Regionale Verteilung von Innovations- und Technologiepotentialen in Deutschland im Spiegel von Patenten

Siegfried Greif * München 2000 Regionale Verteilung von Innovations- und Technologiepotentialen in Deutschland im Spiegel von Patenten Vorbemerkung...
Author: Heini Ziegler
5 downloads 1 Views 30KB Size
Siegfried Greif *

München 2000

Regionale Verteilung von Innovations- und Technologiepotentialen in Deutschland im Spiegel von Patenten

Vorbemerkungen A. Querschnittsanalyse 1. Methodische Grundlagen 2. Ergebnisse a. Regionen b. Anmelderkategorien c. Technische Gebiete B. Dynamische Analyse 1. Methodische Anmerkungen 2. Ergebnisse a. Regionen b. Anmelderkategorien c. Technische Gebiete Literaturangaben Karten Karte 1. Patentanmeldungen nach Raumordungsregionen 1998 Karte 2. Patentanmeldungen nach Raumordungsregionen. Veränderungen der Anteile 1998 im Vergleich zu 1992-1994

* Der Autor ist Angehöriger des Deutschen Patent- und Markenamts und Lehrbeauftragter für Patentinformation und Patentökonomie an der Technischen Universität München. Die in der Studie dargelegten Ergebnisse und Meinungen sind ausschließlich die des Autors.

-2-

Tabellen Tabelle 1.1. (2 Teile) Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und Raumordnungsregionen. Absolute Zahlen und Anteile 1998 Tabelle 1.2. Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und Raumordnungsregionen. Die 10 aktivsten Raumordnungsregionen. Absolute Zahlen und Anteile 1998 Tabelle 1.3. Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und technischen Gebieten. Absolute Zahlen und Rangfolge 1998 Tabelle 1.4. Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und technischen Gebieten. Prozentuale Verteilung und Rangfolge 1998 Tabelle 1.5. (6 Teile) Patentanmeldungen nach technischen Gebieten und Raumordnungsregionen. Gesamt. Absolute Zahlen 1998 Tabelle 1.6. (6 Teile) Patentanmeldungen nach technischen Gebieten und Raumordnungsregionen. Wirtschaft. Absolute Zahlen 1998 Tabelle 1.7. (6 Teile) Patentanmeldungen nach technischen Gebieten und Raumordnungsregionen. Wissenschaft. Absolute Zahlen 1998 Tabelle 1.8. (6 Teile) Patentanmeldungen nach technischen Gebieten und Raumordnungsregionen. Freie Erfinder. Absolute Zahlen 1998 Tabelle 2.1.1. (2 Teile) Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und Raumordnungsregionen. Gesamt und Wirtschaft. 1992-1994 und 1998 im Vergleich. Tabelle 2.1.2. (2 Teile) Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und Raumordnungsregionen. Gesamt und Wissenschaft. 1992-1994 und 1998 im Vergleich. Tabelle 2.1.3. (2 Teile) Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und Raumordnungsregionen. Gesamt und Freie Erfinder. 1992-1994 und 1998 im Vergleich. Tabelle 2.2.1. Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und technischen Gebieten. Gesamt und Wirtschaft. 1992-1994 und 1998 im Vergleich. Tabelle 2.2.2. Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und technischen Gebieten. Gesamt und Wissenschaft. 1992-1994 und 1998 im Vergleich. Tabelle 2.2.3. Patentanmeldungen nach Anmelderkategorien und technischen Gebieten. Gesamt und Freie Erfinder. 1992-1994 und 1998 im Vergleich. Tabelle 2.3. (2 Teile) Raumordnungsregionen und ausgewählte technische Gebiete mit überdurchschnittlichen Entwicklungen

-3-

Tabelle 2.4. (3 Teile) Patentanmeldungen nach technischen Gebieten und Raumordnungsregionen. Die 3 Raumordnungsregionen der technischen Gebiete mit den größten positiven Differenzen im Promille-Anteil 1998 zu 1992-1994 Tabelle 2.5. Patentanmeldungen nach technischen Gebieten und Raumordnungsregionen. Negative Entwicklung im Bundesdurchschnitt bei technischen Gebieten. Die 3 Raumordnungsregionen der technischen Gebiete mit den größten negativen Differenzen im Promille-Anteil 1998 zu 1992-1994

