßig unterwegs und haben auch getanzt und gescratcht. Wir waren zehn Mädels und fanden es toll, wollten das auch machen. Wir haben alle zusammen angefangen zu zeichnen und haben auch zusammen unsere ersten Pieces gemalt. Auch noch ein paar Throw-Ups, aber dann ist das irgendwie eingeschlafen und wir haben uns auseinander gelebt. Von denen hat schlussendlich keine weiter gemacht. Ich kam 1999 zu REAM in die Klasse und da haben die Mädels gezeichnet und ich habe auch wieder angefangen. Hat auch ganz gut geklappt und der Austausch hat motiviert. REAM und ich haben ja auch im gleichen Viertel gewohnt… Dann ging es Schlag auf Schlag. Wir Mädels saßen viel zusammen und haben gezeichnet und irgendwann wussten wir: jetzt müssen wir raus gehen. Am Anfang hat mich ganz klar der Ehrgeiz vorangetrieben, dass ich es besser machen wollte. Später hat man es einfach gemacht und geliebt.

MICKEY, DU MALST JA SCHON SEHR LANGE, WIE IST BEI DIR ALLES LOSGEGANGEN? MICKEY Ich male seit 1983. Als ich zehn Jahre alt war, ist mir Graffiti zum ersten Mal aufgefallen. In Groningen gab es damals hauptsächlich Graffiti von Fußball-Hooligans, die Namen waren auf holländisch und ich fand sie echt mysteriös und stark. Die meisten hatten alle ein „X“ dabei und das klang dadurch sehr hart und sie schrieben auch alle ihre Jahreszahlen dazu, wie Pinox 82. Ich kam dann auch nach Den Haag und da gab es genau solche Arten von Graffiti. Ich konnte das lesen und fand es richtig geil. 1983, als ich dreizehn war, versuchte ich es selber. Ich hatte ein Cross-Fahrrad bekommen, das ich blau sprühte und dann hatte ich eine Sprühdose übrig, die ich für meine ersten Tags benutzte. Davor hatte ich auch schon mit Markern ein bisschen in der Stadt gescribbelt, aber die Sprühdose war eine neue Erfahrung. Es gab ja damals nur Rundfunk und Fernsehen, im Fernsehen sah ich dann auch zum ersten Mal New York Graffiti und dachte: Wow, es kann noch besser, größer und farbiger werden. Dann suchte ich natürlich nach allem was damit zu tun hatte, nahm alle Graffiti Bücher aus den Bibliotheken mit. Ein Freund meiner Eltern fuhr oft nach New York und brachte mir Fotos von Subways mit. Ich und meine Freunde pionierten hier in Holland und Style Wars sorgte dann dafür, dass wir stilistisch auf eine Linie kamen.

WIE KAM ES DANN ZUR GRÜNDUNG VON AFC? UND WIESO EINE FRAUEN-CREW? REAM Die Gründung selbst war eher unspektakulär. Wir hatten Fünf-Minuten-Pause und haben uns dann 1996 auf AFC, Altona Female Crew, geeinigt. Vorher hatten wir schon AMT gemalt: „Auch Mädchen Taggen“, aber damit waren wir nicht wirklich zufrieden. Wir sind Frauen und wir kommen aus Altona. Damit sagen wir nicht zuviel und nicht zuwenig - und stellen uns damit auch nicht auf so ein blödes Podest. Wir sind zwar von den Jungs akzeptiert worden, aber so richtig ernst genommen wurden wir auch nicht. Eher belächelt. Von daher waren wir darauf angewiesen, auch ohne Jungs stark genug zu sein. Deshalb haben wir dann aber auch gesagt: gut dann richtig und zwar ohne Typen! Im Laufe der Jahre gab es dann immer wieder nette Anfragen von Jungs, die super gerne bei AFC sein wollten, aber das haben wir dann auch abgebloggt. WAVE ist ja viel rumgekommen und hat viele Kontakte, weshalb auch Frauen dabei sind, die nicht aus Altona oder Deutschland kommen. Das „A“ ist dann mit der Zeit flexibel geworden und steht jetzt auch für „All“ oder „Around“. FLASH Ich bin erst spät dazu gekommen. Aber ich finde es grundsätzlich wichtig, dass Frauen auch was zusammen machen. Denn Frauen sind in der Graffiti Szene immer noch ein schwieriges Thema. Der Spruch: „für eine Frau ganz gut“ ist immer noch Standard.

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Und auch wenn es manchmal Zickenterror gibt, verstehen sich Frauen untereinander immer noch am besten in ihrem Frausein. Ich bin sehr stolz darauf in der AFC-Crew zu sein. FANY Als ich damals in die Crew gekommen bin, fand ich es megageil: Frauen und Graffiti. Aber ich kann auch nicht sagen, dass es für mich besser ist in einer Frauencrew als in einer Männercrew zu sein, beides hat seine Vorund Nachteile.

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Ich bin ja auch in beiden Arten von Crews. Frauen untereinander respektieren sich vielleicht mehr. In einer Crew, vorwiegend mit Männern, habe ich oft das Gefühl, dass man nicht immer auf Augenhöhe ist, was bei einer Frauencrew schon der Fall ist. WAS GAB ES FÜR PERSONALE VERÄNDERUNGEN SEIT DER GRÜNDUNG? REAM Aus den Anfangszeit sind nur noch WAVE und ich in der Crew. Damals waren noch VENUS und SHIVA mit dabei. Dann SOMA aus der Schweiz. Die haben Graffiti komplett verlassen. Dann sind immer wieder welche nachgekommen. Unsere Höchstzahl war mal acht und jetzt sind wir sechs. WIE BIST DU DAZU GEKOMMEN DICH AFC, EINER ALL-FEMALE-CREW ANZUSCHLIEßEN? MICKEY Ich hatte WAVE irgendwann getroffen und wir haben uns sehr gut verstanden. Ich habe dann gesehen, dass sie auch immer AFC gemalt hat… Da ich so eine lange Graffiti-Geschichte habe, wollte ich sie nicht selbst fragen, ob ich mitmachen kann.

Ich war schon in so vielen Crews: TFP, TMB, KNC, 2HT, HC, TSF, SMD - und AFC war ja auch ihr Ding und ihre Freundinnen. Ich kam dann einfach dazu, wenn ich in Hamburg war. Wie ich später erfahren habe, wollten mich die Mädels ja fragen, aber hatten auch Hemmungen - eben weil ich eine so lange Geschichte habe. Deshalb hat es drei Jahre gedauert. Wir malten also eines Tages ein Bild und dann hat sie mich gefragt und ich habe gleich „ja“ gesagt. Ich finde es einfach schön, denn das habe ich noch nie gehabt, dass ich nur so mit Frauen male und rumhänge. Es ist toll! Ich komme gerne nach Hamburg um WAVE zu besuchen und seit wir beide Kinder haben, ist es extra-gemütlich. Ich habe auch nicht so viele Freundinnen - und Freundinnen mit Kindern habe ich fast keine. Denn ich war immer ein bisschen abgeschreckt von Frauen, weil die immer so kompliziert sind. Deshalb fand ich ja Graffiti und Hip Hop auch toll, weil ich dann nichts mit Frauen zu tun haben musste. Jungens streiten und vertragen sich. Wenn es bei Frauen Beef gibt, wird es nie wieder richtig gut, nie wieder so wie es mal war. Das habe ich schon sehr früh in meinem Leben mitbekommen. Aber jetzt sind wir erwachsen und haben vielleicht eine Chance. IHR HABT JA GRADE AUF DEM WE B*GIRLZ FESTIVAL GEMALT, WIE STEHT IHR ZU SOLCHEN VERANSTALTUNGEN VON FRAUEN FÜR FRAUEN?

