Montgelas - Wie Bayern zum modernen Staat wurde

1 Manuskript radioWissen Montgelas - Wie Bayern zum modernen Staat wurde AUTOR: REDAKTION: Thomas Grasberger Thomas Morawetz Erzähler: Manchmal we...
Author: Carin Schubert
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Manuskript radioWissen

Montgelas - Wie Bayern zum modernen Staat wurde AUTOR: REDAKTION:

Thomas Grasberger Thomas Morawetz

Erzähler: Manchmal weht ein Orkan durch die Weltgeschichte. Heere marschieren, Staaten werden von der politischen Landkarte gefegt, neue enstehen. Und niemand weiß, was morgen kommt. Die Zeit der Französischen Revolution und der napoleonischen Kriege ist so eine Epoche der grundstürzenden Umgestaltung Europas. Mittendrin liegt das Land Bayern, das aus diesem Sturm gestärkt hervorgehen wird. Ein Glücksfall, der nicht zuletzt einem bayerischen Minister zu verdanken ist: Maximilian Graf von Montgelas. Zitator: “Unter den Männern, welche die deutschen Staaten in den schicksalsschweren Jahren der napoleonischen Ära mit Kühnheit und Festigkeit auf diesem Weg in die moderne Zeit hinüberführten, nimmt, nach Stein und Hardenberg, Montgelas einen bedeutenden Platz ein.” Erzähler: Das schreibt der 2013 verstorbene Historiker Eberhard Weis in seinem Standardwerk über Maximilian von Montgelas. Dieser Montgelas hat Bayern nicht nur durch bewegte Zeiten geführt, er hat das Land auch völlig umgestaltet. Er ist der „Architekt des modernen bayerischen Staates“. Erzähler: Maximilian Joseph von Montgelas kommt am 12. September 1759 in München zur Welt. Sein Vater ist ein angesehener bayerischer General, der aus dem Herzogtum Savoyen stammt. Seine Mutter – die Tochter eines fürstbischöflich-freisingischen Geheimen Rates – stirbt kurz nach der Geburt Maximilians. Und acht Jahre später ist auch sein Vater tot. Deshalb wird der Bub im Jesuitenkolleg im französischen Nancy erzogen. Die Jesuiten bringen ihm das klare, logische Denken bei. Ein Übermaß an religiösem Eifer kann bei ihm freilich nie festgestellt werden. Es ist vielmehr der Geist der Aufklärung, der das Denken des hochintelligenten jungen Mannes prägt. Montgelas studiert in Straßburg die Rechtswissenschaften und macht in Bayern, an der Landesuniversität zu Ingolstadt, seinen Abschluss: „Mit außerordentlichem Lob“! 1777 tritt er in den bayerischen Staatsdienst ein. Als Bücherzensor soll Hofrat Montgelas eigentlich aufklärerische Schriften zensieren. Aber er macht genau das Gegenteil, er fördert sie. Und das hat vor allem mit jenem Geheimbund der Illuminaten zu tun, dem Montgelas in Ingolstadt einst beigetreten ist. Erzählerin Die Illuminaten: Der Ingolstädter Kirchenrechtsprofessor Adam Weishaupt gründete den Orden, um den neuen Menschen zu erziehen, ganz im Sinne der Aufklärung. Recht geheimniskrämerisch wirken diese Illuminaten im Verborgenen und geraten bald schon ins Visier des bayerischen Kurfürsten Karl Theodor. Der hat große Angst vor Unterwanderung und Umsturz. Und lässt daher 1785 die Geheimgesellschaft als landesverräterisch und religionsfeindlich verbieten.

