Meine Berufung ist die Liebe. (Theresia von Lisieux)

„Meine Berufung ist die Liebe.“ (Theresia von Lisieux) Wallfahrt nach Lisieux 24. bis 29. Oktober 2014 Programm Freitag, 24. Oktober: 07.00 Uhr: Ab...
Author: Achim Breiner
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„Meine Berufung ist die Liebe.“ (Theresia von Lisieux)

Wallfahrt nach Lisieux 24. bis 29. Oktober 2014

Programm Freitag, 24. Oktober: 07.00 Uhr: Abfahrt in St. Wendel nach Merzig 08.15 Uhr: Abfahrt Merzig - Thionville - Metz 09.45 Uhr: Pause an der Raststätte „St. Nicolas-Nord“ bei Verdun, Fahrt durch den Argonnerwald, die „feuchte und trockene“ Champagne, vorbei an Reims 12.15 Uhr: Mittagspause in der Raststätte „Aire de Changis-sur-Marne“, Fahrt an der 11-Mio-Stadt Paris vorbei 13.30 Uhr: Mittagspause in der Raststätte „Aire Nord de Morainvilliers“ 14.15 Uhr: Weiterfahrt vorbei an Versailles und durch Evreux 16.30 Uhr: Ankunft in Lisieux, Einchecken in der Ermitage 18.00 Uhr: Hl. Messe in der Kapelle auf dem Campus der Ermitage 19.00 Uhr: Abendessen im Salle à manger Pauline 20.30 Uhr: Komplet und Novene zu den seligen Eltern in der Kapelle der Ermitage !

Samstag, 25. Oktober: 07.20 Uhr: Laudes mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel 08.00 Uhr: Frühstück 10.00 Uhr: Eucharistiefeier in der Karmelkirche 11.15 Uhr: Besichtigung der „Buissonnets“, dem Elternhaus der heiligen Therese, „das liebliche Nest meiner Kindheit“, wo sie die schönsten Jahre ihrer Kindheit vor dem Eintritt in den Karmel verbrachte 12.15 Uhr: Mittagessen 14.30 Uhr: Ausstellung „100 Jahre Erster Weltkrieg und die Bedeutung der hl. Therese“ in St. Jacques 16.00 Uhr: Gebet des Kreuzweges hinter der Basilika 18.30 Uhr: Vesper und Novene zu den seligen Eltern in der Kapelle der Ermitage 19.00 Uhr: Abendessen 20.30 Uhr: Komplet in der Kapelle der Ermitage

Sonntag, 26. Oktober: 07.30 Uhr: Laudes in der Kapelle der Ermitage 08.00 Uhr: Frühstück 09.00 Uhr: Besichtigung der Basilika mit Führung 10.30 Uhr: Internationales Hochamt in der Basilika 12.15 Uhr: Mittagessen 14.15 Uhr: Abfahrt nach Honfleur 15.00 Uhr: Marienandacht mit Novene zu den seligen Eltern in der Wallfahrtskirche „Notre Dame de Grâce; hier hat sich Therese Martin entschlossen, dem Hl. Vater selbst die Bitte vorzutragen, mit 15 Jahren in den Karmel eintreten zu dürfen. 16.00 Uhr: Fahrt in das malerische Städtchen Honfleur, Stadtbummel 17.15 Uhr: Rückfahrt nach Lisieux 18.30 Uhr: Vesper in der Kapelle der Ermitage 19.00 Uhr: Abendessen 20.30 Uhr: Komplet in der Kapelle der Ermitage

Montag, 27. Oktober: 07.20 Uhr: Laudes mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel 08.00 Uhr: Frühstück 08.45 Uhr: Abfahrt nach Alençon 10.00 Uhr: Hl. Messe in der Basilika „Notre Dame“, der Taufkirche Thereses, Besichtigung der Kirche 11.00 Uhr: Stadtbummel durch Alençon 12.30 Uhr: Picknick im Park von Alençon 14.00 Uhr: Treffpunkt am Geburts- und Elternhaus Thereses, Besichtigung; in der Kapelle des Geburtshauses Gebet der Novene zu den seligen Eltern 16.00 Uhr: Fahrt nach Semallé, dem Wohnhaus von Thereses Amme, Rose Taillé, wo Therese daserste Lebensjahr verbrachte 17.00 Uhr: Rückfahrt nach Lisieux 18.30 Uhr: Vesper in der Kapelle der Ermitage 19.00 Uhr: Abendessen 20.30 Uhr: Komplet in der Kapelle der Ermitage

Dienstag, 28. Oktober: 07.20 Uhr: Laudes mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel 08.00 Uhr: Frühstück 10.00 Uhr: Eucharistiefeier in der Krypta der Basilika, wo auch der wunderschöne neue Schrein der im Oktober 2008 selig gesprochenen Eltern der hl. Therese, Louis und Zélie Martin, steht 11.00 Uhr: Novene zu den seligen Eltern am Schrein in der Krypta 11.20 Uhr: Film über das Leben und Wirken der heiligen Therese und ihrer seligen Eltern (35 min.)im Vorführraum des „Centre Jean Paul II“ gegenüber der Basilika 12.15 Uhr: Mittagessen 14.30 Uhr: Fahrt nach Deauville-Trouville, dem berühmten Seebad mit sehr schönem Strand und Promenade, Möglichkeit zum Spaziergang 17.15 Uhr: Rückfahrt nach Lisieux 18.00 Uhr: Vesper mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel 19.00 Uhr: Abendessen 20.30 Uhr: Komplet in der Kapelle der Ermitage

Mittwoch, 29. Oktober: 07.20 Uhr: Laudes mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel 08.00 Uhr: Frühstück 09.00 Uhr: Eucharistiefeier zusammen mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel 10.00 Uhr: Abfahrt aus Lisieux 12.30 Uhr: Ankunft in Reims, Besichtigung der Kathedrale 13.30 Uhr: Weiterfahrt in Richtung Verdun 16.00 Uhr: Letzte Pause am Rastplatz „St. Nicolas-Sud“ 16.30 Uhr: Weiterfahrt in Richtung Metz - Thionville - Merzig 19.00 Uhr: Ankunft in Merzig 20.15 Uhr: Ankunft in St. Wendel

