Pech im Spiel Frieda

Pech im Spiel… Frieda Ich bin fuchsteufelswild. Wenn mir Rauch aus Nase und Ohren kommen würde, würde es mich nicht überraschen. Und dabei weiß ich n...
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Pech im Spiel… Frieda Ich bin fuchsteufelswild. Wenn mir Rauch aus Nase und Ohren kommen würde, würde es mich nicht überraschen. Und dabei weiß ich nicht einmal so genau, wieso. Weil sie es dir nicht gesagt hat! Weil du dachtest, ihr wärt Freundinnen, aber offenbar hat sie dir nicht genug vertraut… Ich stehe mitten auf der Tanzfläche und starre immer noch fassungslos hinüber zur Bar. Es ist wie bei einem Unfall. Ich will nicht hinsehen, aber ich kann offenbar nicht anders. Meine Augen nehmen jede einzelne Bewegung wahr, während mein Verstand sich nur im Kreis dreht. Das Mädchen hat Lisa – meine Mitbewohnerin, meine ‚Freundin‘ – gegen die Bar gedrückt, während sie Lisas Handgelenke festhält. Jetzt gleiten ihre Lippen über Lisas Hals und Lisa kneift die Augen zu. Die Pose ist eindeutig. Ohne es zu bemerken, haben sich meine Hände zu Fäusten geballt und mich meine Füße wie von selbst näher zu den beiden hingetragen. Als Lisa ihre Augen erneut aufschlägt, sieht sie mich – und ihr Gesicht fällt in sich zusammen. Im nächsten Moment stößt sie das Mädchen grob von sich weg und stolpert mehr als sie geht zu mir herüber. Nüchtern sieht anders aus, aber selbst das hält mich nicht davon ab, sie anzublaffen, sobald sie vor mir zum Stehen kommt. „Hattest du vor, es mir irgendwann mal zu sagen?“, fauche ich und deute mit einer Handbewegung zur Bar, wie um zu unterstreichen, worüber ich rede. Als ob das nicht auf der Hand liegen würde. „Ja! Ja, natürlich… Nur ich… Du…“ Lisa bricht ab und wedelt hilflos mit

ihren Händen in der Luft herum. „Was ich? Ich komm rüber wie ein engstirniges, intolerantes, homophobes Arschloch oder was? Dann will ich dir mal etwas sagen. Ich hab nämlich absolut kein Problem damit, wenn jemand schwul ist! Oder lesbisch!“, füge ich hinzu. „Nein!“, meint sie beinahe panisch und greift sich für einen Moment an die Kehle. „Es… es hat sich nur nie der passende Moment ergeben…“ Sie bricht ab und sieht mich flehend an und ich starre fassungslos zurück, mein Unterkiefer hängt vermutlich irgendwo in Bodennähe. „Es hat sich nie… Sag mal ist das dein verfickter Ernst? Der passende Moment wäre zum Beispiel bei unserer allerersten Unterhaltung gewesen, als ich dich vollgeheult habe, wie scheiße doch alle Männer sind! Du hättest sagen können: ‚Hey, das ist der Grund, warum ich auf Frauen stehe!‘ Zack, erledigt und ich hätte Bescheid gewusst! Oder all die anderen Male, wo wir über Typen gesprochen haben! Ich hab dich ausgequetscht, auf welchen Typ Mann du stehst…“ Ich greife mir an den Kopf. „Und jetzt macht es plötzlich auch Sinn, warum du auf jede meiner Fragen so ausweichend geantwortet hast!“ Ich lache einmal freudlos auf. „Ich wollte dich verkuppeln verdammte Scheiße!“, fluche ich vor mich hin, weil wenn nicht jetzt der passende Zeitpunkt ist, um wie der sprichwörtliche Matrose zu fluchen, dann weiß ich auch nicht. „Du hattest hunderte Gelegenheiten, mir zu sagen, dass du auf Frauen stehst!“ Lisa schüttelt den Kopf und ich will bereits erneut aufbrausen, als sie sich die Haare rauft und für einen Moment die Augen schließt. Als sie sie wieder öffnet, trifft mich ihr Blick bis ins Mark. Sie wirkt regelrecht verzweifelt und meine Wut verpufft allmählich. „Ich wollte nicht, dass du dich unwohl fühlst…“, startet sie einen neuen

Versuch, aber auch diese Entschuldigung lasse ich nicht gelten. „Weil ich sofort davon ausgehe, dass du über mich herfallen willst? Ach komm! Ich dachte, du würdest mich besser kennen! Nur weil du auf Frauen stehst, denke ich nicht automatisch, dass du auf mich stehst!“ Sie sieht sich für einen Moment im Club um, bevor sich ihre Augen wieder auf mich konzentrieren. Dann atmet sie einmal tief ein und aus. „Es stimmt aber…“ „Was stimmt?“, frage ich verwirrt, aber anstatt mir zu antworten, sieht mich Lisa einfach nur weiterhin an. Ihr Blick bohrt sich regelrecht in mich und ein paar weitere elendslange Sekunden vergehen, bis der Groschen fällt. Meint sie etwa…? „Willst du damit sagen…?“ Dieses Mal bin ich es, die hilflos in der Gegend herumfuchtelt. Lisa nickt lediglich und läuft dann knallrot an im Gesicht. Mein Herz rutscht mir schlagartig in die Hose und ein Kloß bildet sich in meinem Hals. Ich kann das Ticken einer imaginären Uhr regelrecht in meinem Kopf hören. Tick. Tack. Sag etwas! Tick. Tack. Ich weiß nicht was! Was erwidert man auf so etwas? Gibt es überhaupt etwas, das man darauf sagen kann? Tick. Tack. Ich räuspere mich einmal. „Ja, ähm… und sie?“, frage ich und deute einmal mehr in Richtung Bar, wo immer noch das andere Mädchen steht und uns beobachtet. Lisa folgt meinem Blick, bevor sie den Kopf schüttelt. „Das ist meine Ex. Sie ist keine… sehr nette Person. Nicht nur Männer können Arschlöcher sein, weißt du?“ Ich nicke zögernd. Was soll ich auch sonst anderes machen? „Und sie will dich zurück, ja?“, frage ich und beäuge immer noch das Mädchen an der Bar. Lisas Exfreundin. Sie ist hübsch, so viel muss ich ihr lassen, auch wenn sie mich ansieht, als würde sie mich am liebsten einen Kopf

kürzer machen. „Nein.“ Lisa lacht einmal. „Sie will mir nur beweisen, dass sie mich immer noch haben kann, wenn sie Lust dazu hat.“ „Und kann sie?“ Mein Blick wandert zurück zu Lisa, die mich mit gerunzelter Stirn betrachtet und ich halte die Luft an. Wieso ist es mir so wichtig, ihre Antwort zu hören? Und wieso frage ich so etwas überhaupt? „Nein“, erwidert Lisa knapp. Mehr sagt sie nicht, aber ich atme dennoch erleichtert aus. Wenn sie kein netter Mensch ist und Lisa schlecht behandelt hat, ist es gut, dass sie keinen Halt mehr über sie hat. Ich will Lisa gerne tröstend in den Arm nehmen. Ich will sie gerne fragen, was ich sagen oder tun kann, um es… leichter zu machen. Ich will ihr versichern, dass ihre Gefühle bestimmt so schnell wieder verfliegen, wie sie gekommen sind und dass es so viele hübsche Mädchen da draußen gibt, die sich um sie reißen würden. All diese leeren Floskeln liegen mir auf der Zunge. Ich will ihr gerne sagen, wieviel sie mir bedeutet. Dass ich mich selten auf Anhieb mit jemanden so… verbunden gefühlt habe wie mit ihr. Aber ich sage nichts von alldem. Stattdessen nehme ich ihre Hand und drücke sie einmal. Lisa betrachtet mich mit einem Gesichtsausdruck, den ich nicht recht deuten kann, bevor sie über meine Schulter blickt und meine Hand abrupt loslässt. Ich folge ihrem Blick und im nächsten Moment steht auch schon Max neben mir. Mein… was auch immer. Definitiv nicht mein Freund. Wir kennen uns seit ein paar Wochen und schreiben uns regelmäßig. Wir verstehen uns gut, aber keiner von beiden hat bisher das Thema Beziehung angeschnitten. Was mir nur gelegen kommt. Versteht mich nicht falsch, Max ist toll, aber ich würde für den Moment die Dinge einfach gerne… laufen lassen. Jetzt legt er einen Arm um meine Schulter und Lisa wendet den Blick ab. Bevor ich reagieren kann, macht sie einen Schritt zurück und dann noch einen.