2 Es kommt zu Hausdurchsuchungen, vereinzelten Verhaftungen und beruflichen Schwierigkeiten für die Mitglieder des Ordens. Erzähler Zum Beispiel für den jungen Montgelas, der sich wegen seiner Iluminatenmitgliedschaft keine Hofffnung mehr auf eine bezahlte Beamtenstelle in München machen darf. Er geht heimlich nach Zweibrücken. Der dortige Herzog nimmt ihn auf… Oton Eberhard Weis Illuminat Montgelas ... entließ ihn aber später wieder, weil Montgelas in Verdacht war, mit den französischen Besatzungstruppen zusammengearbeitet zu haben. Er war aber nur als Dolmetscher tätig gewesen. Und nachdem Karl August von Zweibrücken gestorben war, hat sein Bruder Max Joseph Montgelas wieder geholt. Erzähler: So Eberhard Weis 2010 in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Illuminatenaffäre ist nun endgültig vergessen. Und Montgelas macht Karriere. Es ist ein kluger Schachzug von ihm, nach Zweibrücken auszuweichen, denn es ist absehbar, dass die Wittelsbacher der Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld eines Tages das Land Bayern regieren könnten. Montgelas wird 1796 wichtigster Berater Max Josephs von Zweibrücken, für den er weitreichende politische Pläne schmiedet. Im sogenannten Ansbacher Memoire von 1796 entwickelt er seine Gedanken für die Zukunft Bayerns. Erzählerin Es geht um eine zeitgemäße Verwaltung und eine moderne Beamtenschaft. Die Steuerpflicht für alle Stände gehört genauso dazu wie religiöse Toleranz, die Beseitigung von Missständen im Gerichtswesen, die Aufhebung der Bettelorden und die Reform des Bildungswesens. All das und noch mehr hat er in seiner Programmschrift schon früh formuliert, sagt die Historikerin Katharina Weigand über den Münchner Montgelás, der deswegen auch gerne Móntgelas genannt wird. Oton Weigand: Arbeitsstil Heutzutage würde man mit modernen Begriffen diesen Maximilian von Montgelas sicherlich als Workaholic bezeichnen. Also, das ist ein Mensch, der ständig mit der Feder Denkschriften, Akten, Anweisungen und Korrespondenzen ausarbeitet. Das sind Berge und Berge von Aktenmaterial. Erzähler: Als im Jahr 1799 der bairische Kurfürst Karl Theodor ohne legitimen Erben stirbt, schlägt die Stunde der Zweibrückener Nebenlinie. Max Joseph wird Kurfürst von PfalzBayern und Montgelas sein leitender Minister. Die beiden lenken in den kommenden 18 Jahren die Geschicke Bayerns. Ein Dream-Team, das sich gegenseitig gut ergänzt. Oton Weigand: Max und Montgelas Auf der einen Seite ein klug agierender Montgelas, der sich dann auch beizeiten zurückzog, und sich in militärische Belange nicht einmischte und die seinem Herrscher überließ. Auf der anderen Seite ein Max Joseph, der eigene Schwächen auch erkennen konnte, aber gleichwohl wusste, wie er seine Untertanen anpacken muss, um Loyalitäten für diesen neuen Zweig der Wittelsbacher ins Leben zu rufen. Also, der Glücksfall war sicherlich, dass da zwei miteinander umgehen konnten, die die Stärken und Schwächen des andern einschätzen konnten und die bereit waren, zusammenzuarbeiten im Sinne und für das Wohl Bayerns.

