M12_TB1881_2. Tagebuch vom August 1881 bis 30. Juni 1884

M12_TB1881_2 Tagebuch vom August 1881 bis 30. Juni 1884 Transkribiert und bereitgestellt vom Arbeitskreis „Herrnhuter Missionare im Westhimalaya“ am Z...
Author: Harry Dunkle
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M12_TB1881_2 Tagebuch vom August 1881 bis 30. Juni 1884 Transkribiert und bereitgestellt vom Arbeitskreis „Herrnhuter Missionare im Westhimalaya“ am Zentrum für Allgemeine Wissenschaftliche Weiterbildung (ZAWiW) der Universität Ulm

Zusammenfassung des TB Maria Heyde 1881/1884 1881 Maria Heyde setzte Mitte Oktober 1881 mit einem Rückblick bis zum 8.August ihre Tagebucheintragungen fort, dem Zeitpunkt, an dem sie und Wilhelm Heyde von ihrer großen Reise durch Nordwestindien zurückgekehrt waren. Die Reise hatte dazu gedient, den Sohn Gerhard zur Deutschlandreise nach Simla zu begleiten und um anschließend in Srinagar die Erlaubnis des Sultans zu erwirken, die geplante Missionsstation in Ladak errichten zu dürfen. Am 4.8., erlitt Maria, 44-jährig, ihre letzte Fehlgeburt, die sie wegen des starken Blutverlusts in Lebensgefahr brachte und noch lange schwächte, so dass Schwester1 Redslob den gesamten Schulunterricht übernehmen musste. Im November kehrte Bruder Redslob von Simla zurück, auch er hatte seine Kinder zu Beginn ihrer Deutschlandreise begleitet. Maria vollendete die ersten drei, später vier weitere Bogen ihrer Reisebeschreibung. Am 31. Dezember wurde Liesel Redslob geboren. 1882 Das Jahr weist relativ wenig große Ereignisse auf. Maria Heyde schrieb weitere Bogen ihrer Reisebeschreibung und vollendete diese mit nochmals vier Bogen im April. In der Gemeine wurden zwei Knaben geboren, Kinder von Tardod und Giatsi (21.1.) und von Dana und Betty (18.2.). Im Januar war die Taufe von Liesel Redslob, im April die der beiden Jungen und die Einsegnung der Ehe von Giatsi und Tardod. Eine schockierende Erfahrung war für die Missionare die öffentliche Rückkehr des Schulmunshi, Mohammed Backsch, zum Islam. Im April (2.4.) berichtete Maria Heyde über das Steinefieber, das in Lahoul ausgebrochen war. Auch Wilhelm Heyde kaufte Saphire und verkaufte sie mit Gewinn. Der Commissioner, Mr Davies, besuchte mit großem Gefolge Kyèlang. Wilhelm Heyde verließ für 10 Monate Kyèlang (8.9.1882-5.6.1883), um sich in Ladak dem Aufbau der neuen Station zu widmen. Mit den üblichen Herbstarbeiten, Schulehalten und Briefschreiben verging der Rest des Jahres für Maria Heyde recht einförmig. Die Feiertage, Weihnachten und den Jahresanfang, musste sie in „nicht geeigneter Stimmung“ ohne Wilhelm verbringen. 1883 Das Jahr begann für die Bewohner des Missionshauses tragisch. Die kleine Liesel Redslob starb am 12.1., als bei Schwester Redslob die Wehen einsetzten. Sie schenkte einem schwächlichen Knaben das Leben. Bald nach der Geburt bekam sie typhusartige Beschwerden und man fürchtete, auch sie zu verlieren. 1

Innerhalb der Herrnhuter Brüdergemeine redet man sich mit ‚Schwester‘ und ‚Bruder‘ an, Ehepaare oder eine gemischte Gruppe (z.B. die gesamte Gemeinde) sind dann ‚Geschwister‘

Da Schwester Redslob sich nur langsam erholte, kümmerte sich Maria Heyde um Mathilde und übernahm für längere Zeit die Pflege des Neugeborenen. Doch auch der kleine Bernhard Redslob verstarb etwa eine Woche nach seiner Taufe (5.3.). Am 8. April erhielten die Geschwister die beunruhigende, bald bestätigte Nachricht von einem neuen Unglück: Geschwister Pagell waren vor Monaten in Poo gestorben. Am 9.5. reiste Redslob nach Poo, um der verwaisten Station zu Hilfe zu kommen. Bis zur Rückkehr Wilhelm Heydes führten die beiden Frauen die Station. Wilhelm Heyde baute die meteorologische Station auf. Am 7. 9. erfuhr man im Missionshaus, dass die erwarteten Geschwister Weber gleich mit Redslobs nach Poo gehen sollten, was Heydes Hoffnung, dass Webers erst nach Kyèlang kämen, zunichtemachte. Als Redslobs Kyèlang verließen, fühlten Heydes sich traurig und einsam. Während Wilhelm in Tingtse weilte, war Maria Heyde zum ersten Mal ganz alleine im Missionshaus. Große Aufregung verursachten schwere Schneefälle, die Dana und Yourogpa daran hinderten, mit den Wintereinkäufen den Pass zu überqueren, zumal Betty, Danas Frau, hochschwanger war. Die Geburt von Bettys zweitem Sohn erfolgte einen Tag nach Danas Rückkehr am 19.12.1883. 1884 Der Jahreswechsel verlief für alle aufregend, da Dewa Sung, der Ableser der Wetterstation, total betrunken aufgefunden wurde und offenbar ein Verhältnis zu Giatsi unterhielt. Gute Nachrichten gab es im März, als Elly den Eltern ihre Verlobung mit Wilhelm Erdmann anzeigte (29.3.), die Erlaubnis erteilt wurde, in Ladak ein Haus zu suchen, und Heydes erfuhren, dass Redslobs und Webers gut in Poo angekommen waren. Die Schul- und Gottesdienstordnungen wurden geändert. Die Kinder sollten tibetisch schreiben lernen, worin sich auch Maria Heyde üben wollte. Am 17.4. kam ein Brief mit Bild von Wilhelm Erdmann an. Wilhelm Heyde schmückte Marias Geburtstagstischchen (19.4.) u. a. mit einem Bild der Kinder. Wochenlang litt Wilhelm unter starken rheumatischen Beschwerden. Eine unruhige, schwierige Zeit brach an, als Sherabin, Marias Hilfe, an „Shimpea“ erkrankte. Da man im Dorf den Ausschlag für einen Ausbruch der Pocken hielt, musste Sherabin, obwohl es ihr besser ging, wie andere Kranke ins Shakalungpa gehen, nachdem ein Kind an der Krankheit gestorben war. Vorbemerkung: Maria Heyde schrieb ihre Tagebücher in Deutscher Kurrentschrift, Namen dagegen meist in der sogenannten Lateinischen Ausgangschrift. Abkürzungen der Autorin wie Monatsnamen, Bruder, Schwester, von Endungen wie - lich etc. werden aufgehoben. Einzelne Wörter, die über der Stelle, an der sie in den Text als einzufügen gedacht waren, werden ohne eine darauf hinweisende Anmerkung eingepasst. [1] Notizen aus unserm Leben seit Anfang August 1881. Nachdem ich lange nichts eingeschrieben, will ich versuchen jetzt (Mitte October) die Ereignisse der letzten Monate so viel mir erinnerlich ist aufzunotiren. Am 8. August kamen wir nach Kyèlang zurück; wurden am 1sten Tag ganz von Geschwister Redslob freundlich bewirtet.

Den nächsten fingen wir unsre Wirtschaft an. Da wir gar keine Dienerin hatten, wurde Tan Droma intremistisch für einige Tage angestellt; es gab viel zu laufen: Boden Keller u.s.w. alles zu reinigen. Im Lauf der Woche Dienstag oder Mittwoch? ritten wir alle nach Tingtse wo wir bei Colonel und2 Mrs Warren zum Thee eingeladen waren. Sonnabend den 13. August trat Sherab Kundsom bei uns in den Dienst. Montag den 15. August fing ich an die Schulen der kleinen tibetischen Kinder zu halten, da Schwester Redslob mit der Ausstattung ihrer Kinder zu thun hat. Bis zum 2. September konnte ich dieselben mit wenig Unterbrechung alle Nachmittage nach alter Gewohnheit halten. Die übrige Zeit meist mit Räumen, auch Briefschreiben verbracht, wovon das Brief Büchel Nachricht giebt. 20. August Sonnabend verließen Warrens das Tingtse Haus. [2] 18[81]3 21. August Sonntag Zu Mittag kam Mr. Theodore vom Lagerplatz Karka zum Besuch; später folgten Andersons und Stenhouse's;4 es wurde Thee gemacht, ging etwas durcheinander da alle Dienerinnen fort waren. Gestern hatten wir Gemüse geschickt, die sehr geschätzt wurden, erhielten von Colonel Stenhouse 50 Rupees5 für die Mission. 23. Dienstag Abend kamen Andersons, weil er hier Kascherry6 zu halten hat. Mittwoch zu Mittag erschienen auch Stenhouse's. Wir hatten zu einem Tiffin7 gerüstet es ging so passabel. 26 August Freitag Die ganze Hausfamilie ging zum Pic Nic nach Karka und zwar auf den entgegen geschickten Pferden, nur Wilhelm ging zu Fuße da sein Pferd zu wild war. Die Kinder in Körben. Wir verbrachten einen sehr angenehmen Tag, trotz dem daß es dazwischen regnete; wurden von Mrs. Stenhouse sehr gut bewirtet. Ziemlich spät erst brachen wir auf, und kamen ganz im Dunkeln in Kyèlang

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In der Handschrift wurde wiederholt das sog. kaufmännische Und ( &) an Stelle des Wortes 'und' verwandt. Maria Heyde setzte die Jahreszahl stets auf die Innenseiten ihres Tagebuchs, rechts und links neben den Falz. Diese wird folgendermaßen wiedergegeben: für die linke Seite vom Betrachter 18[81.], für die rechte Seite [18]81. Der Name Maria Heyde erscheint in den nachfolgenden Anmerkungen nur abgekürzt als „M. H.“. 4 „Stenhouse's“ - U. a. bei Nominativplural- oder Genitivendungen auf -s ebenso wie bei Verschmelzungen von Präpositionen mit dem bestimmten Artikel - ins, ans etc. - setzte M. H. oft vor das -s einen Apostroph, ohne den vorausgehenden Teil des Wortes abzutrennen. Da diese Kombination im PC nicht dargestellt werden kann, wird der Apostroph in die Lücke zwischen Grundwort und Endung gesetzt. 5 „50 Rupees“ - 50 Rupien. Englische Wörter werden von M. H. oft, entgegen den englischen Rechtschreibregeln, mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben. Rupie (altind.: Silber) war die Münzeinheit des indisch-islamischen Kulturbereichs seit dem 16. Jh., 1 Rupie zu 16 Anas. Vgl. dazu das „Glossar“ und die dort angegebenen Literaturhinweise. 6 „Kascherry“ - engl. - cutcherry - in india a public administrative or judical office - in Indien ein öffentliches Verwaltungs- oder Richteramt, hervorgegangen aus dem Hindiwort 'kaceri', das auch die Bedeutung - Audienz-, Gerichts- oder Amtsgebäude - beinhaltet. (Definition ... at dictionary.com) 7 „Tiffin“ - im Anglo-Indian - ein leichtes Mittagessen 3

an. Ich enjoyte8 den Ritt sehr. Schwester und Bruder Redslob hatten bei der Brücke eine Art Abenteuer mit dem Pferd; erfuhren eine Lebensbewahrung. Noch ehe wir zu Hause angekommen hörten wir daß Mr [3] [18]81 und Mrs. Murray-Aynsley in Kyèlang seien; sie waren zu Mittag angekommen und hatten bereits ihre Zelte im Gehöft aufgeschlagen. Wir konnten sie an diesem Abend gerade nur begrüßen, und die seit längerer Zeit hier angehäuften Briefe und Zeitungen für sie, ihnen übergeben. 28 August Sontag Colonel und Mrs. Stenhouse kamen um dem tibetischen Gottesdienst am Vormittag beizuwohnen. Nach dem selben wurden die englischen Prayers9 von Mr. Aynsley gelesen; wir Europäer waren dazu in der Haus Besuchstube versammelt. Bald nach diesem Gottesdienst verabschiedeten Stenhouse's sich wieder. Unsre Wohnstube die wir Aynsleys zum Gebrauch angeboten ist während des Tages von ihnen eingenommen zum Schreiben und Lesen; in ihrem Zelt schlafen und frühstücken sie. Am Abend ist täglich auf Mrs Aynsleys Wunsch allgemeines Dinner in der Stube unten. Die lieben Leute fallen uns als etwas gealtert auf, sonst sind sie rüstig und sehr freundlich und gütig. Mrs. Aynsleys Schneider arbeitet für Redslob's Kinder. 29 August Montag.Wir gedachten besonders unsers lieben Paul, der heut in's Brüderchor10 aufgenommen wird. Zu Mittag kam ganz unerwartet Mr. Pauli hier an, sein Anmelde Brief folgte ihm nach einer halben Stunde. [4] 18[81] Mr. Pauli blieb 1 Woche hier logirte in der Fremden[-] stube, speiste Abends mit bei Aynsleys; während er das Mittagessen abwechselnd bei Redslobs und uns einnahm. Die interessanten Mittheilungen von seinen vielen Reisen belebten die Gesellschaft. Am 31. Mittwoch als an Fritzels Geburtstag machte Schwester Redslob eine Thee[-] einladung. Freitag den 2. September ging Mr. Pauli mit Wilhelm zur Farm herauf und besah und besprach die Felder. Brief von Elly mit Photographieen der Kinder erhalten. 4 September Sonntag Obwohl mir früh unwohl war müht[t?]e ich mich das Essen für Mr. Pauli fertig zu machen es gelang, ich konnte auch in die tibetische Predigt gehen, aber gerade als das Essen aufgetragen werden sollte 8

„enjoyte“ - eine Kombination aus dem englischen - to enjoy - genießen - und der dt. Endung der 1. Pers. Sg. Prät. -te - ich genoß. 9 „Prayers“ - engl. - Gebete, Bittgottesdienste 10 „Brüderchor“ - Gruppe in der Gemeine, deren Mitglieder das gleiche Geschlecht und den gleichen Familienstand hatten. Die Chöre, geleitet von ihren Pflegern und Vorstehern hatten ihre eigenen Versammlungen. Z. T. lebten sie in Wohngemeinschaften zusammen. Vgl. dazu das „Glossar“.

kam eine starke Blutung, und gleich darauf erfolgte ein Abortus, ich mußte mich natürlich gleich legen. Es that uns leid die noch kaum gewiß gewordene Hoffnung so vernichtet zu sehen. Ich hatte besonders starke Blutverluste, mußte die ganze Woche im Bett verbringen, wurde von Wilhelm überaus rührend besorgt und gepflegt. Mrs. Aynsley besuchte mich auch täglich einige Mal, brachte mir gütigst zu Essen und versorgte mich mit Lectüre; ich mußte ihre für den Druck bestimmten Manus kripte durchlen11: die Reise durch Spitti, und die „Persischen Mährchen.12 [5] [18]81 Am 6. September Dienstag reiste Herr Pauli von Kyèlang ab. Am 12. September Montag. verließen uns Mr und13 Mrs. Aynsley unser dankbares Andenken folgt ihnen. An demselben Tag stand ich zum ersten Mal ein wenig, auf, und von da an täglich etwas mehr; die Kräfte wollen noch nicht recht wiederkehren. Wilhelm sorgt treulich für mich, ich bekomme täglich Kornflowersuppen14 mit Rum und Wein. lebe meist auf dem Kanape; schreibe und arbeite ein wenig etc. Papa geht manchmal wegen der Gras- und Buchweizen Erndte herauf. Das Wetter ist fortwährend schön und sonnig, ja heiß. Die Geburtstage von Joldans Kindern am 17. und15 22. September konnte ich nur wenig berücksichtigen. Am 23. Freitag hatte ich Redslob's Kinder am Nachmittag zu einer Abschiedseinladung bei Mir; - am 24. Nachmittags gabs eine Unlustige Geschichte mit Dana und Redslobs Kindern. Sonntag den 25. September ging ich wieder in die tibetische Predigt, Abends war die deutsche Predigt bei uns. In der folgenden Woche ging Wilhelm alle Tage nach Tingtse u.s.w. und kehrte am Abend zurück. Am 30. September Freitag verließ Bruder Redslob mit den Kindern Elly und Fritz Kyèlang. Vom 2. bis 9. October Wilhelm wohnte ganz oben, kam nur am Mittwoch wegen den kostbaren [6] [18]81. Steinen, die Shamuel zum Verkauf brachte, herunter, so wie an den Sonntagen. Ich war mit Schreibereien Maschiene-Nähen etc. beschäftigt. Die Geschichte Unten ist wieder in Ordnung, Hals, Husten, und Atmungsbeschwerden machen mir Not. am 2. October einen schwachen, am 5. einen bedeutenden Erdstoß gefühlt!16 11 12 13 14

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„durchlen“ - verschrieben für - durchlesen „Persischen Mährchen. - M. H. setzte wiederholt nur zu Beginn der wörtlichen Wiedergabe Anführungszeichen. In der Hs. steht wieder das Zeichen „&“. „Kornflowersuppen“ - falsche Schreibung, gemeint ist wohl - cornflour - engl. - Mais-, Reismehl, es müsste demnach -cornfloursuppen - heißen. Engl. 'cornflower' bedeutet - Kornblume, aber auch Kornrade (ev. eine gefährliche Verwechslung, denn deren Samen sind hochgiftig). Wieder Verwendung des Zeichens „&“ Der Text „am 2. October ... Erdstoß gefühlt!“ wurde nachträglich in der restlichen Zeile und darunter eingefügt.

16. October Sontag In der vergangenen Woche war Wilhelm wieder ganz Oben wegen dem Dreschen. Vom Montag an fing Schwester Redslob die tibetische Schule am Nachmittag wieder an, nachdem sie lang unterbrochen war. Ich war am Dienstag und Mittwoch zu unwohl um auch anzufangen. Am Donnerstag theilten wir die Aepfel, nachdem die Erndte völlig beendet war; es war ein reiches Aepfeljahr, besonderes ist wol nichts passirt. Die Ratten und Mäuse machen im ganzen Hause viel Lärm und Wirt[-] schaft. 23. October Sontag Von der letzten Woche ist allerlei zu bemerken: Montag früh ging Papa wieder nach Tingtse. Ich fing am Vormittag meine kleine Schreibschule mit den tibetischen Mädchen - den 4 ren - an. Nachmittags besuchte ich die Sara wir lasen und sprachen zusammen. In der Nacht vom Montag zum Dienstag wurde das Bagton17 von Gungrang gemacht. mit vielem Tadmo18; nachdem die Braut für den jungen Dscho19 schon im vergangen Herbst aus Trinan gebracht worden war. Es ist dieselbe bomo20 die früher vor 16 – 17 Jahren mit ihrem Großvater Tara Chand öfter bei uns [7] [18]81. besuchte. Am Dienstag Vormittag wurde meine Schule durch das Bringen der Geschenke vom Gungrang Kar21 unterbrochen. Wir erhielten Mehl, Reis Butter und Arrac22; schickten Aepfel zurück; man verfährt sehr freigebig, ich glaube alles Volk bekommt Essen. auch unsre Christen wurden reichlich bedacht, sie erhielten außer den Victualien wie wir, eine rama23. Ich hörte dies als ich am Nachmittag die Martha besuchte um mit ihr zu lesen, es schien ihr aber so unpassend. zu kommen; daß ich unverrichteter Sache heimkehrte. Arge Staubwinde. - Das Wetter wird alle Tage drohender am Morgen und Abend ist's recht kühl. Schon seit voriger Woche habe ich angefangen am Abend in der Stube zu feuern und das Thee Wasser zu kochen. An demselben Dienstag - den 18. October - Vormittag fiel die kleine Mathilde in die Cisterne wurde zum Glück von Dana unversehrt herausgezogen. Donnerstag den 20. October Anfang der Kartoffel-Erndte. Obwohl Wilhelm zu Mittag herunterkam, beteiligte ich mich den ganzen Tag eifrig daran. Freitag zu Mittag wurde diese Arbeit beendet; es war wieder eine reiche gesegnete Erndte. Freitag Vormittag kochten wir die gestern gekommene Baldar-Butter aus. Von Mittag an wurde das Gemüse in die Grube geschafft. Ich schälte noch einmal Aepfel zum

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„Bagton“ - nicht bekannter tibetischer Ausdruck, gemeint sind wohl die Hochzeitsfeierlichkeiten. „Tadmo“ - tibet. (?), von M. H. wiederholt im Sinne von - Lärm, Aufregung, Unruhe machen - gebraucht. Vgl. TB M_04 1871, 15.06.1872 und das „Glossar“. „Dscho“ - jo - tibet. - Eigenbezeichnung der lokalen Fürsten bzw. des Lokaladels. Vgl. dazu das „Glossar“. „bomo“ - tibet. Frau, Mädchen „Kar“ - tibet. - Burg, das Haus der herrschenden Familie. Vgl. dazu das „Glossar“. „Arrac“ - arac (21.1.1884) - tibet. - aus Gerste gewonnener Schnaps. Vgl. dazu das „Glossar“. „rama“ - tibet. (?) - die Bedeutung ist nicht bekannt, vielleicht - ein besonderes Geschenk

Trocknen so daß mein Vorrath davon vollständig wird. Sonnabend früh erhielten wir einen Anmelde[-] [8] 18[81.] Brief (samt Empfehlungs-Schreiben von Mrs. Pigott) von einem Mr. Wingate. Derselbe war auch gegen 10 Uhr zum Breakfast da, er ist nun für einige Zeit unser Gast, logirt in der Fremdenstube im Haus, wo er feuern kann; er hat einen Diener. Die Mahlzeiten bereiten wir natürlich. Heut am Sontag macht Schwester Redslob das Dinner. Die kleine Mathilde war viel um mich. Erst spät gedachte ich an Adolf der heut 50 wird. Mr. Wingate wohnte dem tibetischen Gottesdienst bei der sonst bei Besuchen übliche englische fiel aus. 30. October Sonntag Länger als wir erwarteten blieb der Besuch hier; am Montag ging Mr. Wingate mit Wilhelm nach Tingtse in's Kloster, und nach Tatscha24, kamen Abends ziemlich spät heim Die meisten Mahlzeiten waren selbstverständlich bei uns, doch machte Schwester Redslob am Dienstag Dinner, und Donnerstag Breakfast. den Diener des Herrn, einen römischen Christen aus Goa stellten wir zum Tischbedienen an, auch half er bei einigen Speisenbereitungen; er ist ein williger bescheidener Mensch. Sein Herr ist ein Christ mit oft etwas ungewöhnlichen Ansichten, hat lebhaftes Missions-Interesse, und Rechengabe. Sein Vater war Juden Missionar in Pe[r]th. Mit Wilhelm hat er viele Unterhaltungen und Besprechungen gehabt, namentlich die Moravians25 betreffend. Mr. Wingate scheint ein angenehmer rückhaltsloser Mann zu sein. Bei seiner Abreise am Freitag früh hinterließ er ein Geschenk von 50 Rupien für [9] [18]81. die Mission. Mit meinen Arbeiten war natürlich während diesen Besuchstagen nichts los; nur am Dienstag konnte ich die Schreibschule halten. Nachdem Freitags den 28. October Mr. Wingate abgereist war, ging Wilhelm den ganzen Tag nach Tatscha, wo an der Yurra26 gearbeitet wird. Ich hatte Vormittags die Kinderschule, Nachmittags die Sara zum Lesen hier. Einige rote und grüne Aepfel für den Winter in den Keller gebracht. Am Sonnabend großer Kram- und Aufräume- Tag, um nach dem Besuch alles wieder in's gewöhnliche Gleis zu bringen. Heut und gestern kamen Sangkarleute mit Butter. Den heutigen Sonntag begingen wir auf gewöhnlich stille Weise; am Nachmittag schrieben wir beide Briefe. Das deutsche Predigten lesen ist seit Bruder Redslobs Abreise ganz aus[-] gefallen. Das Wetter ist sehr klar und schön, an den Morgen 24 25

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„Tatscha“ - tibet. - ein kleines Steinhäuschen auf der Bergweide. Vgl. dazu das „Glossar“. „Moravians“ - engl. - die Mitglieder der - Moravian Church - der mährischen Kirche, Bezeichnung der Brüdergemeine in den angelsächsischen Ländern. Vgl. dazu das „Glossar“. „Yurra/Jurra“ (S. [38], 25.6.1882) - tibet. - eine oberirdische Wasserleitung, Kanal oder Graben, durch die, überwiegend zur Bewässerung der Felder, das Schmelzwasser vom Gletscher herabgeleitet wurde. Vgl. dazu das „Glossar“.

und Abenden recht kalt, man hat da gern ein Feuer in der Stube. Wilhelm ist verkältet, hat's arg auf der Brust. er hat heut ein Holloway27 Pflaster aufgelegt. Ich bin Gott sei Dank wieder ganz wohl; komme aber wenig heraus in's Freie. 6. November: Sontag Ereignisse der vergangenen Woche: Montag den 31. October früh Butter auskochen, dann Kinderschule; Nachmittags die Sara. Wilhelm war bis Mittag Oben in der Farm. 31. October temps28! Dienstag wie gewöhnlich Schule Nachmittags die Martha. Mittwoch Briefe geschrieben. Am Abend dieses Tages den 2. November: besuchten ganz unerwartet und unangemeldet 2 Herren von Spiti kommend hier. In aller Eile [10] 18[81.] und Aufregung wurde von den wenigen Fleischresten ein notdürftiges Essen hergestellt. 3 November Donnerstag. blieben die Herren da; wohnten im Thasil29. Wilhelm hatte viel Verkehr mit ihnen. Sie baten sich allerlei Vorräthe aus. Abends zum dinner hatten wir sie eingeladen, wozu es natürlich die übligen Vorbereitunge[n] galt. Es waren scheints nette Leute: Ein Commissioner30: Mr. Anderson, und ein Barister of High Court31: Mr. Steven. 4. November: Freitag reisten die Herren wieder nach Chamba. Das Wetter bleibt ununterbrochen klar und schön. Wilhelm geht fast täglich einmal herauf gewöhnlich für ½ Tag. Schulen in gewohnten Gang. Briefe geschrieben und erhalten; wenig genäht. Alle sind Gottlob wohl. 13. November: Sontag Von der letzten Woche ist nicht viel zu sagen: Vormittags- und Nachmittags Schulen in gewohntem Gang; dazwischen etwas geschrieben, und genäht. Wilhelm geht täglich - manchmal 2 Mal aus, in das Bilingthal wo eine neue Mühle ½ von Seiten der Mission ½ vom Thassil gebaut wird; und auch nach Kildang und Sarjing; einmal, am Sonnabend ging er in Shakalungpa um die Möglichkeit einer neuen Wasserleitung zu untersuchen. Schwester Redslob hatte großes Stubenaufräumen; wir machten nur unsre Bodenseite rein. Am Montag war nemlich die gekaufte Chang32 Wolle von Gyiamo 27

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„Holloway's Pflaster“ - vermutlich ein mit Holloway's Salbe präpariertes Pflaster. „Holloway's Pills“ und „Ointments“ - engl. - Holloways Pillen und Salben. Die Pillen wurden als Allheilmittel im ganzen Britischen Empire angeboten. Von Heydes wurde dieses hauptsächlich stark abführende Präparat, aber auch die Salbe sehr geschätzt. M. H. erwähnte das Medikament oft nur unter der Bezeichnung „Pillen“ (S. [19], TB 15.1.1882) oder „H. Pillen“ (S. [38], 28.6.1882). Vgl. dazu das „Glossar“. „temps“ - franz. - mit diesem Ausdruck wies M. H. auf den Beginn ihrer Periode hin. „Thasil/Thassil“ (vgl. unt. dem 13.11.1881, S. [11]) - tibet. - (Wohn- ? und) Amtssitz eines Thasildars (Tara Chand und sein Nachfolger Hari Chand waren Thasildare), d. h. eines Beamten, der, aus dem Landadel stammend, im Dienste der britischen Kolonialverwaltung stand und auf der untersten Stufe die „niedere Gerichtsbarkeit“ ausübte. Er durfte in Gerichtsverfahren Strafen bis zu einem Monat Haft oder bis zur Höhe von 50 Rupien aussprechen. Vgl. dazu das „Glossar“. „Commissioner“ - engl. - leitender Beamter, Regierungsvertreter, hoher Beamter in der britischen Kolonialverwaltung in Indien. Bei dem hier erwähnten Commissioner Anderson scheint es sich nicht um den am 23.8.1881 (S. [2]) erwähnten Mr. Anderson, den Assistant Commissioner von Lahoul, zu handeln. Vgl. dazu das „Glossar“. „Barister ...“ - Barrister of High Court - engl. - Anwalt des Hohen Gerichtshofs. Vgl. dazu das „Glossar“. „Chang Wolle“ Herkunftsbezeichnung; Handelsgut der halbnomadischen Changpa; s. auch Glossar

gewaschen worden, und hatte dann oben gehangen. Wetter ununterbrochen schön, blauer Himmel, und warm Heut am Sontag Nachmittag gingen wir in's Biling[-] [11] [18]81. thal spazieren, um den Mühlenbau zu sehen; es war seit der Krankheit mein erster Spaziergang. - - 20. November Sontag Außer den gewöhnlichen Schulen war meine Hauptbeschäftigung in dieser Woche Schreiben Teils Briefe und Teils den Anfang vom Reisebericht; 3 Bogen davon fertig. Papa ging täglich aus: entweder herauf oder zum33 Mühle, am Donnerstag auch (früh am Morgen) zum Schaka lungpa. an demselben Tag: den 17. änderte sich das Wetter in so weit, daß nach den gestrigen furchtbaren Staubwinden auf den Bergen Schnee fiel, der sich bis ins Thal herunter[-] zog, aber nicht liegen blieb. Am selben Donnerstag erkrankte die Kunga Rolma heftig. Freitag den 18. packten wir die getrockneten Blumen für Dr. Watt ein, und Sonnabend verlötete Wilhelm den Zinkkasten. Zu anfang der Woche hörten wir daß die junge Shema34 von Trinan plötzlich gestorben sei. Nach dem Schneefall ist das Wetter wieder schön geworden, aber kälter. Heut am Sontag. den Nachmittag mit Briefschreiben verbracht später mit Wilhelm in's Bilinglungpa35 spaziert, wo die Mühle beinahe fertig ist. Ich habe oft mit starkem Herzklopfen und Asthma Noth36. Am Abend lasen wir in den „blauen Heften“37 Lebensläufe. - Sonabend den 19. November ist der Munshi38 mit seiner Familie von hier abgereist, um den Winter in Njungti zu verbringen [12] 18[81.] 27. November: Sontag 1ster Advent. Wochenbericht: Dienstag den 22. räumten wir die Schlafstube gründlich auf, und sonnten die Betten. Ramelie war auf Arbeit, zu Mittag waren wir ziemlich fertig. Mittwoch Vormittag wusch Ramelie Wäsche. Kunga Rolma kam an dem Tag wieder zu Schwester R[edslob]. Die Schulen wie immer, von den Frauen nur die Betty am Sonabend Nachmittag. Wenig genät, lange über dem Schreiben gesessen, ohne viel zu volbringen. Freitag den 25. November: kehrte Bruder Redslob von der Simla Reise zurück. Das Wetter in den 2 letzten Tagen trüb und 33 34

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„zum“ - vermutlich verschrieben, es müsste 'zur' heißen. „Schema“ - Frau eines Jo, eines Adeligen. S. dazu das „Glossar“. Gemeint ist wohl die auf [S. 6] erwähnte Braut, die Enkelin Tara Chands. Nachdem M. H. [S. 10/11] einen Spaziergang ins „Bilingthal“ erwähnte, notierte sie hier, dass sie mit Wilhelm einen Spaziergang ins „Bilinglungpa“ unternommen hätte. Demnach könnte das tibetische Wort - 'lungpa' Tal bedeuten. (Vgl. auch die Bezeichnungen der Täler in der Broschüre „Man muss sich raffen“, S. 32.) Am 29.7.1884 notierte M. H. hinter „Shaka lungpa“ allerdings „(kleine Alpe)“. Es fehlt ein Prädikat, wie z. B. 'zu kämpfen'. „Blaue Hefte“ nannten Heydes die „Gemeinnachrichten“, Periodika der Herrnhuter Brüdergemeine. Vgl. dazu das „Glossar“. „Munshi“ - Hindi - Schreiber, Sekretär, Sprachlehrer. Vgl. dazu das „Glossar“.

drohend ist heut wieder prächtig. Kamen aber gar nicht heraus, da ich den ganzen Nachmittag schrieb, um Briefe abzuschicken an die Kinder. Heut gegen Abend kamen die Ladungen aus Simla an, wurden aber nicht ausgepackt. 26 November temps! 4 December Sontag 2. Advent. Wochenbericht: Montag die Simla-Sachen ausgepackt; unsre Bestellungen am Vormittag erhalten; Nachmittags die geschenkten Kleider (es waren eine ganze Menge von Colonel Hutschison) mit Schwester Redslob geteilt. Von Mrs. Fordyce erhielt ich 2 niedliche Vasen, von Fräulein Gaudian 1 schönes Kästchen mit Japanesischem Muster. Sonst ist wol nichts besonderes passirt. Schulen im gewohnten Gang. Marta kam wieder nicht. [13] [18]81. Betty aber kommt pünktlich am Sonnabend. Wie in der letzten Zeit: Bei dem Druck des Schreibens nicht viel anderes vollbracht. Bis Sontag Abend nur 4 Bogen Reise geschrieben. Am Donnerstag Chatney39 gemacht. Sonabend, beim Aufräumen geholfen, Fenster putzen lassen. Da das Wetter wieder so anhaltend schön und warm ist, und bleibt, so wollen wir die Decken noch nicht in die Stuben legen. Seit dem vergangenen Montag den 28. November: Kochen wir ganz in der Stube. In unsrer Speisekammer fangen wir viele Mäuse. Am Mittwoch wurde eines von unsern großen Kälbern geschlachtet. Wir bemühen uns alle Morgen in den tibetischen Morgensegen zu gehen, auch wenn Wilhelm ihn nicht hält. Heut am Sontag Nachmittag wieder geschrieben, gegen Abend wieder mit Wilhelm nach Biling zur neuen Mühle gegangen. Abends ½ 8 deutsche Predigt von E[rnst ?] Reichel bei uns in der Stube. Vergessen aufzuschreiben: etwa um den 23. November: erhielten wir durch Gelegenheit Briefe von Jonatan und Zaka aus Ladak mit der Nachricht daß Mattha sich wieder verheiratet. Montag den 5 December: Wilhelm ging am Vormittag in den Kardang Wald wegen Holz, predigte dann in Kardang. Nach Tisch erhielten wir per pala40 einen Pack Bücher von Mr. Anderson aus Kulu. Hono, die Garra Bomo Bagma ge kyer t.41 [14] 18[81.] Am 5. December: Abends von der 9. Stunde an konnten wir die Stattfindende Mondfinsternis bei klarem Wetter 39 40 41

„Chatney“ - chutney - Hindi/engl. - Paste aus Früchten und Gewürzen „per pala“ - ein in Segeltuch eingewickeltes Paket „Hono, die Garra Bomo“ - Hono, die Schmiede (Garra) Frau/Tochter (Bomo). Vgl. zu 'Bomo' unt. S. [117], 14.8.1883. „Bagma ge kyer t.“ M. H. schrieb die Vorsilbe 'ge' und das 't' für die Endung des deutschen Part. Perf. in Kurrentschrift, 'kyer' dagegen in tibetischen Schriftzeichen. Diese bedeuten (nach A. Heine) ‚verursachen‘, ‚ins Leben rufen‘. ‚Bagma‘ bedeutet soviel wie ‚Hochzeit‘ evtl. auch ‚Braut‘. Folglich müßte Hono, die Tochter des Schmieds entweder zur Braut bestimmt worden sein oder Hochzeit gehalten haben.

gut beobachten. Der Mond war bis auf ein winziges Scheibchen verfinstert. Wilhelm war über eine Stunde lang im Thasil wo die Jungen arg schrieen, und sprach mit den Leuten. 6 December Dienstag Wir gedachten viel unsers Geburtstags Kindes. Wilhelm war den ganzen Tag Oben: in Schaka, Tingtse, und Sarjing; ich wie gewöhnlich beschäftigt. Schrieb Briefe, da Marta wieder nicht zum Lesen kam. Am Abend erhielten wir durch die Post die bestellten Sachen aus Herrnhut: viz42 Taschentücher Strümpfe, Pfeifen, Glas etc. Mittwoch Nachmittag Briefe an die Simlaer geschrieben, und zur Post gegeben. Wetter in der letzten Wochenhälfte trüb. Mit der Freitag Post Brief von Elly. In ärgerlicher Stimmung wegen verlorener Post. In der Nacht vom Freitag zum Sonnabend erster Schnee im Thal, nicht sehr bedeutend. Sontag den 11. December 3ter Advent. Wieder mit Briefschreiben beschäftigt, gar nicht heraus gekommen. Wetter trüb. Rabne43 beim Banerji.. Sontag den 18. December: 4. Advent. Wochenbericht. Außer den gewöhnlichen Schulen und den laufenden Geschäften, Weihnachtsbäckereien für das Kinderbescher gemacht viz. am Dienstag und Donnerstag, auch eine Anzahl Wachs[-] lichter von dem schlechten Wachs fabrizirt. [15] [18]81. Wilhelm war ein par mal bis in die Nacht hinein mit dem Durchsehen des „Lucas“ beschäftigt, dessen Uebersetzung in dieser Woche fertig wurde. Ferner hatte Wilhelm das Sprechen44 der Christen vor dem Abendmahl. Ich scribirte45 dazwischen an der Reise ohne große Erfolge, oft in unartiger Stimmung. - Am Freitag war Todtenfeier in Dompa Tserings Haus wegen dem bei Brückeneinsturz umgekomenen Sohn. Das Wetter unausgesetzt prächtig, wir schlafen oft nicht recht gut, sind manchmal sehr spät am morgen aufgestanden. Heut am 18. gedachten wir viel unsers Geburtstags[-] kindes; Nachmittags nach 4 Uhr war das üblige Bescheer für die Christenkinder; jedes erhielt einen kleinen bunten Skerak46. Abends tibetisches Abendmahl von Wilhelm gehalten. 26 December Montag 2ter Weihnachtstag. Wochenbericht: An den ersten 4 Tagen tibetische Schule gehalten, hauptsächlich um die Kinder ihre kleinen Weihnachts Arbeiten beenden zu lassen; sie machen nemlich zusammen für ihre Väter 1 p[ar]47 Halbhandschuhe, für die Mütter 42 43 44

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„viz“ von - videlicet - lat.-engl. Abkürzung - nämlich, und zwar „rabne“ - tibet. - rab gnas - eine Weihezeremonie (z. B. eines Bildes). Vgl. dazu das „Glossar“. „Sprechen“ - ein individuelles, seelsorgerliches Gespräch ... als Vorbereitung auf die Teilnahme am Abendmahl, keine Beichte. Vgl. dazu das „Glossar“. „ich scribirte“ - ein aus dem lat. 'scribere' - schreiben - mit der Endung der 1. Pers. Sg. Prät. 'te' konstruiertes 'ich schrieb'. „Skerag“ - tibet. - ske rag - Gürtel, Riemen, Band. Vgl. dazu das „Glossar“ und den Brief an Gerhard Heyde vom 24.12.1881: „dazu bekam jedes einen bunten Schal (oder eigentlich Skerak).“ „par“ - vgl. ob. S. [15] - ein par mal. M. H. schrieb 'pa[a]r', 'Pa[a]r' oft mit einem 'a' und das 'Paar' mit kleinem Anfangsbuchstaben .

