Newsletter „Lohnsteuer-Info“ Februar 2017

In dieser Ausgabe: Aus der Rechtsprechung Inländischer Listenpreis und Fahrzeugerwerb im Ausland Verwarnungsgeld und Arbeitslohn

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Abkürzungsverzeichnis Veranstaltungshinweis Broschürenhinweis

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Aus der Rechtsprechung Inländischer Listenpreis und Fahrzeugerwerb im Ausland 1 Das Niedersächsische FG hat sich mit Urteil vom 16. November 2016 zur Frage der Bestimmung des inländischen Bruttolistenpreises bei sog. Auslandsfahrzeugen geäußert. Danach gilt Folgendes: Existiert für das betrieblich genutzte Kfz kein inländischer Bruttolistenpreis und ist das Fahrzeug auch nicht mit einem Modell bau- oder typengleich, für welches ein inländischer Bruttolistenpreis existiert, muss der inländische Bruttolistenpreis geschätzt werden. Praxishinweis Die Schätzung bei einem ausländischen und nach Deutschland importierten Kfz kann mit dem Kaufpreis des Importeurs bemessen werden. Der Urteilsfall Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Betriebsvermögen des Klägers befand sich ein Kfz der Marke Ford Mustang Shelby GT 500 Coupé (kurz: Ford Mustang). Dieses in 2013 erstmals zugelassene Fahrzeug wurde vom Kläger zu einem Bruttopreis von 78.900 Euro angeschafft. Ausweislich des Kaufvertrages verfügt das Fahrzeug über diverse Sonderausstattung. Der inländische veräußernde Händler hatte das Kfz von einem Importeur zum Preis von 75.999 Euro brutto erworben. Ausweislich dieser Rechnung war ein Umbau des Navigationssystems erfolgt. Da kein inländischer Bruttolistenpreis für dieses Kfz-Modell existierte und das Fahrzeug auch nicht mit einem bau- und typengleichen inländischen Kfz vergleichbar war, hatte der Kläger den amerikanischen Listenpreis auf der Grundlage des Tageswechselkurses vom Anschaffungstag umgerechnet. Es ergab sich ein umgerechneter Bruttolistenpreis von 53.977 Euro. Im Rahmen einer Außenprüfung hatte das Finanzamt den inländischen Bruttolistenpreis mit den tatsächlichen Anschaffungskosten des Fahrzeugs in Höhe von 78.900 Euro geschätzt und diesen Wert als Bemessungsgrundlage für die sogenannte 1%-Regelung herangezogen.

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Niedersächsisches FG, Urteil v. 16.11.2016, 9 K 264/15, EFG 2017, 122, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 20/16 LSt-Info

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Praxishinweis Die Entscheidung ist zwar zu einem Geschäftswagen ergangen. Sie ist für Dienstwagen ebenso 2 bedeutsam, weil das Lohnsteuerrecht die Geschäftswagenregelungen entsprechend anwendet. 3

Entscheidung des Niedersächsischen FG Nach Auffassung des Niedersächsischen FG ist als maßgeblicher inländischer Listenpreis der Anschaffungspreis des Importeurs anzusetzen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die Privatnutzung zwar mit dem „inländischen Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer“ anzuset4 zen. Inländischer Bruttolistenpreis ist die am Tag der Erstzulassung maßgebende Preisempfehlung des Herstellers, die für den Endverkauf des tatsächlich genutzten Fahrzeugmodells auf dem inländischen Neuwagenmarkt gilt. Dieser inländische Bruttolistenpreis ist auch bei importierten beziehungsweise reimportierten Kfz aus 5 dem Ausland maßgeblich. Ist das Automodell jedoch nicht im Inland erhältlich, so ist der Listenpreis zu 6 schätzen. Wie eine solche Schätzung zu erfolgen hat, ergibt sich aus den bisherigen Verwaltungsan7 weisungen nicht. Praxishinweis Die Schätzung darf nicht anhand der amerikanischen Herstellerpreisempfehlung durch Währungsumrechnung erfolgen. Der Listenpreis muss sich vielmehr am deutschen Absatzmarkt orientieren. Im Urteilsfall wurde das Kfz durch den Hersteller nicht in Deutschland vertrieben. Die Anschaffungskosten eines importierten Kfz sollen dann die Bemessungsgrundlage für den individuellen Vorteil der 8 privaten Kfz-Nutzung realitätsnah wiedergeben. Der Importeur des Kfz veranschlagte den Preis mit 75.999 Euro brutto. Darin waren die vorhandene Sonderausstattung und die Umrüstung des werkseitig vorhandenen Navigationssystems von USA auf Europa enthalten. Diese Ausstattung war bereits im Zeitpunkt der Erstzulassung vorhanden und ist als 9 Sonderausstattung bei der Schätzung des Bruttolistenpreises zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund, dass von dem tatsächlich gezahlten Endpreis in Höhe von 78.900 Euro für das Autohaus 2.901 Euro als Händleraufschlag verblieben, erschien dem Niedersächsischen FG der Preis von 75.999 Euro brutto als Bemessungsgrundlage im Rahmen der Schätzung angemessen. Denn zu diesem Preis wäre das Kfz erstmals nach seinem Import für den deutschen Markt verfügbar und in Deutschland betriebsbereit gewesen.