3 Erzähler: Der rationale, kühl agierende Montgelas ist zwar nur der zweite Mann im Staat, aber er versteht es, seinen leutseligen und liebenswürdigen Fürsten geschickt zu lenken und in entscheidenden Momenten zu überzeugen. In den bewegten Jahren um 1800 ist das Außenministerium das wichtigste Ressort. Nur wenn dort ein fähiger Mann sitzt, kann Bayern die Stürme der Epoche heil überstehen. Und Montgelas ist dieser fähige, klug handelnde Mann. Der bald auch das Innenministerium übertragen bekommt. Und dann sogar noch das Finanzministerium. Vor allem außenpolitisch ist Montgelas ein äußerst geschickt taktierender Politiker. Bayern steht damals zwischen den Machtblöcken Frankreich und Österreich. Und es kann zunächst gar nicht anders, als sich auf Seiten der Alliierten gegen Napoleon zu stellen. Doch im Lauf der Jahre kommt es zu einer Annäherung an Frankreich. Und schließlich zum entscheidenden Seitenwechsel im Jahr 1805. Katharina Weigand: Oton Weigand: Aupol Seitenwechsel Montgelas ist der, der den Kopf behält und kühl rechnet und der seinen Kurfürsten dazu bringt, dass Bayern die Seiten wechselt. Das war aus der Sicht des Jahres 1805 die einzig richtige Entscheidung, denn die ganzen territorialen Erwerbungen hat Bayern dem Siegeszug Napoleons zu verdanken. Dies waren Belohnungen dafür, dass Bayern an der Seite Napoleons einige Kriege mitgekämpft hat. Erzähler: Montgelas´ Kalkül geht auf. Napoleon befreit Bayern nicht nur von den österreichischen Besatzunsgtruppen. Am 1. Januar 1806 wird sogar ein alter Wittelsbachischer Traum wahr. Bayern wird Königreich – dem Franzosenkaiser sei Dank! Erzählerin Aber Königskrone und Gebietsgewinne sind teuer erkauft. Bayern muss dafür Mitglied des Rheinbundes werden und ist verpflichtet, an allen Kriegszügen Napoleons teilzunehmen. Das wird sich knapp sieben Jahre später rächen. 1812 werden über 30.000 bairische Soldaten nicht mehr vom Russlandfeldzug zurückkehren. Dann ist es wieder Montgelas, der mit wachem Blick den Niedergang Napoleons kommen sieht und seinen ängstlichen König erneut zu einem neuen Bündnis überreden kann: Gerade noch rechtzeitig wechselt Bayern 1813 die Fronten. Seine Gebiete, die es unter Napoleon bekommen hat, darf es jedoch behalten oder gegen andere eintauschen. Erzähler Bayern profitiert also von den wechselvollen und kriegerischen napoleonischen Jahren. Es kann sein Staatsgebiet vergrößern und abrunden. Erzähler: Begonnen hat die große Flurbereinigung Deutschlands mit den frühen militärischen Erfolgen Napoléon Bonapartes. Das alte Reich wird neu geordnet: territorial, politisch und rechtlich. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803 betreibt dieses Heilige Römische Reich Deutscher Nation seine Selbstauflösung. Die stärksten Territorien halten sich schadlos und bekommen Entschädigung für ihre linksrheinischen Verluste. ERZÄHLERIN Säkularisation heißt das Schlagwort: Fast alle geistlichen Fürstentümer werden aufgehoben und die Reichsstädte in die neu gebildeten Länder eingegliedert. Kirchengüter dürfen eingezogen werden. Die Großen werden bei diesem Länderschacher noch größer, die kleinen Territorien verschwinden. Ganz vorn dabei ist Bayern mit seinem Minister Montgelas, der die napoleonischen Reformen schnell und unerbittlich umsetzt.

4 ERZÄHLER Montgelas hat nämlich sehr genaue Vorstellungen von einem modernen Staat. Keine territorialen Flickenteppiche mehr, keine klösterlichen Sonderrechte, keine Zwischengewalten – der moderne Staatsabsolutismus duldet keine Götter neben sich. ERZÄHLERIN Noch vor dem Reichsdeputationshauptschluss besetzt Bayern im Jahr 1802 die reichsunmittelbaren Hochstifte Augsburg, Bamberg, Freising und Würzburg. Auch Teile der Hochstifte Eichstätt und Passau mit den jeweiligen Klöstern fallen an den Staat. Mediatisierung nennt man diesen herrschaftlichen Aspekt der Säkularisation. Gebiete, die vorher reichsunmittelbar, also nur dem Kaiser unterstellt waren, werden nun mediat gemacht, also zum Beispiel dem bayerischen Kurfürsten unterstellt. Neben dieser Beseitigung geistlicher Fürstenherrschaft meint der Begriff Säkularisation in jenen Jahren auch noch etwas anderes: nämlich die Aufhebung der landsässigen Stifte und Klöster. Oton Weigand: Bettelorden Ein Feindbild waren für Montgelas sicherlich die Bettelorden, etwa die Franziskaner und Kapuziner. Die haben die Volksfrömmigkeit massiv gefördert. Also Prozessionen, Wallfahrten und Andachten – da hat er als Aufklärer rot gesehen, das musste man abschaffen. Da musste man das Volk auf ganz andere Bildungswege bringen. Erzähler: Bibliotheken werden aufgelöst, klösterliche Ländereien, Besitztümer und Rechte fallen an den Staat. Ebenso Gebäude, Kunstwerke, Handschriften oder wertvolle Musikinstrumente. Es ist tatsächlich so etwas wie eine staatlich verordnete Auflösung des Mittelalters, mit der eine mehr als 1000-jährige Tradition in Bayern zu Ende geht. Und nebenbei gehen viele alte Kulturschätze zu Bruch. Solch ein „Vandalismus“ wird natürlich von den Kirchenleuten lautstark beklagt. Manch eine Verschwörungstheorie kursiert in jenen Tagen: Illuminaten, Atheisten und Jakobiner hätten dem gutmütigen, aber schwachen Kurfürsten den Kopf verdreht, heißt es. Und bis heute wird die Säkularisation recht kontrovers diskutiert. Unbestritten aber ist, dass sie auf alle Lebensbereiche Bayerns gewirkt hat. Zum Beispiel auf das Schulwesen, sagt die Historikerin Katharina Weigand. Oton Weigand: Säk. Erziehung Man hatte die großen Klöster draußen im Land, die haben den Schulunterricht angeboten. Montgelas als Aufklärer war aber der Meinung, Schulunterricht sollte den Staat angehen, um die Inhalte zu kontrollieren, um damit die Schüler zu loyalen Staatsdienern und Untertanen zu erziehen. Erzähler: Im März 1803 werden auch die bayerischen Prälatenklöster aufgelöst. Das Vermögen fällt in der Regel an den Staat. Der wächst in jenen Jahren unter Montgelas enorm an. Neben den Klöstern, Hochstiften und Reichsabteien werden auch acht schwäbische und sieben fränkische Reichsstädte samt Besitzungen annektiert. Plötzlich sind auch Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Kempten, Kaufbeuren und Lindau bayerisch. Oton Weigand: Vergrößerung Bayerns Eine Verwaltungsstruktur so durchzuführen, so zu zentralisieren, dass plötzlich auch Augsburger, Passauer, Freisinger, die alle nicht zu Bayern gehört hatten – Nürnberger, Würzburger, – dass die plötzlich alle von München aus regiert werden konnten in einem Zeitalter ohne E-Mail, Faxgerät und Telefon! Eine solche Verwaltungsstruktur durchzuführen, das ist eine so irrsinnige Leistung von Montgelas, die uns aber gar nicht so auffällt, wie etwa: Hoppala, da hat er ein Kloster aufgelöst und das ist sogar noch abgebrochen worden, weil man für diese Gebäudlichkeiten keine Verwendung mehr hatte.