FANY Finde ich gut! Vor allem um zu zeigen, dass Frauen auch was drauf haben. Auch um sich mal im Vordergrund zu sehen. Es ist ja Fakt, dass es mehr Männer gibt die malen und somit auch mehr Männer, die gut darin sind. Man sollte Frauen deshalb mehr pushen, damit klar wird, dass sie es genauso können, dass es für sie auch eine Option sein kann und dass es kein reines Männerhobby ist. FLASH Die vermeintliche „Männerdomäne“ wird durch solche Veranstaltungen etwas aufgebrochen, das finde ich gut. Man realisiert, dass man nicht allein ist. Man trifft andere Frauen und kann Kontakte knüpfen und sieht, dass es viel mehr Frauen in diesem Bereich gibt als man denkt. WAR DAS FRAUSEIN IM HIP HOP DAMALS ANDERS ALS HEUTE? MICKEY Ich habe nicht einmal darüber nachgedacht, welches Geschlecht ich habe. Ich machte Graffiti und ich machte Hip Hop und es war völlig egal. Ich war auch nie ein Mädchen-Mädchen gewesen, sondern eher ein Tomboy. Ich bin erst äußerlich weiblicher geworden, nachdem ich mein Kind bekommen habe. Das war 2006, ich habe etwas gewartet, bis ich selber erwachsen war, denn durch Hip Hop blieb man lange jung. Aber natürlich hatte man immer eine Art Sonderposition, wenn man ein Mädchen war, denn auch damals gab es weniger Mädchen als Jungs.

Aber das war auch nicht schlimm, das war ganz normal. Diesen Sexismus denn es jetzt im Hip Hop gibt, den gab es damals nicht. In den Rapsongs waren die Frauen Ladies oder Fly-Girls. Ice T oder 2 Live Crew waren da wirklich die Ausnahme, wenn sie eine Frau „Hoe“ nannten. Damals konnten es die Frauen im Hip Hop genauso weit bringen wie die Männer. Damals fand der Sexismus auf einer persönlichen Ebene statt, heute ist er öffentlich und salonfähig. Fast alle Mainstream-Rapvideoclips verbreiten heute sexistische Inhalte. Die Frauen dürfen da nur tanzen und müssen ihren Mund halten, das finde ich eine total schlechte Entwicklung. Gerade deshalb finde ich es so wichtig, dass es solche Events wie das We B*Girlz Festival gibt, wo die seriösen Frauen im Hip Hop zusammenkommen und ihre Kraft zeigen. Ich sehe das als eine Art Gegenbewegung zum Mainstream-Sexismus im Hip Hop. GLAUBT IHR, DASS FRAUEN AUCH EINEN EIGENEN ASPEKT ODER VIBE IN DIE SZENE MIT EINBRINGEN ODER IST MAN DA GESCHLECHTSLOS? FANY Ja definitiv steuern wir etwas bei. Es gibt viele Mädels in der Szene die schon einiges gerissen haben, wir gehören nun mal einfach dazu. Ich finde es auch sehr wichtig grade im Graffiti auch als Frau behandelt zu werden. Ich will wie eine Lady behandelt, aber auch in Sachen malen respektiert werden. Ich finde es wichtig krasse Aktionen zu bringen, aber hab auch nix dagegen, wenn man mir die Tür aufhält. Manchmal kommt es mir vor als wenn ich zwei Persönlichkeiten hätte...

FLASH Frauen haben im Graffiti einen gewissen Einfluss und der muss nicht immer rosa und Blümchen sein. Es ist eher selten in der Szene, dass z.B. gesellschaftskritische Themen aufgegriffen und als Konzept an die Wand gebracht werden. Ich distanziere mich von der Unterstellung, dass Frauen eher seichte und leichte „Graffitikunst“ betreiben. Das musste dringend gesagt werden. HAT SICH IN DER AKZEPTANZ ETWAS ZUM POSITIVEN VERÄNDERT? WAVE Ich glaube, die Akzeptanz im Graffiti den Frauen gegenüber ist größer geworden. Es muss heute leichter sein, als noch vor zehn Jahren, denn wir haben ja auch dafür gekämpft. Wir wurden null unterstützt – das Gegenteil war der Fall, wir wurden beleidigt – meist auf sexistische Weise und gecrosst. Deshalb haben wir gesagt: Scheiß drauf, wir haben unsere Liebe und ziehen das alleine durch. Mir hat das natürlich schon wehgetan. Es wäre für uns leichter und schöner gewesen, wenn es auch mal nette Worte gegeben hätte. Im nach hinein sind wir dadurch aber auch die toughen Writerinnen geworden, die wir heute sind. WAS IST MIT NACHWUCHS FÜR EURE CREW? WAVE Das sieht grad ziemlich schlecht aus. Es gibt keine. Wir sind auch ein bisschen wählerisch: wir wollen keine Mädchen die beim Malen ihren Schminkkoffer rausholen. Wie REAM schon gesagt hat, da fehlt vielleicht auch die Offenheit. Aber die meisten Graff-Frauen die ich traf, habe ich auch lieben gelernt.

REAM FLASH ist ja unser Nachwuchs, wenn man so will. Sie ist erst seit vier Jahren dabei, hat sich da richtig hinter geklemmt und hat seitdem eine Wahnsinns-Entwicklung hingelegt. Das gibt es einfach nicht so häufig. Zu zwölfjährigen Mädchen die man mal auf den richtigen Weg schicken könnte, habe ich auch überhaupt keinen Kontakt… Ich bin auch nicht der Workshop-Typ, da fehlt mir die Geduld. In der Zeit male ich lieber selbst. IHR HABT JA IM VORFELD SCHON ANGEDEUTET, IHR WÄRET KEINE EMANZEN, ABER ICH SEHE HIER EMANZIPIERTE FRAUEN VOR MIR, GEGEN WELCHE KLISCHEES WEHRT IHR EUCH? WARUM BEWERTET IHR DAS NEGATIV? REAM Diese Diskussionen darum gehen mir auf die Nerven, weil es in meiner Welt keine Rolle spielt, ob ich eine Frau bin oder nicht. Ich weiß wohl, dass es gesellschaftlich ein Problem ist, aber es fällt mir schwer mich ernsthaft damit auseinander zu setzten. Ich will nicht wahrhaben, dass es ein Thema sei muss. WAVE Innerhalb von Graffiti, unserer Domäne, sind wir emanzipiert - keine Frage. Über den herrschenden Sexismus besteht kein Zweifel. Aber wir wissen damit umzugehen und es im Zweifelsfall auch auszunutzen.

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Micky von AFC Flash von AFC Wave von AFC Fany & AFC in Aktion AFC Piece von Micky, Flash, Fany & Wave

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Das Tacheles Gelände Girlz in Aktion während des Festivals

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Sprühdosen Impression Atmosphäre am Tacheles Atmosphäre am Tacheles Faith 47 in Aktion Entstehung eines Pieces

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Momentaufnahme am Tacheles Interessiertes Publikum beim Stylebattle Teilnehmerin des Stylebattles

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Stylebattle, Teilnehmerin Stylebattle, Auswertungstafel Stylebattle, Publikum Sprayerin bei der Disziplin „Verbundene Augen“

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PSF 4EVER Skizze PSF 4EVER Umsetzung der Skizze Atmosphäre am Tacheles Atmosphäre am Tacheles

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MARTHA COOPER´S TAG TOWN TEXT TOBIAS BARENTHIN LINDBLAD VOR 30 JAHREN ENTSCHIED SICH EINE NEW YORKER FOTOGRAFIN, DIE WELT DER TAGS ZU ERKUNDEN. ALS MARTHA COOPER GRAFFITI AUF DEN UBAHNZÜGEN FOTOGRAFIERTE, TEILTE SIE ZUERST DIE ALLGEMEINE ANSICHT, DIE GROßEN PIECES WÄREN KUNST, DAS SCHREIBEN VON TAGS ABER NUR EIN AKT VON VANDALISMUS.