Freitag, 24. Oktober Auf nach Lisieux! Ziemlich pünktlich fuhren wir um 7.00 Uhr ab St. Wendel los über Merzig auf die Autobahn Thionville – Metz. Wir, das sind Pastor Klaus Leist, Pfarrer in St. Wendel, fünf indische NazarethSchwestern, die in St. Wendel wohnen und dort im Einsatz sind, zwei Franziskaner-Brüder aus dem St. Josefshaus in Hausen, an der Wied, und ich, Ilona. Voller Vorfreude begaben wir uns auf den Weg, auf den Weg zu der kleinen großen Heiligen, Therese von Lisieux, und ihren seligen Eltern. Gegen halb zehn machten wir zum ersten Mal Pause an der Raststätte „St. Nicolas – Nord“ bei Verdun. Leckeres Frühstück und warmer Kaffee schmeckten schon ganz gut. Danach setzten wir unsere Reise fort durch den Argonnerwald, die „feuchte und trockene“ Champagne, vorbei an Reims. In der Ferne konnte man die beiden Türme der Kathedrale erkennen. Auf der Heimfahrt werden wir diesen tollen gotischen Bau besichtigen. Gegen halb 12 machten wir eine kurze Pause vor Paris an der Raststätte „Aire de Changis-Sur-Marne“, bevor wir dann an der 11-Millionen-Metropole auf der Nordumgehung vorbei fuhren. Wir hatten Glück, der Verkehr war zwar enorm, aber es gab keinen Stau, trotzdem musste sich unser “Busfahrerpfarrer“ ganz gut konzentrieren. Hinter Paris machten wir eine längere Mittagspause in der Raststätte „Aire Nord de Morainvilliers“, bevor wir an Versailles vorbei Richtung Evreux weiterfuhren. Fast pünktlich, so wie das Programm es vorsah, kamen wir um 16.30 Uhr in Lisieux an und bezogen unsere Zimmer. „Bonjour, Thérèse, nous voilà“ – da sind wir! Warm wurde es uns ums Herz, als wir an dieser heiligen Stätte ankamen. Um 18 Uhr feierten wir in der Kapelle auf dem Campus der Ermitage die Heilige Messe.

Pfarrer Leist predigte über das Motto unserer Wallfahrt: „Meine Berufung ist die Liebe“ (Therese) Hier einige Auszüge! Liebe Schwestern, liebe Mitbrüder, kommt uns das Verhalten Jesu Petrus gegenüber nicht seltsam vor? Ist es doch nicht üblich, jemanden gleich dreimal hintereinander nach seiner Liebe zu fragen, wenn sie beim ersten Mal schon positiv und bejahend beantwortet wurde. Wird man da nicht verunsichert, wenn man die gleiche Frage mehrmals von der ein und derselben Person zum gleichen Thema gestellt bekommt? Und ist eine solche Frage überhaupt eine wesentliche Frage für das Leben, für die Beziehung zwischen zwei Menschen und auch für die Beziehung zwischen Gott, Jesus Christus und einem Menschen? Jesus will natürlich mit dieser dreimaligen Frage Petrus auf seine dreimalige Verleugnung hinweisen, die er nur kurz vorher von sich gegeben hat. Petrus bleibt trotz dieses Fehltritts beim Hahnenschrei am Tor des hohepriesterlichen Palastes und trotz Hinterfragung bei seiner Liebeserklärung an den Herrn: „Herr, du weißt alles; du weißt auch, dass ich dich lieb habe.“ Und dann erst beauftragt Jesus ihn für seinen Hirtendienst und sagt ihm: „Folge mir nach!“ (...) Wir stehen heute hier an einem Ort, an dem auch einmal jemand ganz präzise auf die Frage Jesu „Liebst du mich?“ geantwortet hat: Therese. Diese Nachfolge Jesu als Karmelitin hat Therese wohl schon als sehr junger Mensch – unter nicht gerade einfachen Umständen und Bedingungen – angetreten. Es ist auch keine einfache Nachfolge, keine einfache Sendung gewesen, denn sie musste lange lange Zeit durch Glaubensnächte, Zweifel und Demütigungen wandern und diese Wüste, diese Trockenheit aushalten. Dennoch ist sie von dieser einmal eingegangenen Liebesbeziehung so überzeugt gewesen, dass sie darin ihre Berufung gefunden hat: ihre Berufung war die Liebe. (...) Lassen wir uns in dieser Stunde und in den kommenden Tagen vom Leben und der Botschaft der heiligen Therese anstecken, denn dann werden wir mit dem Wesentlichen unseres Lebens konfrontiert. Therese führt uns nämlich auf die Spuren dieses unendlich großen Gottes des Lebens und der Liebe. Und da haben wir den Menschen etwas voraus, die sich diesem Geheimnis verschließen, die in ihrem Leben das Entscheidende verpassen und es sich entgehen lassen und die auch nie eine Ahnung davon bekommen, was uns gläubigen Menschen, uns getauften Christen, geschenkt ist. So können wir alle, gleich ob Frauen oder Männer, gleich welchen Berufsstand oder welche Aufgabe wir wahrnehmen, auf die Frage Jesu antworten. Und wenn wir so antworten, wie Petrus und Paulus oder Therese es getan haben, dann sind wir Christen von solch einem Profil, deren Berufung auch die Liebe ist. Und darauf kommt es in unserem Leben an. (...)

Nach der Hl. Messe gab es um 19 Uhr Abendessen im Pauline-Saal. Die einzelnen Aufenthalts- und Speiseräume sind nach den Schwestern der heiligen Therese benannt. So frühstückten wir die meiste Zeit im Léonie-Saal. Der Empfangsraum trägt den Namen von Céline, der zweitjüngsten Tochter der Martins. Nach dem vorzüglichen Abendessen, nachdem die Schwestern der Ermitage ein vertontes Gedicht von Therese und das Lourdes-AveMaria vorgetragen hatten, beteten wir die Komplet, das Nachtgebet der Kirche, und die Novene zu den seligen Eltern in der Kapelle der Ermitage. Müde, aber doch zufrieden und glücklich in Erwartung der kommenden Tage, gingen wir zu Bett.

