präsentiert
Mein Weg nach Olympia
© if... Productions/ Hajo Schomerus
Ein Dokumentarfilm von NIKO VON GLASOW mit NIKO VON GLASOW, MATT STUTZMAN, GREG POLYCHRONIDIS, CHRISTIANE REPPE, AIDA HUSIC DAHLEN, SITZVOLLEYBALL-‐TEAM RUANDA u. v. a. Ein Film der if... Productions in Koproduktion mit Palladio Film und Senator Film Produktion in Koproduktion mit WDR, NDR, SWR
Kinostart: 17. Oktober 2013 PRESSEHEFT
KONTAKT: Vivi Eickelberg Hugo Tempelman Stiftung Oranienburger Str. 50 10117 Berlin Tel: 030 440 331 33 Mobil: 0172 390 73 72 vivi@hugo-‐tempelman-‐stiftung.de VERTRIEB: Central Film Verleih GmbH Keithstr. 2-‐4 10787 Berlin Tel: 030 / 214922-‐00
MEIN WEG NACH OLYMPIA 2
INHALTSVERZEICHNIS PROTAGONISTEN & STAB TECHNISCHE DATEN KURZINHALT & PRESSENOTIZ LANGINHALT INTERVIEWS Niko von Glasow (Regisseur) Ingo Fliess (Produzent)
BIOGRAFIEN / PROTAGONISTEN BIOGRAFIEN / STAB
MEIN WEG NACH OLYMPIA 3
PROTAGONISTEN NIKO VON GLASOW MATT STUTZMAN GREG POLYCHRONIDIS CHRISTIANE REPPE AIDA HUSIC DAHLEN SITZVOLLEYBALL-‐TEAM RUANDA und MANDEL VON GLASOW FAMILIE STUTZMAN FAMILIE POLYCHRONIDIS PHILLIP SEMECHIN JAN BERGERSEN FAMILIE DAHLEN STAB Buch & Regie Produzent Koproduzenten
NIKO VON GLASOW INGO FLIESS, if... Productions NIKO VON GLASOW, FLORIAN CASPAR SEIBEL, HELGE SASSE JUTTA KRUG (WDR), BARBARA DENZ (NDR), GUDRUN HANKE-‐EL GHOMRI (SWR) ANDREW EMERSON, MECHTHILD BARTH HAJO SCHOMERUS BERNHARD REDDIG, MECHTHILD BARTH SHINYA KITAMURA, KIRSTIE HOWELL AIMEE TASKER FALK MÖLLER, STEPHAN COLLI, ANDRÈ ZIMMERMANN, SHINYA KITAMURA MORITZ PETERS ANDREAS SCHELLENBERG FABIAN SPANG JOHANNES SCHUBERT RALF MARTENS, SABA BUSSMANN
Redaktion Dramaturgie Kamera Montage Tonmeister Line Producer London Ton-‐Postproduktion
Colorist Digitale Bildbearbeitung Post-‐Produktionskoordinator Produktionsassistent Grafik Gefördert durch: Film-‐ und Medienstiftung NRW, BKM, Deutscher Filmförderfonds und FFA.
MEIN WEG NACH OLYMPIA 4
TECHNISCHE DATEN Herstellungsland/ -‐jahr: Länge: Bildformat: Tonformat: Drehbeginn: Drehende: Drehorte:
Deutschland/ 2012 85 Min. DCP, Farbe, 1:1,85 Dolby Digital Juli 2012 Oktober 2012 Fairfield/Illinois, Oslo, Athen, Tokyo, Berlin, Köln, Bury St. Edmunds, London
MEIN WEG NACH OLYMPIA 5
KURZINHALT Ƿ dz Ȃ davon ist der kurzarmige Regisseur Niko von Glasow überzeugt, seit er als Kind gezwungen wurde, Sport zu treiben. Besonders kritisch denkt der Regisseur über die Paralympischen Spiele. Beste Voraussetzungen also, um einigen Athleten der Paralympics auf den Zahn zu fühlen: Warum zum Teufel quälen die ihren Körper für eine Veranstaltung, die wahrscheinlich doch nur dazu dient, das schlechte Gewissen der Gesellschaft zu beruhigen? Während der Paralympics in London und auf seiner Reise rund um den Globus trifft Niko den armlosen, waffenvernarrten Bogenschützen Matt Stutzman, der mit seinem Bogen auf die Jagd geht. In Berlin backt Niko mit der einbeinigen Schwimmerin Christiane Reppe Pfannkuchen und lässt sich von ihr beruhigen, dass nicht jeder Mensch Sport machen muss. Die ruandesische Sitzvolleyball-‐Mannschaft hingegen sieht Sport als Möglichkeit der Versöhnung in ihrem Land an. Aida Dahlen aus Norwegen haut Niko die Tischtennisbälle um die Ohren, und mit dem gelähmten Boccia-‐Spieler Greg Polychronidis, der zu den Besten der Welt gehört, versucht der inzwischen angefixte Regisseur im antiken Olympia-‐Stadion Boccia zu spielen Ȃ was strengstens verboten ist. Werden die beiden festgenommen? PRESSENOTIZ Der preisgekrönte Regisseur Niko von Glasow (u. a. Deutscher Filmpreis 2009 für den ǯ Ȍ ò geboren. Sein Verständnis vom Leben mit einer Behinderung prädestinierte ihn für einen Film über die Paralympics 2012 in London. Es gab nur einen kleinen Haken Ȃ Leistungssport ist von Glasow höchst suspekt. Ein Glücksfall wie sich im Laufe der umfangreichen Dreharbeiten in den USA, Japan, Norwegen, Griechenland, Ruanda und Deutschland herausstellte. Durch seinen liebenswerten, unverbrauchten Umgang mit den Sportlern und das kritische Hinterfragen ihrer Arbeit entstand ein vielschichtiges, sehr persönliches und wunderbar heiteres Porträt von Spitzensportlern, die allen körperlichen Grenzen zum Trotz Höchstleistungen erbringen. Ingo Fliess produzierte MEIN WEG NACH OLYMPIA mit if... Productions in Koproduktion mit Niko von Glasow und Florian Caspar Seibel, Palladio Films, sowie Helge Sasse, Senator Film Produktion GmbH und in Koproduktion mit WDR, SWR und NDR. Der Film wurde von der Film-‐ und Medienstiftung NRW, BKM, dem DFFF und der FFA gefördert. INTERVIEW MIT REGISSEUR NIKO VON GLASOW GEFÜHRT VON THOMAS HAHN Warum wollten Sie einen Film über die Paralympics machen? MEIN WEG NACH OLYMPIA 6
