Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Input, Universität Duisburg-Essen 24.1.2017 Demos = Volk Krátos = Herrschaft Anregungen, Kritik und Kommentare erwünscht: [email protected]. – Vielen Dank! Dietmar Hexel, Emmendingen dhx: ∆ LösungsStrategien ∆ FührungsSupport ∆ OrganistionsEntwicklung Wertschätzen. Erfolgreich verändern. Fair teilhaben.

Worum geht`s? • Frage: Wir wollen wir leben ? (Wer ist „wir“?)

Werbeblock DGB: Gutes Leben. „Gute Arbeit“. Gute Rente. • Wie will ich arbeiten? (und wie die „anderen“?) • Wie will ich geführt werden? (und was sagen die anderen?)

• Wie bin ich am Ergebnis des Unternehmens beteiligt? (Gleichberechtigt?) • Wer soll meine Interessen vertreten (wenn ich es nicht alleine kann)?

Thema: Arbeitsgestaltung Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Entwicklung der Arbeitsgesellschaft

Demokratie Teilhabegesellschaft,

- Alternativen der Zukunft – (nicht maßstabgetreu)

Partnerschaft Demokratie Industriegesellschaft Mitbestimmung Wohlstand für Alle

Zukunft ? Industriefeudalismus, Armut, Spaltung

Bürgertum, Freie Lohnarbeit, freie Gewerkschaften, Faschismus

Autoritäre Systeme

Feudalgesellschaften Sklaverei 0

1800 - 1945

1945 bis

2017

2020 - ?

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) sah Unrecht, weil Demokratie die Möglichkeit beinhalte, dass

„die Armen, weil sie die Mehrheit bildeten, das Vermögen der Reichen unter sich teilten“.

James Madison (1751–1836), einer der Gründungsväter der amerikanischen Verfassung trat dafür ein, dass die Minorität der Reichen gegen die Majorität der Armen geschützt werden müsse: „to protect the minority of the opulent against the majority“

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Mehr Demokratie wagen! (W. Brandt, SPD) „Die wirtschaftliche Mitbestimmung der

Arbeitnehmer ist eine der Grundlagen einer freiheitlichen und sozialen Gesellschaftsordnung.“ (DGB Grundsatzprogramm 1963)

Glaubensätze:  Ohne politische Freiheit und Sicherheit gibt es keine Demokratie und echte Verantwortung.  Mitbestimmen heißt: niemand sei Herr, niemand sei Knecht. Denn unter einem Herren ist der Mensch nicht frei.

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Des Pudels Kern: Eigentum • Wie legitimiert sich Herrschaft (Führung) in einer Rechtsordnung? • • • • • • • •

durch ‚Naturrecht‘ und Gott (Religion) durch Gewalt (Eroberungen, Raubrittertum, Mafia, Faschismus, Krieg) durch Vererbung (Feudalismus, moderne Oligarchien) durch Einheirat (Familiendynastien) durch Eigentum (Personen- und Kapitalgesellschaften) durch Expertentum (Bürokratie, Beamte) durch freiwillige Gefolgschaft (Soziale Bewegungen, Sekten) durch demokratische Wahlen (Parlament, Gewerkschaften, Betriebsräte, Vereine)

• § 903 BGB: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen .“ Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Macht versus Demokratie • Die derzeitige Wirtschaftsordnung ist auf Eigentum aufgebaut. • Unternehmensführungen legitimieren ihre Macht durch den Besitz an Eigentum (egal, wie es entstanden ist). • Die Experimente der 70iger und 80iger Jahre auf mehr Mitbestimmung am Arbeitsplatz und Partizipation wurden wieder kassiert. • Hoffnung: Der Besitz an Produktionsmittel (nicht das Eigentum!) wandert immer mehr in die Köpfe (und Netze) der Menschen. • Menschen wollen sich nicht kommandieren lassen, sondern frei sein und gleichberechtigt an den Ergebnissen teilhaben.

