Offizierausbildung in Frankreich

Offizierausbildung in Frankreich für Offizieranwärter der Marine im Rahmen der wechselseitigen deutsch-französischen Offizierausbildung 1 Seit viel...
Author: Ulrich Fertig
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Offizierausbildung in Frankreich für Offizieranwärter der Marine im Rahmen der wechselseitigen deutsch-französischen Offizierausbildung

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Seit vielen Jahren bestehen für Offiziere und Offizieranwärter der deutschen Marine Möglichkeiten, an französischen Ausbildungsabschnitten teilzunehmen. Als besondere Möglichkeit innerhalb der Regelausbildung zum Offizier der deutschen Marine können pro Jahr zwei geeignete deutsche Offizieranwärter (OA) die militärische und akademische Ausbildung zum Offizier der französischen Marine durchlaufen. 1. Überblick über den Ausbildungsgang der wechselseitigen deutschfranzösischen Offizierausbildung der Marine: 1.1. Ausbildung vor dem Wechsel nach Frankreich Die Ausbildung beginnt mit der Grundausbildung, der sogenannten soldatischen Basisausbildung und wird an der Marineschule in Mürwik durchgeführt.

1.2. Ausbildung in Frankreich Mitte August beginnt die Ausbildung in Frankreich. • Sprachlehrgang an einer Privatschule in Brest (2 Wochen) Die Regelausbildung teilt sich in zwei Phasen und dauert insgesamt fünf Jahre: ƒ zwei Jahre akademische Ausbildung im Lycée Naval in Brest, ƒ drei Jahre militärische und akademische Ausbildung an der Militärakademie der französischen Marine, der École Navale in Lanvéoc-Poulmic bei Brest, in der Bretagne. Abschlüsse:

Abschlussdiplom als Ingenieur der École Navale

Studienform : Unterrichtssprache :

Vollzeit, Ausbildung/Studium französisch

1.3. Ausblick auf die geplante Fortsetzung der Ausbildung nach der Zeit in Frankreich Nach Absolvierung der französischen Offizierausbildung wird die Regelausbildung in Deutschland fortgesetzt.

2. Detaillierte Ausbildungsgangbeschreibung 2.1. Classes préparatoires aux grandes écoles Die Grandes Écoles oder Écoles Supérieures, wie einige von ihnen auch genannt werden, bilden hochqualifizierte Fachleute für führende Positionen in allen Bereichen Frankreichs aus, wie Professoren, Forscher, Ingenieure, Spezialisten in den Bereichen Jura, Politik, Geisteswissenschaften, Wirtschaft und BWL. Ihre Besonderheit besteht in erster Linie in der 2

