STUDIEN ZUR INTERNATIONALEN POLITIK

Folgende STUDIEN ZUR INTERNATIONALEN POLITIK sind seit 2010 erschienen: Heft 1 (2010) Mark Baumert/Georg Merlin Franke: Strategie – Die „Grand Strate...
Author: Simon Bergmann
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Folgende STUDIEN ZUR INTERNATIONALEN POLITIK sind seit 2010 erschienen:

Heft 1 (2010) Mark Baumert/Georg Merlin Franke: Strategie – Die „Grand Strategies“ des Römischen Reiches und der Vereinigten Staaten von Amerika unter besonderer Berücksichtigung der Strategietheorie von Edward N. Luttwack

STUDIEN ZUR INTERNATIONALEN POLITIK Hamburg, Heft 1/2 2013

Heft 2 (2010) Marcin Lason: Voraussetzungen und Folgen der Beteiligung Polens am Militäreinsatz und Stabilisierungsprozess im Irak Heft 1 (2011) Laura Kumlehn: Die Entwicklung einer effektiveren Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik und ihre Hürden. Zum Einfluss von Identität und Nationalismus dargestellt am Beispiel Tschechiens Heft 2 (2011) August Pradetto: Zivil-militärische Zusammenarbeit und Comprehensive Approach im Kontext post-bipolarer Weltordnungspolitik Heft 1 (2012) August Pradetto (Hrsg.): Demokratischer Frieden, Responsibility to Protect und die „humanitäre Intervention“ in Libyen

Konstantin Paar

The Drone Wars Drohnenkriegsführung und ihre Auswirkungen auf demokratische Außenpolitik

STUDIEN ZUR INTERNATIONALEN POLITIK Hamburg, Heft 1/2 2013

Konstantin Paar

The Drone Wars Drohnenkriegsführung und ihre Auswirkungen auf demokratische Außenpolitik

IMPRESSUM Studien zur Internationalen Politik ISSN 1431-3545 Preis 5 € HERAUSGEBER Prof. Dr. August Pradetto, Prof. Dr. Anette Jünemann, Prof. Michael Staack (Institut für Internationale Politik an der Helmut-SchmidtUniversität/Universität der Bundeswehr Hamburg) REDAKTION Prof. Dr. August Pradetto Helmut-Schmidt-Universität Universität der Bundeswehr Hamburg Holstenhofweg 85 D-22043 Hamburg Tel.: +49-40/ 65 41 - 34 25 Fax: +49 40/ 65 41 - 20 79 eMail: [email protected] COPYRIGHT Studien zur Internationalen Politik. Alle Beiträge sind gesetzlich geschützt. Kein Teil dieser Reihe darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung der Herausgeber – außer in den vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausnahmen – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben stets die Meinung des Autors, nicht in allen Fällen die der Herausgeber wieder.

EDITORIAL Seit dem Ende der bipolaren Ordnung sind die internationalen Beziehungen zahlreichen Dynamiken unterworfen, die ihre Grundlagen bzw. deren Wahrnehmung durch politische Akteure und die Wissenschaft tief greifend verändert haben. Neben die anfänglichen Herausforderungen durch die Transformation post-kommunistischer Staaten sind zahlreiche weitere Prozesse getreten, die heute im Fokus der IB-Forschung stehen. Die globale Machtarchitektur ist ebenso in Bewegung geraten wie regionale Strukturen und Kräftekonstellationen; die internen und externen Neuordnungen im Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika sind ein ebenso signifikantes Beispiel wie der Aufstieg Chinas in Asien. Teile dieser Veränderungen sind geprägt von einem Trend zu mehr Frieden, Wohlstand und Demokratie. Diverse innerstaatliche und regionale Machtverschiebungen sowie Versuche der Neuordnung sind aber auch verbunden mit einer Eskalation von Konflikten und gewaltsamen Auseinandersetzungen. Der Zerfall alter Strukturen und Systeme geht einher mit einer neuen Welle endogener Umwälzungen und des Nation building. Neue Formen des internationalen Interventionismus und seiner Abwehr sind zu beobachten. Teilweise wird das Primat staatlicher Souveränität in Frage gestellt, und neue – oder als neu wahrgenommene – sicherheits- und entwicklungspolitische Herausforderungen wie der internationale Terrorismus oder das Phänomen scheiternder und zerfallender Staaten haben die Komplexität der internationalen Beziehungen zusätzlich erhöht. In den STUDIEN ZUR INTERNATIONALEN POLITIK werden Aufsätze in deutscher und englischer Sprache publiziert, die derartige Veränderungsprozesse in den internationalen Beziehungen analysieren. Neben Beiträgen zur Außenpolitik westlicher Staaten und der EU sowie den europäisch-transatlantischen Be-

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ziehungen werden Untersuchungen zu Themen globaler Sicherheitspolitik und zum System der Vereinten Nationen veröffentlicht. Daneben publizieren die STUDIEN ZUR INTERNATTIONALEN POLITIK grundlegende theoretische und historische Untersuchungen im Bereich der internationalen Beziehungen. In dieser Ausgabe der STUDIEN ZUR INTERNATIONALEN POLITIK setzt sich Konstantin Paar mit einem aktuell brisanten Thema auseinander, nämlich der veränderten Kriegsführung und Kriegsführungstechnik vor allem westlicher Staaten, die in den vergangenen zehn Jahren Platz gegriffen hat. Drohnen sind, wie Paar schreibt, „vom taktischen Hilfsmittel zum Instrument von strategischer Bedeutung“ geworden, was eine ganze Reihe von Fragen aufwirft. Es geht dabei um juristische und völkerrechtliche sowie ethische Aspekte des gezielten Tötens, um die institutionelle Praxis diesbezüglicher Entscheidungen, die militärischen und politischen Konsequenzen dieser Einsatzpraxis in bewaffneten Konflikten, oder um Fragen der juristischen Zuordnung, wenn etwa Geheimdienstmitarbeiter, die keinen völkerrechtlichen Kombattantenstatus besitzen, solche Mittel einsetzen, und schließlich auch um die Verantwortung für Schädigungshandlungen. Im Fokus der Betrachtung steht eine Problemstellung, die in der bisherigen Debatte über das Thema eher unterbeleuchtet ist: die Frage nämlich, wie sich die zunehmende Praxis der Drohnenkriegsführung auf die Außenpolitik demokratischer Länder, die Hauptnutzer dieser Technik in bewaffneten Konflikten sind, auswirkt. Ein „besonderes Augenmerk“ will Paar darauf legen, „wie die Entscheidung über die Anwendung militärischer Gewalt innerhalb demokratisch gefasster Staaten getroffen wird und welche Rolle dabei die demokratische Gesellschaft spielt“, die letztlich militärische Einsätze legitimiert. Zwei Thesen leiten die Untersuchung: Erstens entspreche dem Wandel im Kriegs- und Konfliktbild und den Erfahrungen aus Interventionen

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diese neue Form der Kriegsführung, bei der Risikominimierung eine besondere Rolle spiele. Und zweitens sei dies mit einer Entscheidungspraxis verbunden, die „keine res publica mehr“ darstelle, sondern „mehr und mehr zum Exekutivgeschäft“ mutiere. Paar geht in drei Schritten vor. Zuerst beleuchtet er das veränderte Kriegsbild westlicher Demokratien, darauf aufbauend folgt eine Analyse ihres Strategiewandels. Dann richtet er den Blick auf die Instrumente der neuen Kriegsführung, die Drohnen, im Kontext der neuen Militärstrategien. Vor diesem Hintergrund beschäftigt er sich schließlich mit der zentralen Frage, nämlich wie Drohnenkriegsführung demokratische Außenpolitik beeinflusst. Hamburg, November 2013

Die Herausgeber

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INHALTSVERZEICHNIS Abkürzungsverzeichnis .......................... 11 Abbildungsverzeichnis .......................... 12 1 Einleitung .................................. 13 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6

Hintergrund .............................. Literaturüberblick ....................... Erkenntnisinteresse ...................... Fragestellung ............................ Thesen ................................... Struktur und Vorgehen ....................

13 14 20 20 21 21

2 Der Wandel im konfliktiven Umfeld............ 22 2.1 Verändertes Kriegsbild ................... 23 2.1.1 2.1.2 2.1.3

„Neue Kriege“ .................... 23 Internationaler Terrorismus....... 25 Post-Global War on Terrorism...... 27

2.2 Der Strategiewandel westlicher Demokratien .............................. 28 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4

Humanitäre Interventionen......... „Shock and awe“ .................. Counter Insurgency ............... Risikotransfer ...................

29 31 32 33

2.3 Der Trend zu einer neuen Form der Kriegsführung ............................ 33 2.3.1

Zurückhaltung und Risikominimierung ................ 34

2.3.2

Menschenjagd und targeted killing .......................... 37

3 Drohnen als „weapons of choice“.............. 38 3.1 Begriffsdefinition ....................... 39 3.2 Fähigkeiten von Drohnensystemen .......... 41 9

3.2.1

UAV/UCAV ......................... 41

3.2.1.1 RQ-4 Global Hawk ......... 3.2.1.2 MQ-1B Predator ........... 3.1.2.3 MQ-9 Reaper .............. 3.1.2.4 Heron .................... 3.1.2.5 Kleinere Systeme ......... 3.1.3 UGV ................................

41 42 44 45 46 47

3.2 Szenarien ................................ 48 3.2.1 3.2.2

Aufklärung ....................... Bekämpfung ....................... 3.2.2.1 Hunter ................... 3.2.2.2 Killer ................... Counter-IED ......................

48 49 49 50 51

3.3 Grenzen .................................. 3.4 Nutzerstaaten ............................ 3.5 Die Praxis der westlichen Drohnenkriegsführung am Beispiel der USA ........ 3.6 Ausblick ................................

51 53

3.2.3

55 58

4 Drohnen und demokratische Außenpolitik ....... 60 4.1 Vom demokratischen Frieden ............... 61 4.1.1 4.1.2 4.1.3

Grundannahmen .................... 61 Diskussion ....................... 64 Politische Instrumentalisierung ............. 66

4.2 Die Rolle der Bevölkerung bei der Entscheidung über Krieg und Frieden ...... 67 4.3 Drohnenkriege und die Gesellschaft ....... 70 5 Fazit ....................................... 75

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Abkürzungsverzeichnis

CIA

Central Intelligence Agency (USAuslandsgeheimdienst)

COIN

Counter-Insurgency

EU

Europäische Union

GWoT

Global War on Terrorism

IED

Improvised Explosive Device

ISAF

International Security Assistance Force

NATO

North Atlantic Treaty Organization

UAV

Unmanned Aerial Vehicle

UCAV

Unmanned Combat Aerial Vehicle

UGV

Unmanned Ground Vehicle

USV

Unmanned Surface Vessel

UUV

Unmanned Underwater Vehicle

VN

Vereinte Nationen

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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1 RQ-4 Global Hawk. Quelle: United States Air Force Factsheet RQ-4 Global Hawk URL: http://www.af.mil/shared/media/photodb/ph otos/110526-F-YQ806-362.jpg [Zugriff: 17.97.2013] .......................... 42 Abbildung 2 MQ-1B Predator. Quelle: United States Air Force Media Gallery URL: http://www.af.mil/shared/media/ photodb/photos/030813-F-8888W-006.jpg [Zugriff: 17.07.2013] .......................... 43 Abbildung 3 MQ-9 Reaper. Quelle: United States Air Force Media Gallery URL: http://www.af.mil/shared/media/ photodb/photos/090127-F-7383P-001.JPG [Zugriff: 17.07.2013] .......................... 44 Abbildung 4 IAI Heron-1. Quelle: Luftwaffe.de URL: http://www.luftwaffe.de/potal/poc/luftwaf fe?uri=ci%3Abw.lw.x.mediabild&de.conet.co ntentintegrator.portlet.current.id=313538 2e33322e3135332e363130303030303030676f653 8383479782020202020 [Zugriff: 17.07.2013] ...... 46 Abbildung 5 Mikro-UAV MIKADO. Quelle: DeutschesHeer.de URL: http://www.deutschesheer.de/resource/reso urce/MzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEz MDMwMzAzMDMwMzAzMDY3Njc3ODM4NjY3NTc4MzUyM DIwMjAyMDIw/Bild1_140px.jpg [Zugriff: 17.07.2013] .......................... 47

12

Einleitung

1

Einleitung

1.1

Hintergrund

Mit dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama verband sich innerhalb der US-amerikanischen Bevölkerung die Hoffnung, dass unter seiner Führung die schmerzhaften Interventionen in Afghanistan und dem Irak, die im Rahmen des „Global War on Terrorism“ (GWoT)1 unter Obamas Vorgänger George W. Bush begonnen worden waren, endlich zu einem Ende kämen. Die Bemühung der Obama-Administration, die eigenen Truppen in diesen Krisengebieten zu reduzieren oder gar gänzlich abzuziehen, ging einher mit der Absicht, durch andere Formen militärischen Engagements einerseits eine Niederlage in den Interventionsländern abzuwenden sowie andererseits weiterhin weltweit aktiv gegen mögliche Bedrohungen vorgehen zu können.2 Dieses Bestreben mündete in dem, was in der kritischen Betrachtung - unter Rückgriff auf die Hauptakteure beziehungsweise Instrumente (Drohnen, Geheimdienste, Spezialkräfte) - bereits als „Schattenkrieg“, „Geheimkrieg“ oder „Drohnenkrieg“ bezeichnet wird. Tatsächlich stieg in der Zeit nach dem Amtsantritt Obamas die Zahl der US-geführten Angriffe mit bewaffneten Drohnen enorm an.3 1 Bush, George Walker (2001), in seiner Rede vor dem USKongreß am 20. September 2001. 2 Vgl. Schmitz, Gregor Peter (2010): Drohnen-Debatte in den USA: Obama kämpft mit Drohnen-Dilemma, In: Spiegel Online, unter: http://www.spiegel.de/politik/ausland/drohnendebatte-in-den-usa-obama-kaempft-mit-dem-drohnen-dilemmaa-680526.html [Zugriff: 17.07.2013]. 3 Vgl. New America Foundation (2012): The Year of the Drone. Counterterrorism Strategy Initiative, unter: http://counterterrorism.newamerica.net/drones [Zugriff: 25.06.2012].

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Paar: The Drone Wars Obwohl militärisch genutzte Drohnen täglich dazu beitragen, das Leben eigener Truppen zu schützen, ist ihr Einsatz nicht unumstritten. Insbesondere die intensive, autarke Nutzung abseits der zu unterstützenden Bodentruppen beförderte die Drohnen vom taktischen Hilfsmittel zum Instrument von strategischer Bedeutung und machte sie so zum Politikum. 1.2

Literaturüberblick

Die zunehmende Praxis des Drohneneinsatzes lässt sich nur schwer losgelöst von der Problematik gezielter Tötungen betrachten. In der aktuellen wissenschaftlichen Literatur zu diesem Thema lassen sich grob gesagt drei disziplinäre Zugänge ausmachen. Hierzu zählen zunächst Untersuchungen, die primär völkerrechtliche Aspekte gezielter Tötungen sowie unbemannter Drohnen als deren Instrument zum Gegenstand ihrer Betrachtung machen. Zudem werden ethische Aspekte des Tötens und gezielten Tötens einzelner Personen problematisiert. Weiterhin finden sich technische Abhandlungen zu Leistungsfähigkeit, Geschichte und Zukunft unbemannter Militärtechnik. Ebenfalls gibt es eine Reihe von politikwissenschaftlichen Analysen, die nach Ursachen für den regelrechten „Boom“ der neuen unbemannten Kampfdrohnen fragen4, diese interpretieren und Ri-

McKelvey, Tara (2010): America’s Shadow Warriors: Legal Dimensions of Special Forces and the Targeted Warfare, Working Paper No. 10-007, Northwestern University, Buffett Center for International and Comparative Studies: 2. Rudolf, Peter/ Schaller, Christian (2012): „Targeted Killing“ - Zur völkerrechtlichen, ethischen und strategischen Problematik gezielten Tötens in der Terrorismus- und Aufstandsbekämpfung, SWP-Studie, Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin: S1. 4 Müller, Harald/ Schörnig, Niklas (2010): Drohnenkrieg: Die konsequente Fortsetzung der westlichen Revolution in

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Einleitung siken aufzeigen, die mittel- bis langfristig die augenscheinlichen Vorteile dieser Systeme aufwiegen könnten. Viele Aufsätze und Werke zu diesem Thema nutzen zwei oder alle drei Zugänge, um eine möglichst umfassende Betrachtung anzustellen. Peter Rudolf und Christian Schaller argumentieren in einer aktuellen Studie zum „Targeted Killing“ (2012) mit der völkerrechtlich essentiellen Unterscheidung zwischen gezielten Tötungshandlungen, die als militärische Maßnahmen im Rahmen eines internationalen oder nicht-internationalen bewaffneten Konfliktes durchgeführt werden, sowie Maßnahmen, die naturgemäß im Rahmen innerstaatlicher oder internationaler Strafverfolgung und Gefahrenabwehr erfolgen. Hieraus ergeben sich demzufolge die Maßstäbe zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit.5 Weiterhin problematisieren Rudolf und Schaller aus einer ethischen Perspektive und mit Fokus auf die USA die fragwürdige institutionelle Praxis der Entscheidung über gezielte Tötungen von Terrorverdächtigen oder Aufständischen (targeting), die möglicherweise dazu führt, dass dauerhaft der Ausschaltung von Terroristen der Vorzug vor deren Festnahme und Zuführung zur Strafgerichtsbarkeit gegeben würde.6 Zuletzt führen Rudolf und Schaller die von vielen Autoren vorgebrachte skeptische Einschätzung zum strategischen Nutzen und Erfolg an, das heißt, inwieweit die Praxis gezielter Tötungen von Taliban oder Al-Qaida-Mitgliedern zu einer Verbesserung der Lage in Konfliktgebieten wie dem Irak oder Afghanistan geführt habe.7 Weitere völkerrechtliche Betrachtungen, die gezielt das Instrument Kampfdrohne sowie die dazugeMilitary Affairs, Aus Politik und Zeitgeschichte 50/2010: S. 16-23, hier S. 21. 5 Vgl. Rudolf/ Schaller (2012): S. 11-22. 6 Vgl. Ebenda: S. 24-28. 7 Vgl. Ebenda: S. 29-32.