Ich wollte keinen Film über die Paralympics machen. Ich mag Sport eigentlich überhaupt nicht. Aber dann haben ganz viele andere gesagt, dass ich was über die Paralympics machen soll. Mein Gemüsehändler in London, wo ich wohne, hat gesagt, ich soll was über die Paralympics machen. Selbst der Müllmann hat das gesagt. Schließlich auch der WDR. Da habe ich gesagt, gut, mache ich eben einen Film über die Paralympics. Dann habe ich die ersten Sportler getroffen. Und dann ist mein Interesse richtig entflammt. Warum mögen Sie keinen Sport? Ich bin ja mit kurzen Armen auf die Welt gekommen, weil meine Mutter in der ersten oder zweiten Schwangerschaftswoche Contergan genommen hat. Und es ging dann schon sehr früh los, dass ich Fingergymnastik machen sollte. Ich weiß noch, wie ich auf dem Fensterbrett meines Kinderzimmers saß und meine Mutter mit mir die Fingergymnastik machte. Aber dafür habe ich mich nicht sehr interessiert. Sondern ich habe mich für die sehr dicken Tauben interessiert, die gegenüber auf einem Baum saßen. Sehr schöne dicke Tauben. Das erklärt noch nicht, warum Sie keinen Sport mögen. Ich musste in der Schule sehr viel schwimmen und turnen. Alleine der Geruch in den Hallen. Nicht schön. Und dann hatte ich so eine Gymnastik-‐Lehrerin, die ich als wiedergeborene KZ-‐ Aufseherin entdeckt habe. Die hat mich immer auf so stinkende Plastikbälle gelegt, und dann musste ich immer zehn Mal mit dem Oberkörper hochkommen. Was, wenn ich mit dem Oberkörper oben war, anstrengend war, und wenn ich mit der Nase auf diesem stinkenden Ball war, auch grässlich war. Und dann haben Sie sich zu dem Paralympics-‐Film breit schlagen lassen, haben Ihre Sportler getroffen und waren plötzlich doch interessiert. Wie kam´s? Ich bin ja Buddhist, schon seit ich fünf, sechs Jahre alt bin, und ich interessiere mich sehr dafür, was man mit dem Geist tun kann. Aber der Buddhismus hat noch eine andere Seite: Nämlich, was kann man mit dem Körper für den Geist tun? Und um diesen Teil kümmere ich mich sehr selten, leider. Ich meditiere zwar, aber ich mache nichts Körperliches, um an meinen Geist ranzukommen. Die Sportler machen was sehr Körperliches und manipulieren damit auch ihren Geist. Und diese Beziehung Geist zu Körper, Körper zu Geist hat mich total interessiert. Die Sportler haben eine körperliche Ausdrucksform, die nicht unbedingt intellektuell ist, aber die finde ich beeindruckend. Wie haben Sie die Auswahl der Sportler getroffen? Ich habe viele Vorschläge gekriegt, dazu kamen Vorschläge von ganz vielen Freunden. Dann habe ich mir die YouTube-‐Sachen angeschaut. Ich habe sehr auf die Augen der Sportler geachtet, auf die Lebendigkeit, auf den Ausdruck. Menschlicher Ausdruck. Dann bin ich meinem Instinkt gefolgt. Das kann man nicht so richtig beschreiben, warum man sich für den einen Menschen entscheidet und für den anderen nicht. Was ist die Erkenntnis nach den Begegnungen? Ich habe ganz tolle und wichtige Erkenntnisse auch für mich privat gefunden. Einmal, dass Sport doch eine gute Idee ist. Auch für mich. Aber Sport, der für mich angepasst ist. Ich könnte zum Beispiel nicht Fußball spielen, ich habe Angst vorm Ball. Aber Boccia spielen mit einem Freund, MEIN WEG NACH OLYMPIA 7