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ALS SIE VERSTAND, DASS TAGS NAMEN SIND, ÄNDERTE SIE IHRE MEINUNG. SIE BEGANN DIE MAUERN IHRER NACHBARSCHAFT IN WASHINGTON HEIGHTS ZU ERKUNDEN. DORT LEBTEN VIELE DER WRITER DER ERSTEN STUNDE UND DIE WÄNDE WAREN WIE EIN ARCHIV. MARTHA ENTSCHIED SICH, DIE FRÜHEN TAGS ZU DOKUMENTIEREN, BEVOR DIESE VERSCHWANDEN UND BEGANN IN UNTERFÜHRUGEN, AUF WÄNDEN, BRÜCKEN UND U-BAHNEINGÄNGEN NACH ALTEN TAGS ZU SUCHEN. ZWISCHEN 1981 UND 1982 LEGTE SIE EINE BEEINDRUCKENDE SAMMLUNG VON 500 FOTOS DER FRÜHEN TAGS DER 60ER UND 70ER JAHRE AN. Die Fotos ruhten unbeachtet in Marthas Archiv, bis ich sie 2004 bei einem Besuch entdeckte. Als ich im Januar 2007 nach New York zurückehrte, entschieden Martha und ich, ein Buch daraus zu machen. Nach einem Jahr voller Blut, Schweiß und Tränen war Tag Town fertig. Das Buch belegt, dass die Geschichte der Tags in New York älter ist, als die meisten annehmen.

Der älteste Tag im Buch ist auf 1963 datiert und etliche stammen aus 1964. Wahrscheinlich handelt es sich hier nur um lokale Signaturen, die aber durchaus als stylische Tags durchgehen. Das Buch nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die späten 60er, als die Tags noch mit dem Pinsel gemalt wurden, bis in die frühen 70er, hin zur Entwicklung der Styles. Namen, Formen und Designs, Details und Techniken werden in mehr als 200 Fotos dargestellt. Die letzten beiden Kapitel dokumentieren die Entwicklung der Tags, von einfachen Signature Pieces (Tags mit Outline) bis Bubble Letters und Wildstyle und der Geburtsstunde von Streetart wie wir sie heute kennen – sowohl Jean-Michel Basquiat als Keith Haring sind vertreten.

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Die Fotos werden ergänzt durch vier New Yorker Zeitungsartikel. David McClellands Vergleich aus dem Jahr 1975 zwischen den Tags auf der 1-Line and den Signaturen der Könige aus dem Mittelalter ist der ultimative „Kalligraphie und Tags“ Artikel. Für mich als Writer und Editor von Tag Town ist es faszinierend zu sehen, wie ähnlich die Styles der Tags von vor 40 Jahren den Toy Tags von heute sind. Diese Schrift ist eine universelle Sprache!

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Portrait von Martha Cooper Martha Cooper signiert Bücher Tagtown Book Release

AUSSTELLUNG FAITH 47 ATM GALLERY, BERLIN DIE SÜDAFRIKANISCHE WRITERIN FAITH47 THEMATISIERT IN IHREN WERKEN „THE RESTLESS DEBT OF THIRD WORLD BEAUTY“ [DIE RASTLOSE SCHULD DER SCHÖNHEIT DER DRITTEN WELT] IHRE GANZ PERSÖNLICHE ERFORSCHUNG EINER SÜDAFRIKANISCHEN LANDSCHAFT, IN DER STÄRKE UND SCHÖNHEIT HÄRTE UND VERNACHLÄSSIGUNG GEGENÜBERSTEHEN. Südafrika ist geografisch immer noch klar nach Begriffen wie Klasse und Rasse unterteilt. Menschen leben innerhalb ihrer jeweiligen Gemeinschaft ohne jemals über deren Grenzen hinaus Erfahrungen zu sammeln oder gar aufeinander einzuwirken. Man distanziert sich von Menschen und Orten, die sich einem nicht auf Anhieb erschließen.

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Sie existieren einfach nicht. Das ist nicht nur spezifisch für Südafrika, sondern bezieht sich auf unsere gesamte Welt. Sowohl die Dritte Welt als auch die der Frau sind in der Vergangenheit unterdrückt und vergewaltigt worden – so FAITH47 – nichtsdestotrotz bestechen beide durch ihre kraftvolle Unverwüstlichkeit und bilden ein Rückgrat der Stärke in unserer Gesellschaft. Für FAITH47 sind die Stimmen dieser Welten in den Medien durch einen stark westlich-männlichen Starrblick zum Schweigen gebracht worden und nicht nur in Südafrika resultieren daraus Frustration und Widerstand.

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Der Ausstellungsraum Die Vernissage im ATM

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Die rastlose Schuld dieser Situation ist es, auf die FAITH47 blickt – die Belastbarkeit und Stärke – die wütende Stille, die stummen Schreie – das kleine bisschen bescheidene und kugelsichere in einer gewaltsamen Welt. ATM freute sich, erstmalig in Deutschland in „THE RESTLESS DEBT OF THIRD WORLD BEAUTY“ über 20 Arbeiten von FAITH47 im Rhamen des We B*Girlz Festivals zeigen zu dürfen. Neben neuesten Drucken und Paste Ups zählen die Fotografien ihrer Arbeiten aus den südafrikanischen Townships zu den beeindruckendsten Werken unserer Zeit.

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Illustration von Faith 47 Fenster Gestaltung Der Ausstellungsraum Illustration von Faith 47 Portrait von Faith 47 Ausstellungsbesucher Die Vernissage

FAITH 47 TEXT BIANCA LUDEWIG

FAITH 47 AUS KAPSTADT MALT LEGAL UND ILLEGAL. SEIT FÜNFZEHN JAHREN IST SIE WRITERIN, SEIT ZEHN JAHREN MUTTER. FAITH 47 MACHT AUCH GRAFIK UND ILLUSTRATION UND WENN SIE WOLLTE, HÄTTE SIE SICH AUF COMPUTER UND GALERIE BESCHRÄNKEN, DIE STRAßE ALS ROMANTISCHE JUGENDERINNERUNG VERWAHREN KÖNNEN. DAS GEGENTEIL IST DER FALL. SIE VERARBEITET IN IHREN BILDERN AUCH DEN ALLTAG SÜDAFRIKAS. DENN RASSISMUS, SEXISMUS, GEWALT, KORRUPTION, FREMDENFEINDLICHKEIT UND DAS SPANNUNGSFELD ZWISCHEN ARM UND REICH PRÄGEN LAND UND LEUTE. 38

DIESE PROBLEMATIKEN SIND NICHT AFRIKASPEZIFISCH, SONDERN CHARAKTERISTISCH FÜR UNSERE WELT UND DIE MENSCHEN DIE IN IHR LEBEN. DIESE DEFIZITE SIND IN IHRER HEIMAT NUR OFFENER UND SICHTBARER, BISWEILEN EXTREMER. EBENSO SPRICHT DIE STÄRKE UND SCHÖNHEIT SÜDAFRIKAS DURCH IHRE BILDER. IN IHREM PROJEKT „THE RESTLESS DEPT Of THIRD WORLD BEAUTY“ VERGLEICHT FAITH 47 DIE LAGE UND GESCHICHTE IHRES LANDES MIT DER SITUATION DER FRAUEN.

Süd Afrika ist ein kompliziertes Land. Es gibt hier dreizehn offizielle Landessprachen und noch mehr inoffizielle. Politisch und ökonomisch befindet sich Südafrika in einer Extremsituation. Wenn man hier lebt wird man täglich mit Belangen von Klasse, Rasse oder Geschlecht konfrontiert. Das beeinflusst mich vor allem emotional und ich muss diese Gefühle in meinen Bildern zum Ausdruck bringen. Gleichzeitig sind die Menschen hier sehr inspirierend, denn sie haben so viel durchgemacht, sind sehr authentisch. Ich bin noch in Zeiten der Apartheid aufgewachsen und kann mich an die „whites only“ Schilder erinnern, die getrennten Züge oder Strände. Ich hatte zwar eine offene und tolerante Mutter, sodass ich zu hause nicht mit rassistischer Gesinnung konfrontiert wurde, aber z.B. in der Schule machten die Lehrer rassistische Witze. Das war wohl auch ein Grund warum mich die HipHop Kultur so begeisterte, es war die einzige Jugend-Kultur wo Hautfarbe keine Rolle spielte. Damals hatte ich schon viel gezeichnet und mich mit Kunst beschäftigt. Außerdem habe ich eine sehr rebellische Ader. Graffiti war auch rebellisch, kreativ, unangepasst und frech. Es passte also sehr gut zu mir und meinem Leben. Ich fing durch meinen ExFreund mit Graffiti an, er war der erste weiße Trainwriter Kapstadts und ist der Vater meines Kindes. Wir waren viel mit den Writern aus den Townships und den ‚schwarzen’ Vierteln unterwegs. Geografisch ist Kapstadt schon rassistisch angelegt und konstruiert worden, so dass die Weißen in einem Teil der Stadt wohnen und die Schwarzen in anderen weiter entfernten Gegenden leben. Durch Graffiti habe ich all diese Viertel und Townships kennen gelernt, es entstand eine stark vermischte Szene und Integration, die sonst kaum vorhanden war.