Topflappen. Daneben noch einige Weihnachtsbäckereien für uns gemacht, so wie auch die Strietze48 gebacken. Donnerstag und Freitag den Fußsack renovirt; und für mich einige kleine Sachen genät. Am Montag und Dienstag hatte Wilhelm den neuen Lampenfuß und Schirme für die kleine KerosinLampe sehr hübsch und nett angefertigt, war dann mit seinen Rechnungen beschäftigt. Freitag und Sonabend warteten [16] 18[81.] wir vergeblich mit Spannung auf die Post. Am Sonnabend war Christnacht. Wilhelm hielt sie; es waren viel wenige[r] Dorfleute zugegen als sonst, da in Gungling ein Gewa49 war, wozu die meisten gegangen. Wir haben keinen Baum für uns geputzt; half dagegen mit unsern alten Papieren etc. Dana's Bäumchen aufputzen. Bei Redslob's war es auch recht still. Am 1sten Feiertag Sontag hatte Wilhelm die tibetische Predigt. Früh war ein Kyorpa50 nach Njungti abgegangen, dem wir ein Kästchen mit Weihnachtsbäckereien und Karten für Mr. Theodore mitgegeben. Nachmittags waren Dana's mit ihren Kindern, und Dewa Sung mit seiner Kleinen bei uns in der Stube. Die Illustrirten Zeitungen wurden angesehen. Abends Deutsche Predigt bei Redslob's. Heut am 2. Feiertag hatten wir Nathanael zum Mittag Essen geladen; später kamen die Shamuels Familie und Tardod mit seiner Frau dazu. Die Illustr[irten] boten wieder reichliche Unterhaltung. Wetter prächtig! warum nur die Post bis jetzt ausblieb? Am 21. hatten wir der Mathilde ein kleines Bescheer gemacht. Am 23. December temps! temps. Zu Anfang der Woche hatten wir beide Briefe geschrieben, die am Mittwoch zur Post gingen. 27. December: Dienstag den ganzen Tag fleißig mit der Maschiene genät. 4 neue Bettücher und anderes. 28. December Mittwoch Ramelie wusch ½ Tag Wäsche. - [17] [18]81. Ich schrieb Simla-Briefe, die zur Post gingen. 29. December: Donnerstag. Wilhelm ging herauf zur Oekonomie um das Inventarium zu machen. Es schneite ein wenig im Thal, klärte sich aber bald wieder auf. Einen Guß Lichter gemacht. Brod und Strietz gebacken. 31. December: Sonnabend. Vormittags Stuben Räumen wie immer. Nachmittags 2 Uhr wurde die kleine Elisabeth Redslob geboren, es ging Gottlob alles gut und schnell

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„Strietze“ - landschaftlich für größeres Hefegebäck „Gewa“ - Die Bedeutung ist nicht bekannt. „Kyorpa“ - tibet. - Kyor - bezeichnet den Herkunftsort, das Suffix -pa - eine männliche Person. Vgl. dazu das „Glossar“. Vielleicht meinte M. H. auch einen 'Kurpa' - einen Boten oder Lastträger.

von Statten; gestern und heut ein wenig Brief geschrieben. Die Post kam, aber keine Overland Briefe51 1882. 1 Jannuar Sontag. Nachdem gestern Abend Wilhelm den tibetischen Jahres-Schluß gehalten, und ich noch einmal nach dem kleinen Kind gesehen, saßen wir zusammen bis über Mitternacht auf. Zuerst einiges aus dem Tagebuch gelesen, dann mit Psalmen lesen, und Gebet Jahres Uebertritt gefeiert. Heut den Tag still in der Stube verbracht mit Briefschreiben. Wilhelm übersetzte die englischen Karten für die Ladaker Christen in's Tibetische, und schickte sie zur Post. Das Wetter sieht, wie schon mehrmals in letzter Zeit, recht drohend und Schneereich aus, klärt sich aber immer wieder; wir sind froh, daß die Post noch geht. [18] 18[82.] 8 Januar Sontag. Wochenbericht. Christenkinder Schule. täglich, Vor- oder, Nachmittag gehalten. Alle Morgen die Kleine Elisabeth gebadet, sie ist ein stilles gesundes Kind. Abends sie nicht besorgt. Schwester Redslob geht es so weit gut; er und die Mathilde sind nicht ganz flott. Wilhelm mit seinen Rechnungen beschäftigt, ich außer etwas Näherei, noch 3 Bogen Reise geschrieben, da die Post, wenn gleich unregelmäßig, bis jetzt gegangen ist. Das Wetter meist klar, Morgens und Abends empfindlich kalt, besonders in unsrer Schlafstube. Vergangenen Donnerstag, den 5. wurde 1 Dso52 geschlachtet, nein, es war schon am 4. Januar. Sonnabend den 7 ten früh, das Fleisch in die Salzlacke gelegt Heut am Sontag außer den Versamlungen53 die Briefe für die Post beendet, gegen Abend die kleine Mathilde bei uns zum Besuch gehabt; gar nicht ausgegangen. 15 Januar Sontag Hauptereignis der Woche: Der erste tüchtige Schneefall in diesem Winter, nachdem es lange trübe gewesen. Dienstag den 10 Januar Abends fing es an, und schneite den ganzen Mittwoch hindurch wol 2 Fuß54. Die am Sontag fertig gemachte Post konnte nicht abgeschickt werden, so wie auch keine mehr angekommen ist. Wilhelm hatte ein sehr [19] [18]82. rotes entzündetes Auge. Wir beide nahmen die Woche hindurch morgens und Abends tüchtig Pillen. Bei Redslobs geht es Mutter und Kind so weit gut; ich gehe täglich am morgen baden. Schulen außer Donnerstag regelmäßig 51

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„Overland Briefe“ - engl./dt. - Überlandbriefe - gemeint sind vor allem Briefe aus Übersee, besonders von den Kindern, die Heydes meist im Frühjahr mit großer Spannung erwarteten. „Dso“ - tibet. - Kalb; vgl. unten S. [178], 3.6.1884. Gottesdienstliche Zusammenkunft; s. auch Glossar „Fuß“ - hier wohl als englische Maßeinheit = 30,5 cm angegeben

entweder Vor oder Nachmittag gehalten; Auch kamen wieder einmal Marta und Betti zum lesen. Wilhelm seine Rechnungen abgeschlossen. Am Sonnabend ein Wochen-Essen für Schwester Redslob gemacht. Heut am Sontag still zu Hause. Tardod aß bei uns zu Mittag; Nachmittags 1 Stunde auf dem Harmonium gespielt. Seit Freitag das Wetter klar und kalt; wir haben nun am Schlafstubenfenster Eisblumen Gestern am 14. war Wilhelm mehrere Stunden im Thasil wo das Geld für den Mühlenbau ausgezahlt wurde. Am 12. holte des Yurogpa Rigdsin seinen bag ma 55 heim. 22 Januar Sontag. Wochenbericht: Am Montag Nachmittag fleißig mit der Maschiene genät: meine Hosen renovirt. Dienstag den 17. Januar Anfang der großen Strickschule. Am Vormittag täglich die Christenkinder Schule; fing mit Rechnen, oder vielmehr Zahlen schreiben an. Sonnabends die Betty gelesen. Wenig Handarbeit gemacht. Wilhelm mit Uebersetzen der Glauben'slehre56 beschäftigt. Am 19. Round of Beef57 eingelegt.19 Januar temps [20] 18[82.] Januar. Das Wetter in dieser Woche wechselvoll. Nach Trübsein und unbedeutenden Schneefällen klarer Himmel. Dabei nicht kalt, außer des Nachts in unsrer Schlaftube. Heut wie gewöhnlich stiller Sontag. Wilhelm spielte lange unten auf dem Harmonium. Bis gestern am 21. die kleine Elisabeth Redslob früh gebadet, heut damit aufgehört. Heut hörten wir daß gestern am 21. Januar dem Tardod und der Giatsi ein Sohn geboren ist. (22. ein neues Sammtkäppchen gefertigt und in Gebrauch genommen)58 29. Januar Sontag. Montag den 23. war Wilhelm in Sarjing um die Giatsi, welche Schmerzen hatte, zu besuchen; es war tolles Schneewetter! Dienstag früh das Rindfleisch in den Rauch gehangen. Es war meist trübe und schneeig, dabei mehr naß als kalt; nur am Donnerstag war ein klarer Tag; an demselben wusch Giamo zum ersten Mal Schulstrümpfe. Die Schulen Vor- und Nachmittags in regelmäßigem Gang. Wilhelm hat außer seinem Uebersetzen, alle Tage die Männer einzeln zum Unterricht. Am Abend las er mir häufig aus der Missionszeitschrift Interessantes vor. Am 28. Abends hatten die Barboger und Kardanger ihr lo gsar59 während die diesseitigen Dörfer es erst heut am 29. haben, d.h. am Abend. Heut am Sontag einen kleinen Anfang gemacht, die Christen-Schulkinder zu einer Art Sontagsschule zu versammeln, einen Ansatz zum Häkeln gemacht, nachdem

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Tibetische Schriftzeichen, die Bedeutung ist nicht bekannt. Die Reihenfolge der Wörter ist gemäß der Intention (Kennzeichnung durch Klammern sowie 1 und 2) der Autorin geändert worden: „Wilhelm mit Uebersetzen ( beschäftigt (2) / der Glauben'slehre (1)).“ „Round of Beef“ - engl. - Rinderkeule „(22. ein neues Samtkäppchen ... genommen)“ wurde von M. H. nachträglich in die Lücke vor dem 29.1.1882 eingefügt. Tibetische Schriftzeichen: lo gsar (S. [21], 5.2 1882) - neues Jahr; lo - tibet. - Jahr. Vgl. dazu das „Glossar“.

[21] [18]82. Wilhelm einige Nadeln dazu gefeilt. Dann spielte Wilhelm etwas auf dem Harmonium, später ich. Am 29. Januar: hatten wir recht gut erhaltenen Blumenkohl aus der Grube in der Suppe. In der Woche sind viele Tauben von Jungen zum verkaufen gebracht. Im Haus und Gehöft ist Gottlob Alles so weit gesund. 5 Februar Sontag Wochenbericht: Wetter In den 2 ersten Tagen, besonders am Montag tüchtig Schnee. Von Mittwoch den 1sten Februar an klares Wetter, mit empfindlicher Kälte besonders des Nachts. Die Fensterscheiben ganz zugefroren. Arbeit Die Schulen und Unterrichte Vor- und Nachmittags im Gang. An ihrem Neujahrstage: Montags kamem60 trotz des Schnees die Kyèlanger Mädchen zur Schule, die Kardanger am folgenden Tag. Die Sitten in Bezug aufs lo gsar haben sich wie's scheint geändert. Donnerstag Abend starb die erste Frau (Barongma) in Banerjis Haus, und wurde am Freitag verbrannt, nachdem es die Nacht hindurch getrommelt; sie ist lange krank gewesen, hat auch von Wilhelm Medicin erhalten. Am Donnerstag wurden die Milchziegen von Dana und Drogpa herunter gebracht, für Geschwister Redslob's Kleine. Dieselbe war einige Tage nicht wohl, ist jetzt wieder munter. Ich hatte namentlich in den Nächten wiederholt empfindliche Hals[-] schmerzen, ist wol nur ein versteckter Schnupfen, sonst Alles wohl. In den letzten Tagen angefangen neue Hemden [22] 18[82] Februar für mich zu nähen, das erste fertige heut gleich angezoge[n] auch die genäten Kniegürtel von Luise in Gebrauch genommen. Heut am Sontag wieder die tibetischen Kinder 1 Stunde gehabt, und wir beide hinter ein ander auf dem Harmonium gespielt 12 Februar. Sontag Wochenbericht. Wilhelm anhaltend mit Uebersetzen, Apostelgeschichte durchsehen, Unterrichten u.s.w. beschäftigt: Ich mit den Schulen, vor- und nach Mittag, Strümpfe etc. Abends gearbeitet, während Wilhelm sehr interessant aus der Missionszeitschrift vorlas. Am Mittwoch waren die Karja Mädchen61 beim Sprüche sagen sehr leichtsinnig worüber ich mich sehr ärgerte. Freitag und Sonnabend angefangen zu Denièds und Papa's Geburtstag zu backen. Am Freitag hatten die Kyèlanger Gotsé62. 4 Knaben sind im vergangenen Jahr hier im Dorfe geboren. Wetter In den ersten Tagen trüb und schneig vom Donnerstag früh an ununterbrochen geschneit bis Sontag Nacht. Tüchtiger Schnee. Heut am 60 61

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„kamem“ - verschrieben für - kamen. „Karja Mädchen“ - ursprüngl. - Mädchen Karja - wurde wegen der Kennzeichnung mit 1 und 2 durch M. H. umgestellt. „Gotsé“ - tibet. - alljährlich im Februar begangenes Fest, das den im zurückliegenden Jahr geborenen Knaben gewidmet war, bei dem die betreffenden Mütter eine Prozession durchs Dorf anführten. Vgl. dazu das „Glossar“.

Sontag wieder klares Wetter. Heut am 12. Februar Taufe der kleinen Elisabeth Redslob. Wilhelm ist Pate ich vice63 für Ida Pfenninger. Ließ die Christenkinder nicht kommen, da ich einige Geburtstagsarbeiten vorhatte, während Wilhelm unten auf dem Harmonium spielte Heut Abend sind wir bei Geschwister Redslobs zum Thee eingeladen. [23] [18]82 19. Februar Sontag Estho Mihi64 Wochenbericht: Wetter fortwährend trüb, und Schneig. Vom Montag an nimmt Schwester: Redslob an der großen Strickschule teil. Die Vormittagsschulen fielen einige Mal aus: Montag wegen Denièds Geburtstag, Mittwoch, da unsre Stube von Ramelie aufgeräumt wurde, während ich Kräppel65 buk. Wilhelm's Geburtstag am Donnerstag durften wir still vergnügt feiern. Am Nachmittag war eine Kaffe-Einladung; es schneite den ganzen Tag. Freitag und Sonnabend meist mit Schulstrümpfen beschäftigt. Wilhelm fortwährend mit den tibetischen UebersetzungsArbeiten beschäftigt; er hat sich am Geburtstag. Verkältung und Schnupfen zugezogen, der aber zum Glück besser wird. Den 15 Februar temps mit heftigem Kopfweh. Sonabends den 18. Februar kurz vor Mitternacht wurde Dana's Söhnchen geboren. Heut am Sontag Nachmittag die tibetischen Christenkinder und die Martha zum Thee geladen, dazu gestern Kräppel etc. gebacken; wir spielten in der großen Stube Gesellschaftsspiele u.s.w. Mittags aß Tardod bei uns. Abends deutsche Predigt bei Redslobs. 26 Februar: Sontag: Wochenbericht: Nichts besonderes passirt. Schulen, Vor- und Nachmittag. Strümpfe Waschen lassen, und Durchsehen66, wie gewöhnlich. Wetter meist schön und klar, dabei durchdringend kalt. Im Dorf viel Trommelei tshe bcu – tshe grub67 u.s.w. Am Donners[-] 68 [24] 18[82.] Donnerstag wurde 1 Rind geschlachtet, und 1 rdza69 ma Essig aufgesetzt. Wieder ein neues Hemd für mich genät, und in Gebrauch genommen, sonst einiges ausgebessert. Wilhelm ist aufs Neue verkältet. Heut am Sontag schneite es leise fast den ganzen Tag. Nachmittags kamen die 4 tibetischen Schulkinder. Wilhelm spielte. Wegen seiner Verkältung keine deutsche Predigt. 5 März Sontag Wochenbericht: à Wetter Am 1. 2. und März70

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„vice“ - engl. - an Stelle von, stellvertretend „Estho Mihi“ - Esto mihi - latein. - der nach dem Eingangsvers des Gottesdienstes, Ps. 31,3: „Sei mir (ein starker Fels)“, benannte letzte Sonntag vor Beginn der Fastenzeit. „Kräppel“ - mitteldt. - Krapfen „Waschen / Durchsehen“ könnten auch mit kleinen Anfangsbuchstaben geschrieben worden sein. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: Religiöses Ritual (möglicherweise ‚für langes Leben‘) Mit „Am Donners-“ endet S. [23], S. [24] beginnt wiederum mit „Donnerstag“. Tibetische Schriftzeichen: rdza ma - Dsama - ein großes Tongefäß, das mit Flüssigkeit gefüllt auch in einer Kilta transportiert werden konnte. M. H. hat den „3.“ gestrichen, aber nicht das davorstehende und dazugehörende „und“.

tüchtiger Schnee; am 3ten klärte es sich auf, den 4. und 5. prächtig klares Wetter, die weißen Bergspitzen und reine blaue Himmel unvergleichlich. Dabei empfind[lihe] Kälte, besonders Nachts in unsrer Schlafstube. Schulen im Gang, am Vormittag wegen dem Schnee 2 mal ausgefallen. Wilhelm mit dem Uebersetzungscorigiren angestrengt beschäftigt, auch am Abend. Außer den Schulstrümpfen ein Wenig genät und ausgebessert. Heutiger Sontag wie gewöhnlich: Die tibetischen Kinder hier beschäftigt während Wilhelm spielte. 12 März Sontag. In der letzten Woche nichts besonderes passirt Schulen, und sonstige Beschäftigungen in gewohntem Gang. Am Mittwoch kam Tardod den ganzen Tag zum Lesen und Unterricht zu Wilhelm, aß bei uns zu Mittag. Wetter die ganze Woche hindurch sehr schön, und klar festes kha ra s71. [25] [18]82. Die Leute wollen bald nach Njungti gehen, darum wieder einen Ansatz gemacht die Reise weiter zu schreiben, geht aber natürlich wieder im alten Trödelgang. Heut am Sontag Nachmittag die tibetischen Kinder zum Häkeln. - 19 März Sontag Wochenbericht. Am Dienstag wollte der Gungrangpa dzu gu72 mit unserer Post nach Njungti abgehen. Da es aber trüb war und ein wenig schneite, unterblieb es. Die ganze Woche hindurch hielt dieses unbestimmte bedeckte Wetter an, ohne jedoch zum Schnee zu kommen, dabei warm. Freitag Nachmittag erschien dzu gu wieder, und nun wurden in aller Eile die Briefe beendet; auch 1 Stag73 von Strümpfen für die Sara mitgegeben. Sonabend den 18. früh ging er von hier ab. Am Freitag morgen war Wilhelm in Sarjing um die Giatsi zu sehen, und wegen der Taufe mit ihr zu sprechen. Sonst die Arbeiten und Schulen im gewöhnlichen Gleis. Im Dorf hatten sie Lama Tschodpa74 von dem man aber verhältnismäßig wenig hörte. In Kardang ist der Skushog75 und wird betrommelt. Ansätze zum Reisebericht schreiben. Heut am Sontag schneit es von früh an den ganzen Tag ununterbrochen. Nachmittags die tibetischen Kinder oben. Gegen Abend kam ein Stag von Trinan bestehend aus Arac und Zucker. 13 März temps! 26. März Sontag. Wochenbericht. Am Montag Schneig und trüb. Dienstag den 21. kam die rgya tsi76 mit ihren Kindern herunter, um für einige Zeit während sie Tauf-

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Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: Fester Schnee/Eis; s. auch Glossar Tibetische Schriftzeichen: „dzu gu“ ist der Name des Boten, der vier Zeilen weiter nochmals erwähnt wird und S. [27], 1.4.1882. „Stag“ - ein Geschenk, ein Geschenkpaket. Das Wort scheint aus dem Tibetischen, nicht aus dem Englischen zu kommen, da 'stag' im Englischen eine Bezeichnung für männl. Tiere, z. B. einen Hirsch ist. „Lama Tschodpa“ - eine religiöse Veranstaltung oder Fest? „Skushog“ - ein Mönch, der im Zeichen besonderer Heiligkeit steht bzw. die Reinkarnation eines großen Heiligen ist. Tibetische Schriftzeichen: Gemeint ist 'Giatsi'.

[26] 18[82.] Unterricht erhält, ganz unten zu wohnen, neben Dana's. Von dem Tage (den 21.) an das Wetter prächtig und warm Der Schnee im Garten vor dem Haus geht mit Macht fort. Schulen und Unterrichte im gewohnten Gang; einzelne Strickmädchen fangen an abzugehen. Mein Gemüt in gestörtem Zustand! (wegen den tibetischen Kindern mit Schwester Redslob geredet) Viel mit den Schulstrümpfen beschäftigt; am Freitag die Pakete für Mr. Beck und Theodore fertig gemacht. Sontag den 26. März Als die Kinder eine Stunde gehäkelt, gingen wir nach langer Zeit (Wilhelm und ich) wieder einmal spazieren, der Weg bis zum Schaka lungpa war nur auf der letzten Strecke durch Schnee und Koth unliebig, sonst aber völlig trocken und gut. Nach Hause zurückgekehrt fanden wir die erste Post angekommen, aber keine Overland Briefe, meist gleichgültige Sachen. Mrs Perry hat freundlichst mit dem Senden der illustrirten Zeitungen fortgefahren. Die schon am Vormittag gehörte Kunde: daß der Munshi77 öffentlich zum Muhamedamismus zurückgetreten ist, erfüllte alle Gemüter mit Schmerz. Seit einigen Tage die wollene Decke aus unsern Betten entfernt; sie hat im Winter sehr wohl gethan; jetzt wird sie zu warm. Den 27. März Montag. In aller Frühe ging Wilhelm mit Tardod; und einigen andern ins Schaka lungpa, um die Möglichkeit einer Wasserleitung von hier aus [27] [18]82. festzustellen. Der Himmel den ganzen Tag bedeckt. Die Nachricht über den Munshi bestätigt, erfüllte aufs Neue das ganze Haus. Dienstag den 28. März wurde der Schluß mit der großen Strickschule gemacht. - Mit den Schulstrümpfen, Reise schreiben, etc. beschäftigt. - In den letzten Tagen der Woche wurde das drucken beendet, der Gottesacker in Ordnung gebracht. Sonnabend den 1sten April kam unser Bote dzu gu78 aus Njungti zurück, brachte aber zu unsrer großen Enttäuschung keine Post, nur Briefe von Mr. Theodore. Den 2. April Sontag Palmarum79 früh schneite und regnete es tüchtig, zu Mittag Sonnenschein, so daß wir einen Spazier[-] gang bis zur Bilingbrücke machen konnten. Der Weg über die Felder, so wie durch das Lungpa war ganz Schneefrei. Das Wetter ist sehr Wechselvoll schon seit einigen Tagen. Ließ die Kinder heut Nachmittag nicht kommen. Der Shamuel hat nun auch viel Geld für seine Steine bekommen, wie viel weiß man nicht. Wilhelm hat für die seinen 200 Rupees erhalten, für die er 50 gezahlt; es ist ein wahres „Steinefieber in die Leute gefahren. Von Simla her 77

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„der Munshi“ - gemeint war der Schulmunshi, Mahomed Backs. Vgl. den Brief an Paul Heyde vom 17. Juni 1882: „Von dem traurigen Rückfall des Schullehrer's Mahomed Backs schrieben wir schon früher; ...“ Tibetische Schriftzeichen, vgl. S. [25], 19.3.1882. „Sontag Palmarum“ - lat. - Sonntag der Palmen, der letzte Sonntag vor Ostern.

kommen die Menschen nach diesem Artikel; auch werden brieflich welche bestellt z. B. von Mr. Goodall! und dabei glauben da [m]anche Europäer, es sei einfacher blauer Quartz Einige Karjaer sollen Tausende damit erhandelt ??! haben. 2. April die große Trinan Dsomo80 gekalbt. 2. April temps! temps [28] 18[82] 9. April OsterSontag Wochenbericht. Wetter: Montag. Den ganzen Tag geschneit; die darauf folgenden 3 Tage schön; der Garten und Hof wurde gereinigt, der Gottesacker nett gemacht u.s.w. Am Freitag schneite es wieder. Der große Sabbath81 und 1ste Ostertag zeichneten sich durch fast un[-] unterbrochenes tüchtiges Schneewetter aus! traurig im Blick auf die Post. Arbeit: Strietze gebacken zur geplanten Christen Einladung. Eine neue Tuchdecke über den LiturgusTisch und Pult gemacht; auch einige neue Vorhänge für die große Stube genäht, nachdem die Schulstrümpfe schließlich durchgesehen und fortgeräumt waren. Am Mittwoch wurde die Kirchenstube gründlich rein gemacht von Ramelie und Giamo In den beiden folgenden Tagen wurden wie gewöhnlich die Lese Versamlungen und Abendmahl gehalten, wozu ich immer zu spielen hatte. Heut am Oster Sontag früh um ½ 8. deutsche Oster Litaney Beten, und Frühstück in unsrer Stube. In Verbindung mit der tibetischen Predigt war die Taufe von Giatsi „byams sgyid82“, und dann ihre eheliche Einsegnung mit Drogpa, von Wilhelm gehalten. Nachmittags wurden die beiden kleinen Söhne: von Dana's byams pa bde ba83, und von Drogpa's bzod pa bde chen84 getauft von Bruder Redslob. Am späteren Nachmittag lasen wir mit großem Genus alte Briefe von Elly und den Kindern überhaupt, nähte an einer neuen Schürze für mich. 9. April eine Dsomo von uns gekalbt. [29] [18]82 10. April Ostermontag. Nachmittags ein gemeinschaftliches Essen mit den Christen im chos khang85, was ganz gemütlich verlief. Dienstag 3ten Feiertag gemacht. Von Mittwoch an die tibetischen Schulen am Vormittag wieder angefangen: Donners[-] tag Nachmittag Nähschule wozu schon den den86 ganzen Tag vorbereitet (Beinkleider). 14 April Freitag erste Overland Post, mit vielen, Gottlob! für uns glücklichen Briefen, auch die verloren geglaubte Lampenkiste. etc. Wetter die ganze Woche schön. Das reinigen des Hofes wurde, nach dem Verschwinden des Schnees, fortgesetzt. Die neben den Pforten schadhaften Mauern erneuert etc.87 80 81 82 83 84 85 86 87

„Trinan Dsomo“ - tibet. - dsomo – die Kuh, die Trinan-Kuh „großer Sabbath“ - Samstag vor Ostern, Karsamstag Tibetische Schriftzeichen. Tibetische Schriftzeichen. Tibetische Schriftzeichen. Tibetische Schriftzeichen. „den den“ - Wiederholung der Autorin. „etc.“ - wurde unter der Zeile hinzugefügt.

Wilhelm brachte den GottesAcker sehr hübsch in Ordnung säte Gras etc; auch bestellte er in den letzten Tagen die Frühbeete im Garten. Vom 15. April an ist Anu unser neuer Gärtner im Amt! Von Näharbeiten nicht viel geleistet. Sontag den 16 April wie gewöhnlich. Nachmittags die tibetischen Kinder. Wilhelm schrieb Briefe, Gegen Abend ein par Schritte ausgegangen. Die Pakete von Mrs. Aynsley kamen an, und wurden geteilt. In dieser Woche vom 9 – 16 April kalbte die 3. Kuh. 23. April Sontag: Wochenbericht. Montag und Dienstag außer den tibetischen Schulen mit Vorbereitungen zum Geburtstag: Backen etc. beschäftigt. Wetter ziemlich freundlich. [30] 18[82.] Meinen Geburtstag am 19. durften wir wie gewöhnlich feiern.* Erhielt u.a. ein paar von Elly Redslob genähte Morgenschuhe.88 Nachmittags Kaffe Einladung mit Geschwister Redslob. Während derselben kam der Munshi Mahomed Baksch von Njungti hier an. In der Nacht darauf so wie den ganzen folgenden Tag, den 20. heftige Gewitter die Schnee und Kälte brachten. Heut endlich ist der Himmel wieder klar und blau. In den letzten Tagen Briefe, respective Reise geschrieben. Heut am Sontag Nachmittag die tibetischen Kinder und Betty zu meiner Geburtstags Nachfeier eingeladen in der großen Stube, wo alle ganz vergnügt waren. Am Abend über die Ladak-Pläne gesprochen. 24 April Montag. Heut hatten wir zum Mittag Essen den hier zum Besuch anwesenden, bei Shamuel logierenden Mohan Lal, Katechist in Kulu eingeladen; mit ihm Shamuel, es verlief ganz gut. Nachmittags die tibetischen Kinder zum Häkeln. 25 April Anna's Geburtstag. weßhalb die Schulen ausfielen Arbeitete trotz dem aber nicht viel. Wilhelm ging 2 Mal Vor- und Nachmittag nach Kildang Getreide verkaufen. Der große Hahn wurde von einer Kuh todt getreten. Das Stroh aus unser Keller Fenstern entfernt. Wetter den ganzen Tag schön. Am Mittwoch und Donnerstag wurde nach der von Shamuels gezeigten neuen Ladak-Methode. Waizen gewaschen. [31] [18]82. Wilhelm ging und Ritt einige Mal nach Sarjing und Tingtse, wo an den Feldern und Ultags89 gearbeitet wird. Schulen wie gewöhnlich, dazwischen geschrieben, wenig gearbeitet. Strümpfe und Wollen Pakete fertig gemacht, und abgeschickt. Wetter Fruchtbar, Regen und Sonnen[-] schein wechselnd. Ich komme sehr wenig heraus. 30 April Sontag. Zum Mittag Essen Natanael, und Dewa Sung mit seiner Kleinen eingeladen, verlief 88

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Der mit einem Asterisken gekennzeichnete Satz: „Erhielt ... Morgenschuhe.“, den M. H. am Ende des Wochenberichts vom 23.4. nachgetragen hatte, wurde an der von ihr gekennzeichneten Stelle eingefügt. Sonst geschrieben ‚Yultag‘ = Dreschplatz

gut. Später die Kinder zum Häkeln. Dann tüchtig Brief geschrieben an Gerhard. und Elly. Abends bei Redslobs wieder wegen dem Ladak Plan gekohlt90; neulich durch E[lly]91 gehört, daß Bruder Gysin nicht kommt. 28 April temps temps! 2 May. Dienstag. Im Gehöft Feldpflügen, und Kartoffellegen, desgleichen am 2. May die ersten Spargel in der Suppe. 4 May Donnerstag Feldpflügen Oben in Sarjing Wilhelm war den ganzen Tag dort; am Nachmittag tüchtig geschneit. Die ersten Spargel. Sonnabend war Wilhelm wieder ganz oben. Er hat sich eine Verkältung (Husten) zugezogen. In den letzten Tagen von der. M.D.92 häufig Mehl, Kartoffeln, Strü[n]pfe auch Medicin verkauft; da Lahoul, und besonders Shamuels Haus von „Steine Suchern, und Steine Käufern ordentlich überflutet wird. Vor ein par Tagen sind 6 Batti93 Steine aus Sangkar, in S[hamuels] Haus gekommen, welche der Din gekauft. 1000sende von Rupien sind im Umlauf. Sonabend den 6 May reiste Nathanael von Kyèlang fort. Außer den Schulen und Schreiben in dieser Woche wieder nicht viel geleistet. [32] 18[82.] 6 May. Wilhelm fand die ersten Lilien.5 May. Die Besuchstube von Ramelie rein machen lassen. 7 May Sontag. wie gewöhnlich. Die Kinder kurze Zeit gehabt, geschrieben, ein wenig spazieren gegangen. 14 May Sontag: Wochenbericht. Nichts von besonderer Wichtigkeit. an den 3 ersten Tagen war Wilhelm wegen dem Feldpflügen von früh bis Abend Oben. Donnerstag Weizen gewaschen. Schulen, wie gewöhnlich Ich machte Versuche mit den von Simla mitgebrachten Farben, Wolle zu färben was auch ziemlich glückte, aber eine greuliche Schmiererei verursacht. An den freien Nachmittagen noch immer am Reisebericht geschrieben. Durch die Freitags Post, Gemüts Unruhe durch Briefe von Bruder Connor (Gysin und Kleinschmid) und Mr. Medlecott (Steine Sapphire). Wetter, bald heiß, bald kalt, Verkältungsmäßig. Wilhelm ist nicht ganz flott, hat es wieder auf der Brust. Heut am Sontag kamen die Kinder nicht, wir gingen zusammen spazieren auf den weiten Lilienplatz, über den Tatscha Weg zurück. 21 May Sontag. Wochenbericht: Vergangenen Dienstag die Bücherstube gründlich gereinigt, sämtliche Bücher ausgeklopft, wobei die tibetischen Kinder statt der Schule thätig waren. Das Ordnen derselben, so wie Medicin Schränkchen in den Nächsten Tagen beendet. Mittwoch und Donnerstag früh Waizen waschen in Menge. Donnerstag den 18. Himmelfahrtsfest, das nur durch tibetische Predigt gefeiert wurde. Freitag Post mit versch[ollenen?]94

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„gekohlt“ - kohlen - umgangssprachl. - schwindeln, aufschneiden, von M.H. öfter für eine nette, freundschaftliche Unterhaltung verwandt. „E. - E[lly]“ - mit der Abkürzung ist wahrscheinlich Elly Redslob gemeint, vgl. S. [30], 19.4.1882. „M.D.“ Missionsdiakonie, das Gremium, das sich um die Finanzierung der Missionstätigkeit kümmert – später (nach 1899) Missionsdirektion Entspricht etwa 10,8 kg; vgl. dazu das Glossar. Eine Deutung der Abkürzung „verschl.“ könnte 'verschollene' sein. Vgl. dazu S. [14], 6.12.1881, wo M. H. sich beklagte: „In ärgerlicher Stimmung wegen verlorener Post.“

[33] [18]82. Briefen u.a. Paul's Eintritt in's Seminar, das unsre Gemüter freudig bewegte, die Steinfrage macht noch immer Sensation (Mr. Theodor's Brief). Am Mittwoch den 17. konnten wir in den Mittagsstunden die totale Sonnenfinsternis durch schwarze Gläser gut beobachten. Das Wetter ist seit dem Neumond besonders kühl, mit rauhen Winden. Am Freitag ordentlicher Regentag. Bedeutende Kränklichkeit (Grippe?) herrscht im Lande, besonders unter den Kindern; in dieser Woche starben 2 Kindlein im Dorf, eins vom Garra, eins vom Nachbar Njurub. In der Haus- und Christen Gemeine ist Gottlob noch alles wohl. Am Sonnabend machte der seit einigen Tagen auf dem Zeltplatz campierende erste Reisende Mr. oder Captain Fitz Gerald einen kurzen Besuch bei den Brüdern. In dieser Woche nun auch endlich die 4 letzten Bogen Reise[-] bericht beendigt, die heut zur Post gingen. Heut am Sontag. nahmen wir Mutters alte Briefe zum Durchlesen vor. Ich machte diese Woche eine regelmäßige Pillenkur. 28. May Pfingst-Sontag. Summa der Woche: Großes Auf[-] räumen in Haus und Gehöft X durch alle Räume95. Montag Nachmittag wurde in unsrer Küche das Weißen angefangen, u. s. f. bis Freitag Abend in der Veranda der Schluß damit gemacht ward. Zu unsern Privat-Räumen beide Scheuern waren Giamo und Sherab Kundsom angestellt. Dann Giamo und Ramelie. Das Wetter die ganze Woche ununterbrochen schön. Donnerstag den 25 May temps temps. Am 24. war ein Captain96 [34] 18[82.] Captain Allan hier callen97, Wilhelm gab sich allein mit ihm ab, schickte ihm dann Kartoffeln worauf er als Gegengeschenk eine Flasche Barley-Sugar98 sandte. Mit Handarbeiten wurde natürlich nichts; man war am Abend immer tüchtig müde. Die Tsensin rtse 'adzin99 war mehrere Tage Besorgniserregend krank, Wilhelm besuchte einige Mal; jetzt ist sie Gottlob wieder wohl. Heut am Sontag nachmittags wieder einmal auf dem Harmonium gespielt Dann beim Antritt unsers Spazierganges beim Schul Munshi besucht, der recht ernstlich krank ist, am Fieber was wir gestern hörten als sie nach Medicin schickten Wilhelm sprach ihm ernstlich zu Herzen. Daß die Sara mit den Kindern schon über 14 Tage hier ist, hörten wir auch erst gestern. Vom Thasil aus machten wir einen weiten Spaziergang, fast bis Kyildang, dann über Bartsi nach 95

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Der unten auf der Seite nachgetragene und durch einen Asterisken kenntlich gemachte Text „durch alle Räume“ wurde an der von M. H. vorgesehenen Stelle eingefügt. S. [33] schließt mit „Capt.“ und S. [34] beginnt mit „Capt Allan“. „callen“ - engl. - to call - einen Besuch abstatten, zu einem Besuch vorsprechen. Aus dem Verb 'call' und der dt. Endung des Part. Perf. starker Verben -en hat M. H. ein neues Part. Perf. gebildet: war zu Besuch gekommen. „Barley-Sugar“ - engl. Malzbonbon. Vielleicht ist hier eine Flasche Malz(extrakt) gemeint, der zu medizinischen Zwecken verwandt wurde. Malzextrakt dient als Backhilfsmittel und im Gemisch mit arzneilichen Stoffen besonders als Nähr- und Kräftigungsmittel, ferner zur Herstellung von Malzkakao und Malzbonbons. Tibetische Schriftzeichen. Vermutlich eine die Wiederholung des Namens in Tibetisch.