das macht Spaß. Und das ist auch eine Art meditativer Sport, der mir liegt. Ich habe für mich rausgefunden, dass man den Sport finden muss, der zu einem passt. Und sonst? Am Anfang habe ich gedacht, die Paralympics sind eine große Feel-‐good-‐Show für die Nichtbehinderten, damit die sagen können, dass sie auch mal was für die Behinderten gemacht haben. Sozusagen die arme Version der Olympischen Spiele. Aber ich habe für mich erfahren, das ist gar nicht so. Für mich waren die Paralympics die wahrhaftigere Veranstaltung, die den olympischen Gedanken viel stärker getragen hat als die Olympischen Spiele. Viel menschlicher, viel mehr Spaß. Und was haben Sie von Ihren Sportlern mitgenommen? Freundschaft und Zuneigung. Ich fühle mich mit ihnen verbunden. Das sind Leute, die niemals aufgeben. Resignation widerspricht eigentlich der Natur. Frustration, Resignation und Depression sind völlig überflüssig. Gib nicht auf, auch wenn es mal schief geht. Diese Botschaft vermitteln sie, und das ist unheimlich toll. Dabei reden die Sportler gar nicht darüber. Das ist eben das Tolle. Die vermitteln diese Botschaft ohne Worte. Das kann ich nicht. Ich kann verbal was vermitteln, mit meinen Bildern und meinen Filmen. Aber mit meinem Körper kann ich überhaupt nichts vermitteln. Haben die Sportler Sie sofort akzeptiert? Sie kamen schließlich aus einer ganz anderen Welt zu ihnen. Am Anfang waren sie schon misstrauisch, weil ich ja sehr gerade auf die Seele der Menschen zugehe. Sportler sind doch sehr körperlich orientierte Menschen. Da war es manchmal schwieriger als bei anderen Menschen, tiefer in die Psychologie einzusteigen. Aber bei Interviews versuche ich, meine Verletzlichkeit sofort zuzugeben und fordere damit meinen Interviewpartner dazu auf, das auch zu tun. Wenn man selber seine Verletzlichkeit zugibt, dann reagieren die Menschen meistens sehr schön darauf. Weil sie merken, dass ich genauso auf der Suche nach Anerkennung und Liebe bin wie sie. Gab es einen Punkt, an dem die Stimmung in den Gesprächen trotzdem hätte umkippen können? Es gab mehrere Situationen, in denen es schwierig wurde. Vor allem während der Paralympics, bei denen die Sportler sich natürlich auf den Wettkampf konzentrieren mussten. Da haben auch die Trainer interveniert, dass ich nicht zu viele Fragen stelle, die unter die Haut gehen. Denn das wäre natürlich verheerend, wenn der Sportler während des Wettkampfs über seine Probleme nachdenkt. Das habe ich respektiert. Deshalb war es mir auch wichtig, die Sportler vor den Paralympics kennen zu lernen, mit einem gewissen Abstand zu den Spielen, so dass ich sie nicht von ihrem eigentlichen Ziel ablenke. Die Sportler waren bei den Paralympics anders als im wirklichen Leben? Sie waren im Grunde so wie Schauspieler, die in der Garderobe ganz anders sind als dann auf der Bühne. Wenn die Sportler in die Halle gehen, verändern sie sich nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Es geht ja beim Sport Ȃ auch das habe ich gelernt Ȃ unheimlich um Fokussierung. MEIN WEG NACH OLYMPIA 8
Wenn die Sportler in die Halle gehen, ist es total wichtig, dass sie Jetzt sind, also gegenwärtig. Das ist ähnlich wie bei Schauspielern. Wie bei allen Künstlern eigentlich. Die große Begabung der Sportler ist es, dass sie Jetzt sein können. Nicht in der Zukunft, nicht in der Vergangenheit, sondern jetzt. Und dann kannst du sportlich unheimlich was leisten. Hätten Sie als Regisseur auch gerne so etwas wie Paralympics, bei denen Sie auf einer Bühne Ihr Können zeigen können wie die Sportler in London? Natürlich. Ich meine, ich bin jetzt mit zwei Filmen auf der Berlinale. Und die Berlinale ist so ähnlich wie die Paralympics, nur eben fürs Filmemachen. Ich glaube, es geht den Sportlern um dasselbe wie mir, nämlich um öffentliche Sichtbarkeit. Dass man nicht als Behinderter dasteht, sondern als Sportler, und in meinem Fall als Regisseur. Dass man seinen Wert nicht erlangt durch seine Behinderung. Dass die Leute nicht sagen: Guck mal da drüben geht einer mit kurzen Armen. Sondern dass die Leute sagen, guck mal, da drüben geht einer, der ist ein richtig guter Regisseur. Darum geht´s. Haben Sie noch eine Gemeinsamkeit mit den Sportlern gefunden? Ich habe eine unheimlich gute Familie. Meine Frau, meine Kinder, von denen ich wirklich sehr geliebt werde. Und die Sportler hatten das