„Ich geh nach Hause. Ich bin schon müde. Wir sehen uns dann Frieda. Max“, meint sie mit einer knappen Kopfbewegung. Ihre Stimme klingt ganz normal und wenn sie meinem Blick nicht ausweichen würde, würde ich mich ernsthaft fragen, ob ich sie womöglich falsch verstanden habe. Vielleicht hat sie gar nicht gemeint, was ich denke, dass sie gemeint hat? Bevor ich meinen Mund aufbringe und ihn dazu griege, Worte zu formulieren, dreht sich Lisa um und verschwindet in der Menge. Und ich lasse unser Gespräch in meinem Kopf Revue passieren, während ich ihr wie festgewurzelt hinterherblicke. Max, dem nichts Ungewöhnliches aufgefallen zu sein scheint, nimmt mich an der Hand und zieht mich zurück auf die Tanzfläche, wo unsere Freunde auf uns warten. Aber die Lust auf Tanzen ist mir vergangen, das Herz in meiner Brust fühlt sich schwer an wie Blei. Als ich etwa eine Stunde später nach Hause komme, ist die Wohnung ganz dunkel und still und für einen Moment fühle ich mich an die Zeit von vor wenigen Monaten zurückerinnert, als ich alleine hier gewohnt habe. Jeden Abend, als ich nach Hause gekommen bin, hat mich diese unerträgliche Stille empfangen. Und dann hab ich Lisa kennengelernt und damit gehörte Ruhe und Stille in dieser Wohnung der Vergangenheit an. Das Mädchen scheint einfach nie zu schlafen und ist immer bereits da, wenn ich nach Hause komme. Meistens schallt mir laute Musik entgegen, wenn ich zur Tür reinkomme oder der Fernseher läuft, während Lisa in der Küche hantiert. Manchmal singt sie laut und schief und trommelt mit einem Kochlöffel zum Takt der Musik. Und sie geht immer – immer – nach mir ins Bett. Nur heute – heute empfängt mich diese unerträgliche Stille und plötzlich wird mir einmal mehr bewusst, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass wir uns kennengelernt haben und

sie hier eingezogen ist. Es ist nicht so, dass ich gezielt auf der Suche nach einem Mitbewohner gewesen wäre. Als meine Freundin Jule ausgezogen ist, weil sie in einer anderen Stadt ein Jobangebot bekommen hat, wollte ich keinen neuen Mitbewohner, selbst wenn ich insgeheim ein wenig einsam war. Aber wer hätte Jule ersetzen können? Und mit irgendjemand Fremdes zusammenzuwohnen… der Gedanke hat mir so gar nicht behagt. Und dann war ich auf der Feier eines Arbeitskollegens und hab ein wenig zu tief ins Glas geschaut. Mein Freund hat mir einen Tag zuvor den Laufpass gegeben und es ist nicht so, dass er mir damit das Herz gebrochen hätte, aber verlassen zu werden ist wohl nie besonders schön. Vor allem, wenn man hört, dass man davor auch noch betrogen wurde und die andere angeblich tausend Mal besser ist im Bett als man selbst. Lisa war ebenfalls auf der Feier und hat sich meiner angenommen. Sie hat sich angehört, wie ich – vermutlich lallend – über Boris, meinen Ex, und die Männerwelt im Allgemeinen hergezogen bin. Dann hat sie mich nach Hause gebracht und hat auf dem Sofa geschlafen. Vermutlich hatte sie Angst, ich könnte mich in der Nacht übergeben und an meiner eigenen Kotze ersticken. Kurz darauf ist sie hier eingezogen. Sie war auf der Suche nach einem Zimmer und ich hatte eines frei. Es war mehr eine Kurzschlussreaktion meinerseits, ein Dankeschön dafür, dass sie sich um die peinliche Heulsuse – mich – gekümmert hat. Aber ich habe es nie auch nur eine einzige Minute lang bereut. Ich ziehe mir die Schuhe aus und hole mir aus der Küche ein Glas Wasser, ohne das Licht einzuschalten. Die Dunkelheit, die mich umgibt ist seltsam beruhigend. Ich trinke mein Glas in einem Zug aus und starre für einen Moment aus dem Fenster, der Schein der Straßenlaterne die einzige Lichtquelle. Dann drehe ich mich und gehe so leise wie möglich in mein Zimmer. Als ich

an Lisas Tür vorbeikomme, höre ich ein leises Schniefen und mein Herz stolpert in meiner Brust. Bitte nicht. Ich kneife meine Augen fest zusammen und lege dann ein Ohr gegen die Tür – ein erneuter Schluchzer, dieses Mal lauter. In all den Monaten habe ich Lisa kein einziges Mal weinen gesehen, wohingegen ich heule wie am laufenden Band. Und sie ist immer da, um mich zu trösten, selbst wenn es für mein Geheule überhaupt keinen Grund gibt. Was ziemlich oft der Fall ist. Ich öffne ganz vorsichtig die Tür und jegliche Geräusche verstummen schlagartig. Sie will nicht, dass du reinkommst, du Idiotin. Lass sie in Ruhe. Aber das kann ich nicht. Meine Füße tragen mich wie von selbst zu ihrem Bett. Ich schlage die Decke zurück, lege mich hinter sie und ziehe sie fest an mich. Lisa versteift sich für einen Moment in meinen Armen, bevor sie sich gegen mich sacken lässt und erneut von Schluchzern gepackt wird. Ich fahre ihr beruhigend durchs Haar, während sie leise vor sich hin weint. Es ist herzzerreißend. „Was machst du hier?“, will sie irgendwann mit krächzender Stimme wissen, als sie sich wieder ein wenig beruhigt hat. Ich weiß, dass sie nicht darauf hinauswill und dennoch gebe ich ihr die offensichtlichste Antwort. „Ich wohne hier, schon vergessen?“, bemühe ich mich um einen lockeren Ton. „Max?“ Es ist nur ein einziges Wort und dennoch zieht sich mein Herz schmerzhaft zusammen. „Er ist mit den anderen im Club geblieben.“ „Er hätte dich nach Hause bringen sollen“, murmelt Lisa und wenn die Situation nicht so angespannt wäre, hätte ich laut gelacht. Das ist Lisa. Kavalier und Gentleman – Gentlewoman? – durch und durch. „Willst du… willst du, dass ich ausziehe?“, fragt Lisa so leise, dass ich sie im ersten Moment gar nicht verstehe.

„Was? Nein!“, rufe ich lauter als notwendig, als ihre Worte in mein Gehirn sickern. Natürlich zieht sie nicht aus deswegen! Ich meine, das passiert doch öfter mal, dass man sich ein wenig in einen Freund oder eine Freundin verguckt oder? Bis das nächste Objekt der Begierde auf der Bildfläche erscheint. Und dann kommt mir ein Gedanke. „Willst du denn ausziehen?“, frage ich zögernd und drehe sie ein wenig zu mir herum, so dass ich sie ansehen kann. Ich halte den Atem an, während ich auf ihre Antwort warte. Die Sekunden, die vergehen fühlen sich an wie Minuten. Wie Stunden. Ich will nicht, dass sie auszieht! „Nein“, meint sie dann und schüttelt leicht den Kopf. Die Luft entweicht meinen Lungen und ich fühle mich schlagartig wieder leichter. „Okay“, meine ich erleichtert und nicke, während ich ihr abwesend die Tränen von der Wange wische. „Okay. Das ist gut.“ Es ist so dunkel im Zimmer, dass ich ihr Gesicht nur schemenhaft wahrnehme, aber sie hat aufgehört zu weinen und das ist ein gutes Zeichen. Ich hab sie noch nie so traurig gesehen. Vielleicht hat es ja nicht einmal etwas mit mir zu tun, sondern viel mehr mit dieser Exfreundin, die ihr ganz offensichtlich wehgetan hat? Ja, das wird es sein. Lisa hat sie zwar nie erwähnt – okay, vergiss diesen Gedanken, sie hat mir schließlich ja auch nie erzählt, dass sie lesbisch ist, natürlich fängt sie dann nicht von ihren Exfreundinnen an. Aber vermutlich hat die Begegnung schmerzliche Erinnerungen hervorgerufen. Ich sehe mich einen Moment im dunklen Zimmer um, bevor ich genau das tue, was ich mir geschworen habe nicht zu tun. „Vielleicht bist du momentan einfach ein wenig einsam, hm? Ich meine, ich weiß ja nicht, wie lange das mit deiner Ex schon her ist, aber vielleicht wäre

