Das Berufsbildungssystem in Frankreich

Institut für Lehrerbildung und Berufspädagogik Lehrgang IKT-Lehrpersonen Das Berufsbildungssystem in Frankreich Centre INFFO, Juni 20001   Das vorlie...
Author: Britta Küchler
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Institut für Lehrerbildung und Berufspädagogik Lehrgang IKT-Lehrpersonen

Das Berufsbildungssystem in Frankreich Centre INFFO, Juni 20001   Das vorliegende Dokument wurde von Henriette Perker Anfang 2000 im Auftrag des Cedefop erstellt. Frau Perker ist beim Centre INFFO für den Bereich "Europe-régions" (Europa der Regionen) zuständig. 1999 erschien beim Cedefop in französischer Sprache eine vom CircéPlanungsstab erstellte, detaillierte Monographie über das französische Berufsbildungssystem. Projektkoordinatoren: Michael Adams

Reinhard Nöbauer

Frankreich - Schlüsselzahlen (März 2000) Einwohnerzahl (Stand: März 1999)

60,1 Mio.

Erwerbsbevölkerung

26 Mio.

BIP pro Kopf 1998

EUR 22 188

Wachstum des BIP 1999

2,9%

Inflationsrate 1999

0,4%

Haushaltsdefizit in % des BIP 1998

2,7%

Gesamtarbeitslosenquote im März 2000

10,2%

im März 1995

11,6%

im März 1990

9,2%

Arbeitslosigkeit nach Altersgruppen (im März 2000): - unter 25-Jährige

20,9%

- 25- bis 49-Jährige

9,0%

Bildungsstand (Schulbildung): Anteil der Erwerbspersonen, die einen Bildungsabschluss des Sekundarbereichs II vorweisen können (1999)67%

1 Download from http://www2.trainingvillage.gr/etv/vetsystems/report/fr0600_de.asp, leicht gekürzt Sommersemester 2002, Lehrbeauftragter: Dr. Emil Wettstein

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Kurzdarstellung des französischen Bildungssystems

Einleitung: Das französische Bildungs- und Berufsbildungssystem soll die Chancengleichheit aller Kinder und Erwachsenen sichern. Das französische Bildungswesen ist staatlich, kostenlos und größtenteils laizistisch, d.h. konfessionell nicht gebunden. Private Bildungseinrichtungen erhalten im Rahmen eines Assoziationsvertrags staatliche Zuschüsse und bilden im Schnitt 20% der Schüler aus. Seit Gründung der republikanischen Schule in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts wird dem Staatsbürgerkunde-Unterricht besondere Bedeutung beigemessen. Die Schulpflicht beginnt mit Vollendung des sechsten und endet mit Vollendung des 16. Lebensjahres. Die meisten Kinder besuchen jedoch bereits ab dem Alter von drei Jahren die Vorschule (école maternelle). In den letzten Jahren war eine Verlängerung der Bildungszeiten festzustellen. 1998/1999 besuchten 14,5 Mio. Kinder und Jugendliche im Alter zwischen zwei und 22 Jahren, d.h. 91% dieser Altersgruppe, eine Bildungseinrichtung zwischen Vorschule und Universität. Das staatliche Bildungssystem, das dem Ministerium für das Staatliche Bildungswesen untersteht, umfasst drei Ebenen, die in sich weiter untergliedert sind: (1) Der Primarbereich umfasst die Vorschulerziehung (für die Drei- bis Sechsjährigen) und den Primarschulunterricht (für die Sechs- bis Elfjährigen) in Vorschulen und Primarschulen. (2) Der Sekundarbereich ist in zwei Stufen untergliedert: ƒ den für alle Schüler einheitlichen Sekundarbereich I (für die 12- bis 15Jährigen), ƒ den Sekundarbereich II, der einen allgemeinbildenden, einen technischfachlichen und einen beruflichen Bildungszweig umfasst. Die Schüler müssen sich - in der Regel im Alter von 15 Jahren - für eine der folgenden Optionen entscheiden: ƒ einen allgemeinbildenden bzw. technisch-fachlichen Bildungsgang im Sekundarbereich II, der an einer allgemeinbildenden Oberschule bzw. einer Fachoberschule (lycée général bzw. lycée technique) angeboten wird und mit der Hochschulreife (dem baccalauréat général bzw. dem baccalauréat technologique) abgeschlossen wird. Diese Abschlüsse entsprechen in etwa dem deutschen Abitur und sind praktisch unverzichtbar, wenn man eine Hochschulausbildung absolvieren möchte; ƒ einen zwei- oder dreijährigen beruflichen Bildungsgang im Sekundarbereich II, der zu einem beruflichen Abschlusszeugnis führt, das am Arbeitsmarkt anerkannt ist, d.h. zu einem Berufsbefähigungszeugnis (certificat d'aptitude professionelle, CAP), einem Berufsbildungszeugnis (brevet d'études professionnelles, BEP) oder einem berufsorientierten Abitur (baccalauréat professionnel). Ein beruflicher Bildungsgang bereitet auf den direkten Übergang ins Erwerbsleben vor. Die genannten beruflichen Abschlüsse können entweder durch schulische Ausbildung an einer Berufsoberschule (lycée professionnel) oder im Wege der Lehrlingsausbildung (vgl. unten, Kapitel 2) erworben werden. Die Berufsbildung, in Frankreich über lange Zeit hinweg als minderwertige Alternative zum allgemeinbildenden Zweig angesehen, den man als 'Königsweg' betrachtete, erfuhr seit den 80er Jahren eine Aufwertung. Die Abschlüsse des technisch-fachlichen und des berufsbildenden Schulwesens wurden mit dem Ziel reorganisiert, die Ausbildungsinhalte an die technischen Veränderungen