auch alle. Die hatten alle unheimlich viel private Liebe. Uns allen, den Sportlern und mir, geht es um die öffentliche Anerkennung. Aber ich glaube, wir könnten diese öffentliche Anerkennung nicht erlangen, wenn wir nicht die Rückendeckung unserer Freunde und Familien hätten. Das hat mich auch sehr beeindruckt, dass alle meine Sportler von so einer Kerngruppe so unglaublich geliebt wurden. Das ist nicht normal. Manche haben überhaupt niemanden. Es braucht viel Mut dazu, sich auszuziehen, die ganze Unvollkommenheit des Körpers zur Schau zu stellen und dann zum Beispiel mit einem Bein zu schwimmen oder mit einem Arm Tischtennis zu spielen, nicht wahr? Ich glaube ja. Ich habe zum Beispiel als Kind ein Cape getragen, damit man meine Arme nicht Ǥ
ǯ
ǡ ǡ
nackt ausgezogen habe. Das war total wichtig für mich, um zu zeigen, das bin ich, so ist es, und um das anzuerkennen. Und die Sportler müssen ja auch zeigen, wie sie sind. In dieser Ehrlichkeit überwinden sie im Grunde schon ihre Behinderung. Du musst dich anerkennen als das, was du bist, und dann bist du schon ein ganzes Stück weiter.
MEIN WEG NACH OLYMPIA 9
INTERVIEW MIT PRODUZENT INGO FLIESS GEFÜHRT VON DORIS BANDHOLD Wer hat den Anstoß für den Film gegeben? Die WDR-‐Dokumentarfilm-‐Redakteurin Jutta Krug, mit der Niko schon bei seinem Ú ǯ Ǥ
nach einem interessanten Regisseur für einen Dokumentarfilm über die Paralympics angesprochen, weil er durch seine eigene Behinderung für die Aufgabe prädestiniert schien. Wie sich dann herausstellte, war dies gar nicht der Fall. Zum damaligen Zeitpunkt verabscheute Niko Sport. Gleichzeitig ergab sich daraus aber eine besonders spannende Komponente, die allerdings erforderte, dass Niko selbst Teil des Films wurde und seine Geschichte ebenfalls mit einbringt. MEIN WEG NACH OLYMPIA ist Ihre erste Zusammenarbeit mit Niko von Glasow. Wie kam es dazu? Ich kenne Niko schon seit vielen Jahren, seit meiner Zeit beim Verlag der Autoren. Da ich mich mit if... Productions besonders auf den Autoren-‐Dokumentarfilm spezialisiert habe, ist er mit dem Projekt zu mir gekommen. Ich musste nicht lange überlegen, weil ich die Idee so überzeugend und spannend fand. Für meine Entscheidung war allerdings auch maßgebend, dass er bereit war, selbst einer der Protagonisten des Films zu sein. Und das war auch Niko wichtig. Was verstehen Sie unter dem Begriff Autoren-‐Dokumentarfilm? Es gibt mittlerweile so viele nonfiktionale Formate wie noch nie. Das besondere am Autoren-‐ Dokumentarfilm ist, dass er eine ganz persönliche Handschrift hat und ein Thema in seiner ganzen Tiefe ausleuchtet. Er unterscheidet sich dadurch grundlegend von den Reportagen und Dokumentationen im Fernsehen, die ein Thema meist in zwölf Drehtagen abhaken müssen. Autoren-‐Dokumentarfilme haben dagegen eine ganz eigene Dramaturgie, die sich eher an einem Spielfilm orientiert, was sich besonders in der Bildgestaltung, der Narration und beim Schnitt zeigt. Der wesentliche Unterschied ist, dass die Geschichte nicht vorher als Drehbuch entwickelt wird. Die Idee für einen Dokumentarfilm muss zwangsweise viel offener formuliert werden und wird von der Realität meist noch einmal komplett auf den Kopf gestellt. Deshalb spielt der Schnitt eine ganz entscheidende Rolle, weil sich dort erst die eigentliche Geschichte herauskristallisiert. Für den Film wurde extra ein Dramaturgie-‐Team engagiert, dem auch die Cutterin Mechthild Barth angehört. Bernhard Reddig und Mechthild Barth haben eine ganz wesentliche Rolle bei der Entstehung des Films gespielt. Sie haben zum Beispiel entschieden, dass ein Großteil der sehr aufwendigen Dreharbeiten in Japan und auch Material, das in NRW entstanden ist, nicht mehr im fertigen Film auftaucht, weil es nicht der Geschichte dient. Die künstlerische Auseinandersetzung darüber ist nicht immer einfach und teilweise auch schmerzlich. Sie ist aber entscheidend für das Gelingen eines Films. Wir hatten insgesamt 80 Stunden Material und da zumindest Mechthild Barth nicht bei den Dreharbeiten dabei war und nichts von den Mühen und Schwierigkeiten wusste, hatte sie einen unverbrauchten, kompromisslosen Blick dafür, welche Aufnahmen für die Geschichte wichtig sind und sie voranbringen. MEIN WEG NACH OLYMPIA 10
