Mein gesunder Obstgarten – Integerierter Pflanzenschutz bei Obst Dipl. Ing. Adalbert Griegel Griegel Verlag, Dorsheim

Im Hobbybereich, also auch im Obstgarten, sind der Bekämpfungsbedarf und die Bekämpfungsbereitschaft sicherlich noch schwächer einzustufen, da auch die ökologischen Aspekte und die individuelle Einstellung des Gartenbesitzers viel stärker in den Vordergrund gestellt werden. Das, was für den Humanmediziner gesunde Lebensweise, Naturheilkunde, Vorsorge, nicht medikamentöse und letztendlich medikamentöse Behandlung bedeutet, ist für den Pflanzendoktor der „Integrierte Pflanzenschutz“. Integrierter Pflanzenschutz ist eine Kombination von Maßnahmen, bei denen unter vorrangiger Berücksichtigung mechanischer, biologischer, biotechnischer sowie anbau- und kulturtechnischer Maßnahmen die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird. „So wenig Chemie wie möglich und so viel wie notwendig!“ lautet die einzig vernünftige Devise der Krankheits- und Schädlingsbekämpfung, und zwar nicht nur im Obstgarten. Die Medikamentöse Behandlung ist also nicht nur in der Humanmedizin als „ultima Ratio“ zu betrachten.

Integrierter Pflanzenschutz im Obstgarten

Indirekte kulturtechnische Pflanzenschutzmaßnahmen

Der Pflanzenschutz versucht mit geeigneten Maßnahmen, Schäden durch Krankheitserreger, Schädlinge, Unkräuter und unbelebte Schadursachen an der Pflanze zu verhindern. Pflanzenpathologie und Pflanzenschutz werden mit Recht unter dem Oberbegriff Phytomedizin zusammengefaßt und wieder mit Recht mit der Human- und Veterinärmedizin auf eine Stufe gestellt. Der „Pflanzenarzt“ hat, genau wie der Human- und Tiermediziner im Prinzip die gleiche Aufgabe: lebende Organismen vor Schäden zu schützen und wenn möglich, die Gesundheit seiner Patienten wiederherzustellen.

Indirekte Pflanzenschutzmaßnahmen widmen sich dem „Patient-Pflanze“, nicht dem Schaderreger. Sie reduzieren die Gefahren des Befalls und dadurch dienen sie eher der Vorbeugung als der Bekämpfung. Wir versuchen jetzt alle Maßnahmen zu systematisieren, die zwar keine Schadorganismen bekämpfen, aber trotzdem die Gesundheit der Pflanzen positiv beeinflussen.

Der wesentliche Unterschied zwischen den drei Medizinkategorien besteht in ihrer Bedeutung. Um die Menschengesundheit wird fast „um jeden Preis“ gerungen. Die Pflanzenschutzmaßnahmen im Erwerbsgartenbau sollten erst dann durchgeführt werden, wenn die sog. wirtschaftliche Schadensschwelle überschritten wird. Das bedeutet, eine Bekämpfung bzw. Vorbeugung „lohnt“ sich erst bei der Befallsstärke, bei der der zu erwartende Schaden bei Nichtbekämpfung höher zu werden droht, als die Bekämpfungskosten.

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Wahl der Pflanzenart Wenn wir bereit wären, in unseren Gärten auf „Exoten“, die nur in anderen klimatischen Zonen, auf anderen Böden optimal und problemlos wachsen können, zu verzichten, hätten wir uns viel Ärger erspart. Nicht in jedem Gebiet und in jedem Garten von Flensburg bis zum Bodensee können z. B. die Weinreben genauso gut wachsen wie in der Toskana oder zumindest am Kaiserstuhl oder im Rheingau. Es ist uns nur eben nicht immer bewusst oder wir wollen nicht immer daran glauben. Mit schweren, lehmigen Böden kommen die Kernobstarten bekanntlich besser als Steinobstarten – besonders Pfirsiche und Aprikosen zurecht.

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Mut zum Verzicht statt Überschätzung des eigenen „grünen Daumes“ ist bei extremen Verhältnissen oft der beste Ratgeber.