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anzupassen. Die an den Berufsoberschulen angebotenen Bildungsgänge beinhalten Betriebspraktika, und alternierende Ausbildungsformen haben auf allen Bildungsstufen (auch im Hochschulbereich) erheblich an Bedeutung gewonnen. Die Unternehmen fordern eine umfassendere Einbindung in den Ausbildungsprozess sowie ein höheres Maß an Verantwortung für die Ausbildung. (3) Eine Hochschulausbildung vermitteln die Universitäten, aber auch die Oberschulen (im Rahmen der Vorbereitungsklassen für die "Grandes Ecoles'" und der Fachklassen zum Erwerb des höheren Technikerbriefs - BTS), die "Grandes Ecoles" sowie eine Reihe von Fachschulen. Während die Universitäten grundsätzlich allen Inhabern des baccalauréat offen stehen, wird in den übrigen Zweigen des Hochschulwesens eine Auswahl der Bewerber vorgenommen. 1998/1999 lag die Zahl der Studierenden bei 2,1 Mio., 1980 hatte sie noch bei 1,2 Mio. gelegen. Seit rund zehn Jahren baut man im Hochschulbereich die technisch-fachlichen und die berufsbezogenen Studiengänge kontinuierlich aus, was dazu führte, dass die Zahl der für berufsfachlich ausgerichtete Studiengänge eingeschriebenen Studenten stark angestiegen ist (ihr Anteil lag 1996 bei 45%). Außerdem können alle berufsqualifizierenden Hochschulabschlüsse seit 1993 auch im Wege der Lehrlingsausbildung erworben werden.

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Die berufliche Bildung Jugendlicher