Samstag, 25. Oktober Gewöhnlich beginnt der Tag für Ordensleute und Priester mit dem Beten der Laudes. Also fanden wir uns um 7.20 Uhr in der Kirche des Karmel ein, um mit den Karmelitinnen die Laudes zu beten. Aber immer wieder beten auch andere Pilger mit, Leute aus der Stadt ...Es ist ein Ohrenschmaus, den Karmelitinnen beim Singen und Beten zuzuhören. Ich, vielleicht auch die anderen, freute mich schon auf das französische Frühstück: leckere Flûtes mit Butter und Marmelade. Wer den Käse oder die Wurst suchte, hatte Pech. Die Franzosen frühstücken sehr spartanisch. Aber das Weißbrot ist ein Genuss. Kein Bäcker bei uns bekommt das so hin. Dann, um 10 Uhr, konnten wir in der Kirche des Karmel unsere Pilgermesse feiern. Es ist anheimelnd, in dieser Karmelkirche zu sein, dort, wo Therese als Ordensfrau betete, dort, wo sie nebenan in einem Schrein mit etlichen Rosen verehrt wird, wo immer Menschen zu ihr kommen, um ihr ihre Sorgen und Nöte anzuvertrauen. Der Boden ist wie ein Magnet, man fühlt sich immer wieder angezogen. Alle genießen die Atmosphäre, lauschen gespannt der Predigt von Pfarrer Leist und lassen sich von der Umgebung vereinnahmen. Hier wieder einige Auszüge:

„Ich bin in den Karmel gekommen, um die Seelen zu retten und vor allem, um für die Priester zu beten.“ (Therese) Liebe Schwestern und Brüder, der Boden, den wir unter unseren Füßen haben, ist ein besonderer Ort. Es ist karmelitischer Boden, ein Ort, der von besonderer Gottverbundenheit geprägt ist. Und jeder, der hier auf diesem Boden im Schatten der heiligen Therese steht, weiß und spürt dies. Als sich am 9. April 1888 die Klosterpforte für Therese auftat, weil sie hier als Karmeliterin eintreten wollte, um ihr Leben Gott zu weihen, da ließ sich diese kleine Therese gerade erst einmal 15 Jahre alt auf ein Abenteuer mit Gott ein, dessen Ausgang sie wohl in keinster Weise auch nur annähernd erahnen konnte. Ideale Vorstellungen begleiteten dieses junge Mädchen hinter diese Klostermauern und sehr bald wurden seine schönen und idealistischen Gedanken harte Realität und bittere Wirklichkeit und Therese musste die Erfahrung machen, dass es auch im Kloster menschelte: eine Oberin, die ihr harte Prüfungen auferlegte, Mitschwestern, die ihr übel zu schaffen machten und sie übelst schikanierten, ein Spiritual, der sie nicht für voll und ernst nahm. Im Kloster musste sie niedere Arbeiten verrichten, die sonst keiner erledigen wollte, und die ersten Monate waren eine solch unbarmherzige Schule, in der sie die Demut erlernen musste. Dies alles hätte Therese nicht aushalten und bewältigen können, wenn Gott ihr nicht diese Berufung geschenkt hätte, als Karmelitin zu leben. Ihre Berufung zeigte sich in ihrem missionarischen Eifer und sie ließ sich von nichts und auch von niemandem aus den Gleisen bringen. In einzigartigen Worten schrieb sie in ihrer Selbstbiografie an Mutter Agnès de Jésus, die gleichzeitig ihre ältere Schwester Pauline war, über ihr klösterliches Leben: „Dies Glück war kein vergängliches, es sollte sich nicht mit ‚den Illusionen der ersten Tage’ verflüchtigen. Die Illusionen, der liebe Gott hat mir die Gnade gewährt, bei meinem Eintritt in den Karmel KEINE EINZIGE zu haben. Ich fand das Klosterleben so, wie ich es mir vorgestellt hatte; kein Opfer überraschte mich, und doch, Sie wissen es, geliebte Mutter, begegneten mir bei meinen ersten Schritten mehr Dornen als Rosen! ... Ja, das Leiden streckte seine Arme nach mir aus, und ich warf mich mit Liebe hinein ... Was ich im Karmel tun wollte, erklärte ich zu Füßen Jesu in der Opfergestalt der Hostie bei der Prüfung, die der Profess vorausging: ‚Ich bin gekommen, um Seelen zu retten und besonders um für die Priester zu beten.’“ (...)

In ihrer Selbstbiografie bekennt sie: „Ich fühle in mir die Berufung zum Priester; mit welcher Liebe trüge ich dich, o Jesus, in meinen Händen, wenn auf mein Wort hin du vom Himmel herabstiegest ... Mit welcher Liebe reichte ich dich den Seelen! ... Jedoch, so sehr ich wünschte, Priester zu sein, so bewundere und beneide ich dennoch die Demut des hl. Franz von Assisi und spüre in mir die Berufung, ihn nachzuahmen, indem ich die erhabene Würde des Priestertums ausschlage.“ Auch wir stehen heute Morgen an diesem historischen Ort und wollen uns der Gebetsintention dieser großen Heiligen anschließen und in ihr Gebet mit einstimmen. Die Kirche, die Gläubigen haben zu allen Zeiten Priester und Ordensleute gebraucht, die Gottes Wort verkünden, die Heiligen Sakramente spenden und Menschen auf deren Lebenswegen begleiten. Gerade in unserer heutigen Zeit brauchen wir Priester, die in Freude und in Treue ihren Dienst versehen und Gottes befreiende Botschaft unter die Leute bringen. Allerdings erleben wir in unseren Gemeinden, dass uns Priester fehlen, dass Ordensfrauen und Ordensmänner nicht mehr an den Kranken- und Sterbebetten stehen und geistliches Leben in den Pfarrgemeinden dünn wird. Therese hat offensiv gehandelt, sie hat nicht gejammert oder geklagt, sondern sie hat etwas getan: für Priester gebetet. Und das ist angesichts der kirchenhistorischen Stunde, in der wir stehen, auch unsere Aufgabe: im Sinne der heiligen Therese mit ihr für die Priester zu beten. Das ist das einzige Instrument, das unseren Mangel beheben und die Priester fördern und unterstützen kann. Für Priester- und Ordensnachwuchs brauchen wir keine Strukturreformen, keine gut aufgemachten Flyer oder auf teurem Papier gedruckte Werbeprospekte, wie wohl die unterstützend notwendig sind, sondern die Kirche braucht Beter, sie braucht Frauen und Männer, die ihre Hände ineinander legen und den Herrn der Ernte um Arbeiter für seinen Weinberg bitten. Zu allen Zeiten sind in der Kirche Priester und Ordensleute erbeten und eropfert worden. Darum ist es auch in unserer heutigen modernen Zeit das Gebot, unseren Mund zu öffnen und Gott um geistliche Berufe für die Botschaft des Lebens und unseres Heiles zu bitten. Es sind junge Frauen und Männer, deren Ohren und Herzen geöffnet werden müssen, dass sie Gottes Ruf hören; es sind Menschen, die als Jünger Jesu dieser geschundenen und geplagten Welt wieder einen menschlichen Atem und ein würdevolleres Gesicht geben sollen. Wir brauchen Priester und Ordensleute, die die Menschen von heute in ihrer Bequemlichkeit stören und ihnen das Heil und das wahre Leben verkünden. (...)