-4-

Vorbemerkungen Durch die besondere Stellung des Patentwesens im Erfindungs- und Innovationsprozeß bilden Patentdaten leistungsfähige Indikatoren für Forschungs- und Entwicklungstätigkeit (F+E) sowie für technologische und wirtschaftliche Strukturen und Entwicklungen.1 Das gilt auch für raumbezogene Analysen. So erlaubt die räumlich und sachlich differenzierte Betrachtung von Patentaktivitäten entsprechende räumliche Zuordnungen von F+E-Tätigkeiten und Innovationspotentialen.

A. Querschnittsanalyse 1. Methodische Grundlagen Die Untersuchung hat die Feststellung und Analyse der Patentanmeldungen inländischer Herkunft zum Gegenstand. Dabei handelt es sich um Anmeldungen der inländischen Anmelder sowie um Anmeldungen ausländischer Anmelder in dem Maße, wie sie auf Erfinder mit inländischem Wohnsitz zurückgehen. Erfaßt wurden die im Jahre 1998 veröffentlichten Patentanmeldungen beim Deutschen Patentamt und beim Europäischen Patentamt unter Vermeidung von Doppelzählungen. Die Veröffentlichung erfolgt in der Regel 18 Monate nach der Patentanmeldung. Anmeldungen können vor einer Veröffentlichung zurückgenommen werden. Insgesamt kommen etwa 80 % der Patentanmeldungen zur Publikation. Als Datenquelle wurde die Patentdatenbank des Deutschen Patentamts PATDPA herangezogen. Es wurde eine Grundmenge von 36 868 Patentanmeldungen ermittelt. Die räumliche Zuordnung erfolgt aufgrund der in den Patentanmeldungen enthaltenen Angaben über Anmelder und Erfinder, die sich auch auf deren Sitzorte erstrecken. Grundsätzlich wird der Erfindersitz zugrunde gelegt. Dadurch soll der Erfindungsort, die tatsächliche F+E-Stätte, festgestellt werden. Ein räumliches Auseinanderfallen von

1

Zur Indikatorfunktion von Patenten siehe: Greif, Siegfried, Patente als Indikatoren für Forschungs- und

Entwicklungstätigkeit, in: C. Grenzmann und M. Müller (Hrsg.), Forschung und Entwicklung in der Wirtschaft, Essen 1993, S. 33-59; ders., Strukturen und Entwicklungen im Patentgeschehen, in: S. Greif, H. Laitko und H. Parthey (Hrsg.), Wissenschaftsforschung. Jahrbuch 1996/97, Marburg 1998, S. 97–136 und die dort angeführte Literatur.

-5-

Anmeldeort und Erfindungsort findet sich insbesondere bei Großunternehmen, auch bei den großen Forschungsgesellschaften. Bei der Mehrzahl der Anmelder darf man davon ausgehen, daß die Erfindungen an deren Sitzorten gemacht werden. Die im Patentgesetz vorgesehene Erfindernennung ist jedoch nicht zwingend. Es bestehen die Möglichkeiten, die Erfindernennung völlig zu unterlassen oder nachzuholen. Von der oben genannten Grundmenge von 36 868 Patentanmeldungen sind 1 879, das sind 5,1 %, ohne Erfindernennung. Für diese wurde ersatzweise eine Zuordnung nach dem Anmeldersitz vorgenommen. Die Ebene der räumlichen Zuordnung ist die der 97 Raumordnungsregionen, in welche das Bundesgebiet eingeteilt ist. Bei ihnen ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sich im Falle des Erfindersitzkonzeptes Wohn- und Arbeitsort von Erfindern innerhalb derselben Region befinden. Sind an angemeldeten Erfindungen mehrere Erfinder beteiligt, so wurden die betreffenden Anmeldungen durch die Zahl der Erfinder geteilt und anteilig den jeweiligen Sitzorten zugeordnet. Demzufolge sind bei den Feinaufgliederungen in den entsprechenden Tabellen die Patentanmeldungen nicht als ganze, sondern als gebrochene Zahlen ausgewiesen. Durch die Aufteilung auf inländische und ausländische Erfinder innerhalb einzelner Patentanmeldungen ist auch die Grundmenge keine ganze Zahl: 36 867,6. Es werden Aufschlüsselungen nach Anmelderkategorien und Sachgebieten vorgenommen. Die Patentanmelder werden in die Kategorien Wirtschaft, Wissenschaft und Freie Erfinder aufgegliedert. Wie diese Gruppen im einzelnen definiert sind und in welcher Weise ihnen Patentdaten zugeordnet werden können, wird bei der betreffenden Analyse näher erläutert. Die sachliche Differenzierung der Daten bezieht sich auf technische Gebiete; sie sind durch die Internationale Patentklassifikation (IPC) definiert.2