es an der Zeit, sich einfach wieder ein wenig umzusehen? Abends auszugehen, neue Leute kennenlernen. So wie heute – nur ohne den Vorfall mit der Ex“, füge ich hinzu und runzle die Stirn. „Du verkriechst dich viel zu sehr zu Hause. Wir beide. Und jetzt, wo ich Max kennengelernt habe, hast du vielleicht einfach nur… Verlustängste bekommen oder etwas in der Art? Da kann man sich schon mal schnell einreden, Gefühle zu haben...“ Lisa dreht sich erneut von mir weg und ich lasse meine Hand sinken. Ich liege auf dem Rücken und starre für eine ganze Weile an die Decke. „Du bist meine beste Freundin“, flüstere ich schließlich in die Stille hinein. Erst als ich meinen Kopf zur Seite drehe, stelle ich fest, dass Lisa offenbar wieder angefangen hat, zu weinen, denn ihr ganzer Körper schüttelt sich lautlos. Ich schlinge erneut meine Arme um sie und vergrabe mein Gesicht in ihren Haaren. „Hey, Süße. Rede mit mir“, bitte ich, weil ich mich in diesem Moment so hilflos fühle wie noch nie zuvor. „Du verstehst… nicht“, schluchzt sie und ihre Brust hebt und senkt sich bei jedem Wort. „Das ist keine… harmlose Schwärmerei. Ich wusste es… von Anfang an. Seit du ‚Männer… sind Schweine‘ gesungen… und mir beinahe… auf den Schuh gekotzt hast.“ Sie holt einmal tief Luft, während ich erneut Tränen von ihrer Wange wische, die gar nicht mehr aufzuhören scheinen. „Ich dachte, wir könnten… Freunde sein. Solange du es… nicht weißt. Alles war in…Ordnung. Aber jetzt… nicht mehr. Jetzt nicht mehr…“ „Shh, Süße. Warum nicht? Warum ist es nicht mehr in Ordnung?“, frage ich, während ich ihr durchs Haar fahre. „Weil ich… in dich verliebt bin, Frieda! Und jetzt… weißt du es… und du willst mich nicht… und ich weiß nicht… ich weiß nicht, ob ich das aushalte…“

Und dann beginnt sie ernsthaft zu weinen. Sie schlägt sich die Hände vors Gesicht und krümmt sich zusammen und dieser Anblick und ihre Worte – brechen mir das Herz. Es ist, als würde jemand in meine Brust hineingreifen und zudrücken, so fest es nur geht. Ich drehe sie einmal mehr zu mir herum und nehme sie in den Arm. Meine Hände fahren in der Hoffnung auf eine beruhigende Wirkung über ihren Rücken, während ich eine leere Floskel nach der anderen von mir gebe. Dinge wie ‚Alles wird gut‘ und ‚Wir griegen das schon hin‘ verlassen meinen Mund, aber nichts was ich tue, scheint zu helfen. Ich versuche ihr die Hände vom Gesicht wegzuziehen, aber sie lässt es nicht zu. Stattdessen will sie sich aus meinem Griff befreien. „Du bist meine beste Freundin“, wiederhole ich. „Ich will dich nicht verlieren“, versichere ich. „Sag mir, was ich tun soll“, flehe ich. Nichts. Nur ein weiterer herzzerreißender Schluchzer, der sich aus ihrer Kehle Bahn bricht. Und dann halte ich es nicht mehr aus. Also tue ich das einzige, das mir in dieser Situation einfällt. Ich küsse sie. Ich küsse ihre Schulter, ihren Hals und schließlich ihre Hände, die sie sich immer noch vors Gesicht hält. Und plötzlich wird es ganz still im Zimmer. „Lisa…“, murmle ich und ziehe vorsichtig an ihren Händen. Dieses Mal lässt sie es zu. Sie schnieft einmal leise und selbst in der Dunkelheit kann ich erkennen, dass ihre Augen geschwollen und blutunterlaufen sind. „Würdest du mich küssen?“, bitte ich und Lisa zieht scharf die Luft ein. Dann weicht sie meinem Blick aus, will sich mir entziehen. „Frieda, du solltest…“ „Bitte!“, unterbreche ich sie. „Bitte, Lisa. Küss mich…“ Ich weiß nicht, warum ich darauf beharre. Es ist nicht so, dass ich es tatsächlich für eine gute Idee halte. Aber ich würde in diesem Moment alles

dafür tun, um sie nicht länger so traurig zu sehen. Und vielleicht bemerkt sie durch den Kuss, dass diese Gefühle in der Realität nicht so viel Macht besitzen wie in ihrer Fantasie. Und alles bleibt beim Alten. „Ich… ich kann nicht“, meint sie und fährt sich mit ihrem Handrücken über die Augen. Dann sieht sie mich an. „Meinst du… meinst du das ernst?“, krächzt sie und schluckt einmal schwer, während ihre Augen suchend über mein Gesicht fliegen. Und an meinen Lippen hängen bleiben. Ich nicke langsam. Sie richtet sich vorsichtig auf und lässt mich dabei keine Sekunde lang aus den Augen. Meine Hände werden plötzlich ganz schwitzig und ich habe keine Ahnung wieso. „Frieda…“, murmelt sie und kneift die Augen zusammen. „Ich weiß, was du hier machst…“ Sie scheint einen Moment mit sich zu ringen, dann kommt ihr Gesicht ein Stückchen näher. „Bin ich ein schlechter Mensch, weil es mir egal ist?“, flüstert sie und schlägt ihre Augen auf. Ich kann ihren Atem auf meinem Gesicht spüren. „Nein…“ Ich schüttle den Kopf und wickle eine ihrer Haarsträhnen um meinen Finger. Und dann küsst sie mich.

Lisa Goooott! Warum hab ich sie geküsst? Es war himmlisch. Ich hätte sie niemals küssen dürfen. Ich weiß das. Aber dann war es womöglich die einzige Gelegenheit, die ich jemals bekommen werde. Und wie könnte ich es dann bereuen? Außerdem war ich ein emotionales Wrack. Als ob sich all diese Gefühle, die sich in den letzten Monaten angestaut haben, gleichzeitig Luft verschaffen wollten. Und ich bin selbst schuld daran, wie es gekommen ist. Ich hätte ihr von Anfang an reinen Wein einschenken sollen. Nein. Ich hätte niemals hier einziehen sollen. Das konnte ja nicht gut gehen. Das Seltsame daran? Es ist gut gegangen. Solange sie nichts wusste, hatte ich immer noch meine Fantasie. Ich konnte mir einreden… ja was? Dass sie vor Freude in die Luft springt, wenn du ihr irgendwann deine Gefühle gestehst? Dass sie realisiert, dass sie ebenfalls etwas für dich empfindet? Dass ein Kuss alles verändert? Tja. Zumindest das hätten wir geschafft. Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen. Ich weiß ganz einfach nicht, was ich machen soll. Doch, ich sollte ausziehen. Ich sollte meine sieben Sachen packen und mir etwas Neues suchen. Und mit etwas Glück würden wir – würde ich – es