Sozialpartner und Staat haben in den 80er Jahren alternierende Ausbildungsmaßnahmen entwickelt. Ziel war dieBekämpfung der Arbeitslosigkeit. Diese Maßnahmen ergänzten die bestehenden schulischen Berufsbildungsgänge und die Lehrlingsausbildung. Zudem wurde die Rolle der Regionen gestärkt und die Lehrlingsausbildung neu geordnet. Das für Jugendliche bestimmte berufliche Bildungsangebot wird in drei Formen bereitgestellt: (1) in Form der beruflichen Erstausbildung, einer schulischen Vollzeitausbildung, die in zwei Bildungszweigen (dem beruflichen und dem technisch-fachlichen Schulwesen) vermittelt wird, die bereits im vorigen Abschnitt vorgestellt wurden; (2) in Form der Lehrlingsausbildung, einer alternierenden Ausbildung auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages, die für 16- bis 25-Jährige bestimmt ist. Vermittelt wird die Ausbildung zum einen von dem betreffenden Unternehmen und zum anderen von einem Lehrlingsausbildungszentrum (centre de formation des apprentis, CFA). Die Lehrlingsausbildung gilt als eine Form der Erstausbildung: Erworben werden kann auf diesem Weg jeder berufsqualifizierende Abschluss. Dennoch bereiteten 1999 71% der Lehrlinge einen Fachkraftabschluss der niedrigsten Stufe vor, d.h. ein Berufsbefähigungszeugnis (CAP) oder ein Berufsbildungszeugnis (BEP). Der Arbeitgeber ist für die praktische Ausbildung des Lehrlings zuständig. Er benennt zu diesem Zweck einen Lehrlingsausbilder, d.h. einen qualifizierten Mitarbeiter des Betriebs, der dem Lehrling Aufgaben oder Arbeitsposten zuweist, welche die Wahrnehmung oder Arbeiten ermöglichen, die dem jährlichen Ausbildungsfortschritt entsprechen, der in einer Übereinkunft mit dem Lehrlingsausbildungszentrum (CFA) festgelegt wurde. Die Ausbildung wird durch einen anerkannten berufsqualifizierenden Abschluss bescheinigt. Für die Finanzierung der Lehrlingsausbildung sind die Gesamtheit der Arbeitgeber in der Privatwirtschaft (freie und landwirtschaftliche Berufe ausgenommen), der Staat sowie die Regionalräte zuständig. Das Unternehmen erhält für die Dauer

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der Lehrlingsausbildung eine finanzielle Beihilfe. Der junge Auszubildende bezieht eine Vergütung, die jeweils einem bestimmten Prozentsatz des manteltariflich gesicherten dynamisierten Mindestlohns (SMIC) entspricht (der in Frankreich derzeit bei 6881 FF, d.h. 1049 Euro liegt): Abhängig vom Alter des Lehrlings und der bisherigen Dauer des Lehrvertrags werden 30% bis 80% dieses Mindestlohns gezahlt. 1998 besuchten insgesamt 708 400 Jugendliche das berufsbildende und 427 250 das technisch-fachliche Sekundarschulwesen, 15 000 Jugendliche absolvierten eine einschlägige Ausbildung im landwirtschaftlichen Schulwesen, und 320 000 junge Auszubildende befanden sich in einem Lehrlingsausbildungsverhältnis.

(3) Für Arbeitsuchende im Alter von 16 bis 25 Jahren, die das Schulsystem verlassen haben, ohne eine berufliche Qualifikation zu erwerben, werden spezielle, behördlicherseits finanzierte Maßnahmen angeboten (geförderte Verträge, Praktika), die darauf abzielen, eine erste Qualifikation zu vermitteln und die berufliche Eingliederung zu erleichtern. Diese Maßnahmen sind - als Teil des Systems der beruflichen Weiterbildung - in erster Linie für gering Qualifizierte bestimmt und ermöglichen diesen eine Qualifizierung im zweiten Anlauf: ƒ die Jugendlichen können entweder in der Rechtsstellung von Praktikanten in