Vol.

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Paar: The Drone Wars hörige Einsatzpraxis in bewaffneten Konflikten thematisieren, attestieren zumeist, dass unbemannte Systeme - sowohl bewaffnet als auch unbewaffnet - generell dazu geeignet seien, innerhalb der geltenden Regeln des humanitären Völkerrechts genutzt zu werden.8 Vielfach erscheinen Kampfhandlungen unter völkerrechtlichen Aspekten einzig mit Drohnen möglich zu sein, da sie aufgrund ihrer besseren Aufklärungsfähigkeiten erst wichtige Unterscheidungskriterien zu identifizieren fähig sind und so den Schutz von Zivilpersonen gewährleisten können. Als juristisch fraglich erscheinen jedoch regelmäßig Sachverhalte im Zusammenhang mit der Einsatzpraxis dieser Systeme. So problematisiert Felix Boor (2011) an den Drohneneinsätzen in Afghanistan und Pakistan insbesondere die Zuordnung von Taliban oder Al-Qaida-Verdächtigen zur Gruppe völkerrechtlich legitimer Ziele für militärische Angriffe.9 Weiterhin sei mit Blick auf die zunehmenden Drohnenangriffe auf pakistanischem Staatsgebiet höchst unklar, wie diese zu bewerten seien, da sie zwar einerseits gegen das Gewaltverbot aus Art. 2 Abs. 4 der Charta der Vereinten Nationen verstoßen könnten, jedoch viel dafür spricht, dass Pakistans Führung die Angriffe insgeheim duldet und unterstützt. Damit einher geht die Skepsis gegenüber der Beteiligung von Geheimdienstmitarbeitern der CIA (Central Intelligence Agency) an Drohnenangriffen, die keinen völker8

Vgl. Frau, Robert (2011): Unbemannte Luftfahrzeuge im internationalen bewaffneten Konflikt, In: Humanitäres Völkerrecht Informationsschriften 2/ 2011, Vol. 24: S. 60-72. / Richter, Wolfgang (2011): Kampfdrohnen versus Völkerrecht? Zum "Drohnenkrieg" in Afghanistan und Pakistan, In: Humanitäres Völkerrecht Informationsschriften 2/ 2011, Vol. 24: S. 105-112. 9 Vgl. Boor, Felix (2011): Der Drohnenkrieg in Afghanistan und Pakistan, In: Humanitäres Völkerrecht Informationsschriften 2/ 2011, Vol. 24: S. 97-104.

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Einleitung rechtlichen Kombattantenstatus besitzen.10 Mit völkerrechtlichen Statusfragen beschäftigt sich darüber hinaus Robert Frau (2011), der ebenfalls der Rechtmäßigkeit einer Beteiligung von Nicht-Militärpersonal bei Drohneneinsätzen widerspricht. Zudem sei bislang rechtlich unklar, ob unbeteiligte Drittstaaten durch die Beherbergung von Kontrollstationen für Drohnen zur Konfliktpartei werden bzw., wie Philipp Stroh (2011) argumentiert, dadurch eine territoriale Ausweitung des Schnittmengen bilden Kriegsgeschehens droht.11 sich unter den juristischen Autoren weitestgehend dadurch, dass sie Drohnenkriegsführung als durch das bestehende humanitäre Völkerrecht erfassbar ansehen und damit u.a. dem ehemaligen britischen Verteidigungsminister John Reid widersprechen, der das geltende Völkerrecht als nicht mehr zeitgemäß bezeichnete.12 Jedoch könnten zukünftige Entwicklungen, die unter anderem die Entscheidung über Leben und Tod gänzlich der Software von unbemannten Fahrzeugen überließen, bezüglich der Abwägung von und Verantwortung für Schädigungshandlungen Grenzen völkerrechtlich überschreiten.13 Die Schlussfolgerungen aus der rechtlichen Betrachtung fallen daher unterschiedlich aus. Es wird sowohl für zivilgesellschaftliche Initiativen zu einem Verbot von Kampfdrohnen plädiert14 als 10

Vgl. Ebenda: S. 102f. Frau (2011): S. 72. / Stroh, Philipp (2011): Der Einsatz von Drohnen im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt. In: Humanitäres Völkerrecht Informationsschriften 2/ 2011, Vol. 24: S. 73-77, hier S. 76. 12 Vgl. Singer, Peter W. (2009): Wired For War - The Robotics Revolution and Conflict in the 21st Century, New York: Penguin Books: S. 382. 13 Vgl. Ebenda: S. 382-412. / Richter (2011): S. 112. / Boor (2011): S. 104. 14 Vgl. Boor (2011): S. 104. 11

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Paar: The Drone Wars auch auf ihre Vorteile bei der Unterscheidung von Kombattanten und Zivilisten hingewiesen15 und eine eventuelle Pflicht zum Vorrang von Drohneneinsätzen genannt16. Einen auch für Gesellschaftswissenschaftler verständlichen Einblick in die derzeitige und zukünftige Leistungsfähigkeit sowie die möglichen Einsatzbereiche heutiger und in Entwicklung befindlicher Drohnensysteme widmet Peter W. Singer einen großen Teil seiner diesbezüglichen Untersuchung (2009). Dabei erläutert er in einer breit angelegten Studie den praktischen Nutzen, den unbemannte Systeme im Militäreinsatz insbesondere bei der Vermeidung eigener Opfer für Streitkräfte haben, beleuchtet jedoch auch Aspekte des militärisch-industriellen Komplexes in den USA und stellt dabei heraus, dass das US-Verteidigungsministerium die treibende Kraft hinter der großen Mehrheit aller Entwicklungsarbeit auf dem Feld unbemannter und robotischer Technik sei. Mit Blick auf das Potenzial heutiger und zukünftiger Möglichkeiten, unbemannte Luft-, See- und Landfahrzeuge militärisch einzusetzen, prophezeit er einen Wandel in der Form des Kriegsgeschehens, der tiefgreifende Änderungen sowohl im militärischen, politischen sowie sozialen Erleben von Konflikten mit sich bringen werde. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive wird im Zusammenhang mit der zunehmenden Drohnenkriegsführung insbesondere der Aspekt der Kostenreduzierung für militärische Einsätze diskutiert. Die technischen Errungenschaften, die eigene Soldaten in Einsätzen schützen sollen, sind sowohl in der Lage, (durch verminderte eigene Opferzahlen) die personellen als auch (im Vergleich zu bemannten 15 16

Vgl. Frau (2011): S. 72. / Boor (2011): S. 104. Vgl. Stroh (2011): S. 77.

18

Einleitung Systemen) die materiellen Kosten zu senken. Zudem können durch die geringere Gefährdung eigener Soldaten und die Annahmen geringer Kollateralschäden durch hohe Waffenpräzision die politischen Kosten insbesondere bei innergesellschaftlich umstrittenen Einsätzen verringert werden. Politikwissenschaftler wie Harald Müller (2010) und Niklas Schörnig (2012) befürchten, dadurch werde die Hemmschwelle für eine gewaltsame Konfliktlösung zukünftig eher gesenkt und völkerrechtliche Verpflichtungen würden den neuen technologischen Fähigkeiten untergeordnet.17 Ebenso gehe mit der forcierten Weiterentwicklung unbemannter Systeme die Gefahr eines neuen Rüstungswettlaufs einher.18 Auch stellt sich hinsichtlich der Proliferation dieser relativ günstigen Technologie die Frage, was es für die globale Sicherheitsarchitektur bedeutet, wenn sich weitere, auch nicht-westliche Staaten und nicht-staatliche Akteure mit unbemannten Systemen bewaffnen.19 Befürchtet wird, dass 17 Vgl. Müller/ Schörnig (2010): S. 21ff. / Schörnig, Niklas (2010a): Robot Warriors - Why the Western investment into military robots might backfire, PRIF-Report No. 100, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung: Frankfurt a.M.: S. 19. 18 Vgl. Schörnig, Niklas (2010b): Die Automatisierung des Krieges - Der Vormarsch der Robotkrieger ist nicht mehr aufzuhalten und wirft einige Probleme auf, HSFKStandpunkte 5/2010, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung: Frankfurt: 9. / Rötzer, Florian (2012): Von Selbstmordanschlägen zu Angriffen mit bewaffneten Drohnen, In: Marsiske, Hans-Arthur(Hrsg./2012): Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz, Hannover: Heise, S. 201-213, hier S. 207ff. 19 Vgl. Altmann, Jürgen (2012): Der Kriegsmaschine Grenzen setzen - Rüstungsbegrenzung für bewaffnete unbemannte Fahrzeuge, In: Marsiske, Hans-Arthur (Hrsg./2012): Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz, Hannover: Heise, S. 215-229, hier S. 219f./ Singer (2009): S. 261-278. / Schörnig (2010b): S. 19ff.

19

Paar: The Drone Wars weit entfernt geglaubte Konflikte plötzlich auch im eigenen Land ausgetragen werden könnten.20 1.3

Erkenntnisinteresse

Während die mittel- bis langfristig zu erwartenden strategischen Folgen die aktuelle politikwissenschaftliche Diskussion zur Drohnenkriegsführung prägen, finden die Auswirkungen, die diese neuartige Kriegspraxis auf die Außenpolitik westlicher Demokratien hat, weitaus weniger Beachtung. Die Gruppe der Staaten, die bewaffnete Drohnen einsetzen, ist derzeit weitestgehend auf die USA, Israel und Großbritannien begrenzt. Umfassende, vergleichende Studien zu dieser recht neuen Entwicklung sind zurzeit in Ermangelung ausreichender empirischer Grundlagen schwer möglich. Jedoch sind gewisse Trends in der Praxis der genannten Staaten sowie derer, die nach einer Bewaffnung mit Kampfdrohnen streben, feststellbar. Diese lassen sich sinnvoll entlang einem theoretischen Raster betrachten. 1.4

Fragestellung

Die dieser Arbeit zugrunde liegende Frage lautet daher: Wie wirkt sich die zunehmende Praxis der Drohnenkriegsführung auf die Außenpolitik der Demokratien aus, die diese Waffen benutzen? Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei darauf, wie die Entscheidung über die Anwendung militärischer Gewalt innerhalb demokratisch verfasster Staaten getroffen wird und welche Rolle dabei die demokratische Gesellschaft spielt, die im Sinne der These vom demokratischen Frieden über die eigene Involvierung in Kriege zu entscheiden hat. 20

Vgl. Schörnig (2010b): S. 20.

20

Einleitung 1.5

Thesen

Strukturiert Thesen:

wird

die

Arbeit

entlang

folgender

1. Seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes sahen sich die westlichen Demokratien mit einem erheblichen Wandel im Kriegs- und Konfliktbild konfrontiert. Dieses konfliktive Umfeld sowie die Erfahrungen aus Interventionen haben aktuell eine neue Form der Kriegsführung hervorgebracht, in der der Einsatz unbemannter Militärfahrzeuge zur Risikominimierung einen besonderen Stellenwert einnimmt.

2. Mit dieser neuen Form der Kriegsführung hat sich bei der Entscheidung über derartige Operationen eine Praxis etabliert, die hauptsächlich nur den engsten Regierungskreis einbezieht. Die Entscheidung zu militärischer Intervention stellt demnach keine res publica mehr dar, sondern wird mehr und mehr zum Exekutivgeschäft. 1.6

Struktur und Vorgehen

Der Beantwortung der Fragestellung nähert sich die Untersuchung in drei Schritten. Im ersten Abschnitt wird zunächst auf das veränderte konfliktive Umfeld eingegangen, dem sich westliche Demokratien seit Anfang der 1990er Jahre ausgesetzt sehen. In diesem Rahmen wird sowohl die Veränderung im Kriegs- und Konfliktbild bis heute dargestellt als auch die Veränderungen und Anpassungen westlicher Strategien bei der Bearbeitung dieser Konflikte erläutert. Ziel ist hierbei, ein aktuelles Bild vom Umfeld der Drohnenkriege sowie den ihnen zugrunde liegenden Prämissen zu zeichnen. Im zweiten Kapitel richtet sich der Blick auf die Instrumente, die sich aktuell in der Militärstra21

Paar: The Drone Wars tegie westlicher Demokratien als zentral etabliert haben und weiter an Bedeutung gewinnen. Der häufig unpräzisen und dämonisierenden Darstellung in vielen Medien und zum Teil auch wissenschaftlichen Arbeiten wird hier soweit möglich eine realistische Darstellung von Typen, Fähigkeiten und Einsatzszenarien von unbemannten Militärfahrzeugen gegenübergestellt. Ziel des zweiten Kapitels ist es, ein realitätsnahes Bild von den Formen und der Praxis der Drohnenkriegsführung zu gewinnen und dabei sowohl die hohe Leistungsfähigkeit und die damit verbundenen Vorteile zu betonen als auch darüber hinaus die Grenzen dieser Systeme aufzuzeigen und so möglicherweise einige Mythen über diese zu entkräften. Der dritte Abschnitt dient der Untersuchung, welche Rückwirkungen diese neuartige Form von Kriegsführung mit zunehmender Nutzung unbemannter Systeme auf die Entscheidungsprozesse in Demokratien zeitigen können. Unter Zuhilfenahme der Theorie vom demokratischen Frieden wird insbesondere die Rolle der Bevölkerung bei der Entscheidung über militärische Interventionen analysiert. Ziel dieses Kapitels ist die Einordnung der vorangegangen Erkenntnisse in einen möglichst gewinnbringenden Untersuchungsrahmen, um die Voraussetzungen für die Beantwortung der zugrunde liegenden Fragestellung zu schaffen. Im Rahmen des Fazits wird sodann die vorliegende Untersuchung in ihren wesentlichen Erkenntnissen resümiert und anhand der vorliegenden Ergebnisse eine Antwort auf die Fragestellung angeboten.

2

Der Wandel im konfliktiven Umfeld

Im Rahmen dieses Kapitels wird das gewandelte Umfeld von Konflikten und Kriegen seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation thematisiert, um sowohl 22

Der Wandel im konfliktiven Umfeld Veränderungen in den Bedingungen als auch in den Erscheinungsformen heutiger Kriege zu veranschaulichen. Im Anschluss erfolgt ein Überblick über den Wandel der strategischen Ausrichtung der an Kriegen und Konflikten beteiligten Demokratien. Darauf aufbauend werden die Merkmale, welche die heutige Form demokratischer Kriegsführung charakterisieren, herausgearbeitet. Das dem Kapitel zugrunde liegende Argument lautet, dass sich resultierend aus dem veränderten Kriegsgeschehen und den jeweiligen Formen westlichen Engagements eine neuartige Praxis der Kriegsführung etabliert hat. Innerhalb dieser Praxis nehmen Drohnenoperationen eine tragende Funktion wahr, weshalb häufig von Drohnenkriegen die Rede ist. 2.1

Verändertes Kriegsbild

2.1.1 „Neue Kriege“21 Mit dem Ende des Kalten Krieges erwuchsen neue sicherheitspolitische Herausforderungen für die internationale Staatengemeinschaft. Der Zerfall der Sowjetunion und Fragen der nachfolgenden staatlichen Ordnung brachten neuerliche Konflikte und Kriege hervor. Ebenso traten Konflikte nun deutlicher zu Tage, die unter der Wirkung der OstWest-Konfrontation unterdrückt worden waren. Vielfach handelte es sich auch um Konflikte und Spannungen, die bereits seit langem existierten, aber unter dem Eindruck der größeren Bedrohung durch 21

So unter anderem bei: Kaldor, Mary (2000): Neue und alte Kriege - Organisierte Gewalt im Zeitalter der Globalisierung, Suhrkamp: Frankfurt a.M. / Münkler, Herfried (2010): Der Wandel des Krieges - Von der Symmetrie zur Asymmetrie, Weilerwist: Velbrück. / Pradetto, August (2006): Neue Kriege, In: Gareis, Sven Bernhard / Klein, Paul (Hrsg./2006): Handbuch Militär und Sozialwissenschaften, Wiesbaden: VS - Verlag für Sozialwissenschaften, S. 214225.

23

Paar: The Drone Wars einen neuerlichen Weltkrieg keine Beachtung fanden. Umstritten ist, ob mit diesen „neuen Kriegen“ und Konflikten auch eine gänzlich neue Art kriegerischer Gewalt entstanden ist oder es sich hierbei um die bereits zuvor bekannten Formen von Bürgerkriegen und innerstaatlichen Auseinandersetzungen handelt, die lediglich vorher kaum die westliche Öffentlichkeit erreichten. Neu an dieser Ausprägung des Krieges waren für externe Beobachter Aspekte wie die Komplexität der Zusammenhänge, die zum Ausbruch der Gewalt führten, sowie das hohe Maß an Gewalt und Verrohung unter den Kriegsparteien. Die Bilder von Massengräbern und Berichte über ethnische Säuberungen offenbarten schnell, dass sich die Gewalt innerhalb der „neuen Kriege“ nicht mehr nur auf die Angehörigen gegnerischer Streitkräfte begrenzte, sondern dass insbesondere auch die Zivilbevölkerung mehr und mehr zum Ziel kriegerischer Gewalt wurde. Laut Herfried Münkler (2010/2012) besteht das wesentliche Merkmal der „neuen Kriege“ in der Entstaatlichung und Privatisierung von Gewalt. Kriegerische Gewalt dient insbesondere in Räumen schwacher, fehlender oder in Frage gestellter Staatlichkeit nicht mehr nur der Erlangung oder Bewahrung von Macht, sondern dient vielfach der Sicherung des Lebensunterhalts. In konfliktiven Gesellschaften gelangt das Kriegsgeschehen durch derartige Ökonomisierung und Entstehung von Kriegswirtschaften sehr viel tiefer in die Gesellschaft hinein und wird für die betroffene Bevölkerung zu einer Art Normalität.22

22

Vgl.: Münkler (2010): S. 291-303. / Münkler, Herfried (2012): Ende einer großen Illusion, In: loyal - Magazin für Sicherheitspolitik, Juni 2012, S. 11-16, hier S. 14.