Sortenauswahl Empfindlichkeit und (der Gegensatz dazu) Resistenz gegen Schaderreger sind erbliche sortenspezifische Eigenschaften der Pflanzen. Sie sind meistens nicht absolut und können im Laufe der Zeit durchgebrochen werden. Ein Kompromiss zwischen den Vor- und Nachteilen einer gepflanzten Obstsorte muß bewußt getroffen und darf nicht dem Zufall überlassen werden.

Ernährung – Düngung Eine harmonisch ernährte Pflanze ist widerstandsfähiger gegen Krankheitserreger, konkurrenzfähiger gegen Unkräuter und kommt mit den Folgen der Beschädigung besser zurecht. Alle Obstgewächse verlangen eine kalibetonte Vollernährung. Bei Bäumen und Sträuchern sollte die Düngung am besten in zwei Portionen, und zwar im März und im Juni, durchgeführt werden. Bei den sog. organischen Düngern sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass die eventuell fehlenden Nährelemente (meistens Kali) durch mineralische Komponenten ausreichend ausgeglichen werden. Mittels durchgeführter Bodenanalysen (alle paar Jahre) kann sowohl der pH-Wert als auch die allgemeine Nährstoffversorgung ermittelt und infolgedessen optimiert werden. Ein armer Boden kann keinen gesunden Wachstum und dadurch keinen reichen Ertrag bringen. Zu spät im Jahr durchgeführte oder einseitige Düngung schadet den Pflanzen mehr als sie hilft.

Bodenbearbeitung Alle Maßnahmen, die die Wärme und Feuchtigkeit im Boden halten helfen, sind auch aus Pflanzenschutzgesichtspunkten günstig. Besondere Aufmerksamkeit verdient hier das Mulchen mit organischen Materialien. Ein vorbeugender Charakter des Mulchens wird besonders bei Himbeerrutengallmücke, Himbeerrutensterben und Grauschimmel an Erdbeeren hervorgehoben. Auch Unkrautbekämpfung führt zur Stärkung der Pflanze und begünstigt das Mikroklima der Pflanzen. Die Infektionsgefahr durch pilzliche und bakterielle Krankheiten, die eine lang anhaltende Befeuchtung der Pflanzenorgane brauchen, wird dadurch reduziert.

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Baumform und Pflege Alle Pflegemaßnahmen, die Infektionen durch Krankheiten und den Befall durch Schädlinge erschweren, gehören zu den indirekten Pflanzenschutzmaßnahmen. Der Pflanzenabstand und die gewählte Baumform sollten der Wachstumsstärke angepasst werden. Hier sind sowohl die Wachstumsstärke der Baumunterlage als auch die der Edelsorte zu berücksichtigen. Durch sachgerechten Schnitt sollte für lockere Kronen und Sträucher gesorgt werden, die nach Niederschlägen und Morgentau schneller abtrocknen. Bei Himbeeren sollten alle abgetragenen Ruten direkt nach der Ernte konsequent ausgeschnitten und entfernt werden. Ein Schwächeparasit, wie z.  B. Rotpustelkrankheit, kommt bei regelmäßig und konsequent geschnitten Johannisbeeren nie vor.

Gießgewohnheiten Im Garten, auf der Terrasse und auf dem Balkon sollte nach Möglichkeit immer morgens gegossen werden, damit sich die durch das Gießen abgekühlte Erde tagsüber wieder erwärmen und oberflächlich etwas abtrocknen kann. Auch die Blätter bleiben dadurch nicht stundenlang feucht, was Infektionen durch Pilz- und Bakterienkrankheiten fördern würde. Wenn möglich, sollte immer die Erde direkt, nicht aber die Pflanzen von oben mit Wasser besprengt werden.

Direkte Pflanzenschutzmaßnahmen Diese Gruppe von Maßnahmen widmet sich direkt dem Krankheitserreger bzw. dem Schädling. Das Ziel dieser Maßnahmen ist es, den Schaderreger entfernen, gefangen bzw. zu beseitigen oder den Schaden durch einen direkten Angriff zu verhindern. Dazu gehören: • mechanisch-physikalische Maßnahmen • biotechnische Maßnahmen • biologische Maßnahmen • chemische Maßnahmen

Mechanisch-physikalische Maßnahmen Der Schnitt der befallenen Triebe wird meistens bei den Krankheiten empfohlen, bei denen es darum geht, die