Die Menschen hier verlassen ihre Viertel nur selten, sie überschreiten die Grenzen von arm und reich nicht, die Wohlhabenden kennen die Townships nicht. Das führt zur Objektivierung einer Klasse, sie werden zu „denen“, „die da“ an deren Baracken man lediglich im Auto vorbeirauscht. Aber wenn man dort selbst aufhält dann merkt man die Menschen die gezwungen sind dort zu leben, sind wie du und ich - es geht uns. Ich hoffe, dass meine Bilder Aufmerksamkeit auf vergessene Orte lenken und Gedanken über diese Orte und Zustände beim Betrachter bewirken. So habe ich den Satz „The Restless Dept Of Third World Beauty” an eine Reihe von Toilettenhäusern gemalt. Dies ist ein Ort des Grauens, wer kein Geld hat muss hier auf Toilette gehen, die ganze Gegend ist hardcore. Der Ort ist nur ein halbe Stunde vom Zentrum entfernt. Ich war so schockiert und wütend als ich das gesehen habe. Dieser Satz ist auch der Titel eines Projekts, wo es mir darum ging, diese Orte sichtbar zu machen und darüber zu sprechen, was da los ist. Ich hoffte, dass die Panorama-Fotografien den Betrachter an diese Orte bringen. Es ist eine Kommunkations-Übung, die Message sollte in seiner Umgebung gezeigt werden. Die Interaktion von meinem Piece, dem Untergrund und der Umgebung ist mir sehr wichtig. Das gemalte Bild ist für die Menschen die dort leben, aber das Foto ist genauso wichtig, denn das Foto reist um die Welt und schafft die Möglichkeit international zu kommunzieren. “The Restless Dept Of Third World Beauty” thematisiert Schuld und Unterdrückung, aber auch eine weibliche Perspektive. Es ist bewusst etwas abstrakt, denn ich definiere nur ungern. Die Leute sollen selber nachdenken. Die Unterdrückung der dritten Welt und die der Frau sind ruhelos, sucht sich

einen Weg nach außen, fordert eine Stimme. Die Ruhelosigkeit soll einen Drang, ein zwingendes Bedürfnis zum Ausdruck bringen. Ebenso kommt meine eigene Frustration über diese Zustände darin zum tragen. „Our Word Is Our Weapon“ proklamiert ein anderes Bild. Dieser Ausspruch stammt von den Zapatisten aus Mexico. Damit will ich ausdrücken, dass eine Haltung oder die Suche nach Wahrheit, auch eine Waffe sein kann. Es geht um Integrität, denn Integrität ist etwas das Afrika der Welt geben kann. Afrika wurde so lange systematisch zerstört, zum Schweigen gebracht, in Abhängigkeit gehalten - was Afrika besitzt ist Stärke, Widerstandsfähigkeit und Ausdauer. Auch Frauen haben diese Eigenschaften. Speziell in Südafrika vollbringen Frauen unglaubliches: sie erziehen die Kinder, arbeiten für die Familie, sie halten das soziale Gefüge auf viele verschiedene Weisen zusammen. Gleichzeitig gibt es in Südafrika viel Gewalt gegen Frauen, sowohl bei Vergewaltigungen als auch bei Kindesmissbrauch sind die Zahlen erschreckend, in manchen Kreisen ist das fast akzeptiert und geduldet. Deshalb mache ich oft Bilder von Frauen. Ein weiteres Bild ist direkt neben einem Taxistand in einem Township, darauf hält eine Frau eine Fahne hoch auf der in einer der Landessprachen zu lesen ist: „if you strike a woman you strike a rock“. An diesem Taxistand wollte eine Frau letztes Jahr ein Taxi nehmen, da sie einen Minirock trug war ihr das nicht möglich. Stattdessen wurde sie mit Bier übergossen, beleidigt und sexuell belästigt. Ein lokales Magazin berichtete darüber und Reporter interviewten die Taxifahrer und Anwohner. Die Antworten waren haarsträubend: „Sie hätte es ja so gewollt, hat es verdient, ist selbst Schuld - Frauen sollen keine Miniröcke tragen“. Auch die Frauen

äußerten sich so. Das ist so eine kaputte Auffassung. In anderen Townships sind Drogen ein echtes Problem, die Männer machen nichts, sind nur zugedröhnt, während die Frauen die ganze Arbeit machen. Die Frauen die dort aufwachsen sind aus hartem Holz geschnitzt. Dort habe ich an einen Wohnwagen eine Frau gemalt auf deren T-Shirt steht: „men are nothing but tricks and hoes“. Das ist ja ein HipHopZitat, das ich leicht verändert habe und die Männer dort haben blöd geguckt. International sehe ich das Bild der Frau in den Medien als großes Problem. Die Frauen müssen sich ihre Images, Identitäten und ihre Individualität zurückerobern. Frauen tragen viel Verantwortung, sie müssen Kinder gebären und erziehen. Das wurde zu anderen Zeiten mehr gewürdigt. Ich glaube Frauen sind systematisch entmachtet worden - die Hexenverbrennungen und das Christentum haben dabei eine große Rolle gespielt. Wenn Frauen ihre Kraft wieder finden und ihre Stärke zurückerlangen würden, wäre die Welt insgesamt ausgeglichener. Denn die Welt ist ganz offensichtlich aus dem Gleichgewicht geraten. Weil Frauen emotional sind nennt man sie hysterisch oder irrational damit sie sich schuldig fühlen. Dabei zeigen starke Gefühle doch gerade, dass du lebendig bist. Wir müssen diese Eigenschaften wieder schätzen lernen. Dafür sind Events wie B-Girl Be in Minneapolis oder We B*Girlz in Berlin sehr wichtig.

Weil Frauen emotional sind nennt man sie hysterisch oder irrational damit sie sich schuldig fühlen. Dabei zeigen starke Gefühle doch gerade, dass du lebendig bist. Wir müssen diese Eigenschaften wieder schätzen lernen. Dafür sind Events wie B-Girl Be in Minneapolis oder We B*Girlz in Berlin sehr wichtig. Es ist so inspirierend und motivierend andere Frauen zu treffen die ihren Weg gemacht haben. Es wäre schön, wenn ein Frauenschwerpunkt nicht notwendig wäre, doch es ist nötig. Aber auch unabhängig davon müssen die Frauen vortreten und sich den Platz nehmen der ihnen zusteht. Es ist als Mutter nicht einfach sich beruflich und kreativ zu verwirklichen, aber es ist möglich und sogar erfüllend. In Zukunft möchte ich vor allem noch mehr reisen, denn es ist so wichtig für die individuelle Entwicklung andere Kulturen und Lebensumstände zu sehen und zu fühlen, es schafft Toleranz und Empathie. Das nimmt auch den Medien ihre Macht, bringt uns dazu die Medien selbst zu hinterfragen

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Wall an der Feuerwache Toofly Shiro Spice

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PSF 4EVER Faith 47 Mad C Alice Mizrachi

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Impression Toofly Shiro Faith 47

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DAS KONZERT MIT ÜBER DREIßIG KÜNSTLERINNEN, AUF 3 FLOORS. UNTER IHNEN ROXANNE SHANTÉ AUS NEW YORK, BAHAMADIA AUS PHILADELPHIA, INVINCIBLE AUS DETROIT, ETERNIA AUS TORONTO, SHANIA D AUS LA, STACY EPPS AUS ATLANTA, YARAH BRAVO AUS LONDON, MAUIKAI & EYRIS AUS MIAMI, DJ SHORTEE VON DER SCRATCH ACADEMY LA, DJ JOSIE STYLES AUS AUSTRALIA. AUS BERLIN WAREN MC PYRANJA, SOOKEE, JENEEZ, DIE TOO FUNK SISTAZ, SHE-RAW, DJ FRESHFLUKE, DJ THAT FUCKING SARAH VERTRETEN, AUS REGENSBURG NIA GARA UND VIELE MEHR. SPECIAL GUEST: CORA E, SIE ALLE GABEN IHRE SHOUTS UND WORDS ZUM BESTEN.