schaffen, Freunde zu bleiben. Aber die Vorstellung tatsächlich auszuziehen – bringt mich um. Ich wünschte, es wäre alles beim Alten. Damit hätte ich umgehen können. Zumindest besser als mit der Situation jetzt. Jetzt ist alles anders. Seit dem Kuss. Und ich wusste, dass so etwas passieren würde, aber in diesem Moment war es mir egal. Ich hab sie geküsst und ein Teil von mir wollte über sie herfallen, sie überall berühren und sehen, wie weit ich gehen kann. Der andere Teil war so erschöpft und emotional dermaßen ausgelaugt, dass ich nach kurzer Zeit beinahe auf Frieda eingeschlafen bin. Und als ich aufgewacht bin, lag sie da und hat an die Decke gestarrt. Ich meine, wenigstens war sie noch da oder? Aber ihr Blick. Dieser Blick… Alleine der Gedanke daran verursacht mir Schüttelfrost. Und seitdem ist die Stimmung so verdammt angespannt zwischen uns, so verdammt… höflich. Als wären wir lediglich Mitbewohner, die sich die Wohnung teilen würden. ‚Du bist meine beste Freundin.‘ Ich seufze einmal laut. Und ich bin dabei, diese Freundschaft zu zerstören, ihr diese Freundin wegzunehmen. Aber ich weiß nicht, was ich machen soll. Abstand scheint schon mal nicht zu funktionieren. Es ändert nichts an meinen Gefühlen und die Kluft zwischen uns wird nur größer und größer. Aber einfach so zu tun, als hätte dieser Abend niemals stattgefunden…? Ich weiß beim besten Willen nicht, ob ich das schaffe. Aber ich bin es Frieda schuldig, es zumindest zu versuchen. Wenn es nicht funktioniert oder zu sehr wehtut, kommt Plan A zurück ins Spiel. A wie Ausziehen. Du liebst sie. So zu tun, als wäre alles beim Alten kann nicht funktionieren. Doch es kann! Wenn die Alternative ist, sie womöglich nie mehr wieder zu

sehen… Es ist besser sie in meiner Nähe zu haben, auch wenn es wehtut, als dass sie komplett aus meinem Leben verschwindet. Freundschaft hat bisher ausgereicht, also wird sie das auch wieder. Mit ein wenig Zeit…

Frieda „Alles okay bei dir, Frieda?“ „Hm?“ Mein Kopf fährt reflexartig nach oben. „Du bist so still. Hat es was mit Max zu tun? Habt ihr gestritten?“, fährt meine Freundin Sandra fort und mustert mich mit schiefgelegtem Kopf. „Was? Nein!“ Mein Blick fährt herum zu Lisa, die auf den Tisch vor sich starrt und mit der Serviette in ihrer Hand spielt. „Er hat gemeint, er hat seit einigen Tagen bereits nichts mehr von dir gehört“, lenkt Sandra meine Aufmerksamkeit erneut auf sich. „Ich… ich war beschäftigt“, murmle ich schwach und nehme einen Schluck aus meinem Weinglas. Beschäftigt damit, über den Kuss nachzudenken, den du mit deiner besten Freundin geteilt hast. Deiner lesbischen besten Freundin wohlgemerkt. „Beschäftigt? Was habt ihr beide die letzten zwei Wochen denn so getrieben?“, will Sandra wissen und blickt von mir zu Lisa und wieder zurück. Lisa hat die Frage entweder nicht gehört oder tut zumindest so, während ich knallrot anlaufe im Gesicht. Ich habe keine Ahnung, wieso. „Nichts“, krächze ich wahrheitsgemäß, denn so fühlt es sich zumindest an. Obwohl ich Lisa jeden Tag sehe und wir sogar einigermaßen normal miteinander reden, fühlt es sich so an, als würden wir uns im Grunde überhaupt nichts sagen. Einige Abende in den letzten Wochen haben wir auf

dem Sofa sitzend verbracht, wie sonst auch, während der Fernseher lief. Nur es war nicht dasselbe. Nichts ist mehr so wie es war. An manchen Abenden habe ich es nicht ausgehalten und bin in mein Zimmer verschwunden, um frühzeitig schlafen zu gehen. Nur um mich anschließend die halbe Nacht rastlos hin und her zu wälzen. Wir haben kein Wort über diesen Kuss verloren, mit keiner Silbe darüber gesprochen. Und zuerst war ich darüber unglaublich erleichtert. Nur mittlerweile bin ich mir deswegen nicht mehr so sicher. Ich weiß nicht, was Lisa denkt, was in ihr vorgeht. Aber wenn ich ehrlich bin, wusste ich das offensichtlich noch nie, auch wenn ich mittlerweile weiß, dass Lisa ihre Gründe dafür hatte. Das Problem ist nur: Ich weiß auch nicht länger, was in mir selbst so vor sich geht. Wieso dieser Kuss mich beispielsweise nicht loszulassen scheint. Wieso es so unglaublich wehtut, mitanzusehen, wie diese Freundschaft, die mir in den letzten Monaten so unbeschreiblich wichtig geworden ist, den Bach hinunter zu gehen scheint. Nicht offensichtlich natürlich, nicht auffällig. Der Prozess ist schleichend. Wir bemühen uns beide, genau das zu verhindern, aber was hilft es, wenn das Endergebnis letztlich dasselbe sein wird. Wenn wir es nicht schaffen, auf eine ‚normale‘ Ebene zurückzukehren. Wenn ich mitten in der Nacht aufs Klo gehe, achte ich angestrengt darauf, ob ich Geräusche aus Lisas Zimmer vernehme. Ich will sie nie wieder dermaßen traurig erleben, sie nie wieder so aufgelöst sehen. Und dennoch hofft ein kleiner Teil von mir genau darauf, nur um einen Grund zu haben, in ihr Zimmer gehen zu können, um sie zu trösten. Um mit ihr darüber zu reden, weil ich es bei helllichtem Tag anscheinend nicht schaffe. Was bitteschön sagt das über mich aus? Alleine der Gedanke erfüllt mich mit dermaßen viel Scham…

Ich meine, was ist es, das ich wirklich will? Dass alles wieder ist wie beim Alten. Ganz klar und doch… dieser Kuss war unglaublich. Es heißt zwar, jeder Mensch wäre bis zu einem gewissen Grad ein wenig bi, aber wow… einfach nur wow. Als Lisa kurz darauf völlig ausgelaugt eingeschlafen ist, war ich… enttäuscht. Ich kann es nicht anders beschreiben. Ich war enttäuscht darüber, dass sie eingeschlafen ist, weil ich nicht wollte, dass der Kuss jemals aufhört. Die Frage ist nur: War es lediglich dieser emotionsgeladene Moment? Ich meine, ich liebe Lisa, nur habe ich bis zu diesem Zeitpunkt nie so an sie gedacht. Und jetzt scheine ich nichts anderes mehr zu tun. Ist es nur, weil ich plötzlich weiß, dass sie lesbisch ist? Oder weil sie Gefühle für mich hat, die ich nur zu gerne erwidern würde, wenn es bedeuten würde, dass sie glücklich ist? Und ist es normal, dass die Vorstellung, sie glücklich zu machen – mich ebenfalls glücklich macht? Fällt das noch unter die Kategorie Freundschaft oder ist das bereits mehr? Und könnte ich mir dieses ‚mehr‘ tatsächlich vorstellen? Mit einer Frau? Was bin ich dann? Verwirrt, das bist du. Du steigerst dich in etwas hinein, das da vielleicht gar nicht ist. Du ignorierst Max, mit dem du dich sehr gut verstehst – weswegen? Nur weil du Lisa nicht wehtun willst? Ist das nicht Grund genug? Lisa ist mir tausend Mal wichtiger als Max, mit dem ich mir ohnehin nichts Längerfristiges vorstellen konnte. Ich konnte mich die letzten Wochen über einfach nicht mit ihm treffen. Nein, ich wollte nicht. Das Einzige, was ich momentan will, ist das mit Lisa auf die Reihe zu bekommen. „Wieso hast du uns das denn nie erzählt?“ Ich schrecke aus meinen eigenen Gedanken hoch und blicke auf. Ich habe keine Ahnung, worum genau es gerade geht, aber ich als ich einen Blick in die Runde werfe, stelle ich fest, dass alle