Einige Mitglieder des Teams, wie der Cutter Bernhard Reddig, haben gleich mehrere Aufgaben übernommen. Der Dreh in London während der Paralympics war besonders schwierig, weil der Zugang zu den Veranstaltungen sehr reglementiert wurde. Wir haben mit mindestens zwei Kamerateams gearbeitet und Bernhard Reddig sowie unsere Londoner Mitarbeiter mussten teilweise auch hinter der Kamera stehen, damit wir alle Wettkämpfe und Eindrücke einfangen konnten. Bei so einem kleinen Team ist es sehr hilfreich und wichtig, dass die Mitarbeiter möglichst viele Talente haben. Sie haben viele Jahre als Agent und Lektor gearbeitet. Was hat sie bewegt Produzent zu werden? Während meiner Zeit beim Verlag der Autoren habe ich viele bekannte Filmemacher und Drehbuchautoren betreut, darunter Wim Wenders, Edgar Reitz, Peter Lilienthal, Stefan Dähnert und Ruth Toma. Während der Verhandlungen ist man sehr in die Entwicklung eines Films involviert und hat vor allem auch das Wohl der Autoren im Blick. Aber sobald der Dreh beginnt, ist der Prozess abgeschlossen und man kann von Glück sagen, wenn man zur Premiere eingeladen wird. Ich wollte in den gesamten Prozess eingebunden sein und ihn mitgestalten. Als Produzent habe ich nun die Möglichkeit die richtigen kreativen Köpfe zusammenzubringen, so dass das Dreieck aus Regisseur, Cutter/Drehbuchautor und Produzent möglichst fruchtbar zusammenarbeiten kann. Sie arbeiten oft mit jungen Regisseuren zusammen. Wie wichtig ist Ihnen Nachwuchsarbeit? Als ich Ende 2006 if... Productions gegründet habe, waren zwei der ersten Regisseure, die zu mir kamen, die Dokumentarfilmer Gereon Wetzel und Jörg Adolph. Ihre Arbeit wird von den Studenten der Münchner HFF sehr bewundert und so kamen weitere Regisseure von dort zu mir. Ich bin beiden sehr dankbar, dass sie mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Oft sind die Filmemacher interessanter, die sich erst nach einer abgeschlossenen Ausbildung entscheiden Film zu studieren. Sie sind viel zielgerichteter und haben eine viel klarere Vorstellung von ihrer Arbeit. In Zukunft wird if... Productions sich aber auch stärker im Spielfilmbereich engagieren. Sie haben von den zunehmenden Non-‐Fiction-‐Formaten im Fernsehen gesprochen. Der klassische Dokumentarfilm wird aber nach wie vor auf sehr marginalen Sendeplätzen ausgestrahlt. Wie sehen Sie die Entwicklung? Das Zuschauerverhalten wird sich durch die Möglichkeit, Filme On Demand zu sehen, grundlegend verändern. Es ist ja nicht so, dass wir an unserem Publikum vorbei produzieren. Durch die späten Sendezeiten wird es den Zuschauern nur unnötig schwer gemacht, gute Dokumentarfilme zu sehen. Ich höre immer wieder, dass die Menschen mit Vorliebe TATORT und Dokumentarisches sehen. Viele Dokumentarfilme haben Erfolg im Kino und lassen sich international verkaufen. Die Gattung ist extrem lebendig. So freut es mich, dass etwa der BR dienstags um 22.45 Uhr einen festen Sendeplatz für Dokumentarfilme eingerichtet hat. Ich hoffe sehr, dass das Schule macht. Für MEIN WEG NACH OLYMPIA haben sie sowohl bei drei ARD-‐Sendern als auch bei den Ú
éǥ MEIN WEG NACH OLYMPIA 11
Wir sind sehr froh, dass sich so viele Partner für unseren Film gefunden haben. Besonders stolz sind wir, dass Senator Film ihn in den Verleih übernommen hat und er so prominent auf der Berlinale präsentiert wird. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Senator Film Verleih? Im Grunde gab ZIEMLICH BESTE FREUNDE den Anstoß. Ich habe mir gesagt, dass ein Verleih, der so erfolgreich diesen Film in die deutschen Kinos bringen kann, auch Interesse an unserem Projekt haben müsste. MORE THAN HONEY hat gerade die 100.000 Besuchergrenze im Kino geknackt. Senator zeigt also, dass auch Dokumentarfilme sehr erfolgreich im Kino sein können. Für uns ist es ein großes Glück, dass ein so renommierter deutscher Verleih MEIN WEG NACH OLYMPIA in sein Programm aufgenommen hat.