24

Der Wandel im konfliktiven Umfeld Unter dem Eindruck ethnischer Säuberungen und Genozide, wie sie insbesondere während der Kriege in den ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken oder in Zentralafrika zu Tage traten, wurden die „neuen Kriege“ häufig als ethnische Kriege und Konflikte bezeichnet, deren Ursachen kultureller Natur seien. Die Ergebnisse aktueller Kriegsursachenforschung deuten jedoch auf eine sehr viel diversere Kausalität kriegerischer Gewalt hin. Ethnizität scheint demnach eher eine Ausprägung oder ein psychologischer Katalysator als ein Auslöser von Krieg zu sein.23 Trotz weitaus geringerer räumlicher Ausdehnung und vergleichsweise rückständigem Kriegswaffenarsenal sind die „neuen Kriege“ oftmals geprägt durch ein sehr viel höheres Maß an Brutalität und Grausamkeit in der Kriegsführung. Insbesondere verschwimmt die im Kriegsvölkerrecht so wichtige Unterscheidung zwischen Zivilist und Kombattant beziehungsweise werden Angriffe ganz gezielt zur Auslöschung von Zivilisten ausgeführt.24 2.1.2 Internationaler Terrorismus Mit den Terroranschlägen des 11. September 2001 erfolgte ein gewichtiger Wandel in der Bedrohungswahrnehmung westlicher Staaten. Waren seit dem Ende des Kalten Krieges lediglich die Bevölkerungen von Entwicklungs- und Schwellenländern den Gefahren „ihrer“25 Kriege ausgesetzt, fühlten sich westliche Gesellschaften mit einem Schlag in einen Kriegszustand versetzt mit einem Gegner, der scheinbar ganz bewusst gegen sie und ihre Lebensweise vorging. Der durch den damaligen US-Präsi23

Bspw. Kaldor (2000): S. 110ff. Vgl.: Münkler (2010): S. 292ff. 25 Zur Dichotomisierung Ihr/Unser Krieg: Gregory, Derek (2012): Der Krieg in den Grenzgebieten, Erlanger Beiträge zur Kulturgeografie, S. 1-10, hier S. 3. 24

25

Paar: The Drone Wars denten George W. Bush propagierte Global War on Terrorism mit den folgenden Interventionen in Afghanistan und im Irak war demnach auch kein fremder Krieg, in den man aus humanitären Gründen als Ordnungsmacht eingriff. Vielmehr wurde er anfangs als ein sehr eigener Verteidigungskrieg gegen einen Feind in Form des Al-Qaida-Netzwerkes geführt. Wichtige Charakteristika dieses neuen Feindbildes vom islamistischen Terror bildeten seine Exterritorialität und die netzwerkartige Organisation, die es erlaubten, wie in New York, Washington, London und Madrid dokumentiert, die Gewalt bis tief in die westlichen Städte und Gesellschaften zu tragen.26 Die Angst vor derartigen Anschlägen führte innerhalb der westlichen Gesellschaften zu einer extensiven Ausdehnung des Sicherheitsbegriffs. Nahezu alle Aspekte des öffentlichen Lebens wurden mit dem Thema Sicherheit in Verbindung gebracht und zu Legitimationszwecken für innersowie außerstaatliche Programmatiken herangezogen. Dieser Sekurisationsprozess schlägt sich bis heute in dem erweiterten Sicherheitsbegriff in fast allen sicherheitspolitisch relevanten Publikationen westlicher Regierungen nieder.27 Der islamistische Hintergrund der Attentäter vom 11. September 2001 und nachfolgender Anschläge führte innerhalb westlicher Gesellschaften zu einer Verunsicherung in Bezug auf den Islam als Religion und die islamische Welt. Kulturalistische Argumentationen bezeichnen gar den Islam an sich

26

Vgl. Gregory (2012): passim / Münkler (2010): S. 243ff. Vgl. Daase, Christopher (2010): Wandel der Sicherheitskultur. Aus Politik und Zeitgeschichte 50/2010, S. 9-16. / Zum Phänomen der Sekurisation: Waever, Ole (1995): Securitization and Desecuritization, In: Lipschutz, Ronnie D. (1995): On Security, New York: Columbia University Press, S. 46-86.

27

26

Der Wandel im konfliktiven Umfeld als das eigentliche Feindbild, dem sich der Westen zukünftig zu stellen habe.28 2.1.3 Post-Global War on Terrorism Das Kriegs- und Konfliktbild am Ende beziehungsweise nach der Ära der großen Anti-Terrorkriege in Afghanistan sowie dem Irak, wie es sich heute darstellt, ist sowohl geprägt durch neue Herausforderungen, wie sie beispielsweise seit Anfang des Jahres 2011 der Umbruch in der arabischen Welt hervorgebracht hat, als auch durch die Altlasten, die aus den „neuen Kriegen“ und dem westlichen Global War on Terrorism entstanden sind. Der von den USA angeführte westliche Einmarsch in Afghanistan 2001 sowie die anschließende Besetzung haben kaum zu einer merklichen Verbesserung der Lage geführt - insbesondere für die afghanische Bevölkerung. Das Land befindet sich seither in einem chaotischen Zustand und es bleibt ungewiss, ob die neuen afghanischen Sicherheitskräfte in der Lage sind, nach Abzug des Großteils der westlichen Truppen die zweifelhafte Sicherheit und politische Ordnung weiterhin zu garantieren, oder ob es den Aufständischen und Taliban-Kräften gelingen wird, eine erneute Machtübernahme herbeizuführen.29 Ähnlich prekär stellte sich die Lage im Irak im Anschluss an die 2003 erfolgte Invasion der Koalitionstruppen dar. Innerhalb kürzester Zeit sahen sich die westlichen Truppen einer erbitterten Aufstandsbewegung gegenüber, die die Koalition an den Rand einer militärischen Niederlage führte. Trotz scheinbar stabiler Lage und demokratischen Wahlen bleibt ungewiss, wie friedlich die Verhält28 Vgl. Weyland, Petra (2004): Zur Konstruktion eines Feindes: Der Fall Islam, In: Schweitzer, Christine/ Aust, Björn/ Schlotter, Peter (Hrsg./2004): Demokratien im Krieg, Baden-Baden: Nomos, S. 145-160, hier S. 145. 29 Vgl. Münkler (2012): S. 11.

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Paar: The Drone Wars nisse zukünftig bleiben werden und ob die geschaffene politische Ordnung auf Dauer gestellt sein wird. Neben Afghanistan und dem Irak waren noch weitere Staaten vom westlichen Krieg gegen den Terrorismus betroffen. So weitete sich das Vorgehen gegen islamistische Terrornetzwerke und Aufstandsbewegungen auch in scheinbar unbeteiligten Drittstaaten wie Pakistan, dem Jemen und Somalia auf Regionen aus, in denen der jeweilige staatliche Einfluss gering ist.30 Besonders im Jemen erstarken seither Al-Qaida-Anhänger und versuchen neuerdings, dort eine neue Basis herzustellen.31 Zu den alten Baustellen des Krieges gegen den Terrorismus traten nun - aufgeworfen durch die Ereignisse in der arabischen Welt sowie die NATO-Operation in Libyen - neue Herausforderungen, die in ihrer Entwicklung sicher längst nicht abgeschlossen sind. Die Piraterie-Problematik am Horn von Afrika führte jüngst dazu, dass das militärische Engagement zu deren Eindämmung bereits auf das somalische Festland ausgedehnt wurde, was ebenfalls westliche Streitkräfte tiefer in das konfliktive Umfeld involviert. 2.2

Der Strategiewandel westlicher Demokratien

Im Zuge der beschriebenen Entwicklungen im Kriegsund Konfliktgeschehen veränderte sich ebenfalls die Praxis westlicher Demokratien hinsichtlich ihres militärischen Engagements. Dieser Wandel hin zur heutigen Form von demokratischer Kriegsführung wird im Folgenden anhand von vier Phasen dargestellt. 30

Vgl. McKelvey (2010): S. 2. Vgl. Müller, Harald (2012): Truppen nur noch bei Genozid – Interview, In: loyal - Magazin für Sicherheitspolitik, Juni 2012: S. 27. 31

28

Der Wandel im konfliktiven Umfeld 2.2.1 Humanitäre Interventionen Die aufkommende Relevanz der neuen Kriege zu Beginn der 1990er Jahre ließ in der westlichen Welt schnell die Überzeugung heranreifen, man habe die moralische Verpflichtung zu intervenieren, um die häufig durch Gräueltaten und Massaker charakterisierten Konflikte zu stoppen, die eigenen Mindeststandards an Menschenrechten zu vermitteln und weitere Gewalttaten zu verhindern sowie die nachhaltige Entwicklung und Demokratisierung der jeweiligen Gesellschaften zu bewirken. Die ersten zaghaften Ansätze zur Konfliktbearbeitung scheiterten jedoch häufig an Uneinigkeit und mühsamer Abstimmung zwischen den Staaten oder mussten mangels Erfolgsaussichten oder aufgrund von Rückschlägen abgebrochen werden. So wurde beispielsweise 1993 die VN-Friedensmission im ostafrikanischen Somalia abgebrochen, nachdem der Haupttruppensteller USA seine Kräfte nach ersten eigenen Verlusten abzog.32 Ebenso kam 1994 im Falle der bürgerkriegsähnlichen Zustände in Ruanda, die im Völkermord endeten, kein Entschluss zu einem robusten Eingreifen zustande und bis auf die Evakuierung der eigenen im Lande befindlichen Staatsbürger kamen westliche Armeen nicht zum Einsatz. In Ermangelung eines robusteren Mandates mussten während des Bosnienkrieges 1995 niederländische VN-Blauhelmsoldaten untätig mit ansehen, wie paramilitärische Verbände in der Ortschaft Srebrenica ein Massaker anrichteten.33

32 Vgl. Vereinte Nationen (1997): UNOSOM I Mission Backgrounder, Department of Public Information, unter: http://www.un.org/Depts/ DPKO/Missions/unosomi.htm [Zugriff: 17.07.2013]. Vereinte Nationen (1997): UNOSOM II Mission Backgrounder. Department of Public Information, unter: http://www.un.org/Depts/DPKO/Missions/unosom 2b.htm [Zugriff am 29.07.2012]. 33 Vgl. Wehrmann, Elisabeth (2005): Abwiegeln in Den Haag,

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Paar: The Drone Wars Erfahrungen wie diese führten zu einer sehr viel offensiveren Gangart, als beispielsweise NATOStreitkräfte ohne vorherige VN-Resolution 1999 serbische Streitkräfte daran hinderten, in die Provinz Kosovo einzumarschieren. Nach einer zunächst luftgestützten Anfangsphase schloss sich der Einsatz von gepanzerten Bodentruppen an, die im Rahmen einer Stabilisierungsoperation Konfliktparteien trennen und ein erneutes Ausbrechen der Gewalt verhindern sollten.34 Die als Erfolg propagierte Intervention in den Kosovo-Konflikt ließ das Konzept der humanitären Intervention als Musterlösung erscheinen, um der „neuen Kriege“ Herr zu werden. Einer schnellen Anfangsoperation zur Beendigung aktiver Kampfhandlungen (peace enforcement) sollte eine Entsendung von Bodentruppen zur Wiederherstellung und Bewahrung der öffentlichen Sicherheit folgen (peace keeping), die durch internationale Hilfsorganisation unterstützt den staatlichen und gesellschaftlichen Wiederaufbau gewährleisten würden (peace/ state building). Diese „Interventionseuphorie“35 reichte so weit, dass im Rahmen des Konzeptes der Schutzverantwortung („Responsibility to Protect“36) eine generelle Interventionspflicht westlicher Staaten diskutiert wurde, jedoch aufgrund von Bedenken zu hoher Frequentierung sowie der Relativierung staatlicher Souveränitätsaspekte bislang zu keiner innovativen Operationalisierung gelangte.

In: Die Zeit, 07.07.2005. 34 Vgl. Münkler (2012): S. 15. 35 Vgl. Ebenda: S. 11. 36 Vgl. International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS) (2001): The Responsibility to Protect, International Development Research Centre, Ottawa.

30

Der Wandel im konfliktiven Umfeld 2.2.2 „Shock and awe“37 Mit der Operation Enduring Freedom erfolgte mit dem Angriff der US-Streitkräfte auf Afghanistan im Oktober 2001 die Antwort auf die Terrorangriffe auf das World Trade Center und das Pentagon. Das Ziel der Kampagne war das afghanische Taliban-Regime, das die Drahtzieher der Anschläge mutmaßlich beherbergte. Das Vertrauen in die eigene technische sowie strategische Überlegenheit, gegen die keine konventionelle Streitkraft ankommen könne, veranlasste die US-Administration, den Angriff auf Afghanistan sowie im März 2003 auf den Irak im Sinne eines klassischen konventionellen Krieges zu führen. Die Operationsplanung sah vor, dass die hochentwickelte Militärtechnik und der schnelle Erfolg potentielle Gegner einschüchtern und zur Aufgabe bewegen würden („shock and awe“) und man im Zuge schneller Kampagnen Teile der islamischen Welt „befreien“ und so demokratisieren könne. Trotz der anfänglichen Erfolge in beiden Fällen (nach 41 Tagen erklärte US-Präsident Bush den Krieg gegen den Irak als gewonnen) sahen sich die westlichen Truppen schnell einer feindlich gesinnten Umgebung ausgesetzt, in der Aufstandsbewegungen und AlQaida-Anhänger aus aller Welt die High-TechStreitkräfte an den Rand einer Niederlage führten.38 Zudem stellte es sich als Trugschluss heraus, dass sich nach einer erfolgreichen Niederwerfung von Taliban- oder Baath-Regime auch die jeweilige Landesbevölkerung dem politischen Neuordnungswillen 37

Stelzenmüller, Constanze (2003): Schock und Entsetzen, In: Die Zeit 13/2003. 38 Vgl. Bacevich, Andrew (2012): Der American Way of War Von der Befreiung über die Befriedung zur gezielten Tötung, In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Juni 2012, S. 91-96, hier S. 92. / Stelzenmüller (2003).

31

Paar: The Drone Wars der Besatzer beugen werde. Die ambitionierte Zielsetzung, durch Regime-Change Afghanistan und den Irak in demokratische Staaten nach westlichem Vorbild zu transformieren, erfuhr eine verlustreiche Absage.39 2.2.3 Counter Insurgency Die zunehmend verlustreichen Gefechte gegen Aufständische veranlassten die westlichen Truppen zunächst im Irak und später auch in Afghanistan dazu, ihre Strategie im Rahmen von COIN (CounterInsurgency) anzupassen und - statt auf überlegene Militärtechnik und massive Feuerkraft zu setzen den Aufständischen den Rückhalt in der Bevölkerung zu entziehen. Diese Strategie der Aufstandsbekämpfung erforderte ein erhöhtes Maß an boots on the ground und führte zu einer abermaligen Aufstockung der Truppenstärke. Die Bemühungen, die öffentliche Ordnung wiederherzustellen und das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, sollten die Motivation eliminieren, die Aufständischen zu unterstützen oder sich ihnen anzuschließen. Gegen letztere wurde nunmehr in gezielten Aktionen im kleinen Maßstab und unter größtmöglicher Schonung der Zivilbevölkerung vorgegangen.40 Was im Irak ab 2006 zu einer Beruhigung der Lage führte und so mit großer Anstrengung eine militärische Niederlage der USA verhindern konnte, erwies sich in Afghanistan als ungeeignet. Trotz eines ebenfalls aufgestockten Truppenanteils und um-

39

Vgl. Münkler (2012): S. 11. Vgl. Kilcullen, David J. (2009): The Accidental Guerrilla: Fighting Small Wars in the Midst of a Big One, New York: Oxford University Press, passim / Bacevich (2012): S. 92ff. 40

32

Der Wandel im konfliktiven Umfeld fassender Counter-Insurgency-Operationen die Erfolge gering.41

blieben

2.2.4 Risikotransfer Die derzeitige Strategie, welche die westlichen Demokratien in Afghanistan oder zuletzt während der NATO-Operation in Libyen verfolgt haben, lässt sich wohl treffend als Risiko-Transfer im Sinne der von Martin Shaw (2004) dargestellten Form des zukünftigen westlichen Krieges beschreiben. Dabei wird ein größtmöglicher Teil von Risiken und Kosten der Einsätze durch die Übergabe an lokale Partner externalisiert oder durch die Nutzung überlegener Rüstungstechnologie vermieden. So steht die Ausrüstung und Ausbildung der lokalen Partner beispielsweise in Form der neuen afghanischen Sicherheitskräfte oder libyscher Rebellen im Vordergrund. Die eigene Kriegsführung wird zunehmend aus der Luft und mit Drohnen geführt, um durch die scheinbare Effizienz bei der Ausschaltung von „Hochwertzielen“ den Anschein von Erfolgen zu erhalten und so den Abzug der eingesetzten Truppen trotz nicht erreichter Ziele zu legitimieren oder ein Engagement mit Bodentruppen ganz zu vermeiden.42 2.3

Der Trend zu einer neuen Form der Kriegsführung

Die Erfahrungen, die westliche Demokratien aus den zurückliegenden 20 Jahren humanitärer Interventionen, Friedenseinsätzen, Anti-Terror-Kriegen und Aufstandsbekämpfungen gewonnen haben, werden mit 41

Vgl. Ebenda: S. 92ff. Vgl. Shaw, Martin (2005): Risk-transfer militarism and the legitimacy of war after Iraq, In: Eden, Paul/ O’Donnell, Thérèse (eds./ 2005): 11. September 2001: A Turning Point in International and Domestic Law?, New York: Ardsley, S. 127-148. / Münkler (2012): S. 11f. 42

33

Paar: The Drone Wars einiger Sicherheit Einfluss auf die Bereitschaft zu zukünftigen Militäreinsätzen und deren Form nehmen. Viele Hinweise sprechen bereits jetzt dafür, dass die begonnene Strategie des RisikoTransfer-Krieges, wie sie zuletzt durch die NATO am Beispiel Libyen praktiziert wurde oder insgeheim durch US-Geheimdienste in Pakistan, Jemen und Somalia stattfindet, zukünftig die bevorzugte Form der Kriegsführung für westliche Demokratien darstellen wird.43 Insbesondere die langwierige Verstrickung in innerstaatliche Konflikte und Aufstände, wie zuletzt im Irak und Afghanistan geschehen, führte innerhalb demokratischer Gesellschaften immer wieder zu schwindendem Rückhalt für Einsätze. Zu hoch waren die Kosten und Opfer und zu gering waren sowohl die gefühlte Relevanz des Einsatzzwecks als auch die teuer bezahlten Erfolge. 2.3.1 Zurückhaltung und Risikominimierung Was die zukünftige Form der Kriegsführung westlicher Demokratien ausmachen wird, ist laut Herfried Münkler (2012) und Harald Müller (2012) eine sehr viel größere Zurückhaltung und Selektivität beim Einsatz von Militär. Ähnlich dem Einsatz von NATOStreitkräften während der Libyen-Operation 2011 wird sich westliche Teilhabe an Militäraktionen zukünftig wieder mehr auf luftgestützte Kampagnen konzentrieren, in deren Rahmen lokale Partner, die den Kampf am Boden führen, unterstützt werden. Eine gewichtige Rolle werden in diesem Rahmen mehr und mehr unbemannte Flugzeuge einnehmen, die sowohl für luftgestützte Aufklärung als auch für aktive Kampfeinsätze genutzt werden. Neben den Drohnen werden zukünftig kleine Spezialkräfteeinheiten die zweite Säule demokratischer Kriegsführung bil43

Vgl. Münkler (2012): S. 11f.