Hause. Abends sehr müde. 28 May. Wilhelm's Hare geschnitten 29. May. Zweiter Pfingstfeiertag. Früh vor der Predigt ein neues Sammt-Käppchen für Wilhelm genät. Nachmittags mit Betty und ihren Kindern in der Veranda gesessen gespielt, und Bilder angesehen; später mit Wilhelm bis zur Mühle spazieren gegangen. 4 Juni Sontag Trinitatis100. Nichts besonderes passiert; nach den Feiertagen die tibetischen Schulen wieder angefangen, unten in der Kirchenstube. Daneben Flickereien [35] [18]82. und Zurecht Machen der geschenkten Kleidungsstücke, ohne besonders große Erfolge. Wilhelm ging alle Morgen herauf und kehrte Abends heim. Das Tingtse-Häuschen wurde geweißt, und von der Giamo gescheuert. Am Sonnabend den 3. Juni wurden die Milchkühe aus dem Gehöft nach Tingtse gebracht. Mr. Theodor's Rose auf Lilis Grab gepflanzt. Wetter: meist schön; am Nachmittag öfter bewölkt, fast immer aber wurde der ersehnte Regen vom Wind vertrieben; nur einmal regnete es ein wenig. Heut am Sontag wie gewöhnlich, wir gingen nicht aus; nur eine kurze Zeit mich in der Veranda mit Shamuel's Kindern beschäftigt. 11. Juni Sontag. Wochenbericht. Am Montag den 5. Juni zog Papa ganz herauf nach Tingtse. Dienstag den 6. zu Mittag kam Mr. Theodore ganz unerwartet hier an; wurde zu Mittag und Abends von Schwester Redslob bewirtet, wozu ich mit eingeladen war; Abends kam Wilhelm herunter um ihn zu begrüßen, und ging am Mittwoch wieder herauf. Freitags den 9. Juni erhielten wir durch die Post das bestellte Päckchen von Kleinwelke mit Wilhelm's Sommerstrümpfen etc. und einigen netten Geschenken von Elly. Brosche, Schreibzeug und Chokolade. Am Freitag Abend als Wilhelm herunter kam luden wir Mr. Theodore zum Essen ein und gingen sehr spät zu Bett; das Nilam Gespräch spielt [36] 18[82.] eine große Rolle. Sonnabend den 10 Juni Bruder Redslob's Geburtstag. Wie gewöhnlich am Vormittag gratuliert, Abends mit Mr. Theodore zum Thee eingeladen, in der Nacht darauf war mir recht unwohl, Schwindel. etc. nahm Pillen. Wetter schön, drückend heiß. Arbeiten: Wilhelm hat die neue Yurra vor; ich außer den Schulen einiges ausgebessert. Wilhelms schwarzen Tuchrock endlich mit Ach und Krach zurecht gebracht, daß er so passabel paßt; auch seine 6 neuen roten Taschentücher genät, gezeichnet, und dem Gebrauch übergeben. Heut am Sontag wie gewöhnlich. Nachmittags alle tibetischen Kinder in der Veranda Perlen fädeln lassen. - - 100

„Sontag Trinitatis“ - Trinität - lat. Trinitas - Dreiheit, Dreifaltigkeit (Dreifaltigkeit in der Einheit der göttlichen Person von Vater, Sohn u. Heiligem Geist). Trinitatisfest ist am 1. Sonntag nach Pfingsten. Die Sonntage danach werden in der evang. Kirche als Sonntage nach Trinitatis gezählt.

12. Juni Montag. Seit gestern Wetter Wechsel. Die Nacht und heut Morgen regnete es stark, so daß Wilhelm erst später am Vormittag herauf ritt; den ganzen Tag abwechselnd Sonnenschein und Regen. Aus der Schule zurückgekommen den im Februar aufgesetzten Essig abgezogen. 13 Juni Dienstag ging Mr. Theodore ab nach Dartse zu Brücken und Straßen Arbeit. Freitag den 16. kamen 2 Christen aus Chamba, die schon voriges101 Jahr hier waren, zum Besuch und fanden bei Shamuels Aufnahme und Gastfreundschaft. Außer den gewöhnlichen Schulen, etwas Nätereien und Briefschreiben an alle 3 Kinder; am Freitag Brief von Elly, und Nachricht von [37] [18]82. Bruder Marx's Berufung. Donnerstag Kartoffeln Jäten. Freitag die schöne Rose auf Lili's Grab aufgeblüt. Eine Grippenartige Krankheit herrscht in der Umgegend fast alle von Betty's Kindern leiden daran. Sie war die ganze Woche unten. Wetter meist schön z. Teil bedeckt. Wilhelm war die ganze Woche Oben. An der Tatscha Yurra Gadpa102 eingestürzt, die Yurra dadurch ge-schickt.103 Mit den andern Arbeiten geht es, aus Mangel an Leuten, langsam vorwärts. Sonnabend Abend kam Wilhelm herunter. Heut stiller gemütlicher Sontag mit Briefschreiben beschäftigt. Es regnete gegen Abend etwas, noch mehr in der vergangenen Nacht. 25 Juni Sontag. Wochenbericht: Am Dienstag Morgen ging Wilhelm herauf nach Tingtsé, und kam am Sonnabend Abend wieder herunter; er ist einmal auf dem Matschu, und 1 mal bei der Tatscha gewesen, außer seinen Halsbrechenden Gängen zum Zong, von wo die neue Jurra hergeführt wird. Der Bau geht aus Mangel an Arbeitern, und wegen schwierigem Terrain nur langsam von Statten; Papa ist auch gedrückt wegen der großen Trockenheit der Felder. Beinahe alle Tage läßt es sich an wie zum Regen, er wurde aber immer durch heftigen Wind vertrieben. Hier unten ist nichts besonderes passiert, das Unwohlsein, namentlich bei den Kindern hält noch an, weßhalb die Schulen zum Teil ausfielen; ich hatte einige Flickund Näharbeiten vor, bin aber wie immer unbefriedigt [38] 18[82] Am Donnerstag wurde ich von dem herumgehenden Schnupfen befallen, er verlief aber Gott sei Dank - ohne Medicin zu nehmen, leicht in wenigen Tagen. In dieser Woche vom 18 - 25 Juni wurde das Gras im Gehöft geschnitten, und überhaupt das Gehöft ausführlich gereinigt. 19 Juni temps. Heut einen ganz gemütlichen Sontag 101 102 103

„vor:“ - voriges. M. H. setzte hinter die Abkürzung einen Doppelpunkt. „Gadpa“ - Die Bedeutung ist nicht bekannt – vielleicht bedeutet es 'Stützmauer, -pfeiler'. „ge-schickt“ - unklar, was M. H. damit sagen wollte.

hauptsächlich mit dem Lesen von Mutter's interessanten Briefen beschäftigt. Am vergangenen Dienstag den 20 verließen die Chambaer Christen, die bei Shamuels logiert, Kyèlang. Heut abend fällt die deutsche Predigt aus, weil die kleine Liesel bei Redslob's nicht wohl ist. Heut am 25. ist der Karjaer tshe bcu104 mit dem Masken Tanz beim Kloster Tischgebet. (copiert aus „Herrnhut“ No. 19. 82.) Herr Du hast an Deinen Tischen, mit 5 Broden und 2 Fischen einst 5000 Mann gespeist, daß 12 Körbe übrig waren, laß uns dieses auch erfahren, daß dein Name hoch gepreist und von uns verherrlicht werde. Jesus Herr der ganzen Erde. Amen! 2 July Sontag Wochenbericht: Montag Nachmittag ging Wilhelm nach Tingtse, und kehrte am Freitag Abend zurück. Mittwoch den 28. Juni schickten wir durch einen She[r]pa105 sod nams dbyad ‘byor106. Stags an die Ladak[er] Christen: Den Männern Bleistifte, den Frauen rote Tüchel 1 Püppchen, Senf, und 3 Schachteln Holloway's Pillen. Wilhelm hatte Tags zuvor einen Brief dazu geschrieben. [39] [18]82 Donnerstag den 29. kam Mr. Theodore unverhofft von seinen Straßen Arbeiten aus Stod hier an. Sherabin ging nach Tingtse kehren. Wir bekamen Aluja107 und Apricosen von Theodore. Am Sonnabend 1. July endlich kam der Assistant Commissioner108 der schon Tage lang erwartet wurde hier an. Zu Mittag call'ten109 Mr und110 Mrs. Dane, es sind junge freundliche Leute. Am Sontag etwas zerfahren; Dane's Gemüse geschickt, von ihnen Weißbrod erhalten. Um 5 Uhr [l]esen einer deutschen Predigt in Redslob's Stube dann Thee bei uns. Mrs. Dane spricht französisch Schwester Redslob antwortet Deutsch. Mr. Theodore war am Abend bei uns, und schwatzte viel. Wetter: meist schön, oft heiß; fing mit Sommerkleidern an; Wilhelm trägt graue Leinwandhosen. Gesundheits Zustand im Ganzen besser namentlich bei den Kindern, ich war ein Par Tage krachwedlig111: 104 105

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Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚Kultische Aufführung‘ „She[r]pa / Sh[é]pa - es ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, ob M. H. über das -e- ein -r- oder einen Akzent setzen wollte. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung in etwa: ‚Für gutes Karma‘ (im christlichen Umfeld ist die Motivation sicher eine andere) „Aluja“ - gemeint ist hier wohl die in Indien beheimatete Baumfrucht 'Karamche', die in allen Teilen medizinisch genutzt werden kann. Sie ist durstlöschend, schleimlösend und wirkt lindernd auf Gallenbeschwerden. „Assistant Commissioner“ (von Lahoul), er war nominell dem Deputy Commissioner von Kangra unterstellt, doch wegen der Größe des besonders im Winter schwer zugänglichen Gebiets war der Assistant Commissioner von Lahoul mit größerer Handlungsfreiheit als gleichrangige Beamte ausgestattet. Zu seinen Aufgaben gehörte der Besuch aller Landesteile, die Gerichtsbarkeit, Fragen des Handels, der inneren Organisation, der Sitten und Gebräuche des Landes. (Ram Nath Sahin, S. 27 ff., S. 78) „call'ten“ - M. H. verwandte hier das Verb to call, indem sie nach dem Apostroph die dt. Endung für die 3. Pers. Pl. Prät. Anhängte - besuchten. „und“ - M. H. verwandte wieder das Zeichen für '&'. „krachwedlig“ - „Krachwedel, m. alter schwacher mann.“ - Simplicissimus 1,464: „sage mir, du alter krachwadel.“ (Dt. WB von Jacob u. Wilhelm Grimm, Sp. 1925)

so etwas wie Magenkrampf. Arbeit: Dies und Jenes ausgebessert, keine großen Thatengetan. Schulen wie gewöhnlich sie fielen am Freitag aus da Drogpa's fälschlicher Weise ihrer kleinen chos skyid112 Geburtstag feierten, am 30 Juni anstatt am 1sten July. Montag den 3. July. Am frühen Morgen gingen Wilhelm und Bruder Redslob mit Mr. Dane, nach Tingtse, und zum rdzong yur ba113. Nachdem sie zurück waren, ist dort [40] 18[82.] eine große Felsen Wand herunter gestürzt; zu großem Schreck und Aufregung der dort Arbeitenden, aber zum Glück ohne einen Menschen zu beschädigen; oder sonst erhebliches Unheil anzurichten. Heut am 3. July ließ die Dénièd sich zum ersten Mal im pe rag114 sehen, der ihr gestern gedackt115 worden ist. Heut, so wie zweimal in der vergangenen Woche ist die Betty zum Lesen gekommen. 9 July Sontag. Wochenbericht. Am Dienstag Nachmittag besuchte Mrs. Dane längere Zeit bei uns, führten sie auch durch's Gehöft u.s.w. Anstatt der Schule häkelten die Kinder blos. Am Vormittag hatte es ziemlich geregnet, Wilhelm blieb unten. Am Mittwoch früh ging er hinauf. Mittwoch Nachmittag call'ten wir, Schwester Redslob und ich bei Mrs. Dane in ihrem Zelt. Donnerstag früh am 6. July verließ Mr. Theodore Kyèlang, nachdem er gestern Abend mit uns gegessen, wobei eine Fledermaus zum Fenster hineinflog, und sich auf eine Essens Schüssel setzte, und gefangen und herausgeschafft wurde. Am 6. brachen auch Danes auf nach Spiti. Ein Reisender schickte von Sisu aus nach Glycerine. Am Sonnabend kamen 2 Sahibs116 an in Kyèlang, call'ten auch kurz hier; wir sahen sie aber nicht [41] [18]82. Die Husten- und Schnupfen-Kranheit117 geht noch immer fort bei den Kindern von Shamuel und Dana's, doch wurden die Schulen weiter gehalten; Tsensin konnte nicht kommen. Ich habe wie gewöhnlich nicht große Dinge geleistet. Alujas und Apricosen eingekocht, Ansatz zum Briefschreiben an Elly genommen; etc Wilhelms seidne Mütze. Heut am Sontag wie gewöhnlich still verbracht: einen Brief an Mrs. Perry geschrieben und abgeschickt. Das Wetter ist in der letzten Zeit heiß. am 8. July Sonnabend gabs einmal ein Gewitter mit Regen. 112 113

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Tibetische Schriftzeichen, Eigenname Tibetische Schriftzeichen, 'rdzong yurba' - gemeint ist wohl - Zong (13.8.1882, S. [47]) / TsongYurra [13.7.1882, S. [42]). Tibetische Schriftzeichen - 'pe rag' - der mit Türkisen besetzte Kopfputz der tibetischen Frauen. „gedackt“ - ein tibetischer Ausdruck im Sinne von - aufgesetzt? „Sahib“ - Hindi - Anrede für Europäer - Herr - oder für einheimische Autoritäten. Vgl. dazu das „Glossar“. „Schnupfen-Kranheit“ - verschrieben für ... Krankheit.

10 July. Montag. Heut standen wir ganz früh auf, und gingen wir beide Wilhelm und ich ½ 6 Uhr Tingtsewärts, Papa, um die Woche ganz Oben zu wohnen; da durch das [Hukum ?]118 des Assistant Commissioners viele Arbeitsleute für den Yurrabau zusammen gekommen; ich begleitete ihn bis zu Dana's Haus um einmal einen Spaziergang zu machen, und mein[er] Beine Leistungsfähigkeit zu erproben. Es war ein schöner Morgen, und angenehmer Gang. Dana's Haus sahe ich zum ersten Mal. Betty selbst war recht verschnupft, und alle 6 Kinder haben mehr oder weniger Husten, und sehen miserlich aus. Wir zeigten an, daß die tibetischen Schulen die ganze Woche ausfallen sollten, ebenso auch bei Shamuels, wo ich, als ich vor 8 Uhr heimkehrte kurz grüßte. [42] 18[82] 16. July Sontag. in Tingtsipe Wochenbericht. Nachdem ich am Montag vom Bergspaziergang heimgekehrt, benutzte ich die beiden Schulfreien Tage zu Vorbereitungen um nach Tingtse zu ziehen; außer Brodbacken etc. 6 Hemden für mich zugeschnitten, und angefangen mit der Maschiene zu nähen; dazu auch für die MittwochsPost Briefe geschrieben, an Elly, und meinen Bruder Heinrich. Mittwoch am 12. July Vormittags kam es endlich, nach den gewönlichen nicht enden wollenden Vorbereitungen zum Heraufgehen. Wilhelm war mir entgegengekommen. Auf dem Weg, beim Passieren von Shamuels Haus, teilte mir Martha mit: es sei aus Ladak Brief und Stag gekommen: Zaka und Hanna seien Karja-wärts aufgebrochen. Der Heraufweg zu Fuße war zwar heiß, wurde aber glücklich zurückgelegt; leider zog ich mir aber durch Unvorsichtigkeit einen tüchtigen Schnupfen zu, an dem ich einige Tage laborierte. Wie immer kam es119 auch dieses Mal im Anfang sehr still und einsam vor hier oben; es war das erste Mal ohne Kinder. 13. July Donnerstag. Am Morgen begleitete ich Papa ein Stück Wegs zum Tsong-Yurra, und kehrte heim während Wilhelm erst am Abend zurückkam; ich besuchte am Nachmittag die Giatsi in Sarjing nachdem ich der Shérab Kundsom Bilder gezeigt, [43] [18]82 und erzählt. 13. July temps. 14 July Freitag Morgens ein Schaf für uns schlachten lassen, trotz dem wir Fleisch fortgaben, nahm die Unterbringung desselben in Säcken, und andre Wirtschafts Sachen längere Zeit in Anspruch, sonst den Tag mit Nähen, Lesen, und Erzählen der Sherabin ausgefüllt. Wilhelm ist von 118 119

„[Hukum ?]“ - das Wort ist unverständlich, es müsste eigentlich - 'Herkommen' - heißen. Es fehlt das Dativobjekt: mir.

Früh bis Abend auf der Yurra. 15. Sonnabend. In der vergangenen Nacht hat es nach langer Zeit wieder einmal durchdringend geregnet, sah auch heut Morgen noch drohend aus. Arbeitsleute kamen nicht zur Yurra, so legte Wilhelm zu seiner Befriedigung die ganze Yurra aus. Ich ging am Nachmittag zur Giatsi um ihr biblische Bilder zu zeigen und zu erklären, fand mehrere Verwandten von ihr dort, was aber nicht störte. Ging von da den steilen Weg zu Danas herunter, und kehrte sehr ermüdet ins Häusel zurück. Heut am Sontag den 16. früh, erhielten wir Brief von Schwester Redslob (Liesel's 1ste Zähnel) und von Mr. Theodore mit Aluja. Beantwortete gleich durch Dewa Sung. Nach unsrem Essen (Frühstück) gingen wir, Wilhelm und ich in's Kloster sahen das neue Gebäu im Götzenraum an, und trafen eine ganze Anzahl jüngere und ältere Lamas mit Wände bemalen, und Farben reiben beschäftigt, mit denen Wilhelm längere Zeit sehr schön und zweckmäßig sprach und predigte. Dann bestellte Wilhelm in einigen [44] 18[82.] Zeilen „Half hours with the Stars vom Simla „Book Dépôt120. Wir ließen die Shérabin gehen, und verbrachten den Sontag allein und still. Heut war Hanuls Geburtstag! 23 July Sontag. Wochenbericht: Die Zeit noch in Tingtse verlebt, Wilhelm bei der Yurra, ich im Häusel mit Nähen und andern Arbeiten. Am Dienstag Nachmittag kamen Betty und Giatsi mit ihren sämtlichen Kindern zum Besuch. Mittwoch Vormittag starker Regen, so daß an dem Tage nicht gearbeitet werden konnte. Donnerstag Nachmittag die Giatsi in Sarjing besucht. Freitag Abends - allein nach Kyèlang heruntergegangen. Sonnabend mit allerlei WirtschaftsArbeiten, und Maschienen Nähen verbracht. Am Abend kam Wilhelm herunter. Am Montag den 17. waren Zaka und121 und Hanna von Ladak hier angekommen; am Donnerstag früh besuchte Zaka oben. Mit der Dienstag Post waren außer Brief von Elly, ein Brief von Bruder Conner der unserm „Nach Ladak gehen“ einen bestimmten Ausschlag gab, angekommen, und 1 Begrüßungsschreiben von Bruder Marx. Heut am Sontag Zaka und Hanna zum Mittag Essen bei uns. Nachmittags Briefe geschrieben Wetter schön, regnet meist in den Nächten. 30 July Sontag. Wochenbericht. Am Montag Nachmittag

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„Half hours with the Stars von Simla „Book Dépôt. - Die Zeichensetzung ist etwas irritierend. Der Satz sollte vielleicht lauten: „Half hours with the stars“ vom Simla „Book Dépôt.“ - engl. - 'Halbe Stunden mit den Sternen' vom Simla(er) Buch Depot. Problematisch ist es, M. H.s Schreibung der Akzente wiederzugeben, da sie zwar bei Kyèlang meist einen Gravis, in vielen Fällen nur einen senkrechten Strich über den betreffenden Vokal setzte, so dass nicht feststellbar ist, ob sie einen Gravis oder einen Akut schreiben wollte. Die Zeile 14 endet mit „und“, Zeile 15 beginnt wiederum mit „und“.

stagelte122 ich wieder nach Tingtse herauf, nachdem ich einige Nätereien und Besorgungen ausgeführt. [45] [18]82. Wilhelm und Sherabin Kundsom waren schon am Morgen heraufgegangen. Wenig Ereignisreiches. Dana's Kinder kamen alle Tage regelmäßig zur Schule, Lasen, nähten Hosen, und häkelten. Ich besuchte einen Nachmittag, ich denke Mittwoch, die Giatsi in Sarjing Am Freitag zu Mittag, nach der Schule, begleitete ich Sherabin Kundsom welche Papas Essen hintrug, zur Zong Yurra, das Wetter war schön, ich verbrachte einige gemütliche Stunden, Wilhelm kletterte mit mir den kreplichen123 Weg entlang, bis zum Kloster, an die böse Ecke. Heimgekehrt, mit Schwester Redslob angefangen, unsern Rest weißen Weizen in der Mühle zu malen, welche Arbeit bis Sonnabend Mittag beendet wurde. Da an diesem Tage, den 28. gerade Tsensins Geburtstag war, schickte ich, nebst Pattings124 und 8 anas125 ihr ein kleines tibetisches Briefchen, welches Anu mit herunter nahm, der uns die Post, mit Briefen von unsern Kindern gebracht, außer Freitag und Sonabend da das Wetter freundlich war, hatten wir es häufig trübe, und regnerig, fast wie eine kleine Regenzeit. Am Sontag den 30. July blieben wir Oben, und machten bei angenehmem Wetter und bedecktem Himmel einen schönen Spaziergang die Tatscha Yurra entlang bis zum Yurgo126; diese Tour dauerte von 9 – 12 Uhr. Am Nachmittag, still Briefe, und anderes gelesen. 31. July Montag. Früh ging Wilhelm zuerst nach [46] 18[82.] Sarjing, um Waizen für uns abzuwiegen, der alsdann, (3 Ladungen) von 2 Bomos127 hier oben gewaschen wurde; das Nachsehen, und Trocken[-] breiten, nahm mich den Tag am meisten in Anspruch, zum Glück war das Wetter schön und ziemlich sonnig. Am Morgen war Bruder Redslob heraufgekommen, und begleitete Wilhelm ein Stück Weg's zum Zong Yur um zu zeichnen, trank auf dem Rückweg eine Tasse Thee hier. Anu blieb oben. Spittu, des Hirten Hund ist jetzt ganz zu Hause bei 122

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„stagelte / stapelte“ - beide Ausdrücke kennen weder der Duden noch das Grimmsche Wörterbuch für 'auf den Berg steigen'. Meinte M. H. hier vielleicht 'stakste' oder 'stakelte' - mit steifen Schritten den Berg hinaufgehen? „kreplichen“ - das Wort lässt sich lexikalisch nicht nachweisen, im Ostmitteldeutschen wird jedoch der Begriff ‚Krepel‘ umgangssprachlich für ein unangenehmes, elendes Ding benutzt „Pattings“ - tibet. - getrocknete Aprikosen von guter Qualität. Vgl. dazu das „Glossar“. „as. - Abkürzung für - an(n)as. 4 annas sind heute etwa 2 U.S. Pennies. Vgl. Ram Nath Sing, Lahoul, S. 78f. Yurgo: Eine Übersetzung liegt nicht vor, es muss sich um einen Bestandteil des Bewässerungssystems handeln, möglicherweise zum Absperren oder Verteilen des Wassers „Bomos“ - tibet. ? – Frauen, Mädchen Vgl. dazu S. [117], 13.8.1883: „Ließ von den beiden Bomo's die fertige Ladung aussieben.“ und am 14.8.1883, (S. [117]): „wir drei Bomos waren damit beschäftigt.“

uns, und kommt beständig schnurren128. 1 August Dienstag. RegenTag. Not mit dem Weizen trocknen. 2 und 3ten August Mit Shèrab Kundsoms Hülfe Oben in der Mühle Suji129 und Mehl gemalen. Wilhelm wie imer bei der Yurra. Die Danas Kinder mit Einschluß von chos 'adzin130 komme[n] täglich zur Schule. Nachdem am Freitag alle Möglichen Wirtschaftlichen131 Sachen und Räumereien besorgt, und ich mit dem ändern und in Stand bringen der blauen Kattun Polonaise132 fertig geworden. gingen wir Wilhelm und ich ziemlich spät am Abend nach Kyèlang herunter; es war schon ganz finster als wir ankamen. 5 August Sonnabend Schwester Redslob's Geburtstag. Wie gewöhnlich früh Gratuliert, Abends zum Thee eingeladen; Wetter schön hier unten sehr heiß, alles wohl. Viel in Ordnung und Einrichtung zu bringen, nach beinahe 4 wöchentlichem Oben wohnen. [47] [18]82. 6. August Sontag. Wilhelm die Predigt; still wie gewöhnlich verlebt, am Nachmittag geschrieben und gelesen, im Lauf der Woche waren u. a. „Half Hours with the Stars“ angekommen, auch hatte man durch Mr. Theodore von dem Tode der Mrs. Baring in Munali gehört. - 13 August Sontag. Wochenbericht: Am Montag ging Wilhelm wieder herauf nach Tingtse wo er die Woche verblieb; die Yurra-Arbeiten im Zong, gehen, aus Mangel an Arbeitern langsam von Statten. Ich war Unten, mit meinen gewöhnlichen Arbeiten beschäftigt; die kleinen: Densin und Tshonsin kommen regelmäßig den 'adzin chos 'adzin 133 mit in die Schulen, was die Sache aus dem guten glatten Gang bringt, und eher complicirt; die Großen bleiben gegen 2 Stunden, und Nähen einen Teil der Schule. Außerdem war meine Hauptarbeit Flannelhemden nähen für Wilhelm zum Ladak leben. An den Abenden öfter mit den Sternbüchern abgegeben. Wetter schön, meist heiß. Alles Gottlob gesund. Im Gehöft Gras-Schneiden. 9 August temps. Heut am Sontag Nachmittag Brief geschrieben an Gerhard (als Einlage in Bruder Bau's Brief.) 20 August Sontag. Wochenbericht. Papa blieb am Montag unten ging dann herauf, zu seinen Yurra Arbeiten, und kam am Freitag Abend herunter, dem 18. da wir134

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„schnurren“ - laut Duden kann das Wort landschftl. auch für - schnorren - gebraucht werden. (Dud., Die Dt. Rechtschreibg., Bd. 1) „Suji“ - tibet.? - Grieß? M. H. schrieb wiederholt, dass sie in der Mühle außer Mehl auch Grieß gemahlen hätten. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname. „Möglichen“ und „Wirtschaftlichen“ - beide Wörter könnten auch mit kleinem Anfangsbuchstaben geschrieben worden sein. „Kattun Polonaise“ - franz. - ein Schnürrock, hier aus Baumwolle - Kattun. Die Namen der Mädchen wurden von M. H. unter der Zeile nochmals in tibetischen Schriftzeichen wiederholt. Seite [47] schließt mit „da wir“, Seite [48] beginnt mit „da wir“.

[48] 18[82.] da wir zum Thee bei Redslobs eingeladen waren um Mathildens Geburtstag zu feiern. Dabei wurde u. a. Mitteilung von den Zänkereien gemacht, die zwischen Dana's und Drogpa's stattgefunden, was Wilhelm beim „Sprechen“ erfahren hat. Aus diesem Grunde soll das auf den Sontag bestimmte Abendmahl aufgeschoben werden. Sonst Alles im gewöhnlichen Gang, Schulen etc. Am Dienstag Butter eingelegt für Wilhelm's Reise; die neuen Flannellhemden fertig genät. Wetter sehr unbeständig öfter Regen, dazwischen Sonne. Am Sontag gedachten wir besonders des, heut in Herrnhut gefeierten MissionsJubelfestes. Nachmittags Brief an Elly geschrieben, später trotz Regens mit Wilhelm ein Wenig spazierengegangen. 27 August Sontag. Wochen Bericht: Wilhelm ging erst am Mittwoch früh herauf, nachdem er hier in den ersten Tagen Briefe geschrieben; ich schrieb am Mittwoch an Paul. Mittwoch den 23. reiste Bruder Redslob zu seiner Erholung nach Trilognath. Ich hatte mir vorgenommen am Freitag zu Mittag nach der Schule nach Tingtse zu marschieren um Papa zu besuchen, alles war gerüstet, - da kommt ganz unerwartet Mr. Baring am 25. August135 aus Kullu hier an zum Besuch; [49] [18]82. Wir drückten uns, so gut wie möglich herum, bis Wilhelm am Abend zum dinner kam. Mr. Baring ist recht gemütlich, nur sind wir Schwestern wie immer bei Besuchen; mit Breakfast- und dinner Sorgen eingenommen; abwechselnd machten wir das Essen. Sonnabend kam Bruder Redslob von Trilognath zurück. Am Sontag Morgen überraschte uns, der, gestern spät von Ladak angekommene Jonatan Drogpa. Wetter noch immer so wechselnd trüb, ab und zu regne[n]d, wenig günstig zu der nun beginnen sollenden Graserndte. Arbeiten bei der Yurra gehen aus Mangel an Leuten langsam. Tsang Rintschen hatte ein schlimmes, recht entzündetes Auge; ist aber jetzt besser. Heut am Sontag haben sich Betty und Giatsi wieder ausgesöhnt; hoffentlich aufrichtig! Das Wetter war sehr schön heute. 28. August. Montag zu Mittag bald nach dem Breakfast verließ uns Mr. Baring der in der Besuchstube logiert hatte, und recht lieb und gemütlich war. Beim Abschied schenkte er der Mission 80 Rupees und Wilhelm eine blaue Brille. Nachmittags kam Betty lesen. Abends ritt Wilhelm nach Tingtse. Am 28. August Wilhelms Hare geschnitten. 135

Der Text „am 25. August“ war von M. H. unter dem Namen „Baring“ nachgetragen, er ist hier nach dem Namen in den fortlaufenden Text eingefügt worden.

Heut, so wie in voriger Woche wurden die Aepfel von den Bäumen Salomo und David geärndtet; sie sind sehr klein [50] 18[82] Den 3. September. Sontag. Außer den Schulen und kleinen Nähereien, an einigen Tagen tüchtig Bisquit und Zwieback gebacken für die Reise. Am Donnerstag Abend kam Wilhelm mit Sack und Pack von Tingtse herunter, nachdem er am Mittwoch dem Bruder Redslob, Yurra's und Farm übergeben. Die Sherabin reinigte am Donnerstag das Tingtsehäuschen. Anu, der Gärtner trug die Sachen herunter. Da einige Schuschotpa's mit leren Pferden nach Ladak zurückkehr[ten], trugen wir ihnen auf, einige Ladungen für Wilhelm nach Leh mitzunehmen, wozu sie nach hin- und herReden willig waren. So machten wir am Freitag einen gründlichen Packtag, und packten die 4, viereckigen Lederkoffer voll: 1 mit Kleidern und Privatbüchern, 1 mit Vorräten, und 2 mit persischen und tibetischen Büchern. Wir waren recht froh als die Arbeit beendigt, und die Ladungen fort waren. An dem Abend Fischel gegessen, und bis zum neuen Zeltplatz der auf Dorje's Kartoffelfeld gemacht wird, gegangen. Die ganze Woche ist von dem Kommen des Commission[ers] die Rede. Sonnabend den 2 September Wilhelm recht unwohl wol Verkältung und Magenverderbnis; doch hielt er am Abend die Vorbereitungsversammlung zum heiligen Abendmal. [51] [18]82 Am Sontagabend den 3. September tibetisches heiliges Abendmahl, welches Wilhelm hielt, und wo ich spielte. Montag den 4. September kam der Comissioner mit seiner Party136 hier an; von ihnen sahen wir natürlich nichts, Mr. Theodore aber machte Drangsa137 hier. Abends war er, und wir? bei Redslobs zum Schwatz; machte einen neuen Reise „The Cosi“138. Dienstag früh besuchten (um 8 Uhr) auf ihrem Morgenspaziergang. Mrs. Davies und ihre Tochter ganz unceremo[inll]139 in der Veranda, es wurden ihnen dann Gemüse und Kartoffeln geschickt. Wilhelm und ich erhielten eine Einladung zum dinner; Redslobs sollen an einem andern Tag eingeladen werden. Die Einladung am Abend verlief ganz nett und ungeniert; wir betrachteten sie mit als Geburtstagsfeier unsers lieben Paul, heut am 5., da wir sonst keine äußerlich besondere Feier hatten. Mittwochs hörten wir Mrs. Davies habe Fieber, welches sie sich wahrscheinlich 136 137

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„Party“ - engl. - u. a. Begleitung, Gesellschaft. „machte Drangsa“ - tibet. - drangsa - Unterkunft, Hütte, Haus, hier im Sinne von 'wohnte' oder 'quartierte sich ein'. Vgl. dazu das „Glossar“. „machte einen neuen Reise „The Cosi“ - engl. - tea-cosy - Teewärmer. „unceremoinll“ - verschrieben für - 'unceremoniell'.

gestern Nachmittag bei einem Besuch im Kloster, wo getanzt wurde zugezogen hat; so bald sie besser wird, kehren sie um, anstatt Thalaufwärts zu gehen. Colonel Davies mit seinem Neffen besuchte am Vormittag hier, und besichtigte das ganze Compound140. Die Partie besteht aus Colonel und Mrs. Davies, ihrer Tochter und einem Neffen. Abends aß Mr. Theodore bei uns. Donnerstag den 7. Vormittags, wurden die [52] 18[82.] Reiseladungen vollends fertig gepackt, und abgesendet. Jonatan und Dewa Sung folgten ihnen bald. Mr Theodore aß mit uns Mittagbrod, und brach dann mit der Gesellschaft nach Trinan auf. Bruder Redslob war auch nach Tingtse aufgebrochen zum GriesMalen. KassenUebergabe, und nicht abbrechen wollende Schlußgeschäfte. – Freitag den 8. September trat Wilhelm seine Reise nach Ladak an; wir waren sehr zeitig auf[-] gestanden, so daß wir uns schon nach 6 Uhr auf den Weg machen konnten; ich begleitete ihn bis über Kyor, wo wir Abschied nahmen, und ich allein zurück=kehrte. Den ganzen Tag körperlich und geistig wie zerschlagen und miserabel; Vormittags Schule, Nachmittags Betty lesen. Abends mit der Post nur 2 illustrirte Z[eitschriften]. Auf dem Rückweg von Kyor hörte ich von dem mir begegnenden Rehim, daß die Sara in Korbani vor 4-5 Tagen einen Sohn geboren, und daß es ihr gut gehe. Sontag den 10. September stiller einsamer Sontag, in meinen Fächern geräumt; die gepreßte Blume für Dr. King fertig gepackt, und samt dem gestern geschriebenen Brief an ihn, zur Post gegeben. Wetter regnerig. Montag den 4. September. temps! [53] [18]82. 11. September Montag. Von der Nacht an bis jetzt am späteren Nachmittag ununterbrochenes heftiges Regen[-] wetter. Wilhelm wollte heute den shing khung141 Pass überschreiten wie wird es ihm gehen? auch die abgesende142 Blume bekümmert mich in dieser Nässe; auch die Gras-Erndte ist halb im Gang. Nahm Abends Gurken ab. 12. Dienstag, noch immer Regen, aber nicht so schlimm, und mit Unterbrechungen. Dana's Kinder kamen nicht zur Schule, sollen oben in ihrem Haus helfen. Am Nachmittag kam das Pferd von Wilhelm zurückgesand hier an; ich erhielt ein par Zeilen mit der Nachricht, daß es dort ordentliches Schneewetter gebe. erhöhte Besorgnis. Am 13. Mittwoch: Vormittags Schule; Nachmittags Brief schreiben an Wilhelm, Miniken und Blanford. Der gestern Abend mit der Post angekommene 150 jährige Rückblick der Brüder Mission erfüllte und beschäftigte mich sehr. 140 141 142

„Compound“ - engl. - Anwesen. Tibetische Schriftzeichen, Ortsbezeichnung „abgesende“ - verschrieben statt - 'abgesendete', 'abgesandte'.