Augen auf Lisa gerichtet sind. Die knallrot ist im Gesicht und den neugierigen Blicken ausweicht. Und plötzlich weiß ich, worum es geht. Lisa rutscht auf ihrem Stuhl hin und her und wirft dann einen raschen Blick zu mir, bevor ihre Wangen sich noch roter färben und sie ihr Glas Wein in einem Zug austrinkt. Ich greife unter den Tisch und lege eine Hand auf ihr Knie, aber sie sieht mich nicht an. „Lasst sie in Ruhe. Das ist schließlich ihre Sache, was sie uns erzählt und was nicht“, verkünde ich in die Runde und jetzt sehen alle mich mit großen Augen an. „Hast du etwa auch nichts davon gewusst, Frieda?“, will Sandra erstaunt wissen und ich kann ihre Überraschung verstehen. Natürlich gehen sie davon aus, dass ich als Mitbewohnerin und Lisas beste Freundin so etwas mitbekommen würde, selbst wenn sie es mir nicht von selbst erzählt. Aber das habe ich nicht. Es gab absolut keine Anzeichen dafür und bis vor zwei Wochen hatte ich nicht den blassesten Schimmer. „Ähm… nein. Aber wie gesagt, das ist schließlich ihre Sache…“ Ich zucke mit den Schultern und werfe Lisa einen kurzen Blick zu. „Meine Arbeitskollegin ist lesbisch“, verkündet Theresa und Lisa neben mir zuckt zusammen, als wüsste sie haargenau, was gleich kommt. „Und sie ist Single. Ihr würdet sicher ein süßes Paar abgeben“, fährt sie fort und etwas in mir braut sich zusammen. „Nur weil sie beide lesbisch und zufällig Single sind, heißt das noch lange nicht, dass sie gut zusammenpassen, Theresa!“, fahre ich sie an, schärfer als beabsichtigt und erneut zuckt Lisa neben mir zusammen. Ich kneife für einen Moment die Augen zu. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. „Es tut mir leid“, entschuldige ich mich. „Aber du hast schließlich auch nicht an jedem Typen Interesse, nur weil er Single ist und auf Frauen steht.“

Theres nickt zögernd. „Aber einen Versuch wäre es sicher dennoch Wert. Ich meine ich kann mir nicht vorstellen, dass es so viele Lesben gibt und meine Kollegin ist wirklich eine ganz Liebe, also…“ „Danke“, meldet sich Lisa zu Wort und räuspert sich einmal. Sie schlägt ihre Beine übereinander und erst jetzt fällt mir auf, dass meine Hand immer noch auf ihrem Knie liegt. Ich nehme sie zögernd weg und lasse sie in meinen Schoß fallen. ‚Danke‘`? Mein Herz schlägt mir plötzlich bis zum Hals. Will sie sich etwa auf ein Blind Date treffen und sich verkuppeln lassen? „Momentan ist mir gerade nicht so danach, mich zu verabreden. Aber vielleicht komme ich darauf zurück…“ Das wäre doch gut oder? Warum ist mir dann bei dem Gedanken daran so mulmig zumute? Ich schüttle leicht den Kopf. Reiß dich zusammen, Frieda. „Also, wer will noch eine Runde?“, schlage ich ein unverfängliches Thema an und winke dem Kellner, der gerade in unsere Richtung blickt. Ich brauche ganz dringend noch etwas zu trinken. Vielleicht schaffe ich es paradoxerweise dadurch, endlich wieder klarer zu denken. Aber natürlich ist das nicht der Fall. Den restlichen Abend über ist das Thema zwar nicht mehr aufgekommen, das bedeutet allerdings nicht, dass ich insgeheim nicht weiter darüber nachgedacht habe. Und auch jetzt liege ich hier in meinem Bett und tue nichts anderes. Was zur Hölle stimmt nicht mit mir? Ich richte mich auf und knipse das Licht neben meinem Bett an. Dann stehe ich auf und tapse auf leisen Sohlen aus meinem Zimmer und bis vor Lisas Zimmertüre. Ich lege vorsichtig mein Ohr gegen das Holz, aber alles was ich höre ist mein eigener Herzschlag.

Ich öffne vorsichtig die Türe und halte den Atem an. Nichts. Ich weiß, dass ich zurück in mein Zimmer gehen sollte, aber es ist, als wäre mein Gehirn nicht länger ganz funktionsfähig. Meine Füße tragen mich in Lisas Zimmer und bis hin zu ihrem Bett. Sie sieht so friedlich aus, wie sie so daliegt und schläft. Ich lasse mich vor ihrem Bett nieder und nehme ihre Hand, die über die Bettkante hängt, in meine. Lisa dreht sich zu mir hin und seufzt einmal leise, wacht allerdings nicht auf. Ich habe keine Ahnung, wie lange ich so dasitze und sie einfach nur beobachte, als sie sich vermehrt zu rühren beginnt. „Frieda…“, seufzt sie glücklich und zieht an meiner Hand. Ich bin so überrumpelt, dass ich mich von ihr ins Bett ziehen lasse und auf sie plumpse. Sie schlingt ihre Arme und Beine um mich und zieht mich noch näher zu sich, ihre Augen sind allerdings immer noch geschlossen. Schläft sie etwa noch? Bevor ich allerdings weiter darüber nachdenken kann, presst sie ihre Lippen auf meine und jegliche Gedanken, die sich eben noch formen wollten, verpuffen, lösen sich in Nichts auf. Ihre Lippen sind so warm und weich und dennoch fest. Wie können Lippen sich so perfekt anfühlen? Ihre Zunge streicht über meine Unterlippe und bahnt sich einen Weg in meinen Mund. Oh Gott! Ich stöhne auf und Lisa antwortet, indem sie ihre Hände in meinen Haaren vergräbt und den Druck ihrer Lippen verstärkt. Eine Hand wandert meinen Rücken hinunter und umfasst meinen Po. Ihr Schritt presst sich gegen meinen und wie aus Reflex beginne ich mich an ihr zu reiben wie eine läufige Katze. Ich quieke überrascht auf, als Lisa uns herumrollt und anfängt meinen Hals zu küssen. Eine Hand fährt unter mein Tanktop und umfasst meine nackte Brust und als ihr Daumen über meinen

Nippel fährt, bäumen sich meine Hüften auf und mein Kopf fährt nach hinten. Es wäre übertrieben zu sagen, dass ich noch nie dermaßen erregt war. Aber ich war definitiv noch nie so schnell dermaßen erregt und das wo Lisa mich bisher so gut wie kaum berührt hat. „Frieda… du bist so sexy…“, murmelt Lisa an meinem Hals und zieht an meinem Nippel. Fest. Im nächsten Moment hat sie mein Top hochgeschoben und vergräbt ihr Gesicht zwischen meinen Brüsten. „Gott, Lisa…“, stöhne ich und vergrabe meine Hände in ihren Haaren. Ich ziehe daran, bis sich ihre Lippen um meine rechte Brustwarze schließen. Als sie beginnt daran zu saugen, zucken meine Hüften erneut unkontrolliert – und Lisa verharrt abrupt in ihrer Bewegung. Sie hebt ihren Kopf und blinzelt mehrfach hintereinander, bevor ihre Augen sich weiten. Sie blickt einmal quer durch das dunkle Zimmer und dann wieder zu mir, Verwirrung steht ihr ins Gesicht geschrieben. „Ich dachte, das wäre ein Traum…“, murmelt sie schließlich, bevor sie sich neben mich auf das Bett fallen lässt und einen Arm über ihr Gesicht schlägt. „Gott, Frieda, es tut mir so leid. Ich dachte, ich würde träumen, ich hätte nie… ich würde nie… Es tut mir so leid!“, wiederholt sie stöhnend, während ich versuche meine Atmung unter Kontrolle zu griegen. Ich nehme ihren Arm und ziehe ihn von ihrem Gesicht, dann lege ich ihre Hand zurück auf meine Brust. Lisa will sie wegziehen, aber ich lasse sie nicht. „Lisa…“, murmle ich. „Was machst du hier, Frieda?“, blafft sie mich an und dreht sich zu mir herum. „Was soll das?“, will sie wissen und deutet mit ihrem Kopf auf ihre Hand, die immer noch meine Brust umschließt. „Ich versuche deine Freundin zu sein. Ich versuche nicht auf diese Weise an dich zu denken. Ich versuche dir das zu geben, was du willst. Was also soll das hier werden?“ „Ich weiß es nicht“, flüstere ich. „Ich bin so durcheinander.“