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Unternehmenszweck?  Zweck eines Unternehmens ist es den größtmöglichen Gewinn zu machen und den Reichtum der Anteilseigner (Finanzkapital) zu mehren. Ein Unternehmen ist vorrangig eine Angelegenheit der Kapitaleigner. (Orientierung: Shareholder-Value)  Zweck eines Unternehmens ist es, gute Produkte und Dienstleistungen hervorzubringen, damit ein Nutzen für die Kunden und die Allgemeinheit entsteht und menschliche Bedürfnisse befriedigt werden. Als Ergebnis entsteht Gewinn (oder Verlust). Ein Unternehmen ist nicht nur eine ökonomische Einheit, sondern auch eine soziale und quasi-öffentliche Einrichtung. (Orientierung: Stakeholder-Value, „Wohlstand für alle“)

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Neo-Liberalismus: Versagen auf ganzer Front ….. zu viele haben das Gefühl verloren, ein geschätztes, nützliches, zugehöriges Mitglied einer sozialen Gemeinschaft (in der Gesellschaft) zu sein. Ergebnis: Trump, Brexit, AfD. Sie haben das Gefühl, betrogen worden zu sein. …. statt Wohlstand für Alle Spaltung der Gesellschaft. Armut der Städte und Gemeinden. ….. der Sinn und Zweck der Unternehmen und der Arbeit ging verloren: Was und wie produziere ich? ….. die natürlichen Ressourcen weitgehend verbraucht, die Senken der Erde überlastet, die Klimakatastrophe nicht abgewendet.

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Management der Zukunft • Heute: Anteilseigner

• Morgen: Kunde • • • • •

Management

Mitarbeiter/innen

Kunde

Management

Management des Dienens für das Unternehmen Wertsteigerung statt Geldvermehrung Demut, Bescheidenheit Kompetenz für Komplexität und Kommunikation „Gute Arbeit“ und gute Produkte für den Weltmarkt

Verpflichtung: Nachhaltiges Wirtschaften zum Wohle des Unternehmens und der Allgemeinheit Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Kämpfe und Entwicklungs-Chancen Früher

Heute

Zukunft

Sklaven und Tagelöhner

‚freie‘ Lohnarbeit Arbeitnehmer/innen

Mitarbeiter/innen und Mitbesitzer/innen

Unternehmenszweck Güterproduktion Markteroberung

Gewinnoptimierung Einkommen Kapitalbesitzer

Nachhaltige Entwicklung Betrag zum Gemeinwohl

Konsumenten

Grundbedürfnisse befriedigen

Begierden stillen Ansehen und Status

Lebensqualität Qualität der Produkte

Einkommen

Nahrungsmittel, Kleidung (Hunger)lohn

Tarifliche Entgelte Mindestlohn

Einkommen aus Teilhabe am Ergebnis

Arbeitsgestaltung

Schutz vor Ausbeutung, Schmutz, Lärm etc.

Auskommen sichern Gestalten, Mitbestimmen

Sinn haben, Zeitsouverän, Selbstverwirklichung

Führung

Anweisungen Unterwerfung

Mod. Taylorismus Coaching, Leadership

Demokratisch legitimiert Befähigungen fördern

Gewerkschaften Betriebsräte

Verboten Bekämpft

Anerkannt Schutz gebend, gestaltend

Zugehörigkeit, Wertegemeinschaft

Beschäftigte

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Arbeitsgestaltung: Hoch die Produktivität! • Handwerk / Anfänge Industrialisierung: Beherrschung der Arbeitsgestaltung durch die Arbeiter. Zünfte und Gilden als Garant. Aufkommen von Manufacturen und Fabriken • Industralisierung II: Ausbeutung der Arbeiter steigt u.a. durch Taylor‘s „wissenschaftliche Betriebsführung“: extreme Arbeitsteilung. Trennung von Kopf- und Handarbeit. Kopie durch Lenin. Gegenbewegung: Human-relation, später OE: „Betroffene zu Beteiligten machen“.