strengen Auswahl der Studienbewerber, die der Auswahlprozedur der amerikanischen Hochschulen sehr ähnlich ist. Die meisten Grandes Écoles bieten nur Hauptstudiengänge an. Das Grundstudium wird durch Vorbereitungsklassen (Classes préparatoires) ersetzt, die analog zum Grundstudium an der Universität zwei Jahre dauern. Der Begriff „Classe préparatoire“, abgekürzt CPGE, umgangssprachlich classe prépa oder prépa, bedeutet wörtlich „Vorbereitungsklasse“. Im höheren französischen Bildungssystem werden Abiturienten in diesen « Classes préparatoires aux Grandes Écoles » auf eine Auswahlprüfung (concours d'entrée) vorbereitet. Aufgenommen werden nur Abiturienten, deren Schulleistungen sie für die hohen Ansprüche der Classes préparatoires qualifizieren, da in kurzer Zeit sehr große Mengen an Inhalten gelernt und recht anspruchsvolle Prüfungen in regelmäßigen Abständen absolviert werden müssen. Ziel der Ausbildung ist die akademische Hinführung der Abiturienten an wissenschaftliches Arbeiten und das Vermitteln wissenschaftlicher Inhalte um sie in die Lage zu versetzen, in das Studium bis zur Höhe vergleichbar des Masterabschlusses an einer der Elitehochschulen (Grande École) zu bestehen. Der Ausbildungsinhalt ist durch staatliche Verordnung vorgegeben. Diese ersten beiden Studienjahre sind wesentlich weniger fachorientiert als das deutsche Grundstudium (Niveau Bachelor), bieten eher eine allgemeinere akademische Grundausbildung inMathematik und Physik, Französisch, Philosophie, Sport und einer Fremdsprache. Ein erfolgreicher Abschluss der Classes préparatoires wird zwar nicht als universitärer Abschluss anerkannt, die Studierenden erhalten jedoch von einer Universität eine Äquivalenzbescheinigung in einem oder mehreren der belegten Fächern, die ihnen ECTSPunkte zum Erreichen eines universitären Abschlusses bescheinigt. Nur mit dem erfolgreichen Durchlaufen des concours werden die Kandidaten zur weiteren akademischen Ausbildung an einer der Eliteschulen „Grandes Écoles“ zugelassen. Der concours besteht aus zwei Teilen, einem schriftlichen und einem mündlichen. Die Bewerber müssen in erster Linie ihre Allgemeinbildung unter Beweis stellen. Hier wird nicht Spezialwissen gefragt sondern ein breitgefächertes Allgemeinwissen, eine tadellose Ausdrucksfähigkeit (und Orthografie), ein stark geprägtes logisches Denken sowie – beim mündlichen Teil – ein stabiles Nervenkostüm. Im System der concours wird ermittelt, wer einen der Studienplätze erhält: Die Grandes Écoles legen jedes Jahr die Zahl der Studienplätze fest, die sie anbieten. Die Bewerber mit besten Ergebnissen werden aufgenommen. Es geht also nicht darum, eine Prüfung zu bestehen, sondern darum, besser als die Mitbewerber abzuschneiden. Dieses gilt auch für die deutschen Offizieranwärter. Für die deutschen Offizieranwärter stehen in jedem Jahr zwei Plätze an der École Navale zur Verfügung.

2.2.

Ausbildung und Studium an der Grande École Navale in Brest

Der folgende Ausbildungsabschnitt an der Ècole navale dauert drei Jahre (6 Semester) und ist gekennzeichnet vom Wechsel zwischen militärischer und akademischer Ausbildung. Zum militärischen Anteil gehören neben der Basisausbildung auch die Ausbildung zum Experten zum Führen und Verstehen komplexer Schiffe und seegehender Waffensysteme; dazu gehört die Entwicklung der praktischen Seemannschaft, das Wachoffizierpatent, Brandund Leckabwehr und das Kennenlernen des Berufsbildes durch Praxisphasen. Körperliche und geistige Robustheit wird durch intensiven Sport gefördert. 3

Dies bedeutet, dass auch die deutschen Offizieranwärter über besonders gute sportliche Leistungsfähigkeit und Leistungswillen verfügen müssen. Die akademische Ausbildung führt zum Ingenieur, mit Vertiefungsrichtungen zum Experten für maritime, komplexe Waffensysteme. Spezialisierungensmöglichkeiten sind: • Mechanik • Energietechnik • Unterwasserakustik und Signalverarbeitung • Informatik • Geo-Informationssysteme Die Ausbildung schließt mit dem Diplomingenieur/diplôme ingénieur École Navale ab.

Semester 1 Maritime Aubildung Humanistische/Militärische A.

Semester 2 Gemeinsamer wissenschaftlicher Anteil H+M

Semester 3 Ingenieur Optionen H+M

Semester 4 Ingénieur Vertiefungsrichtung H+M

Semester 5 Diplomarbeit H+M

Semester 6

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

Praktische Seeausbildung (Kompaktphase)

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2.3. Studienvoraussetzungen ƒ ƒ ƒ ƒ ƒ

Die deutsche allgemeine Hochschulreife oder vergleichbarer Abschluss. Bestehen der Eignungsfeststellung für die Ausbildung zum Offizier an der Offizierbewerberprüfzentrale in Köln. Mobilität in Verbindung mit der Bereitschaft längere Zeit in Frankreich zu verbringen, ohne regelmäßiges Pendeln zum Heimatort. Gute Mathematikkenntnisse und gute Kenntnisse im naturwissenschaftlichen Segment, insbesondere in Physik. Grundlegende Französischkenntnisse in Wort und Schrift.