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der Berufsausbildung eine Ausbildung absolvieren, wofür sie eine Beihilfe beziehen; ƒ oder sie nehmen die speziell für Jugendliche und junge Erwachsene bestimmten Sonderformen des Arbeitsvertrages in Anspruch. In diesem Fall haben sie die Rechtsstellung von Beschäftigten und erhalten eine Vergütung, die einem bestimmten Prozentsatz des Mindestlohns entspricht, der sich nach dem Lebensalter und der bisherigen Dauer ihres Vertrags richtet. Neben dem Lehrvertrag werden speziell für 16- bis 25-Jährige drei Vertragsformen angeboten, die eine Kombination von Arbeit und Ausbildung bieten: der Qualifizierungsvertrag (contrat de qualification), der Ausbildungsvertrag zur beruflichen Orientierung (contrat d'orientation) und der Ausbildungsanpassungsvertrag(contrat d'adaptation). Eine Berufsausbildung ist obligatorischer Bestandteil dieser Verträge. Die Bezüge der Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen, die einen dieser Verträge abgeschlossen haben, entsprechen einem bestimmten Prozentsatz des gesetzlich geregelten Mindestlohns. Daneben wurden weitere Typen von Verträgen geschaffen, in deren Rahmen jedoch nicht zwingend eine Ausbildung vermittelt wird: neue Angebote zur Beschäftigungsförderung speziell für Jugendliche, die Verträge im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (contrats emploi-solidarité), die Verträge zur Beschäftigungssicherung (contrats emploi consolidé) und die Verträge über die Beschäftigungsaufnahme (contrats initiative-emploi), die für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen bestimmt sind. 1998 haben 216 000 junge Menschen als Praktikanten in der Berufsausbildung an einer Ausbildung teilgenommen, und 179 500 junge Menschen haben die Sonderformen des Arbeitsvertrags in Anspruch genommen, die eine Kombination von Erwerbstätigkeit und Ausbildung bieten.

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Die berufliche Weiterbildung Erwachsener

Die berufliche Weiterbildung wendet sich an alle Personen, die bereits ins Erwerbsleben eingetreten sind bzw. ins Erwerbsleben eintreten. Sie soll: ƒ ihnen die Anpassung an veränderte Arbeitsverfahren und -bedingungen erleichtern; ƒ die Erhaltung und Verbesserung ihrer beruflichen Qualifikationen sichern; ƒ den sozialen und beruflichen Aufstieg fördern. Staat, Regionen, Unternehmen und Sozialpartner tragen gleichermaßen zur Entwicklung der politischen Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung Erwachsener bei. Für die verschiedenen Kategorien der Nutzer von Weiterbildungsmaßnahmen gelten jeweils spezifische Bestimmungen, die den Zugang zur Ausbildung regeln. Folgende Nutzerkategorien sind dabei zu unterscheiden: ƒ Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft, ƒ Bedienstete im öffentlichen Sektor, ƒ nicht abhängig Beschäftigte, ƒ Arbeitsuchende. Zur Finanzierung der beruflichen Weiterbildung tragen der Staat, die Regionen, die Unternehmen und die Privathaushalte bei (Kapitel 4). Eine Vielzahl von Ausbildungs-, Beratungs- und Informationsanbietern sorgt für die Information, Beratung und Ausbildung der verschiedenen Zielgruppen (Kapitel 5). [Details zur Weiterbildung weggelassen. Wt]

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Finanzierung der beruflichen Weiterbildung

Für die Finanzierung der beruflichen Weiterbildung kommen in erster Linie der Zentralstaat, die Regionen und die Unternehmen auf. 1997 wurden für die berufliche Bildung und die Lehrlingsausbildung landesweit schätzungsweise insgesamt FRF 139,9 Milliarden (EUR 21,33 Milliarden) aufgewendet, was 1,72 % des BIP entspricht. Die Zuständigkeiten des Zentralstaates und der Regionen sind gesetzlich geregelt. ƒ Der Zentralstaat stellt Mittel für Maßnahmen zugunsten der am stärksten benachteiligten Gruppen, der Berufszweige und der Unternehmen bereit. ƒ Die Regionen sind für die berufliche Weiterbildung insgesamt zuständig. Darüber hinaus fallen auch die beruflichen Weiterbildungsangebote für die 16- bis 25-Jährigen in ihren Zuständigkeitsbereich. ƒ Die Finanzierung durch die Unternehmen fußt auf einer gesetzlichen Pflicht zur Beteiligung an der Ausbildungsfinanzierung. Zwar tragen Staat, Regionen und Unternehmen gemäß der jeweiligen Zuständigkeiten zur Finanzierung der beruflichen Weiterbildung bei, daneben werden jedoch auch Möglichkeiten der Kofinanzierung gefördert.