2. Ergebnisse a. Regionen

2

Vertiefte Ausführungen zu Möglichkeiten und Methodiken der räumlichen und sachlichen Zuordnung von

Patenten enthält: Greif, Siegfried, Patentatlas Deutschland. Die räumliche Struktur der Erfindungstätigkeit, München 1998

-6-

Die Patentaktivitäten in den einzelnen Raumordnungsregionen sind weit gestreut, sie liegen zwischen 21 und 3 203 Patentanmeldungen, bei einem Durchschnittswert von 411 (siehe Tab. 1.1.). Die Region Stuttgart nimmt eine überragende Position ein, auf sie entfallen 8,7 % aller inländischen Patentanmeldungen. Es folgen die Regionen München (7,9 %), Düsseldorf (5,3 %), Rhein-Main (4,8 %) und Berlin (3,4 %). Diese Spitzengruppe vereinigt auf sich 30 % der Patentanmeldungen, was angesichts der Gesamtzahl von 97 Raumordnungsregionen eine beachtliche räumliche Konzentration bedeutet (siehe Tab. 1.2.). Die umfassende Betrachtung der Patentlandkarte (siehe Karte 1) macht deutlich, daß das Patentgeschehen in Deutschland ganz wesentlich vom Süden und Westen des Landes getragen wird und ein deutliches Gefälle nach Norden und Osten zu beobachten ist, wobei sich Berlin und Hamburg als Inseln abheben. In den neuen Bundesländern konzentrieren sich die Patentaktivitäten auf den Süden mit dem Schwerpunkt im Raum Dresden.

b. Anmelderkategorien Die Patentanmeldungen kommen zum überwiegenden Teil aus der Wirtschaft (80,7 %), demgegenüber sind die Wissenschaft (3,4 %) und die Gruppe der Freien Erfinder (15,9 %) nachrangige Herkunftsbereiche (siehe Tab. 1.1.). Als Patentanmeldungen Freier Erfinder werden die Fälle angesehen, bei denen Identität zwischen Erfinder und Anmelder besteht. Hierin eingeschlossen sind die Anmeldungen von Hochschullehrern, von Arbeitnehmern mit freigegebenen Erfindungen und von Unternehmererfindern. Zum Bereich der Wissenschaft werden die Patentanmeldungen aus den folgenden Institutionen gerechnet: -

Bundes- und Landesforschungsanstalten Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V.