5 Erzähler: Maximilian von Montgelas fügt innerhalb kürzester Zeit aus den verschiedensten Teilen des neuen Bayerns einen einheitlichen, zentralisierten Staat zusammen. Dafür muss er die Verwaltung völlig neu strukturieren. Ebenso das öffentliche Finanz- und Steuerwesen und die Rechtspflege. Oton Weigand: Verwaltung Er ordnet vor allem die Ministerialbürokratie und führt die sogenannten Ressortministerien ein. Also dass ein Minister nicht für eine Provinz in Bayern und dort für alles zuständig ist, sondern er führt ein: Es gibt ein Kriegs-, ein Außen-, ein Innenministerium. Und da ist dann etwa der Innenminister für alle innenpolitischen Belange in ganz Bayern zuständig. Eine klassische Sache, die wir heute noch haben. Dann eine Ebene darunter, die mittlere Ebene der Verwaltung: die Regierungsbezirke. Erzähler: Zum neuen Bayern gehört auch ein modernes, leistungsfähiges Beamtentum. In der sogenannten Staatsdienerpragmatik von 1805 wird das alte System der Beamtenbesoldung abgeschafft. Die Staatsdiener müssen sich nicht mehr mit Gebühren aus dem Land über Wasser halten, sondern bekommen einen festen Sold und sogar Pensionsansprüche. Das fördert ihre Staatsloyalität. Und noch eine wesentliche Neuerung erfährt das Land unter dem Aufklärer Montgelas. Bisher war Bayern durch und durch katholisch. Mit den neu gewonnenen Staatsgebieten kommen aber plötzlich auch andere Konfessionen hinzu. Und die werden mit dem Religionsedikt von 1809 den Katholiken gleichgestellt. Lutheraner oder Reformierte sollen schließlich keine Bürger zweiter Klasse sein. Aber noch ein anderer Aspekt spielt da mit hinein, sagt Katharina Weigand. Oton Weigand: Religionsedikt Montgelas geht es darum, dass auch ein katholischer Priester oder Bischof erst einmal Untertan in Bayern ist. Und von daher ist Montgelas einer, der zwar nicht religionsfeindlich ist, der aber er sagt, die Kirche muss sich dem Staat unterorden. Das ist klassisches Montgelassches Programm. Erzähler: Montgelas`„Revolution von oben“ krempelt Bayern also komplett um. Dazu gehört auch eine Verfassung. Erzählerin Die Konstitution vom 1. Mai 1808 ist zwar die erste geschriebene Verfassung Bayerns, bleibt jedoch ein Provisorium, das im wesentlichen die Montgelas'schen Reformen zusammenfasst. Auf dem Papier stehen nun also: Ein einheitliches Staatsrecht, die bürgerlichen Grundrechte wie das Recht auf Eigentum, die Meinungs-, Religions-und Pressefreiheit oder die Gleichheit vor dem Gesetz. Daneben kommen neue Pflichten auf die Untertanen zu: etwa die allgemeine Steuerpflicht. Oder die allgemeine Wehrpflicht. Erzähler Sehr modern also! Nur eines ist diese Konstitution Montgelas` ganz bestimmt nicht – demokratisch in unserem heutigen Sinn. Oton Weigand: Verfassung Er ist ein Vertreter dessen, was man heute Staatsabsolutismus nennt. Die Untertanen sollen zwar mit Reformen beglückt werden, die sollen die Sicherung ihres Eigentum als Geschenk vom Monarchen erhalten; die sollen freier ihre Meinung sagen dürfen, die sollen die Toleranz der anderen Konfessionen erhalten. Aber Montgelas war nicht derjenige, der sagte: Jetzt wir machen auch gleich noch ein Parlament und dann soll