MEIN WEG NACH OLYMPIA 12
BIOGRAFIEN / PROTAGONISTEN GREG POLYCHRONIDIS Ȃ Boccia Greg Polychronidis wurde am 13. August 1981 in Vatumi, Georgien, geboren. Seit seiner Geburt leidet er an einer spinalen Muskelatrophie, die seine Bewegungsfähigkeit stark einschränkt. Mit ͺ
ǡ
Ƿ
Dz
¡ǤʹͲͲͷʹͲͲ8 arbeitete er bei dem griechischen Erdölunternehmen EKO, bevor er 2008 für den Griechischen Rechnungshof zu arbeiten begann. Während seines Studiums kam er erstmals mit dem Sport Boccia in Berührung, der auch mit starker Bewegungseinschränkung gespielt werden kann. Greg wurde noch im selben Jahr griechischer Meister im Einzel der Klasse BC3. Bisher hat er insgesamt 11 Goldmedaillen bei den griechischen Meisterschaften gewonnen sowie vordere Plätze und Silbermedaillen bei World Cups. Er nahm an den paralympischen Spielen 2004, 2008 und 2012 teil.
CHRISTIANE REPPE Ȃ Schwimmen Christiane Reppe wurde 1987 in Dresden geboren. Mit fünf Jahren wurde ihr ein bösartiger Tumor im rechten Bein diagnostiziert, was zu dessen Amputation führte. Schwimmen hat Christiane also erst danach gelernt. Mit 12 Jahren startete sie eine Karriere im Ski Alpin, bevor sie 2002 in den Leistungskader Schwimmen wechselte und es dort in die deutsche Nationalmannschaft schaffte. Sie nahm vor London bereits an den Paralympischen Spiele 2008 in Peking teil, wo sie zwei Bronzemedaillen gewann. Über 200 m Freistil stellte sie einen Weltrekord auf und wurde Deutsche Meisterin auf den Kurzstreckenbahnen in Chemnitz. Christiane lebt und trainiert in Berlin und studiert Wirtschaftspsychologie.