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Infektionsherde zu entfernen, z. B. Monilia-Spitzendürre, Apfelmehltau, Rotpustelkrankheit usw. Auch die Entfernung des Falllaubes kann einen Sinn haben, wenn dadurch die weitere Ausbreitung der Krankheit zumindest beschränkt werden kann. Diese Maßnahmen müssen, wenn sie einen Sinn haben sollen, rechtzeitig (am besten noch im Herbst) durchgeführt werden, bevor es im Frühjahr zur Bildung von Millionen für die Verbreitung verantwortlichen Pilzsporen kommt. Apfelschorf oder Sprühfleckenkrankheit können hier die Beispiele sein. Bei vielen Rostkrankheiten kann durch die Entfernung der Nebenwirte die Weiterentwicklung der Krankheit total unterbrochen werden. Birnengitterrost hat z. B. im Erwerbsobstbau keine Bedeutung, weil manche Wacholdersorten in der Nähe der Birnenanlagen nicht geduldet werden. In Gartenanlagen ist solche Einigkeit bei allen Gartenbesitzern praktisch unmöglich und deshalb werden Jahr für Jahr im Frühjahr die Birnen von Wacholdern und im Herbst umgekehrt die Wacholder ständig infiziert. Die Entfernung der ganzen Pflanzen ist dann notwendig, wenn die Pflanzen mit vertretbaren Mitteln nicht mehr zu retten sind, wenn von den Pflanzen die Gefahr ausgeht, andere Pflanzen mit schwer oder sogar überhaupt nicht bekämpfbaren Krankheiten bzw. auch Schädlingen zu infizieren. Manche Krankheiten, wie der bakterielle Feuerbrand fallen aufgrund ihrer enormen Gefährlichkeit für ganze Bestände sogar unter die Quarantänebestimmungen. Die Rodung befallener Bäume kann in solch einem Fall behördlich angeordnet werden. Auch bei manchen Pilzkrankheiten, wie z. B. Rhizomfäule der Erdbeeren, ist es für den restlichen Bestand besser, die erkrankten Pflanzen samt dem ganzen Wurzelballen aus dem Garten zu entfernen. Der größte Fehler wäre, den Komposthaufen mit solchen Pflanzen bzw. Pflanzenteilen zu „verseuchen“. Auch bei vielen Schädlingen kann der Schnitt der Triebe (z. B. beim Ringelspinner) oder die Entfernung der Blätter (z. B. bei der Stachelbeerblattwespe) die Beseitigung der Eigelege und dadurch die Reduzierung der weiteren Schäden bedeuten. Auch die Schädlinge selbst, einzeln oder in ganzen Kolonien (z. B. Gespinste der Apfelbaumgespinstmotte) können, bevor sie weitere Schäden anrichten, mechanisch entfernt bzw. beseitigt werden. Für die Verpuppungskokons (z. B. des Fruchtschalenwickler), die befallenen Knospen (z. B. durch Erdbeerblütenstecher) oder befallenen Früchte (z. B. durch die Schwarze Pflaumensägewespe) gilt

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das gleiche Prinzip. Bei kleinsten, meistens in großer Zahl auftretenden Schädlingen, wie Spinnmilben usw. ist eine mechanische Bekämpfung der einzelnen Exemplare praktisch undurchführbar. Aber auch bei so kleinen Schädlingen kann es sich lohnen, die ganzen befallenen Triebabschnitte (z. B. die mit einer Kolonie der Mehligen Blattlaus) zu entfernen, bevor die Schädlinge auf die nächsten Triebe übergreifen. Rechtzeitige Entfernung der „Rundknospen“ beim Befall durch die Johannisbeergallmilbe gehört auch zu dieser Gruppe der Maßnahmen. Auch Unkräuter werden im Garten in den meisten Fällen mechanisch durch Jäten, Hacken oder Ausstechen bekämpft. Barrieren, wie z. B. Schneckenzäune gehören auch zu den mechanisch-physikalischen Möglichkeiten.