34

Der Wandel im konfliktiven Umfeld den. Aufgrund ihrer hohen Spezialisierung, Ausbildung und High-Tech-Ausrüstung können sie bei kalkulierbarem Risiko kosteneffizienter eingesetzt werden als große Invasionsstreitkräfte. Neben der Unterstützung lokaler Konfliktparteien werden auch weiterhin insbesondere die USA weltweit als Bedrohung eingestufte Personen gezielt töten oder festnehmen. Wie bereits zuvor bei der Einführung neuartiger Militärtechnik, die eine vermeintliche Überlegenheit garantieren sollte, ist auch der zunehmende Einsatz von Drohnen verbunden mit dem alten Wunsch nach einem möglichst unblutigen Krieg ohne eigene Verluste und mit garantiertem Sieg.44 Eindeutige Anzeichen für eine derartige neue Doktrin innerhalb westlicher Staaten sind bereits zu erkennen. So haben mit der Abschaffung der Wehrpflicht in Deutschland nahezu alle westlichen Staaten den Schritt zu reinen Freiwilligenstreitkräften vollzogen, die einerseits kleiner (günstiger), besser ausgebildet und ausgerüstet werden sollen, andererseits aufgrund der individuellen Entscheidung für den Dienst auf weniger gesellschaftliche Widerstände stoßen, sollte es zu einem Einsatz kommen.45 Allein der Einsatz im Irak kostete die USA zwischen 1,8 und 2,7 Billionen US-Dollar.46 Der noch andauernde Einsatz von OEF und ISAF in Afghanistan kostet Schätzungen zufolge etwa 143 Milliarden US-

44 Vgl. Schörnig, Niklas (2001): Demokratischer Frieden durch überlegene Feuerkraft? - Zum ambivalenten Verhältnis von Demokratie und moderner Rüstungstechnologie, HSFKStandpunkte 3/2001, Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung: Frankfurt. / Seliger, Marco (2012): Die Epoche der Spezialeinheiten. In: loyal - Magazin für Sicherheitspolitik: S. 22-26, hier S. 24f. 45 Vgl. Münkler (2010): S. 251ff. 46 Vgl. Münkler (2012): S. 12.

35

Paar: The Drone Wars Dollar jährlich.47 Diese immensen Ausgaben führten bei der ohnehin angespannten Wirtschaftslage westlicher Demokratien zu Reformprogrammen, in denen sowohl Streitkräftereduzierungen als auch gemeinsame Rüstungsvorhaben vorgesehen sind. Neuerliche Interventionsvorhaben, die über lange Zeiträume hinweg große Kosten verursachen, erscheinen zurzeit unwahrscheinlich und nicht realisierbar. Insbesondere der bislang größte und wichtigste Akteur in diesem Zusammenhang, die USA, kündigte in der Anfang 2012 vorgestellten strategischen Neuausrichtung eine drastische Reduzierung der konventionellen Streitkräfte um bis zu 100.000 Mann an. Damit sollen in den nächsten Jahren bis zu 259 Milliarden US-Dollar des Verteidigungshaushalts eingespart werden.48 Zugleich aber sollen die Mannstärken der US-Spezialkräfte zunehmen und die Flotte an unbemannten Kampf- und Aufklärungsdrohnen bis 2013 um rund 30 Prozent beträchtlich anwachsen. Um diese im Rahmen von Operationen kleinen Maßstabs weltweit flexibel einsetzen zu können, sind zudem Errichtungen neuer, kleiner US-Basen insbesondere im Pazifikraum und Afrika angekündigt worden.49 Höchstwahrscheinlich sind es jedoch vor allem die hohen Zahlen eigener Opfer - insbesondere während 47 Vgl. Afghanistan Study Group (2010): A New Way Foward Rethinking U.S. Strategy in Afghanistan, unter: http://www.afghanistanstudygroup.org/NewWayForward_report.pdf [Zugriff: 17.07.2012], hier S. 5. 48 Vgl. o.V. (2012): Amerikanisches Pentagon: Das Militär muss sparen, In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.01.2012. 49 Vgl. U.S. Department of Defence (2012): Sustaining U.S. Global Leadership: Priorities for 21st Century Defense: 2. / Geldner, Andreas: "Fokus auf Asien: US-Armee setzt auf kleinere Stützpunkte." In: Frankfurter Rundschau, 27.01.2012.

36

Der Wandel im konfliktiven Umfeld des Irakkrieges 2003 und dem sich anschließenden Besatzungszeitraum (ca. 4.800 Koalitionssoldaten) sowie in Afghanistan (bisher über 3.000 Soldaten der ISAF und OEF) -, die den Strategiewandel herbeigeführt haben.50 Guerilla-Taktik und die berüchtigten Improvised Explosive Devices (IED) legen die Ausrichtung auf die weitere Reduzierung von Risiken für eigene Truppen nahe. Dabei sind insbesondere Spezialkräfte durch ihre punktuellen und äußerst schnellen Einsätze nur sehr kurzfristig einer Gefährdung ausgesetzt. Mittels unbemannter Fahr- und Flugzeuge lässt sich das Risiko für eigene Kräfte sogar nahezu vollständig ausschließen.51 2.3.2

Menschenjagd und targeted killing

Die vermutlich größere Zurückhaltung, Kostenreduzierung sowie Risiko-Transfers in der Kriegsführung westlicher Staaten sind jedoch kein Indiz dafür, dass eine passive Sicherheitspolitik betrieben wird. Insbesondere die US-Streitkräfte wollen zukünftig ihre globale Machtprojektionsfähigkeit durch kleine Basen, von denen aus Special Forces und Drohnen operieren können, erweitern.52 Der als „Hitlerisierung“53 bezeichnete Trend, der sich bereits in den humanitären Interventionen etabliert hat, kennzeichnet die Individualisierung des Feindes durch Konzentration auf Führungspersonen, die entmachtet, gezielt bekämpft oder festgenommen werden. Diese Jagd nach Hintermännern, 50

Vgl. Münkler (2012): S. 12 und S. 16. Vgl. Seliger (2012): S. 24. 52 Vgl. Graham, Stephen (2012): Sehende Kampfzonen - Urbane Kriegsführung und US-Militärtechnologie, In: Marsiske, Hans-Arthur (Hrsg./ 2012): Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz, Hannover: Heise, S. 55-79, hier S. 77. 53 Vgl. Müller, Harald (2001): Sind Demokratien wirklich friedlich?, HSFK Standpunkte 2/2001: S. 4. 51

37

Paar: The Drone Wars Drahtziehern und Machthabern, die sodann entweder targeted killings zum Opfer fallen oder durch Spezialkräfte festgesetzt werden, lässt sich auch im Zuge der Aufstandsbekämpfung und Jagd auf AlQaida-Verdächtige nachvollziehen.54 Im Falle des gestürzten irakischen Machthabers Saddam Hussein sowie des libyschen Ex-Diktators Muammar al-Gaddafi lässt sich das Muster anhand des Partnering mit lokalen Verbündeten nachzeichnen, die mittels Drohnen und Geheimdienstinformationen zu ihren jeweiligen Zielpersonen gelotst wurden.55 Es ist zu vermuten, dass diese gezielten Menschenjagden mit anschließendem targeted killing, Festnahme oder Auslieferung, die Gefechte und Schlachten des zukünftigen Krieges bestimmen werden.56

3

Drohnen als „weapons of choice“57

Welche Bezeichnung die Ära der Drohnen und Spezialeinheiten erhalten wird, ist bisher noch unklar. Als „spätmodernen Krieg“58 bezeichnet Derek Gregory die verdeckten Operationen von Special Forces und Kampfdrohnen in Pakistan. Von „expeditionary operations“59 liest man in der aktuellen Fassung der NATO-Strategie. Und auch unter dem Label Postoder Neo-Interventionismus60 findet die wissen-

54

Vgl. McKelvey (2010): S. 2. Vgl. Singer, Peter W. (2012): Do Drones Undermine Democracy? In: The New York Times, 21.01.2012. 56 Vgl. McKelvey (2010): S. 7. 57 Vgl. Drew, Christopher (2009): Drones Are Weapons of Choice in Fighting Qaeda, In: The New York Times, 16.03.2009. 58 Vgl. Gregory (2012): S. 2. 59 NATO (2010): Strategic Concept, Brüssel: S. 15. 60 Beispielsweise in Form von Konferenzen und Beiträgen 55

38

Drohnen als „weapons of choice“ schaftliche Debatte über die Zukunft des Krieges statt. Was bereits während der Interventionen auf dem Balkan sein Debüt feierte61 und in wesentlich größerem Umfang an Bedeutung gewinnen wird, sind die Instrumente dieser zukünftigen Form der Kriegsführung: unbemannte Luft-, Boden und Seefahrzeuge oder - in ihrer populären Bezeichnung - „Drohnen“. Im folgenden Abschnitt der Arbeit werden Informationen zusammengetragen, die einerseits einen Überblick über aktuelle Drohnentechnik hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit und Grenzen sowie möglicher Einsatzszenarien geben. Weiterhin werden anhand der bereits im Besitz von Drohnentechnologie befindlichen Staaten und deren bisherigen Drohnennutzung Aspekte der aktuellen Praxis beleuchtet, um den Begriff Drohnenkrieg beziehungsweise Drohnenkriegsführung genauer zu fassen. 3.1

Begriffsdefinition

Um zu einer geeigneten Definition in Bezug auf die Drohnenkriegsführung zu kommen, ist es zunächst sinnvoll, die Instrumente dieser Praxis, die Drohnen, genauer zu beschreiben, da der Begriff insbesondere in der Medienberichterstattung und auch in wissenschaftlichen Aufsätzen häufig undifferenziert benutzt wird. Für alle Formen von Drohnen gilt, dass es sich um unbemannte Systeme handelt, die zu einem gewissen Grad Roboter sind, also ihre Umwelt mit eigener wie: Kümmel, Gerhard/ Giegerich, Bastian (eds./ 2013): The Armed Forces: Towards a Post-Interventionist Era? (Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr) / Chandler, David: The Rise of Post-Intervention: Shifting Discourses of Global Political Community and the Construction of the Human. 61 Vgl. Singer (2009): S. 58.

39

Paar: The Drone Wars Sensorik wahrnehmen, die eingehenden Informationen anhand vorhandener Datensets verarbeiten und die sodann mittels Effektoren (bspw. Greifarmen/Ruder) Einfluss auf die wahrgenommene Umwelt nehmen.62 Zu unterscheiden sind unbemannte Systeme hinsichtlich ihres Einsatzmediums. Fliegende Drohnen werden als unmanned aerial vehicle (UAV) bezeichnet. Werden sie mit Waffen ausgerüstet spricht man von unmanned combat aerial vehicle (UCAV). Ist in der Berichterstattung oder Literatur von (Kampf-) Drohnen die Rede, handelt es sich dabei zumeist um UAV und UCAV. UAV und UCAV stellen jeweils eine Systemkomponente dar, die zumeist durch dazugehörige Steuerelemente und Kontrollstationen ergänzt wird. Im Verbund werden diese oft als unmanned aerial system (UAS) bezeichnet.63 Landgestützte unbemannte Fahrzeuge werden unter dem Begriff unmanned ground vehicle (UGV) gefasst. Diese können sowohl an ferngesteuerte Fahrzeuge erinnern oder in ihrer Statur Lebewesen ähneln. Auch UGV werden bereits in großer Zahl durch westliche Streitkräfte eingesetzt.64 Unbemannte Wasserfahrzeuge befinden sich zu einem Großteil noch in der Entwicklung bzw. Erprobung und nehmen bislang keine militärischen Tätigkeiten wahr. Unterschieden werden unmanned surface vessels (USV) für die Bewegung an der Wasseroberfläche sowie unmanned underwater vehicles (UUV) als fernlenkbare Unterseeboote.65 Unterschiede zwischen verschiedenen Systemen ergeben sich weiterhin aufgrund des Autonomiegrades. Viele kleine Systeme - sowohl UAV als auch UGV 62 63 64 65

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

40

Ebenda: S. 66ff. Singer (2009): S. 116ff. Ebenda: S. 110ff. Ebenda: S. 114ff.

Drohnen als „weapons of choice“ werden noch sehr unmittelbar durch einen Bediener gesteuert. Andere, größere UAV sind bereits in der Lage, Flugmanöver über längere Zeit selbstständig durchzuführen und sich an gegebene Situationen, wie beispielsweise Wetteränderungen, anzupassen. Ebenfalls sind sogar komplizierte Manöver wie Start und Landung von UAV und UCAV bereits automatisiert möglich.66 3.2

Fähigkeiten von Drohnensystemen

3.2.1

UAV/UCAV

Das US-amerikanische Luftfahrtamt stellte im Jahr 2010 fest, dass heutige unbemannte Luftfahrzeuge in Größenordnungen existieren, die von der Spannweite einer Boeing 737 bis hin zu weniger als einem herkömmlichen Modellflugzeug reichen. Weiterhin entwickelten und produzierten allein in den USA ca. 50 Firmen und Institute über 155 verschiedene Typen unbemannter Flugzeuge.67 3.2.1.1 RQ-4 Global Hawk Das größte UAV, das sich in militärischer Nutzung befindet, stellt mit einer Spannweite von knapp 40 Metern die amerikanische RQ-4 Global Hawk dar. Die Global Hawk dient in erster Linie als weitreichende Aufklärungsdrohne und ist in dieser Funktion mit elektro-optischen Kameras, Infrarot-Sensoren und Bodenradar zur Abtastung der Erdoberfläche auch durch die Wolkendecke hindurch ausgerüstet. Diese Sensorik erlaubt die Überwachung von Regionen größer als Irland sowie Live-Bilder mit Detailaufnahmen. Mit einer Reichweite von circa 66

Vgl. Müller/ Schörnig (2010): S. 20. Vgl. U.S. Federal Aviation Administration (2010): Factsheet. Unmanned Aircraft Systems (UAS), unter: http://www.faa.gov/news/fact_sheets/news_story.cfm?newsid= 6287 [Zugriff 19.06.2012].

67

41

Paar: The Drone Wars 16.000 Kilometern und einer maximalen Einsatzhöhe von knapp 20 Kilometern kann die Global Hawk bis zu 35 Stunden in der Luft verbleiben. Mittels Satellitennavigation (GPS) und –Kommunikation ist die Drohne in der Lage, selbstständig zu starten, zu landen sowie während des gesamten Einsatzes die Flugsteuerung zu kontrollieren. Der Stückpreis der RQ-4 liegt inklusive aller Systemkomponenten bei über 123 Millionen US-Dollar, das Fluggerät an sich jedoch nur bei 35 Millionen. Die US-Air Force verfügt über 20 dieser Drohnen. Die Bundeswehr wird voraussichtlich bis 2014 fünf RQ-4 unter der Bezeichnung Euro Hawk einführen.68

Abbildung 1: RQ-4 Global Hawk 3.2.1.2 MQ-1B Predator Die UAV/UCAV Predator ist mit einer Spannweite von knapp 17 Metern in etwa vergleichbar mit einem einmotorigen Sportflugzeug. Herzstück der Predator ist die am Bug angebrachte Sensorik-Kugel, die über Infrarotsensor, Tag- und Nachtsichtkamera, 68

Vgl. U.S. Air Force (2012a): Fact Sheet: RQ-4 GLOBAL HAWK, Official Site of the U.S. Air Force, unter: http://www.af.mil/ infomation/factsheets/factsheet.asp?id =13225 [Zugriff 27.01.2012] / Singer (2009): S. 36.

42

Drohnen als „weapons of choice“ Bodenabtastradar, Beleuchtungslaser und Laserzielmarkierer verfügt. Zudem kann die MQ-1B als UCAV mit zwei lasergelenkten AGM-114 Hellfire-Panzerabwehrraketen ausgerüstet werden. Diese Ausstattung erlaubt es sowohl Aufklärungsergebnisse in Echtzeit zu erzielen, Ziele für andere Kampfflugzeuge mittels Laser zu markieren oder mit den mitgeführten Raketen selbst anzugreifen. Die Reichweite der Predator liegt bei circa 1.250 Kilometern, bei einer Flughöhe von 7.600 Metern. Neben der Satellitensteuerung besteht die Möglichkeit, auch konventionelle Funkverbindung zur Kontrolle der Drohne zu nutzen. Ebenso kann durch die moderne Funkausstattung die Drohne eine Relaisfunktion wahrnehmen und Aufklärungs- sowie Funkdaten von oder an Bodentruppen weiterleiten. Ein System, bestehend aus Bodenkontrolle, Satellitenkommunikationsausstattung sowie vier Fluggeräten wird mit Anschaffungskosten von 20 Millionen US-Dollar veranschlagt.69

Abbildung 2: MQ-1B Predator

69 Vgl. U.S. Air Force (2012b): Fact Sheet: MQ-1B PREDATOR, Official Site of the U.S. Air Force, unter: http://www.af.mil/ information/factsheets/factsheet.asp?id =122 [Zugriff 27.02.2012] / Singer (2009): S. 32ff.