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§ 8 Absatz 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG Niedersächsisches FG, Urteil v. 16.11.2016, 9 K 264/15, EFG 2017, 122, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 20/16 4 § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG 5 So auch BMF-Schreiben v. 28.05.1996, BStBl I 1996, 654 6 § 162 Absatz 1 AO 7 Siehe BMF-Schreiben v. 28.05.1996, BStBl I 1996, 654 – Rz. 1 8 Siehe auch FG Düsseldorf, Urteil v. 23.10.2015, 14 K 2436/14, juris, Rev. eingelegt, Az. des BFH: III R 13/16 9 R 8.1 Absatz 9 Nr. 1 Satz 6 LStR 2015 3

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Praxishinweis In dem Revisionsverfahren hat der BFH sich erstmals mit der Schätzung des inländischen Listenpreises bei Auslandsfahrzeugen auseinanderzusetzen. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt hierzu bislang nicht vor. Es bleibt insbesondere abzuwarten, ob auch der BFH den Händleraufschlag aus der Listenpreisermittlung ausschließen wird. Um Haftungsrisiken des Arbeitgebers zu verhindern, sollte sie in vergleichbaren Sachverhalten 10 eine Anrufungsauskunft eingeholt werden. Zudem ist Arbeitgebern eine Dokumentation anzuraten, um auf eventuelle Diskussionen im Rahmen der Lohnsteuer-Außenprüfung vorbereitet zu sein. Verwarnungsgeld und Arbeitslohn 11 Mit Urteil vom 4. November 2016 hat das FG Düsseldorf entschieden, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Falschparkens eines Paketzustelldienstes nicht zu Arbeitslohn bei den angestellten Fahrern führt und folglich nicht der Lohnsteuer unterliegt. Der Entscheidung liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zu Grunde: Das klagende Unternehmen betreibt einen Paketzustelldienst. Es hat in mehreren Städten (kostenpflichtige) Ausnahmegenehmigungen erwirkt, die ein kurzfristiges Halten der Auslieferungsfahrzeuge zum Be- und Entladen in Halteverbots- und Fußgängerzonen gestatten. Sofern eine derartige Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich ist, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs im Interesse der Kunden hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig abstellen. Der Arbeitgeber trägt die ihm gegenüber festgesetzten Verwarnungsgelder. Das beklagte Finanzamt behandelte die Übernahme der Verwarnungsgelder als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn der Fahrer. Praxishinweis Die Finanzverwaltung beruft sich hierbei auf eine Entscheidung des BFH aus 2013. Der BFH hat 12 mit Urteil vom 14. November 2013 gegenüber einer Spedition als Klägerin entschieden, dass die Übernahme von Bußgeldern, die gegen bei ihr angestellte Fahrer wegen Verstößen gegen die Lenk- und Ruhezeiten verhängt werden, zu Arbeitslohn führen. 13

In dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass an der vormals vertretenen BFH-Auffassung , die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des Halteverbots könne im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen, nicht weiter festgehalten werde. Das FG Düsseldorf beurteilt dies anders und wertet die Übernahme der Bußgelder nicht als Arbeitslohn. Es fehle nach Auffassung des FG Düsseldorf bereits an einem Zufluss von Arbeitslohn auf Seiten der Arbeitnehmer. Denn die Klägerin erfülle mit der Zahlung der Verwarnungsgelder lediglich eine eigene Verbindlichkeit. Zwar hätten die Fahrer die Ordnungswidrigkeit begangen, die Verwarnungsgelder seien jedoch unmittelbar gegenüber dem Unternehmen als Halterin der Fahrzeuge festgesetzt worden. Das Unternehmen habe auch keine Regressansprüche gegenüber den Fahrern. 10

§ 42e EStG 1 K 2470/14 L, juris 12 BStBl II 2014, 278 13 BFH-Urteil v. 07.07.2004, BStBl II 2005, 367 11