Frauen aus ganz Europa, den USA, Canada, Südamerika, Südafrika, Australien und Asien kamen nach Berlin um die Chance zu nutzen, beim weltgrößten Frauen Hip Hop Festival in Berlin zusammenzukommen und neue Kontakte zu knüpfen.

Auserdem gab es eine geballte Ladung Soul. Bei der Got Soul Night zeigten sieben SoulDiven aus Berlin und aller Welt ihr stimmstarkes Können. Die Got Soul Night im Bohannon stellte Hip Hop-affine Soulsängerinnen mit soul-affinen Rapperinnen auf eine Bühne.

Als einer der Highlights des Festivals sind im Cassiopeia in Friedrichshain internationale MCs wie Bahamadia aus Philadelphia aufgetreten. Bahamadia ist bekannt für ihre entspannte monotone Art zu rappen und zählt zu einer der angesehensten weiblichen MCs.

Das ganze mit und ohne Live-Band, englischund deutschsprachig, mit Yarah Bravo, Shania D, Stacy Epps, Bajka, Mauikai, Lady Daisey, Miss Flint & more.

Heimspiel hatte MC und Fritz-Moderatorin Pyranja aus Berlin, die genauso schlagfertig und frech wie viele ihrer männlichen Rapkollegen ist und dabei einige Seitenhiebe an die Männerwelt in der Rapszene verteilte. Special Guest war Cora E, eine der Pionierin des deutschsprachigen Raps. Female Rap beim We*B*Girlz Festival, eine wichtige Plattform für die Hip Hop-Szene.

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Der Soul wurde mit einer stilechten Ladies Night gefeiert.

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Susius Stacy Epps Mai

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Eyeris That Fucking Sara

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Mai in Aktion Ninjah von Jeneez Steff La Cheffe & Badkat Too Funk Sistaz & Mc Josh

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Stacy Epps Jeneez Dj Mesia Rokafella

SHORTEE FIRST LADY INTERVIEW BIANCA LUDEWIG MAIKE SCHRÖDER DJ SHORTEE IST DIE RENOMMIERTESTE UND WOHL BEKANNTESTE FRAU AN DEN TURNTABLES. IM GEGENSATZ ZU DEN MEISTEN FEMALE DJS IST SIE AUCH TURNTABLIST. SIE IST DIE ERSTE UND BISHER EINZIGE FRAU DIE EIN TURNTABLIST ALBUM, EINE BATTLE TOOL PLATTE SOWIE EINE INSTRUCTIONAL DJ DVD SERIE PRODUZIERTE. UND DIE LISTE GEHT NOCH WEITER…

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BESCHREIB DICH SELBST IN EINIGEN WÖRTERN! Karrierebesessen, unabhängig, Workaholic, lustig, vielseitig, liebevoll, fürsorglich, detailorientierte Perfektionistin, Zwangsneurotikerin, familienorientiert, verrückt… WIE IST DEIN BACKGROUND? Ich bin im nördlichen Virginia, in den USA aufgewachsen und Musik war schon immer ein Teil meines Lebens. Ich habe angefangen Schlagzeug und Perkussion zu spielen, als ich noch sehr jung war. Außerdem habe ich Klavier, Trompeten und Geigen Unterricht genommen. Mein Vater ist Komponist und Musiker und hat mich immer ermutigt alle möglichen Instrumente auszuprobieren. Meine Eltern sind geschieden und ich bin die meiste Zeit bei meiner Muter aufgewachsen, sie hat mich immer bei allem was ich machen wollte unterstützt und in dem Glauben erzogen, dass man alles erreichen kann, wenn man nur will. Ich habe während meiner gesamten Highschool- und College Zeit Musik gemacht (Konzertband, Symphonieband, Blaskapelle und Perkussion Ensemble) und als Studentin habe ich in einer Punkrockband gespielt. Ich bin damals auch total auf Elektronische Musik und Hip Hop abgefahren. WANN HAST DU MIT DEM DJING ANGEFANGEN? UND WELCHE ROLLE HAT DEIN MANN FAUST IN DEINER DJ-KARRIERE GESPIELT? Ich habe vor ungefähr 14 Jahren damit angefangen, als ich aufs College ging. Ich bin damals total auf Musik abgefahren, aber habe niemals einen DJ als Musiker verstanden, bis ich zum ersten Mal DJ Faust scratchen erlebte.. Ich habe sofort die Parallele zwischen Schlagzeugspieler und Turntablist erkannt. Ich war davon total angezogen und wollte sofort alles darüber lernen...

DJ Faust hatte mich vorher schon Schlagzeug spielen gesehen und dachte, ich könnte mit meinem Background als Traditionelle Musikerin sehr einfach DJing lernen. Also brachte er mir die Basics des Mixens, Scratchens und Beat Jugglings bei. Er hat mich immer unterstützt. Ich habe mich dann auf Hip Hop, House, Breaks konzentriert. Später sind dann noch andere Musikstile dazugekommen: Techno, Drum & Bass, Funk, Electro, Dancehall und Rock. Im Endeffekt bin ich einfach Perkussionistin. Faust Album ‚Man or Myth’ war produktionsmäßig das erste Turntablist Album, das jemals veröffentlicht wurde und es war auch mein erstes Gast Feature. Das verhalf mir dazu einen Fuß beim ‚Bomb Record Label’ in die Tür zu bekommen. Ich habe von Anfang an immer sehr viel Zeit damit verbracht zu üben und immer hart gearbeitet um meine Skills zu verbessern. GAB ES ANDERE FEMALE DJ’S ALS DU ANGEFANGEN HAST MIT DEM DJING? Es gab paar andere female DJs, aber nicht viele und es gab vor allem keine anderen Female Turntablist als ich anfing. Ich bin mir sicher, dass andere um dieselbe Zeit angefangen haben, aber ich wusste lange Zeit nichts von ihnen. Später tauchten andere Female Turntablist auf. So wie Kuttin’ Kandi & Symphony. Symphony war das einzige andere Mädchen, das ich zu der Zeit Beat Juggling gesehen hatte. Das wirkte sehr inspirierend auf mich. Fünf Jahre später erfuhr ich von Asif und Killah Jewel. Aber das war’s dann auch schon. So um 2003, rückten dann immer mehr Female DJs ins Rampenlicht. Heutzutage gibt es Unmengen von Female DJs, in allen Genres einschließlich Hip Hop.

HAT DICH DER GERINGE ANTEIL WEIBLICHER DJ`S DAMALS EHER MOTIVIERT ODER ENTMUTIGT? Beides, aber es war eher motivierend, da ich beweisen wollte, dass Mädchen genauso gut sein können wie Jungs. Außerdem war ich ja, weil es nur so wenige andere Mädchen gab, eine Art Pionier in einer männlich dominierten Turntablist Szene. Es war ansonsten sehr hart damals als Turntablist ernst genommen zu werden. Niemand wollte glauben, dass ein Chick scratchen kann, bis sie mich mit ihren eigenen Augen sahen. Von daher war es sehr schwer gebucht zu werden. Ich war die einzige Frau in einer Gruppe von hochtalentierten Turntablists, von denen einige Weltmeister wurden (Faust, Craze, Klever, Shotgun, T-Rock und King James). Ich wollte mich nicht damit zufrieden geben das Alibi Mädchen in der Gruppe zu sein und die Jungs wollten das auch nicht. Also musste ich mir den Arsch aufreißen und ordentliche Skills an den Tag legen, um auf eigenen Beinen zu stehen, während ich mit ihnen tourte. Das war hart, aber ich würde diese Erfahrungen um nichts in der Welt eintauschen, weil sie mich zu genau der leidenschaftlich hart arbeitenden Person gemacht haben, die ich heute bin. FÜR WELCHEN SKILL MUSSTEST DU AM HÄRTESTEN ARBEITEN? Jeder Skill (Mixing, Scratching und Beat Juggling) erfordert Unmengen an Übung und Einsatz. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass man vielseitig ist, also arbeite ich eher sehr viel daran alle meine Skills zu verbessern, als mich ausschließlich auf einen Skill zu konzentrieren. Vielseitig zu sein ist schwer, weil du jeden Tag an allem arbeiten musst, du kannst dich nicht hängen lassen. Das ist die größte Herausforderung für mich.