Nach der Eucharistiefeier fuhren wir mit unserem Kleinbus zu dem Wohnhaus der heiligen Therese, den „Buissonnets“. Dorthin ist sie, gerade mal 4 1⁄2 Jahre alt, nach dem Tod ihrer Mutter mit ihrem Vater und den vier älteren Schwestern hingezogen. Onkel Isidor Guérin, der Bruder von Frau Martin, der in Lisieux eine Apotheke hatte, schlug Herrn Martin vor, doch mit seinen Kindern nach Lisieux zu kommen, damit man als Familie zusammenhalten und sich kümmern könne. Gerne nahm Herr Martin diesen Vorschlag an. In diesem Elternhaus lebte Therese nun 11 Jahre lang, bevor sie in den Karmeliterorden eintrat. Für sie war es „das liebliche Nest ihrer Kindheit“. Die Besichtigung dieses Wohnhauses ist immer wieder beeindruckend. Viele wertvolle Möbel – die Familie war reich – und Spielsachen sowie Kleidungsstücke kann man hier sehen. Auch Thereses Bett, ihre beiden Kommoden, Spiegel und Kamin sind Originale. Über ihrem Bett hängen ihre echten Haare, die man nach mehrmaligem Abschneiden hinter Glas arrangiert hat. Vorbei an Herrn Martins Schlafzimmer gelangt man in Thereses ursprüngliches Schlafzimmer, das voller Erinnerungsstücke ist. Von dort aus stößt man in den Garten des Hauses. Es ist schon sehr emotional, wenn man durch diesen Garten geht und sich vorstellt, dass die kleine Therese hier mit ihrem Hund Tom gespielt hat. Zwei verrostete Haken erinnern daran, dass hier eine Schaukel gehängt haben muss.

Eine wunderschöne Statue, die Therese mit ihrem Vater zeigt, erinnert an die Szene, als Therese ihren Vater um Erlaubnis bat, mit 15 Jahren in den Karmeliterorden eintreten zu dürfen. Dieser Platz lädt natürlich die Pilger zum Fotografieren ein. Inzwischen war es 12 Uhr und die verantwortliche Schwester bat uns zu gehen, denn sie müsse nun zuschließen. Nun ja, es war ja auch Zeit zum Mittagessen, also auf zur Ermitage!

Nach dem Mittagessen sah das Programm vor, die Ausstellung in der Kirche St. Jacques zu besichtigen. Diese Kirche wird in ihrer eigentlichen Funktion nicht mehr genutzt. Sie dient schon längere Jahre als Ausstellungsraum. Da sich in diesem Jahr der Beginn des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal jährt, hat man in dieser Kirche eine Ausstellung mit dem Thema „Therese und der Erste Weltkrieg“ aufgebaut. Viele Fotos, Schriftstücke, Orden, Briefe usw. erinnern an die Grauen dieser Zeit. Wichtig hier in Lisieux ist die Rolle, die Therese in dieser Zeit gespielt hat. Viele Soldaten berichten von ihren Ängsten in diesem schon schrecklichen Krieg, wie sie sich allein fühlten und wie sie voll Sorge die kleine Therese anflehten, doch zu helfen. Therese war zu diesem Zeitpunkt weder selig- noch heiliggesprochen. Aber sie war schon so sehr in Frankreich und darüber hinaus bekannt, dass sie für die Soldaten als Helferin aus der Not in Frage kam. Die Ausstellung zeigt viele Dokumentationen, Briefe von Soldaten, die beschwören, durch Thereses Hilfe den Wirren dieses Krieges entkommen zu sein. Regelrechte Pilgerzüge von Soldaten an Thereses Grab bitten um Hilfe und danken ihr.

Nach dem Besuch dieser Ausstellung fuhren wir hoch zur Basilika, wo wir den Kreuzweg beten wollten. Ein alter, renovierungsbedürftiger Kreuzweg befindet sich hinter der Basilika. Hier fehlt es wohl auch an Geldern, diesen Kreuzweg zu restaurieren. Dennoch vermittelt er ein besonderes Gefühl, wenn man hier betet. Jede Station ist mit einem Zitat von Therese versehen, das sich auf den Leidensweg Jesu bezieht. Genau hinter der Basilika war das Grab von Louis und Zélie Martin, den Eltern der heiligen Therese. Nachdem der Vatikan grünes Licht zur Seligsprechung dieses Ehepaares gab, wurde es exhumiert und in einem wunderschönen, wertvollen Schrein neu aufgebahrt. Am 19. Oktober 2008 wurden in einem nicht zu beschreibenden Fest, bei herrlichem Wetter, in Anwesenheit von über 14 000 Menschen die Eltern der heiligen Therese seliggesprochen. Der Schrein befindet sich seitdem in der Krypta der Basilika. Die ursprünglichen Gräber hinter der Basilika verweisen aber noch darauf, dass hier Louis und Zélie Martin geruht haben. Über den ehemaligen Gräbern erhebt sich die Statue von Therese, unter der steht, dass sie Eltern hatte, die würdiger des Himmels als der Erde gewesen seien. Um 18.30 Uhr dann beteten wir die Vesper und die Novene zu den seligen Eltern in der Kapelle der Ermitage und wie üblich, nach dem Abendessen, die Komplet.