6 ein großer Anteil der bayerischen Untertanen Sitz und Stimme in diesem Parlament haben, um aktiv an der Politik teilzunehmen. Erzähler: Maximilian von Montgelas ist ein politisches Genie, wenn es darum geht, aufklärerische Ideen in konkrete Politik umzusetzen. Aber natürlich sind nicht alle seine Projekte erfolgreich. Gerade in finanzieller Hinsicht hat er nicht immer ein glückliches Händchen. Die Kriege verschlechtern Bayerns Finanzlage dramatisch. Mehr als einmal droht der Staatsbankrott; wie übrigens in fast allen Ländern damals. Montgelas hat daher neben weltanschaulichen Motiven immer auch das Finanzielle im Blick, als er den Grundbesitz und die Schätze der bayerischen Klöster einkassieren lässt. Aber dieses Kalkül sollte nicht aufgehen. Schon der Verkauf der Klosterimmobilien brachte nicht das Erhoffte ein, weil über 300 Objekte gleichzeitig auf den Markt kamen, und die Preise dadurch rasch fielen. Und überhaupt fehlte für den Kauf der Klosterschätze eine finanziell potente Käuferschicht in Bayern. Ein Finanzgenie war dieser große Reformer wohl eher nicht. Und so mag das Urteil seiner gelegentlich etwas eigensinnigen und extravaganten Gattin Ernestine zwar überspitzt, aber durchaus nicht ganz falsch sein. Zitatorin „Als Außenminister könnte man keinen besseren haben, als Innenminister ist er passable(sic!), als Finanzminister verdient er gehenkt zu werden.“ Erzähler: Gehenkt wird Montgelas übrigens nicht. Dafür aber kalt abserviert. Im Jahr 1817, nach 18 Jahren an der Regierung. Seine Entlassung war das Ergebnis einer üblen Hofintrige und gezielter Verleumdungen, schreibt der Montgelas-Biograf Eberhard Weis. Gegner hatte der Reformminister ja viele. Zum Beispiel den bayerischen Adel, dem Montgelas Privilegien weggenommen hatte. Vor allem aber war da Kronprinz Ludwig, der spätere König Ludwig I. Er war das Gegenteil des frankophilen Aufklärers. Ludwig hasste alles Französische. Und somit auch den allmächtigen Minister seines Vaters. Als 1816 dieser Montgelas krank wird, gelingt es seinen Gegenspielern, den leicht zu beinflussenden König Max Joseph zu überzeugen: Der Minister muss weg! Montgelas´ politische Zeit war mit dem Ende der napoleonischen Ära also endgültig vorbei. Bis zu seinem Tod 1838 wird er noch zwei Jahrzehnte als erfolgreicher Geschäftsmann wirken. In jenen letzten Jahren schreibt Montgelas auch eine Rechtfertigungsschrift, mit der er sich gegen seine Kritiker wendet. Vor allem gegen Ludwig I. Was aber bleibt von dem großen Politiker, der Bayern durch stürmische Zeiten geführt hat? Manche seiner Reformen waren mit heißer Nadel gestrickt und voller ideologischem Übereifer. So wird später seine allzu rigorose Zentralisation wieder zurückgenommen werden. Seine grundlegenden Reformen in Staat und Verwaltung jedoch bleiben erhalten. Und sie wirken bis heute. stopp