43

Paar: The Drone Wars

3.1.2.3 MQ-9 Reaper War die Predator noch in erster Linie als Aufklärungsdrohne für mittlere Reichweite konzipiert und eingeführt worden, nimmt ihr großer Bruder MQ-9 Reaper die offensive „hunter/killer“-Rolle wahr. Die Reaper ist dabei lediglich wenige Meter größer als die Predator und verfügt über die gleiche Funk- und Aufklärungsausstattung, erreicht aber aufgrund ihrer höheren Motorleistung Zugewinne an Reichweite, Flughöhe und Nutzlast. So können laser- und GPS-gelenkte Präzisionsbomben GBU-12 und GBU-38 in Verbindung mit lasergelenkten Panzerabwehrraketen AGM-114 Hellfire kombiniert werden um die Reaper mit einem hocheffizienten Waffenmix auszustatten. Mit einem Systempreis (vier Fluggeräte inklusive Kontrolleinrichtungen) von 53,5 Millionen US-Dollar kostet die Reaper etwa mehr als das doppelte der Predator.70 Derzeit sind Reaper und Predator noch die einzigen UCAV im Arsenal der US-Streitkräfte.

Abbildung 3: MQ-9 Reaper 70

Vgl. U.S. Air Force (2012c): Fact Sheet: MQ-9 REAPER, Official Site of the U.S. Air Force, unter: http://www.af.mil/information/ factsheets/factsheet.asp?id =6405 [Zugriff 05.01.2012]).

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Drohnen als „weapons of choice“ 3.1.2.4 Heron Die israelische (auch durch die deutschen ISAFKräfte genutzte) UAV Heron-1 (in Israel unter der Bezeichnung Machatz eingeführt) stellt hinsichtlich der Aufklärungsausstattung und Leistungsmerkmale eine der US-amerikanischen Predator vergleichbare Drohne dar. Eine Bewaffnung der Heron-1 ist derzeit nicht vorgesehen. Auch die Heron-1 ist in der Lage, während Start und Landung die Flugkontrolle autonom zu übernehmen. Mittels der drei zu einem Systemsatz gehörenden Fluggeräte können die bis zu 27 Stunden reichenden Einzelflugzeiten die kontinuierliche Aufklärung eines Gebietes im Bereich von knapp 72 Stunden gewährleisten.71 Das Nachfolgemodell Heron TP stellt (ähnlich im Falle von Predator und Reaper) eine modernisierte und leistungsgesteigerte Version der Heron-1 dar. Auffällig dabei ist neben der Einsatzdauer von 36 Stunden zudem das enorm gestiegene Zuladungsgewicht, das für die Heron TP nunmehr bei einer Tonne liegen soll und damit die Bewaffnung mit Panzerabwehrraketen erlaubt.72

71 Deutsche Bundeswehr(2012): Heron über Afghanistan, unter: http://www.bundeswehr.de/portal/a/bwde/!ut/p/c4/ NYzBCsIwEES_pT-QbUS0erMUxKso2l7KtllKME1KujEgfrzJwRmYy5sZ 6CDZ4ltPyNpZNPCEdtTHIYohKhL44kDG0CowrL2iuSdtV-QPPPIyNUZ niXMyWdYpJ4_svFicZ5NJ8D4RoRW0p WxquS__kt_q3p13t8320Fzqaz 40E7SKYJnnKp6K4gcDSwsc/ [Zugriff am 20.06.2012]. Deutsche Luftwaffe (2011): Immer und überall gegenwärtig – der Heron 1 im Einsatz, unter: http://www.luftwaffe.de /portal /a/luftwaffe/!ut/p/c4/NYu7DsIwDEX_yHYYeG2gCgkGGEPZ3DS0EWlS WW678PE0A_dIZzm6-MKVxHPoWENOHPGJtQvHZoG4AH90gsSuBxbXhxk2 ZAy8fY O2_FoPLievxeqThtWdsGaBMYvGUiaRtUBosSZTnWlL_5nvvr IHeyPaXe-XB47Dc PoBujBqZQ!! [Zugriff 20.06.2012]. 72 Vgl. Ackerman, Spencer (2011): Will Israel Sell Russia Its Prized Monster Drone?, unter: http://www.wired.com/ dangerroom/2011/01/will-israel-sell-russia-its-prizedmonster-drone [Zugriff 20.06.2012].

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Paar: The Drone Wars

Abbildung 4: IAI Heron-1 3.1.2.5 Kleinere Systeme Neben UAV und UCAV, die in ihrer Größe kleinen Sport- und Passagierflugzeugen entsprechen, geht ein weiterer Trend in Entwicklung und Einsatz von UAV zu sehr viel kleineren Systemen für den Nahund Nächstbereich. Häufig gehören diese kleinen UAV bereits zur festen Ausstattung bestimmter Aufklärungsfahrzeuge oder können man-portable oder auf Fahrzeugen, durch Bodentruppen mitgeführt werden. Beispielhaft können hier die in der deutschen Bundeswehr eingeführten UAV KZO (zukünftig HUSAR), LUNA (zukünftig ULAN) oder ALADIN genannt werden. Das Äquivalent auf US-amerikanischer Seite stellen die RQ-7 Shadow, RQ-11 Raven und RQ-14 Dragon Eye dar. Diese werden bei günstigen Bedingungen mehrere Stunden dauerhaft über einem Zielgebiet eingesetzt und haben Reichweiten von bis zu 100 Kilometern. Insbesondere für das urbane Umfeld werden zunehmend Kleinst-UAV wie die deutsche MIKADO im Größenbereich von unter einem Meter genutzt, die Aufklärungsergebnisse im bebauten Nächstbereich erzielen können. Im Unterschied zu bereits genannten 46

Drohnen als „weapons of choice“ UAV ähneln diese Mikro-UAV häufig eher Modellhubschraubern als -flugzeugen. Die dadurch erreichte Fähigkeit zum Schwebeflug ermöglicht den Einsatz in Straßenzügen auch über mehrere Ebenen hinweg sowie den Blick durch Fenster oder Türen.

Abbildung 5: Mikro-UAV MIKADO 3.1.3

UGV

Neben fliegenden Drohnen werden seit dem IrakKrieg 2003 vermehrt auch bodengebundene, unbemannte Fahrzeuge eingesetzt. Diese UGV werden bisher ausschließlich auf taktischer Ebene durch Bodentruppen im Nahbereich verwendet. Viele Typen, wie die US-amerikanischen UGV Talon, PackBot oder SWORDS, basieren auf einer kettengetriebenen Plattform, für die unterschiedliche Rüstsätze zur Verfügung stehen. Insbesondere zur Bekämpfung und Entschärfung von Sprengfallen kommen diese UGV zur Anwendung. Ebenfalls werden Rüstsätze durch die US-Streitkräfte genutzt, die sowohl mittels Kameras und Infrarotsensoren Aufklärungsergebnisse auch innerhalb von Gebäuden erzielen oder gar mit Maschinengewehren oder Panzerabwehrraketen gegen Hinterhalte und Heckenschützen vorgehen können. UGV sind im Vergleich zu ihren fliegenden Pendants noch nicht zu einem gleichen Grad an Autonomie be47

Paar: The Drone Wars fähigt. Bisher werden sie weitgehend wie Modellautos mittels einer Videospiel ähnlichen Fernsteuerung betrieben und führen nur wenige Bewegungsmanöver eigenständig durch. 3.2

Szenarien

Die Aufgaben, für die Drohnen genutzt werden, werden häufig umrissen mit den drei Ds: dull, dirty and dangerous. Gemeint ist, dass Drohnen jeweils dann zum Einsatz kommen, wenn es um Aufgaben geht, die entweder langweilig (dull), schmutzig (dirty) oder besonders gefährlich sind (dangerous).73 Im Folgenden werden heutige Einsatzszenarien, in denen Drohnen militärisch genutzt werden, dargestellt. 3.2.1

Aufklärung

Die ureigenste Aufgabe von UAV ist nach wie vor die luftgestützte Aufklärung mittels optischer Sensoren. Dabei erreichen die heutigen Systeme durch ihren Sensorenmix und die Network-CentricWarfare genannte Vernetzung militärischer Führungs- und Kommunikationslinien die Fähigkeit, wetter- und tageszeitunabhängig Live-Videomaterial sowohl an Befehlsstände weltweit oder auch im Gefecht befindliche Bodentruppen zu versenden. Die Kameraobjektive von UAV wie der Predator sind bereits in der Lage, die Nummernschilder von Fahrzeugen lesbar darzustellen.74 Im Gegensatz zu bemannten Aufklärungsflugzeugen, die über eine weitaus geringere Flugzeit verfügen, 73 Vgl. Schörnig, Niklas (2011): Stell Dir vor, keiner geht hin, und es ist trotzdem Krieg... - Gefahren der Robotisierung der Streitkräfte, In: Johannsen, Margret/ Schoch, Bruno/ Hauswedell, Corinna/ Debiel, Tobias/ Fröhlich, Christiane (Hrsg./ 2011): Friedensgutachten 2011, Berlin: LIT-Verlag, S. 355-366, hier S. 355. 74 Vgl. Singer (2009): S. 33.

48

Drohnen als „weapons of choice“ sind UAV befähigt, ein Ziel oder ein Zielgebiet bis zu einem Tag lang zu beobachten. Bemannte Aufklärungsflüge erscheinen im Vergleich dazu eher als Momentaufnahmen. Um ein Verhaltensmuster von Personen zu identifizieren oder eine bestimmte Aktion abzuwarten, ist die Drohne selbst Satelliten überlegen, da diese aus größerer Höhe aufklären, während Drohnenaufnahmen sehr viel detaillierter abbilden. Zudem wirkt sich bei UAV die Müdigkeit oder Anspannung des Piloten nicht negativ aus, da dieser bei längeren Missionen im Schichtbetrieb eingesetzt werden kann.75 UGV sind in der Lage, durch Fenster oder Türen verbracht, Gebäude Raum für Raum zu durchsuchen, ohne dass sich Soldaten dabei der Gefahr von Sprengfallen oder Hinterhalten aussetzen müssen. Dabei können UGV zum Teil selbst Treppen hinaufsteigen und live ihre Videobilder aus dem gesamten Gebäude senden. Für Infanteristen kann so die Gefahr häufig verlustreicher Orts- und Häuserkämpfe minimiert werden.76 3.2.2 Bekämpfung Im Bereich der Zielbekämpfung können UAV/UCAV wie die US-amerikanische Predator oder Reaper zwei unterschiedliche Rollen einnehmen, im militärischen Sprachgebrauch als hunter/killer oder sensor/shooter bezeichnet. Im deutschsprachigen Raum sind die eher technischen Begriffe Sensor/Effektor geläufig.77 3.2.2.1 Hunter Mittels der Aufklärungsausstattung sind die Predator und Reaper nicht nur in der Lage, Ziele 75 76 77

Vgl. Schörnig (2011): S. 357. Vgl. Schörnig (2010b): S. 4. Vgl. Ebenda: S. 3.

49

Paar: The Drone Wars aufzuklären und zu identifizieren, sondern diese ebenfalls mittels eines Laserzielmarkierers so zu beleuchten, dass Kampfflugzeuge oder –hubschrauber sie mit lasergelenkter Präzisionsmunition bekämpfen können. Weiterhin können unter Zuhilfenahme eines zweiten Lasers im Infrarotbereich Ziele aus der Luft beleuchtet werden, um Bodentruppen, die mit Nachtsehgeräten arbeiten, deren genaue Position anzuzeigen. In Verbindung mit den Live-Bildern, die die Drohnen an die Bodentruppen senden, können so beispielsweise Hinterhalte, Sprengfallen oder Heckenschützen frühzeitig erkannt, umgangen und/oder unschädlich gemacht werden.78 3.2.2.2 Killer Ist die Unterstützung durch Kampfflugzeuge oder – hubschrauber nicht verfügbar oder muss besonders zeitnah gehandelt werden, kann auch die Drohne selbst bei entsprechender Waffenzuladung in die Situation eingreifen und dadurch entweder zeitkritische Luftnahunterstützung für im Gefecht befindliche Bodentruppen leisten oder auf sich gestellt, ein identifiziertes Ziel im Hinterland bekämpfen. Kritiker dieser Waffen wie Jutta Weber (2012) sprechen insbesondere im Zusammenhang mit der USDrohnenpraxis in Pakistan von „Vorratsbomben“, die im Himmel geparkt und auf Abruf für die gezielte Ausschaltung von Terrorverdächtigen genutzt werden.79 Der „auf Dauer angelegte Hinterhalt“, wie

78

Vgl. Singer (2009): S. 32ff. / Schörnig (2010a): S. 2. Vgl. Weber, Jutta (2012): Vorratsbomben im Himmel - Über digitalen Terror, unsichtbare Opfer und die Rhetorik der Präzision, In: Marsiske, Hans Arthur (2012): Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz, S. 31-52. Hannover: Heise, S. 31.

79

50

Drohnen als „weapons of choice“ Florian Rötzer (2012) Kampfdrohnen sieht, vielleicht die treffendste Bezeichnung.80 3.2.3

ist

Counter-IED

Die Hauptaufgabe für UGV besteht derzeit noch fast ausschließlich im Bereich der Unschädlichmachung von Sprengfallen. Bereits seit einigen Jahrzehnten setzen insbesondere polizeiliche Kampfmittelräumer beispielsweise in Deutschland, Großbritannien und Israel zur kontrollierten Auslösung oder Sondierung von Bomben, ferngesteuerte Systeme ein. UGV werden heute bevorzugt im Irak und in Afghanistan genutzt.81 3.3

Grenzen

Trotz der vielen offensichtlichen Vorteile, die unbemannte Systeme im militärischen Einsatz bieten, stoßen die derzeitig eingeführten Drohnen noch an einige Grenzen. Die Vorstellung, dass unbemannte Systeme jeglicher Abwehr überlegen sind und weltweit zu Spionagezwecken genutzt werden können, ist zumindest noch Zukunftsmusik.82 UAV und UCAV beispielsweise sind aufgrund ihrer geringen Geschwindigkeit und mangelnder Tarnkappeneigenschaften leichte Ziele selbst für einfachste Flugabwehrsysteme. Aufgrund ihrer Konstruktionsweise sind sie nicht imstande, gegnerischen Raketen oder Flugabwehrfeuer wirkungsvoll auszuweichen. Voraussetzung für den Einsatz von UAV/UCAV ist demnach die zuvor hergestellte Luft-

80 Vgl. Rötzer, Florian (2012): Von Selbstmordanschlägen zu Angriffen mit bewaffneten Drohnen, In: Kriegsmaschinen Roboter im Militäreinsatz, Hannover: Heise, S. 201-213, hier S. 205. 81 Vgl. Singer (2009): S. 19ff. / Schörnig (2010b): S. 4. 82 Vgl. Schörnig (2010a): S. 10f.

51

Paar: The Drone Wars hoheit.83 Diese wird, wie zuletzt im Falle Libyens zu sehen war, durch Marschflugkörper und bemannte Kampfflugzeuge errungen. UAV und UCAV also über Staaten einzusetzen, die über ein Mindestmaß an Lufthoheit verfügen beziehungsweise rudimentäre Flugabwehrwaffen einsetzen können, würde mit einiger Sicherheit zum Verlust des Fluggerätes führen. Die eigentliche Stärke der UAV/UCAV, dass sie mittels Funk- oder Satellitenverbindung bedient werden, kann gleichsam zu einer Schwäche werden. Zwar operieren diese Systeme zumeist sehr zuverlässig, allerdings ist eine Verzögerung bei der Datenübertragung von etwa einer Sekunde durchaus normal. Fälle, in denen das Signal gänzlich unterbrochen ist, bedeuten für kleinere UAV häufig den kontrollierten Absturz. Größere UAV/UCAV kehren dann selbstständig zur Heimatbasis zurück. Die Funkund Satellitenverbindung machen Drohnen zudem anfällig für Störmaßnahmen von feindlicher Seite.84 So konnte beispielsweise der Iran durch Hackerangriff bereits eine US-Drohne zur Landung auf iranischem Territorium zwingen.85 Für bodengebundene UGV stellt ihr Einsatzmedium bisher mehr als bei UAV eine Hürde dar. Im Irak 83 Vgl. Müller / Schörnig (2010): S. 20. / Schörnig (2010b): S. 4. 84 Vgl. Franceschi-Bicchierai, Lorenzo (2012): GPS Hijacking Catches Feds, Drone Makers Off Guard, unter: http://www.wired.com/ dangerroom/2012/07/drone-gps-spoof/ [Zugriff 21.07.2012] / Singer (2009): S. 199. 85 Vgl. Axe, David: Iran Probably Did Capture a Secret U.S. Drone, unter: http://www.wired.com/dangerroom/2011/12/iran-did-capturea-secret-u-s-drone/ [Zugriff 17.07.2013] / o.V. (2011): Unmanned aerial warfare: Flight of the drones. In: The Economist, 08.10.2011. / o.V. (2011): Iran meldet Abschuss von US-Drohne. In: Zeit Online, 04.12.20011. unter: http://www.zeit.de/politik/ausland/2011-12/iran-usa-drohne [Zugriff 20.06.2012].