Beim Scratchen zum Beispiel gibt es diverse Grundzüge, die jeder lernt (Baby, Transform, Flare, Crab, etc.) aber durch die Art der Kombination hört sich jede Person unterschiedlich an. Ich versuche nicht den Sound von irgendwem zu kopieren. Ich lasse mich zwar immer von anderen beeinflussen, versuche aber trotzdem mein eigenes Ding zu machen. KANNST DU DIR VORSTELLEN, WARUM ES SO WENIGE MÄDCHEN GIBT, DIE ANFANGEN ZU SCRATCHEN? Zu meinem Scratching und Beat juggling Kurs kommen ehrlich gesagt wahnsinnig viele Mädchen. Aber in Los Angeles gibt es ja auch sehr viele aufstrebende DJs, vielleicht gibt es deshalb auch mehr Mädchen, die das machen, als anderswo. Ich erhalte unzählige Emails von Female DJs, die mich Dinge fragen und von den DVDs lernen, so dass ich nicht glaube, dass der Mangel an Female DJs so groß ist, wie zu der Zeit, als ich damit angefangen habe. Ein viel größeres Problem ist, dass einfach viel weniger Leute, egal welchen Geschlechts überhaupt mit dem Turntablism anfangen. Die meisten Leute, die zur ‚Scratch DJ Academy’ kommen, wollen DJs werden. Also konzentrieren sie sich auf das Mixing. WIE WAR ES FÜR DICH DER DJ DER PLAYBOY ANNIVERSARY TOUR ZU SEIN? WAS HAT DICH DAZU MOTIVIERT, ABGESEHEN VON GELD UND PROMO? Die Tour war jede Menge harte Arbeit und eine der härtesten Geschichten, die ich jemals mitgemacht habe, als DJ. Ich habe mir den Arsch aufgerissen und zwar als DJ, nicht als Bunny. Ich habe keine Bunnyohren oder Hotpants getragen.

Ich habe niemals für das Magazin geposed und ich bin auch kein Playmate. Was man Playboy zu Gute halten muss, ist dass sie wirklich nach einem vielseitigen DJ mit Skills suchten und nicht nach einem Hotchick, das einfach nur hinter den Decks steht. Ich habe mich gegen hunderte anderer Female DJs durchgesetzt, die sich auch für den Job beworben hatten. Es war eine 50-Städte Tour und ich habe bis zu zehn Stunden jede Nacht aufgelegt. Ich musste mit dem gesamten DJ Set im Tour Bus reisen, ausladen, aufbauen, den Sound checken, für Stunden in Highheels spielen, das Set dann zurück in den Bus bringen und in die nächste Stadt fahren. Die Leute unterschätzen wie viel Arbeit hinter einer solchen Tour steckt. Das Publikum war zwischen 18 und 70 Jahren alt, entsprechend schwer war es allen zu gefallen. Unterm Strich ist dabei finanziell nicht soviel raus gesprungen, wie die meisten denken. Die Erfahrung war trotzdem unbezahlbar.

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Das Publikum Pyranja

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Roxanne Shanté

ROXANNE SHANTÉ INTERVIEW BIANCA LUDEWIG

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DIE NEW YORKERIN ROANNE SHANTÉ BEGANN IHRE MC KARRIERE ANFANG DER 80ER JAHRE. MIT VIERZEHN KATAPULTIERTE SIE IHR ANTWORTRAP AUF UTFO “ROXANNE’S REVENGE” AN DER SEITE VON MARLEY MARL IN DIE ÖFFENTLICHKEIT. ZUR GLEICHEN ZEIT BEKAM SIE AUCH IHR ERSTES KIND. SIE WURDE VOR ALLEM DURCH IHRE FREESTYLE- UND BATTLE-SKILLZ BEKANNT. ROXANNE SHANTÉ VERÖFFENTLICHTE ZWEI ALBEN UND DIVERSE SINGLES. ANFANG DER 90ER JAHRE ZOG SIE SICH LANGSAM ALS AKTIVE KÜNSTLERIN AUS DER MUSIKSZENE ZURÜCK. SIE PROMOVIERT IN PSYCHOLOGIE, ERÖFFNET EINE PRAXIS UND EINE HIPHOP EISDIELE IN QUEENS. VOR EINIGER ZEIT BEGANN SIE EIN JURA-STUDIUM. TROTZDEM ABSOLVIERT SIE NOCH KONTINUIERLICH LIVEAUFTRITTE, IST IN VERSCHIEDENEN HIP HOP PROJEKTEN UND ALS MENTORIN FÜR NACHWUCHSRAPPERINNEN AKTIV. OH LA LA, WENN DAS KEIN ROLEMODEL IST? KARRIERE UND FAMILIE, ELFENBEINTURM UND STRAßE SIND BEI DR. SHANTÉ KEINE UNVERTRÄGLICHEN GEGENSÄTZE.

WARUM HAST DU ANGEFANGEN PSYCHOLOGIE ZU STUDIEREN UND HATTE HIP HOP ETWAS MIT DIESER ENTSCHEIDUNG ZU TUN? Absolut! Hip Hop ist nicht nur eine gute Vorbereitung fürs Leben, sondern auch eine gute Voraussetzung für ein höheres Studium. Meine persönlichen Neigungen haben mich dann zur Psychologie gebracht, denn ich wollte wissen, was Menschen dazu bringt so zu funktionieren und nicht anders. Wieso reagieren sie ausgerechnet so? Psychologie kann bei den Antworten helfen. UND WAS HAST DU BISHER RAUS GEFUNDEN? WAS SIND DIE GRÖßTEN PSYCHOLOGISCHEN PROBLEME FÜR DIE MENSCHEN HEUTE? Ego und der Ödipus Komplex. Dieser Zwang, dass jeder jeden und alles kontrollieren will. Die Menschen analysieren die Welt. Das führt auch zu Depression. Denn alle werden deprimiert, weil sie es nicht schaffen die Welt nach ihren Vorstellungen zu gestalten und zu kontrollieren. Depression wird durch Unterdrückung hervorgerufen: entweder du wirst unterdrückt oder du unterdrückst dich selber. WIE STEHST DU DER AKTUELLEN ENTWICKLUNG IM RAP GEGENÜBER? RAP WIRD OFT FÜR SEXISTISCHE, HOMOPHOBE ODER GEWALTVERHRRRLICHENDE TEXTE AN DEN PRANGER GESTElLLT. DU HAST EINMAL GESAGT, DASS DIE MEDIEN VERHINDERN, DASS ÜBER DIE WAHREN PROBLEME GESPROCHEN WIRD, DESHALB SCHIEBEN SIE RAP DEN SCHWARZEN PETER ZU. ABER WAS SIND DIESE WIRKLICHEN PROBLEME?