• Fordismus: Work-flow-Organisation, Programme, höhere Produktivität, höhere Löhne • Ab 1956 Harzburger Modell: Führung im Mitarbeiterverhältnis • HdA: Humanisierung der Arbeitswelt – Experimente zur Demokratisierung (vgl. F. Vilmar, H. Matthöfer). Volvo, Mercedes, VW: teilautonome Gruppen, 35 Std. Woche.

• 1972 Verbesserung der Betriebsverfassung (SPD/FDP) Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Experimente mit Selbstverwaltete Betrieben, 1976 Scheinpartitätische Mitbestimmung im AR. • Industralisierung III: weltweite Arbeitsteilung, Digitalisierung, Kapitalmarktorientierte Strategien (Rappaport/Neoliberalismus): Kaizen, Lean-Management (Toyota-Prinzip), Neo-Taylorismus (Amazon), Scrum, Holoncrazy, Agiles Management, Demokratisches Unternehmen. Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Führung im Mitarbeiterverhältnis – nicht mehr von „oben“? 1. Die betrieblichen Entscheidungen werden nicht mehr allein von einem oder wenigen Männern an der Spitze der Unternehmung getroffen, sondern jeweils von den Mitarbeitern auf den Ebenen, zu denen sie ihrem Wesen nach gehören. 2. Die Mitarbeiter werden nicht mehr durch Einzelaufträge geführt, sondern müssen innerhalb eines fest umrissenen Bereiches selbstständig im Rahmen der Gesamtzielsetzung des Unternehmens tätig werden. 3. Die Vorgesetzten treffen in den ihnen unterstellten Bereichen nur noch in den Fällen, die die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter überschreiten, Entscheidungen. (Höhn*, 1971, Das Harzburger Modell)

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Führen: Organisieren, Entscheiden, Beobachten. Koordination

Vorausschauend

Review / Feedback

(Annahmen / Planung)

(nachlaufend, Störungen beseitigen)

Entscheidungen

Investitionen

Organisationsform Regeln Gewinnverteilung (intern / extern) Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Führen? Steuern? Überwachen? Vorhandene Kunden Neue Mitarbeiter

Material

Neue Kunden

Arbeitszufriedenheit

Energie

Qualifikation

Emissionen Rohstoffe

Geld

Personal

Konkurrenz Kapitalmarkt

Steuern Externes Wissen

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Koordinationsentscheidungen …. sind ein sozialer Prozess mit unterschiedlichen Interessen, in dem Macht, Konflikte, Ansehen, Zugehörigkeit etc. eine Rolle spielen. Vier Grundarten (meist gemischt): 1. Persönliche Weisungen (Dienstweg)

2. Programme (Lernresultate, Algorithmen)

3. Selbstorganisation /-abstimmung (übergreifende Teams)

4. Pläne (Zielvereinbarungen)

[Vgl. Kieser/Kubiczek (1983): Organisation] Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Koordinationsaufgaben erfordern andere Qualifikationen als Ausführungsarbeiten Konsequenzen:

1. Uneingeschränkte Transparenz ist die wichtigste Grundlage für Demokratisierung. Alle Beschäftigten erhalten regelmäßig die wichtigsten Daten aus der Kapitalflussrechnung und dem Nachhaltigkeitsbericht in verständlicher Sprache. 2. Experten (teams) oder gewählte Führer müssen ihre Entscheidungen stets begründen und die sichtbaren Auswirkungen und Alternativen nennen. 3. Beschäftigt müssen Selbstvertrauen in ihre Urteilskraft und intellektuelles Selbstbewusstsein haben und entwickeln. In einem arbeitsteiligen Unternehmen kann und muss nicht jede/r alles können. Jede/r kann jedoch die Auswirkungen bestimmter Entscheidungen für sich und das Unternehmen beurteilen. 4. Regelmäßige bezahlte Weiterbildung zum Verständnis der Informationen und Zeitfenster zur Kommunikation während der Arbeitszeit einrichten (Lernstatt). Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Welche Wirkung hat Demokratisierung: • Höheren Zeitaufwand

• Höhere Personalkosten • Höhere Ausbildungskosten

• Bessere Ergebnisse und höhere Qualität durch weniger Fehler • Entschleunigung, bessere Gesundheit • Nachhaltige Unternehmen, weniger Fluktation, weniger Verantwortungslosigkeit