52

Drohnen als „weapons of choice“ legten beispielsweise Aufständische breite Gräben an, die die UGV der US-Streitkräfte nicht überschreiten konnten.86 Insbesondere im urbanen Umfeld werden Funksignale zudem häufig durch Gebäude gestört und reißen ab. 3.4

Nutzerstaaten

Neben den USA als größtem Drohnenentwickler und Nutzer, dominiert auch Israel seit Jahren die Drohnenentwicklung. Rund 50 Länder weltweit entwickeln und nutzen unbemannte Systeme. Mit wenigen Ausnahmen sind es vorwiegend die USA sowie Großbritannien, die breit angelegt bewaffnete Drohnen einsetzen. Allein die US-amerikanische Drohnenflotte besteht aus über 7.000 UAV/UCAV.87 Inwieweit auch Israel den Schritt zu UCAVs bereits vollzogen hat und mittels der Heron TP tatsächlich bewaffnete Drohnen einsetzt, ist unklar.88 Doch selbst Deutschland erwägt, die eigene UAV-Fähigkeit durch Kampfdrohnen auszuweiten, sei es durch die Ergänzung des bereits eingeführten Systems KZO um die israelische Kamikazedrohne HAROP oder doch durch die Anschaffung US-amerikanischer Predator-Systeme, die in den USA bald gänzlich durch Reaper ersetzt werden sollen.89 An der Grenze zwischen Nord- und Südkorea übernehmen darüber hinaus bereits UGV des südkoreanischen Herstellers Samsung bewaffnete Patrouillenaufgaben, die im Ernstfall 86

Vgl. Singer (2009): S. 201. Vgl. Singer (2009): S. 32. 88 Vgl. Altmann, Jürgen (2012): Der Kriegsmaschine Grenzen setzen - Rüstungsbegrenzung für bewaffnete unbemannte Fahrzeuge, In: Marsiske, Hans-Arthur (2012): Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz, Hannover: Heise, S. 215229, hier S. 217 f. 89 Vgl. Hemicker, Lorenz (2012): Der Assassine, In: loyal – Magazin für Sicherheitspolitik 01/2012, S. 22-25, hier S. 22f. / Weber (2012): S. 31. 87

53

Paar: The Drone Wars auch zum ferngesteuerten sein sollen.90

Waffeneinsatz

befähigt

Bisher sind es vornehmlich OECD-Staaten, die insbesondere größere und leistungsfähigere Drohnensysteme nutzen und weiterentwickeln. Den kostspieligen und technologisch anspruchsvollen Entwicklungsprozessen können westliche Demokratien aufgrund ihres technologischen und finanziellen Vorsprungs leichter begegnen als Staaten mit weniger liberalem Markt. Doch auch Staaten wie Russland und China werden in den nächsten Jahren ihre Streitkräfte mit mehreren Hundert Drohnen ausrüsten.91 Besonders der Iran zeigt ein gesteigertes Interesse an der Entwicklung eigener UAV. So wurde im Libanonkrieg 2006 eine durch die Hisbollah-Miliz genutzte Drohne, die vermutlich aus iranischer Fertigung stammte, von israelischen Luftstreitkräften abgeschossen.92 Entgegen großspuriger Verlautbarungen aus Teheran wird der tatsächliche Entwicklungsstand iranischer Drohnen von Experten noch als gering eingeschätzt.93 Jedoch scheinen Drohnen mittlerweile durchaus auch eine Art Prestige-Waffe darzustellen, wie es vormals Atomwaffen waren. 90

Vgl. Hornyak, Tim (2010): Korean machine-gun robots start DMZ duty, unter: http://news.cnet.com/830117938_105-20010533-1.html [Zugriff am 21.07.2012]. 91 Vgl. Schörnig, Niklas (2012): Die Verlockung des automatisierten Krieges - Warum westliche Demokratien ein besonderes Interesse an militärischen Robotern haben, In: Marsiske, Hans-Arthur (Hrsg./2012): Kriegsmaschinen - Roboter im Militäreinsatz, Hannover: Heise, S. 189-199, hier S. 189. 92 Vgl. Rötzer (2012): S. 209. 93 Vgl. Rawnsley, Adam (2011): Iran Running Drone Competitions to Upgrade Unmanned Air Force, unter: http://www.wired.com/dangerroom/2011/09/iran-dronecompetition/ [Zugriff 20.06.2012].

54

Drohnen als „weapons of choice“ 3.5

Die Praxis der westlichen Drohnenkriegsführung am Beispiel der USA

Den wesentlichen Entwickler und Nutzer des gesamten Spektrums unbemannter Drohnen stellen derzeit die USA dar, weshalb es sich hier anbietet, einen Einblick in die Drohnenkriegsführung am Beispiel der derzeitigen US-Praxis zu unternehmen. Inwieweit andere Staaten diesem Beispiel letztendlich folgen, bleibt abzuwarten. Dennoch beschreiten bereits jetzt andere westliche Länder einen ähnlichen Weg sowohl in technologischer als auch strategischer Hinsicht. Einen mehrheitlich kritisierten Aspekt der US-amerikanischen Drohnenkriegsführung stellt die Arbeitsteilung zwischen Streitkräften und Auslandsgeheimdienst dar. Während die Streitkräfte Drohnenaufklärung und –angriffe auf den offiziellen Kriegsschauplätzen wie Afghanistan, Irak oder Libyen durchführen und so beispielsweise lokale Kräfte beim Schlag gegen Muammar al-Gaddafi zu dessen Aufenthaltsort führten, gilt es als gesicherte Erkenntnis, dass die CIA Drohnen sowohl zur Nachrichtengewinnung als auch für gezielte Angriffe auf Einzelpersonen nutzt. Dabei finden diese CIA-geführten Drohnenangriffe in Ländern wie Pakistan, Somalia oder dem Jemen statt. Inwieweit die jeweilige lokale Regierung diese Angriffe duldet oder nicht, ist nicht vollständig geklärt. Insbesondere im Falle Pakistans werden US-Drohnenschläge seitens der Regierung in Islamabad zwar kritisiert, jedoch wird vermutet, dass der pakistanische Geheimdienst ISI sowohl über anstehende Angriffe informiert ist als auch im Vorfeld an der Zielauswahl beteiligt wird. Ähnlich verhält es sich im Jemen, wo erstmals 2002 Al-Qaida-Verdächtige einer Drohne zum Opfer fielen94 und 2011 das 94

Vgl. Müller/ Schörnig (2010): S. 20. / Rötzer (2012): S. 205.

55

Paar: The Drone Wars US-amerikanische Al-Qaida-Mitglied Anwar al-Awlaki getötet wurde.95 Allein im pakistanischen Stammesgebiet Waziristan, das mit der umstrittenen Durand-Linie an Afghanistan grenzt und als Rückzugsgebiet der Taliban-Milizen gilt, sollen durch US-amerikanische Drohnenangriffe zwischen 1.870 bis 2.873 Menschen getötet worden sein, wobei es sich nur bei circa 1.500 bis 2.300 Personen um Aufständische, also beabsichtigte Ziele, gehandelt haben soll.96 Während die US-Regierung mittlerweile offen über Drohneneinsätze der Streitkräfte spricht, werden die Drohnenangriffe der CIA, einem wichtigen Pfeiler der Drohnenkriege, weder öffentlich bekanntgegeben, noch unterliegen sie rechtsstaatlicher Kontrolle durch den US-Kongress. Über diesen Teil der Drohnenkriegsführung wird die Öffentlichkeit lediglich durch Augenzeugenberichte oder Nachrichtenagenturen informiert.97 Ebenso intransparent wie die tatsächliche Ausführung der Drohnenangriffe auf Terrorverdächtige und vermeintliche Aufständische ist der Prozess der Zielauswahl oder des Targeting. Im Rahmen dieses Prozesses, der sowohl geheimdienstliche Ermittlungen als auch tatsächliche Überwachung mit Drohnen einschließt, wird eine Gefahreneinschätzung der betreffenden Person abgegeben sowie über einen eventuellen gezielten Schlag befunden.98 Personen, die unschädlich gemacht werden sollen, werden in einer assassination-Liste geführt, die vom US-Präsidenten abgesegnet wird. Die darauf befindlichen Personen sollen mittels Spezialkräfteeinsatz fest95

Vgl. Rudolf/ Schaller (2012): S. 9. / Schmitz (2010). Vgl. New America Foundation (2012) / Rudolf/ Schaller (2012): S. 9. 97 Vgl. Schmitz (2010). 98 Vgl. Rudolf/ Schaller (2012): S. 8. 96

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Drohnen als „weapons of choice“ gesetzt oder durch Drohnen getötet werden. Die derzeitige US-Regierung macht in zunehmendem Maße Gebrauch von der Drohnenoption.99 In einigen Fällen, wie im Falle al-Awlakis 2011, soll das US-Justizministerium an der Entscheidung über eine gezielte Tötung beteiligt gewesen sein. Rechtsberater sollen bei allen Drohnenangriffen und gezielten Tötungen im Entscheidungsprozess konsultiert werden. Inwieweit dies jedoch rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verhängung eines de-facto-Todesurteils genügt, ist umstritten.100 In Ergänzung zur Praxis gezielter Tötungen durch US-Streitkräfte und CIA muss jedoch auch der Aspekt der regulären Nutzung innerhalb bewaffneter Konflikte gesehen werden. Laut Singer (2009) verfügen die US-Streitkräfte über mehr als 7.000 UAV/UCAV und ein Arsenal an UGV, das die Zahl 12.000 übersteigt. In der überwiegenden Zahl der Fälle dienen sie im Verbund mit am Boden befindlichen Truppen der Aufklärung und Unterstützung und sind in dieser Funktion eine gefragte Ressource mit enormer Auslastung.101 Durch die Möglichkeiten, präzisere Aufklärung sowie Bekämpfung zu gewährleisten, sind Drohnen in der Lage, deutlich dazu beizutragen, Kollateralschäden zu vermeiden, was selbst seitens Menschenrechtsorganisationen bestätigt wird.102 UGV haben sowohl in Afghanistan und dem Irak, wo sie erstmals in hoher Stückzahl eingesetzt wurden, erheblich dazu beigetragen, der Bedrohung durch IED zu begegnen und das Leben der dort eingesetzten Soldaten zu schützen.103

99

Vgl. McKelvey (2010): S. 6. / Schmitz (2010). Vgl. Rudolf/ Schaller (2012): S. 10ff. 101 Vgl. Singer (2009): S. 32. 102 Vgl. Schörnig (2011): S. 359. 103 Vgl. Singer (2009): S. 146ff. 100

57

Paar: The Drone Wars 3.6

Ausblick

Der heutige Entwicklungsstand unbemannter Systeme wird allgemein erst als der Anfang diesbezüglicher Entwicklungen gesehen. In den nächsten Jahren wird mit einem deutlichen Zuwachs an Fähigkeiten gerechnet. Gleichzeitig mit den derzeitigen Prognosen, nach denen die Zahl der Systeme drastisch zunehmen werde, lässt sich schlussfolgern, dass sich auch die generelle Bedeutung der unbemannten Systeme für die Zukunft der Kriegsführung erhöhen wird.104 Die kommende Generation von UAV und UGV steht dabei bereits in den Startlöchern. Diese sollen sowohl über Tarnkappeneigenschaften verfügen als auch kleinere, noch präzisere Waffen einsetzen können. Zudem sollen sie mittels Strahltriebwerken sowohl schneller sein als ihre propellergetriebenen Vorgänger, als auch schwierigere Flugmanöver durchführen können, was sie beispielsweise zum Kampf gegen feindliche Luftstreitkräfte befähigen solle oder es erlaubt, unerkannt über gegnerischem Territorium zu operieren. Andere Typen sollen durch die Nutzung von Solarenergie noch länger über einem Zielgebiet verbleiben können.105 Der Trend bei tragbaren Aufklärungssystemen geht ebenfalls in Richtung Miniaturisierung.106 So werden intensive Entwicklungsarbeiten an Drohnen in Insektengröße unternommen, die unerkannt in Gebäuden Aufklärungsergebnisse erzielen können. Im Be104

Vgl. Ebenda: 94ff. / Schörnig (2012): S. 189. Vgl. Singer (2009): 109ff. / Shachtman, Noah (2012): Mini-Missile Promises to Shrink the Drone War, unter: http://www.wired. com/dangerroom/2011/12/mini-missiledrone-war/ [Zugriff 22.07.2012]. 106 Vgl. Dutton, Judy (2012): Drones’ Future: Supersonic Swarms of Robot Bugs, unter: http://www.wired.com/ dangerroom/2012/06/ff_ futuredrones/ [Zugriff 22.07.2012]. 105

58

Drohnen als „weapons of choice“ reich der bodengebundenen Systeme sollen zukünftig UGV gemeinsam mit Bodentruppen einsetzbar sein und beispielsweise Heckenschützen selbstständig orten und ausschalten, während Soldaten in ihrer Deckung verbleiben können.107 Neben technologischen Fortschritten und damit verbundenen Einflüssen auf die Gefechtsführung werden die hinzugewonnenen Fähigkeiten auch einen strategischen Wandel mit sich bringen. Gerade die Möglichkeit, mittels Tarnkappendrohnen einen konventionellen Entwaffnungsschlag gegen gegnerische Nuklearwaffen durchführen zu können, beunruhigt insbesondere Russland und China. China beispielsweise unternimmt erste Schritte, dieser Bedrohung zu begegnen, indem es im Rahmen der derzeitigen Streitkräftemodernisierung zunehmend auf see- und unterwassergestützte Atomwaffen setzt.108 In diesem Zusammenhang warnen Beobachter zudem vor einem neuerlichen Wettrüsten im Bereich der Militärdrohnen. Sowohl asiatische Staaten als auch Länder wie der Iran unternehmen bereits große Anstrengungen, die eigene Rüstung auf die Entwicklung und Produktion unbemannter Systeme auszurichten.109 Derzeit sind in dieser Hinsicht keine ernst zu nehmenden Kontrollbestrebungen auf internationaler Ebene erkennbar. Das International Committee for Robot Arms Control (ICRAC) als Expertengremium erarbeitete 2010 Forderungen, die sowohl eine Beschränkung hinsichtlich Stückzahl als auch Fähigkeiten und Proliferation von Roboterwaffen und Drohnen beinhalten. Doch auch Staaten wie Deutschland, die vormals aktiv in der Rüstungsbeschrän107

Vgl. Singer (2009): S. 110ff./ S. 132ff. Vgl. Schörnig (2010b): S. 20. 109 Vgl. Beckhusen, Robert (2012): Iranian Missile Engineer Oversees Chavez’s Drones, unter: http://www.wired.com /dangerroom/ 2012/06/mystery-cargo/ [Zugriff 22.07.2012] / Schörnig (2010b): S. 3 / Singer (2009): S. 235ff. 108

59

Paar: The Drone Wars kung bemüht waren, scheinen bisher keine Bestrebungen hin zu einer Beschränkung von Drohnensystemen unternehmen zu wollen.110 Gefahren werden insbesondere darin gesehen, dass nichtstaatliche Gruppen sich vermehrt Zugang zu den vergleichsweise günstigen Drohnen verschaffen und diese letztendlich auch durch Terrornetzwerke und Kriminelle eingesetzt werden könnten.111

4

Drohnen und demokratische Außenpolitik

Risikominimierung, Kostenersparnis und Selektivität sind die Faktoren, die für die Neuausrichtung westlicher Streitkräfte und Sicherheitspolitik den maßgeblichen Rahmen setzen. Dass dabei der Einsatz bewaffneter Drohnen in idealtypischer Weise diese neuerliche Ausrichtung charakterisiert und welche Auswirkungen sich damit für die Einsatzrealität westlicher Streitkräfte ergeben, ist im vorangegangenen Teil dargestellt worden. Im folgenden Abschnitt wird nun untersucht, welche Rückwirkungen die Drohnenkriegsführung auf die demokratische Gesellschaft im jeweiligen Heimatland mit sich bringt, was bisher in der Wissenschaft weniger Beachtung fand. Möglicherweise mit gutem Grund, da das Heraushalten der eigenen Bevölkerung ja auch ein Ziel des Einsatzes unbemannter Drohnen ist. Wohin die damit verbundene Exklusion der Bevölkerung führen kann und wie dies theoretisch einzuordnen ist, wird in diesem Abschnitt unter Zuhilfenahme der Theorie des demokratischen Friedens untersucht.

110

Vgl. Altmann (2012): S. 225f. Vgl. Singer (2009): S. 261ff. / Schörnig (2010b): S. 19. 111

60

Drohnen und demokratische Außenpolitik Die Annahmen des demokratischen Friedens erscheinen insofern zweckmäßig, als sie einerseits der Mitwirkung der Bevölkerung an der Entscheidung zum Streitkräfteeinsatz eine zentrale Rolle beimessen und andererseits sowohl in Wissenschaft als auch Politik eine gewichtige und Legitimität stiftende Rolle bei der Begründung militärischer Maßnahmen einnehmen.112 Um einen dementsprechenden Untersuchungsrahmen zu schaffen, wird zunächst die Theorie des demokratischen Friedens in ihren grundlegenden Annahmen dargestellt. Daran anschließend werden die Voraussetzungen und die Rolle der Mitwirkung der Bevölkerung an der Entscheidung über Krieg und Frieden diskutiert, um anschließend anhand der aktuellen Praxis der Drohnenkriegsführung zu bewerten und darzustellen, inwieweit sich durch die Drohnenkriegsführung die Mitwirkung der demokratischen Bevölkerung an solchen Entscheidungen verändert. 4.1

Vom demokratischen Frieden

4.1.1

Grundannahmen

Die Idee des demokratischen Friedens ist eines der bedeutsamsten theoretischen Konstrukte der Politikwissenschaft. Im Kern beinhaltet es die These, dass die Herrschaftsform eines Staates direkt sein Verhalten gegenüber anderen Staaten determiniert. Trotz des hohen Stellenwertes, den diese vergleichsweise simple These in der heutigen Wissenschaft genießt, ist die Idee nicht neu. Als Ursprung wird dabei häufig Immanuel Kants Schrift „Vom Ewigen Frieden“ angegeben, obwohl ähnliche

112

Vgl. Geis, Anna (2001): Diagnose: Doppelbefund - Ursache: ungeklärt? Die Kontroversen um den "demokratischen Frieden", In: Politische Vierteljahresschrift 42-2 2001, S. 282-298, hier S. 282.