Sonntag, 26. Oktober Auf den Sonntag freue ich mich besonders, denn das feierliche internationale Hochamt ist sehr beeindruckend. Aber zunächst einmal beteten wir um 7.30 Uhr die Laudes in der Kapelle der Ermitage. Nach dem Frühstück, das wir um 8 Uhr einnahmen, machten wir uns auf den Weg zur Basilika, wo uns um 9 Uhr schon Madame Ria erwartete, um uns die Basilika zu erklären. Etliche Male habe ich dieser Erklärung schon gelauscht und immer wieder ist man fasziniert von der Art und Weise, wie sie diese Basilika in Verbindung mit der heiligen Therese vorstellt. Ihre sympathische Art lässt Funken überspringen und alle sind begeistert von dieser – man möchte fast sagen – in Therese verliebte Frau. Um 10.30 Uhr nun das erwartete internationale Hochamt, an dem nicht nur Stadtbewohner aus Lisieux, sondern vor allem Pilger aus aller Welt teilnehmen. Immer gibt es eine Menge Konzelebranten, die zu Beginn vorgestellt werden. Der Basilika-Chor untermalt gekonnt die Eucharistiefeier musikalisch, man fühlt sich gut, aufgehoben, daheim. Mittagessen gab es um 12.30 Uhr. Sonntags geben sich die Schwestern besonders viel Mühe, da gibt es schon mal Kuchen als Nachtisch bei einer Tasse Kaffee.

Mittagsschläfchen war nicht drin! Um 14.15 Uhr machten wir uns fertig und fuhren nach Honfleur, und zwar erst zu der Wallfahrtskirche „Notre Dame de Grâce“, unserer Lieben Frau der Gnade, wo wir eine Marienandacht mit Novene zu den seligen Eltern hielten. Hier hat sich Therese Martin entschlossen, dem Heiligen Vater selbst die Bitte vorzutragen, mit 15 Jahren in den Karmel eintreten zu dürfen.

Gegen 16 Uhr fuhren wir in das malerische Städtchen Honfleur, besichtigten die Holzkirche St. Katharina, wo auch die heilige Therese zu finden ist, und machten einen netten Stadtbummel. Das Wetter war fantastisch, der Himmel meinte es gut mit uns. Nach der Ankunft in Lisieux gegen 18 Uhr beteten wir die Vesper in der Kapelle der Ermitage und nach dem Abendessen, das wir um 19 Uhr zu uns nahmen, beendeten wir auch diesen herrlichen Tag voller Erlebnisse dankbar mit der Komplet um 20.30 Uhr.

Montag, 27. Oktober Heute war wieder um 7.20 Uhr Laudes mit den Karmelschwestern. Dann, nach dem Frühstück, machten wir uns gegen 8.45 Uhr auf den Weg nach Alençon. Pfarrer Leist fuhr gekonnt den Kleinbus über die Autobahn zu der Geburtsstadt der kleinen Therese. In der Basilika „Notre Dame“ sollten wir um 10 Uhr Eucharistie feiern. Aber, oh weh, da ist wohl etwas schief gelaufen. Keiner wusste Bescheid. Was tun? Zum Glück hat da jemand die Kirche geputzt und dieser nette Mann führte mich ins Presbyterium. Dort erzählte ich meinen Kummer und die Mitarbeiterin setzte sofort alle Hebel in Bewegung, um mir zu helfen. Sie rief eine der Küsterinnen an, die sofort herbei eilte, um die Sakristei aufzusperren und alles vorzubereiten. Inzwischen sahen sich alle anderen die Basilika an, das Taufbecken, in dem Therese getauft wurde, ihr Taufkleid, das hinter Glas zu sehen ist, ihre Reliquien und die ihrer Eltern. Mit einer halben Stunde Verspätung konnten wir nun endlich mit unserer Messfeier beginnen. Andächtig saßen wir um den Altar und lauschten gespannt der Predigt von Pfarrer Leist. Das Gebet ist die Zeit Gottes Liebe Schwestern und Brüder! Therese lebte aus der Kraft des Geheimnisses Gottes In ihrer Biografie berichtet die heilige Edith Stein von einer schlichten Begebenheit, die ihr Leben verändert hat. Eines Tages betritt sie den Frankfurter Dom und beobachtet dort eine einfache Frau, die mit ihrem Korb vom Markt kommt, sich in eine Bank kniet und still betet. Edith Stein prägt sich dieses Bild tief ein und es wird sie auf ihrem künftigen Glaubensweg begleiten. „Das war für mich etwas ganz Neues“, schreibt sie. Aber nichts weiter geschieht zwischen diesen Frauen, kein Gespräch, keine persönliche Begegnung. Und es heißt weiter: „In die Synagogen und in die protestantischen Kirchen, die ich besucht hatte, ging man nur zum Gottesdienst. Hier aber kam jemand mitten aus den Werktagsgeschäften in die menschenleere Kirche wie zu einem vertrauten Gespräch. Das habe ich nie vergessen können.“ Die junge Edith entdeckt in der Beterin eine große lebendige Hoffnung und ein starkes Vertrauen auf Gott. Sie spürt: Wer sich Gott zuwendet, der vertraut ihm, der weiß aber auch von der Größe und dem Geheimnis seines Gegenüber. Damit berührt sie einen zutiefst menschlichen Lebensnerv, denn jeder von uns lebt aus einer Hoffnung heraus und aus einem Vertrauen, die uns unser Leben, ja gerade unser christliches Leben, tragen und ausfüllen. Die heilige Therese von Lisieux, deren Leben für die spätere große Karmelitin Edith Stein vorbild- und beispielhaft gewesen ist, lebte aus der Kraft des Geheimnisses Gottes, dem sie sich im Gebet und in der Anbetung näherte. Im liebenden Schweigen Gott das Herz öffnen Das Gebet war für sie die Zeit Gottes, weil Gott gerade in dieser Zeit, in den Augenblicken des Gebetes, dem Menschen besonders nahe ist und er an uns Menschen wirkt. Das Gebet ist für Therese etwas Großes gewesen. Es waren für sie jene Momente, in denen sie über diese vergängliche und über diese gebrochene Welt hinausgehen konnte.