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Zentralstaat Der Zentralstaat stellt spezielle Haushaltsmittel bereit, die zur Finanzierung von Maßnahmen insbesondere zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der sozialen Ausgrenzung eingesetzt werden. Er finanziert: *

Maßnahmen für Arbeitsuchende: Der Staat kommt für die gesamten bzw. einen Teil der Ausbildungskosten sowie die Vergütung auf, die die Lehrgangsteilnehmer erhalten;

*

Qualifizierungsmaßnahmen für besondere Zielgruppen: Behinderte, zugewanderte Arbeitnehmer, Strafgefangene, Analphabeten usw.

Darüber hinaus stellt er Mittel bereit für: *

Ausbildungsmaßnahmen in bestimmten Bereichen, beispielsweise für die neuen Bildungsgänge im Bereich der Ingenieurausbildung;

*

Informationsmaßnahmen zu Fragen der Berufsbildung;

*

finanzielle Zuweisungen an die Regionen;

*

Zuschüsse für die Erarbeitung und Umsetzung von betrieblichen bzw. branchenspezifischen Bildungsplänen.

Regionen Der einzelne Regionalrat kommt insbesondere für die Finanzierung der Maßnahmen auf, die sich an die 16- bis 25-Jährigen wenden. Darüber hinaus finanziert er Maßnahmen im Rahmen der von ihm festgelegten Prioritäten. * In Abstimmung mit dem Zentralstaat und den Sozialpartnern koordinieren die Regionalräte die Gesamtheit aller beruflichen Erstausbildungs- und Weiterbildungsangebote für 16- bis 25-Jährige in der betreffenden Region (dies erfolgt anhand eines regionalen Plans zur Förderung der beruflichen Bildung von Jugendlichen). * Darüber hinaus schließen die einzelnen Regionen mit dem Zentralstaat im Rahmen des laufenden Plans Verträge mit einer Laufzeit von fünf Jahren ab, die so genannten contrats de plan État-région. In diesen Verträgen werden vorrangige Ziele bestimmt, angesichts derer der Staat und die betreffende Region bestimmte Maßnahmen kofinanzieren.

Unternehmen Dadurch, dass es sich jedes Jahr an der Finanzierung von Ausbildungsmaßnahmen bzw. von Maßnahmen zur Feststellung der Kompetenzen beteiligt, leistet jedes Unternehmen einen Beitrag zur Förderung der beruflichen Weiterbildung. *

Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten sind gesetzlich verpflichtete, 1,5% ihrer jährlichen Lohn- und Gehaltssumme zur Finanzierung der beruflichen Aus- und Weiterbildung aufzuwenden. In der Praxis stellen einige Unternehmen für einschlägige Zwecke einen wesentlich höheren Anteil ihrer Lohn- und Gehaltssumme bereit. 1997 beliefen sich diese Aufwendungen auf durchschnittlich 3,24 %.

*

Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten sind gesetzlich verpflichtet, 0,15 % oder (wenn der Betrieb die Lehrlingsabgabe abführen muss) 0,25 % ihrer jährlichen Lohn- und Gehaltssumme für einschlägige Zwecke aufzuwenden.

*

Unternehmer und nicht abhängig Beschäftigte führen eine Anteil von 0,15 %, der anhand einer besonderen Bemessungsgrundlage berechnet wird, an eine