61

Paar: The Drone Wars Ideen bereits in früheren Schriften zu finden sind.113

staatsphilosophischen

Die große Anzahl von Untersuchungen und Schriften zum demokratischen Frieden wird grob in zwei Theoriestränge geteilt. Man spricht von der monadischen sowie der dyadischen Theorievariante.114 Vertreter der monadischen Theorievariante argumentieren, dass Demokratien in ihren Außenbeziehungen friedlicher sind als Nicht-Demokratien. Dieser Befund der per se-Friedfertigkeit demokratischer Staaten ergibt sich der Theorie zufolge aus drei Faktoren: Erstens sind in Demokratien die Bürger zumindest indirekt durch Repräsentanten an politischen Entscheidungen beteiligt. So auch über Entscheidungen über die Ausgestaltung der Außenbeziehungen, die in letzter Instanz den Unterschied zwischen Krieg und Frieden ausmachen. Im Interesse der Bürger liege es daher nicht, sich in Kriege zu manövrieren, da sie selbst die Leidtragenden wären. Im Gegensatz dazu stehen autoritäre Herrschaftsformen, in denen Herrscher über Krieg und Frieden entscheiden und lediglich die Untertanen die Lasten zu tragen haben. Die Kosten-Nutzen-Abwägung der demokratischen Bevölkerung gilt als der rationalistisch-utilitaristische Erklärungsansatz des demokratischen Friedens und folgt der klassischen Kant’schen Argumentation.115

113

Vgl. Ebenda: S. 282. Vgl. Müller, Harald (2002): Antonomien des demokratischen Friedens, In: Politische Vierteljahresschrift 43-1 2002, S. 46-91, hier S. 46f. 115 Vgl. Risse-Kappen, Thomas (1995): Democratic Peace Warlike Democracies?: A Social Constructivist Interpretation of the Liberal Argument, In: European Journal of International Relations 1995, Vol. 1 (4): S. 491-517, hier S. 497f. / Geis (2001): S. 286f. 114

62

Drohnen und demokratische Außenpolitik Ein zweiter Faktor laut welchem Demokratien friedlicher seien als Nicht-Demokratien, ist die institutionelle Ausgestaltung demokratischer Staaten. Der politische Prozess in demokratischen Staaten ist langsamer und durch breite Beteiligung verschiedener Institutionen geprägt. Institutionelle Checks and Balances erschweren Kriegstreiberei durch Einzelpersonen oder Minderheiten und führen zu kollektiver Vernunft.116 Der dritte Erklärungsansatz operiert mit einer normativ-kulturellen Argumentation. Das innenpolitische Leben in Demokratien ist demnach geprägt durch Interessenausgleich, Verhandlungslösungen und Kompromissbereitschaft. Sind diese politischen Praktiken eingeübt und in einer Bevölkerung verinnerlicht, werden sie auch auf außenpolitischer Ebene verwendet und in zwischenstaatliche Beziehungen externalisiert. Die Überzeugung von der eigenen politischen Kultur zivilisiert dabei nahezu beiläufig das Verhältnis zu anderen Staaten.117 Die dyadische Theorievariante arbeitet mit eben diesen Erklärungsansätzen, weshalb sie, wie vielfach missverstanden wird, nicht losgelöst von der monadischen verstanden werden kann. Beide Theorievarianten stehen nicht im Gegensatz zueinander oder schließen einander aus. Vielmehr basiert die dyadische Variante auf der monadischen, stellt jedoch weitergehende Voraussetzungen. Die dyadische Theorie nämlich besagt, dass die friedensfördernden Mechanismen der monadischen Theorie lediglich in der Interaktion von Demokratien mit ihresgleichen entstehen.

116

Vgl. Risse-Kappen (1995): S. 498f. / Geis (2001): S. 287f. 117 Vgl. Risse-Kappen (1995): S. 499ff. / Geis (2001): S. 289ff.

63

Paar: The Drone Wars Für die Begründung dieser zusätzlichen Bedingung wurden insbesondere konstruktivistische Argumente angeführt. Ausschlaggebend für das Entstehen friedlicher Beziehungen seien demnach Reziprozitätserwartungen über die Absichten des Gegenübers. Anderen Demokratien wird dabei die gleiche Wertebasis unterstellt wie sie im eigenen Staat vorherrscht. Daher nimmt man von anderen Demokratien ein gleichsam friedfertiges Verhalten an. NichtDemokratien sind dagegen weniger berechenbar und verhindern daher, dass ihnen gegenüber die gleichen friedensstiftenden Mechanismen zur Wirkung gelangen.118 4.1.2 Diskussion Trotz der großen Popularität dieses Theoriegebildes wird insbesondere hinsichtlich seines empirischen Fundaments Kritik vorgebracht. Von besonderer Bedeutung für die Validität theoretischer Ansätze ist der sogenannte „empirische Doppelbefund“, der besagt, dass zwar Demokratien gegeneinander nahezu keine Kriege (im engeren Sinne) führen und insbesondere zur friedlichen Kooperation tendieren, jedoch ebenso häufig in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt sind wie NichtDemokratien. Eine generelle pazifizierende Wirkung demokratischer Staaten wird damit verneint und zumindest der monadischen Theorievariante widersprochen. Kritiker des demokratischen Friedens argumentieren damit, dass hierbei die mangelnde Erklärungskraft und empirische Relevanz der Theorie zum Vorschein komme und der demokratische Frieden weitestgehend einen Mythos darstelle. Untersuchungen, welche die dyadische Theorievariante stützen, seien durch die gezielte Definition von Begrifflichkeiten und angepasste Untersuchungsrah-

118

64

Vgl. Risse-Kappen (1995): passim.

Drohnen und demokratische Außenpolitik men auf ein gewünschtes Ergebnis hin ausgerichtet.119 Dennoch können sowohl die monadische und in noch größerem Umfang die dyadische Variante der Theorie des demokratischen Friedens zahlreiche Befürworter um sich scharen. Die besondere Bedeutung, welche die fast ausschließliche Friedfertigkeit unter Demokratien erlangte, wird in der Feststellung verdeutlicht, hierin bestünde die einzige empirische Gesetzmäßigkeit internationaler Beziehungen.120 Dabei scheint ein Ende der Ausgestaltung und Betrachtung der Theorie nicht absehbar. Zahlreich sind weiterführende Fragen, die bisher nicht hinreichend theoretisch gefasst worden sind. Beispielsweise bleibt die Frage offen, warum es kein einheitliches Verhaltensmuster von Demokratien hinsichtlich ihrer Beteiligung an Kriegen und Interventionen gibt und einige demokratische Staaten häufiger in bewaffnete Auseinandersetzungen involviert sind als andere. Diese Frage ist eng verknüpft mit der weiterhin nicht geklärten empirischen Tatsache, dass insbesondere Demokratien zuweilen ein besonders feindseliges Verhalten gegenüber Autokratien und sogenannten Schurkenstaaten an den Tag legen.121 Darüber hinaus gilt als umstritten, inwieweit Demokratisierungsbestrebungen kurzfristig auf ein friedliches Verhalten von Staaten hinwirken können. Dabei wird insbesondere argumentiert, dass junge Demokratien oder sich in einer Phase der De119

Vgl. Geis (2001): S. 293ff. Vgl. Ebenda: S. 282. / Levy, Jack (1988): Domestic Politics And War, In: Journal of Interdisciplinary History 18-4 1988: S. 653-673, hier S. 662. 121 Diesem thematischen Komplex versucht insbesondere die Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) mit ihrem Forschungsprogramm „Antinomien des Demokratischen Friedens“ auf den Grund zu gehen. 120

65

Paar: The Drone Wars mokratisierung befindliche Staaten erheblich konfliktgefährdet seien. Möglicherweise erforderten friedensstiftende Mechanismen daher erst ein gewisses Maß an demokratischer Konsolidierung.122 Aber selbst in konsolidierten Demokratien werden erklärungsbedürftige Sachverhalte identifiziert. Beispielsweise bleibt zu betrachten, wie sich die Loslösung politischer Sachverhalte von den Regelungskompetenzen des Nationalstaates auf die Annahmen des demokratischen Friedens auswirkt und ob es hierbei zu einer Ent-Demokratisierung auch hinsichtlich des Außenverhaltens politischer Gebilde wie beispielsweise der Europäischen Union (EU) kommen kann.123 4.1.3

Politische Instrumentalisierung

Neben der Bedeutung, die der Theorie des demokratischen Friedens in der Politikwissenschaft zukommt, sind deren Annahmen auch in der internationalen Politik zu besonderer Geltung gekommen. Der Zuspruch, welcher der Theorie von Seiten der Politik und Gesellschaft zuteil wurde, rührt zum einen daher, dass das positive Selbstbild demokratischer Staaten darin Bestätigung findet.124 Nicht zuletzt im Anschluss an den Zerfall der sozialistischen Sowjetunion und dem vermeintlichen Triumph der liberal-demokratischen Ideologie findet sich in der Argumentation des demokratischen Friedens reichlich Nahrung für den demokratisch-zivilisatorischen Überlegenheitsanspruch. Insbesondere bei der Legitimation von externen Demokratisierungsbestrebungen durch westliche Demokratien spielt das Argument des demokratischen 122 123 124

66

Vgl. Geis (2001): S. 293f. Vgl. Müller (2002): S. 47. Vgl. Müller (2002): S. 47.

Drohnen und demokratische Außenpolitik Friedens eine wichtige Rolle. Die USA, die sich als Führungsnation der westlichen Welt verstehen, leiteten daraus mitunter die Mission ab, den Aufbruch in ein demokratisches Zeitalter voranzutreiben. Nahezu alle militärischen Interventionen westlicher Staaten seit dem Ende des Kalten Krieges wurden zumindest nachträglich um die Absicht der Demokratieförderung im Einsatzland angereichert.125 4.2

Die Rolle der Bevölkerung bei der Entscheidung über Krieg und Frieden

Die wesentliche Voraussetzung für alle weiteren Annahmen und Mechanismen des demokratischen Friedens bildet die direkte oder indirekte Partizipationsmöglichkeit der Bürger einer Demokratie an der gewichtigen Entscheidung über Krieg und Frieden.126 Bereits Kant schloss den Rückgriff auf Gewalt in der Außenpolitik nicht kategorisch aus, unterstellte jedoch, dass demokratische Gesellschaften angesichts von Kosten und Risiken, welche sie sich aufbürden, dies genau überdenken würden.127 Lassen sich zudem die Kosten auf eine Minderheit abwälzen oder sind die zu erwartenden Kosten gewaltsamer Außenpolitik ohnehin gering, fällt es umso leichter, demokratische Mehrheiten zu diesem Schritt zu bewegen.128 Die Partizipationsmöglichkeit der Bevölkerung an der Entscheidung über Krieg und Frieden stellt da125

Vgl. Ebenda: S. 49. Vgl. Ebenda: S. 51. 127 Vgl. Kant, Immanuel (1795): Zum ewigen Frieden - Ein philosophischer Entwurf, Berlin: S. 100. 128 Vgl. Risse-Kappen, Thomas (1994): Demokratischer Frieden? Unfriedliche Demokratien?, In: Krell, Gerd/ Müller, Harald (Hrsg./1994): Frieden und Konflikt in den internationalen Beziehungen, Frankfurt a.M.: Campus, S. 159-189, hier S. 170. 126

67

Paar: The Drone Wars bei Voraussetzungen an die institutionelle Ausgestaltung beziehungsweise die jeweilige Regierung. Dabei kann festgehalten werden, dass dies die gleichen Voraussetzungen sind, die zur Klassifizierung eines Staates als Demokratie heranzuziehen sind. Dazu muss der institutionelle Rahmen innerhalb des Staates die direkte oder repräsentative Beteiligung der Bevölkerung ermöglichen und diesbezüglich einen angemessen Grad an Responsivität aufweisen.129 Zudem muss sich diese Partizipationschance auch auf den Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik erstrecken und gewisse Formen gesellschaftlicher Kontrolle ermöglichen. Eine weitere wichtige Voraussetzung, die eng mit der Möglichkeit gesellschaftlicher Kontrolle verbunden ist, ist die Transparenz des Regierungshandelns sowie eine objektive Information der Bevölkerung. Nur wenn Informationen über Sachverhalte hinreichend bekannt sind, verfügt eine Bevölkerung über eine fundierte Entscheidungsgrundlage, auf deren Basis überhaupt (außen-)politische Präferenzen gebildet werden können. Neben den vielbeachteten Voraussetzungen an Institutionen und Regierung einer Demokratie für den demokratischen Frieden, ergeben sich ebenfalls Voraussetzungen an eine demokratische Bevölkerung. Hier entscheidet sich nämlich maßgeblich, ob eine Bevölkerung lediglich über das Ertragen der „Drangsale“130 des Krieges an der Außenpolitik partizipiert oder diese tatsächlich als nach außen getragene eigene Präferenzen verstanden wird. Singer (2009) warnt in diesem Zusammenhang vor der 129

Dazu ausführlich unter Rückgriff auf den Politikbegriff David Eastons: Czempiel, Ernst-Otto (1996): Kants Theorem - Oder: Warum sind die Demokratien (noch immer) nicht friedlich?, In: Zeitschrift für Internationale Beziehungen 3-1 1996: S. 79-101, hier S. 86f. 130 Vgl. Kant (1795): S. 100.

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Drohnen und demokratische Außenpolitik Tendenz in Demokratien, der Außen- und Sicherheitspolitik des eigenen Staates gleichgültig entgegenzutreten, gerade zu Zeiten, in denen Auswirkungen derselben weniger spürbar sind. Andernfalls drohe auch gewaltsame Außenpolitik nicht mehr ein Abbild moralischer Standards einer Gesellschaft zu sein, sondern werde von dieser lediglich noch zur Kenntnis genommen statt in einem ernsthaften Diskurs abgewogen.131 Als Konsequenz der Einschränkung in den genannten Voraussetzungen steht eine Außenpolitik im Leadership-Format, in der Politik zwar weitgehend innerhalb der demokratischen Institutionenordnung stattfindet, jedoch von Präferenzbildungsprozessen der Bevölkerung gelöst wird. Politische Führungspersönlichkeiten werben um ihre personalisierte Programmatik und gesellschaftliche Partizipation beschränkt sich sodann auf die Teilnahme an Wahlen, in deren Rahmen die Regierungspolitik als Package beurteilt und kontrolliert wird.132 Zwar wird durch diese Abkehr von breiter und differenzierter Bürgerbeteiligung kein Rückschritt in Richtung Diktatur vermutet, jedoch droht das Fundament des demokratischen Friedens geschmälert zu werden.133 Dies ist umso bedenklicher im Rahmen von außenpolitischen Entscheidungen, welche die Anwendung von Gewalt beinhalten.134

131

Vgl. Singer (2009): S. 323. Exemplarisch für die Forschung zur Rückbesinnung auf elitistische Demokratieformen: Ritzi, Claudia/ Schaal, Gary S. (2010): Politische Führung in der "Postdemokratie“, In: Aus Politik und Zeitgeschichte 2-3/2010, S. 915: Passim. 133 Im Zusammenhang mit Entdemokratisierungstendenzen: Müller (2002): S. 47. 134 Vgl. Singer (2009): S. 323. 132

69

Paar: The Drone Wars

4.3

Drohnenkriege und die Gesellschaft

Anhand der zuvor herausgestellten Voraussetzungen, die für die Annahmen des demokratischen Friedens vorliegen müssen, lässt sich nun die Praxis der Drohnenkriegsführung daraufhin beurteilen, ob diese neue Form militärischer Vorgehensweise mit dem demokratischen Frieden als legitimatorischem Grundpfeiler demokratischer Außenpolitik in Einklang zu bringen ist. Dabei wird im Schwerpunkt erneut die Drohnenkriegsführung der USA als Beispiel dienen. Zunächst bilden die als Drohnenkriege bekannten Konfliktszenarien eine Herausforderung an das bisherige Verständnis von Krieg im Rahmen der Theorie des demokratischen Friedens. Bereits zuvor war umstritten, inwiefern gewaltsame Auseinandersetzungen, die nicht dem klassischen Verständnis von Staatenkriegen entsprachen, in der Theorie zu betrachten seien. Definitionen, nach denen Kriege gewisse Voraussetzungen hinsichtlich staatlicher Akteure oder Mindestzahlen an Kriegsopfern aufbringen mussten, erwiesen sich als unzureichend, da eine Vielzahl von Gewaltkonflikten außerhalb des theoretisch greifbaren Bereichs verblieben. Das Kriegsbild, das im Rahmen von Drohnen- und Spezialkräftestrategien angestrebt wird, verdeutlicht sodann die Herausforderung an die Theorie noch weiter, da mit ihnen insbesondere die heutigen Kriegsdefinitionen hinsichtlich Umfang und Intensität deutlich unterschritten werden können. Besonders interessant erscheint die Betrachtung der Anforderungen, welche der demokratische Frieden an Regierungen beziehungsweise institutionelle Entscheidungsprozesse in Demokratien stellt. Für den Fall der Drohnenkriegsführung sind hierbei insbesondere die Aspekte der demokratischen Entscheidung über Kriege sowie die gesellschaftliche Kontrolle von Regierungshandeln von Belang. Beide 70

Drohnen und demokratische Außenpolitik Aspekte laufen Gefahr, durch die Praxis der Drohnenkriegsführung erheblich an Bedeutung einzubüßen. Im Falle der demokratischen Entscheidung über Krieg ist der Trend festzustellen, dass diese zukünftig zunehmend außerhalb der demokratischen Entscheidungsorgane getroffen wird. Beispielhaft können hierfür sowohl der Drohnenkrieg in Pakistan als auch einzelne Drohnen und Spezialkräfteeinsätze im Jemen und Somalia veranschaulichen, wie sich diese Praxis im Falle der USA etabliert. Im pakistanischen Waziristan, der an Afghanistan grenzenden Bergregion, wurden durch 310 US-amerikanische Drohnenangriffe im Zeitraum von 2004 bis heute - wie oben erwähnt - zwischen 1.870 bis 2.873 Menschen getötet.135 Selbst die in einigen Kriegsdefinitionen vorausgesetzte Opferzahl von 1.000 Kriegstoten ist hierbei bereits deutlich überschritten. Eine legitimierende Parlamentsdebatte, geschweige denn ein Mandat für diesen Drohnenkrieg gibt es trotz seiner langen Dauer nicht.136 Zwar regt sich durchaus Widerstand gegen diese Form der verdeckten Kriegsführung, doch mangelt es insbesondere an ausreichender Transparenz und Information seitens der US-Regierung, die sich zu den Drohneneinsätzen in Pakistan lange Zeit nicht äußerte.137 Der Umstand, dass nicht reguläre Armeeangehörige, sondern Beamte des Geheimdienstes CIA die Angriffe vorbereiten und durchführen, macht den Drohnenkrieg sowohl völkerrechtlich problematischer als auch noch intransparenter, da

135

Vgl. New America Foundation (2012). Vgl. Singer (2012). 137 Vgl. Ackerman, Spencer (2012): Pentagon Chief Admits U.S. Is at War in Pakistan, unter: http://www.wired.com/ dangerroom/2012/06/ drone-war-admission/ [Zugriff 22.07.2012]. 136

71

Paar: The Drone Wars die geheimdienstliche Arbeit Vertraulichkeit unterliegt.138

noch

umfassenderer

Demokratische Kontrollmechanismen für Regierungshandeln stehen in Demokratien regelmäßig durch die Möglichkeit der Abwahl offen. Jedoch haben sich insbesondere institutionelle Verfahrensregeln herausgebildet, welche die Beteiligung des Parlaments bei militärischen Einsätzen auferlegen. Was in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen des Parlamentsvorbehaltsgesetzes verwirklicht wurde, liegt in den USA mit der War Powers Resolution vor. Der Präsident kann zur schnellen Krisenreaktion militärische Gewalt einsetzen, muss jedoch innerhalb von zwei Tagen das Parlament darüber informieren sowie nach spätestens 60 Tagen den Einsatz beenden, sofern er nicht die parlamentarische Zustimmung zur Weiterführung erhält. Während der NATOOperation Odyssey Dawn gegen den libyschen Machthaber Gaddafi erfuhr die War Powers Resolution jedoch eine denkwürdige Wertminderung. Nach der anfänglichen Phase der Kampfhandlungen gegen Gaddafis Militär, an dem die USA auf Weisung Präsident Obamas mit Luft- und Seestreitkräften beteiligt waren, wurden die bemannten US-Luftfahrzeuge aus den direkten Kampfhandlungen abgezogen und das USamerikanische Militär nahm eine Unterstützerrolle für die europäischen NATO-Partner ein. In Folge dessen wurden allerdings US-Kampfdrohnen sowohl zur Unterstützung als auch in direkten Gefechten eingesetzt. Zuletzt war es eine US-Drohne, die libysche Rebellen zum Aufenthaltsort von Gaddafi führte und somit seine Tötung ermöglichte. Der Vorwurf, die Obama-Administration habe mit der Überschreitung der 60-Tage-Grenze gegen die War 138

Vgl. Kravets, David (2012): CIA Refuses to Confirm or Deny Drone Attacks Obama Brags About, unter: http://www.wired.com/threatlevel/2012/06/cia-confirm-denydrones/#more-43308 [Zugriff 22.07.2012].