Ich lasse ihre Hand los, aber sie lässt die ihre trotzdem liegen, wo sie ist. Ihr Blick huscht zu meinen nackten Brüsten, dann kneift sie die Augen zu und seufzt leise. „Hast du vor dich mit Theresas Arbeitskollegin zu treffen?“, will ich wissen, weil ich es mir scheinbar nicht verkneifen kann. Lisa lässt sich zurück aufs Bett fallen. Und nimmt ihre Hand mit sich. „Also ob das einen Sinn hätte“, murmelt sie. „Wieso fragst du mich das, Frieda?“ „Vielleicht wäre es gut“, meine ich obwohl es das letzte ist, das ich eigentlich sagen wollte. „Ja vielleicht“, erwidert sie und mein Herz zieht sich schlagartig zusammen. „Willst du denn? Dich mit ihr treffen, meine ich.“ Lisa ist so lange still, dass ich schon beinahe denke, dass sie eingeschlafen ist. „Was willst du von mir hören, Frieda?“, meint sie dann, viel lauter als notwendig. Sie klingt aufgebracht und das ist das letzte, was ich wollte. „Nein, ich will mich nicht mir ihr treffen, aber das wusstest du schon! Bist du hier, um dein Ego aufzuwerten? Um zu hören, wie sehr ich in dich verliebt bin? Ich will keine andre und bei meinem Glück bleibt das vermutlich so für den Rest meines Lebens!“ Sie lacht bitter auf, ihre Stimme nur so vor Sarkasmus triefend und meine Kehle schnürt sich zusammen. Ich weiß, dass ich etwas sagen sollte. Das ist der absolut letzte Grund, warum ich hier bin. Ich weiß selbst nicht so genau, warum ich hier bin, aber ganz bestimmt nicht, um sie erneut zum Weinen zu bringen. Denn wie es scheint, habe ich das erfolgreich geschafft. Dicke Tränen kullern über ihre Wange, eine nach der anderen, während sie keinen Laut von sich gibt. „Das letzte, was ich will, ist dich traurig zu sehen…“ Ich ziehe mein Top

nach unten und stütze mich auf meinem Ellbogen auf. „Mir geht’s gut“, murmelt Lisa und wischt sich ihre Tränen vom Gesicht. „Frieda… ich will keine Szene machen. Nicht schon wieder“, fügt sie hinzu und wieder folgt dieses bittere Lachen, das ich so gar nicht von ihr kenne. „Ich komm schon klar, ehrlich. Und wenn du mir ein wenig mehr Zeit gibst, bekommen wir das mit unserer Freundschaft hin. Zumindest werde ich es versuchen, in Ordnung?“ Ich mache den Mund auf und wieder zu, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Ist es wirklich das, was ich will? „Und ich weiß, ich habe das hier angefangen… aber du solltest nicht hier sei. In meinem Zimmer. In meinem Bett…“ Sie bricht ab und rauft sich die Haare. Danach sind wir beide für eine ganze Weile still. Ich weiß, ich sollte gehen. Ihre Worte waren unmissverständlich, aber ich kann mich nicht dazu bewegen, es tatsächlich zu tun. „Ich konnte nicht aufhören, an den Kuss zu denken“, flüstere ich irgendwann leise in die Dunkelheit und Lisa zieht bei meinen Worten scharf die Luft ein, bevor sich ihre Atmung beschleunigt. „Ach ja?“, krächzt sie, rührt sich allerdings keinen Millimeter vom Fleck. „Was… was hat das zu bedeuten?“, frage ich und sehe Lisa hilflos an. Ich hege die leise Hoffnung, sie würde die Antworten auf all meine Frage haben – aber wie könnte sie? „Ich… ich weiß es nicht…“, krächzt sie erneut und ich schließe für einen Moment die Augen. „Du könntest mich… nochmal küssen?“, schlage ich vor, plötzlich ganz unsicher. „Wenn du… willst?“ Einen Moment lang herrscht ohrenbetäubende Stille, bevor sich Lisa leicht über mich beugt. „Bist du sicher?“, will sie ernst, aber dennoch hoffnungsvoll wissen und dieser Blick, mit dem sie mich beinahe schüchtern betrachtet – bringt mich um.

Ich schaffe es, lediglich zu nicken, während sich mein Herzschlag in meiner Brust rapide beschleunigt. Und dann küsst sie mich. Und dieser Kuss ist, wenn überhaupt möglich, noch besser als die beiden zuvor. Ich kralle meine Hände in ihrem Haar fest, aber viel zu schnell für meinen Geschmack löst sich Lisa wieder von mir und betrachtet mich mit einer Mischung aus Neugierde und Angst. Als ich nicht sofort reagiere, fällt ihr Gesicht in sich zusammen, bevor sie sich erneut zu fassen scheint. Ein trauriges Lächeln huscht über ihr Gesicht, als hätte sie nichts anderes erwartet und würde es akzeptieren. Als würde sie versuchen, mir Trost zu spenden und mir zu versichern, es wäre in Ordnung. Dabei ist das komplette Gegenteil der Fall. Nichts ist in Ordnung und das einzige, was es für den Moment besser zu machen scheint, ist, wenn sich ihre Lippen auf meine pressen und ich mich in ihrem Mund verliere. Also lege ich meine Hand kurzerhand in ihren Nacken und ziehe sie erneut zu mir herunter. Ein Stöhnen entkommt meiner Kehle, als Lisa nach kurzem Zögern nachgibt und mich mit allem küsst, was sie hat. Ich schlinge meine Beine um ihre Hüften und lasse eine Hand unter ihr Shirt wandern, zuerst ihren Rücken hinauf und schließlich nach vorne, um eine ihrer Brüste zu umfassen. Ich konnte schon immer in gewisser Weise nachvollziehen, warum Männer so besessen sind von Brüsten, aber ich habe mir nie wirklich viele Gedanken darübergemacht. Brüste sind etwas Schönes – na und? Hätte ich allerdings gewusst, wie sehr es mir gefallen würde, eine dieser Brüste anzufassen, sie vorsichtig zu kneten und zu spüren, wie sich die Brustwarze in meiner Handfläche verhärtet – ich hätte ganz klar damit begonnen, einige Dinge zu hinterfragen. Oder ist es lediglich Lisa, die mich so fühlen lässt? Als sie in meinen Mund stöhnt und ihre Brust fester gegen meine Hand

presst, lösen sich jegliche Gedanken in meinem Kopf in heiße Luft auf – und ich bin verloren. „Schlaf mit mir“, bitte ich und Lisa versteift sich für einen Moment über mir, bevor sie beginnt, unsicher auf ihrer Unterlippe herumzukauen. Ohne großartig darüber nachzudenken, richte ich mich ein wenig auf und ziehe mir mein Top über den Kopf. Ich werfe es achtlos zu Boden und als ich meinen Blick erneut auf Lisa richte, stelle ich fest, dass sie fasziniert auf meine Brüste starrt, als hätte sie noch nie zuvor welche gesehen. Ein Schwarm an Schmetterlingen breitet sich in mir aus und flattert wie wild durcheinander. „Schlaf mit mir“, wiederhole ich mit heiserer Stimme und lege meine Hände um ihr Gesicht. Lisas Blick huscht zu mir. Suchend. Fragend. „Bist du sicher?“, will sie wissen, aber ohne meine Antwort abzuwarten umfasst sie sanft meine Brüste mit beiden Händen und das Geräusch, das ich daraufhin von mir gebe, ist wohl Antwort genug. Lisa küsst mich erneut, dieses Mal hungrig und wild, als hätten wir keine Zeit. Als würde sie mich am liebsten in einem Stück verschlingen, als könnte sie nicht genug von mir griegen. Sie widmet sich meinem Hals und anschließend meinen Brüsten, bis ich mich hilflos unter ihr winde. Ich versuche meine Pyjamahose von meinen Hüften und anschließend meine Beine hinunter zu schieben und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis ich es endlich schaffe. „Lisa…“, stöhne ich und es klingt selbst in meinen Ohren ein wenig verzweifelt. Lisa hebt den Kopf und sieht mich an. „Soll ich aufhören?“, will sie allen Ernstes wissen und ich sehe sie fassungslos an. „Was? Nein!“, erwidere ich halb lachend, halb flehend. „Nein!“, wiederhole ich und schüttle den Kopf. Lisa betrachtet mich einen Moment lang mit einem Ausdruck, den ich nicht recht deuten kann. Dann fährt sie mit einer Hand die Innenseite meines