Sitzendes VOLLEYBALL-‐TEAM RUANDA Das Sitzvolleyball-‐Team aus Ruanda ist das erste Volleyballteam eines schwarzafrikanischen Landes, das sich für die paralympischen Spiele qualifizieren konnte. Ruanda gehört zu den ärmsten Ländern Schwarzafrikas und seine Bewohner litten immer wieder unter Bürgerkriegen, die zwischen den beiden Völkergruppen Hutu und Tutsi entflammten. Die Sitzvolleyballer werden von dem niederländischen Trainer Peter Karreman trainiert. MATT STUTZMAN Ȃ Bogenschießen MEIN WEG NACH OLYMPIA 13
Matthew Stutzman kam am 10. Dezember 1982 in Kansas City ohne Arme zur Welt. Für seine körperliche Entwicklung gab es jedoch keine medizinische Erklärung, da er sonst völlig gesund war. Statistiken von 1982 zeigten, dass dies nur in einer aus 350.000 Geburten vorkam. Seine leiblichen Eltern gaben ihn mit vier Monaten zur Adoption frei. Im Januar 1983 fand er ein neues Zuhause bei der Familie Leon Stutzman in Kalona, Iowa. Matt fügte sich sofort gut in seine neue Familie und die neue Umgebung ein. Er hatte viel Freude daran, auf der Farm zu helfen, schwere Eimer voll Futter zu den Kälbern zu tragen und mit seinem Vater und seinen Brüdern fischen zu gehen. Außerdem liebte er jegliche Art von Ballspielen, kurz gesagt: Matts Leben war voller Aktion und Menschen. Er ließ sich nicht einschränken Ȃ was ihn befähigte, alles zu erreichen, was er sich vornahm. Matt liebte die Natur und brachte sich selbst bei, Schusswaffen zu bedienen. Schnell konnte er einen Penny aus 30 und 50 Yards Entfernung treffen. Zu dieser Zeit entdeckte er auch sein Interesse am Bogenschießen, um mit seinem Vater auf die Jagd zu gehen. Mit 16 Jahren nahm ihn sein Vater mit in ein Jagdgeschäft und stimmte zu, die Hälfte der Kosten für einen neuen Bogen zu bezahlen. Matt nahm kleine Jobs an, um die andere Hälfte aufzubringen. Endlich im Besitz des neuen Bogens begann er zu üben, bis er das Bogenschießen zielgenau beherrschte. Matt zog mit 19 Jahren bei seinen Eltern aus, arbeitete zunächst als Autoverkäufer, dann für eine Druck-‐ und Grafikfirma und jobbte hier und da. Er heiratete Amber Schaller. Mit ihr hat er zwei Söhne, Carter und Cameron. Matt liebt es zu jagen, zu fischen, Boot zu fahren, zu campen und mit seiner Familie Zeit zu verbringen. Der ganz gewöhnliche Familienalltag Ȃ nur bewältigt Matt ihn mit ungewöhnlichen Fähigkeiten und mit großer Lebenslust. AIDA HUSIC DAHLEN Ȃ Tischtennis Aida Husic Dahlen wurde am 5. Oktober 1990 in Rogatiza, Bosnien-‐Herzegowina geboren. Mit drei Jahren zog sie mit ihrer Familie nach Montenegro, um vor dem Krieg zu fliehen. 1997 wurde sie von Familie Dahlen aus Kristiansand, Norwegen adoptiert, da ihr Leben vor Ort nicht mehr sicher war. Seit ihrer Geburt fehlen ihr der linke Unterarm und das linke Bein. Aida war ein sehr aktives Mädchen, das Ballsportarten liebte. Ein Freund der Familie schlug ihr mit 12 Jahren Tischtennis vor, und der Verein in Kristiansand nahm sie gerne auf. Nach ihrer ersten Trainingsstunde wusste sie, sie hatte den Sport ihres Lebens gefunden. Mit 18 Jahren zog Aida nach Oslo, um Vollzeit für die Nationalmannschaft zu trainieren. Ihr erstes internationales Tischtennisturnier spielte sie 2008 und holte direkt eine Bronzemedaille. Ebenfalls Bronze gewann sie 2011 bei den Europameisterschaften in Kroatien sowie Gold bei den Italien Open 2010. Sie lebt und trainiert in Oslo.
MEIN WEG NACH OLYMPIA 14
BIOGRAFIEN / STAB
NIKO VON GLASOW Ȃ Regisseur Niko von Glasow war Kaffeemacher und Bierkastenträger für Rainer Werner Fassbinder und studierte Film an der New York University und an der Filmakademie in Lódz/Polen. Dort drehte er 1991 seinen ersten Spielfilm, HOCHZEITSGÄSTE, der u. a. den Deutschen Kritikerpreis der Berliner Filmfestspiele erhielt. 1994 drehte Niko MARIES LIED mit Sylvie Testud. Der Film wurde mit drei Deutschen Filmpreisen ausgezeichnet. Niko koproduzierte Tom Tykwers WINTERSCHLÄFER. 2004 inszenierte er EDELWEISSPIRATEN mit Bela B., Jan Decleir und Anna Thalbach. 2008 überredete Niko elf andere Contergan-‐geschädigte Menschen, sich für einen Aktkalender Ǥ ǯ ǡ r den Deutschen Filmpreis gewann. ALLES WIRD GUT, ein Dokumentarfilm über ein von Niko entwickeltes Theaterstück, ist für den Deutschen Filmpreis vornominiert. Niko lebt in London und Köln und ist Mitglied der BAFTA, der Europäischen und der Deutschen Filmakademie. Er ist Gründer der Tibetan Film School und lehrt Drehbuchschreiben und Regie auf der ganzen Welt. Zurzeit entwickelt Niko eine Reihe von Projekten, u. a. SHOOT ME. FUCK YOU. CUT!, eine Teenager-‐Komödie, SEX, eine humorvolle Betrachtung eines scheinbar uns alle beschäftigenden Themas, und GIRL FROM TIBET, die Geschichte eines Mädchens, das versehentlich nach New York verschifft wird und dort auf eine neurotische und superreiche Familie trifft. INGO FLIESS Ȃ Produzent Nach einem Studium der Kunstgeschichte in Bamberg und Berlin (M. A. 1991) arbeitete Fliess als Drehbuchagent, Lektor und Geschäftsführer im Verlag der Autoren (1994-‐2005). Ende 2006 gründete er if... Productions, die sich auf Autoren-‐Dokumentarfilme und ambitionierte Spielfilme spezialisierten. Neben seiner Tätigkeit als Produzent unterrichtet er an verschiedenen Filmhochschulen. Ingo Fliess lebt mit seiner Familie in München. 2012
MEIN WEG NACH OLYMPIA, Dokumentarfilm von Niko von Glasow. if... Productions/Palladio Film/WDR/SWR/NDR, gefördert von Filmstiftung NRW, BKM, DFFF, FFA. Verleih: Senator Film Verleih. UA: Berlinale 2013 -‐ Berlinale Special.