Mangel an Bildung, die wirtschaftlichen Entwicklungen, Gentrifizierung, der Umgang von Staat und Behörden mit Familienstrukturen, der Umgang mit jugendlichen Straftätern… Es gibt so viele Probleme zu denen geschwiegen wird, wir könnten die ganze Nacht darüber sprechen. Ich möchte nur noch mal betonen, dass Hip Hop kein Sündenbock ist, man kann nicht die Probleme der Gesellschaft der Hip Hop Kultur zur Last legen. GIBT ES DENN EINE VERANTWORTUNG DIE KÜNSTLER IN DER ÖFFENTLICHKEIT WAHRNEHMEN SOLLTEN? WAS GESAGT WIRD ODER WIE ES GESAGT WIRD? Erziehung ist nicht Sache der Kunst, sondern Sache der Eltern. Aber so wird es leider immer dargestellt: ‚mein Kind hört deine Musik, deshalb solltest du darauf achten was du sagst…’ Aber der erste und wichtigste Einfluss kommt doch immer von den Eltern. Wenn da alles richtig läuft, dann weichen die Kinder auch nicht von diesem geebneten Weg ab. Wenn es um Schuld geht, sollte jeder erstmal vor seiner eigenen Tür fegen. Ich bekam ja mein erstes Kind mit vierzehn und meine Kinder hatten niemals Probleme mit dem Gesetz, die Älteren haben ihre College-Abschlüsse gemacht, deshalb glaube ich vielmehr, dass Hip Hop gut für die Erziehung ist. Denn meine Kinder hatten mehr mit Hip Hop zu tun als der Durchschnitt. Meine Kinder sind Hip Hop, das waren ihre Kultur und ihre Religion von Anfang an.

ABER DIE GEWALT IST JA SCHON EIN PROBLEM, WAS SOLLTE DEINER MEINUNG NACH GETAN WERDEN? Die Lösung liegt in der Ökonomie. Diese Gewalttäter brauchen einfach Jobs! Sie sind nicht sauer, weil sie Hip Hop hören, sondern weil ihr Strom grade abgestellt wurde und weil sie keine Arbeit haben. Die Aggression kommt nicht durch andere Rapper, sondern durch ihre gesellschaftliche Stellung außerhalb von Hip Hop. DU HAST DICH JA JETZT NACHDEM DU DR. ROXANNE SHANTÉ BIST, AUCH NOCH FÜR JURA EINGESCHRIEBEN, WARUM NOCH MAL EIN STUDIUM? Ich möchte später spezielle juristische Betreuung machen. Jetzt, während der Ausbildung, arbeite ich als Anwältin für Pflege- und Adoptivkinder. Viele dieser jungen Erwachsenen, haben nicht die rechtliche Beratung und Betreuung die sie brauchen, um überhaupt die richtigen Entscheidungen zu fällen. Deshalb denke ich, dass ich da guten Einfluss nehmen und Hilfestellung bieten kann. Ich kann es kaum abwarten bis ich mit dem Studium fertig bin und anfangen kann. DAS THEMA GEFÄNGNISSE IST JA ÜBERALL EIN BRISANTES THEMA, ABER FÜR DIE USA IST DAS THEMA SYMPTOMATISCH. BESONDERS, WENW ES UM AFROAMERIKANISCHE GESCHICHTE GEHT. WARUM IST DAS SO UND WIE IST DEIN STANDPUNKT?

Es geht letztendlich um Wirtschaft. Die Gefängnisse gehören privaten Investoren und genau genommen ist es moderne Sklaverei. Das spricht doch Bände. Wenn ich um die Welt reise, schreibe ich von jedem Stop 50 Postkarten an Inhaftierte im ganzen Land. Deshalb suche ich immer zuerst die Post. Es gibt so viele Vergessene in unseren Gefängnissen. Im Gefängnis wird den jungen Männern nur beigebracht zu überleben. Wenn es Nacht wird und sich die Türen hinter dir schließen, dann muss getan werden was nötig ist, um den nächsten Tag zu erleben. WAS IST HEUTZUTAGE DAS BÖSE? Videos! Hip Hop Videos haben die Welt zerstört. Ich sage das nicht, weil ich sauer oder neidisch bin. Das Leben nach Hip Hop hat mich großzügig belohnt. Ich sage das, weil sie einfach eine Lüge sind. Vor jedem Video müsste eine Warnung kommen: „Die Produkte die sie hier sehen gehören nicht den Rappern. Die Frauen die man sieht verdienen so und so viel am Tag – sie tragen keine echten Diamanten. Die Autos die man sieht…“. Ich liebe die Hip Hop Kultur und die Rapper, aber wer die Tatsachen verdreht, der lügt eben. WAS FÜR EINE ERFAHRUNG WAR DAS FÜR DICH, NUR MIT FRAUEN AUF DER WE B*GIRLZ TOUR UNTERWEGS ZU SEIN?

Das ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich nur mit Frauen auf Tour bin. Da ich viele Schwestern habe, brauchte ich nie Freundinnen. Aber ich muss sagen, dass es eine gute Erfahrung war, mit diesen wunderbaren Frauen unterwegs zu sein. Die Tour bis zum Ende durchzuhalten war durch die Umstände eine Herausforderung und es ist unbezahlbar, was ich durch diese Tour gelernt habe. Nur die Tatsache, dass ich mit diesen Frauen zusammen war und ihr Talent, ihren Kampf, ihren Hussle und Grind miterleben konnte hat mich motiviert. Es ist höchste Zeit, dass es ein All Female Tourmangement Business gibt. Dafür werde ich mich persönlich stark machen. Um etwas zu verändern, muss man es selbst erlebt haben, das ist hiermit passiert. Ich will der Superhero sein, der diesen Missstand beendet. Überhaupt wird es große Veränderungen geben und ich will, dass die Hip Hop Welt darauf vorbereitet ist. WAS DENKST DU ÜBER DAS MOTTO: HIP HOP BRAUCHT KEINE ABITUR? Ja ist richtig, wenn du weiterhin ausgebeutet werden willst. Ein gebildeter Rapper wird auch immer der besser bezahlte Rapper sein. Die meisten Rapper sind ja gut ausgebildet und haben ihren Schulabschluss oder ihren College-Abschluss. Aber weil es nicht cool ist, reden sie nur ungern darüber oder verheimlichen es.

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Jeneez & Tänzerinnen Roxanne Shanté & das Publikum

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Yarah Bravo

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Yarah Bravo & That Fucking Sara Lady Daisy bei Got Soul

YARAH BRAVO INTERVIEW BIANCA LUDEWIG YARAH IST BISHER VOR ALLEM DURCH DIE ZUSAMMENARBEIT MIT DJ VADIM UND IHR GRUPPEN PROJEKT ONESELF BEKANNT. DAS WIRD SICH BALD ÄNDERN, DENN ENDE 2008 VERÖFFENTLICHTE SIE ENDLICH IHR DEBUTALBUM „GOOD GIRLS RARELY MAKE HISTORY“.

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DEINE ELTERN KOMMEN AUS SÜD-AMERIKA, GEBOREN WURDEST DU IN SCHWEDEN, DIE LETZTEN JAHRE HAST DU IN LONDON GELEBT – WO FÜHLST DU DICH ZUHAUSE? Mein Vater kommt aus Brasilien und meine Mutter aus Chile. Es klingt zwar nach Klischee, aber da wo ich bin ist mein Zuhause. Für mich hat sich das immer bewahrheitet. Ich habe einen Wohnsitz in London, hatte einen in New York und suche nun eine Wohnung in Berlin. Ich glaube nicht an nationale Grenzen! Ich habe einen schwedischen Pass, aber ich fühle mich nicht schwedisch; ich fühle mich auch nicht englisch oder amerikanisch und glaube nicht, dass ich mich jemals deutsch fühlen werde. In Süd Amerika fühlte es sich unglaublich gut an, aber die Kultur ist sehr anders als das was ich kenne. Aber wenn ich mir aussuchen kann wo ich meine letzten Tage verbinge dann sollte das im afrikanischen Teil Brasiliens sein, dort wo man immer Trommeln hört. WOHER KOMMT DEIN NAME? Yarah ist auch der Name den meine Eltern mir gegeben haben, aber er wird im Original anders buchstabiert. I-ara sollte die richtige Aussprache lauten. Er bedeutet Königin des Wassers. Zu dem Namen gibt es eine brasilianische Erzählung: Yarah ist eine Meerjungrau die auf einem Felsen sitzt und singt. Die Menschen werden davon angezogen, aber ertrinken bei dem Versuch sie zu erreichen. Als ich auf dem Weg war, fand mein Vater auf Grund seiner Erfahrungen, dass die Zivilisation am Ende ist und er wollte kein Kind in diese Welt entlassen. Er wollte mich am Amazonas aussetzen, damit die Indianerstämme mich finden und großziehen. Er wollte, dass ich glücklich lebe und nicht all das Leid der modernen Welt erfahren muss das er kennen lernte. Dies war sein Plan, aber meine Mutter hat das nicht zugelassen.