72

Drohnen und demokratische Außenpolitik Powers Resolution verstoßen, wurde seitens der USRegierung mit dem Argument verworfen, die War Powers Resolution finde keine Anwendung, da die Operationen keine US-Militärangehörigen in direkte Kampfhandlungen bringe und diese keiner Gefahr ausgesetzt seien.139 Für das parlamentarische Kontrollinstrument, das mit der War Powers Resolution geschaffen werden sollte, bedeutet dies hinsichtlich zukünftiger Konflikte weitreichende Konsequenzen, da Krieg in dieser Argumentation die Gefährdung eigener Soldaten voraussetzt. Einsätze von Drohnen als Inbegriff der absoluten Asymmetrie unterlaufen hierbei die parlamentarische Kontrolle vieler westlicher Demokratien. Dieser Trend scheint weniger in antidemokratischen Tendenzen als in einer abnehmenden Opferbereitschaft westlicher Gesellschaften begründet zu liegen. Dies führt zu einer Betrachtung der Anforderungen an die aktiv partizipierende Bevölkerung im demokratischen Frieden. Mit der schnellen und zugleich für die eigenen Truppen weitgehend unblutigen Intervention gegen das irakische Militär im Golfkrieg 1991 wurde im Falle der USA ein neuer Standard in der Vermeidung von eigenen Kriegsopfern gesetzt. Mittels weit überlegener Ausrüstung und Strategie war es den US-geführten Koalitionstruppen möglich, innerhalb von sechs Wochen die kampferprobte irakische Armee zu überwältigen und dabei lediglich 214 bis 240 Gefallene beklagen zu müssen. Vor dem Hintergrund der Gesamtzahl beteiligter Truppen erschien dies als verblüffend gering.140 Das Vertrauen in die eigene militärische Überlegenheit führte zu der Überzeugung, diese schnellen und einfachen Siege seien jederzeit und gegen jeden Gegner möglich. Innerhalb der US-Bevölkerung sank damit einhergehend die Toleranz139 140

Vgl. Singer (2012). Vgl. Schörnig (2001): S. 2.

73

Paar: The Drone Wars grenze hinsichtlich eigener Opfer in derartigen Interventionen. Waren im Vietnamkrieg noch circa 58.000 US-Soldaten gefallen, bevor der Einsatz beendet wurde, reichten im Falle der humanitären Intervention UNOSOM II in Somalia 1992-93 bereits 18 gefallene eigene Soldaten, um die öffentliche Zustimmung zu dem Einsatz zu kippen, woraufhin er abgebrochen wurde. Während des Kosovo-Krieges 1999 wurde diese Toleranzschwelle erneut deutlich gesenkt, da in dessen Zuge kein NATO-Soldat fiel. Dabei erstreckt sich diese gesunkene Opfertoleranz keineswegs nur auf die USA. Staaten, die militärischer Gewaltanwendung skeptischer gegenüberstehen, besitzen eine noch weitaus geringere Akzeptanz bezüglich eigener Gefallener. So argumentiert Niklas Schörnig, dass im Falle des Kosovo-Krieges vermutlich ein einziger gefallener Bundeswehr-Soldat die weitere Beteiligung Deutschlands an der Intervention ernsthaft in Frage gestellt hätte.141 Dass im Falle des Afghanistan-(2001) und Irakkrieges (2003) zunächst wiederum höhere Opferzahlen toleriert wurden, kann daraus resultieren, dass diese Interventionen zunächst nicht als Wars of Choice142 deklariert wurden, sondern im Falle Afghanistans als aufgezwungener Verteidigungskrieg und im Irak als Abwehr eines unmittelbar zu erwartenden Angriffs legitimiert wurden. Doch mit zunehmenden Opferzahlen, die gleichwohl weit unter denen des Vietnamkrieges verblieben, sowie geringen Erfolgen im Zuge der Interventionen, verloren auch diese Einsätze viel ihrer einstigen Zustimmung innerhalb der US-Bevölkerung. Einen Einsatz regulärer US-Bodentruppen - beispielsweise im libyschen Bürgerkrieg oder ähnlichen Szenarien - vor der US-ameri141

Vgl. Schörnig (2001). Als Wars of Choice gelten selektive Kriege, die nicht durch externe Aggression aufgezwungen wurden sondern die aus eigener Erwägung heraus geführt werden. 142

74

Fazit kanischen Bevölkerung rechtfertigen zu können, scheint vor dem Hintergrund der jüngsten Interventionserfahrungen fraglich. Diese geschwächte Opferbereitschaft innerhalb der eigenen Bevölkerung überträgt sich auf die Strategiewahl von Regierung und militärischer Führung, die daraus ihre Impulse erhalten, weitere Anstrengungen zur Vermeidung eigener Opfer zu unternehmen. Die Praxis der Drohnenkriegsführung erscheint dabei als eine Möglichkeit, sehr flexibel, selektiv und dennoch mit einiger Schlagkraft und psychologischer Wirkung weltweit militärische Präsenz zu erzeugen. Die relativ verhaltene Kritik innerhalb der US-Bevölkerung sowie die bisher fehlenden kontroversen Parlamentsdebatten erwecken den Anschein, dass die opferscheue Bevölkerung stillschweigend ihre Zustimmung zu dieser neuen Art der Kriegsführung erteilt, indem sie billigend zur Kenntnis nimmt, wie ihr die Partizipationsmöglichkeit bei der Entscheidung über militärische Interventionen genommen wird. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend lässt sich feststellen, dass das demokratische Fundament, welches als Grundlage der Mechanismen des demokratischen Friedens dient, im Rahmen der heutigen Praxis der Drohnenkriege an Substanz verliert. Militärische Interventionen, die durch westliche Demokratien vorgetragen werden, laufen Gefahr, nicht mehr den Willen und die Überzeugung einer Gesellschaft zu repräsentieren, sondern sich vielmehr zu einem außenpolitischen Verwaltungsakt ohne Rechtsbehelf für die Bevölkerung zu entwickeln.

5

Fazit

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwieweit die zunehmende Nutzung von Drohnen in der Kriegsführungspraxis westlicher Staa75

Paar: The Drone Wars ten, Einfluss auf deren außenpolitisches Verhalten nimmt. Nachdem vorangegangene Arbeiten mit einer generellen Zunahme gewaltsamer Außenpolitik aufgrund gesunkener Kriegskosten rechnen, stand in dieser Betrachtung im Fokus, wie sich die gesellschaftliche Entscheidung für militärische Interventionen durch diese neue Kriegsführungspraxis wandelt. Um sich dieser Erkenntnis zu nähern, wurde in einem ersten Schritt das konfliktive Umfeld, in dem sich westliche Demokratien seit dem Ende des Kalten Krieges bewegen, evolutiv dargestellt und der darauf aufbauende Strategiewandel bis zur heutigen Form nachgezeichnet. Dabei konnte festgestellt werden, dass im Zuge der späten Irak- und Afghanistaninterventionen bis heute eine neue Form der westlichen Kriegsführung an Bedeutung gewann, die geprägt ist von hoher Selektivität, geringstem Umfang und maximalen Anstrengungen zur Vermeidung eigener Verluste und Kriegskosten. Zu diesem Zwecke werden statt langjähriger Stabilisierungseinsätze und großer Truppenkontingente, vermehrt lokale Konfliktparteien unterstützt und minimalinvasive Überfälle und Angriffe gegen Hochwertziele ausgeführt. In dieser neuartigen Kriegspraxis haben sich Drohnen innerhalb der operativen Instrumente als Schwerpunktwaffen herauskristallisiert, die auch in der Öffentlichkeit zunehmend Beachtung finden. Der Einsatz von Kampfdrohnen - nach Bedarf ergänzt um Spezialkräfte - kann als idealtypisch für die Strategie der Opfervermeidung gelten, da hiermit militärische Angriffe nahezu ohne Gefährdung eigener Truppen durchgeführt werden können. Häufig wird in Wissenschaft und Medien jedoch ein unklares Bild von Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten dieser Waffen gezeichnet, weshalb im zweiten Teil der Untersuchung genauer auf unbemannte Militär76

Fazit fahrzeuge eingegangen wurde. Neben einem möglichst realistischen Überblick über existierende Systeme und deren realer Leistungsfähigkeit, wurde sowohl auf die Hauptnutzerstaaten sowie exemplarisch auf die Praxis des wichtigsten Nutzerstaates USA beim Einsatz von Drohnen eingegangen. Zuletzt konnte die Tendenz festgehalten werden, dass Drohnen und unbemannte Systeme zukünftig enorm an Bedeutung gewinnen werden, in technischer Hinsicht auf einen höheren Autonomiegrad zusteuern und zukünftig als ein wesentlicher Träger westlicher Militärstrategie auftreten werden. Im dritten Teil der Studie wurde die Theorie des demokratischen Friedens herangezogen, um in einem theoriegeleiteten Untersuchungsrahmen Rückschlüsse zu gewinnen, inwieweit die Praxis der Drohnenkriegsführung, wie sie derzeit prototypisch im Falle der USA zu erkennen ist, Rückwirkungen auf die Außen- und Sicherheitspolitik demokratischer Staaten zeitigt. Die Theorie des demokratischen Friedens bietet aufgrund ihrer breiten Zustimmung und hohen Relevanz bei der Betrachtung dieses Sachverhalts die dafür geeigneten Grundlagen. Zudem sind die Grundannahmen inhärenter Friedfertigkeit von Demokratien fester Bestandteil des außenpolitischen Selbstverständnisses westlicher Demokratien und wurden vielfach zur Legitimierung auch gewaltsamer außenpolitischer Entscheidungen instrumentalisiert. Nach einem Überblick über die Grundannahmen und Ausprägungen des theoretischen Gerüstes, wurden zwei Arten von Voraussetzungen identifiziert, die bei der Entscheidungsfindung in der Außenpolitik vorliegen müssen, damit die friedensstiftenden Mechanismen des demokratischen Friedens zur Wirkung gelangen können. Erstens wurden Anforderungen an die jeweilige Regierung beziehungsweise Institutionenordnung gestellt, die demokratische Partizipationschancen auch auf den Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik beziehen 77

Paar: The Drone Wars sowie durch hinreichende Transparenz und Information eine Beteiligung und Kontrolle von Entscheidungen ermöglichen müssen. Zweitens stellen sich Anforderungen an die jeweilige Bevölkerung. Diese muss aktiv von den Partizipationsrechten Gebrauch machen, statt diese bloß zur Kenntnis zu nehmen, insbesondere in Zeiten, in denen die Auswirkungen von außenpolitischen Entscheidungen nicht oder nur geringfügig zu spüren sind. Anhand dieser Partizipation entscheidet sich daher, ob eine demokratische Gesellschaft tatsächlich lediglich über die womöglich zu ertragenden Leiden und Kosten mit der Außenpolitik ihres Staates verbunden ist oder Außenpolitik in Demokratien tatsächlich die Externalisierung innerer Werte- und Normvorstellungen darstellt. Vor dem Hintergrund der dargestellten Praxis der Drohnenkriegsführung wurde festgestellt, dass die genannten theoretischen Voraussetzungen für die friedensstiftenden Mechanismen des demokratischen Friedens in diesem Falle nur noch in abgeschwächtem Maße vorliegen und möglicherweise einer weiteren Erosion ausgesetzt sind. Insbesondere durch die Praxis der Entscheidung zu Drohnenangriffen, die in vertraulichen Geheimdienst- und Regierungskreisen getroffen werden, werden Maßnahmen, die klassischer Weise als kriegerisch zu bezeichnen sind, als eine Form exekutiver Verwaltungsakte beschlossen. Die Geheimhaltung dieser Operationen und Intransparenz der Verfahren, die zu Drohnenangriffen führen, erschweren zudem die konstruktive Beteiligung demokratischer Institutionen im Rahmen von Kontrollmechanismen. Zum Teil können diese unter Berufung auf Nichtgefährdung eigener Truppen gänzlich ausgehebelt werden. Insbesondere westliche Gesellschaften haben seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes eine ausgeprägte Aversion gegen eigene Opfer in den sogenannten 78

Fazit Wars of Choice entwickelt. Verbunden mit den hohen finanziellen und gesellschaftlichen Kosten, die die Interventionen im Irak und Afghanistan hervorgebracht haben, liegt hier vermutlich die wesentliche Triebfeder für die Entwicklung hin zur Drohnenkriegsführung. Doch geht mit dieser Risiko- und Kostenvermeidung für die eigene Gesellschaft die Gefahr einher, außen- und sicherheitspolitische Belange schlichtweg passiv zur Kenntnis zu nehmen und mit der Loslösung von den „Drangsalen“143 kriegerischer Außenpolitik in Form von Drohnennutzung auch die Loslösung von der Entscheidung über diese Maßnahmen zu vollenden. Hierbei ist es an der jeweiligen demokratischen Bevölkerung, ihren inneren Wertekanon aktiv in der Außenpolitik umzusetzen. Andernfalls drohen Ansätze wie universelle Menschenrechte zu Elitenprojekten zu werden oder seitens politischer Eliten zu anderen Zwecken instrumentalisiert zu werden. In Bezug auf die eingangs formulierte Fragestellung, inwieweit durch die Praxis der Drohnenkriegsführung ein Einfluss auf demokratische Außenpolitik besteht, kann nun anhand der vorliegenden Erkenntnisse eine tendenzielle Antwort gegeben werden. Der Rückgriff auf die theoretischen Annahmen zum demokratischen Frieden lässt dabei den Schluss zu, dass durch eine zunehmende Drohnenkriegsführung in der Art und Weise, wie sie hier dargestellt wurde, die Gefahr eines Demokratieschwundes bei der Entscheidung über die Anwendung von Gewalt in den Außenbeziehungen erwächst. Die in anderen Aufsätzen formulierte These, dass moderne Rüstungstechnologie allein aufgrund der reduzierten Kosten (an Mensch und Material) zu einem Anstieg gewaltsamer Außenpolitik führe144, kann sinnvoll um diese Mechanismen ergänzt werden. Dem143 144

Vgl. Kant (1795): S. 100. Vgl. Müller/ Schörnig (2010): S. 21f.

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Paar: The Drone Wars nach ermöglicht erst die restriktive und geheime Praxis des Einsatzes von Kampfdrohnen seitens einer jeweiligen Regierung in Verbindung mit einer opferintoleranten und außenpolitisch eher passiven Bevölkerung, die Verwirklichung derartiger Strategien. Dabei sind weniger antidemokratische Tendenzen in der politischen Elite als ausschlaggebender Faktor zu vermuten als eine Opportunitätsentscheidung zwischen perzipiertem außenpolitischen Handlungsbedarf beziehungsweise Interessen und dem nach innen vertretbaren Handeln. Freilich ist die Frage zu stellen, inwiefern dieses Handeln nach innen vertretbar wäre, wenn demokratische Partizipationsmöglichkeiten bestünden und wahrgenommen würden. Inwieweit die derzeitige Drohnenkriegsführung der USA als Prototyp dient, den andere westliche Demokratien in ihrem außenpolitischen Handeln übernehmen werden, muss zukünftig untersucht werden. Allerdings weisen einige Entwicklungen darauf hin, dass selbst Demokratien wie die Bundesrepublik Deutschland, die eher einem Selbstbild als Zivilmacht folgen und umfangreiche Rückbindung militärischer Entscheidungen an demokratische Prozesse pflegen, sich zumindest technisch wie prozedural diesem Vorbild annähern. Die zuletzt veröffentlichten Meldungen, nach denen erneut das Interesse der Bundesregierung am Kauf von US-amerikanischen Predator-Drohnen zu erkennen war, in Verbindung mit der kürzlich durch den deutschen Verteidigungsminister Thomas de Maizière angestoßene Debatte zur Reformierung des Parlamentsvorbehaltsgesetzes (in deren Rahmen der Einfluss des Bundestages geschmälert würde) weisen möglicherweise auch auf einen anstehenden Strategiewandel hierzulande hin.145 145 o.V. (2012): Weniger Rechte fürs Parlament?, In: Der Spiegel 25/2012: S. 14. / Winkelmann, Ulrike(2012):Grüne

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