Sie wusste sich eingebunden in die unendliche Gebetsgemeinschaft der Kirche und aller Christen, die Tag für Tag und Stunde um Stunde vor Gott stehen und sich im betenden Gespräch verbinden. Therese hat die gleiche Erfahrung gemacht wie die Beter der Psalmen sie immer wieder gemacht haben, nämlich dass sich der betende Mensch über diese Welt erhebt und spürt, wie sich das eigene Herz weitet und wie es sich öffnet für die Tiefe und die Unendlichkeit Gottes. Therese betete gerne in der Gemeinschaft ihrer Mitschwestern das Chorgebet und freute sich, wenn sie vorbeten durfte. Dennoch aber wusste sie auch um den Wert des persönlichen Gebetes in ihrer Klosterzelle, während ihrer Arbeit, das kurze Herzensgebet während des Tages und in der Freizeit und vor allem vor dem ausgesetzten Allerheiligsten in der Kirche. Dieses stille Gebet liebte sie besonders, es war für sie das Verweilen vor Gott. Wie schön sagte sie doch: „Ich sage ihm nichts; ich liebe ihn.“ Im liebenden Schweigen und im stillen Schauen, in der Anschauung des eucharistischen Herrn öffnete sie ihr Herz für den Geliebten, der ihr wiederum seine ganze Liebe schenkte, damit sie diese an ihre Mitschwestern und an die Welt weiterschenken konnte und immer noch kann. Ist das nicht ein wunderbares Spiel mit göttlichen Rollen? Therese brauchte diese Zeit, es war der Atem für ihre Seele und ihr Herz. Deswegen sagte sie auch: „Das Gebet ist die Zeit Gottes; man darf sie ihm nicht wegnehmen.“ (...)

Nach der Eucharistiefeier machten wir bei sehr schönem Wetter einen kurzen Spaziergang durch die Stadt, bevor wir uns in einem Supermarkt mit Esswaren eindeckten und ein schmackhaftes Picknick im Park in Alençon zu uns nahmen, typisch französisch: Flûtes und Käse, es fehlte nur noch der Rotwein ... Kurz vor 14 Uhr fanden wir uns vor dem Geburtshaus der heiligen Therese ein, das wir besichtigen wollten. Eine überaus nette und engagierte Schwester empfing uns und erklärte uns das Haus, das inzwischen zu einem Museum umgebaut wurde. Man machte uns vertraut mit chronologischen Daten, mit Fotos aus alter Zeit, mit Gegenständen der Familie Martin, mit einigen ihrer Kleidungsstücken, Spielsachen ... Ein halbstündiger Film mit deutschem Untertitel, der auf der Korrespondenz von Frau Martin aufbaut, illustriert das Leben der Familie in Alençon. Beeindruckend war nun die eigentliche Besichtigung des Geburtshauses. Wir wurden in die Küche geführt, ins Esszimmer, ins Büro des Ehepaares, dort, wo Herr Martin an seinen Uhren arbeitete und Frau Martin die Arbeiterinnen empfing.

In Erinnerung bleibt wohl am meisten Thereses nachgeahmte Stimme, als sie als kleines Kind die Treppe hinunter stieg: maman ... Thérèse, ...maman ... Thérèse, ...maman ...Thérèse ... Im oberen Stockwerk befanden sich das Schlafzimmer von Marie und Pauline, ein Gästezimmer und das Schlafzimmer der Eltern. Hier sieht man das Bett, in dem Therese geboren wurde und Frau Martin starb. Nachdem Therese von Lisieux immer mehr verehrt wurde und immer mehr Pilger nach Lisieux und Alençon kamen, hat man eine kleine Kapelle neben das Geburtshaus gebaut. Hier haben wir den 4. Tag der Novene gebetet. Nach der Besichtigung des Geburtshauses machten wir uns auf den Weg nach Semallé. Dort kann man immer noch das Wohnhaus von Thereses Amme, Frau Rose Taillé, sehen. Therese hat dort ihr erstes Lebensjahr verbracht, da ihre Mutter sie wegen des schon vorhandenen Brustkrebses nicht stillen konnte. Zurück in Lisieux beendeten wir diesen wunderschönen Tag bei herrlichem Wetter mit der Vesper und nach dem Abendessen mit der Komplet.