-7-

Die aus der Hochschulforschung stammenden Patentanmeldungen sind hier nicht einbezogen. Sie sind nicht ohne weiteres erfaßbar, da die Hochschullehrer über ihre Erfindungen frei verfügen können und die Hochschulen nur in seltenen Fällen als Patentanmelder auftreten. Der Anteil am gesamten Patentanmeldeaufkommen, der nicht auf die Freien Erfinder und die Wissenschaft entfällt, wird der Wirtschaft zugerechnet. Angesichts der Tatsache, daß rund 80 % der Patentanmeldungen aus der Wirtschaft stammen, besteht natürlich auch ein enger Zusammenhang zwischen deren räumlicher Verteilung und der Gesamtverteilung; die zehn patentaktivsten Regionen der Wirtschaft sind (mit einer Ausnahme) auch die der Gesamtbetrachtung (siehe Tab. 1.2.). Für den Bereich der Freien Erfinder läßt sich feststellen, daß die Verteilung der Patentanmeldungen zwar nicht durchweg, aber in den patentstarken Regionen weitgehend, der generellen Verteilung, und somit auch der der Wirtschaft folgt. Ganz anders stellt sich die Situation im Bereich der Wissenschaft dar. Unter den zehn wichtigsten Regionen befinden sich fünf, die sonst nicht zur Spitzengruppe zählen. Wie die Daten erkennen lassen, sind das die Regionen, in welchen das Patentgeschehen relativ stark von der Wissenschaft geprägt wird (siehe Tab. 1.2.). Auffallend ist die räumliche Konzentration bei Erfindungen aus der Wissenschaft. Die fünf Spitzenregionen erbringen bereits 43 % aller Patentanmeldungen dieses Sektors; auf die ersten sieben Regionen entfällt über die Hälfte der Wissenschafts-Patentanmeldungen des gesamten Bundesgebietes.3

c. Technische Gebiete Die Internationale Patentklassifikation (IPC), ein technisch orientiertes hierarchisches Ordnungssystem mit über 66 000 Feineinheiten, erlaubt die Zuordnung von Patentanmeldungen zu enger oder weiter definierten Gebieten. Da die höchste Aggregationsebene mit 8 IPCSektionen nur relativ grobe Aussagen erlaubt und die nächste Ebene mit 118 IPC-Klassen für Gesamtbetrachtungen schlecht praktikabel ist, wurde von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization, WIPO) auf der Basis der IPC ein System 3

Eine tiefergehende Analyse des Wissenschaftssektors enthält die Studie: Greif, Siegfried, Der Beitrag der

Wissenschaft zur Produktion technischen Wissens, in: Ifo-Studien. Zeitschrift für empirische Wirtschaftsforschung 4/1999, S. 541-559

-8-

entwickelt, das die gesamte Technik in 31 Gebiete einteilt und somit für Gesamtübersichten geeignet ist.4 Die entsprechende Aufschlüsselung der Patentanmeldungen macht deutlich, welche Gebiete mehr oder weniger Gegenstand der Erfinderaktivitäten sind (siehe Tab. 1.3. und 1.4.). Das wichtigste Gebiet ist mit 9,5 % aller Inlandsanmeldungen in Deutschland die Fahrzeugtechnik. Es folgen Elektrotechnik (9,2 %) und Messen, Prüfen, Optik (7,7 %). Auf diese drei Gebiete entfallen somit rund ein Viertel der Patentanmeldungen. Die geringsten Patentaktivitäten finden sich in den Gebieten Kernphysik und Bergbau, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß diese Gebiete relativ eng definiert sind. Die vorgegebenen Bezeichnungen der technischen Gebiete lassen nicht immer unmittelbar erkennen, was im einzelnen darin enthalten ist. So verbirgt sich zum Beispiel hinter "Fermentierung, Zucker, Häute" auch die Biotechnologie mit einem Anteil von 95 %. Die Analyse nach technischen Bereichen macht deutlich, daß die einzelnen Anmelderkategorien eigene sektorale Strukturen besitzen, die voneinander und vom Bundesdurchschnitt zum Teil erheblich abweichen (siehe Tab. 1.3. und 1.4.). Das Gesamtbild wird auch hier wesentlich von den Patentaktivitäten der Wirtschaft bestimmt. Im Bereich der Wissenschaft steht mit einem Anteil von 18,8 % der Bereich Messen, Prüfen, Optik im Zentrum der erfinderischen Aktivitäten. Mit Abstand folgt der Bereich Elektrotechnik mit 13,7 %. Auffallend ist, daß die Wissenschaft auf einigen Gebieten relativ stark vertreten ist, wie zum Beispiel in den Bereichen Hüttenwesen (Rang 6) und Fermentierung, Zucker, Häute (Rang 5), denen im Bundesdurchschnitt insgesamt (mit den Rängen 25 und 26) weniger Beachtung geschenkt wird. In umgekehrter Richtung auffallend ist, daß die Fahrzeugtechnik, die im Bundesdurchschnitt an erster Stelle steht, bei der Wirtschaft ebenfalls auf dem ersten, bei den Freien Erfindern auf dem dritten Platz rangiert, von der Wissenschaft mit relativ geringem Interesse bedacht wird (Rang 19). Bei den Patentaktivitäten der Freien Erfinder sind die Bereiche Bauwesen, Gesundheitswesen und Haushaltsgegenstände im Verhältnis zu den Zahlen für die anderen Kategorien und die Gesamtheit auffallend stark vertreten.