• Gerechte Verteilung der Erträge. Keine leistungslose Erträge für den abstrakten Eigentümer • Mehr Würde, Wertschätzung • Zugehörigkeit und Identifikation; Motivation, es gut zu machen! Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Betriebsdemokratie – aber wie? • Do. Not talk. • Unternehmer: Sinn des Ganzen überlegen – nachhaltige Unternehmen und Leuchttürme schaffen, Experimente mit mehr Verantwortung einführen, Macht teilen. Menschen fördern. • Arbeitnehmer: Selbstbewusstsein zeigen. Demokratisch handeln, wo man selber verantwortlich ist. • Gewerkschaften: Gewinnbeteiligung und Belegschaftskapital für alle einfordern und durch TV und BV absichern. Belegschaftskapital: Keine Opfer bringen, Arbeitnehmerbeiträge durch Besitztitel und/oder neue Beteiligungsformen absichern Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Schon mal üben…. • Sich auf Uni-Ebene einmischen: • Gemeinsam definieren, was und wie gelernt und gelehrt werden soll! • Inhalte der BWL ändern! Nachhaltigkeit! Zweck des Unternehmens! • Professoren wählen und beurteilen! • Bessere Regierung wählen (Land / Bund)! • ….. ASTA? • Betrieb: heutige Rechtsnormen voll aus- und zum Üben nutzen: • Betriebsräte ab 20 Beschäftigte wählen • Vier Betriebsversammlungen durchführen – Transparenz und Information! Über Sinn des Unternehmens, Nachhaltigkeit und Arbeitsqualität sprechen! • Echte, bezahlte Reflektions- und Kommunikationszeiten im Betrieb vereinbaren • Arbeitsgestaltung in den Mittelpunkt rücken Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Woran erkennt man „demokratische“ Unternehmen? (1) Klares Bekenntnis zu Nachhaltigkeit und Zweck des Unternehmens als Produzent guter Güter und Dienstleistungen, nicht zum reich werden. Reinvestition der Gewinne. (2) Die Beschäftigten (nicht die Aktionäre) wählen die jeweilige Führung. (3) Die Entscheidungsstruktur ist stets mehrheitlich (2/3 ?) legitimiert. (4) Das Unternehmen besitzt sich selbst. Teilhabe aller an dem Betriebsergebnis (und der Haftung).

Alles andere ist Schein-Demokratie oder Partizipation ohne echte Rechte.

Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Wann haben wir eine Chance? (= Machtfrage) • • • •

Durch Genossenschaften – wenn es richtig gemacht wird. In der über-nächsten Wirtschaftskrise – vorbereitet sein! Bei Insolvenzen – Not-Übernahme durch die Belegschaften Bei Neugründungen (start-up) zu Beginn des Unternehmens – mit klaren Verträge zu Beginn!

• • • • •

Bei Familienunternehmen, wenn kein Nachfolger besteht Durch Gründung von Stiftungen (wenn die Eigentümer mitspielen) Wenn die vorhandenen Machtinhaber ihre Macht teilen wollen (selten) Durch Schenkung der Eigentümer (sehr selten) Durch Revolutionen (noch seltener). Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Kapitalismus oder Demokratie „Wenn der Kapitalismus des Konsolidierungsstaates auch die Illusion sozial gerecht geteilten Wachstums nicht mehr zu erzeugen vermag, kommt der Moment, an dem sich die Wege von Kapitalismus und Demokratie trennen müssen. (…) Die Alternative zu einem Kapitalismus ohne Demokratie wäre eine Demokratie ohne Kapitalismus, zumindest ohne den Kapitalismus, den wir kennen.“ Streeck, Wolfgang (2013: 235): Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus

Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Demokratie: Arbeitnehmer als Bürger "Unsere Vision ist, dass Manager in Zukunft nicht mehr im Auftrag des Eigentums über das Arbeitsschicksal der Arbeitnehmer/innen entscheiden. Vielmehr werden Arbeitnehmer/innen in nicht zu ferner Zukunft in einem demokratischen Prozess gefragt, ob ein Manager für sie arbeiten darf. Manager werden sich dann auf jeder Ebene legitimieren müssen, ob sie im Einverständnis mit den Arbeitnehmer/innen die Arbeits- und Betriebsorganisation gestalten können. Gegen oder ohne die Arbeitnehmer/innen kann ein Betrieb nicht erfolgreich geführt werden." Quelle: 20. Ordentl. DGB-Bundeskongress 2014, angenommener Antrag D001 Perspektiven und Zukunftsfelder der Mitbestimmung in der globalisierten Welt, URL: http://bundeskongress.dgb.de/++co++9981f15e-cebd-11e3-a119-52540023ef1a – Stand 30.10.2015

Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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„Nur eine Demokratie, die am Arbeitsplatz, im einzelnen Betrieb wurzelt, hat Hoffnung auf Bestand, und kann die Demokratie in der Welt sichern.“ Anker-Ording, Anke (1969: 24): Betriebsdemokratie

Die Kritik flößt der Macht Angst ein, denn die Kritik denkt über das machbare hinaus an das mögliche.

Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Literaturliste •

Anke-Ording, Anke (1969): Betriebsdemokratie



Breisig, Thomas (2005): Personal. Eine Einführung aus arbeitspolitischer Perspektive



Brandes u.a. (2015): Management Y: Agile, Scrum, Design Thinking & Co.: So gelingt der Wandel zur attraktiven und zukunftsfähigen Organisation



Ertl, Eric (1969): Alle Macht den Räten?



Felber, Christian (2011): Gemeinwohl-Ökonomie. Das Wirtschaftsmodell der Zukunft, 11. Aufl.



Hexel, Dietmar: Arbeiter als Kapitalisten?, in: DGB Bundesvorstand (2010) Belegschaftskapital als Baustein einer Krisenlösung. Verzicht ist keine Alternative.



Hoepner, Martin (2003): Wer beherrscht die Unternehmen? Shareholder Value, Managerherrschaft und Mitbestimmung in Deutschland.



Kieser, Alfred (1999): Organisationstherorien, 3. Aufl.



Kieser/Kubicek (1983): Organisation



Malik, Fredmund (2014) : Führen - Leisten - Leben



Müller, Hans-Erich (2013): Unternehmensführung, 2. Aufl.



Streeck, Wolfgang (2012): Gekaufte Zeit. Die vertagte Krise des demokratischen Kapitalismus.



Korsch, Karl (1969): Arbeitsrecht für Betriebsräte



!!! Laloux, Frederick (2015): Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit



Sattelberger, Welpe, Boes [Hrsg.]: Das demokratische Unternehmen. Neue Arbeits- und Führungskulturen im Zeitalter digitaler Wirtschaft.



Vilmar, Fritz; Sattler, U.-O. (1978): Wirtschaftsdemokratie und Humanisierung der Arbeit.



Zeuch, Andres (2015): Alle Macht für Niemand. Aufbruch der Unternehmensdemokraten.



Zimmermann, Wolfgang (2016): Umbruch in der Chefetage. Vom Heldentum zur agilen Führung.

Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Über den Autor Dietmar Hexel lebt und arbeitet Emmendingen/Breisgau als Berater und Hypno-systemischer Business-Coach.

mailto: [email protected] Aktive Funktionen: •

Stellv. Aufsichtsratsvorsitzender GMH Holding GmbH (Georgsmarienhütte)



Beirat EEP e.V. (Energieeffizienz)

Aus seinem Leben: •

Chemielaborant, Dipl.SozArb. (FH), Gewerkschaftssekretär, Organisationsentwickler, Systemischer Supervisor



1992 – 2002 Organisations-Chef beim Vorstand der IG Metall, Frankfurt



2002 bis Mai 2014: geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DGB-Bundesvorstandes, Berlin (Industrie- und Energiepolitik, Mitbestimmung, Organisationsentwicklung, Personal, Rechtsschutz)



2010 – 2012 Enquetekommission der Bundesregierung „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“



2007 -2011 Mitglied des SPD-Parteivorstandes



2002 – 2014 Vorsitzender des Kuratoriums Europäische Akademie der Arbeit (EAdA), Frankfurt



Ehemaliges Mitglied der Aufsichtsräte: Ingersoll GmbH, Alstom GmbH, RAG, Rechtsschutz GmbH, VTG des DGB.