Dienstag, 28. Oktober Auch der heutige Tag begann gewohnheitsgemäß mit der Laudes in der Karmelkirche um 7.20 Uhr. Nach dem Frühstück feierten wir um 10 Uhr in der Krypta der Basilika die Hl. Messe. In dieser Krypta haben die Schwestern vom Karmel während der Bombenangriffe 1944 unter der Leitung von Schwester Pauline Zuflucht gesucht. Dort steht auch der wunderschöne neue Schrein der im Oktober 2008 selig gesprochenen Eltern der heiligen Therese, Louis und Zélie Martin. Schwester Silvana, die schon jahrelang Küsterinnendienst in der Sakristei der Krypta versieht, hat alles hergerichtet und uns vorgeschlagen, entgegen der Gewohnheit der letzten Jahre, die Hl. Messe in der Herz-Jesu-Kapelle zu feiern, ein guter Vorschlag, denn wir waren ja nur 9 Personen, da war die Kapelle anheimelnd. Außerdem, so meinte sie, sei es für sie eine Ehre, wenn sie mit uns Eucharistie feiern könnte. Warum denn nicht, wie freuen uns über jeden, der mit uns feiern möchte. Schade, dass sie die Predigt nicht verstand, denn sie ist der deutschen Sprache nicht mächtig. Pfarrer Leist hat natürlich den heiligen Ort, dort, wo wir uns befanden, zum Anlass genommen, die seligen Eltern der heiligen Therese besonders in den Vordergrund zu stellen. Zeugen der ehelichen Liebe Die seligen Eltern sind Beispiel für ein gelungenes Leben Liebe Schwestern und Brüder, liebe Pilgerinnen und Pilger, man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass sich die Ehe in unserer heutigen Zeit überlebt hat. Immer weniger junge Menschen trauen sich eine kirchliche Ehe zu und treten miteinander an den Traualtar, um sie sakramental zu schließen. Blickt man auf die aktuellen statistischen Zahlen der Trennungen und Scheidungen, erschrickt man. Bindungsloses Zusammenleben, Wohngemeinschaften und Ehen auf Probe boomen und ersetzen scheinbar Ehe und Familie. Die Kultur des menschlichen Zusammenlebens und die zwischenmenschliche Verbindlichkeit verändern sich auf dramatische Weise und verändern damit auch den Menschen selber. Diese neue Kultur von menschlicher Beziehung hinterlässt auch im Menschen ihre Spuren und Verwundungen. Dort, wo Kinder dazugehören, erhöht und verschärft sich die Problematik. Der verstorbene Papst Johannes Paul II. hat schon vor vielen Jahren eindrucksvoll davor gewarnt, dass man nicht auf Probe leben und lieben kann. Hierzu ist der Mensch von seinem Schöpfungsgedanken nämlich nicht angelegt. Deswegen braucht es Vorbilder und Beispiele, die uns mit ihrem eigenen Lebensentwurf und dem eigenen Leben belegen können, wie wir ein geglücktes und gelungenes Leben führen können. Die seligen Eltern der heiligen Therese, die uns geschenkt sind, sind uns hierfür ein lebendiges Beispiel.

Liebe als Grundlage zwischenmenschlichen Lebens Louis und Zélie Martin haben sehr früh verstanden, welche Kraft ihre eheliche Liebe hat, wie sie an die ihnen von Gott geschenkte Liebe geglaubt haben. Und nur aus der Gewissheit der göttlichen Liebe und aus der Dynamik ihrer Liebe zueinander konnten sie sich auch mit ganzer Liebe der Erziehung ihrer Kinder widmen. Sie haben sich nicht nur damit begnügt, ihnen das Leben zu schenken und sie groß zu ziehen, sondern sie wollten ihnen den ganzen Wert des Lebens vermitteln, indem sie sie den christlichen Glauben überzeugend lehrten und ihn ihnen vorlebten. Sie wussten ihre Kinder als Geschenk aus Gottes Hand und wollten sie deswegen für Gott offen halten. Kein Wunder, wenn Therese einmal über ihre Eltern schreibt: „Ich hatte nur gute Beispiele um mich, ich wollte sie natürlich nachahmen.“ Ihre Schwester Pauline berichtet später, als sie Oberin im Karmel war, über ihre Eltern: „Meine Eltern schienen mir immer wie Heilige. Wir waren voller Respekt und Bewunderung ihnen gegenüber.“ (...) Würde der Ehe hat ihre Wurzeln im Geheimnis der Liebe Die seligen Eltern Zélie und Louis, die uns hier an diesem Ort ganz nahe sind, sind Zeugen ehelicher Liebe. Sie wollen uns heute von der unvergleichlichen Größe der ehelichen Liebe erzählen und uns ermutigen, die einmalige Würde der Ehe wieder zu entdecken. Diese hat ihre unerschöpflichen Wurzeln im Geheimnis der Liebe, das seit Menschheitsbeginn, als wir als Ebenbild Gottes geschaffen worden sind, sowohl im Mann als auch in der Frau gründet. Zu diesen seligen Eltern dürfen aufschauen und von ihnen können wir lernen, ja, mehr noch, zu ihnen können und dürfen wir beten und uns ihnen in unseren Sorgen und Nöten, in unserem Dank und in unseren Bitten anvertrauen. Denn wer kennt die Höhen und Tiefen, die Freude und den Jubel, das Frohlocken und die Schreie eines Ehe- und Familienlebens besser als diese beiden? (...)

Nach der Eucharistiefeier beteten wir an dem Schrein die Novene zu den seligen Eltern. Da ich an der Feier der Seligsprechung 2008 teilnehmen durfte, ist es für immer wieder sehr bewegend, wenn ich an diesem Schrein stehe, er ist für mich wie ein Magnet.

Im Anschluss an das Mittagessen, das wir um 12.15 Uhr einnahmen, machten wir uns auf den Weg nach DeauvilleTrouville, dem berühmten Seebad mit sehr schönem Strand und Promenade. In Trouville hatte die Familie Martin ein Sommerhaus in der rue Cavé Nr. 27. Wenn wir im Sommer hier sind, nutzen wir natürlich die Möglichkeit zum Baden, im Herbst ist der Atlantik, wie man sich denken kann, zu kühl. Trotzdem konnten wir am Strand spazieren gehen, Muscheln sammeln und die frische Meeresluft genießen, denn es war herrliches Wetter, kein Wölkchen am Himmel. Ein Spaziergang am Fischmarkt vorbei ermöglichte einen Eindruck in die Vielfältigkeit des Angebotes, das das Meer parat hat.

Gegen 17.45 Uhr fuhren wir wieder nach Lisieux zurück, denn wir wollten um 18.30 Uhr in der Kapelle der Ermitage die Vesper beten. Nach dem Abendessen schloss die Komplet wiederum diesen schönen und erlebnisreichen Tag ab.