Donnerstag den 14. zu Mittag brachte einer von Wilhelm's Kulis Brief mit der Nachricht, daß die Gesellschaft bei einem Versuch den Shingkung im Schnee zu überschreiten, unsägliche Ängste und Strapatzen durchgemacht, und zum Schluß unverrichteter Sache umkehren mußten, dankbar daß nur Niemand Schaden gelitten. Sie befanden sich auf dem Rückweg nach Dartse, um nun über den Baralassa nach Ladak zu gehen. Frische Kulis werden von hier geschickt, die das Pferd, und noch andre Dinge mitnehmen sollen. Das Pferd wurde beschlagen. [54] 18[82.] 15 September Freitag früh beendigte ich meinen gestern geschriebenen Brief an Wilhelm; gegen 10 Uhr gingen einige Kurpas mit der Sendung ab nach Dartsé. 16. September Sonnabend Brod und Küchel gebacken für bde skyid´s143 Geburtstag. Pfefferkuchenteig gemacht; ging alles nicht recht flott von Statten. 17. September Sontag Während der tibetischen Predigt kam ein Bote welcher Brief und ausführliches Diarium144 von Wilhelm brachte aus Dartse. Große Freude! Nach Tisch das üblige Geburtstagsgeschenk zu Shamuels gebracht. Brief geschrieben an Elly und zur Post gegeben. Ein Stückchen allein spazieren gegangen; es wird nach Sonnen-Untergang recht kühl. Ein nach Ladak reisender Sahib ist hier; ich sah ihn nicht, es wurden ihm Gemüse geschickt. In Dengrig ist Pferderennen. Abends nach der deutschen Predigt teilte ich aus Wilhelm's Brief mit, und blieb ziemlich lang bei Redslobs. 18. September Montag Prächtiges Wetter! Heut geht Wilhelm über den Paß! Bruder Redslob ist gestern Nacht plötzlich recht unwohl geworden, hat starkes Fieber lag im Bett. Vormittags Schule mit Shamuel's Kindern (Dana's Kinder kamen nicht von Oben). Nachmittags sämtliche alte Kleidungsstücke von Papa gesonnt, und weggeräumt. Shamuel ist krank, hat sich neulich auf seiner Tour nach Trinan arg auf-145 [55] [18]82. aufgeritten, und leidet sehr an den Wunden, die bedeutend sein sollen. 19. September Dienstag Vormittags wieder Kleider gesonnt; Nachmittags anstatt Schule mit Shamuels 3 Kindern zur „kleinen Alpe spazieren gegangen bei sehr schönem Herbstwetter. 20. Mittwoch In der vergangenen Nacht wenig geschlafen, wurde mir recht unwohl (Durchfall) muß mich wol gestern verkältet haben; konnte aber Vormittags Schreibschule halten. Nachmittags Brief geschrieben an Wilhelm. 143 144

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Tibetische Schriftzeichen + einem in lateinischer Schrift angehängten - 's – als Genitivkennzeichen. „Diarium“ - Tagebuch, meist Tagebuch einer Gemeinde. Die Pilgergemeine in Marienborn verordnete 1740, dass ab 1741 in jeder Gemeinde ein Diarium geschrieben werden sollte. (Herrnhuter Wörterbuch, S. 21) „auf-“ - S. [54] schließt mit - 'auf-', S. [55] beginnt mit - „aufgeritten“.

An demselben Morgen vor der Schule mit Dana Wolle gekauft für die Strickschule vom Nachbar Dondrub. Bruder Redslob ist nemlich ganz oben in Tingtse. 24. September Sontag. In den letzten Tagen vom Donnerstag an keine Schulen gehalten; am Freitag war Dentsins Geburtstag, ich besuchte Oben; Shamuel geht es noch nicht gut, das Carbol ascid146 scheint aber gut zu thun, ich traf den Biling Amtshi147 bei ihm. In diesen Tagen mich an's Einmachen begeben: d.h. Aprikosen, Zwiebeln und Zuckergurken. Handarbeit: wenig, krame noch immer die Kleider und Sachen durch. Lese meist am Abend (patriotisches W)148 wodurch es leider oft spät wurde. Sonnabend Nachmittag und Abend Brief Schreiben angefangen. Labouriere noch immerfort mit meinem Leib: Brennender Durchfall, mit Tenesmus149, trotzdem daß ich Pillen nehme, und dabei ordentlich esse und lebe. Wetter immerfort schön warm. Die Leute sind mit Erndte Arbeiten beschäftigt. In der Woche Pattings gekauft. [56] 18[82.] 24. September Sontag. Vormittag wie gewöhnlich; Nachmittags Briefe geschrieben an die Kinder, und Post fertig gemacht; späterhin ausgegangen zu Shamuels und auf die Felder, viele von Ladak kommende Katscher pas150 angetroffen. Abends nach der deutschen Predigt wieder länger geschwätzt bei Redslobs. Gestern Nachmittag war der Sohn des Ruphu Gopa's aus Zara hier ließ ihn in die Stube; er bekam tshod ma shu gu151 und shel 'a bum's152. 25. September Montag Ließ am Morgen sämtliche Gurken abnehmen, da sie teils faulen. Von heut an besorgt Anu die Hühner etc. weil Dana oben ganz bei der Gras Erndte angestellt ist. Da seine Kinder auch nicht herunter kommen, und Densin nicht wohl ist, sind für die Woche Ferien gegeben. Hanna kommt alle Morgen ziemlich Regelmäßig zum Verselernen. Heut oder gestern Nacht, war der no153 von ihr unversehends fortgelaufen, wurde aber gegen Abend von Zaka zurückgebracht. 1. October Sontag Wochenbericht: Nachdem am Dienstag Briefe von Elly und Gerti angekommen waren, die mich sehr beschäftigt[en] fing ich bald an Wilhelm zu schreiben an, und gab einen Brief an ihn, so wie an Mrs. Downes am Mittwoch zur Post. Am Dienstag brachte der Chandri von Sultanpur einen kleinen Dali154, ein par Mandeln, Pistatien etc. zum Geschenk bekam, Strümpfe. In dieser Woche die tibetischen Schulen ganz ausfallen gelassen kochte noch einmal Aprikosen, ein und Saure Gurken. 146 147 148 149 150

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„Carbol ascid“ - Karbolsäure (veraltet) ein Desinfektionsmittel. „Amtshi“ - Arzt der tibetischen Medizin. Vgl. dazu das „Glossar“. Der Titel der Lektüre M. H.s ist nicht bekannt, vielleicht bedeutet es 'Patriotisches Wort'. „Tenesmus“ - griech./latein. - andauernder schmerzhafter Stuhl- oder Harndrang. „Katscher pas“ - M. H. erwähnte 'Katscher' als Reittiere, aber nicht, um welche Gattung es sich handelte. Zu 'pas' vgl. Anm. 47. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚tshod ma‘ = Gemüse, ‚shu gu‘ = Papier (Interpretation A.Heine) Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚shal ‚bum‘ = Zinken für eine Egge (Interpretation A.Heine), das apostrophierte ‚s‘ wurde von M.H. zur Mehrzahlbildung eingesetzt Tibetisches Schriftzeichen, Bedeutung: Jüngerer Bruder „Dali“ - Bedeutung unbekannt

[57] [18]82. Am Donnerstag gingen Redslobs nach Tingtse auf den ganzen Tag; ich hatte die Oberaufsicht über die Kleine, die ich zu Mittag etwas srud te155. Gegen Abend von Shamuels kommend, traf ich den Kaufmann Latschman Dâs von Hosearpur, der eilig nach Ladak geht, und mir einen Brief an Wilhelm mitnehmen will. Ein par Stunden vorher (am 28 September [nach ?] Mittags hatte ich zu meiner großen Freude durch die von Rocktshen zurückkehrenden Kulis Brief von Wilhelm erhalten. Am Freitag Vormittag schickte ich meinen fertigen Brief mit einigen Aprikosen dem Latschman. zu. Die heut mit der Post erhaltenen Herrnhuts von der Jubelfeier handelnd beschäftigen das Gemüt sehr. An demselben Freitag den 29. September kam gegen Abend unerwartet - ein Mr. Williams hier callen. Da Bruder Redslob oben ist, empfing ich ihn und bewirtete ihn mit Thee und Aprikosen; er blieb bis zum Dunkel[-] werden in der Veranda sitzen verlangt nach ärztlicher Hilfe für seinen kranken Diener. Schickte am Sonabend früh dem Herrn Gemüse und Aprikosen; wie immer in der letzten Zeit auch heut noch in Flecken gekramt gewaschen etc. verschiedenes am Nachmittag geschrieben. Heut am 1sten October Sontag. Die tibetische Predigt war spärlich besucht, weil Danas Kinder, und Drogpas wegen der Erndte nicht herunter kamen, auch Shamuel nicht, weil ihn das Sitzen noch schmerzt. Am Nachmittag erst einen Ansatz zum Briefschreiben gemacht, dann aber lieber bei Shamuels besuchen wollen, 30 September temps, temps [58] 18[82] um über die Predigt zu sprechen, fand aber das ganze Haus so voll Leute, (Ladaker, den bka glon156 von Bas gyo157 etc) daß ich alsbald umkehrte. Ich las; fing ein paar Strumpfbänder für Wilhelm zu häkeln an. Ziemlich mit Dunkelwerden kam der Mr. Williams wieder callen; wir Schwestern drückten uns bald. Bruder Redslob saß bis gegen 9 Uhr mit ihm sprechen. Die deutsche Predigt fiel deßwegen aus – Mr. Williams, der bei seinem ersten Besuch einen eigenthümlichen tatterlichen Eindruck machte, scheint ein begeisterter Spiritualist zu sein und ist entzückt über den Buddhismus. --Am Nachmittag erhielt ich durch einen von Ladak kommenden Karjapa, ein Wischchen von Wilhelm mit der Anzeige: „Vor Tages anbruch geht ein Comet mit breitem Scheif158 auf“. 2. October Montag War in der Zeit von 4 - 5 früh auf den Beinen, um den Comet zu erspäen, aber vergeblich, unser 155

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Tibetische Schriftzeichen mit einem angehängtem „-te“ in lateinischen Buchstaben als Kennzeichen der 1. Pers. Sg. Prät., die Bedeutung ist nicht bekannt. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung nicht bekannt (ein Name?, eine Berufs- oder Amtsbezeichnung?) Tibetische Schriftzeichen, Herkunftsort (sehr wahrscheinlich Basgo im Industal - das 'Bas' wurde mit lateinischen Buchstaben geschrieben „Scheif“ - verschrieben statt 'Schweif'.

Horizont muß wol zu beschränkt sein. Am Vormittag Schule mit Shamuels Kindern angefangen. An demselben Nachmittag, den 2. October, meinem Versprechen gemäs bei Shamuels besucht, wo es mir Anfangs verfehlt zu sein schien; suchte bunte Wolle aus; fing der Martha einen Schal zu stricken an. Dann kam Shamuel setzte sich zu mir in's Yab159, und wir konnten etwas mit einander sprechen im Anschluß an seine eben gehörten [59] [18]82 Pläne, den Winter vielleicht in der Ebene zu verbringen oder doch wenigstens zu des Din's beabsichten160 großen Hochzeit nach Njungti zu reisen. Von der Schwäche des Menschlichen Herzens gesprochen. Später kamen die Kinder aus der Schule, wir saßen gemütlich beisamen. 3. October Dienstag. ein innerlich trübseliger Tag durch allerlei kleine Dinge herbeigeführt, auch die äußere Arbeit ging nicht gut von Statten. 4. October Mittwoch, Schule, Nachmittags Brief an Wilhelm geschrieben, und zur Post gegeben; auch die Simla Liste fertig geschrieben, und Bruder Redslob übergeben. Graserndte beendet. 5. Donnerstag. Kartoffelerndte, um die ich aber mich nicht kümmerte. Anu und Shérab Kundsom waren den ganzen Tag mit dabei thätig. Zu Mittag kamen unversehens Sherpas161 aus Ladak mit einem Briefchen von Wilhelm von Gya, mit der Bestellung mit diesen zurückkehrenden Leuten den Eisen Ofen und Kartoffeln ihm zu senden. Machte in Eile die angefangenen Strumpfbänder fertig, und fing Abends Brief zu schreiben an. 6. Freitag Ließ am Vormittag die Schule ausfallen, da noch Kartoffeln ausgemacht wurden, und Hauptsächlich weil ich die, vor 3 Wochen eingerührten, Pfefferkuchen buk um sie mit nach Ladak zu schicken; sie fielen nicht ganz nach Wunsch aus. Nachmittags die Sachen mit Dana's Hülfe gepackt: viz den kleinen Ofen (mit Röhren) mit Samenkartoffeln gefüllt, und 1 Kruge162 Aprikosen Jam163. Einige bunte Bilder, [60] 18[82.] alte Illustrierte; Fußsack, Blechkästchen mit Pfefferkuchen Strumpfbändern etc. Die Leute bekamen außer Alu164 und Gemüse: etwas Pugma165 Heu und Holz. sie gingen am Sonnabend den 7. October früh ab nach Ladak. Sonabend Vormittag wie gewöhnlich Aufräumen, Brodbacken 159

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Yab/Yap: Eine Übersetzung liegt nicht vor; dem Kontext anderer Tagebücher nach könnte es sich um einen Schuppen oder einen überdachten Gang handeln „beabsichten“ - gemeint ist wohl - beabsichtigten. Es ist nicht mit Sicherheit festzustellen, ob M. H. ein 'r' ergänzen oder einen Akzent setzen wollte. Es soll aber wohl 'Sherpas' heißen. „Kruge“ - gemeint ist sicherlich eine - Kruke - norddt. - für - großer Krug, Tonflasche. „Jam“ - engl. - Marmelade. „Alu“ - die Bedeutung ist nicht bekannt. „Pugma“ - tibet. - gebrochenes Stroh, Häcksel, vgl. dazu das „Glossar“.

etc. Birnen, die sehr faulen zum Abtrocknen geschalt. Nachmittags Brief schreiben angefangen. Sontag den 8. October Die Predigt war auch heut sehr schwach besucht, da die Christen oben bei ihrer Erndte sind; ich trieb mich viel in der warmen Sonne herum. Nachmittags Brief geschrieben an Mrs. Mackay; Muttern's alte Briefe hervorgesucht um sie für Heinrich Post fertig zu machen, dabei wieder mit vielem Genus darin gelesen; gegen Abend ein kleines Weilchen auf dem Harmonium gespielt, und dann kurz vor Dunkelwerden einen kleinen Rush166 über die Felder gemacht; die Dörfler rüsten zum khus skor ren167. Das Wetter ist fortwährend außerordentlich schön und warm, frieret auch in den Nächten noch nicht. Nach dem Cometen werfe ich manchmal, wenn ich früh erwache, einen Blick; neulich am Donnerstag beobachtete ich, daß, nachdem sein Schweif früh 4 Uhr schon ein gut Stück über der Lambutschog Spitze hervorragte, der Stern selber erst gegen 5 Uhr sichtbar wurde, und in der anbrechenden Tageshelle bald an seinem Glanz verlor; am Dienstag mit [61] [18]82. der Post war das bestellte Termometer von Kleinwelke angekommen, ist aber ganz außer Ordnung. 9. October Montag. gedachte heut an Lydias Heimgang vor 4 Jahren. Ließ am Morgen von Anu und der Shèrabin das Ofenröhr in der Küche herausnehmen, und gründlich reinigen; da wir in der letzten Zeit, vollends bei dem Birkenholz brennen, es vor Rauch kaum aushalten konnten. Denied und Tsensin ausführlich Schulegehalten; die Kleine ist krank, dann Birnen geschält und in Essig eingekocht; außer dem Einschreiben und Brief Lesen nicht viel losgelegt. Von Sherabin hörte ich daß viele Leute, namentlich par ka pas, an Ruhrartigem Durchfall leiden. Sämtliche Schmiede sind hier im Dorf krank; der Mania hatte gestern so etwas wie Blutsturz. Im Dorf soll´s viele Fliegen geben; wir haben nur wenige, aber sie sind lästig. 10. October Dienstag. Der Hussein Ali kam nach Shamuels beendetem Hauskauf von Ladak, aber nicht zu uns. Betty kam mit ihrer Kinderschar nach der fertigen Erndte herunter. 11. Mittwoch Vormittag. Zuckerkauf, Hanna lesen, Kinder-Schule. Nachmittags stramm geschrieben: Briefe für die Post. an Elly. pp.168 12. October Donnerstag. Früh Brief, Bücher und Termometer per Gelegenheit an Wilhelm geschickt. Vormittags Birnen eingekocht. Nachmittags Schule. Dana die Simla und Sultanpur Bestellungen übergeben. Abends gegen 7 Uhr furchtbarer Lärm, und Geschrei, in Folge von dem eben erfolgten Tode des Garra169 Mania am 12. October.

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„Rush“ - von engl. - to rush - eilen, laufen, rennen. M.H. benutzte das Verb in substantivierter Form Zur Kennzeichnung eines - flotten, schnellen Spaziergangs. Tibetische Schriftzeichen mit einem angehängtem - 'ren' - in Korrentschrift; Bedeutung vermutlich: Dreschen des Getreides, indem man Pferde oder Rinder im Kreis darüber führt „pp.“ - latein. - perge perge - fahre fort, und so weiter. „Garra“ - tibet. (?) - der Schmied, vgl. dazu den 9.10.1882, S. [61].

13. October Freitag. Vormittags Schule. Nachmittags wurde der Mania unten am Fluß verbrannt. [62] 18[82] 13. October machte sich Dana auf den Weg nach Simla der Yurogpa Tséring ist sein Begleiter. 4 Kurpas170 gingen bis Sultanpur mit. 15. October Sontag. Der bisher so ungetrübte blaue Himmel war heut mit Wolken bedeckt, Nachmittags heftiger Wind. ich konnte still vergnügt sein; schrieb Briefe an Wilhelm . und Mrs. Beutel; spielte ein wenig mit Betty´s Kindern, es blieb wieder nur wenig Zeit für's Harmonium. Abends deutsche Predigt. Ein von Dartse zurückkehrender Jäger Sahib hatte sein Zelt hier aufgeschlagen, trat aber in keine Verbindung mit uns. 16. October Montag Shérab Kundsom hatte sich heute frei gebeten um in Stod ihre Erndte fertig zu besorgen. Ich besorgte natürlich Küche und Aufwasch, und kochte dabei Aprikosen ein, (von den guten.) Vormittags wie gewöhnlich die Hanna zum Verse lernen, und die tibetische Schule. Nachmittags kam Betty lesen. 18. October Mittwoch Die Kühe kamen herunter; Shérab Kundsom übernimmt das Melken. Die 3 Kinder Anna, Tsensin und Tschosnied machten den ersten Anfang im Buch (auf Papier) zu schreiben, was ihnen schwer wird. Ich schrieb am Nachmittag Brief. an Wilhelm. Alles im Haus ist schnupfig, bei mir fängt's an Donnerstag. Nicht's Bemerkenswertes. 20. October Freitag Das Gemüse in die Grube gethan und die Zwiebeln auf den Boden geschafft. Den Christen und Dienern viel gegeben. Giatsi mit ihren Kindern kam heut herunter [63] [18]82 um für den Winter hier zu wohnen; sie zogen in Nathanaels Drangsa ein. 21 October Sonnabend. Namen heut die große Stubendeke weg, und legten statt dessen die häernen171 auf. Am Abend zum ersten Mal in der Stube gefeuert um das Theewasser zu kochen. Das Wetter ist am Tag sehr schön warm, gar heiß, morgens und Abends kühl. 22. October Sontag. wie gewöhnlich. Nachmittags Brief geschrieben an Wilhelm, später auf dem Harmonium gespielt. Abends deutsche Predigt. 23. October Montag Angefangen die tibetische Schule Oben in unsrer Stube zu halten, da es in der Kirchenstube ziemlich kühl ist. Zu Mittag Brief von Wilhelm erhalten aus Leh, durch zurückkehrende Karjaer. Große Freude! Nachmittags einige tibetische Sätze zur Vorschrift für die Schule geschrieben, und von Shamuel corrigie[-] ren lassen. Abends genät, wozu ich im Ganzen wenig komme. und schließlich wie gewöhnlich im 1sten Buch Mose tibetisch gelesen. 24. October Dienstag. Am Vormittag die gepreßten Blumen für Paul 170 171

„Kurpas“ - tibet. - 'khurpa' - Lastträger, Bote. Vgl. dazu das „Glossar“. Häern: Möglicherweise statt ‚hären‘ = aus groben Fasern bestehend?

geordnet und aufgeklebt. Nachmittags Schule. Abends geschrieben. 25. October. Vormittags Schule, Nachmittag172 fleißig Brief geschrieben an Wilhelm. Abends gelesen in blauen Heften Bruder Tietzens Lebenslauf etc. 26. October Donnerstag. Vormittags nach Bruder I.173 Herbarium die Blumen für Paul benannt, Nachmittags Schule, dann mit Geschwister Redslobs die von Sultanpur gekommenen Vorräte geteilt. In den letzten Tagen eine Ladung Weizen Waschen und zu Brodmehl malen lassen. Den 26 October temps! Freitag Vormittag Schule, Nachmittags wenig genät. Die Sachen [64] 18[82.] von Sultanpur fortgeräumt etc. Sonabend den 28. October. Wie gewöhnlich die Stuben kehren. Der Kyorpa Stobdan hatte für 1 Rs174 Holz gebracht, welches er mit Sherab175 K[undsom] aufsetzte. Unser Gärtner Zewang (Anu) ist schon seit einigen Tagen krank, an dem garstigen Schnupfen, den merkwürdiger Weise an allen Orten die Garras nur haben. Gab neulich seiner Mutter die nach Medicin kam, 10 Pillen für ihn. Besuchte ihn heut nach Tisch und brachte ihm einige Patting. Am Nachmittag hatte ich mir vorgenommen das Kästchen mit Stags für die Kinder zu packen, wurde aber darin unterbrochen, indem Bruder Redslob mich bat für einen eben gekommenen Sahib Thee zu machen was etwas Zeit nahm da ich mit Wasser und Nichts darauf eingerichtet war. Redslob's haben gründliches großes Stuben aufräumen. Der Herr ist aus Calcutta. Jurist heißt Lee? und beabsichtigt nach Sangkar zu gehen. 29. October Sontag. Wieder wurde ich in meinem schwulstigen176 Packen, wo immer wieder etwas zu ändern war, wegen Gewicht etc unterbrochen, indem ich vor der Predigt eilig einige gute Küchel buk, da der Mr. Lee am Nachmittag eine Predigt lesen und dann hier Thee trinken sollte. Eine eklich zerfressene Maus in der Falle. Mit Ach und Krach wurde ich am Nachmittag nach der tibetischen Singstunde mit dem Packen meines Overland Kästchens für die Kinder fertig. Es ist an Elly addressiert, wiegt gegen 7 Pfund. Schrieb eine Karte an Wilhelm Um 4 kam [65] [18]82. der Herr zur Predigt; es war eine sehr schöne von Bonar, die er auch gut las. Dann Thee - Kam heut keinen Schritt heraus. Auch nicht zum Harmoniu[m] 172

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M. H. kürzte nacheinander mehrmals: „Vormittgs, Nachmitg“ (25.10.1882), „Vormitgs, Nachmittgs“ (26.10.1882) auf verschiedene Weise ab. Da sie normalerweise 'mittags' etc. mit - tt - schrieb, werden diese Wörter auch bei Abkürzungen mit nur einem - t - mit - 'tt' - ergänzt. „Bruder I.“ - es könnte auch Bruder „S“ oder „J“ heißen, da sich oft nur aus dem Zusammenhang erkennen läßt, welchen Buchstaben M. H. meinte, wenn sie lateinische Buchstaben verwandte. Vgl. dazu unter dem 15.10.1882, S. [61] in der Handschrift „Jäger Sahib“. „1 Rs“ - 1 Rupie. Die offizielle Abkürzung für die indische Währung lautet - 'Rs', weshalb M. H. hier wohl notierte, dass sie für „1 Rs“ Holz gekauft habe. Wenig später, 3.11.1882, S. [66], schrieb sie allerdings, dass die Männer „1 R“ - 1 Rupie - verdient hätten. „Sherab“ - M. H. hat hier statt eines Akzents das Umlautzeichen auf das - 'e' - gesetzt. „schwulstigen“ - kann auch 'aufgeschwollen, überladen' heißen, hier vielleicht im Sinne von 'aufwendigen'.

Spielen. 30. October Montag. Vormittags wie immer Hanna, und die Schulkinder. Nachher den nun fertigen Gries und Mehl in der Mehlkammer geordnet. Tardod kam dann mich feierlich bitten die Giatsi in die Lese Schule zu nehmen. Wir fingen alsbald damit an. 31 October Dienstag Vormittags Hanna und die Giatsi zum „Lesen Nachmittags Kinderschule; nachderselben reiche glückliche Post, von Wilhelm, Elly, Festbüchlein etc. deren Lectüre den Abend hindurch mich sehr aufregte. 1. November: Mittwoch Hörte daß ein Purikpa mit Ladungen nach Leh gehe, und zwar schon heut Nachmittag. Nachdem ich H[anna] und G[iatsi] kurz gehabt, vertauschte ich die Schule für den Nachmittag und schrieb tüchtig Brief an Wilhelm. Der Mensch ging aber schließlich heute nicht. Am 2. Donnerstag nachdem ich ihm Mehl und Kartoffeln gegeben, machte er sich auf den Weg, nahm Brief und Zeitschriften mit. Giatsi kam nicht lesen, weil sie Bettys Kinder bei sich hatte. Nachmittags Schule. 3. November: Freitag Aus meinem beabsichtigten Stubenaufräumen wurde nichts da die Giamo nicht kommt, sondern Steine trägt für das im Frühjahr zu erbauende Hatti177, welches Dewi Chand bauen wird. Es sind sehr viele Leute bei [66] [18]82 diesem Steine tragen beschäftigt; sie bekommen es einigermaßen bezahlt. Männer 8 Tage 1 Rupie, Frauen 12 an[n]as und Kinder 8. Freitag wieder lieber Brief von Wilhelm 4. Sonnabend, da Shèrabin über geschwollene Drüsen klagte machte ich das Aufräumen kurz.! - 5. November: Sontag Verbrachte eigentlich den ganzen Tag, außer den Versamlungen mit Briefe Schreiben an Wilhelm und die Kinder womit ich schon am Freitag und Sonabend den Anfang gemacht. Behielt nicht einmal Zeit zum Spielen und Ausgehen. Abends deutsche Predigt; nach derselben Gelesen. Ich muß bekennen daß ich, verkehrter Weise spät ins Bett gehe, und spät aufstehe. Mit Handarbeiten ist die Woche so gut wie nichts geworden; Schulen, Schreiben, und Lesen nahmen meine Zeit ganz ein. Seit dem Freitag früh war Giatsi in Tsheling ihre Verwandten besuchen, und kam heut am Sontag zurück. Martha die furchtbares Zahnweh hatte, ließ sich heut einen Zahn durch Bruder Redslob herausziehen Wetter ununterbrochen schön. Seit dem 31. October trage ich wollene Strümpfe. 6 November: Montag. Heut kam die Sherabin wegen ihren Schmerz gar nicht: Machte mir die Küchenarbeit: Aufwaschen etc. allein was neben den Schulen meine Zeit ausfüllte. Nachmittags 1 ½ Stunde mit Giatsi gelesen. Dann die Marta besucht der es etwas besser geht, aber ordentlich geschwollen ist. Sie haben einen kranken Mann im Hause.

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„Hatti“ - tibet. (?) - (kleiner) Laden.

[67] [18]82 5.178 November: sah ich wie der Spittu179 von Betty's Bruder Trashi, der ihn für 1 p[ar] Schuhe vom Stodpa gekauft - fortgeführt wurde. 12. November: Sontag Wochenbericht Shérab Kundsom kam erst am Freitag wieder zur Arbeit, nachdem, nach vielen Schmerzen ein Geschwür im Halse aufgegangen war. Ich bin nur froh daß es keine andre Kranheit180 war, denn ich war einen Tag recht besorgt. um sie; besuchte sie am Dienstag; auch Bruder Redslob ging sie sehen. Am Donnerstag kam der Latschman Das181 von Leh, brachte einen Brief von Papa; gab ihm beinahe eine Schachtel voll Pillen, und Aepfel. Bestellte auf nächstes Jahr für Schwester Redslob und mich Hoshiarpur Holzsachen. Da die Sherabin am Freitag wieder kam, kochten wir nach Tisch nach beendeter Schule die früher gekommene Sangkar[-] butter aus, da wie man hört keine weiter kommen wird es sind für nicht ganz 10 Rupees. Freitag den 10. November: ging der Zaka mit seinem Schwager und den Pferden nach Njungti Am selben Nachmittag kam unerwartet Overland Post wir erhielten eine Note von Elly mit unsern Photo[-] graphieen. Außer den schon erwähnten Wirtschaftstagen ohne Dienerin; die Schulen regelmäßig, - Hanna täglich so - wie auch Giatsi alle Tage, länger oder kürzer lesen lassen; außerdem Briefe geschrieben und gelesen. [68] 18[82.] Heut am 12. November: wieder tüchtig geschrieben, um meine am Sonabend und Freitag angefangene Brief[-] sendung an die Kinder, und an Wilhelm zur Post fertig zu haben. Die kleine Mathilde ist schon seit einigen Tagen ernstlich unwohl, hatte es arg im Halse, worauf dann ein wunderlicher großfleckiger Ausschlag auf dem Körper herauskommt, und sie sich, obwohl im Bett - nun wohler fühlt. Von Kardang werden mit Halamolo182 mächtige Balken herübergezogen für Hari Chands Hausbau bestimmt; er will im Frühling Kangsar ganz neu aufbauen. Darum, heißt es, soll in diesem Herbst noch das „Hatti“ in Kyèlang gebaut werden. 19. November. Sontag. Wochenbericht. Eigentlich nicht viel apartes. Die Schulen, mit den Kindern sowol, als mit Hanna und Giatsi täglich gehalten, bis auf Freitag den 17. November: Da ich mit Shèrab Kundsom zusammen die Schlafstube auf[-] räumte, so gründlich wie immer im Herbst. Giamo die sich schon lange zu dieser Arbeit gemeldet; kommt eben doch nicht; bei schönem Wetter wurden wir schnell und gut 178

179 180 181 182

M. H. berichtete nochmals, nachdem sie schon über den 5. und 6. November geschrieben hatte, über den 5. Ein Nachtrag? „Spittu“ - Bedeutung nicht bekannt. „Kranheit“ - verschrieben für - Krankheit. Eigenname, s. auch S. 57 „Halamolo“ - die Bedeutung ist nicht bekannt.

damit fertig. Sonnabends recht trüb und kalt, Ostwind. Sontag morgen den 19. November183 schneite es; war recht kalt. Spielte heut, wie vor 8 Tagen in der Predigt, weil Schwester Redslob [69] [18]82. wegen der Mathilde noch nicht gehen konnte. Hörte erst jetzt daß die Abi184 vom Nachbar Dondrub 19 November185 in der Nacht gestorben sei, sah vom Fenster aus die Ceremonien vor dem Hause; wegen dem heftigen Schneien aber nicht zum Verbrennen gegangen. Der Dondrub hat vor etwa 20 Tagen ein Töchterchen bekommen. Am Nachmittag Briefe geschrieben an Wilhelm - wie auch am Mitwoch, und an Mrs. Dane. Bekam furchtbares Reißen, das ich in letzter Zeit öfters, ja Regelmäßig Nachts habe, aber nicht so anhaltend. Heut aber war´s schlimm, wol von Verkältung in den kühlen Stuben. Abends deutsche Predigt. 19 November unvermutet temps, während dem Reißen. 20. November Montag. Da mich das Reißen nicht nur in der Nacht tüchtig plagte, sondern auch am Morgen; so fing ich heut an das Essen in der Stube zu Kochen, wodurch ich es hübsch warm hatte, und am Vormittag mein Weh weh sich so verlor, daß ich munter Schule halten konnte. Die Sonne scheint heut wieder freundlich. 21 November: Dienstag Tag voller Täuschungen. Mit Bestimmtheit wurde von einer Kardang bomo verkündet, daß Dana heut hier ankommen würde, was aber nicht geschah; eben so wurden unsre Hoffnungen auf Briefe wieder vereitelt. Dazu tolles Reißen. 23. November: Donnerstag. Besuchte am Vormittag in „Paljors Haus“ [70] 18[82] um ihnen, namentlich der Giatsi meine Teilname an dem Tode der Abi auszusprechen. Zu Mittag kam Dana mit dem größten Teil der Ladungen von Simla hier an. Es wurde gleich ausgepackt. Bis auf eine zerbrochene Lunabel[-]186 flasche, war Alles in Ordnung. Kam mir ohne Wilhelm wehmütig vor. Besuchte gegen Abend bei Dana's, wo er mir ein kleines Delhi Steinchen als Stag von Nathanael brachte. Er erzählte manches, und war besonders erfüllt von ihrem Besuch beim Deputy Commissioner Coldstre[a]m. 24. November. Freitag. Vormittags wie immer Hanna und meine Rechenschule. Nachmittags die so eben angekommene große Kiste mit Geschenken zum Theil schönen „Stores“ ausgepackt, und geteilt. Besonders reiche Gaben in der Beziehung kamen von Mrs Mackay, Mrs Davidson, 1. Pack Kleider von Mrs. Hutchinson, und sonst schöne Geschenke von Mrs. Fordyce, Perry, Mahony, Fräulein Gaudian. Mitten in das Packen kam Brief von Wilhelm. Es war so eine Freude 183 184 185

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„d. 19. N.“ - den 19. November - wurde von M.H. über dem Wort „morgen“ nachgetragen. Großmutter; s. auch Glossar „19 Nov.“ - 19 November - ist über ‚Nachbar‘ ergänzt worden. Es lässt sich sinngemäß am besten nach ‚'Nachbar Dondrub' einfügen. „Lunabel“ - um was es sich dabei handelt, ist nicht bekannt.