Oberschenkels langsam nach oben und wie auf Kommando beginnen meine Hüften zu zucken. Ich brauche mehr. „Du bist so feucht“, murmelt Lisa beinahe erstaunt, als sie mit ihrer Hand ihr Ziel erreicht. „Ja“, erwidere ich atemlos und nicke knapp. Sie runzelt ihre Stirn und betrachtet ihre Hand, die mit federleichten Berührungen zwischen meinen Beinen auf und abfährt. „Bist du…“, setzt sie erneut an, aber ich unterbreche sie, bevor sie ihre Frage beenden kann. „Ja! Ist das nicht Beweis genug?“, keuche ich und deute auf ihre Hand, die mühelos durch meine Nässe gleitet, mich aber nicht dort berührt, wo ich sie am meisten brauche. „Bitte Lisa…“, flehe ich und bei der Erwähnung ihres Namens leuchten ihre Augen auf, als wäre sie sich bis jetzt nicht ganz sicher gewesen, dass es wirklich sie ist, die ich will. Dass ich wirklich hier bin – mit ihr. Ohne ein weiteres Wort dringt sie mit zwei Fingern in mich ein und ich vergesse, wie es geht zu atmen. Sie küsst sich einen Weg über meinen Bauch langsam nach unten, fährt mit ihrer Zunge in meinen Bauchnabel und alle meine Muskeln ziehen sich zusammen. Dabei lässt sie mich keine Sekunde aus den Augen. Als sie zwischen meinen Beinen angelangt ist und ihre Zunge über mich hinweggleitet, muss ich meine Augen schließen, weil alles plötzlich zu viel ist. Das Blut rauscht in meinen Ohren und mein Herz schlägt so heftig, dass es beinahe wehtut. Ich vergrabe meine Finger hilflos in Lisas Haaren, halte sie fest, während ich mich an ihr reibe, sie wortlos dazu auffordere, ihre Finger in mir schneller zu bewegen, tiefer, fester. Es dauert nicht lange, bis eine Flut an Farben hinter meinen geschlossenen Lidern explodiert und meine Hüften sich ein letztes Mal aufbäumen, bevor ich schlaff zurück aufs Bett falle. Ein heiserer Schrei löst sich von meinen Lippen, während mein ganzer Körper erschaudert und von einer Welle nach der

anderen erfasst wird. Nur am Rande bekomme ich mit, wie Lisa ein letztes Mal ihre Lippen gegen mich presst und dann vorsichtig ihre Finger aus mir herauszieht. Dann legt sie sich neben mich, bevor sie uns zudeckt und ihr Gesicht in meinen Haaren vergräbt. Erst als sich meine Atmung wieder ein wenig beruhigt hat und die erste Euphorie ein wenig abebbt, bemerke ich, dass Lisa keinen Mucks von sich gibt. Ist sie etwa eingeschlafen? Ich dachte, ich könnte… dasselbe für sie tun? „Lisa?“, versuche ich leise, aber es folgt keine Reaktion. Ich nehme ihre Hand in meine, aber immer noch rührt sie sich nicht und ich fühle mich seltsam… beraubt. Ich atme einmal tief durch und versuche meine Enttäuschung abzuschütteln. Schließlich wird das nicht die einzige Gelegenheit bleiben, die sich mir bieten wird, mich zu revanchieren oder? Vielleicht könnte ich sie morgen damit aufwecken? Einfach meine Finger in ihre Shorts gleiten lassen und sehen, wie lange es dieses Mal dauert, bis sie aufwacht. Oder ob sie wieder denkt, es wäre bloß ein Traum. Ein Schmunzeln breitet sich auf meinem Gesicht aus, als ich mir ausmale, was ich alles mit ihr machen könnte. Es sollte mich eigentlich überraschen, dass mich diese Vorstellung so mit Vorfreude erfüllt und mich nicht mehr irritiert oder gar verunsichert. Und obwohl ich immer noch nicht wirklich Antworten habe, fühlt es sich dennoch so an, als wäre ein gewisser Punkt überschritten worden. Eine unsichtbare Barriere und jegliche Unsicherheit wäre reine Zeitverschwendung, komplett überflüssig. Ich muss es nicht verstehen, wenn es sich dennoch seltsam richtig anfühlt.

Lisa „Lisa?“, ertönt es neben mir, gefolgt von einem leisen Seufzer und als sie meine Hand in ihre nimmt, muss ich meine ganze Willenskraft aufbringen, um mich nicht zu rühren und gleichmäßig zu atmen. Ich weiß, dass sich ein Gespräch nicht ewig aufschieben lässt, aber ich würde es im Moment einfach nicht ertragen, wenn sie mir sagen würde, dass es ein Fehler war. Ein unüberlegter Moment, gesteuert von Hormone und aufgestauten… Emotionen. Dass ich ihre beste Freundin bin. Oder noch schlimmer, dass es ein Experiment war – das sehr wahrscheinlich gescheitert ist. Sie hat selbst gesagt, sie ist durcheinander. Zuerst die überraschende Enthüllung, dass ich auf Frauen stehe, gefolgt von meiner Liebeserklärung in Zusammenhang mit dieser unfassbar peinlichen Szene, die ich in dieser Nacht gemacht habe… In diesem Moment war mir einfach alles zu viel. Und dann dieser Kuss… ich kann es ihr nicht verübeln, dass ihre Gefühle mit ihr Achterbahn fahren. Ich hätte sie nie dermaßen mit meinen Gefühlen belasten dürfen. Natürlich will sie mir nicht wehtun und mich so aufgelöst zu sehen… hat ihr vermutlich mehr zugesetzt, als sie sich anmerken hat lassen. Sonst hätte sie mich nie darum gebeten, sie zu küssen. Ich weiß, was sie damit bezwecken wollte. Das ist auch genau der Grund, warum ich sie nie hätte küssen dürfen. Warum ich sie heute Nacht hätte zurück in ihr Zimmer schicken sollen.

Was, wenn sie auch das bloß für mich getan hat? Aus einem seltsamen Versuch heraus, mir das zu geben, was ich will und damit unsere Freundschaft zu retten? Nur dass sie damit das genaue Gegenteil erreicht. Je mehr ich weiß, wie es sein könnte, aber was ich nicht haben kann… desto schwerer fällt es mir, mir vorzustellen, weiterhin nur ‚befreundet‘ zu sein. Es stimmt nach wie vor, dass ich es versuchen will, aber meine Zweifel daran, dass es auch tatsächlich funktionieren könnte, werden immer größer. Alleine die Vorstellung, sie nach dieser Nacht mit jemand anderem zu sehen… mir dreht sich buchstäblich der Magen um. Frieda wälzt sich neben mir hin und her, während ich immer noch stocksteif daliege. Ich rechne jeden Moment damit, dass sie aufsteht und inhinwe ihr Zimmer geht, aber stattdessen kuschelt sie sich enger an mich. Ihren Kopf schmiegt sie in meine Halsbeuge und einen Fuß schwingt sie um meine Hüften, während sie sanft Muster auf mein Brustbein und rund um mein Schlüsselbein zeichnet. Ich kann mir einen kleinen Seufzer nicht verkneifen. „Lisa?“, flüstert Frieda leise und hält in ihrer Bewegung inne. Aber anstatt zu antworten, stelle ich mich weiterhin schlafend. Ich weiß, ich verhalte mich kindisch, aber ich kann nicht anders. Morgen. Morgen können wir darüber reden. Vielleicht ist alles klarer bei Tageslicht. Leichter, irgendwie. Aber das ist natürlich kompletter Bullshit. Als ich wenige Stunden später aufwache, scheint zwar die Sonne fröhlich ins Zimmer, aber mein Herz fühlt sich immer noch so schwer an in meiner Brust, als würde es Tonnen wiegen. Ich löse mich vorsichtig aus Friedas Griff und stehe auf. Dann gehe ich so leise wie möglich ins Bad und mache mir anschließend eine Tasse Kaffee. Und dann warte ich. Ich beschäftige mich damit, Löcher in die Luft zu starren, während ich ab und zu von meinem Kaffee nippe. Es gibt nicht viel, was ich sonst tun könnte,