4

World Intellectual Property Organization, Industrial Property Statistics 1998, Genf 2000

-9-

Die detaillierte Aufschlüsselung der Patentanmeldungen nach Regionen, technischen Gebieten und Anmelderkategorien enthalten die Tabellen 1.5. bis 1.8.

B. Dynamische Analyse 1. Methodische Anmerkungen Mit der Erhebung und Analyse der Patentdaten des Jahres 1998 eröffnet sich die Möglichkeit zu einem Vergleich mit Ergebnissen aus dem Patentatlas.5 Dieser enthält Daten der Jahre 1992 -1994 in Form eines daraus ermittelten Jahresdurchschnitts. Diese Konstruktion wurde gewählt, um jährliche Zufallsschwankungen zu glätten. Der aus Forschung und Entwicklung resultierende Erfindungsfluß ist von Natur aus ungleichmäßig; das kann insbesondere bei starken Differenzierungen - wie der im Patentatlas vorgenommenen Aufgliederung bis auf Kreisebene bei gleichzeitiger Differenzierung nach technischen Gebieten und Anmelderkategorien - zu erheblichen Schwankungen führen. Da sich die Daten von 1998 auf der relativ hoch aggregierten räumlichen Ebene der Raumordnungsregionen bewegen, sind hier eventuelle Zufallsschwankungen bereits in sich selbst weitgehend ausgeglichen. Die beiden Datenmassive sind aus verschiedenen Gründen nicht unmittelbar vergleichbar. Die ältere Untersuchung bezieht sich auf eingegangene Patentanmeldungen, die jüngere auf veröffentlichte. Bei der älteren Untersuchung wurde die räumliche Zuordnung nur nach dem Erfindersitz vorgenommen, in der jüngeren in den Fällen der Erfinder-Nichtnennung auch nach dem Anmeldersitz. Das hat auch Auswirkungen auf die Verteilung von Patentanmeldungen auf die drei Anmelderkategorien. Da die Kategorie der Freien Erfinder (nach dem Kriterium Anmelder = Erfinder) naturgemäß keine Erfinder-Nichtnennung hat, entfällt auf sie in der älteren Untersuchung ein relativ großer Teil der erfaßten Anmeldungen. Zur Herstellung einer umfassenden Vergleichbarkeit der Ergebnisse aus den beiden Untersuchungen wurden die Anteile errechnet, die auf die einzelnen untersuchten Einheiten entfallen. Da diese teilweise recht niedrig sind, sind sie zur leichteren Handhabung in Promille angegeben.

5

Greif, Siegfried, Patentatlas Deutschland, a.a.O.

- 10 -

2. Ergebnisse a. Regionen Die Tabelle 2.1. enthält für jede Raumordnungsregion die Promille-Anteile der auf sie entfallenden Patentanmeldungen, bezogen auf die Gesamtheit des Bundesgebiets. Die Ergebnisse aus der älteren und der jüngeren Untersuchung sind hier unmittelbar miteinander vergleichbar. Die Entwicklungsraten (in Prozent) sind zusätzlich in die Tabelle aufgenommen worden. Für 49 Raumordnungsregionen ist eine positive Entwicklung zu verzeichnen, für 48 eine negative. Bei der Bewertung von Wachstumsraten dürfen die absoluten Zahlen nicht unberücksichtigt bleiben. Die hohen prozentualen Zuwachsraten basieren vielfach auf geringen Ausgangsmengen. So wird beispielsweise für die Region mit der geringsten zahlenmäßigen Belegung das höchste prozentuale Wachstum ausgewiesen. Die Regionen mit den größten positiven Differenzen im Promille-Anteil - und damit den größten absoluten Zuwächsen von Patentanmeldungen - sind München (9,91), Regensburg (5,74) und Braunschweig (3,95). Neben den positiven sind auch negative Entwicklungen zu beobachten. Die Regionen mit den stärksten Veränderungen sind in Karte 2 dargestellt: Blaue Felder = Zunahmen, rote Felder = Abnahmen. (Siehe dazu auch Tab. 2.4. und 2.5.)