und Aufregung, daß ich sehr sehr spät in der 3ten Stunde erst einschlief. 25. November: Sonabend. Ließ heut durch Dana und Shérabin die Kellerfenster alle mit Heu und Pugma verstopfen. Nachmittags meine Rücke187 ausgewaschen, um die neuen Stores aufzuräumen. Gegen Abend bei Shamuels besucht, um ihnen den gestern mitgekommenen Brief von ihrer a ma188 zu bringen. 26. November: Sontag. Außer den Versamlungen die meiste Zeit mit Briefschreiben an Wilhelm verbracht, wieder nur wenige [71] [18]82 Zeit zum Harmonium Spiel erübrigt. Das Wetter fortwährend prächtig und klar. Ich bin so froh daß ich nun wieder frei bin vom Reißen. Ohne etwas dagegen getan zu haben, hörte es mit Beendigung der temps auf. Sontag unter der Predigt kam Zakarias von Njungti zurück. 3 December Sontag 1ster Advent. Wochenbericht. Schulen der Kinder und Hanna´s Lesen regelmäßig. Am Dienstag vormittag die hintere Abtheilung in der Nebenstube gründlich aufgeräumt; am [Donner ?]stag von der Sherabin die Stubenfenster putzen lassen (mit S. K)189. Freitag früh Pfefferkuchenteig eingerührt am 1. December In dieser Woche wurde Mist getragen ließ am 29. und 30 November unsre Gartenbete von Anu, oder Zewang dem Garra umgraben. Wetter immerfort schön. In den letzten Tagen fast unaufhörliches Getrommel, und Lärm bei den Garra´s dem Mania zu Ehren. Donnerstag früh wurde Redslob's Lampen Glocke von einem alten Knochen der durchs Fenster flog zerbrochen. Am 30. November Abend den Tractat von Gall gelesen X190 neues Licht. Von Nähereien wenig, fast nichts getan; in den letzten Tagen und Abenden nur geschrieben, und eine Anzahl Briefe heut am Sontag zur Post fertig gemacht. Kam deßhalb, weder zum Harmonium Spielen noch Ausgehen. Die Posten waren dürr gar keine Briefe für mich. Wieder etwas violette Wolle gefärbt. [72] 18[82.] 10. December: Sontag: 2ter Advent. Wochenbericht: In der Nacht vom Montag zum Dienstag wurden die Häusel ausgeräumt durch den Bartsi-Anu. An dem Tag machte auch Tardod ein neues skyon ba191 auf das Dach vor ihrer Drangsa. Dienstag den 5. Abends reiche Post! Elly's Geburtstag am 6. in der Stille gefeiert; ließ die Shérab Dochte zu den Wachslichtern machen. Donnerstag den 7. am Vormittag in der Küche Wachslichter gemacht, wobei Sherabin half; es ging ziemlich schnell, und wurden ganz hübsch. Zu Mittag am 7. December: kamen 2 Ladungen Meteorologische Instrumente hier an, und wurden 187 188 189

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„Rücke“ - M. H. bezeichnet damit ihre Regale, vgl. Papas „Bücherrück“ (5.8.1864). Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚Mutter‘ Über „putzen lassen“ hat M. H. in einem Bogen (mit S. K) eingefügt. Sinngemäß lässt sich sich das '(mit S. K)' am besten am Ende des Satzes einfügen. Unklar bleibt, ob es sich bei 'S. K' um Sherabin Kundsom handelte, die M. H. gerade aber als am Fensterputzen Beteiligte erwähnt hatte. „X“ - M. H. hat hinter „Tractat ... gelesen“ ein „X“ gesetzt, gemeint ist damit wohl 'Christus', womit das Traktat „Christus neues Licht“ hieße. Tibetische Schriftzeichen (Translit. A.Heine); eine gesicherte Übersetzung war nicht möglich

von Bruder Redslob ausgepackt. Kinder-Schulen regelmäßig; ebenso Hanna, auch Giatsi einige Mal gehabt. Nur mit der Marta und Betti wird nichts mit Lesen und unterrichten. Dana war zu Ende der Woche mal unwol ist aber besser. Seine Kinder Ana und chos brnyed192 hatten geschwollene Drüsen sind auch wieder flott. Am Sonabend Vormittag Pfefferkuchen gebacken. So nötig die Näharbeiten sind, bin ich gar nicht dazu gekommen, sondern habe meist geschrieben (Briefe) und gelesen. Das Wetter, welches bei dem täglich sich streifenden Himmel sich zu ändern drohte, ist heut mit dem Neumond aufs neue klar geworden. Hatte heut meine Briefe so zeitig fertig daß ich am Nachmittag ein wenig lesen und Spielen, auch ein Stückchen ausgehen konnte. Heut Abend am 10 December: tibetisches heiliges Abendmal [73] [18]82. Den 11. December. Montag. früh Honigkuchenteig eingerürt. Schule. zu Mittag Essig aufgesetzt, mit Wasser aus dem Bilingdrogpo193. Nachmittags Giatsi lesen, und ich tibetisch Schreiben. 12. December: Dienstag Vormittags tüchtig gebacken 2 Pfund kleine Sachen fürs Kinderchristbescheer; Nachmittags Schule. Abends vor Brieflesen nicht viel getan. 13. Mittwoch. Vormittags Schule, Nachmittags Briefschreiben und Giatsi lesen. 14. Donnerstag Wieder gebacken, Honigkuchen etc. - Schule etc. 15. Freitag Schnee im Thal, der am Nachmittag aufhörte. 16. December. temps. --- 17. December: Sontag. Das Wetter recht trüb und kühl; bis zu Mittag meine, in den vergangenen Tagen geschriebenen Briefe Post fertig gemacht. Gegen Abend war das Bescheer für die Christenkinder (ein skye rags)194. Es war recht hübsch, alle Eltern waren zugegen. Bruder Redslob leitete, und fragte die Weihnachtsgeschichte; ich ließ das eingeübte Hosianna singen. 18. December Montag Unsers Gerti Geburtstag ganz unfeierlich begangen; Vormittags Schule, nach derselben Plätzel gebacken, und Vorbereitungen getroffen, um Redslobs Kindern einzubescheeren, was dann gegen Abend vor sich ging; nur kleine Sächlein Perlen und Hoshiarpur Schüsseln. Hatte von früh an mit Reißen zu thun, das zeitenweise, besonders am Abend recht lästig war. Zakarias, auch Giatsi sind nicht wohl, hoffentlich ist's auch nur vorübergehend. 24. December. Sontag. 4. Advent. Wochenbericht. Schulen wie immer; hauptsächlich in de[n]selben die Weihnachtsarbeiten der Kinder, d.h. gehäkelte überzogene Kissen für ihre Eltern beendet. Die Kleinen strickten Handschuhe für sich. [74] 18[82] An 2 Vormittagen Weihnachts-Strietze gebacken; meine Haupt Arbeit war Briefschreiben; es wird aber immer nicht genug fertig. Das Wetter zwischen blauem und grauen Himmel 192 193 194

Tibetische Schriftzeichen, Eigenname „Bilingdrogpo“ - Bilingbrunnen (?). Tibetische Schriftzeichen (Translit. A.Heine); eine gesicherte Übersetzung war nicht möglich.

wechselnd. Zwei Gebets Mühlen abgeschickt: an Dr. Hutchesson und Doxeys. Heut am 24. bis nach Tisch meine Post fertig gemacht; dann den Christen Aepfel gebracht und Dana's bei ihrem Baum putzen geholfen. Der Andrang von Menschen in, und nach der Christnacht war unbeschreiblich groß; da zu gleicher Zeit ein Yatra195 bei Banerji's im Dorfe war. Am Abend war ich bei Geschwister Redslob zum Thee eingeladen; es war recht gemütlich. Auch brachte die Mathilde mir ein hübsches Bescheer: Elly Redslob's Bild Seife Chokolade. Ehe ich herüber ging hatte ich mir einige Wachslichter angezündet und Wilhelms Bild vor mich gestellt, angefangen die Weihnachtsgeschichte nach Henri zu lesen. 25 December. 1. Feiertag. Früh der Sherab ihr Bescheer gegeben dabei mit ihr gesprochen, ausführlich die Weihnachtsgeschichte erzählt. Schwester Redslob ist unwohl, hat arg Durchfall und verdorbenen Magen, wol z.T. von Verkältung. Hatte einen großen Topf Thee fertig gemacht; falls es passen würde, die Christen oder welche von ihnen bei mir zu haben, da sie aber alle bei Tardods waren am Nachmittag, sagte ich natürlich nichts. Sah zuerst [75] [18]82 die neulich gekommenen Illustrated News196 durch, und will nun versuchen Briefe zu schreiben wenns glückt, da ich noch mehreres vor dem Abschluß der Post fortschicken möchte. 26 December. 2te Feiertag Da die Christen heut bei Shamuels waren, unterließ ich wieder das Einladen, und war still für mich mit Briefschreiben beschäftigt. Schwester Redslob geht es besser. 27. Mittwoch. Den ganzen Tag fast mit Briefschreiben verbracht. 28. Donnerstag. Am Vormittag noch geschrieben; Nachmittags einen Teil der Christen: die Familien Dana's und Drogpas zum Thee eingeladen; mit Bildern Büchern, Spielen, verging die Zeit gemütlich. Abends wieder geschrieben 29. Freitag. Wie gestern Shamuels, Zakas, und Mathilde waren heut Gäste, wie es schien war man befriedigt. 30. December Sonnabend, Brod und Bisquit gebacken. Briefe geschrieben. 31. December. Sontag Liesels Geburtstag; ich war früh nur kurz gratulieren; machte am Nachmittag meine Post fertig. Ich bin dankbar daß es mir gegeben war alle Briefschulden abzutun. Möchten sie noch über den Paß kommen, und glücklich ihr Ziel erreichen. Das Wetter sieht schon lange trübe und drohend aus. Abends nach der Versamlung, (tibetischer Jahresschluß) war ich bei Geschwister Redslob zum Thee eingeladen. Um 10 Uhr wurde der Jahresschluß gehalten. Ich blieb dann noch lange auf, nicht in geeigneter Stimmung; zerstreut. Schlief wenig. [76] 1883. Losungen in der Neujahrsnacht gezogen: 1 Januar. Montag für Kyèlang: 6. April. Nehemia 9,31. 195 196

Religiöse Zeremonie, die nähere Bedeutung ist nicht bekannt“ „Illustrated News“ - engl. - Illustrierte Zeitungen, Zeitschriften.

für Ladak.

13. November 2 Mos, 33, 13. - 197

Erzählte am Morgen. - als Fortsetzung von neulich - der Shérab biblische Geschichte (die Weisen etc). - Nachmittag meine Rechnungen geordnet, so wie der tibetischen Kinder Kassen. Ging gegen Abend bei198 bei allen Christenfamilien mit Aepfeln besuchen. Es ist Gottlob alles wohl; das Wetter scheint auch aufzuklären. 2 Jannuar Dienstag Da ich von Shamuel gehört, daß der Postsack noch offen, schrieb ich am Vormittag noch einen Brief an Wilhelm, machte auch ein Päckchen von „Mutterns Briefen.“ für Heinrich zurecht, die ich samt einer Postkarte an Elly addressierte. Am Nachmittag fing die Tibetische Schule, mit Nähschule und biblischen Bildern zeigen an. 3. Jannuar Mittwoch. Hanna, tibetische Schule, Nachmittags Giatsi Lesen und biblische Geschichte. - etwas ausgebessert, alte Hosen und Hemden. 4 Jannuar. Donnerstag. Essig zugebunden. Vormittag Hanna und Giatsi; Nachmittag tibetische Schule. Alte Briefe gelesen, Wäsche ausgebessert. Shérabin sprach mit mir über ihre Schwester; Hörte von einem Gu[g?]pa, der schon vor längerer Zeit (20 Tagen) mit „Steinen! von Padanam kommend auf dem bösen Wege hinabgestürzt, und Tod war. Der Wert von 1000 Rupien wurde der Leiche nachdem man sie erreichen konnte abgenommen!! 5 Jannuar. Freitag Vormittags Hanna, und Tibetische Kinder; Nachmittag tibetisch Schreiben, und Giatsi. - Abends mit Leisure-hour199 versielt. [77] [18]83. 6 Jannuar Sonabend. Früh das Salzfleisch fürs Räuchern fertig gemacht, und mit Sherabin heraufgeschafft. Die Mäuse haben wieder allerlei Schaden in der Speisekammer angerichtet, besonders mit meiner Butter was mir etwas Arbeit verursachte. Stuben - aufräumen. - es schneite am Morgen ein wenig. doch hoffte man daß die Leute mit der Post heut über den Paß gehen sollten. - Am Nachmittag tibetisch geschrieben und mit Shamuel darüber gekohlt. - Auch Abends geschrieben. Gestern gaben unsre Nachbarn die Todesfeier für ihre a pi200 aber ohne viel Geräusch. 7. Jannuar. Sontag. Wie gewöhnlich! Am Nachmittag gaben Zaka's eine Einladung den Christen. Ich verbrachte die meiste Zeit mit Durchsehen der „Graphics“201 um sie Redslobs wieder zu geben. Ging gegen Abend allein bis zum Biling zur kha202 sah einen Fuchs laufen. Das Wetter ist wieder ganz klar. Schwester Redslob ist noch auf den Beinen. Die kleine Liesel ist aber seit einigen Tagen recht unwohl; sie sieht sehr elend aus; ob's nur von Zähnen kommt,? oder sonst was es ist, weiß man nicht. Ich gehe beinahe alle Tage herüber einen Schwaz machen; 197

198 199 200 201 202

Nehemia 9.31 „Aber nach deiner großen Barmherzigkeit hast du es nicht gar aus mit ihnen gemacht, noch sie verlassen; denn Du bist ein gnädiger und barmherziger Gott.“ 2 Mose 33.13 „Hab' ich denn Gnade vor deinen Augen gefunden, so laß mich deinen Weg wissen, damit ich Dich kenne, und Gnade vor deinen Augen finde. Und siehe doch, daß dies Volk dein Volk ist.“ „bei“ - wird zu Beginn der neuen Zeile wiederholt. „Leisure-hour“ - engl. - leisure hour - Mußestunde. Tibetische Schriftzeichen. Gemeint ist hier wohl die kurz zuvor verstorbenen Abi (19.11.1883). „Graphics“ - engl. - vermutlich eine Kunstzeitschrift. Tibetische Schriftzeichen, Ortsname; s. auch 'Biling Surka', 8.4.1883, S. [90].

nehme seit einigen Tagen Pillen; seitdem ist mein Reißen und Schnupfen besser. 21 Januar Sontag. 2 Wochen sind vergangen, seit ich nicht mehr eingeschrieben. Und was für eine Ereignisreiche Zeit war es! Ich will versuchen wo möglich einige Daten nachzuholen. Vom 8 ten bis 11ten Januar die Schulen der Christen 11 Januar temps! [78] 18[83.] kinder wie gewöhnlich. In diesen Tagen brachte Jurogpa das Nußöl aus Mantschat. Schwester Redslob ist noch auf, die kleine Liesel wird immer kränker – Schlaflosigkeit, Apetitlosigkeit, Durchfall. Am 11. nach Mittag sah ich sie das letzte Mal in ihrem Bettchen sitzen; sie erbrach sich gerade; sah schwach aus, aber durchaus nicht abgefallen. Am 12. Januar Freitag früh wurde ich von Bruder Redslob aus dem Bett geklopft, mit der Anzeige: Die Geburtswehen bei seiner Frau seien im Gang – und – das kleine Liesel sei heimgegangen. O was für ein weher Tag! Die Geburt welche vormittags um ½ 10 erfolgte, war – wie Schwester Redslob sagte – besonders Schmerzhaft, doch kam das Jungel glücklich zur Welt. Heftige Blutungen und große Schwäche brachten Schwester Redslob's Leben in große Gefar; da gab es viele Angst. Am Abend war unaufhörliches Trommeln und Tuten in Kardang und großes Feuer. Der bekannte „Dangrapa203“ hörte ich am nächsten Morgen, was204 mit Sonnen Untergang an der Schnupfenkrankheit gestorben, und wurde in der Nacht verbrannt. Am Sonabend den 13 Januar Vormittags 10 Uhr, wurde das kleine Leichlein, zu seiner Ruhestätte gebracht; die Christen hatten das Grab gegraben, und ausgeputzt. Oberhalb der kleinen Maria Grab. Es wurde nur auf dem GottesAcker unter [79] [18]83. großer Wemut die Litaney von Bruder Redslob gebetet. Gegen Abend schien die Schwester Redslob gefaßt, und auch körperlich wieder in Ordnung zu sein. 14 Januar Sontag wurde ich am Morgen wieder durch Bruder Redslob's Rufen geweckt, mit der Bitte, die Kinder zu mir zu nehmen, da es seiner Frau schlecht gehe. Sie war wirklich sehr krank, ganz unabhängig von den Wehen hatte sie furchtbares Leibschneiden, mit fortwährendem stark riechenden Durchfällen (wie Tiphus) war sehr schwach, konnte nichts genießen. An Predigt war natürlich nicht zu denken; Bruder Redslob ging auf und ab, und erwartete jeden Augenblick ihr Ende. O was habe ich auch da innerlich durchgemacht! 15 Jannuar Montag In der Nacht schien eine Wendung zur Besserung der Kranken eingetreten zu sein. Gottlob! Es ging aber sehr schwach und allmälig damit. 203

204

Dangrapa: ‚Dangra‘ = Stall/Pferch, die Nachsilbe ‚-pa‘ weist darauf hin, woher einer kommt, wovon er Besitzer ist „was“ - verschrieben statt - war.

21 Januar Sontag Nun sind 8 Tage verflossen; Schwester Redslob ist - zwar noch schwach - doch auf dem steten Wege der Besserung. Ich habe den Kleinen Jungen ganz bei mir in der Stube bei Tag und Nacht; er ist ein dürftiges mageres Kindchen aber gesund, denke ich. In unsrer einizigen205 heizbaren Stube ist die Einrichtung für ein kleines Kind unvollkommen aber es ging doch ganz gut. Es hat mir Freude gemacht, den Kleinen besorgen zu dürfen, wenn gleich sich [80] 18[83.] manchmal Sorgen um sein Wohlergehen einmischten. An die Nacht Unruhen gewöhnte ich mich auch; verbrachte die ganze Woche, die Nächte angekleidet, auf dem Kanape, der Kleine schläft - wie Redslobs Kinder alle viel, kommt aber auch pünktlich zum Trinken, beinahe alle 3 Stunden, Tag und Nacht. Mathilde schläft drüben bei ihren Eltern, ist aber sonst den Tag über, auch zu allen Mahlzeiten bei mir gewesen. - Die Schulen der Tibetischen Christen Kinder habe ich nur an den Nachmittagen gehalten, meist Stricken; sonst habe ich nicht viel, oder eigentlich nichts, getan weder mit Lesen Schreiben noch Nähen, da mein Kopf von den Nächten etwas wüst war. Am Donnerstag den 18. machten sie beim Namgyal im Dorf Gurim206, von wegen sein[er] Tochter Pudri, die ein böses Bein, und viele Schmerzen hat. Freitags den 19. hörten wir von einer Gelegenheit nach Njungti: Mr. Smyth hatte Leute an Hari Chand geschickt, um „Steine“ zu kaufen. Diese kehren nun zurück, und ihnen gaben wir Briefe mit: Bruder Redslob Overland Briefe, ich einen an Wilhelm. Sonabend den 20 Jannuar wurde ein Ochse für uns geschlachtet! Allerlei Aeger207 über meine Holzhacker, auch sonstige innere Anfechtungen. Das Wetter war bisher prächtig, sonnig und klar; am Freitag kam ein [81] [18]83. heftiger Wind, Sonnabend etwas Schnee, und auch heute sieht es noch trüb, und schneeig aus. Heut Sontag den 21. ist der Geburtstag des kleinen Sodpa Detchèn; Tardods feiern ihn mit einer Christen Einladung, bei welcher auch die Mathilde ist; so habe ich heut Nachmittag die stille Zeit, wäh[-] rend das Jungel schläft, zu diesem Einschreiben benutzt. 22 Januar Montag. Nachdem ich am Morgen den Kleinen gebadet, brachten wir ihn in Redslobs Stube zurück, da es der Mutter nun besser geht. Die Wohnstube bei uns wurde wieder in hellen Zustand gebracht; und aufgeräumt Vormittags Tibetische Christenkinder Nachmittags Anfang der diesjährigen großen Strickschule. 23. Dienstag früh das Rindfleisch in die Salzlacke gelegt. 24 Januar Mittwoch Neujahr der Lahouler! Gestern Abend 205 206 207

„einigzigen“ - verschrieben statt - einzigen. „Gurim“ - die Bedeutung ist nicht bekannt, vermutlich eine Heilungszeremonie. „Aeger“ - verschrieben statt - Ärger.

wurde die üblige Feierlich208 besonders früh (um 10,) mit vielen Feuern Schüssen und Munterkeit abgehalten. Wetter immerfort trüb, kommt zu keinem Schnee. 28. Januar Sontag Am Donnerstag den 25ten209 fing es an tüchtig zu schneien und schneite so mit wenig Ununterbrechung 3 Tage fort, so daß wir jetzt einen ordentlichen Schnee, von 210 Fuß haben. Die große Strickschule war nur an den beiden ersten Tagen; wegen dem „Losar“211 hatten an den letzten Tagen nur die Christenkinder Schule. Denièd bekam den Schal für ihren Vater fertig. Ich näte teils mit der Maschiene und an Abenden 3 p[ar] neue Beinkleid[er] für mich. [82] 18[83] Ich gehe alle morgen und Abend den Kleinen drüben besorgen womit gewöhnlich ein längerer Schwaz und Aufenthalt verbunden wird. Schwester Redslob geht es von Tag zu Tag besser, doch nagt der Schmerz um ihr Liesel, und Kummer um das so magere dürftige Jungel an ihrem Herzen. Derselbe kommt mir trotz dem aber gesund vor; und durchaus nicht bedenklich. Der heutige Sontag wie gewöhnlich. Am Nachmittag Namen geschrieben und sonstige Vorbereitungen für die ArbeitsWoche; jetzt will ich noch sehen ob ich unten auf dem Harmonium spielen kann. Es schneit heut nicht, doch will auch die Sonne nicht recht durchbrechen, und ist recht kalt. In den Nächten schlafe ich gut in meiner kalten Kammer, gehe leider meist spät zu Bett, und stehe spät auf. 4 Februar Sontag Wochenbericht. Die laufenden Arbeiten konnten Gottlob ungehindert besorgt werden. Am Morgen den Klein[en] drüben gebadet, Vormittags Christen Kinder Schule, Nachmittags die große Strickschule, zu der sich allmälig immer mehr Mädchen einfinden. Denièd und Anna stricken Handschuhe. Am Freitag den 2. Februar: gelang es mir endlich die Martha und Betty zum Bibellesen bei mir zu bekommen, und wir wollen wo möglich jetzt pünklich212 und regelmäßig diesen Tag dazu festhalten. Wir haben angefangen: 1 Kapittel im Marcus, und eins im ersten Buch Mose zu lesen; ich will auch versuchen durchzuführen, daß eins [83] [18]83 von uns ein kurzes Gebet vorausschickt. Sonnabend Nachmittag kam die Giatsi ein wenig lesen und biblische Geschichte erzählen. Außer diesen Schulen, konnte ich ein Wenig an meinen neuen Hemden nähen, die nun bald fertig sind, machte auch wieder einen Ansatz zum tibetisch Schreiben. Da ich noch Bruder Redslob mit Brod versorge, hatte ich in dieser Woche mehmals zu backen. Gab am Sonnabend allen ChristenFamilien Kartoffeln 1 ½ Küchenkörbchen, auch der 208 209 210 211 212

„Feierlich“ - es sollte wohl - Feierlichkeit, Feier - heißen. „den 25ten“ wurde über der Zeile ergänzt. M. H. hatte eine Lücke für die Angabe der Schneehöhe gelassen, diese aber nicht nachgetragen. „Losar“ - neues Jahr, vgl. S. [20] Anm. 54, zum 28.1.1882. „pünklich“ verschrieben statt - pünktlich.

Sherab. Außer kleineren Unpäßlichkeiten ist Alles im Haus und Gehöft wohl; auch Schwester Redslob geht es körperlich immer besser. Das Wetter ist meist trübe, und dadurch recht kalt in den Stuben,X 213 1Flasche CitronenSaft platzte in Folge von Ausfrieren in der Speisekammer und dergleichen mehr. obwohl die Kälte-Grade nicht besonders hoch kommen; nur einen Tag am Donnerstag war wirklich schönes sonniges Wetter. Die Schlafstube ist recht kalt Der Becher Wasser neben meinem Bette ist immer am Morgen ganz bis auf den Grund ausgefroren. Nur eine Nacht konnte ich vor Kälte nicht schlafen. Seitdem sorge ich am Abend immer durch Wilhelm's Pelzstiefeln für warme Füße, und habe prächtig geschlafen. Aus Holzmangel kochen wir die Kuh Kartoffeln beim Abendfeuer in den Stuben.214 Der heutige Sontag Exaudi215 wie gewöhnlich. Am Nachmittag Name[n] für die Schule geschrieben. Harmonium gespielt, und in Leisure hour gelesen. Die Tage gehen doch schnell dahin. Wie mag es Wilhelm gehen? ich sehne mich recht nach Nach[-] richten von ihm. [84] 18[83.] 4 – 11. Februar. 11. Februar Sontag. Wochenbericht Schulen Vor- und Nachmittag wie gewöhnlich. Auch Früh täglich den Kleinen gebadet, was aber von morgen ab aufhören soll. Am Freitag Nachmittag Marta und Betty. Sonnabend Giatsi. Von HandArbeiten so gut wie nichts getan. Tibetisch gelesen und geschrieben, und mich mit den gewaschenen Schulstrümpfen herumgeschlagen. Wetter: an einigen Tagen recht sonnig dazwischen trübe. Alles im Haus und Gehöft wohl. 5. Februar temps Heut am Sontag den 11. hatte ich die tibetischen Kinder eine Weile Oben, um ihnen meine Muscheln zu zeigen etc. Sonnabend den 10. Fbruar216 Vormittags 1 ziemlich starkes Erdbeben. Am 4. Februar meine neu genäten Beinkleider, und am 11. die neuen Hemden zu tragen angefangen. Montag den 12. Das Gotse der Kyèlanger, mit nicht enden wollend[em] Getrommel; trotzdem Strickschule, doch kärglicher besucht. Dienstag Denièds Geburtstag; ich besuchte oben bei ihnen. Sonst Schulen Vor- und Nachmittags im regelmäßigen Gang. Buck dazwischen einiges für Wilhelm's Geburtstag. Donnerstag war Sherabin in Tu[ng]ling, kam erst am Nachmittag; ich kam mit dem Kräppelbacken etwas in's Gedränge. Den 16. Freitag. Papa's Geburtstag wurde ganz ausführlich begangen. Am Vormittag hatte ich die Kinderschule abgekürzt, gab dann Allen eine Kleinigkeit von den Kräppeln, und Aepfel aus dem Keller, die noch recht gut erhalten sind.

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Der von M. H. unten auf der Seite nachgetragene Satz „1 Flasche CitonenSaft ... und dergleichen mehr.“ wurde an der von ihr mit einem Asterisken gekennzeichneten Stelle eingefügt. Der Satz „Aus Holzmangel ... in den Stuben.“ wurde von M. H. über zwei Zeilen in dem Zwischenraum ergänzt. „Exaudi“ - latein. - höre - nach dem Eingangsvers des Gottesdienstes, Psalm 27,7: „Herr, höre meine Stimme, ...“. In der evangelischen Kirche die Bezeichnung des 6. Sonntags nach Ostern. „Fbruar“ - verschrieben für - Februar.

[85] [18]83. Zum Mittag-Essen war ich bei Geschwister Redslob eingeladen, am Nachmittag hatte ich sie zum Kaffe; es verlief ganz gemütlich. Abends fing ich an einen Brief an Wilhelm zu schreiben. früh schneite es ein Wenig, wurde am Nachmittag wieder schön. Sonabend allerlei geräumt, die Giatsi gehabt. In dieser Woche gar nicht genät. Die Schreiberei der Bibel[-] sätze, und Aufkleben derselben zu Schreib-Vorschrften217, nam z. T. meine Zeit in Anspruch. Ach wenn es nur nicht so mangelhaft wäre! Auch heut am Sontag Nachmittag war ich meist mit dieser Sache beschäftigt. Konnte daher nur wenig in die „Daheim“ sehen, die Schwester Redslob mir brachte. Der Geburtstag des kleinen byams pa bde ba218 wird sehr ausführlich begangen. Seit gestern fühle ich mich nicht recht flott, nehme daher Pillen. Heut am 18. Februar. schneit es den ganzen Tag fast ununter[-] brochen. 25. Februar Sontag. Wochenbericht (vom 18-25 Februar)219 Die Vor- und Nachmittags-Schulen in gewohntem Gang, mit erfreulichen, und nieder[-] schlagenden Erfahrungen (Densin). Fast die ganze Woche täglich Abends 8 Pillen genommen; da ich mich nicht recht flott gefühlt. Wetter abwechselnd: Dienstag den 20. tüchtiger Schnee, sonst meist trübe, Freitag und Sonnabend schön sonnig. Am Freitag Marta und Betty Lesen, Sonabends die Giatsi. Außer dem Besorgen, und Durchsehen der gewaschenen Schulstrümpfe, etwas an meinen noch unfertigen Hemden genät, und am Sonabend schnell mit der Maschiene 6 neue Taschentücher gesäumt. Der kleine byams pa bde ba war recht unwohl: Durchfall und Brechen , ganz ähnlich [86] 18[83.] wie die Liesel es hatte; wir waren recht besorgt; heut scheint es jedoch besser zu gehen. Ueberhaupt geht jetzt bei den Kindern (wie's scheint) dieser Durchfall und Brechen herum. Am Sonabend den 24. wieder den Christen-Familien und der Sherabin Kartoffeln gegeben. Heut am 25. Februar: war die Taufe des Kleinen Ernst Bernhard. Redslob. Nach der selben am Nachmittag war ich bei Redslobs zum Kaffe, ganz gemütlich. Der Kleine ist unruhiger, und schreit mehr als ihre andereren220 Kinder, ist sonst aber wohl; heut morgen entdeckten sie, daß er einen Bruch bekommen. Die Matilde war im Lauf der Woche 2 Mal bei mir zum Abendbrod. 4. März Sontag. Wochenbericht (vom 25 Februar bis 4. März). Recht traurig im Blick auf Geschwister Redslob. Der Kleine ist sehr krank, überaus rührend anzusehen, seit ein par Tagen mehr tod als lebend; und doch wartet man vergebens auf sein Ende. Es geht auch mir sehr nahe. Schulen Vor- und Nachmittag wie gewöhnlich. Ich nahm die ganze Woche [F]rüh und 217 218 219 220

„Scheib-Vorschrften“ - verschrieben statt - Schreib-Vorschriften. Tibetische Schriftzeichen. Der Name 'byams pa bde ba' erscheint noch einmal in der letzten Zeile. „(vom 18-25 Februar)“ wurde neben „Wochenbericht“ über der Zeile nachgetragen. „andereren“ - wohl verschrieben für - anderen.

Abend stark Pillen, da es mir nötig schien. Am Dienstag fühlte ich mich besonders unwohl. Außer Strümpfe durchsehen meine neuen Taschentücher gezeichnet; und die schon seit so langer Zeit angefangenen neuen Hemden beendet. Etwas an Wilhelm geschrieben; komme wenig zum Lesen. Zum tibetisch Schreiben gar nicht. Heut Sontag Nachmittag den 4. in „Daheim“ allerlei Interessantes gelesen, Hatte garstiges Zahnweh [87] [18]83. dabei. Die Tibetischen Kinder sind wieder gesund. 2 März temps. Den 11. März Sontag. (Wochenbericht vom 4 -11. März). Am Montag den 5. März Vormittags ging der kleine Bernhard Redslob nach langsamem Absterben, endlich heim seit vorigem Mittwoch erwartete man beständig sein Ende. Ich hatte Vor- und Nachmittags wie gewöhnlich Schule, dabei arges Reißen. Dienstag den 6. März um ½ 11 war sein Begräbnis bei schönem Wetter; Es war chos dzin's 221Geburtstag; daher keine Christenkinder Schule. Ferner ist zu sagen, daß in diesen Tagen 1 Dutzend par Knikerbocker222 für Mr. Dane zum Abschicken fertig gemacht wurden; weil am Sonnabend nun wirklich ein Bote nach Njungti abgehen soll. Der Zugu ist beim tshe bcu223Tanzen in Gungrang von einem hohen Dach heruntergestürzt, und kann deshalb nicht gehen; darum geht der bu chung224 mit einem von Hari Chand abgesendetem Manne. Bis Freitag gegen abend waren dann zum Glück auch meine beiden Briefe an Wilhelm, und ein gemeinsamer an die Kinder in Europa beendet. Das Reißen was mich in den ersten Tagen arg plagte, hat sich Gottlob fast verloren. Schulen und Unterrichte wie gewöhnlich, meinen großen bunten Ueberzug ausgebessert, und aufgefrischt. Heut am Sontag Nachmittag die Tibetischen Kinder alle, so wie Giatsi und Betty in der Stube gehabt; auch Shamuel war da. Mit allerlei Spielen und Beschäftigungen die Zeit verbracht. Vorhandene Bäckereien von Papa's Geburtstag mit Thee dabei verputzt. - Abends wieder nach längerer Pause, die deutschen Predigten bei Redslobs angefangen. - - 225Wetter sehr wechselvoll. 10. März ging der Bote mit den Briefen ab nach Njungti. 11. März die kleine Mathil, war unwohl. [88] 18[83.] 18 März. Palmarum. (Wochenbericht vom 11-18) Nichts besonderes passiert. Schulen Vor- und Nachmittag, Lesen der Frauen, etc. Handarbeit: einiges ausgebessert. Lesen in Dewetzs 221

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Tibetische Schriftzeichen (Translit. A.Heine); Eigenname, das apostrophierte ‚s‘ dient M.H. zur Bildung des Genitiv „Knikerbocker“ - engl. - laut: Schöffler/Weiß, H.-W.-B. - (Damen-)Schlüpfer; laut Duden, Bd. 1: Pumphosen; laut dtv- Lexikon, Bd. 10: Seit Ende des 19. Jhs. modische sportliche Überfallhose ... Gemeint sind hier vielleicht die Strümpfe, die zu den Knickerbockern getragen wurden. Tibetische Schriftzeichen. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname Die beiden Sätze „Wetter sehr wechselvoll.“ und in der Zeile darunter „11. März die kleine Mathil ...“ wurden von M. H. in sehr kleiner Schrift und z. T. mit vielen Abkürzungen hinter den beiden letzten Zeilen eigefügt.