meine Konzentration würde ohnehin nichts anderes zulassen. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis Frieda komplett verschlafen im Türrahmen auftaucht. Selbst in diesem Zustand – mit zerzausten Haaren und Kissenabdruck im Gesicht – ist sie wunderschön. Sie streckt ihre Hände in die Luft und gähnt herzhaft und dabei rutscht ihr Oberteil ein Stückchen nach oben und entblößt ihren Bauch. Und ich kann nichts anders tun, als hier zu sitzen und sie über den Rand meiner Tasse hinweg anzustarren. Sie hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, sich ihre Pyjamahose überzustreifen, sondern lediglich ihren Slip. Und Gott, ist sie sexy. Ich kneife meine Augen zu und als ich sie wieder öffne, treffen sich unsere Blicke. Sie macht einen Schritt auf mich zu, überlegt es sich dann allerdings anders und bleibt gegen die Wand gelehnt stehen. „Was ist los?“, will sie wissen und ich zucke zusammen. Ich wende den Blick ab, während ich nach den richtigen Worten suche. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich habe Angst davor zu fragen, was genau in ihr vorgeht, weil ich mir nicht sicher bin, die Antwort wirklich hören zu wollen. Erneut werden meine Augen ganz wässrig und ich beiße mir frustriert auf die Unterlippe. Verdammt, ich bin doch sonst auch nicht so nah am Wasser gebaut! „Hey…“, meint Frieda sanft und mein Kopf fährt herum. Ich habe nicht mitbekommen, wie sie den Raum durchquert hat und jetzt kniet sie plötzlich vor mir. Sie nimmt meine Hände in ihre und fährt mit ihrem Daumen darüber, bevor sie auf beide einen Kuss haucht. Ein Schauder läuft über meinen Körper. „Ich hab dich im Bett vermisst“, murmelt sie, beugt sich vor und küsst meinen Oberschenkel. „Ich wollte dir zurückgeben, was ich dir noch schulde…“ „Du schuldest mir gar nichts“, bringe ich mit zittriger Stimme heraus und

Frieda sieht mich überrascht an. „Lass es mich anders formulieren. Ich wollte, dass du dich ebenso gut fühlst, wie ich mich gefühlt habe. Aber gestern hast du schon geschlafen…“ Ich beiße mir auf die Unterlippe und weiche ihrem Blick aus. „Du hast überhaupt nicht geschlafen oder?“, meint sie nach einer kurzen Pause und setzt sich zurück auf ihre Fersen. „Was ist los, Süße?“, will sie zögernd wissen. „Willst du mich nicht… auf diese Weise?“ Ein Schnauben entfährt mir, während ich mir die Haare raufe. „Mach dich nicht lächerlich, Frieda…“ „Was ist es dann?“, will sie wissen, immer noch in diesem sanften Ton, der mein Herz hoffnungsvoll flattern lässt. Könnte es tatsächlich möglich sein, dass… sie das wirklich will? „Ich wollte nicht, dass du dich unter Druck gesetzt fühlst… Ich dachte, du würdest es vielleicht bereuen… was passiert ist. Und vielleicht würde es dich abstoßen, mich auf diese Weise zu berühren“, bringe ich heraus und atme dann tief durch. Ein kleines Lächeln breitet sich auf Friedas Gesicht aus und ich halte den Atem an, als sie eine Hand hebt und ihre Fingerspitzen sanft meinen Hals und hinunter bis zu meiner Brust wandern lässt. „Weißt du, was ich gedacht habe, als ich dich gestern hier berührt habe?“, murmelt sie, während sie beinahe abwesend kleine Kreise um meine Nippel zieht. Mittlerweile kommt mein Atem nur noch stoßweise und ich schaffe es lediglich den Kopf zu schütteln. „Ich hatte den primitiven Drang, dich hier zu beißen“, fährt sie fort und zwickt mich sanft in meine Brust. „Wie um dich zu markieren. Kannst du dir das vorstellen?“, meint sie lachend und schüttelt leicht den Kopf. „Als würdest du mir gehören…“ Ich schwöre, das Herz in meiner Brust bleibt für einen Moment stehen. Und

dann sage ich den kitschigsten Satz, der mir je über die Lippen gekommen ist. Normalerweise würde ich mich eher erschießen, als so etwas von mir zu geben, aber ich kann scheinbar nicht anders. Wenn es um Frieda geht, ist ohnehin nichts normal für mich. „Ich gehöre dir…“, keuche ich und schon alleine das Lächeln, das sich auf Friedas Gesicht ausbreitet, war es wert. „Hm…“, macht sie nur. „Wenn du mir gehörst… kann ich dann mit dir machen, was ich will?“, will sie wissen und ihr unschuldiger Tonfall steht im starken Kontrast zu ihrem Grinsen, das man beinahe als dreckig bezeichnen könnte. Aber es stört mich nicht im Geringsten. Ich nicke lediglich, weil ich kein einziges Wort zustande zu bringen scheine und Friedas Grinsen wird nur noch breiter. Bevor ich mich versehe, ist sie aufgestanden und hat mich mit sich hochgezogen. Sie schleift mich weiter hinter sich her zurück in mein Schlafzimmer und schubst mich aufs Bett. Eine ganze Weile bleibt sie einfach nur vor dem Bett stehen und sieht mich an. „Ausziehen“, meint sie dann knapp und deutet mit ihrer Hand auf meinen Pyjama. Ich komme ihrem Wunsch/Befehl nach und als ich schließlich nackt auf dem Bett liege, starrt sie mich erneut so lange an, dass ich unruhig auf dem Laken herumzurutschen beginne. „Ich bin mindestens bi…“, höre ich sie leise murmeln, während ihre Augen über mich hinweggleiten. Bevor ich allerdings nachhaken kann, krabbelt sie aufs Bett und setzt sich rittlings auf mich. Es fühlt sich an, als wäre ich gestorben und in den Himmel gekommen. Dann nimmt sie meine Hand und küsst meine Handinnenfläche. „Du bist meine beste Freundin, Lisa“, beginnt sie und mein Herz rutscht mir in die Hose. „Ich würde alles für dich tun. Aber das hier könnte ich nicht, wenn ich es nicht auch selbst wirklich wollen würde. Okay?“

Ich nicke langsam, während sie mich eingehend betrachtet. Hat sie etwa zuvor meine Gedanken gelesen? Aber selbst wenn sie ‚das hier‘ wirklich will, bedeutet es noch lange nicht, dass sie auch mehr will… „Ich will mehr“, fährt sie fort und ich zucke überrascht zusammen. Hab ich das etwa laut gesagt? „Ich weiß nicht, was das hier genau für mich bedeutet… in Bezug auf meine Sexualität... Aber es spielt keine Rolle. Du bist meine beste Freundin“, wiederholt sie. „Ich liebe dich. Ich habe mich noch nie mit jemanden so verbunden gefühlt wie mit dir und jetzt stellt sich heraus, dass ich mich auch körperlich zu dir hingezogen fühle…“ Sie beugt sich vor und küsst mich, aber als ich meine Hände um ihren Nacken schlingen will, packt sie meine Handgelenke und hält sie fest. „Wir haben ohnehin bereits eine Beziehung geführt, nur ohne den Sex. Wenn wir das jetzt noch nachholen – was soll dann bitte noch schiefgehen?“, meint sie und zwinkert mir zu. Nichts. Absolut nichts. Kann man vor lauter Glück eigentlich sterben? „Ich liebe dich, Frieda“, hauche ich und wieder einmal bin ich den Tränen nahe, aber es mir egal. Ihre Augen leuchten auf und sie beugt sich langsam nach vorne. „Dito“, flüstert sie mir ins Ohr. Dieses eine Wort und ihr Atem auf meiner Haut lösen eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper aus und ich weiß schon jetzt, egal, was sie mit mir anstellt, es wird nicht lange dauern, bis ich in Millionen kleine Teile zerspringe. Und dann küsst sie mich – und alles andere um mich herum hört auf zu existieren.