Ehemaliges Mitglied im Nominierungsausschuss DPR e.V. (Bilanzpolizei)



Mitglied der Regierungskommission Corporate Governance Kommission (DCGK)

Back-up Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Vom Rätesystem zur Mitbestimmung „Durch die Wahl ihrer ‚revolutionären Räte‘ bekundeten die Arbeiter ihren Entschluß, zunächst den einzelnen Arbeitsbetrieb und dann die gesamte, aus einer Vielzahl konkurrierender Einzelbetriebe und Konzerne zusammengesetzte kapitalistische Volkswirtschaft als ein wirkliches „Gemeinwesen der Arbeit“ und die darin beschäftigten Arbeiter als die vollberechtigten ‚Bürger‘ dieses Gemeinwesens zu betrachten.“ Korsch, K. (1969:109): Arbeitsrecht für Betriebsräte

• Die Konferenz der Arbeiter- und Soldatenräte der November-Revolution entschied sich 1919 gegen die Räte-Demokratie und für eine parlamentarische. Das Versprechen, den Arbeitern und Angestellten Gleichberechtigung bei der Leitung und Führung der Betriebe einzuräumen, wurde bis heute nicht erfüllt. Es kam lediglich 1920 zum Betriebsrätegesetz und nach dem Faschismus 1952 und 1976 zur betrieblichen und unternehmerischen Mitbestimmung ohne Einfluss auf die wirtschaftlichen Entscheidungen. Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Sinn und Ursprung der der Mitbestimmung (Historie)  1918 Demokratie und das Versprechen von Mitbestimmung als Antwort auf Krieg, Kapitulation der Monarchie durch Selbstauflösung der Arbeiter- und Soldatenräte. Einführung des 8-Std.-Tages, Frauenwahlrecht.

 1920  1928  1951  1976

Betriebsräte-Gesetz statt Sozialisierung der Betriebe (ohne wirt. Mitbestimmung) „Wirtschaftsdemokratie“ als gewerkschaftliches Konzept in der Krise Montan-Mitbestimmung als Antwort auf Faschismus-Diktatur und Krieg

Mitbestimmungsgesetz als Antwort auf die Krise 1966/67 und auf den Wunsch nach „Mehr Demokratie wagen“

 2010 Praktizierte Mitbestimmung als Antwort auf die Folgen der Finanz-Krise 2008/2009

Mitbestimmung stärkt Kompetenz und Eigenverantwortung Unterschiedliche Formen der Teilhabe: - Mitbestimmung am Arbeitsplatz - auf Betriebsebene - auf Unternehmensebene

(der Einzelne) (Betriebsrat) (Aufsichtsrat)

- Teilhabe am Ergebnis (Gewinn) und am Wert (Kapital) fördert die Bereitschaft, sich aktiv zu engagieren, Verantwortung zu übernehmen und sichert die Loyalität der Belegschaft gegenüber den Entscheidungen des Managements. Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Mythen • 70er und 80er Jahre: „Die Gewinne von heute sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen.“ (Helmut Schmidt) • Heute: „Nur mehr Wachstum schafft Wohlstand und Arbeitsplätze.“

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Mythos Wachstum: dient Wirtschaften allen?

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Verantwortliche Unternehmensführung • An die Stelle von Mehrwert, Preis oder Zins wird das Thema Sinn treten. Wofür stehen wir? Was macht eine Bank? Zockt sie, investiert sie in Rohstoffe, unterstützt sie den Transport von Hähnchenschenkeln nach Südafrika und macht dort die Wirtschaft kaputt? • Wir haben einen tiefen Graben zwischen Ökonomie und Menschlichkeit gezogen. Wir ökonomisieren alles. Wir entwickeln uns zu einer seelenlosen Gesellschaft. Wir brauchen eine Versöhnung von Ökonomie, Geld und Menschlichkeit.