West Indien“ ansprechend und interessant. Wetter: fortwährend klarer Himmel, ganz warm, und Frühlingsmäßig. Mathilde, die ganze Woche unwol und miserlich. Die Eltern halten es für Grippe. Im Dorf häufiges Trommeln, ein che grub226 nach dem andern. Heut am Sontag, den 18. ging ich nach Tisch allein, auf dem staubigen Kyèlang Gong Weg bis zum Shaka lungpa spazieren. verbrachte die übrige Zeit mit Lesen, Harmonium spielen und Schreiben. 25. März. Oster-Sontag. (Wochenbericht vom 18-25.). Montag den 19. starb die Pudri (Sreifrau)227 im khang pa chen po228 und wurde nach ein par Stunden schon verbrannt. Dienstag den 20. Schluß der großen Strickschule. Mittwoch Vormittags gebacken für Tschonièds Geburtstag, und 1 Brod und Strietz für mich, meinen schwarzen Rock und eine geschenkte Jacke für die Feiertage zurecht gemacht. Gründonnerstag und Charfreitag, wie gewöhnlich; in den Versamlungen hatte ich immer zu spielen. Dazwischen mit Strümpfen beschäftigt; gelesen und auch am Sonnabend tibetisch geschrieben zu neuen Schulvorschriften. Am heiligen Abendmal am Donnerstag nahm die Giatsi zum ersten mal anteil. Das Wetter wechselvoll manchmal ordentlich geschneit, was bei der heißen darauf folgenden Sonne bald schmolz. [89] [18]83. Heut am Ostersontag konnte die Litaney nicht auf dem Gottesacker gebetet werden. Früh um 7 war die deutsche Litaney und Frühstück in unsrer Stube, was ganz gut verlief; ich war ziemlich früh aufgestanden. Heut ist chos brnyed's229 Geburtstag, den sie am Nachmittag feierten. Nach Tisch ging ich mit Redslobs in der Veranda auf und ab; und las dann nach der Stunde bis gegen Abend in den „Daheim“. Wetter von Mittag an prächtig 1ste April Sontag (Wochenbericht vom 25 März – 1ste April). Die Feiertage vergingen still; ich war meist mit tibetischen Schreibereien, (Vorschriften für die Schule, und einem neuen Lied skar ma tsam zhig)230 beschäftigt. Am Mittwoch fing die Schule wieder an. 28. März temps! 29. März Erste Post. Schon am Vormittag dieses Tages wurden wir in großen Schrecken und Aufregung versetzt. Durch einen extra Brief von Mr. Dane vom Februar, mit der kurzen Nachricht, daß Geschwister Pagell beide in Poo gestorben seien. Am späteren Nachmittag kam dann unser bote231 Butschung von Njungti mit der reichen Frühjahrspost. Von Geschwister Pagells Heimgang erfuhren wir näheres; diese Nachrichten übertäubten alles andere! Am 2. Januar war Bruder am 9. Januar Schwester Pagell entschlafen. Sonst hatte ich persönlich viele Ursache zum Danken 226 227

228 229 230 231

Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: Religiöses Ritual (möglicherweise ‚für langes Leben‘) „(Sreifrau)“ Es könnte sich um einen Schreibfehler für ‚Freifrau‘ handeln, eine Angehörige des Lokaladels. Dafür spricht auch, dass ihr Wohnort ‚Großes Haus‘ genannt wird (es handelt sich nicht um die ‚Pudri‘, die gelegentlich im Haushalt hilft). Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung ‚Großes Haus‘ Tibetische Schriftzeichen, Eigenname. Tibetische Schriftzeichen, eine gesicherte Übersetzung war nicht möglich. „bote“ - M. H. hatte zuerst „Postbote“ geschrieben, dann aber das 'Post' gestrichen, den 2. Teil des Wortes 'bote' allerdings nicht großgeschrieben.

für die vielen und guten Nachrichten von Wilhelm, die bis zum 11. Februar reichen; auch liebe Briefe v[o]m alten Jahr von meinen Brüdern, Elly, Gerhard etc. Das Lesen der vielen Zeitschriften, schon das bloße hineinschauen (eine Menge „Illustr[ie]rte“ von Simla) machen den Kopf ordentlich wüst. Außer [90] 18[83.] den Schulen und Frauen nicht viel gearbeitet; die Hanna ist recht ernstlich unwohl, oder richtiger „krank“. 8. April Sontag. (Wochenbericht vom 1-8. April). Kinderschulen und Frauen wie gewöhnlich, daneben tibetisch Schreiben (vorschriften). wenig Handarbeit, Allerlei von der Post her noch zu lesen; fühle oft Schmerzen in den Augen und im Kopf muß mich wol vor zu langem Aufbleiben am Abend in Acht nehmen. Sherab232 Kundsom war krank, konnte 3 Tage: Mittwoch, Donnerstag und Freitag nicht kommen; ich besorgte meine Wirtschaft allein; ließ nur von Sontu Wasser tragen. Sonnabend den 7. kam Pherabin233 wieder zur Arbeit; an dem Tage wurde der Gottes Acker schön und nett gemacht; Bruder Redslob legte seine 3 neuen selbst gefertigten Grabsteine heraus; auch Shamuel hat seine beide Steine recht hübsch gemacht. Der Hanna geht es Gottlob jetzt besser; ist aber noch sehr schwach; der kleine byams bde234 ist öfter unwohl, abwechselnd; sonst ist Gottlob alles wohl; der Heimgang von Geschwister Pagell's und die ungewisse Zukunft in Bezug auf die Besetzung der Stationen erfüllt die Gemüter sehr. Am 7. April bestellte Bruder Redslob seine Gartenbeete, ich will noch eine Woche damit warten, da es in der Nacht bisher stark frieert235. Heut am Sontag den 8. am Nachmittag „Herrnhuts“ etc gelesen, Harmonium gespielt, bis zum Biling Surka allein spaziert, auf dem Rückweg in Lama Namgyals Haus, die nun genesene Pudri besucht. [91] [18]83. Sontag den 15. April. Wochenbericht. (vom 8-15. April). Wie immer die tibetische Schule, und die Giatsi zum Lesen; sie hat viel Lust und Eifer dazu, und ist wirklich unermüdlich. Am Freitag konnte die Betty nicht kommen; stattdessen kam Giatsi; etwas störend ists daß sie ihren kleinen Jungen immer mitbringt; es geht aber nicht gut anders; besonders da Tardod seit Anfang der Woche bei den Zong Arbeiten ist. Näharbeiten wenig, nur einiges mit der Maschiene; neue Küchentücher etc. sonst Briefgeschrieben und Gelesen. Im Lauf der Woche, (wars Dienstag, oder Donnerstag Vormittag) die verstopften Kellerfenster geöffnet, und mit der Shérab aufgeräumt; die Ratten haben arg gewirtschaftet im Keller. Am Sonabend den 14. April mit unsern Privat Garten[-] beten angefangen. Nachdem der Tsewang am Vormittag 232 233 234 235

M. H. hat auch an dieser Stelle statt eines Akzents wieder zwei Punkte über das 'e' gesetzt. „Pherabin“ - wohl verschrieben statt Sherabin. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname „frieert“ statt - friert.

umgegraben half Dana nach Tisch, teils unter Schneien, dann stechender Hitze, aussäen viz. Gelbe Rüben, Zwiebeln, Schoten und allerlei auf das Frühbeet. An diesem 14. April trat Anu oder Tsewang seinen diesjährigen Garten Dienst an. Sontag Nachmittag meine Post fertig gemacht. Gelesen, ein Wenig Harmonium gespielt. Am 15. April die regelmäßige Post angefangen, d.h. mit Abschicken von hier. Montag den 16. April, außer den Schulen mit Allem mög[-] lichen beschäftigt. Strietze backen. Hatte den jungen Barongpa Tewang Norbu auf Tischlerarbeit, er machte allerlei zerbrochene Beine an Tisch, Stuhl und Schemmel ganz, Borstbesen, Hammerstiel etc. Zwiebeln gesteckt. In Bartse großes rab nas und ge ba236 Dienstag Backen und Schulen [92] 18[83.] 18. April Mittwoch kam die erste regelmäßige reiche Post an, mit Allerlei Briefen für mich, die mich bis spät aufhielte[n] 19. Donnerstag. Durfte meinen Geburtstag gesund und vergnügt begehen. Am Vormittag gratulierten mir Schwester Redslob und Mathilde eine schöne Zeichnung, Ofenlappen, und Blümchen: Schneeglöckchen und anderes aus ihrem Gärtchen. Ließ die tibetischen Kinder Säckchen nähen, die ich ihnen mit Patting und Rosienen füllte. Hatte am Nachmittag die Mathilde bei mir, Abends Geschwister Redslob zum Thee; es ging Gottlob alles gut. Ich ging wieder spät zu bett. 20. Freitag. Schulen, Lesen der Giatsi, Kopfbrummen: temps. temps 21. Sonnabend. Weiteres Garten bestellen: rote, weiße, Teltower Rüben, Nubra237 Zwiebeln. Rettig, Spinat, Kürbis etc. gesät. Tüchtig Kräppel gebacken zu morgen. Betty und Giatsi zum Lesen (einzeln an Wilhelm geschrieben. Ein Sahib callte und trank mit Bruder Redslob Thee, ich hab ihn nicht gesehen. Sein Zelt hat er auf dem Feld vor der Mauer, unserm Schlafstubenfenster gegenüber aufgeschlagen. 22. April Sontag. Vormittags noch geschrieben, und meine Post fertig gemacht. Nachmittags eine Thee Einladung für die Christen Kinder zunächst, woran aber auch alle Erwachsenen, bis auf Sam[uel] Teil namen. Spiele und dergleichen verlief ohne Störung Gottlob. Shamuel und Marta haben böse Augen. Sonst Alles soweit wohl. In diesen Tagen einmal Häusel-Ausräumen durch den Bartsi-Anu. [93] [18]83. 29. April Sontag. (Wochenbericht vom 22 – 29 - April) Montag den 23. Nachmittags nach dem die Giatsi bei mir gelesen, bekam sie einen Anfall von Schwindel und Bewußtlosigkeit, oben vor ihrer brang sa238 wo ihre Schwester gerade bei ihr war. dieser Bewußtlose Zustand dauerte 4-5 Stunden, und machte uns recht besorgt. Ihr Mann wurde vom Zong geholt, wo neben bei gesagt, die hohe Mauer dem Einsturz drohen soll. Auch am Dienstag ging es der Giatsi noch schlecht. Ohnmachts-ähnliche Zustän[-] de kehren immer wieder. Wer kann bestimmt die Ursache angeben? 236 237 238

Tibetische Schriftzeichen, zwei Gruppen, durch 'und' getrennt, zu rab nas' vgl. auch Anmerkg. 39. „Nubra Zwiebeln“, vermutlich nach dem Nubratal, das von Leh aus über den Kardung-Pass erreicht wird „brang sa“ - tibet. (gesprochen ‚drangsa‘): Hütte, Haus, Unterkunft. Vgl. dazu das „Glossar“.

sie bekam Senfpflaster, Holloway's Pillen, Kampfer-Küchel239. Bis heut hat sie sich noch nicht ganz erholt, sieht blaß und angegriffen aus, das skor ren240 kommt auch noch ab und zu. ... arges241 Regen Wetter nachdem am Dienstag ein Gewitter gewesen. Redslobs l[ie]ssen242 ihre Stuben und Küche weissen, so ließ ich auf ihr Anbieten auch meine schwarz geräucherte Küche weisen, was am Mittwoch den 25. Vormittags geschah. Wegen Anna's Geburtstag war keine Schule. Schrieb an Wilhelm. Donnerstag Vormittag die Küche von Sherabin reinigen und scheuern lassen, ich machte die Schränkchen und anderes. In den letzten Tagen mit Briefschreiben und Wolle färben beschäftigt. Freitag kamen Marta und Betty zum Lesen; und blieben dann noch längere Zeit da, um die neulich gekommenen Illustrirten Zeitungen zu sehen. Hörte von Marta daß Gestern Abend die beiden Munshi Familien (Thasil und Schul.) hier angekommen seien. Mahomed Backsch um Schule und Post zu übernehmen. letztere? Die Betty kommt auf ihren Wunsch seit Anfang dieser Woche alle Tage zum tibetisch Lesen. [94] 18[83.] Heut am Sontag. den 29. den ganzen Tag, außer den Versamlungen, Briefe geschrieben an die 3 Kinder, und an Wilhelm und zur Post gegeben. Heftiger Regen und Gewitter; kam gar nicht heraus. Montag den 30. April. Wegen dem in der Nacht sehr heftig gefallenen Regen, konnte das beabsichtigte Pflügen der Kartoffelfelder erst zu Mittag los gehen; ließ daher den darauf wartenden Tsang Sadnam für mich Holz hauen. Tra Sodnam der die Kirchenstube weist, machte einige Striche bei mir in der Wohnstube. Schule, Betty lesen, Wollefärben. Die ersten Spargel. am 30. April. Wie ich von Redslobs hörte, wird das neue Hatti schleunigst durch Säulen gestützt, damit es nicht einstürzt. an den unteren Mauern haben sie vergessen Balken einzulegen. In der vergangenen Woche nach dem Regen und Schnee am Mitwoch fror es wieder, so daß ich ein par Nächte die hübsch aufge[-] gangenen Pflanzen auf dem Frühbeet zudecken mußte. 1ste May Dienstag Kartoffellegen im Gehöft. 3. May. Himmelfahrt. am Nachmittag die Sara besucht, und auch die Martha. Wegen Bruder Redslobs Verkältung keine Deutsche Predigt. 5. May Sonnabend. Selerie gesät, Knoblauch gepflanzt. Nachmittags an Wilhelm geschrieben; die Giatsi kam seit ihrer Krankheit das erste Mal zum Lesen. 6. May Sontag. fast den ganzen Tag Briefe geschrieben Am Abend einen Rush zu Agnes Lilienplatz. Abends 239

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„Kampfer-Küchel“ - Kampfer ist eine aus dem Holz des in Ostasien vorkommenden Kampferbaums hergestellte harzartige Verbindung, die besonders in der Medizin ... verwendet wird. Im 19. Jh. als lähmungswidriges, krampflinderndes Mittel u. a. bei Nervenleiden angewandt. Vgl. dazu das „Glossar.“ Zur Herstellung von Kampferkücheln ist nichts bekannt. Tibetische Schriftzeichen: „sko“ mit einem in Korrentschrift anggehängten „ren“; gemeint ist vermutlich ein Drehschwindel. Vor „arges“ sind von M. H. am Satzanfang zwei Wörter ausgestrichen worden. Es könnte sowohl „liessen“ als auch „lassen“ heißen.

wieder keine Predigt. - Am Freitag, den 4. May wurde ein im Shaka-lungpa erlegtes Wild zum verkauf gebracht, [95] [18]83. und bei dem Fleischmangel für 2 - 8 gekauft. Was es ist und heißt weiß man nicht, es soll nicht einheimisch in Lahoul sein; gleicht am meisten einer großen braunen Ziege. Das Fell wurde mit Kopf und Beinen daran hängend aufgehoben, und zunächst in die Bücherstube gebracht. Ich finde das Fleisch nicht angenem. 13 May Sontag Pfingsten. (Wochenbericht vom 6 -13 May). Montag den 7. Vormittags Schule. Nachmittags allein meine Schränke gewaschen und geräumt in der Kammer; Kleider gesonnt u.s.w. Dienstag den 8. Die Schlafstube gründlich aufgeräumt und gescheuert. von Ramelie und Sherabin. Nachmittags die hintere Stube scheuern und reinigen. 2 Herren kamen an, und callten; zum Glück war Bruder Redslob noch da, der sie empfangen konnte. Ich über nahm den versiegelten Geldkasten, und die Bücher. Nachmittags recht unfreundliches Wetter. Mittwoch den 9. May. Früh nach dem Morgensegen ging Bruder Redslob auf die Reise nach Poo, mit ihm Zakarias. Donnerstag. 10. Der Tag fast ganz mit Schulen besetzt. Vormittags hintereinander Hanna, dann Betty, dann Giatsi lesen. Nachmittags die Kinder wie immer, gestern und heut einige Wintersachen fortgeräumt. Freitag. den 11. Vormittag Schule und andere Sachen Hanna und Betty lesen. Nachmittag im Regen mit Dana. Gurken und Bonen gelegt. Salat gepflanzt. Des Tsewang geschwollener Arm ist etwas [96] [18]83. besser; beim Garten graben half ihm seine Schwester. Gegen Abend noch Giatsi lesen. Die heutige Post brachte in Mutter Redslobs Brief die Nachricht daß Bruder Weber in Königsfeld einen Ruf auf die hiesige Mission erhalten, und angenommen hat. Strümpfe ausgesucht für Mrs. M. Aynsley in Coorg. Sonnabend den 12. Vormittags wie gewöhnlich. Nachmittags heftiger Regen, so kam Niemand zu mir, so daß ich den ganzen Nachmittag fleißig für mich nähen, und flicken konnte. 13. Sontag. Zur gewöhnlichen Zeit hatten wir am Vormittag eine Versamlung mit den Christen. wir hatten die Bänke in einen Kreis gestellt. Schwester Redslob spielte. Schamuel las die Pfingst-Geschichte; zwischen ein mehrere Verse gesungen die ich vorher ausgesucht. Nachher, wie schon gestern den Herren Strümpfe zum Kaufen geschickt, auch ein Par Eier. Die Zeitungen vom Freitag hatten wir ihnen zu gesendet, auch einige Mal Spargel; Feilen um ihre Rifles243 zu reparieren Sie selber kamen nicht mehr

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„Rifles“ - engl. - rifles - Gewehre.

callen schickten aber Notes244. - Sontag Nachmittag mit Schwester Redslob lange in der Veranda hin und hergegangen. Dann „Daheims“ durchgesehen. Später bei rauhem Wetter einen Rush über die Felder gemacht; die Dörfler sind beinahe fertig mit Pflügen. Der heutige Pfingstmorgen wurde mir recht verdorben, durch des Yourogpas Quälerei ihm unsern dzo245 zum Pflügen zu borgen, was nach [97] [18]83. längerem Conferieren mit Tardod. nicht nach seinem Wunsche geschah, da keine von uns die Verantwortung über[-] nehmen, und ein neues khrims246 einführen wollte. 14 May. Montag. 2 ter Pfingstfeiertag. Unsre Christen hatten sich nicht darauf eingerichtet denselben mit einer Versamlung zu begehen, so ließen wir also dieselbe fallen. Tardods machten ein höchst nötiges skyor ra247 auf der West Seite ihres Daches; es sah wirklich oft recht ängstlich aus wenn die Kinder so am Rand dort herumliefen. Danas hatten mit rgyags248 machen zu thun. Ich besuchte am Vormittag längerere Zeit bei Shamuels, dann auch bei den Andern; fing der bde brnyed249 das Kissen an, das sie für Hari Chand häkeln soll. Die „große Kiste“ kam heut an, und wurde in die Bücherstube gestellt. Ließ das stinkende mit Maden bedeckte „Kar-da“250 Fell und Kopf aus der Bücherstube, auf den Heuboden schaffen, und reinigen. Am Nachmittag gingen Schwester Redslob und ich mit Mathilde und den 10 Christen Mädelchen spazieren auf die großen Lilienplätze hinter Kyèlang Gong beim großen Schugpa251 Baum. Das Wetter war bedeckt, aber angenehm und still. Alle waren vergnügt, ich bin dankbar daß Alles so gut ablaufen durfte. Am Morgen waren die beiden Herren Robinson und Watkins Lfs. of R.A.252 nach Kolong weitergereist Dienstag noch keine Schulen. Viel mit Schwester Redslob gesprochen. Mittwoch Vormittag Schule, Nachmittags Briefe schreiben, und die Strümpfe für Mrs M. Aynsley in Coorg Postfertig gemacht. 16 May temps temps! [98] 18[82]253 17 May. Donnerstag. Allerlei kleine Verdrießlichkeiten. u.a. kam Tardod. den Parlapang Lama verklagen, daß er ungefragt 3 Bäume geschlagen habe. Was sollte ich machen? Befahl die Zweige und das kleine Zeug herzuschaffen, obs geschieht

244 245 246 247 248 249 250 251 252

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„Notes“ - engl. - notes - Banknoten, Geld. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚Ochse‘ Tibetische Schriftzeichen, (Translit. und Interpretation A.Heine), Bedeutung: ‚Recht‘, ‚Regel‘ Tibetische Schriftzeichen, (Translit. und Interpretation A.Heine), Bedeutung: ‚Geländer‘ Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚Proviant‘ Tibetische Schriftzeichen, Eigenname „Kar-da“ , vgl. den 4. May 1883, S. [94 f.]: „gleicht am meisten einer großen braunen Ziege.“ „Schugpa“ - tibet. - shug pa - Nadelholzgewächs: Wacholder (Juniperus tibetica). Vgl. dazu das „Glossar“. „Lfs. of R. A.“ Lieutenants of Royal Army - Leutnants der Königlichen Armee. Die Schreibung 'Lfs' bei M. H. ist vermutlich auf die englische Aussprache des Wortes zurückzuführen: leftenant. „1882“ - falsche Jahreszahl, es müsste '1883' heißen, das gilt auch für Seite [99].

und wie viel? muß man abwarten. Am Sontag war der Mensch bei mir noch254 Samen, wol nur um mich zu probieren. es regnete den Nachmittag und Abend heftig, es ist so kühl daß man gern Feuer in der Stube hat. 18 May Freitag. Kochte heut in der Stube das Essen, da man das Feuer vertragen kann. Vormittag Schule. Nachmittags geflickt, und die heutigen Post Briefe etc. gelesen. Von den Frauen kam Niemand lesen. Die Hanna kommt regelmäßig alle Morgen. 20 May Sontag. Wie vor 8 Tagen hatten wir wieder am Vormittag eine Versamlung mit den Christen. Shamuel las die Litaney, dann Joh. 3255 (das Evangelium) und Acts 3 und 4256. nach seiner Weise erklärend, dazwischen Verse gesungen, Schwester Redslob gespielt. Die Geschwister scheinen ein wirkliches Bedürfnis nach gemeinsamer Erbauung zu fühlen; Große und Kleine waren sehr still und andächtig. Die gestern angefangenen Briefe an alle 3 Kinder heut fertig geschrieben, und zur Post gegeben. Gegen Abend bis zur Biling Brücke allein spaziert, um die Mühle anzusehen. Erfuhr von Dana, daß Niemand sie benützt, der Hattipa sich für den ganzen Sommer mit 1 Rupie in eines Bilingers Mühle eingemietet hat. Das Wetter den ganzen Tag schön; wie seit längerer Zeit nicht. [99] [18]82 (?) Den 21. May Montag. Nun wirds ernstlich warm, und anhaltend schön! dachte man an dem sonnig, wonnig, klaren, ja heißen Vormittag, aber am Nachmittag kam ein ganz arger wirklicher Sturm[-] artiger Wind, mit nur einigen Regentropfen, der aber eine empfindliche Kühle, ja Kälte hinterließ; so daß man am Abend sehr gern das Theewasser in der Stube köchte. Bei dem durchgehends kühlem Wetter bleiben die jungen Pflanzen im Garten sehr zurück; gegen Abend verflanzten wir, oder vielmehr Dana, Blumenkohl, Kolrabi und Salat im vorderen Garten, ich Winden an den Zaun. 22 May Dienstag. Die Hauptarbeit des Tages außer den Schulen, was257 Papa's Stübchen gründlich aufzuräumen, mit Shérab Kundsom; es zeigt sich Schwamm, auch faulen einige Bretter. Wetter den ganzen Tag bedeckt, aber nicht so kalt. Jetzt blühen nun auch die großen Aepfelbäume reichlich. In Folge des kühlen Wetters geht alles Wachsen langsamer. Heut am 22. Früh wurden unsre Milchkühe aus dem Gehöft herauf zur Heerde gebracht; und somit die Melkerin gewechselt. 23. Mittwoch Vormittag Schule – Nachmittag wenig genät. Giatsi gelesen. gegen Abend allein mit Tsewang. Rotkraut Wirsing und Kraut aus[-] gepflanzt. 24 May Donnerstag. Am frühen Morgen zuerst einen kurzen Brief an Wilhelm geschrieben, und samt einem Stag von Rauch254

„noch“ - verschrieben für - nach. „Joh. 3 (das Evangelium)“ trägt den Titel: „Das Gespräch mit Nikodemus.“, Joh. 3,1 -13. 256 „Acts 3 und 4“ - engl. - Acts of the Apostles - Apostelgeschichte; Apg 3: Die Heilung des Gelähmten im Tempel, Apg 4: Petrus und Johannes vor dem großen Rat. 257 „was“ - verschrieben statt - war. 255

fleisch und Schnitzen258 durch Ali Husseins Leute die mit Ladungen nach Ladak gehen, an Papa abgeschickt. [100] 18[83.] am 24. May Vormittag mit Shérabin das untere Durchgangs Stübchen mit Geschirrschränken gründlich aufgeräumt außer dem Hanna und Giatsi gehabt; Nachmittag Schule und259 und mit den Nätereien der Kinder beschäftigt Gegen Abend wieder Kraut ausgepflanzt mit Dana. Winterrettig gesät, und Zwiebeln nachgesät, wo sie nicht aufgingen. Die Garras geben die Todenfeier für die Dobi mit großem Lärm und Getrommel. Der Anblick und süße Geruch unsrer blühenden Obstbäume ist lieblich heut früh beim offenen Fenster hörte ich den Kukkuk laut rufen. 25. Außer Schulen, und Giatsi Lesen hauptsächlich mit dem Lesen der heutigen Post: Briefen und Zeitungen lesen beschäftigt. Gegen Abend das letzte Kraut ausgepflanzt; noch einmal Schoten gesät. 25. Den Rasen auf den Gräbern beschnitten durch Dana. 26 Sonnabend; nichts Besonderes. Nachmittags Flickereien vorgehabt. Abends war im Dorf ein großes Feuer auf Banerjea's Haus mit Pfeifen, und Spektakel. Hörte von Shérabin daß er eine jährliche Festlichkeit shug shug260 vor dem yur ma261 mache sei[s], verbunden mit einem Schaf Opfer, von dem Alle essen. 27 May Sontag. Wie an den vergangenen Sontagen feierten wir den Tag mit den Christen Vormittags in einer Versamlung in der Shamuel die Litaney las, und 2 Kapittel aus der Apostel Geschichte mit Versen eingestreut. Regenwetter. Die ganze Woche früh und Abends in der Stube gefeuert, das Essen aber draußen gekocht. [101] [18]83. Am Sontag gegen Abend da es nicht mehr regnete, Allein spazieren gegangen, bis nach Kyèlang Gong auf dem Rückweg trotz Demonstration der Leute durchs Dorf marschiert, wo ich seit Jahren nicht mehr war. Es sieht schmutzig aus. Die bösen Hunde sind auch garstig 28 May Montag. Nichts besonderes. Schule! Giatsi! Flickereien! - 29. May Dienstag. Vormittags nach dem Lesen der Hanna mit Gingerküchel und plain biscuit262 backen beschäftigt. Nachmittag Schule. Anna und Tschonièd nähen Beinkleider für sich. - Der Parla pang Lama der für die geschlagenen Bäume am 17. nur die Zweige herunterbringen sollte, thut es nicht. So hat sich Tardod beim Thasil Hülfe gesucht; die haben den Menschen genötigt nicht nur Zweige sondern auch die 4 Stämme herzuschaffen, dieselben kamen heut Vormittag. Was sollte ich da wieder 258 259 260 261 262

„Schnitzen“ die Bedeutung ist nicht bekannt (Apfelschnitze?). „und“ - steht am Ende der Zeile und am Beginn der neuen. Tibetische Schriftzeichen, eine gesicherte Übersetzung war nicht möglich Tibetische Schriftzeichen, eine gesicherte Übersetzung war nicht möglich „Gingerküchel u. plain biscuit“ - Ginger - engl - Ingwer - kleine Ingwerkuchen; plain biscuit - franz. - Biskuit, ein feines Gebäck aus Eierschaum - hier vielleicht das Gebäck nur flach auf dem Blech ausgebacken.

machen? ließ sie hier hinlegen, die von ihnen fertig gemachten s[r]e ka263 aber überließ ich ihnen; ob das richtig, weiß ich nicht. Der Munshi bot sich auch an, wenn ich's wünschte den Parlpang zu strafen, was ich natürlich ablehnte. - Gegen Abend die 2te Aussaat Radieschen gelegt. Das Wetter ist immer wieder recht kühl; man muß die jungen aufgehenden Gurken in der Nacht vor dem Frost bedecken. Die Aepfelbäume sind prächtig und Duften. Der Gunga Rolma ihre ma ma chung nyu264 ist gestorben. 31. May Donnerstag. ließ ich unser Kanape an seinen Gurten stramm ziehen, was Dana mit dem bu chung265 that, welcher die Giebelseite des Hauses weiste, die Steine an der Ver randa Wand aufstellte u.s.w. [102] 18[83.] Bei diesem Kanapee in Ordnung bringen befand ich mich in ziemlichem Zug, wobei ich mich verkältet haben muß, was sich Hauptsächlich im Reißen kund gab. Freitags nach der Schule liebe Briefe von Wilhelm Elly. Luise. Vor Reißen und Aufregung die Nacht vom Freitag zum Sonnabend gar nicht geschlafen. Fühlte mich am Sonabend miserabel. Ließ am Sonnabend den 2 Juni Vormittags die Wohnstube von Ramli uns Shérabin scheuern und reinigen, die große Sommerdecke ausbreiten u.s.w. Besuchte gegen Abend bei Shamuels, dessen kleine Deskid nicht wohl ist. 3. Juni Sontag. Hatte Gottlob eine bessere Nacht, fühle mich aber noch nicht wohl; mein Backen ist noch so wie gestern geschwollen. Die Versamlung am Vormittag hatten wir mit den Christen wie bisher; von Shamuel Litaney lesen, Verse singen das Evangelium lesen, und in der Apostel Geschichte fortfahrend das 7te Kapittel266 ohne Erklärung. Nach dieser Versamlung fanden wir Mr. Theodor's Diener in der Veranda stehend; er selber erschien später. Schwester Redslob gab Essen, das sie fertig hatte; (ich hatte für mich heut nur eine dicke Reissuppe gekocht). In unsrer Stube verbrachte er den Nachmittag, wir beide dabei sitzend zur Unterhaltung. Abends waren wir bei Schwester Redslob zum dinner. [103] 18[83.] Den 5 Juni Dienstag Abend gegen 6 Uhr kam Wilhelm (heut unerwartet) von Ladak heim. Gottlob gesund; nachdem er auf dem Paß Schwierigkeiten gehabt, und auch seine Ladungen dort zurücklassen mußte. Den 6. Juni Mittwoch gegen Mittag wurde Shamuels

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Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung unbekannt Tibetische Schriftzeichen (korrekte tib. Schreibung: ‚a ma …‘) Bedeutung: ‚ a ma = ‚Mutter‘, chung nyu = ‚klein‘, ‚jung‘ (Interpretation A.Heine) Tibetische Schriftzeichen, Eigenname. „Apostel Geschichte ... das 7te Kapittel“ - 'Die Rede des Staphanus' und 'Die Steinigung des Stephanus.'

ein Töchterchen geboren. Die bde skyid267 ist besser aber noch nicht ganz wohl. bde brnyed und rtse 'a dzin268 kommen abwechselnd zur Schule, während eine von ihnen die kranke Schwester trägt. Ich machte das von den Kindern gestrickte Jäckchen fertig, und schickte es herauf. In diesen Tagen wurde die Kiste mit den metereologischen Instrumenten ausgepackt. - Mr. Theodore verbringt die Abende bei uns; mit den Arbeiten und der tibetischen Lecture komme ich ganz aus dem Schuß. eben so das Lesen der Frauen, die Schulen im Gang. - Den 9 Juni Sonnabends morgen walkte269 Mr. Baring in die Veranda, nachdem wir ihn schon in den letzten Tagen vergeblich erwartet hatten. Ich übernahm für Sonnabend und Sontag Frühstück und Dinner, Schwester Redslob für den Montag beides. Mr. Baring wohnte unten im Haus in der Besuchstube; er war recht gemütlich und gütig. Sonntag den 10. Nachmittag gab Schwester Redslob ihres Mannes Geburtstag zu Ehren, nach der englischen270 Predigt Thee in der Veranda. Mr. Theodore ist sehr still und verstimmt. Ich fühle mich unwohl, tolles Kopfweh. Den 10. Juni temps [104] 18[83.] Den 11. Juni Montag hatte wie gesagt – Schwester Redslob das Essen übernommen; Die Schule fiel heut aus, da Jonatan und Dewa Sung erwartet wurden; sie kamen auch sammt den Sachen an, Jonatan war aber leider durch seinen Besuch in Kyor so betrunken, daß Niemand mit ihm sprechen konnte. Ich näte Mr. Baring's Hosenträger und anderes gaben ihm einige Victualien für den Weg; er schenkte 50 Rupien für die Zong Jurra. Besuchte die Wöchnerin Marta das Haus ist ordentlich von Baltis und anderen brang sa271 suchenden belagert. Am frühen Morgen war Mr. Theodore nach Dozam abgereist. Den 12. Juni Dienstag früh zeitig verließ uns Mr. Baring, um nach Ladak zu reisen; seine schönen für Ladak bestimmten Geschenke ließ er hier: es sind Stühle, FensterGlas, Decktschis272, hot water plates273, und schöne Besteck und Löffel, diese sind so reichlich, daß ein kleiner Teil davon in Kyèlang bleiben wird. verbrachte außer der NachmittagsSchule den Tag mit Auspacken von Wilhelm's Reise Kasten und Kilta's274. 17. Juni Sontag Nichts Absonderliches In den letzten Tagen fast Alle im Gehöft, Große und Kinder leiden mehr oder weniger, an dem Schnupfen Unwohlsein, das mich auch ordentlich gepackt, wozu sich bei mir auch Reißen gesellt. Die Schulen

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Tibetische Schriftzeichen; Eigenname (eins von Shamuels Kindern?). Tibetische Schriftzeichen; Eigennamen (die Namen weiterer Kinder von Shamuel?). „walkte“ - eine Verbindung des engl. Verbs 'to walk' und -'te', der dt. Endung der 3. Pers. Sing. Prät., -er spazierte herein. „englischen“ wurde unter der Zeile eingefügt. Tibetische Schriftzeichen, 'brang sa', vgl. 23.1.1883, S. [93] Anm. 227. „Decktschis“ - tibet. (?) - metallische Kochutensilien wie Töpfe, Pfannen etc. Vgl. dazu das „Glossar“. „hot water plates“ - engl. - Teller, die mit heißem Wasser warm gehalten werden , Warmhalteteller. „Kilta's“ - tibet. - Kilta - ein konisch geformter Tragekorb (aus Korb oder Leder), den man zum Transport den Tieren umband oder auf dem Rücken trug (in gebirgigen Gegenden auch heute noch verwendet).

gehalten obwohl in gelämter Stimmung, auch sonst nicht viele Thaten getan. [105] [18]83. Heut früh am Sontag morgen durch gründliches Waschen und erstmaliges Anziehen von baumwollenen Strümpfen die Verkältung wol schlimmer gemacht; bin ganz krachwedlich ging gegen Abend mit Wilhelm bis zur Biling Brücke spazieren; seit gestern sind der Kedaru, und andere Hatti Walas275 für Kyèlang eingetroffen. Wilhelm ist mit Bauund Einrichtung der Metereologischen Sachen beschäftigt. Das Wetter ist täglich wolkig, doch ohne Regen, und im Ganzen kühl. 24 Juni Sontag. Wochenbericht: 17-24 Juni276: Es ist mir nicht viel erinnerlich am Dienstag aß Jonatan bei uns zu Mittag. Viele Sanskarleute kamen auf ihrem Rückweg von Trilognath hierher zum Tadmo. Donnerstag kam Mr. Theodore von Zing[-] zingbar, aß MittagBrod mit uns; am Abend machte ich ein ausführliches dinner zu dem wir auch Schwester Redslob und die Matil, einluden. Seitdem verbringt Mr. Theodore die Abende immer bei uns; mit den Schulen, Wirtschaft und den kleinen Dingen des Alltags fliegen die Tage nur so hin. Wilhelm ist von dem „Metereologischen Tempel Bau“277 ganz in Anspruch genommen. Eine Nachricht im „Herrnhut“ am Freitag erfüllt unsre Gemüter sehr! Der Sontag der 24. war recht besetzt, Shérabin kam nicht wegen Unwohlsein, so daß ich mir Alles allein besorgte, dazu arbeitete ich über Hals und Kopf, um die Strümpf[e] fertig zu kriegen, die Jonatan als „Stag mit nach Ladak [106] 18[83.] nehmen soll. Am Nachmittag waren anstatt der Versamlung die Christen – (die Männer fast nur kamen) in unsrer Stube, wo Wilhelm ausführlich Tardod's beabsichtigtes Ladak gehen, und andere Verhältnisse unsrer Leute durchredete. Der Schluß war, daß Tardod mit seiner Familie zunächst noch ein Jahr hier bleibt, und jetzt nur für 1 ½ Monate auf Urlaub nach Ladak geht. 26. Dienstag verließ Mr Theodore Kyèlang, um den Brückenbau in Tandi zu unternehmen. Im Tha[g?]ulGonpa278 ist heut großes Tadmo. Dewi Chand macht nach seiner Genesung ein rab nas 279Shérabin und Kunga Rolma erbaten sich Urlaub, und gingen schon um 10 Uhr fort. 275

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Hatti Wallas - Walla - ist vielleicht von dem Hindiwort 'walla' abgeleitet - Händler, Hersteller. Zu 'Hatti' - Laden - vgl. S. [65], Anm. 169, 3.11.1882. „17 - 24 Juni“ - wurde unter dem Wort 'Wochenbericht' eingefügt. „Metereologischen Bau„ Tempel“ - wurde wegen der Kennzeichnung der Wörter mit 1/2 durch M. H. umgestellt, dabei wurden die Anführungszeichen hinter Bau ausgelassen - „Metereologischen Tempel Bau“. „Metereologischen“ , vgl. dazu auch den 6.6.1883, S. [103], gemeint ist 'meteorologischen'. „Tha[g]ul =Gonpa“ - es könnte auch 'Thayul' heißen. Zu 'Gonpa': auch - Gompa - Kloster. Vgl. Dumont KunstReiseführer, S. 179. Tibetische Schriftzeichen: rab nas.