Mittwoch, 29. Oktober Heute ist unser Abreisetag! Wie schnell doch diese Tage verflogen sind! Wochenlang freut man sich auf eine solche Wallfahrt und im Handumdrehen muss man schon wieder Koffer packen. Um 7.20 Uhr geht es zum letzten Mal in die Laudes mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel. Anschließend, um 8 Uhr, genossen wir zum letzten Mal das französische Frühstück mit leckerem Weißbrot. Um 9 Uhr nahmen wir am Gottesdienst mit den Karmelitinnen in der Kirche des Karmel teil, Pfarrer Leist konzelebrierte. Ein letzter Blick in die Seitenkapelle der Karmelkirche, wo der Schrein der heiligen Therese mit ihren Reliquien steht. „Au revoir, Thérèse! A la prochaine!“ – Tschüss, bis zum nächsten Mal! Denn wenn Therese will, dass wir wieder kommen, dann werden wir wieder kommen. Auch hier fällt der Abschied schwer. Wie viele Male standen wir schon hier, mit unseren Sorgen und Gedanken im Gepäck, mit unseren Anliegen für uns und für die Menschen, die tagtäglich hierher kommen. Wie viele Male baten wir Therese um ihre Hilfe, um den von ihr versprochenen Rosenregen! Apropos Rosen; die Seitenkapelle ist mit Rosen überhäuft, es duftet Therese zu Ehren, die Menschen stellen hier aus Dankbarkeit und aus Not und Verzweiflung Rosen hin, in der Hoffnung auf Hilfe – und Therese hilft. Als wir nun unser Gepäck in unserem Kleinbus verstaut und uns von diesen heiligen Stätten vorerst verabschiedet hatten, mussten wir an unser leibliches Wohl denken. Wir holten in einer Bäckerei, wo wir tags zuvor Sandwiches bestellt hatten, unsere Verpflegung ab und los ging es Richtung Autobahn. Es war inzwischen 10 Uhr! Gegen 12.30 Uhr kamen wir in Reims an, dort wollten wir die Kathedrale Notre Dame besichtigen. Alle waren von diesem mächtigen gotischen Bau aus dem 13. Jahrhundert begeistert. Er gilt als nationales Heiligtum, ist Taufstätte des Frankenkönigs Chlodwig und der Ort, an dem zahlreiche Könige Frankreichs gekrönt worden sind. Die Kathedrale gilt als Symbol des Vaterlandes während des Ersten Weltkrieges und ist Ort der deutschfranzösischen Versöhnung am 8. Juli 1962. Seit 1991 gehört sie zum Weltkulturerbe. Sie ist mit rund einer Million Besuchern im Jahr einer der Hauptanziehungspunkte der Champagne.

Der Bau hat eine innere Länge von 138 m, eine Höhe von 38 m. Die Breite des Hauptschiffs beträgt 12,50 m. Die Türme sind 81 m hoch. Die Westfassade ist mit Reliefs und Figuren! ausgeschmückt. Das Hauptportal ist der Gottesmutter gewidmet. 1870 Hat Papst Pius IX. die Kathedrale zur „Basilika minor“ ernannt. Während des Ersten Weltkrieges wurde die Kathedrale schwer beschädigt. Die Kapelle direkt in der Mitte des Chores wurde 1974 durch Marc Chagall mit neuen Fenstern ausgestattet. Ganz in der Nähe befindet sich eine Kapelle, die der heiligen Therese gewidmet ist, man sieht, sie wird auch hier verehrt. Daneben hebt man Frankreichs erste Nationalheilige, die Jungfrau von Orléans, Jeanne d’Arc, hervor und ehrt sie in einer Seitenkapelle.!

Der berühmte lächelnde Engel von Reims, das Wahrzeichen der Kathedrale, hat die Zerstörung der Kriege überlebt. Das war für das französische Volk ein gutes Omen und machte Mut zum Wiederaufbau. Die Kathedrale ist zu einem Symbol deutsch-französischer Beziehungen geworden. Vor dem Hintergrund der Zerstörung im Ersten Weltkrieg war sie am 8. Juli 1962 Ort einer Messe, an der Staatspräsident Charles de Gaulle und Bundeskanzler Konrad Adenauer während eines Staatsbesuches teilnahmen. Von dieser Begegnung berichtet eine in den Boden eingelassene Tafel vor dem Hauptportal in sowohl französischer als auch deutscher Sprache – ein Mahnmal des Friedens. Anlässlich des 50. Jubiläums dieser Messe fand dort am 8. Juli 2012 eine Begegnung von Staatspräsident François Hollande und Bundeskanzlerin Merkel statt.

Gegen 13.30 Uhr fuhren wir wieder auf die A4 Richtung Verdun, wo wir gegen 16 Uhr unsere letzte Rast auf dem Rastplatz „St. Nicolas – Sud“ hatten. Über Metz – Thionville – Merzig kamen wir zwar müde, aber voller positiver Eindrücke in St. Wendel gegen 20.15 Uhr an.

Diese Wallfahrt werden wir alle nicht so schnell vergessen. Wir haben uns in Lisieux sehr wohl gefühlt, haben viel gelacht, gut gegessen, viel gebetet und waren eine frohe und lebensbejahende Gemeinschaft, die vom Geist der Spiritualität der heiligen Therese geprägt war. Unsere Herzen sind „aufgetankt“ und profitieren in den nächsten Wochen und Monaten von den Eindrücken und Erfahrungen an diesem zweitgrößten Wallfahrtsort Frankreichs. Mögen die heilige Therese und ihre seligen Eltern uns und alle, die sich mit ihnen verbunden fühlen, auf dem Lebensweg begleiten! Mögen sie uns dann vor allem beistehen, wenn wir an unser Limit geraten, wenn wir uns an die Wand gefahren fühlen, wenn wir im Moment allein dastehen und es an Menschlichem um uns herum fehlt. Mögen wir hingegen aber auch dankbar sein für jede Unterstützung, für jegliche Hilfe, die man erkennt, wenn man Augen und Ohren aufmacht, dankbar dafür, dass man an diesen heiligen Orten sein kann, um einfach n u r „aufzusaugen“! DANKE an die Organisation, dass ich dabei sein durfte! DANKE, THERESE! Ilona

Anmerkung: Wenn Sie die kompletten Predigten nachlesen wollen, schauen Sie bitte unter: Klaus Leist. Leben aus dem Geheimnis Gottes. Spirituelles Lesebuch zur Lebensermutigung im Geist der heiligen Theresia von Lisieux und ihrer seligen Eltern Louis und Zélie Martin. Trier 2011. ISBN: 978-3-79021667-7.