Biotechnische Maßnahmen Bei biotechnischen Pflanzenschutzmaßnahmen werden natürliche Reize oder Reaktionen der Schädlinge ausgenutzt um sie zu locken, vergrämen oder verwirren. Manche Insekten werden von spezifischen Farbtönen angelockt. Geleimte Gelbfallen werden zum Fangen von Kirschfruchtfliegen verwendet, was zur Reduktion des Befalls führt. Von der weißen Farbe fühlen sich Birnengallmücke und Sägewespen (Apfelsägewespe und Pflaumensägewespe) angelockt. Weiße Leimtafeln werden deshalb zur Reduzierung des Befalls oder zur Feststellung des Schädlingsaufkommens genutzt. Sexuallockstoffe, auch Pheromone genannt, gewinnen auch im Obstgarten Jahr für Jahr an Bedeutung. Apfelwickler- und Pflaumenwicklerfallen werden als Produkte auch für den Hobbygärtner angeboten. Die männlichen Falter werden durch den in einer Lockkapsel eingearbeiteten „Weibchenduft“ in die Falle gelockt, wo sie auf dem Leim kleben bleiben. Die Weibchenbefruchtung wird dadurch reduziert, was sich besonders bei schwachem Befallsdruck positiv auf die Zahl der wurmigen Äpfel oder Pflaumen auswirkt. Bei einem stärkeren Flug der Falter sollen die Pheromon-Fallen zur Feststellung eines exakten Bekämpfungstermins für eine direkte biologische oder chemische Bekämpfung der Larven genutzt werden. Abschreckstoffe, sog. Repellents, werden in Zukunft sicherlich auch im Garten an Bedeutung gewinnen. Durch Vogelscheuchen oder akustische Signale können Vögel z. B. von reifen Kirschen fern gehalten werden. Bei den Leimgürteln handelt es sich zwar um eine phy-

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sikalische Barriere, bei der Frostspanner-Bekämpfung allerdings werden auch diese als biotechnische Produkte gesehen. Die flügellosen Weibchen des Frostspanners krabbeln nämlich, getrieben durch ihren natürlichen Vermehrungsdrang, den Baumstamm empor, um auf dem Baum von den beflügelten Männchen begattet zu werden. Dort legen sie ihre Eier ab. Die um den Stamm gelegten Leimringe werden ihnen zum Verhängnis. Fanggürtel aus Wellpappe nutzen die Raupen des Apfelwicklers oder die des Pflaumenwicklers als Verstecke zur Verpuppung. Eine regelmäßige Kontrolle und anschließende Beseitigung der sich darin befindenden Larven fällt schon in den mechanisch-physikalischen Bekämpfungsbereich.

maßnahmen müssen deshalb in den Vordergrund gestellt werden.

Biologischer Pflanzenschutz

Für den biologischen Pflanzenschutz im Obstgarten werden auch erste virose Krankheitserreger angeboten. Sie beinhalten das sehr selektiv nur gegen die Larven des Apfelwicklers, die sog. Obstmaden, wirkende „Granulose-Virus“.

Der biologische Pflanzenschutz bedeutet Einsatz von natürlichen Feinden der Schädlinge. Im breiteren Sinne wird auch die Schonung der in der Natur lebenden natürlichen Gegenspieler dazugezählt. Manche versuchen, unter dem Begriff biologischer Pflanzenschutz auch andere Maßnahmen unterzubringen, nämlich den Einsatz von pflanzlichen Extrakten, Jauchen oder Tees für die Bekämpfung der Schädlinge. Da es sich hier nicht um lebende Organismen, sondern um die zwar aus der Natur hergestellten, aber doch durch ihre Chemie wirkenden Stoffe handelt, müssen sie als chemische Maßnahmen gesehen werden. Die wiederum unterliegen alle, und gut so, dem strengen Zulassungsverfahren.

Räuber und Parasiten Im Garten gibt es eine ganze Reihe von nützlichen Tieren, die als natürliche Feinde der Blattläuse, Schildläuse, Spinnmilben, Schnecken und anderer Schädlinge gelten. Marienkäfer, Florfliegen, Schwebfliegen, Raubmilben, Schlupfwespen, Gallmücken, aber auch Igel und viele Vögel sind die bekanntesten Vertreter. Alle haben eines gemeinsam – sie ernähren sich von den Pflanzenschädlingen, und das macht sie nützlich und dadurch auch schonungswürdig. Nützlingszucht und deren Einsatz hat sich bis jetzt in erster Linie für Gewächshäuser und Wintergärten etabliert. Im Freiland und dadurch auch im Obstgarten ist das Freisetzen der Nützlinge leider meistens nicht effektiv genug. Alle nützlingsschonenden Pflanzenschutz-