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vom Staat bevollmächtigte Ausbildungskasse ab. In bestimmten Wirtschaftssektoren einigte man sich im Rahmen von Tarifverträgen auf eine Beteiligungsquote, die über der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbeteiligung liegt. Über ihren Unternehmensausschuss finanzieren die Unternehmen (mit mehr als 50 Beschäftigten) zudem kulturelle und sportliche Aktivitäten sowie Maßnahmen zur beruflich-sozialen Aufstiegsförderung und zur Förderung der persönlichen Entwicklung des einzelnen. Auch die Arbeitslosenversicherung für Arbeitsuchende und der für seine Bediensteten sorgende öffentliche Dienst leisten einen Beitrag zur Ausbildungsfinanzierung, ebenso wie die privaten Haushalte. Insgesamt gesehen trugen der Staat und die Unternehmen 1997 nahezu im selben Maß zur Finanzierung der beruflichen Bildung und der Lehrlingsausbildung bei (39,1 % et 39,2 %). Der Anteil der Regionen (9,5 %) hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen, was auf die im Juli 1994 in Gang gebrachte schrittweise Dezentralisierung der Ausbildung Jugendlicher und junger Erwachsener unter 26 Jahren zurück zu führen ist. Die Arbeitslosenversicherung und das Versorgungssystem des öffentlichen Dienstes tragen zu 10,1% und die privaten Haushalte zu 2 % zu den Gesamtausgaben für berufliche Bildung bei.

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Ausbildungsanbieter, Einrichtungen zur Feststellung der Kompetenzen und Informationsanbieter

Im Bereich der beruflichen Weiterbildung sind zwei Arten von Anbietern aktiv: Ausbildungseinrichtungen und Einrichtungen zur Feststellung der Kompetenzen sowie Informationsanbieter. 1998 waren auf dem Ausbildungsmarkt, zu dem jeder freien Zugang hat, 40 400 Ausbildungseinrichtungen aktiv. Für 11 300 dieser Einrichtungen stellen Bildungsund Berufsbildungsmaßnahmen den Schwerpunkt der Arbeit dar. Die 6 500 wichtigsten Einrichtungen erwirtschaften auf diesem Markt 83 % des Gesamtumsatzes.

Öffentliche und halböffentliche Ausbildungseinrichtungen Diese Einrichtungen unterstehen dem Bildungsministerium oder anderen Ministerien. Zu nennen sind insbesondere: * der Staatliche Verband für berufliche Erwachsenenbildung (Association nationale pour la formation des adultes, AFPA), den das Ministerium für Beschäftigung und Solidarität bezuschusst; * die Ausbildungszentren und landwirtschaftlichen Förderzentren unter Aufsicht des Landwirtschaftsministeriums; * die Kammern (die Landwirtschaftskammern, die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern).

Private Einrichtungen Anzuführen sind: * Die von berufsständischen oder berufsübergreifenden Arbeitgebervereinigungen geschaffenen Ausbildungsverbände (Association de formation, ASFO);

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* Einrichtungen ohne Gewinnzweck (gemäß dem Vereinsgesetz von 1901); * privatwirtschaftliche Einrichtungen mit Gewinnabsicht; * als Ausbilder agierende Einzelpersonen. Die gesetzlichen Regelungen bieten den Unternehmen die Möglichkeit, die Ausbildung ihrer Mitarbeiter selbst zu organisieren und zu diesem Zweck eigene Ausbilder einzustellen.

Einrichtungen zur Feststellung der Kompetenzen Die öffentlich-rechtlichen bzw. privatrechtlichen Einrichtungen zur Feststellung der Kompetenzen müssen - insbesondere im Bereich der Methodik und im Hinblick auf die Grundlagen einer ordnungsgemäßen Tätigkeit - eine Reihe von Anforderungen erfüllen. 1998 gab es fast 900 staatlich anerkannte Einrichtungen zur Feststellung der Kompetenzen, und es wurden 78 000 Feststellungsverfahren durchgeführt.