Ich räumte Winterkleider fort, hatte allerlei Wäscherei etc. besuchte den heut neu begonnenen Hatti, und kaufte einige Kleinigkeiten. Die Uhr für den Observer280 kam mit der heutigen Post an. Freitag den 29. Juni machten sich Jonatan Drogpa und Tardod auf den Weg nach Ladak. liebe Overland Briefe. Sonabend gegen Abend den 30. kamen 2 Chama Christen ein Pastor und Katechist hier an, und wurden bei Shamuels einquartirt. Den 1sten July Sontag. Wie gewöhnlich; und doch nicht! Die Nachmittags Versamlung hatte Wilhelm dem [107] [18]83. Native Pastor281 angetragen, die derselbe von 3-4. auf hindostanish hielt; Obwohl nur die Männer ihn eigentlich verstehen konnten, so hatte sich die ganze Gemeine versammelt. Nachher war der Pastor282 und Katechist .bei einer Tasse Kaffe mit uns oben. Montag den 2 July kam Mr. Theodore vom Bau der Tandi-Brücke zurück, aß bei uns Mittagbrod, und blieb den größten Teil des Nachmittags und Abends da. 2 July Montags. Zog die Dana'sche Familie in ihr Haus auf den Berg. 3 July Dienstag Vormittags be[s]etzt mit Waschen Plätten Brodbacken. etc. Nach der Nachmittags Schule kam Giatsi lesen. Da kommt Mr. Dalgleisch von Ladak in der 6. Stunde. es galt ein allgemeines Essen machen. Aufregung. Traurige Verstimmung! Mr. Dalgleisch geht nach Simla u.s.w. der Leer Drogpa begleitet ihn. 4. July früh reiste Mr. Dalgleisch weiter. Ich den ganzen Tag in innerlich miserabler Stimmung wegen Gestern. Da ich seit einigen Tagen mich nicht wohl fühlte, mehrmals Pillen genommen; heut am 4. Juli temps. Das Wetter ist beständig schön und heiß, oft mit heftigen Winden am Abend; die Meteorologischen Beobachtungen des Dewa Sung sind seit Sontag den 1sten July in Gang. [108] 18[83.] July. Den 8 July Sontag. In den 3 letzten Tagen nichts Absonderliches getan. Mr. Theodore kommt alle Abende zu uns. Schulen etc. in gewohntem Gang. Der kleine Dana's Sohn war ernstlich unwohl, weßhalb die Mutter mit ihm und den ganzen Kindern wieder herunter kam. Heut 280

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„Observer“ - engl. - Beobachter. Die Uhr war sicher für den 'Observer' bestimmt, damit dieser pünktlich die Daten der neu eingerichteten meteorologischen Station ablesen konnte. „Native Pastor“ - engl. - native pastor - einheimischer Pastor. Hinter „Pastor“ und „Katechist“ hat M. H. jeweils eine Lücke gelassen, vermutlich um nachträglich die Namen einzufügen.

geht es ihm Gottlob besser; das Zahnen macht viele Not. Dagegen ist die Hanna heut recht unwohl, bekam Rum und [R?]um Suppen. Zum heutigen Abend hab ich eine Thee Einladung vor, die meine Zeit etwas in Anspruch nahm, doch gelang es am Nachmittag einen Brief an Elly fertig zu machen. Abends Einladung: Mr. Theodore und Schwester Redslob und Mathilde. Es verlief so weit gut. 9. July Montag früh verließ Mr. Theodore Kyèlang, ging nach Koksar; die Hitze in den vergangenen Tagen ist arg. 15. July Sontag. Wochenbericht: Mittwoch den 11. früh bekamen wir eine Kilta Aluja von Mr. Theodore aus Koksar geschickt, die wir gleich teilten. An demselben Tage dankte ich durch die Post dafür. Rüstete zu Wilhelms Heraufziehen Betty kam uns anzeigen, daß Giatsi's Vater auf dem Rück[-] weg von Chang-tang in Gyèmur gestorben sei, und bat uns dieses der Giatsi zu sagen, was alsbald geschah. Ihr keiner283 Junge ist krank. Donnerstag den 12. sehr früh zog Papa [109] [18]83. zum Wohnen nach Tingtsipe herauf, um an der Zong Yurra weiter arbeiten zu lassen. Y[o]urogpa's Giamo bedient ihn. Freitag früh zog Betty aufs Neue mit ihren Kindern oben in ihr Haus, da der Kleine wieder wohl. Dagegen war in diesen Tagen der kleine zod pa bde chen284 recht unwohl. Durchfall und Brechen, was aber wol vom Zahnen kommt. Jetzt ist auch er Gottlob besser. Ebenso hat die Hanna sich von ihrem Kranksein wieder erholt. Hauptsächlich durch Rum und Chlorodyne285 dann zum Erstarken: Qinine286. Außer den laufenden Schulen einige Kleider ausgebessert, Brief an Paul und Gerhard geschrieben; Freitags den 13. die letzte Selerie ausgepflanzt. Sonabend Abend kam Wilhelm herunter, und verbrachte den Sontag hier; der neue Postmaster287 (Stellvertreter des Shamuel ist gestern angekommen, und tritt heut in sein Amt ein. Es heißt daß wol einige kleine Veränderungen eintreten werden. Man hörte daß Mr. Dane von Koksar plötzlich zurückgekehrt sein288 weil seine Frau ein Kind bekommen. Heut am 16 July Montag früh ist Wilhelm wieder herauf gewandert. Vergessen von der Woche zu notieren: Sherab Kundsom hat sich bei einem Fall von der Shréka289 in ihrer brang sa290 den Arm ausgerenkt, den linken zum Glück so daß sie ihre Arbeiten, wenn auch langsam, besorgen konnte. Die Wäsche ließ ich von Ramli waschen. Von den Aluja etwas eingekocht! 283 284 285

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„keiner“ - verschrieben statt - kleiner. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname. „Chlorodyne“ - schmerzstillendes Medikament, das Opium, Chloroform und indischen Hanf enthielt und gegen Cholera, Darmerkrankungen, Husten, Bronchitis sowie als Beruhigungsmittel für Kinder diente. Vgl. dazu das „Glossar“. „Quinine“ - engl. - chinin; eingesetzt gegen Fieber, Malaria, Schmerzen und Muskelkrämpfe. Vgl. dazu das „Glossar.“ „Postmaster“ - engl. - postmaster - Postamtsvorsteher. „zurückgekehrt sein“ - verschrieben für - zurückgekehrt sei. „Shréka“ - Bedeutung ist nicht bekannt (Treppe? Leiter?). Tibetische Schriftzeichen

[110] 18[83.] Den 22. July. Sontag. Wochenbericht vom 15 -22 July. Montag. den 16. July. Aluja von Mr. Theodore. Dienstag den 17. July. Wichtige Briefe mit der Post erhalten von Bruder Redslob. etc. Hauptsächlich von Bruder Rechler, mit der Anzeige von Bruder Webers Braut, und Posten Besetzung! Aufregung. Donnerstag den 19. July. tshe bcu291 im Kloster mit den Tänzen. Die Christen Kinder baten um Urlaub dazu für den Nachmittag; ich verweigerte ihn. Ließ sie aber anstatt der Schule spielen, und gab ihnen gute Vesper. Freitag den 20. Unverhofft lieben Brief von Elly. Wetter oft drohend aussehend, und abkühlend, doch ohne Regen! Schulen im Gang! Einige größere Stück Kleider ausgebessert. - Giatsi kam gar nicht zum Lesen. Hanna nur wenig. Sonnabend Abend kam Papa von Tingtse runter. Sontag. den 22. July. luden wir Schwester Redslob und Mathilde ein bei uns zu Essen; obwohl es nichts apartes gab. Nudeln hatte ich dazu gemacht. - Shamuel schwebt noch immer in Ungewisheit und Skrupeln wegen seinem Haus. jetzt erkennt er die Treulosigkeit des Ali Hussein Frau von Jasky's Lebenslauf etc. gelesen. Montag den 23 July. Am Morgen ging Wilhelm hinauf. Nachmittags Besuch eines Sahibs, der krank ist. Ma[inwring]292? Giatsi kam wieder einmal zum Lesen. [111] [18]83. Dienstag den 24 July. In aller Frühe Küchel und Brödchen für den Herrn gebacken, der am Vormittag wieder Called'te293. Hanna und Giatsi lesen, Nachmittags Schule. - 25. Mittwoch, ließ früh von Sherabin und Tsewang 1 Ladung Waizen waschen, und trocknete ihn auf dem Dach. Spatzen!! 27. July Freitag. Nachmittags Callt'en die gestern hier angekommenen: Mr. und Mrs. Knowles. Wir schickten Gemüse. 28. Sonabend. rtse 'a dzin's294 Geburtstag, zu dem ich gestern gebacken. Besuchte nach Tisch bei Shamuel's, wo das niedliche kleine Kindel. mir Freude machte. Briefe an die Kinder geschrieben. Abends kam Wilhelm von Tingtse herunter. 29. July Sontag. Wie gewöhnlich. Nach der Nachmittags[-] versamlung meine Briefe beendigt. Tolles Kopf[-] weh temps temps am 29. July. ging gar nicht aus. In der vergangenen Woche vergebliche Versuche gemacht, Hennen zum Brüten zu setzen. Es sind auf unerklärliche Weise 1 Hahn und 1 Henne verloren gegangen. Die kleine Gomba besorgt noch die Hühner, habe leider wol nicht aufgeschrieben wann sie 291 292 293

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Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung unbekannt „Maimwring/ Mainswring“, das Wort ist nicht zu entziffern. Das Fragezeichen stammt von M.H. „Called'te“ - vgl. 24.5.1882, zu S. [34], Anm. 93 - to call - engl. - einen kurzen Besuch abstatten. Eine merkwürdige Kombination aus dem engl. pret., part. perf. - called - und -te - der dt. Endung der 3. Pers. Sg. Prät. - stattete einen kurzen Besuch ab. Vgl. dazu am 27. July 1883 -“Callt'en“. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname, mit einem 's' als Genitivkennzeichen in Kurrentschrift.

den Dienst antrat. Wetter ununterbrochen klar und heiß. 5. August. (Wochen Bericht vom 29 July bis 5. August.) Montag und Dienstag. 30 und 31. Kopfweh und Reißen, Elendsein, außer den Schulen nicht viel tauglich. Besuchte am Montag gegen Abend295 bei Knowles's in ihrem Zelt. Sah einen Fakir auf dem tshugs296 der als Bettstelle ein Brett benützte das [112] 18[83.] mit nach Außen gekehrten langen Nägeln beschlagen war. Dieselben sind zwar stumpf; doch ists gewiß nicht angenem, ohne Unterlage auf solch einem Lager zu ruhen. Seine Depta297 sieht einer weißen Wachspuppe nicht unähnlich. Von Knowles's hörte ich daß zwischen diesem wild aussehenden Fakir und den Kaufleuten im Hatti ein unbeschreiblicher Zank und Rauferei statt gefunden hat. Am Mittwoch früh verließen Knowles's den Platz, nachdem sie uns 2 tins298 Curry geschenkt. 1 August. Mittwoch nachmittag Gewitter mit heftigem aber kurzem Platzregen. 2. August. Donnerstag hörten wir zu unserm Erstaunen daß der gestrige Regen vielen und großen Schaden angerichtet hat. Alle Brücken in Mangon, Shaka und Biling-Schlucht sind total fortgerissen worden; unsre so wie der Dörfler Yurgo's alle beschädigt. Trotzdem kam Bruder Redslob (obwol in den vergangenen Tagen erwartet.) heut unvermutet von seiner Reise aus Poo über Spitti zu Hause. Gegen Abend wanderte ich allein in die Biling-Schlucht. Die Brücke ist völlig weggerissen, der wütende Strom ordentlich grausig schwarz Unsre Müle steht noch; nur ein Teil der Seitenwand ist fortgerissen 3. August Freitag Vormittag Schule. Dann kam ein Brief von Mr. Lyon aus Zara mit der Bitte seine hier lagernden Briefschaften, ihm per coolie299 zu senden. [113] [18]83. Ich packte alsbald seine Post zusammen, schrieb an ihn, und übergab Alles durch Shamuel an das Thassil Zakarias, und Bruder Redslob Kulies waren heut von Gyemur gekommen. Gegen Abend wanderte ich allein ins Shaka-lungpa, um die verschwundene Brücke, die zerstörten Mülen, und die Spuren von der Größe der Schlamm-lawiene zu sehen. 4. August. Sonabend. Als Wilhelm am Abend heimkehrte, erfuhr ich (und alle andern) daß heut ein Arbeitsmann im Zong herunter gestürzt ist, und todt war; was 295

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Die Wörter „Abend gegen“ wurden wegen der Kennzeichnung durch M. H. in der Reihenfolge zu „gegen Abend“ umgestellt. Tibetische Schriftzeichen (Translit. und Interpretation A.Heine), Bedeutung: ‚Station‘, ‚Rastplatz‘ „Depta“ - Haut (?). „tins“ - engl. - Blechdosen, -büchsen, Konservendosen. „per coolie“ - engl. - durch einen Kuli, Boten.

mir sehr in die Glieder fuhr. Die näheren Umstände dabei, sind folgende: der Mann, ein Manchatter, war erst vor wenigen Tagen freiwillig zur Arbeit gekommen. er ist nicht während der Arbeit herunter gestürzt, sondern wurde – wie von ungefähr – eine weite Strecke vom Arbeits[-] platz entfernt, von Jemandem in der Tiefe liegend gesehen. Wahrscheinlich war er gegangen um Wasser zu trinken, und hatte anstatt des gewöhnlichen Weges einen andern halsbrechenden eingeschlagenX300 und war von demselben herunter gestürzt. - Papa hatte gleich den Thassil-Munshi heraufkommen, und alle Umstände zu Protokoll nehmen lassen. lassen301; etc. der Todte wurde an Ort und Stelle von seinen Dorfgenossen verbrannt. [114] 18[83.] 5. August Sontag. Schwester Redslobs Geburtstag. Nach der tibetischen Predigt von Wilhelm gehalten, gingen wir gratulieren; es war zu gleicher Zeit „Conferenz“ über Poo und Kyèlang, Wirtschaft u.s.w. was am Abend bei der Thee-Einladung weiter geführt wurde. für mich persönlich gabs einiges Unangenehme; im Ganzen gings Gut. Am Nachmittag war ich mit Wilhelm zusammen zur Bilingbrücke gegangen, wo viele Dörfleute beschäftigt waren große Steine und Blöcke in den Fluß zu werfen, als Grundlage einer neuen Brücke. 6 August. Montag. Gewöhnlicher Schul- und Arbeitstag. Nach Tisch fand sich ein ungewöhnlicher Bettler in der Veranda ein. Es war ein recht anständig aussehender Hindu-Fakir. „Er sei aus Patiala, werde von den Sahibs „Lal-Padri genannt“. etc. Mehl mochte er nicht, und als ich ihm 1 ana bot, sagte er abwehrend. na hi memsahib, na hi302; ein größeres Geldgeschenk wollte ich ihm nicht geben, und verließ ihn. Am Abend lange mit Redslobs in der Veranda gesessen und gesprochen, ganz gemütlich. Das Wetter angenem und warm. 7. August. Dienstag. Mitten in mein Brodbacken und sonstigen Vorrüstungen, um morgen herauf nach [115] [18]83. Tingtse zu ziehen, bekam ich am Vormittag einen AnmeldeBrief von Mr. Theodore. Er erschien nach Tisch von Koksar kommend; Redslobs nahmen ihn auf. Ich ging Nachmittag in die Schule, ließ die Kinder bei der Arbeit 300

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„und war von demselben heruntergestürzt. - -“ M. H. hat durch einen Asterisken die Stelle gekennzeichnet, an der der unten auf der Seite nachgetragene Text sinngemäß einzufügen sei. „lassen. lassen;“ wurde zweimal hintereinander geschrieben. „na hi memsahib, na hi;“ - memsahib - wurde im kolonialen Indien als respektvolle Anrede für eine europäische Frau gebraucht. - 'ji nahin' - Hindi (?) - nein. (Dumont. Richtig Reisen. Indien, S. 112.) Es könnte also heißen: 'Nein, memsahib, nein.'

schwätzen, und erfur dabei so Manches, unsre heidnische Umgebung betreffend, wie z.B. die alte Begin sich unter den aparten Schutz des abscheulichen schwarzen Götzen Dewa Gyiamtso im Kloster gestellt, etc. wie Fuchsköpfe böse Geister bannen etc., wie die Leute namentlich die Begin den Kindern vorsagen: die ma shi ka chos sei tsog po303 etc. - was mir alles zu denken machte. Abends war ich wol oder übel bei Redslobs zum Essen, in Mr. Theodore's Gesellschaft. 8. August. Mittwoch. Sehr früh hatte ich mir vorgenommen, nach Tingtse aufzubrechen. Meine 3 Ladungen wurden von einem Arbeiter, Gyiamo und Shérabin heraufgetragen fühlte mich unwohl, Magenschmerzen, nahm Pillen, machte mich um 8 Uhr schleppend auf den Weg, erreichte um 10 das Häuschen. Wilhelm fort. Vermehrtes Unwolsein, Erbrechen. miserabel. 9. August. Donnerstag. Gottlob besser. - ließ von Giamo und Shérabin eine Ladung Weizen waschen. sonst still gesessen und gestrickt und gelesen. [116] 18[83.] 10. August. Freitag. Giamo hat chu ras304 mit Sherabin die erste Hälfte des gestern gewaschenen Weizen zu Gries gemalen. 11. August. Sonabend. Ging am Morgen mit Papa ein Stückchen auf der neuen Yurra; während dem kam Bruder Redslob in's Häuschen. Thee getrunken, lange Ansprache, dann gingen die Brüder zusammen zum Zong. Betten sonnen, gründliches Aufräumen u.s.w. Nachmittags die Ladung Gries fertig gemalen; es ging viel besser als gestern, nachdem die Mühle am morgen von einem Bielinger geschärft worden war. Wilhelm war mehr zu Hause, da er nur wenige Arbeiter hat; bin Gottlob wieder ganz wohl. 12. August. Sontag. Am Morgen gingen wir nach Tatscha, und von da kletterten wir ein gut Stück auf den Berg, oberhalb der Häuser! Das neuliche Unwetter hat hier auch unglaub[-] liche tiefe Furchen gerissen, so daß an einen neuen Yurgo hier nicht zu denken ist. Wilhelm will daher eine neue Yurr[a -] einrichtung hier treffen. Bei bedecktem Himmel und kühlem Wetter war der lange Weg ungemein angenehm. Bald nach unsrer Rückkehr ins Häusel regnete es. Sherabin hatte indessen das Frühstück bereitet – es war 12 als wir heimkamen. - Redslobs hatten Johannesbeeren und Blumen gesenden305. Predigt von Bruder Bauer gelesen.

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Zwei Gruppen tibetischer Schriftzeichen mit einem dazwischenstehenden „sei“ (Translit. und Interpretation A.Heine) ‚ma shika chos‘ = ‚die (grundlegende) Lehre des Buddha‘; ‚tsog tso‘ = ‚gültig‘, ‚richtig‘ Tibetische Schriftzeichen: chu ras – Bedeutung unbekannt. „gesenden“ verschrieben statt - gesendet/gesandt.

[117] [18]83. 13. August Montag. Wetter wieder schön, wir konnten aber wegen dem Wasser nicht malen. Ließ von den beiden Bomo's 306die fertige Ladung aussieben; wir sind ganz zufrieden und dankbar über unser Gries-Fabrikat. Nachmittags kehrte Bruder Redslob von der Tatscha zurückkommend hier ein, und blieb längere Zeit unter anregenden Gesprächen da. Dann überzogen wir noch teilweis Papas großen recht zerrissenen Sola hut307, mit Koras308! welches wir von der Sherab im Hatti hatten kaufen lassen. Abends bei schönem Mondschein und Windstille lange in der Veranda gesessen. 14 August. Dienstag. Erhielten 12 Pfirsiche von Mr. Theodore. Nachmittag wieder Gries gemalen, und zwar mit der neuen Metode: Die ganze Ladung Weizen vorher nicht zu waschen, sondern in geringen Quantitäten immer nur so viel auf einmal zu waschen, als man so wie so zu einem Aufschütten einweichen muß; es hat sich dies als gut und praktisch erwiesen, und das Malen über[-] haupt ging gut; wir 3 Bomos waren damit beschäftigt. Heut am 14. August. in aller Frühe kam Drogpa Tardod herauf um zu grüßen; er war gestern von Ladak in Kyèlang angekommen, und brachte Inhaltsreiche Briefe von Mr. Baring und Mr. Elias an Wilhelm mit. 15 August. Mittwoch. Früh Gries sieben lassen von Gyiano309 und Shérabin; nachmittags beim Malen des letzten [118] 18[83.] Getreide's duch das Ausbleiben des Wassers auf Geduldsprobe gestellt. - 16. Donnerstag. Nachdem früh wieder Gries gesiebt, und wir gemütlich in der Veranda gesessen; begleitete ich Wilhelm zur Zong Yurra. Die halsbrechenden Arbeitsplätze und Wege auf und ab, brachten mich in ordentliche innere Erregung, so daß ich schließlich schwach und mutlos wurde. Bis zum Yur-go gingen wir nicht; ich sah aber mit Interesse den fertigen Bau der hohen Mauer, und die Stelle wo der verunglückte Manchatpa herunter gestürzt war nach 2 ½ Stündigem Marsch kamen wir Abends zurück. 17. Freitag. letzter Tag in Tingtse. nichts Absonderliches. Gegen 5 p.m310. ging ich über Sarjing, bei Betty einkehrend nach Kyèlang herunter, wo ich den Abend still für mich verbrachte. 18. August. Sonnabend. Frühzeitig aufgestanden, um frisch in die Arbeit zu gehen. Da ratters311 um 6 schon an der Thür, 306 307 308 309 310 311

„Bomo's“ – bomo: Mädchen, Frau „Solahut“ – breitkrempiger Hut; s. auch Glossar. „Koras“ - Möglicherweise ein Netzgewebe „Gyiano“ - verschrieben für ‚Giamo‘? „5 p. m.“ - latein./engl. - post meridian, - nach 12°° Uhr mittags - nachmittags. „ratters“ - verschrieben statt - ratterts.

Giatsi kommt leichenblaß herein gewankt; ich erfahre daß sie im Unfrieden mit ihrem Mann ist; seit er von Ladak zurück gekommen, hat sie ihn abscheulich behandelt, bis er ihr eine wolverdiente Ohrfeige gab. etc. die unaus[-] sprechlich tollen Auftritte, die man an diesem Tage selber mit angesehen, teils von Andern gehört bringt man lieber nicht zu Papier. Die Giatsi muß arg aufredet312 worden sein, [119] [18]83. sie sagt/spricht313 und geberdet sich wie besessen etc. - Am Vormittag buk ich eine Kleinigkeit, und ging dann zu Redslobs, um der kleinen Mathilde zu ihrem Geburtstag zu gratulier[en]. Mr. Theodore kam dazu, und schenkte mir einen sehr schönen Silberschmuck à la Kulu fashion314, eigentlich unsrer Elly. ich nahm ihn an, nachdem ich erfahren, daß Schwester Redslob schon früher einen Gleichen erhalten von ihm. Wilhelm kam am späteren Nachmittag herunter. - Scenen bei Giatsi. Abends Thee-Einladung bei Redslob. 19 August Sontag. Vormittag wie immer Wilhelm hatte die tibetische Predigt. Wir waren am Nachmittag mit sämtlichen Christen bei Redslobs zum großen AbschiedsDron gron315 eingeladen. Doch war die Sache sehr gestört, durch Giatsi die in ihrer Drangsa ihre fits316 und Bosheiten auf die Spitze trieb, bis sie ins Tasil ging mit ihrem Bruder. Was noch aus der Sache wird? ob sie die Scheidung durchsetzen will? muß man abwarten. Ein miserabler Sontag im Ganzen. 20 August. Montag. Früh ging Wilhelm wieder herauf, ich begann am Vormittag meine Schultätigkeit wieder. obwohl ein äußerlich stiller Tag, kommt er mir doch auch in Bezug auf die Arbeit wie zerfaren vor. 22 August. Mittwoch. Vormittags 11 Uhr kam Mr. Baring sehr unerwartet hier an von Ladak zurückkehrend317. Wilhelm Oben, Bruder Redslob in Tatscha. (Nasse Hosen affaire!).318 [120] 18[83.] Ich machte natürlich Thee. Schwester Redslob als ihr Mann zurückkam Tiffin, und Abends Dinner. Wie dankbar bin ich daß ich gestern meine Post fertig gemacht, namentlich das Paket Strümpfe für Mrs. Fennell, und anderes, was heut abging. Gegen Abend erschienen unerwartet Mr und319 Mrs. Briges Lee geb. Mary Merk in der Veranda (ihr Anmelde-Brief war natürlich 312 313 314 315

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„aufredet“- gemeint ist wohl - beredet, beschwatzt, aufgehetzt. „sie sagt/spricht“ - 'spricht' wurde über das 'sagt' gesetzt, ohne dass M. H. eines der Wörter gestrichen hätte. „à la Kulu fashion“ - franz./engl. - im Stil, nach der Mode von Kulu. „AbschiedsDron“ und in transkribierten tibetischen Schriftzeichen: 'gron'. Das Wort wird ‚dron‘ gesprochen, jedoch ‚gron‘ geschrieben; Bedeutung: ‚Festessen‘ hier also das Abschiedsessen. „fits“ - engl. - Anfälle (in medizinischer Sicht). „von Ladak zurückkehrend“ wurde von M. H. mit einer Klammer, die auf die Stelle hinweist, wohin der Text gehört, unter der Zeile ergänzt. „(Nassse Hosen affaire!“) wurde wohl nachträglich ergänzt und geriet so über das Zeilenende hinaus. „&“ - für - und.

nicht vor ihnen angekommen). Da die Besuchstuben von Mr. Theodore und Mr. Baring eingenommen sind, konnten wir sie nicht einlogieren, sie wurden aber zum Essen geladen. 23 August. Donnerstag. Da Mr. Baring heut schon weitergeht nach Kullu, mußte Wilhelm – so schwer es ihm wurde – sich von seiner Tatscha Yurra losreißen, und herunter kommen. Es war für mich ein Ruheloser Tag: Breakfast für alle und auch Dinner. Shérabin mußte natürlich helfen; es ging wie immer in toller Unordnung. Am Nachmittag brach der gütige Mr. Baring Kullu wärts auf. 23 August. temps. temps!320 24. August. Freitag. Wilhelm ging früh wieder herauf. Schwester Redslob übernahm alle Mahlzeiten; ich hatte meine Rechenschule, die aber dadurch abgekürzt wurde, als Shamuel Abschied nehmen kam, um nun endlich wirklich nach Ladak abzureisen, was schon seit so langer Zeit immer heraus[-] geschoben war. Abends beim Dinner Religiöse Contro Versen. Mr. Theodore zieht sich seit dieser Besuch da ist völlig zurück 25 August. Sonnabend. Heut hatte ich wieder die Mahlzeiten zu besorgen; es ging mir mit Gottes Hülfe viel leichter wie gestern, doch gab es am Nachmittag durch das [121] [18]83. Bisquit Backen für Mrs. Lee Unlusten die den Abend mir verdarben. Wilhelm war kurz vor dem Essen heruntergekommen. seine Tatscha Yurra ist fertig 26 August. Sontag. Fühlte mich geistig und körperlich miserabel. Mr. und321 Mrs Lee verabschiedeten sich gegen Mittag in der Veranda, um weiter nach Rupschu zu reisen. Ihr Aufenthalt hier hat einen ziemlichen Break322 in unser Leben gemacht, obwohl man wol nicht ganz alle ihre Wünsche und Bedürfnisse erfüllen konnte; ihre Unpünktlichkeit war trying323. Nachmittags Illustrierte, und andere Zeitungen durchgesehen mit Wilhelm. Abends keine deutsche Predigt, da Wilhelm heiser ist, und es arg auf der Brust hat. Mr. Theodore war Abends bei uns; ich sehr müde und verschlafen. Durch die Kochereien für den Besuch konnte man sich wenig um unsre, und unsrer Christen Angelegenheiten kümmern. Die Giatsi beruhigt sich allmälig. sie und ihre Leute sahen keinen andern Weg als ruhig zu bleiben wo sie ist; sie mault noch immer mit ihrem Mann. Auch ist sie jetzt, wie mann nicht anders erwarten konnte, krank, gallig, ißt Pillen. Tsang Rintschen hat sie ganz in Pflege. wie's scheint. Zakarias war in den letzten Tagen, auch wieder tüchtig unwohl (krank, Chlorodyne thut ihm wohl. Betty war mit ihren Kindern wegen Lydias Geburtstag fast die ganze Woche unten, der kleine Junge ist aufs neue nicht

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„23 August. temps. temps!“ war von M. H. unten auf der Seite ergänzt worden. Der Text wurde unter dem entsprechenden Datum eingefügt, da er außerdem den auf S. [120] begonnenen und auf S. [121] fortgesetzten Satz unterbrochen hätte. „&“ - für - und. „Break“ - engl. - Bruch, Einbruch, Unterbrechung. „trying“ - engl. - schwierig, aufreibend, lästig.

wohl. Wetter beständig warm und klar; unsre Graserndte ist im Gang. 27. August. Montag. In aller Frühe wanderte Papa wieder herauf mein Gemüt beruhigt sich mit Arbeit besetzter Tag. Rasta324 kochen. [122] 18[83.] 2. September Sontag. (Wochenbericht vom 26 August bis 2. September) Am Mittwoch Abend kam Wilhelm herunter. Er hatte sich das Pferd herunterbringen lassen, und einen Size325 dazu angestellt; so will er in den folgenden 3 Tagen immer herauf, um am Abend heimzukehren. Die Yurra Arbeiten gehen ihrem Ende entgegen. Die Gras Erndte ist bei günstigem Wetter in vollem Gang; auch wird von Manchattern reichlich Brennholz vom Berg (Tingtse-Oll326) ins Gehöft gebracht. Die Aprikosen fangen zu reifen an, es wurden am Freitag und Sonabend die ersten abgenommen. Die unverschämten Stehlereien, und das Ruinieren der Aepfel und Aprikosenbäume von allen möglichen auswärtigen großen und kleinem Volk ist sehr ärgerlich. Mit der FreitagsPost am 31. August wurde Mr Theodore benachrichtig daß sein Haus Vogt. Lal Khan eine Frau todtgeschlagen, und sich dann selber das Leben genommen habe, durch in den Fluß springen. Am Sontag den 2. September. reiste dann Mr. Theodore nach Dobi ab. Die Mangon Brücke ist noch nicht fertig. Meine Arbeiten: mit Nähereien fast nichts. Schulen wie immer, obwohl die Dana's Kinder oben bei ihrer GrasErndte mit helfen, und nur die 3 von Shamuels kommen. Denièd lernt Spitzen Häkeln. Das Rasta Gelèe machen nahm in dieser Woche auch etwas Zeit in Anspuch. Mit dem Gries Sieben und Trappen327 durch Shérabin, und dem Abwiegen und Teilen kam es nun glücklich zu einem Abschluß. Ich bin ganz zufrieden und dankbar für den Ertrag, obwohl es noch besser vielleicht gemanaged werden könnte. [123] [18]83. Giatsi war noch krank und schwach, mit allerlei Complicationen, jetzt gehts scheints besser, auch Zakarias, der sich noch immer nicht ganz erholen kann, ist auf dem Wege der Besserung. Sonst ist Gottlob alles im Hause ziemlich wohl. - Am Sonnabend kam Wilhelm mit der traurigen Nachricht heim, daß eine Steinsäule im Zong hin[-] gefallen sei, und 2 neue Rinnen mit sich in den Abgrund gerissen habe! Stiller Sontag! gegen Abend gingen wir aus um uns die neu gebaute Biling Brücke anzusehen. 3. September Montag. Wilhelm ging am Morgen herauf. - - 4 September. Dienstag Regnerisches Wetter. Schule (Shamuels Kinder allein). sie erzählten daß der Beda Gugi von der Mangon Brücke gestürzt und tod sei. Brief geschrieben an die Kinder. 5 September Mittwoch den ganzen Tag Regenwetter, recht kühl. Schule. 324 325 326

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„Rasta“ - eine in Lahoul wachsende Beerensorte. Vgl. dazu das „Glossar“. „Size“ - die Bedeutung ist nicht bekannt, ein 'Bursche' (?). „Tingtse-Oll“ Tingtse ist eine Sammlung von Sommerhütten oberhalb von Kyelang, mit „Oll“ ist sehr wahrschenlich eine Wiese gemeint; s. auch Glossar „Trappen“ Bedeutung unbekannt

Die gestrigen Kinderbriefe Postfertig gemacht. Wilhelm kam zu Mittag herunter. 7. September Freitag. Vormittags Schule. Mit der Post lieben Brief von Paul. Zeitungen etc. Brief von Bruder Rechler mit der Bestimmung daß Geschwister Weber gleich mit Redslobs nach Poo gehen sollen, was natürlich unsern Plänen und Gedanken einen tüchtigen Stoß gab, aber es muß wol so gut sein. 8. Sonnabend. Wilhelm ging oder ritt früh herauf, und kam gegen Abend heim; gewöhnlicher Sonnabend, Unterröcke ausgebessert. etc 9. September. Sontag. Wie gewöhnlich. Nachmittags kam der Observer Bola von Leh hier durch, besuchte Dewa Sung, und machte Wilhelm seine Aufwartung. Der Ladak Gyalmo nach Gungrang durch [124] 18[83.] ihre zhabs zhis328 einige Aepfel und Aprikosen in ihrem Tüchel zur[-] 329 gesandt. Sie hat sich offenbar gar nicht in Kyèlang aufgehalten. Gegen Abend mit Wilhelm bis zur neu gebauten Schakalungpa Brücke spaziert. Das Wetter zwar oft regendrohend hält sich immer wieder in den letzten Tagen. 10 September. Montag. Früh ging Wilhelm herauf; - Vormittags Schule (Dana's Kinder sind noch Oben). Nachmittag Tibetisch und anderes geschrieben; genät. Redslobs ritten bis Labugtrang spazieren. Ließ von Anu grüne Aepfel abnehmen und schütteln; es regnete ein wenig 11. September Dienstag Wetter schön. Wilhelm blieb oben. Reise bisquits für Redslobs gebacken, nachmittag Schule. - etwas genät. Drogpa chung ngu330 brachte Raupen zum Einpuppen. 12 September. Mittwoch. Schule. Nähen. etc. bekam von Schwester Redslob eine schöne Tischdecke und Christuskopf geschenkt. Erwartete am Abend vergeblich Wilhelm. 13. Donnerstag. Wieder tüchtig Biscuits zu Redslob's Reise gebacken Nachmittag Schule den 3en von Shamuels. - 14. Freitag Vormittag keine Schule da nur 2 kamen; wieder gebacken. Genät. Ein Tea Cosi331 für die Reise angefangen zu machen Abends kam Wilhelm herunter. Abendmals Vorbereituung 15. September Sonnabend. Vormittag wie gewöhnlich. Nachmittags die kleine Matilde eingeladen; sie spielte sehr niedlich mit Elly's Küche. Am 14. September. lief die Zong Yurra zum ersten Mal bis Tingtse 16. September Sontag. Wilhelm hatte die tibetische Predigt. Zum Mittag Essen waren wir bei Geschwister Redslob eingeladen, und blieben einen Teil des Nachmittag dort. Abends Tibetisches heiliges Abendmahl. [125] [18]83. 17. September Montag. Geschwister Redslob sind arg im Räumen und Packen;X332

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Tibetische Schriftzeichen (Translit. nach A.Heine), eine Übersetzung war nicht möglich. „zur“ - M.H. hatte ‚zurück‘ geschrieben, danach aber nur ‚ück' statt ‚'rück' ausgestrichen. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname. Teewärmer Hinweis durch einen Asterisken auf den Text am Ende der Seite. Dieser Text „Ein Kästchen ... Mr. Minniken“ wurde an der gekennzeichneten Stelle eingefügt.