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Die Anwendung von Mikroorganismen als Krankheitserreger der Schädlinge hat im Pflanzenschutz jahrelange Tradition. Die bekanntesten Bio-Präparate sind die mit dem Bakterium „Bacillus thuringiensis“, die gegen einige freifressende Schmetterlingsraupen wirksam sind. Sie werden im Spritzverfahren auf die befallenen Bäume bzw. Sträucher ausgebracht und sie gelangen durch die Fraßtätigkeit der Raupen in ihren Darmtrakt hinein. Durch diese „Darminfektion“ können z. B. die Raupen der Apfelbaumgespinstmotte, des Ringelspinners, des Fruchtschalenwicklers, des Frostspanners, des Schwammspinners und anderer bekämpft werden.

Die beiden biologischen Pflanzenschutzmittel sind genauso wie die weiter beschriebenen chemischen Pflanzenschutzmittel zulassungspflichtig. Biologische Schädlingsbekämpfung ist sicherlich sehr umwelt- und anwenderfreundlich. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Verfahren ist zurzeit noch äußerst unzureichend und ihre Wirksamkeit ist nur bei sehr exakten, rechtzeitigen Bekämpfungsterminen ausreichend.

Chemische Maßnahmen Allen vorher genannten nicht chemischen Maßnahmen sollte im Obstgarten Vorrang eingeräumt werden. Das Wissen über die Krankheiten und Schädlinge, besonders über deren Biologie, kann Sie diesem Ziel wesentlich näher bringen. Bei manchen Krankheitserregern und Schädlingen kann, besonders bei starkem Befallsdruck, das Zurückgreifen auf die chemischen Bekämpfungsmaßnahmen genau wie in der Humanmedizin auf die medikamentöse Behandlung notwendig werden. Chemischer Pflanzenschutz bedeutet den Einsatz von chemischen Substanzen, um Pflanzen vor Schadorganismen oder unbelebten Schadursachen zu schützen. Es hat viele Vorteile aber leider auch manche Nachteile die besonders bei Missbrauch sehr gefährlich werden können. Alle Pflanzenschutzmittel unterliegen sehr strengen Gesetzen, die ihre Zulassung, ihren Vertrieb, die Aufbe-

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wahrung und Anwendung regeln. Pflanzenschutzmittel dürfen nur dann vertrieben und angewendet werden, wenn sie vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelrecht (BVL) zugelassen sind. Als Beweis dafür wird das Zulassungsdreieck mit Ähre, Schlange und Zulassungsnummer auf jede Pflanzenschutzmittel-Packung aufgebracht. Entsprechend dem Pflanzenschutzgesetz vom 1. Juli 1998 dürfen Pflanzenschutzmittel nur in den zugelassenen „Anwendungsgebieten“ (Pflanze bzw. Kultur + Schaderreger) angewandt werden. Seit dem 1. Juli 2001 dürfen im Haus- und Kleingartenbereich nur die Pflanzenschutzmittel angewandt werden, die mit der Angabe „Anwendung im Haus- und Kleingartenbereich zulässig“ in der Zukunft (Gesetz vom 06.Februar 2012) „für nichtberufliche Anwender“ gekennzeichnet sind. Die Zulassung wird jeweils für die begrenzte Zeit von einigen Jahren ausgesprochen, um dann, wenn keine neuen Erkenntnisse dagegen sprechen, eventuell verlängert zu werden. Ein Pflanzenschutzmittel, dessen Zulassung durch Zeitablauf oder durch Widerruf auf Antrag des Zulassungsinhabers beendet ist, darf noch innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten, gerechnet ab dem Tag des Endes der Zulassung, angewandt werden. Die aktuell zugelassenen Pflanzenschutzmittel sind nach heutigem Wissensstand bei sachgerechter Anwendung – und nur bei sachgerechter Anwendung – sowohl für die Pflanzen als auch für den Anwender und die Umwelt unschädlich. Bei Missbrauch können sie genauso, wie auch Medikamente, Alkohol oder z. B. Autos bzw. Feuerzeuge, gefährlich oder sogar tödlich werden. Deshalb sind bei der Handhabung und Anwendung Vorsicht und ein gesunder Menschenverstand gefordert. Es wird nie genug darüber gesagt und geschrieben, dass noch vor der Anwendung die Gebrauchsanweisung des jeweiligen Produktes genau gelesen und im eigenen Interesse befolgt werden muss.

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