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Anbieter von Informationen zu Fragen der beruflichen Bildung

Im Bereich der Berufsinformation und -beratung sind unterschiedliche Einrichtungen tätig. Anzuführen sind insbesondere:

auf nationaler Ebene: *

das Zentrum für die Förderung der Information über die ständige Weiterbildung (centre pour le développement de l'information sur la formation permanente, Centre INFFO),

*

das staatliches Informationsamt über Bildungs- und Berufswege (office national d'information sur les enseignements et les professions, ONISEP);

auf regionaler Ebene: * die Zentren für Weiterbildungsinformation (centres d'animation, de ressources et d'information sur la formation, CARIF), * die regionalen Stellen des staatlichen Informationsamtes über Bildungs- und Berufswege (DRONISEP)

auf lokaler Ebene: * die für Schüler bestimmten Berufsinformations- und Beratungszentren (Centres d'information et d'orientation , CIO), die dem Bildungsministerium unterstehen, * örtlichen Arbeitsämter für Arbeitsuchende, * die örtlichen Vereine für die beruflich-soziale Eingliederung Jugendlicher (missions locales, ML) und die Anlaufstellen für die individuelle Information und Ausbildungsberatung (Permanences d'accueil, d'information et d'orientation, PAIO), beides Einrichtungen, die für junge Abgänger aus dem Schulsystem bestimmt sind, * die Informations- und Dokumentationszentren für Frauen und Familien, * die Kammern.

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Wichtige Einrichtungen

Ministère de l'Éducation nationale, de la Recherche et de la Technologie Direction de l'enseignement scolaire 110, rue de Grenelle 75007 Paris Tel. (33) 149 55 10 10 http://www.education.gouv.fr Direction de l'enseignement supérieur 61-65, rue Dutot 75792 Paris cedex 15 Tel. (33) 140 65 65 40 Ministère de l'Emploi et de la Solidarité DGEFP (Délégation générale à l'Emploi et à la Formation professionnelle) 7, Square Max Hymans 75741 Paris cedex 15

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Tel. (33) 144 38 38 38 http://www.travail.gouv.fr Institut national de la Statistique et des Études économiques 18, boulevard Adolphe Pinard 75675 Paris cedex 14 Tel. (33) 141 17 50 50 http://www.Insee.fr Centre INFFO (Centre pour le développement de l'information sur la formation professionnelle) Tour Europe 33, place des Corolles 92049 Paris la Défense cedex Tel. (33) 141 25 22 22 http://www.centre-inffo.fr

BIBLIOGRAPHIE

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France (S. 191 - 219) Aventur, François In: Formation professionnelle initiale et continue en Europe: visa pour l'avenir; une étude réalisée par le CEREQ à la demande du groupe Elf Aquitaine Centre d'Etudes et de Recherches sur les Qualifications, CEREQ Aventur, François et Möbus, Martine (Leitung) Abteilung für Humanressourcen bei Elf Aquitaine Vergne, Jean-Luc; Mathevet, Gérard; Debayle, Gérard (Koordination) Mitglieder der Verbindungsstelle des europäischen Betriebsrates bei Elf Aquitaine (Beitrag), Paris: Magnard Vuibert Multimédia, 550 S. ISBN 2-8434-8039-6 Repères, références et statistiques sur les enseignements, la formation et la recherche - édition 1999 Ministère de l'Education Nationale de la Recherche et de la Technologie - Direction de la Programmation et du Développement, DPD. Paris: La Documentation Française, 1999, 312 S. ISBN 2-11-090831-9 Le financement de la formation et de l'enseignement professionnels en France: portrait de financement Michelet, Valérie Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung, CEDEFOP Centre pour le Développement de l'Information sur la Formation Permanente, Centre INFFO. Luxemburg: Amt für

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Annasse, Claudia; Héroult, Stéphane; Joulieu, Danièle; Merllié, Christine Blum, Olivia (Mitarbeit) Centre pour le Développement de l'Information sur la Formation Permanente, Centre INFFO. Paris-La-Défense: Centre INFFO, 1998, 193 S. (Synthèse documentaire) ISBN 2-911577-29-9 L'enseignement technologique et professionnel Bouyx, Benoît Paris: Centre National de Documentation Pédagogique, CNDP, 1997, 112 S. (Systèmes éducatifs) ISBN 2-11-003626-5 - ISBN 2-240-00420-7 Le bilan de compétences Joras, Michel Paris: PUF, 1995, 126 S. (Que sais-je?: Encyclopédie; 2979) ISBN 2-13-047052-1