• Solange wir nicht völlig neu und anders auf die Dinge schauen, werden wir immer nur mit den alten Methoden arbeiten. (Quelle: Interview mit Helmut Lind, Süddeutsche Zeitung vom 21. März 2016, S. 18)

[Helmut Lind ist Vorstandschef der Sparda-Bank in München, die mitgliederstärkste Genossenschaftsbank Bayerns und eine der zehn größten in Deutschland. Er hat zusätzlich zur Bilanz eine Gemeinwohlbilanz eingeführt, die misst, was die Bank zum Gemeinwohl beiträgt]

Grundsätze und Aufgaben wirksamer Führung Grundsätze

Aufgaben

1.

Resultatorientierung

1.

Für Ziele sorgen

2.

Beitrag zum Ganzen

2.

Organisieren

3.

Konzentration auf Weniges

3.

Entscheiden

4.

Stärken nutzen

4.

Kontrollieren

5.

Vertrauen

5.

Menschen entwickeln und fördern.

6.

Positiv denken

Quelle: Malik, Fredmund (2014) : Führen - Leisten - Leben Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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Zukunftstrends  Wir verfügen über das Wissen und die Technologie, die Krise der Intelligenz und des Bewusstseins zu überwinden.

 Besser statt billiger! Massenprodukte können andere besser. Energietechnologie, Gesundheit, Bildung sind die großen Wachstumstreiber der nächsten zehn Jahre.

 Bis zu vier Fünftel der Arbeiten werden demnächst aus Tätigkeiten bestehen, bei denen Daten und Informationen alleiniger Rohstoff, Werkzeug und auch Resultat der Arbeit sind.

 Der Wissensträger Mensch ist der wichtigste Produktionsfaktor der Zukunft. Er lässt sich nicht kommandieren. Er will ernst genommen werden und mitbestimmen.

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Auf dem Weg: Eigene Ressourcen beachten • Visionen am Anfang klar legen, besonders Sinn, Zeithorizont, Ergebnisverteilung

• Eigener Verantwortung trauen. Keine Schein-Partizipation • Durch Aus- und Weiterbildung kulturell unterstützen Faire Teilhabe am Ergebnis (und Verlusten) on-top zu den tariflichen Entgelten vereinbaren • Langsam vorgehen, Fehlertoleranz von Anfang an • Größere Einheiten vermeiden (Entwicklung zur lokalen Netzwerken)

• Neue Formen und Rechte institutionalisieren (Banken geben ohne Vertrag auch keinen Kredit!) • Beiträge der jeweiligen Gewerkschaft aktiv einfordern.

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* Höhn: ehem. SS-Standardenführer, gehörte zum führenden Kreis der Organisatoren und Ideologen der Gestapo und der SS. (Kieser 1999; 97)

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Alles ganz einfach: • „Partizipation gibt den Menschen Kontrolle über ihre Arbeit, Gewinnbeteiligung gibt ihnen einen Grund, es besser zu machen, Informationen sagt ihnen, was geht und was nicht geht.“ (Ricardo Semmler, Semco, Harvard Business Review, 1989, Nr. 5, S. 76-84, )

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„Selbstwirklichkeitserwartung“ (Ein Konstrukt zur Erhöhung der eigenen Handlungsfähigkeit.)

„Formuliere und präge deinem Verstand ein mentales Bild von dir selbst als jemand ein, der Erfolg hat.“ Halte hartnäckig daran fest. Lass es niemals verblassen. Denk nie von dir selbst als jemand, der versagt. „ Peale, Vincent (1952): The Power of Positiv Thinking. [Peale war Pastor von Donald Trump und hat ihn in der Jugend sehr beeinflusst. Quelle: FAZ Nr. 18, 21. Januar 2017] Dietmar Hexel: Mehr Demokratie im Betrieb - aber wie? Universität Duisburg-Essen, 24.1.2017

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