CASAS PARA TODOS. Dokumentarfilm von Gereon Wetzel. if... Productions/3sat/ZDF, gefördert vom FFF Bayern. UA: Dokfest München 2013.
HEIDIS LAND. Dokumentarfilm von Susanne Quester. if... Productions/HFF, gefördert vom FFF Bayern. UA: Duisburger Filmwoche 2012.
MADE IN GERMANY (AT). Dokumentarfilm von Jörg Adolph. if... Productions/BR/SWR, gefördert vom FFF Bayern. Im Dreh. IN SICHERHEIT (AT), Dokumentarfilm von Sebastian Sorg. if...Productions/BR/arte/HFF, gefördert vom FFF. Im Dreh. MEIN WEG NACH OLYMPIA 15
FREEDOM BUS. Dokumentarfilm von Fatima Geza Abdollahyan. if... Productions/ZDF (Das Kleine Fernsehspiel), gefördert vom FFF Bayern. In Postproduktion.
2011
DIE GROSSE PASSION, Dokumentarfilm von Jörg Adolph, 144min. BR/if... Productions. UA: Münchner Filmfest 2011. V: if... Cinema, Kinostart 17.11.11 Publikumspreis Duisburg 2011, Stern des Jahres der AZ München.
AUGUST, Dokumentarfilm mit inszenierten Teilen von Mieko Azuma, 83min., Koproduktion ȋǷ DzȌǡÚ Ǥǣ ʹͲͳͳǤ Lobende Erwähnung FID Marseille 2011, nominiert zum First Steps Award 2011.
2010
HOW TO MAKE A BOOK WITH STEIDL, Dokumentarfilm von Gereon Wetzel und Jörg Adolph, ͺͺǤǡ͵ǡò Ƿ DzȋǤ Dokfilm, Leipzig 2010) Goethe-‐Preis (Duisburg 2010) Deutscher Dokumentarfilmpreis 2011 (Preis des Hauses des Dokumentarfilms).
MEIN LEBEN IM OFF, Spielfilm von Oliver Haffner, 103min. Koproduktion mit der HFF München, unterstützt vom FFF Bayern und dem Förderverein der HFF. UA: Max Ophüls Preis ʹͲͳͲǤǷDzȋ
ʹͲͳͲȌǡǤ ȋòʹͲͳͲȌǡlikumspreis Mainzer Rad 2010. V: if... Cinema, Kinostart 4.08.2011.
EL BULLI Ȃ COOKING IN PROGRESS, Dokumentarfilm (108min.) von Gereon Wetzel, Koproduktion mit BR, WDR, gefördert vom FFF Bayern, BKM, Kuratorium Junger Deutscher Ǥ¡Ƿ DzǤ Úò
ʹͲͳͳǡ
Kamerapreis (Schnitt) 2011. V: Alamode, Filmstart 15.09.2011.
DIE OBERAMMERGAUER LEIDENSCHAFT , Dokumentarfilm von Jörg Adolph (Co-‐Regie: Ralf Bücheler), BR, US: 13.05.2010, BFS. DVD: Telepool.
2008
BESPRECHUNG. Dokumentarfilm von Stefan Landorf. Koproduktion mit 3sat/ZDF, gefördert vom FFF Bayern. UA: Duisburg 2009. V: Arsenal.
2007
DIE REPRODUKTIONSKRISE. Dokumentarfilm von Jörg Adolph und Gereon Wetzel. Koproduktion mit dem BR und dem Goethe-‐Institut. DVD: DocCollection. UA: Münchner Filmfest 2008.
Vor if...
PAULAS GEHEIMNIS. Kinderkinofilm von Gernot Krää. Filmautoren AG/element e in Koproduktion mit ZDF, gefördert von BKM, FFHH, MFG, Nordmedia, Kuratorium. V: Farbfilm, Kinostart: 17.09.2007.
MEIN WEG NACH OLYMPIA 16