ICH NEHME AN, DASS DEINE ELTERN POLITISCHE FLÜCHTLINGE WAREN… Meine Eltern waren in Chile als Salvador Allende von den USA ermordet wurde, der Diktator Pinochet wurde dann 1973 Staatsoberhaupt. Mein Vater war Widerstandskämpfer und kam nach Chile um seiner damaligen Freundin zu helfen und ging dort in den Untergrund. Aber er wurde entdeckt, hingerichtet und in den Fluss geschmissen. Doch er überlebte, Priester fanden ihn und pflegten ihn gesund bis er reisefähig war. Amnesty International brachte ihn außer Landes.

DU HAST JA IMMER LYRIK UND POESIE GELIEBT WIE KAMST DU DANN ZUM RAP? Als ich zur Schule ging war ich ein Poetry Nerd, das war zunächst mein Weg um mich kreativ auszudrücken. Als ein Freund mir ein Mixtape mit Public Enemy gab realisierte ich, dass es wie meine Gedichte klang - nur eben über Beats. Das wollte ich dann auch ausprobieren, um es auf das nächste Level zu bringen. Mit vierzehn fing ich dann an mir Maxis zu kaufen und meine Lyrik über die Instrumentals zu rezitieren, ich wollte diesen rhythmischen Flow lernen.

Er war einer der ersten Flüchtlinge aus SüdAmerika die nach Schweden kamen. Dort traf er meine Mutter, die eine ähnliche Geschichte hatte was sicher ein Grund war weshalb sie sich zusammen taten. Sie erzählten mir ihre Vergangenheit erst sehr spät, denn sie hatten Angst, dass ich dann Guerilla Kämpferin werden will und nach Süd Amerika gehen würde. Ihre Geschichte zu erfahren hat mein Leben verändert. Manchmal habe ich das Gefühl so einer Vergangenheit nicht gerecht werden zu können, aber dadurch bekomme ich auch meine Kraft und meinen Optimismus.

Ich gründete dann eine All Female Rap Crew: B-girlz on Bikes. Es gibt davon noch Videoaufnahmen. Wir hatten überhaupt keine Bühnenpräsenz, sondern versuchten den West Coast Undergroundstyle unserer Idole - wie Freestyle Fellowship oder Project Blowed, zu imitieren. Es ging darum so schnell wie möglich in Double oder Tripple Rhymes zu rappen, weshalb man uns nicht verstehen konnte. Aber ich habe dadurch viel gelernt. Heute schreibe ich immer noch Gedichte, aber Musik und Hip Hop haben die Führung in meinem Leben übernommen. Ich hatte keine Wahl: das war es, was ich tun musste. Aber eines Tages würde ich sehr gerne einen Gedichtband veröffentlichen.

WIE WAR DEINE KINDHEIT IN SCHWEDEN? GAB ES ZU HAUSE VIEL MUSIK? Meine Eltern waren beide Musiker: mein Vater spielte Gitarre und Drums, meine Mutter war Sängerin und spielte ebenfalls Gitarre. Meine Eltern haben mich immer ermutigt auch Musik zu machen. Immer wenn ich ein Problem hatte, sagten sie, ich solle es durch Musik ausdrücken und verarbeiten. Meine Eltern konnten nie wirklich miteinander sprechen, aber sie konnten immer zusammen Musik machen. Musik war die Therapiemethode meiner Familie.

DU HAST GESAGT, DASS DICH DIE TEXTE UND VIDEOS VON RAPPERN ALS FRAU OFT SCHOCKIEREN. DU KOMMST JA VIEL HERUM UND NIMMST KEIN BLATT VOR DEN MUND - KONNTEST DU MIT RAPPERN PERSÖNLICH DARÜBER DISKUTIEREN? Ja, ich treffe regelmäßig Männer, deren Kunst mich verärgert. Ich sage stets meine Meinung, auch wenn das in unangenehmen Diskussionen endet. Ich könnte jeden Tag wütend sein, da reicht schon das Fernsehen.

Deshalb kann man täglich Debatten darüber führen, wie sexistisch die Frauen medial dargestellt werden, besonders im Hip Hop. Am interessantesten sind die Gespräche mit Rappern die diesen Sexismus selbst produzieren und repräsentieren. Die meisten sagen genau das, was alle sagen, sind also nur Mitläufer. Es wird vor allem schräg, wenn junge Mädchen, wie die Tochter meiner Freundin, dann so werden wollen wie die Frauen, die in den Videos an den Stripperpoles tanzen. Ich habe deshalb auch den Song “Over Exposed” gemacht, der das thematisiert. Ich versuche dann immer diesen Mädchen zu erklären, dass sie viel mehr sein können als nur die Frau, die im Hintergrund tanzt. Diese Mädchen kommen gar nicht auf die Idee, dass sie auch die Person sein könnten die rapt, dass sie selber genauso die Künstler sein können. Das zeigt vor allem, wie groß der Einfluss dieser Videos auf junge Mädchen ist. HAST DU EINE IDEE WARUM DAS SO IST? WOLLEN DIE MÄNNER NICHT, DASS FRAUEN DABEI SIND ODER SIND SIE NUR UNFÄHIG IHR BEDÜRFNISSNACH GEMEINSAMKEIT ZU ARTIKULIEREN? Männer haben Angst vor starken Frauen. Das habe ich oft erlebt, obwohl ich nichts Einschüchterndes an mir habe. Da gibt es Unmengen an irrationalem Ego und Stolz, der durch Frauen scheinbar bedroht ist. In Amerika bin ich mit DJ Vadim bei der Wake Up Show gewesen, das ist die größte Hip Hop Radioshow in den Staaten. Mir war klar, dass ich da rappen will, denn ich war früher ein großer Fan dieser Sendung. Ich wollte auf keinen Fall die Frau sein, die nur in der Ecke steht und zusieht.

Aber das war gar nicht so einfach. Es waren nur Männer da und keiner beachtete mich. Als ich sagte, dass ich rappen wollte, musste ich denen erstmal im Flur etwas vorrappen, bevor ich ans Mic durfte. Die Männer mussten das nicht. Ich rappte, als wenn es mein letzter Freestyle wäre. Die Männer glotzten nur blöd und sagten ich würde ja gar nicht wie ein MC aussehen, sondern wie eine Tänzerin oder Sängerin. Aber wie hat ein MC auszusehen? Sowas bescheuertes hatte ich lange nicht gehört. Diese Geschichte zeigt, wie viel Arbeit da noch vor uns liegt. WAS DENKST DU ÜBER PROJEKTE VON FRAUEN FÜR FRAUEN, WIE DAS WE B*GIRLZ FESTIVAL? IST SO WAS VERALTET ODER WIEDER NOTWENDIG? Besonders für die jungen Frauen sind solche Veranstaltungen ein Segen. Für mich wäre das so toll gewesen, wenn es so etwas in meiner Jugend gegeben hätte. Ich stehe da voll und ganz dahinter. Aber auch jetzt ist es gut für mich: ich treffe andere Musikerinnen und involvierte Frauen und das inspiriert mich. Unglücklicherweise gibt es unter Frauen viel Hass und Eifersucht und ich denke, das ist vollkommen überflüssig. Wir könnten gemeinsam so stark sein. Die Männer netzwerken immer und ständig, wir Frauen schaffen das nicht. Das sollte für uns viel selbstverständlicher werden. Dieser Zusammenhalt ist ja auch natürlich, da wir alle als Mädchen aufwachsen und zu Frauen erzogen werden und dadurch ein Grundverständnis für unsere Situation mitbringen.

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