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Ungeachtet dessen sei die Zahlung der Verwarnungsgelder aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse der Klägerin erfolgt; sie habe keinen Entlohnungscharakter. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Unternehmen nur Verwarnungsgelder wegen Verstößen gegen Park- und Haltevorschriften im ruhenden Verkehr zahle, die zudem von seinen Fahrern bei der Auslieferung und Abholung von Paketen in Gebieten ohne Ausnahmeregelung begangen worden seien. Dabei handele es sich um beachtliche betriebsfunktionale Gründe. Praxishinweis Das FG Düsseldorf hat die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Es ist zu erwarten, dass eine höchstrichterliche Klärung erfolgen wird. Die Entscheidung hat grundsätzliche Bedeutung über den entschiedenen Einzelfall hinaus z. B. auch für Werkstattmonteure, deren Fahrzeuge berufsbedingt im Parkverbot einer Innenstadt abgestellt werden. Auch ist die Entscheidung über das Lohnsteuerrecht hinaus für die Sozialversicherung bedeutsam. Abkürzungsverzeichnis AEAO Anwendungserlass Abgabenordnung AO Abgabenordnung ArEV Arbeitsentgeltverordnung a.a.O. am anderen Ort BB Betriebs-Berater (Zeitschrift) BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Nichtveröffentlichte Urteile des Bundesfinanzhofes, Zeitschrift (Haufe-Verlag) BGB Bürgerliches Gesetzbuch BMF Bundesfinanzministerium BStBl Bundessteuerblatt BVerfG Bundesverfassungsgericht BZSt Bundeszentralamt für Steuern DB Der Betrieb (Zeitschrift) DStR Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) DStRE Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst (Zeitschrift) EFG Entscheidungen der Finanzgerichte (Zeitschrift, Stollfuss-Verlag) EStDV Einkommensteuer-Durchführungsverordnung EStG Einkommensteuergesetz EStR Einkommensteuer-Richtlinien EuGH Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften FG Finanzgericht FinMin Finanzministerium FR Finanz-Rundschau (Zeitschrift) GG Grundgesetz GStB Gestaltende Steuerberatung (Zeitschrift) HFR Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Zeitschrift) JStG Jahressteuergesetz LSt Lohnsteuer LStDV Lohnsteuer-Durchführungsverordnung LStR Lohnsteuer-Richtlinien OFD Oberfinanzdirektion LSt-Info

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SGB SvEV StÄndG UR UStG UStR Vfg VZ

Sozialgesetzbuch Sozialversicherungs-Entgeltverordnung Steueränderungsgesetz Umsatzsteuer-Rundschau (Zeitschrift) Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer-Richtlinien Verfügung Veranlagungszeitraum

Veranstaltungshinweise Elektronische Registrierkassen Dienstag, 21. März 2017, 16:00 - 18:00 Uhr, IHK Köln, Börsen-Saal, Preis: kostenfrei Reise- und Bewirtungskosten - Update 2017 Montag, 27. März 2017, 09:00 - 13:00 Uhr, IHK Köln, Börsen-Saal, Preis: 80 Euro IHK-Bilanzbuchhaltertag 2017 Mittwoch, 5. April 2017, 14:00 - 18:00 Uhr, IHK Köln, Merkens-Saal, Preis: kostenfrei Weitere Informationen und die Möglichkeit, sich online anzumelden, finden Sie im Internet http://www.ihk-koeln.de/ unter der Dok-Nr. 145640 (21.03.2017), Dok.-Nr. 139240 (27.03.2017) und Dok.-Nr. 140620 (05.04.2017) Broschürenhinweis Über folgenden Link gelangen Sie zum DIHK-Broschürenprogramm. Dort können Sie sich über weitere aktuelle Broschüren rund um das Thema Steuern informieren. Broschüre „Realsteuer-Hebesätze 1985 - 2016“ Der Gewerbesteuer-Hebesatz einer Stadt oder Gemeinde stellt - neben einer Reihe weiterer Kriterien einen wichtigen Standortfaktor dar. Die Industrie- und Handelskammer zu Köln hat die Liste der Realsteuer-Hebesätze in Nordrhein-Westfalen bis zum Jahr 2016 aktualisiert. Die Dokumentation enthält die Hebesätze der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer für alle nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden. Die Hebesatzliste ist kostenlos. Ein Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise, auf Papier und elektronischen Datenträgern sowie Einspeisung in Datennetze ist nur mit Genehmigung des Herausgebers gestattet. Alle Angaben wurden mit größter Sorgfalt erarbeitet und zusammengestellt. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts sowie für zwischenzeitliche Änderungen übernimmt die IHK keine Gewähr. Verfasser: Diplom-Finanzwirt Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf Ihr(e) Ansprechpartner(in) für weitere steuerliche Auskünfte: Ellen Lindner Tel. +49 221 1640-303 Fax +49 221 1640-369 E-Mail: [email protected] LSt-Info

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Dr. Timmy Wengerofsky Tel. +49 221 1640-307 Fax +49 221 1640-369 E-Mail: [email protected] Ihre Ansprechpartnerin für organisatorische Auskünfte: Beate Konik Tel. +49 221 1640-304 Fax +49 221 1640-369 E-Mail: [email protected] ViSdP: Achim Hoffmann Tel. +49 221 1640-302 Fax +49 221 1640-369 E-Mail: [email protected] Industrie- und Handelskammer zu Köln Unter Sachsenhausen 10-26 50667 Köln www.ihk-koeln.de

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