b. Anmelderkategorien Wie erwähnt, sind durch die unterschiedliche methodische Behandlung der ErfinderNichtnennung in der älteren und der jüngeren Untersuchung die Anteile der Patentanmeldungen, die auf die einzelnen Anmelderkategorien entfallen, nicht unmittelbar vergleichbar. Rechnet man die Werte auf eine vergleichbare Basis um, ergibt sich folgende prozentuale Verteilung: Wirtschaft

Wissenschaft

Freie Erfinder

1992

80,9

2,3

16,8

1998

80,7

3,4

15,9

- 11 -

Wie die Werte erkennen lassen, sind die Relationen nicht starr. In den letzten Jahren haben sich gewisse Verschiebungen innerhalb des Gefüges ergeben, insbesondere hat sich der Anteil der Patentanmeldungen aus dem Bereich der Wissenschaft erhöht. Die regionale Aufgliederung der Patentaktivitäten der einzelnen Anmelderkategorien ist in der Tabelle 2.1. enthalten. Die Promille-Zahlen beziehen sich hierbei auf die Verteilung innerhalb der jeweiligen Anmelderkategorie. Die stärkste absolute Zunahme (gemessen in Differenzen der Promille-Anteile) im Bereich der Wirtschaft finden sich in den Regionen München (12,98), Regensburg (7,11) und Braunschweig (3,51). Daß sich das mit der entsprechenden Konstellation bei den Gesamtzahlen deckt, bestätigt die Dominanz der Wirtschaft im Hinblick auf das Gesamtbild. Im Bereich der Wissenschaft sind die stärksten zahlenmäßigen Zuwächse in den Regionen München (78,11), Mittelthüringen (22,79) und Braunschweig (13,94) festzustellen. Bei den Freien Erfindern sind die zuwachsstarken Regionen Aachen (5,48), Unterer Neckar (5,26) und Berlin (4,67). Die in der Tabelle 2.1. vorgenommene Gegenüberstellung von Gesamtdaten und Daten der einzelnen Anmelderkategorien läßt die entsprechenden Vergleiche zu und zum Beispiel erkennen, welche Anmelderkategorien in welchem Umfang die Entwicklung in einzelnen Raumordnungsregionen bestimmen.

c. Technische Gebiete Die Tabelle 2.2. enthält die Aufgliederung der Patentanmeldungen nach technischen Gebieten im Zeitvergleich. Wie die Gesamtbetrachtung erkennen läßt, gibt es keine grundlegenden Verschiebungen im Gefüge der Gebiete, aber neben stabilen Verhältnissen auch gewisse erkennbare Veränderungen bei einigen technischen Gebieten. Das Spitzentrio ist in der Rangfolge unverändert: (10) Fahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge (30) Elektrotechnik (26) Messen, Prüfen, Optik, Photographie Die größten positiven Veränderungen bei den Prozentanteilen, welche die absoluten Anmeldezahlen widerspiegeln, sind bei folgenden Gebieten zu beobachten:

- 12 -

(30) Elektrotechnik (10) Fahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge (27) Zeitmessung, Steuern, Regeln, Rechnen, Kontrollieren Die höchsten relativen Wachstumsraten mit jeweils 132,3 % haben die Gebiete (16) Fermentierung, Zucker, Häute (praktisch Biotechnologie) (5) Medizinische und zahnärztliche Präparate In umgekehrter Richtung sind natürlich auch negative Entwicklungen zu beobachten. In absoluter und relativer Betrachtungsweise am stärksten betroffen sind die Gebiete: (9) Druckerei (11) Fördern, Heben, Sattlerei Die Tabelle 2.2. enthält weiterhin eine Aufschlüsselung nach Anmelderkategorien. Die damit ermöglichte Gegenüberstellungen können aufzeigen, in welchem Umfang in welche Richtung die Patentaktivitäten in den einzelnen technischen Gebieten von den einzelnen Anmelderkategorien getragen werden. Ausgewählte technische Gebiete mit überdurchschnittlichen Entwicklungen sind in der Tabelle 2.3. gesondert ausgewiesen. Die dort vorgenommene regionale Aufschlüsselung macht deutlich, welche Raumordnungsregionen mit ebenfalls überdurchschnittlichen Entwicklungen daran maßgeblich beteiligt sind. Um eventuellen Irrtümern vorzubeugen, sei darauf hingewiesen, daß die Angaben in Tabelle 2.3. nicht den Beitrag einer Region zum Patentanmeldeaufkommen in einem technischen Gebiet wiedergeben. So ist zum Beispiel die Region Stuttgart, die bei der Zahl der Anmeldungen auf dem Gebiet (10) Fahrzeuge, Schiffe, Flugzeuge an erster Stelle liegt (siehe dazu Tab. 1.5.) , in der Tabelle 2.3. nicht angeführt, weil sie nicht unter die hier angesetzten Auswahlkriterien fällt. Ebenfalls auf Wachstum ausgerichtet ist die Tabelle 2.4. Hier ist für jedes technische Gebiet aufgezeigt, aus welchen Regionen die stärksten positiven Zuwachsraten kommen, gemessen in der Differenz der Promille-Anteile. Ausgewiesen sind die in diesem Sinne wachstumsstärksten drei Regionen. In einer anderen Betrachtungsweise kann die Tabelle 2.4. auch Auskunft darüber geben, welche Regionen den Auswahlkriterien bei mehreren technischen Gebieten genügen, was in

- 13 -

den Nennungen in der Tabelle festgehalten ist. In diesem Sinne besonders dynamisch sind die Regionen München (10 Nennungen), Düsseldorf (7), Stuttgart (5) und Regensburg (5). Mit der negativen Seite beschäftigt sich Tabelle 2.5. Hier sind die technischen Gebiete aufgeführt, die, bezogen auf das gesamte Bundesgebiet, rückläufige Entwicklungen aufweisen. Die weitere Aufschlüsselung nach Raumordnungsregionen gibt Auskunft darüber, welche Regionen vom Rückgang besonders betroffen sind. Insgesamt vermitteln die Patentdaten umfassende und tiefgehende Einblicke in Strukturen und Entwicklungen der regionalen Verteilung von Innovations- und Technologiepotentialen.

- 14 -

Literaturangaben

Arbeiten des Autors zur Patentgeographie

Patentanmeldungen nach Bundesländern, in: Deutsches Patentamt, Jahresbericht, laufende Veröffentlichung seit 1985 Erfindungstätigkeit in Niedersachsen - Eine patentgeographische Analyse, in: H. Legler (Hrsg.), Strukturberichterstattung Niedersachsen. Industrielle Forschung, Entwicklung, Invention und Innovation, Hannover 1991, S. 50-65 Erfindungstätigkeit in Norddeutschland. Räumliche Struktur der Patentaktivitäten, in: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (Hrsg.), Landesentwicklung in Norddeutschland. Strukturberichterstattung Norddeutschland, Hannover 1992, S. 121-150 Die räumliche Struktur der Erfindungstätigkeit. Grundlagen für einen Patentatlas der Bundesrepublik Deutschland, Gießen 1992 Die räumliche Struktur der Erfindungstätigkeit in Westdeutschland 1992 (mit E. Giese und R. von Stoutz), in: Geographische Zeitschrift 2+3/1997, S. 113-128 Der Stuttgarter Raum im Patentgeschehen der Bundesrepublik Deutschland, in: Statistik und Informationsmanagement 3/1998, S. 67-78 Patentatlas Deutschland. Die räumliche Struktur der Erfindungstätigkeit, München 1998 Die neuen Bundesländer im Patentgeschehen der Bundesrepublik Deutschland, in: R. Boch (Hrsg.), Patentschutz und Innovation in Geschichte und Gegenwart. Frankfurt/Main 1999, S. 147-166

Suggest Documents