2.4. Vorbereitung auf die Ausbildung Grundsätzlich wird empfohlen, sich intensiv mit dem französischen Ausbildungssystem zu beschäftigen, um die Funktion und Struktur des hier beschriebenen Ausbildungsganges besser zu verstehen. Des weiteren ist eine gründliche Aufarbeitung des Schulstoffes Mathematik in jedem Fall sehr empfehlenswert. Eine Auffrischung und Vertiefung der Französischkenntnisse ist auch vorteilhaft und erleichtern den Start. Körperliche Fitness wird nicht erst in Frankreich erworben. 2.5. Fähigkeiten und Neigungen Neben dem ausdrücklichen Wunsch und dem Willen sich auf eine Ausbildung im Ausland mit den damit verbundenen Konsequenzen einzulassen, sind ausgeprägter Fleiß, körperliche Robustheit, hohe psychische Belastbarkeit, gute geistige Befähigung und Auffassungsgabe, hohe interkulturelle Kompetenz, Eigenständigkeit, Ausdauer und Durchhaltevermögen wichtige Voraussetzungen für diesen Ausbildungsgang. 3. Arbeitsmarkt und Berufsfelder Zunächst eröffnet diese Ausbildung gute Möglichkeiten in internationalen Verwendungen, sofern man sich für eine Karriere als Berufssoldat entscheidet. Da es sich nach französischen Maßstäben um eine absolute Eliteausbildung handelt, bietet dieser Ausbildungsgang außerhalb der Streitkräfte eine solide Basis für Führungsverwendungen in Unternehmen und öffentlichen Institutionen, insbesondere im frankophonen Raum. 4. Bewerbung Bewerbungsunterlagen erhalten Sie bei der Wehrdienstberatung in dem für Ihren Wohnort zuständigen Kreiswehrersatzamt. Namen und Kontaktdaten der Wehrdienstberater finden Sie im Telefonbuch unter „Bundeswehr“ oder im Internet unter http://www.bundeswehrkarriere.de . Telefonische Hotline: 180/ 29 29 29 00 (& Cent pro Anruf aus dem Festnetz der Deutschen Telekom.

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5. Eindrücke von Teilnehmern „Aber Paris ist eine große Entschädigung genauso wie die Tatsache an diesem Programm teilnehmen zu dürfen. Das wissen unsere potentiellen Nachfolger sicherlich auch. Als sehr positiv möchte ich noch das Verhältnis zu unseren Lehrern bezeichnen mit denen wir uns sehr gut verstehen und die uns wo es geht unterstützen.“ „Man muss zumindest ein bisschen Freude an Bildung haben und wissen, dass der Spaß nicht das ist, was einen am Leben erhält, sondern der Ehrgeiz eine anspruchsvolle Ausbildung erfolgreich zu absolvieren mit den hoffentlich damit verbundenen Chancen. Wir arbeiten auf das langfristige Ziel hin. Ich würde mich wieder für Frankreich entscheiden.“ 6. Lage der Ausbildungseinrichtungen ƒ Das Lycée Naval liegt in der Stadt Brest, einer Stadt im Westen der Bretagne Graphik 1)

ƒ

Die École Navale liegt auf der Halbinsel Crouzon gegenüber der Stadt Brest in Lanvéoc-Poulmic (siehe Graphik 2)

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(siehe

Kontaktadressen für detaillierte Fachberatung: Deutsche Offiziere in Brest Kapitänleutnant Klaus-Peter Pfaff Mail:

[email protected]

Kapitänleutnant Konrad Makeschin Mail:

[email protected]

Studienberatung der Offizierbewerberprüfzentrale Barthel Bühl Personalamt der Bundeswehr Offizierbewerberprüfzentrale MUDRA-Kaserne Kölner Straße 262 51140 Köln Tel.: 02203-105-2515 Mail: [email protected]

Zur weiteren Information: École Navale: http://www.ecole-navale.fr/

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