Ein Kästchen mit tibetischen Büchern (12 Evangelien Math; 12 = Marcus, 8 Kirchen G[eschichten ?] von den 3 Traktaten je 18 Stück, und eine Anzahl Gebote) an Mr. Baring fertig gemacht für Miss[ionar ?] Parker in China. Ebenso 12 p[ar] Strümpfe für Mr. Minniken ich war auch viel auf den Beinen; fing u.a. auch an Aprikosen einzukochen. Wilhelm ritt am Nachmittag herauf, kam Abends wieder. Ein Engländer Doktor callte. Bruder Redslob beschäftigte sich mit ihm; Ein Sahib will durchaus zum Pförtel herein333 18. September Dienstag. Meine Hauptarbeit war: nach Verabredung mit Redslobs eine MittagEssens Einladung. Der Champagner (von Mr Anderson) spielte eine Rolle. Es konnte nicht so ruhig und gemütlich gehen ihrer Seits, da sie noch arg in der Arbeit stecken. Wilhelm war ganz unten. 18 September temps! 19. September. Mittwoch Vormittag verließen Geschwister Redslob Kyèlang, nachdem sie ein wenig bei uns gefrühstückt. Leider ist die Mathilde unwohl, und auch Schwester Redslob nicht ganz flott. Dennoch ging's fort. Matilde in dem Champan334; Sie beide zu Pferde. wir begleiteten sie nur bis zum Thassil. Die Kinder und einige Leute gingen noch viel weiter mit. Das Wetter herrlich. Es war sehr traurig und einsam im Hause. Wilhelm wollte es sogar schwermütig werden. Er ritt Nachmittags nach Tingtse, kam aber Abends wieder heim. 20 September Donnerstag Wilhelm ritt früh herauf, kam Abends herunter; stiller Tag ohne besondere Ereignisse, und große Thaten. Wilhelm hatte im Kloster mit den versammelten Lama's gesprochen. [126] 18[83.] 21 September Freitag. Am Morgen nahm Wilhelm mit seinem gestern Abend fabrizierten Obst-Pflücker eine Anzahl Aprikosen und Aepfel ab, und ritt dann herauf. Ich hatte allerlei Küchen[-] geschäfte. Die Denied allein zu etwas Rechenschule. - Nachmittags kam, nach langer Zeit, zum ersten Mal seit dem Zank, die Giatsi auf meine Aufforderung zum Lesen. Heut am 21 September hat die Hanna angefangen das Hühnerbesorgen zu übernehmen. Abends kam Wilhelm heim. 22 September Sonnabend Wilhelm ging zeitig herauf. Sonnabend wie gewöh[nlich] Die Aprikosen von neulich heut endlich fertig eingekocht. Zu Mittag kam Zackarias von Sisu zurück, bis wohin er Geschwister Redslob's begleitet hatte, und brachte Brief von ihnen. Mathilde die recht unwohl war, hatte sich erholt. Giatsi kam zum Lesen. Dann besuchte ich bei Shanuels, um der Densin die heut Geburtstag hat, das übliche Geschenk zu bringen. Das Haus war natürlich voll; Außer den 3 Frauen die seit einiger Zeit ganz bei Marta wohnen, und den 2 Männern. Shukur, und einem nun geschorten335 Ladakpa, waren die Christenkinder eingeladen. 333

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Der Text „Ein Sahib ... zum Pförtel herein“ wurde von M. H. als Nachtrag zum 17. September in den Leerraum zwischen dem 17. und 18. September eingefügt. „Champan“ - M. H. schrieb am 11.10.1860 in ihrem „Reisebericht“: „ ... Dschampan, eine Art Sänfte, von vier Männern getragen;“.

Gegen Abend ließ ich den Aprikosenbaum vor Redslobs Gärtel von den Christen leer machen, und die Früchte - nicht wenige - unter sie verteilen. Wetter immerfort schön. 23 September. Sontag. Still und gemütlich, ohne besondere Vorkom[-] menheit. [127] [18]83. 30 September Sontag. (Wochen bericht vom 23 - 30) Dana's Kinder sind noch immer Oben in ihren Feld Arbeiten. so waren die Schulen mit Shamuels Kindern ziemlich unregel[-] mäßig nur ein Mal am Tage. Dagegen kam die Giatsi ziemlich pünklich336 zum Lesen und Lernen, auch Hanna kommt zuweilen zum Vers lernen. Am Montag und Dienstag war Shérab Kundsom auf Urlaub in Stod um ihre Erndte Arbeiten zu thun; da ich mir Alles selber besorgte, bis aufs Wasser holen, so war die Zeit ziemlich ausgefüllt. Am Abend kehrte Wilhelm gewöhnlich von Tingtse heim, früh ritt er herauf Nur in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag blieb er oben, und ich war zum ersten Mal im Leben ganz allein im großen Kyèlang-Haus. Zakarias ist einstweilen Vogt im Gehöft. Allmälig sind die Aepfel und Aprikosen von den Bäumen genommen; es ist eine reiche Erndte. Wir sind mit Abtrocken der Aepfel beschäftigt. Die Hanna hilft mir beim Schälen. Seit dem Donnerstag ist an Stelle des klaren stillen Wetters, wolkiger Himmel, und am Nachmittag heftige Staubwinde eingetreten: Der erste frische Schnee auf den höheren Bergen! Am Sonnabend Nachmittag den 29. September hat Wilhelm die Birnen abgenommen; es sind in diesem Jahr 120 Stück auf dem Baum gewesen. Wilhelm freut sich daß die Zong und die erneute Tatscha Yurra in gutem Gang sind und laufen. Das Getreide ist fertig geschnitten aber der Hiri337 noch nicht gemacht. - Am 29. Nachmittags sprach Wilhelm erst mit Giatsi, dann mit Dewa Sung, wegen den unlustigen Dingen die in letzter Zeit vorgekommen. Giatsi's Unfriede [128] 18[83.] und schlechtes Benemen gegen ihren Mann. D[ew]a S[u]ng's Hang zum Tschang338 und Arac Trinken, der in letzter Zeit hervortritt, der viele Umgang mit den Dörflern, und andre jetzt nicht namentlich berührte Verdachte. - - Wilhelm sprach sehr hübsch mit ihnen, und erwecklich Heut am Sonntag, den 30 September nichts besonderes. Predigt und Nachmittagsstunde wie immer. Etwas Briefe geschrieben. Dann die grünen Aepfelbäume beim Dangra339 gepflükt 335

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„geschorten“, laut Grimmschen Wörterbuch heißt 'schoren' - absondern. M. H. gebraucht das Wort auch einmal im Sinne von 'weggelaufen': „Gegen Abend arger Gutscho da Harri Chands Frau geschort sein sollte;“ (TB11.8.1872). Wie schon öfter „pünklich“ statt pünktlich. „Hiri“ dem Kontext nach eine Vorrichtung zur Aufbewahrung des geernteten Getreides bis zum Dreschen; s.auch Glossar „Tschang“ - chang - tibet. - aus Gerste gebrautes - Bier. „Dangra“ – Stall/Pferch; s. auch Glossar

und geschüttelt, unter dem Jubel der sämtlichen Tibetischen Chris[ten] Kinder, die Gottlob jetzt alle gesund und munter sind. 2. October der Hiri von uns fertig ge rtsig t340. 3. October Mittwoch. KartoffelErndte. Verlauf ungewöhnlich still da fast keine Kinder dabei waren. Dana's sind sämtlich oben bei ihrem khus khor ren341. In den vergangenen beiden Tagen; außer mit ein wenig Schulen, und Aepfel Abtrocknen hauptsächlich mit Brief Schreiben an unsre 3 Kinder beschäftigt so gut, wie keine Handarbeit gemacht. Abends immer sehr müde, und wenig tauglich. Wilhelm heut Unten sonst am Tag Oben, Abends herunter kommend. Die beiden Milch gebenden Kühe wurden heut Abend herunter gebracht. 3. October wurde dem Hari Chand hier im Thassil ein Söhnchen geboren. 4. October Donnerstag. Die Shérab Kundsom fing an die 2 herun[-] tergekommenen Kühe zu melken. Am Vormittag mit Hanna und Sherabin Aepfel geschält zum Abtrocknen, keine Schule. Giatsi Lesen. Wilhelm war Unten, machte seinen Rechnungs Abschluß vom Viertel Jahr. [129] [18]83. 5. October Freitag. Am Vormittag die Kinder ein wenig zur Schule. Nachmittags wollte ich mit ihnen den längst geplanten Spaziergang nach der342 kleine Alpe machen, wurde aber durch den rauhen heftigen Staubwind daran verhindert, kehrte allein durchs Dorf zurück, verkehrte mit einigen Horfrauen343 auf dem Zeltplatz. 6. October Sonnabend früh kam Hari Chand, und bat um einen KinderWagen für seinen kleinen Sohn. Wir borgten ihm den unsrigen, den Papa gemacht hatte, und in dem alle unsre Kindlein gelegen mit dem Dach dazu. Nachmittag schickte er einen schönen Teller voll sauberen Zucker den wir mit Aepfel erwiederten. Vormittags Stubenkehren Wilhelm ging herauf kehrte zu Mittag heim. Etwas genät und ausgebessert. Nicht recht wohl im Leib; ich nahm Pillen 7. October Sontag. Wie gewöhnlich Vor- und Nachmittags Versamlung. Brief geschrieben an Schwester Redslob. Gegen Abend nochmals die roten Aepfel gepflückt und geschüttelt. Die Christen alle bekamen wieder reichlich. Das Wetter ist aufs Neue klar und schön. 8. October Montag. Heut kamen nach langer Unterbrechung wieder einmal alle Kinder zusammen zur Schule; nochmals Aepfel Schälen mit Hanna und Shérabin. Wirtschaftliches u.s.w. 340

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„ge rtsig t“ - auf die in Kurrentschrift geschriebene Vorsilbe 'ge' folgen tibetische Schriftzeichen und die Endsilbe 't'. Zusammen könnten sie ein Part. Perf. bilden. Da M.H. in anderen Jahren mehrfach berichtet, der Hiri sei ‚fertig gebaut‘ worden, könnte das tib. ‚rtsig‘ für ‚bauen‘ stehen. Der Text wurde vor dem 3. October wohl nachträglich eingefügt. „khus khor ren“ - tibetische Schriftzeichen mit einem in Kurrentschrift geschriebenen 'ren'. Der tibetische Begriff ‚khor‘ steht für ‚Umrundung‘; dem Kontext nach kann es ‚Getreide dreschen‘ bedeuten, bei dem Rinder oder Pferde kreisförmig über das Dreschgut geführt werden. Das „d“ als Abkürzung für 'der' ist vermutlich nachträglich eingefügt worden, so dass es „nach der kleine Alpe“ statt korrekterweise 'nach der kleinen Alpe' heißt. „Horfrauen“ - tibet. - die Hor sind reisende Kaufleute aus Yarkand (einst eine wichtige Handelsmetropole am West-Rand der Taklamakan-Wüste).

9. October Dienstag. Nachdem wir gefrühstückt (in den letzten Tagen pflegen wir um 10 Uhr ausführlich warm zu frühstücken wenn Wilhelm herauf geht, und dann Abends ordentlich zu dinnern) ging ich einmal mit Wilhelm nach Kildang und verbummelte den Tag dort beim Dreschen. Wetter sehr angenehm. [130] 18[83.] 10. October Mittwoch. Die Sherabin hatte sich für ihr Dreschen wieder frei gebeten. Besorgte mir die Morgen-Küchen Geschäfte allein. Nach dem 10 Uhr Frühstück ließ ich die Hanna Buttern und Aufwaschen. Wilhelm ging herauf; ich hatte 2 Mal die Kinder zur Schule, und zwar Oben in Redslobs Wohnstube. Dazwischen Zwiebeln eingelegt. etc. Fand nicht Zeit für die Giatsi. Arge Staubwinde, doch immer wieder schön werdend. 11. October. Donnerstag. Die interessanteste Tages Begebenheit war: daß ich am Morgen in Bruder Redslob's Stübchen die Büste des Kaiser Wilhelm zerbrochen auf dem Fußboden liegen sah. Wir Beide sind mehrere Tage nicht dort gewesen, und können uns den Zusammenhang des Zerbrechens nicht denken. Kurios ists daß der Fuß der Büste ganz fest auf der Console steht, und unter der Brust ein scheinbar ganz frischer Bruch stattfand. Thüren und Fenster sind Tag und Nacht verschlossen, räthselhaft! Vor und Nachmittag Kinderschule und Giatsi. Ließ nach dem Frühstück wieder von Hanna aufwaschen. Ehe sie fertig war, kam Shèrab Kundsom zurück von Stod. – Wilhelm wie immer nach dem Frühstück herauf, Abends herunter. 12. Freitag. Heut war die aufregendste Sache, die Entdeckung daß in unserm Holz-Schuppen von unserm gehackten Bir[-] kenholz ein hübsch Teilchen gestolen worden ist. Tsewang sagt, auch vom Schugpa Holz fehle. Wer kann der Dieb sein? Diese Frage beschäftigte uns peinlich. Die Thür ist verschlossen, [131] [18]83. aber von Hinten durch das Dangra ist ein Zugang offen. Ließ von Sherab und Tsewang alles Birkenholz herauf tragen in den Häuselgang, wobei die Schulkinder mit Lust halfen. Nachmittags fiel die Schule aus weil Dana's ihr Gemüse aus dem Garten namen und eingrubten. Dagegen kam die Giatsi zum Lesen. 13. October Sonnabend Ehe Papa heraufging wurde Zakarias abgefertigt nach Njungti, wo er einige Einkäufe für Oekonomie und uns privatim besorgen soll. Er brach auch alsbald mit seinem Begleiter Ata und seinen 2 Pferden auf. Sonabend kehren wie immer. Nachmittag still für mich gelesen, geschrieben etc. Dana's Kartoffeln gegeben. Das Wetter trotz drohender Wolken und Staubwinde immer wieder schön; in dieser Woche wurde die hintere Cisterne ausgelert. 13. October temps temps. 13. October. Ich zog zum ersten Mal wollene Strümpfe an. 14. Sontag. Wie gewöhnlich still zu Hause. Brief geschrieben Harmonium gespielt, 15. Montag. Heut wurde die vordere Cisterne ausgeleert. Schulen u.s.w. wie immer. Wilhelm geht noch immer

nach dem Frühstück herauf, und kommt Abends heim. Wir essen am Abend vor dem Schlafengehen in der Regel gebratene Aepfel. Phosphor!!344 16. October. Dienstag. Wie in den vergangenen Tagen! – Post, von Paul. Anmeldung von Reverend345 Tribe. Den ganzen Abend mit den I[ll]ustrierten Z[eitschriften] verbracht 17. October. Mittwoch. Das Bisquit Backen im Blick auf den Besuch, störte meine Ruhe für die Schule etwas. Das viele Rauchen des Ofen's ist trying [132] 18[83.] Den 18. October. Donnerstag. Nach der Vormittags Schule Redslobs Stuben für den erwarteten Besuch rein und fertig gemacht. Den ersten Teil Aepfel in den Keller gebracht. Nachmittags kaltes rauhes Wetter; Schule in der Veranda abgekürzt. Gegen Abend kamen Sangkar.pa's die Geld voraus erhalten, mit Butter; ich ließ sie, da Wilhelm noch nicht unten war, gleich wiegen; es waren für 6 Rupien, von denen wir 4 namen, und den Christen 2 überließen. Kaum war dies abgemacht, als unverhofft heut schon (statt morgen) Mr. Tribe mit seiner Tochter hier eintraf. In aller Eile wurde ein Essen hergestellt. Den 19. October. Freitag. Als wir aufstanden schneite es, und schneite weiter den ganzen Tag, höchst trübselig für unsre Gäste, die sich indeß vortrefflich mit Zeichnen die Zeit vertrieben, sie nehmen Landschaften und was sie sonst Interessantes sehen auf, beide Vater und Tochter. Die verschiedenen Gesichter und Brustbilder von allerlei Nätive's die Mr. Tribe gemalt, waren wirklich recht gut. Ich steckte natürlich den ganzen Tag im Küchenrauch, und Essens Aufregung, konnte aber doch Nachmittags eine Stunde Schule halten, in die Wilhelm dan Mr. und Miss Tribe hineinführte. Brief von Bruder Bechler!! 20 October. Sonnabend. Das Wetter klärte sich zum Glück so weit auf daß Wilhelm mit Mr. Tribe und seiner Tochter den ersehnten Besuch im Kloster machen konnten, obwohl letztere nicht ganz wohl war (Diarhoe). Nach 4 Uhr kehrten sie sehr befriedigt von ihrer Tour zurück. Ich hiergebliebene war natürlich mit Küche und Wirtschaft beschäftigt. 21. October. Sontag. Das Wetter klar prächtig, der Schnee im Gehöft schmolz weg. Nach dem Breakfast tibetische Predigt, der unsre [133] [18]83. Gäste beiwohnten. Nach der Tibetischen Nachmittags Stunde hielt uns oben in der Stube Mr. Tribe einen englischen Gottes Dienst. einige Lieder aus dem Church. Hymnbook346 gesungen, einen Teil der Litany gebetet, dann einen kurzen Vortrag über Math. 24,28. Wo ein Aas ist, da sammeln sich die Adler. An allen Abenden zogen sich unsre Gäste frühzeitig zurück, so daß keine 344

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„Phosphor“ - ist für alle Lebewesen unentbehrlich. Es ist in Nucleinsäuren und Enzymen enthalten und an allen Vorgängen des Energiestoffwechsels und an Stoffwechselreaktionen beteiligt, darüber hinaus sorgt er für die Mineralisation des Knochengewebes. „Reverend“ - latein./engl. - Titel eines Geistlichen in englisch-sprachigen Ländern. „Church Hymnbook“ - engl. - gemeint ist eine der vielen Hymnen-Sammlungen, die u. a. von der 'Church Missionary Society', der 'Kirchlichen Missionsgesellschaft', der größten evangelischen Missionsbewegung im 19. Jh., herausgegeben wurden.

allgemeinen Abend Segen gehalten wurden – Miss Tribe eine sehr große Katzenfreundin ließ sich durch Tsang Rintschen eine junge Katze aus dem Dorf bringen (vom Dos[k]upa) die sie mit 8 an[n]as bezahlte. – An demselben Tag hatte eine Katze von unsern 7 Hennen eine getödtet! 22. October. Montag. Früh nach dem Chota hasary347 vor 8 Uhr verließen uns unsre Gäste, bei schönem klaren Wetter. Mr. Tribe gab 2 Rupees für die Christen-Schulkinder, wie er überhaupt im Geben und Zahlen sich nobel machte, z. B. der abi zha ra348 Das Einschnitzen von Tibetischen Worten (Namen) in seinem Stock, durch einen Lama ist sehr nett geworden, man möchte es nachthun. Gottlob ist’s mit diesem Besuch so weit Alles gut abgelaufen, obwohl wie ja immer die Küche und Essensfrage viel Unruhe verbreitet. Ich ließ ein par Mal die Hanna mit helfen, beim Aufwaschen u.s.w. Zum Bedienen bei Tische hatten wir an den letzten Tagen Mr. Tribe's Diener. Nachdem sie fort waren gabs einen geschäftigen Tag mit Forträumen, rein machen, Butter auskochen, Gemüse in die Grube bringen, Das thaten Dana und Tsewang, nach dem Wilhelm wegen dem Dreschen heraufgeritten unter meiner Aufsicht, die tibetischen Kinder waren dabei fleißig und hilfreich. [134] 18[83.] Den 28. October. Sontag. Leider nicht jeden Tag aufgeschrieben Besonders wichtige Ereignisse liegen auch nicht vor. Und doch! Schulen Vor- und Nachmittags für die Kinder in Redslob's Stube; dazwischen die Frauen, Hanna, Betty, Giatsi, so viel es ging einzeln lesen lassen. Wilhelm ging oder ritt alle Tage nach dem 10 Uhr Breakfast herauf, um Abends zum Essen heimzukehren. Das Wetter ist wieder schön, nachdem es am Mittwoch wieder einmal geschneit; an den Morgen und Abenden ist's jedoch so kühl, daß wir seit dem 23. October in der Stube feuern, um Frühstück und Abendbrod zu kochen. In diesen Tagen 23 – 25 October haben wir noch mehr Aepfel, (die letzten) in den Keller geschafft zum Aufbewahren. Die ganze Woche sind zwei Holzhauer für uns auf Arbeit. Am Sonnabend den 27 October wurde das Dreschen in Tingtse beendet, eine dankenswerte Erndte. 360 Man349!. Sonnabend den 27. October besuchte der gestern Abend von Ladak glücklich zurückgekomme[-] ne Shamuel. Seine Angelegenheiten sind Gottlob! so weit man erfährt dankenswert geordnet. Am gleichen Tag den 27. kam Zakarias von Njungti zurück, mit unsern Sultanpur – Einkäufen. Leider war wie wir schon gestern hörten, ihm, oder vielmehr seinem Begleiter dem Ata350 eine Ladung unterwegs gestolen worden, oberhalb Bashist Solche Stehlereien sollen häufig vorkommen in OberKulu 347 348

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„Chota hasary“ - tibet. (?) - Frühstück (?). Der Ausruck kommt in M. H.s Texten öfter vor. „abi“ - in latein. Buchstaben geschrieben (= ‚Großmutter‘), es folgen tibetische Schriftzeichen ‚zha ra‘ (Eigenname) 360 Man: Nach der seinerzeit gültigen Regelung (s. auch Glossar) entspricht das 13.435,2 kg! „Ata“ - am 13.10.1883, S. [131], wurde der Begleiter von Zakarias 'Ata' genannt. Hier könnte es jedoch auch 'Atu' heißen.

[135] [18]83. wir persönlich hatten sehr geringen Verlust dabei, die gestolenen Dinge gehörten z. T. den Christen. An demselben Sonabend 27 October. machte ich während Wilhelm oben war die WinterEinrichtung in der Stube, d. h. vertauschte die große Decke (Derri) mit den Ziegenhar Decken (Challis). Milchschränkchen, u.s.w. Den 28. Sontag, in gewohnter stillen Weise. Vor 13 Tagen hatte die Sontu einen Jungen.351 29. October. Montag. Früh nahm Wilhelm dem Zaka die Rechnung ab etc. wir sind mit den Besorgungen ganz zufrieden Wilhelm schrieb Briefe; ich kam außer den Schulen, zu sonst keiner rechten Arbeit. Wetter immer schön. Groß und Klein [in der] Gemeine Gottlob! gesund. 30. October Dienstag. Schulen etc. wie gewöhnlich. Wilhelm schrieb den ganzen Tag Briefe. Durch Geschwister Webers aus Ambala 1 Brief von Bruder Rau mit der Nachricht, daß Gerhard das Scharlach Fieber hat. In der Dunkelstunde mit Papa einen rush über die Felder. 31. October. Mittwoch. Ließ nach dem Breakfast von der Sherab Kundsom 2 Ladungen gro dkar352 für uns waschen. Wilhelm kaufte Chang Wolle vom Barongpa. Ich ließ am Vormittag die Schule ausfallen, um einen Brief an Schwester Redslob zu schreiben. Am Nachmittag wurde das Wetter plötzlich unfreundlich. Gegen Abend wieder einen „rush auf die Felder. 2. November Freitag Nachdem die Post am Nachmittag erst kam ohne die erwarteten Nachrichten, brach Dana mit seinem Yado353 nach Njungti auf um dem Yorogpa entgegenzugehen. [136] 18[83] Freitag. Der Weizen auf dem Dach wurde heut trocken und in Säcke gefüllt. Tschosnièd und Anna haben ihn vor den Spatzen gehütet in den vergangenen Tagen. 3. November: Sonnabend. Wilhelm ging am Morgen noch vor dem Breakfast herauf, wo eine Anzahl Leute beim zhing loken354 etc. angestellt ist, und kam erst am Abend zurück. Ich war meist mit Räumen und Wirtschaften und etwas Nähen beschäftigt. Gestern und heut Abend mit Wilhelm die tibetischen Correctur Bogen gelesen. 4. November Sontag. Predigt und Nachmittag Versamlung wie immer; sonst Briefe geschrieben, etwas Harmonium gespielt; gegen Abend mit Wilhelm spazieren gegangen. Dabei dem seit einigen Jahren in gar zha355 hausenden Skuschog begegnet der – wol in Folge von Chang – ein sehr freundliches Gesicht machte. (Giatsi ging nach der Predigt nach Tscheling) Das Wetter immer 351

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Der Satz: „Vor 13 Tagen ... einen Jungen.“ ist in dem Leerraum zwischen dem 28. und dem 29.10.1883 eingefügt worden. Tibetische Schriftzeichen (Translit. A.Heine): es könnte - Weizen - bedeuten, den M. H. am 31.10.1883 hat waschen lassen; am 2.11.1883, S. [136], heißt es dann: „der Weizen auf dem Dach wurde heut trocken“. „Yado“ ‚Helfer‘, ‚Begleiter‘; s.auch Glossar Tibetische Schriftzeichen und „loken“ - in lateinischen Buchstaben. Die Bedeutung ist nicht bekannt. Tibetische Schriftzeichen, Ortsname

freundlich und warm. Eine eigentümliche Erscheinung ist die schöne Röte, die in den letzten Tagen, bis lange nach Sonnenuntergang – bis in die Finsternis hinein sich über den westlichen Himmel zieht356. Wilhelm liest ein von Mr. Tribe geliehenes interessantes Buch: „Asiatic Studies357 von Lyall.“ vergangenen Freitag den 2. November. setzte Wilhelm die Azalie in einen größeren Topf. 11. November Sontag. (Wochen Bericht 4 – 11 November) Montag den 5. November: Nach dem Frühstück begleitete ich Wilhelm nach Tingtse und zwar zu Pferde dazu à la Miss Tribe seitwärts auf einem Herren Sattel; wir hatten Zaka's „Ablag“ gemietet. Denselben ritt indes Papa und überließ mir unser [137] [18]83 schwarz[es]358 Pferd, welches Zaka führte. Wilhelm kam’s erst änglich359 vor, da es aber so gut ging, machte ihm diese Reiterei schließlich auch Spaß; er war bis Abend beim Beaufsichtigen der Feld[-] arbeiten oben, während ich allein früher herunter ging. Im Gehöft wurde von Hamli und Gomba Mist auf die Garten bete getragen. 6. Dienstag. Schulen wie gewöhnlich. Wilhelm ritt auf kurze Zeit nach Tingtse. Das Gehöft wird gekehrt und gereinigt. 8. Donerstag. Die neulich gekaufte Chang Wolle wurde von Ramli gewaschen bei prächtigem Wetter. Wilhelm war beständig mit der Wolle beaufsichtigen etc. beschäftigt. Nachmittags fing es an trübe zu werden. Freitag den 9. Wetter sehr wechselvoll, richtet sich immer mehr zum Schnee ein. Die Kinder halfen – als Unterbrechung der Schule – die Wolle herein, herunter, und wieder herein schaffen. Tardod Drogpa kam nach Mittag sagen, daß die Giatsi nach Tscheling gegangen sei im Schroh!360 ob für ganz? sie habe sich doppelte gute Kleider etc. mitgenommen. Die Kinder sind hier. Es ist distressing361. Im Thassil wurde kurz Anzeige von ihrem Weggehen gemacht. Sonnabend den 10 November: Den ganzen Tag ununterbrochen heftig geschneit! Wilhelm schrieb unten in seiner Stube, ich räumte und wusch die Fächer in der Schlaf- und Hinteren Stube, da das große Herbsträumen ausgefallen ist. war außerdem den Tag fast ganz mit Wirtschaftlichem. beschäftigt. Außer den Schulen, nur wenig ausgebessert. und in den ersten Tagen eine Brief-Sendung an unsre 3 Kinder fertig gemacht. Den 8. November Abends temps temps.

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„Eine eigentümliche Erscheinung ist die schöne Röte, ...“ (Ungewöhnliche Verfärbungen des Himmels wurden an vielen Stellen der Erde nach dem Ausbruch des Vulkans Krakatau im August 1883 beobachtet. Vgl. dazu: Simon Winchester: Krakatau. S. 257.) Ähnliche Bemerkungen M. H.s findet man auch an anderen Orten des Tagebuchs: 11.12.1883, S. [144]; 26.1.1884, S. [153]; 6.2.1884, S. [155]; 16.3.1884, S. [162]. „Asiatic Studies“ - engl. - Asiatische Studien. M. H. hatte das zuerst geschriebene „braunes“ durchgestrichen, dann „schwarz“ darübergesetzt, dahinter könnte noch ein Punkt stehen, vielleicht als Abkürzung für 'schwarzes'. „änglich“ - verschrieben für - 'ängstlich' (?). „im Schroh!“ – von M. H. benutzt für ‚im Zorn‘ „distressing“ - engl. - schmerzlich, betrüblich.

[138] 18[83.] 11. November: Sontag. Den ganzen Tag heftig geschneit. Die Nachmittags-Versamlung fiel aus. Gemütlich in der Stube. Wilhelm Lesen, ich tibetisch Schreiben für die Schule. 12. November: Wieder den ganzen Tag geschneit; er schmilzt Stellen[-] weis bald, doch wurde Schnee geschaufelt. Fing an die tibetischen Schulen in unsrer Wohnstube zu halten, teils wegen der Kälte, teils weil die Stuben drüben ganz voll Wolle liegen. außer etwas Feuer in der Stube, wird das Früh-Essen in der Küche gekocht; wir halten bis jetzt Frühstück um ½ 11, und Essen am Abend fest. Mittwoch den 14 November: gingen Tardod und Shamuel nach Tscheling, um der Giatsi zuzureden, zurückzukommen; aber ohne besonderen Erfolg. Donnerstag den 15. November: Heut morgen namen wir einige kleine veränderungen in der Wohnstube vor; das Bücherbrettchen bekam einen andern Platz in der Ofen Gegend etc. - Die Tages Arbeiten nahmen ihren gewöhnlichen Lauf. Wilhelm schreibt und arbeitet unten, ich die Kinder beschulend etc. Ueber das Wetter noch keine Gewisheit; in den 3 letzten Tagen, SonnenSchein, mit Trübheit und Schnee wechselnd. In den beiden letzten Tagen die Fenster am Morgen etwas gefroren. Unpünklich im Einschreiben. – Sontag den 18. November gedachten wir unsers Trauungstages vor 24 Jahren, aber äußerlich außer einem besseren Essen und Kuchen, nicht weiter. Ich hatte am Nachmittag die beiden Kinder von Tardod: chos skyid362 und Sodpa bde chen363 mit der Dschamdrol in unsrer Stube, wo [139] [18]83. sie vergnügt spielten und kochten. Giatsi läßt sich noch nicht sehen. Sontag den 25. November. Von der letzten Woche ist nicht viel besonderes zu berichten. Wilhelm ist meist unten in seiner Stube, und schreibt Briefe und anderes. Ich fülle die Tageszeit fast mit Schule aus. von 11 – 1, und ½ 3 – ½ 5. An den Abenden genät, 1 neues Flannellhemd. Wetter meist sonnig, dabei aber recht kalt. Seit dem 22 November kochen wir das Essen in der Stube. Sonnabend den 24. Pfefferkuchen Teig für Weihnachten eingerürt. Sonnabend den 24. November (Abends unverhofft früh die Zeit) temps. temps. Sontag den 25. wie gewöhnlich die Versam[-] lungen. Fing dann an Bilderbücher für die tibetischen Kinder für Weihnachten zu kleben. Den 27. November Dienstag Gestern sprach Wilhelm sehr zuredend mit Giatsi die bei Shamuel's war, aber zunächst wieder ohne Erfolg; sie ging nach Tschling364 zurück. Tagesarbeiten wie gewöhnlich. An den Abenden hat Wilhelm mir treulich geholfen beim Kleben der Bilderbücher. Den 28 November: Mittwoch. Man ist geneigt. „Sunpo“365 zu werden. 362 363 364 365

Tibetische Schriftzeichen, Eigenname Tibetische Schriftzeichen, Eigenname „Tschling“ - verschrieben für - 'Tscheling'. „Sunpo“ - tibet. (?) - vielleicht - nervös, verrückt.

Seit dem 9. November: ist keine Post angekommen, und keine abgeschickt, wir haben keine Nachrichten von der AußenWelt; die wenigen von Njungti kommenden Leute wissen nichts von Yorogpa und Dana. Von Lahoul aus haben wie man hört Viele Menschen, ohne Ladungen und Lasttiere den Rotang Paß überschritten; der Weg soll [140] 18[83.] bei 3 – 4 Fuß Schnee sehr schwierig sein. 2 Mon's366 die Bampas sind – da sie sich nicht von ihren Ladungen trennen konnten – erfroren, und liegen todt auf dem Paß. Der Schul-Munshi Mahomed Baksch, welcher am 18. von hier fortging, um mit seiner Familie den Winter in Njungti zu verbringen, ist zurückgekommen, da es mit Frau und Kind unmöglich schien den Rotang zu passieren. Wilhelm trieb daß heut eine Post von hier abgeschickt würde, da er einige wichtige Briefe und Buch zu schicken hatte. Ich eilte meinen Brief an Schwester Redslob zu beenden, und eine Karte an die Kinder zu schreiben. Nachmittags fiel die Schule aus, weil Betty's Kinder mit der rtse dsin367 in der Mühle waren. Eine große Anzahl Kanauer Leute die mit ihren Pferden von Sangkar kamen befinden sich im Dorfe; einige sind aus und bei Poo zu Hause, mehrere von ihnen kamen um Strümpfe zu kaufen und in andern Angelegenheiten. Sie alle gedenken und hoffen mit ihren Tieren über den Paß zu kommen. 29. November. Donnerstag; Trotz dem Schneedrohen gestern abend, scheint sich das Wetter zu halten. so ist heut früh – außer der Post auch bu chung368 mit einem Brief an Dana abgegangen. Die VormittagsSchule fiel aus, da die 3 Kinder noch in der Müle sind; statt dessen suchte ich Flecken, und allerlei Material zusammen zu. Babus369 die Zakarias machen wird, als unser Weihnachts[-] geschenk für die Kinder; es ist eine große Kramerei. Zaka der die Arbeit in Theka370 nimmt, geht gleich an's Werk. Nach[-] mittags die wenigen Kinder zur Schule genommen. Seit einigen Tagen kommt Dewa Sung zu Wilhelm Englisch lernen. [141] [18]83. 2 December Sontag. 1. Advent. Noch immer in spannender Ungewisheit über alles mögliche Das Wetter teils trüb, teils klar. keine Post, keine Nachricht irgend welcher Art, als, daß der Paß sehr schlimm ist, keine Pferde und Lasttiere herüber können; Einem Yurnatpa, der seine Wolle auf Schafen hinüber schaffen wollte, sind 20 Schafe auf dem Paß gestorben, so daß er umkehrte; und dergleichen trostlose Dinge. Um unsre Ladungen grämen wir uns jetzt weniger; die Hauptsorge 366

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„Mon's“ - die Mon wurden als erstes Volk (vor 600 v. Chr.) im Oberen Ladakh und Zanskar sesshaft. (DuMont, Kunst-Reiseführer, S. 24.) Tibetische Schriftzeichen (Translit. A.Heine), Eigenname Tibetische Schriftzeichen: bu chung,, der Name des Boten wird von M. H. öfter erwähnt, vgl. dazu S. [143]: „Wilhelm wird den Bu Chung ... schicken,“. Niedrige Stiefel aus Stoff, Filz oder Leder; s. auch Glossar „in Theka nimmt“ - Bedeutung unbekannt (könnte lauten:‘ in Auftrag nimmt, übernimmt‘).

ist um Dana, da Betty in diesen Tagen ihre Niederkunft erwartet. Sie strickt jetzt unter meiner Anleitung ein Kinder[-] jäckchen; ist noch ganz rüstig und thätig. Hoffentlich irrt sie sich, indem sie den 3. December: als Geburtstag feststellt. Giatsi läßt sich noch nicht blicken Drogpa war gestern wieder in Tscheling um sie zu holen – aber vergeblich. Zacka ist jetzt ernstlich über den Babus für die Kinder her, das Kramen und Einrichten ist noch nicht zu Ende. Mit den Näharbeiten (Kissen) Büchern u.s.w. der Kinder beschäftigt so daß man sonst zu keiner rechten Arbeit kommt. Shamuel ist gestern nach Manschatt gegangen, und noch nicht zurück Heut morgen waren wir sehr besorgt, um die große Dsomo, die krank war, aber zum Glück bald besser wurde, auf Akonit371. 9. December: Sontag (Wochenbericht vom 2. bis 9. December) Der Himmel fast immer trüb, mitunter ein wenig geschneit. Schulen im gewohnten Gang, einmal durch Babu-Zuschneiden mit dem Zaka, ausgefallen. Wir fingen das neue Lied: dus chen kyi mchog372 zu lernen an. Wilhelm ging am Donnerstag den 6. December nach [142] 18[83.] Tingtse um für den Hat[t]i-pa373 Weizen abzuwiegen. Einige in diesen Tagen von Njungti kommende Kyèlang Gong pas brachten Nachricht, daß der Paß gangbar sei, eine einzelne [bu?] mo374 habe ihn, und andern375, ungefährdet überschritten. Dana und Yorogpa haben sie vor vielen Tagen, etwa am 24. November: in Sultanpur gesehen. Seitdem weiß man aber nichts von ihnen, und wir warten täglich vergeblich auf Nachrichten von ihnen; seit dem 9. November haben wir keine Post, oder irgend welche Nachricht von jenseits des Rotang bekommen. Nur durch einen direkt von Simla kommenden Mantschatpa hat Shamuel erfaren, daß Geschwister Redslob und Weber, etwa um den 20. November? von Simla nach Poo aufgebrochen sind.? Betty, die bestimmt ihre Niederkunft am 3. December erwartete, ist zum Glück noch auf den Beinen. Für den Fall daß ihr aber doch unverhofft etwas zustoßen könnte, ist Hanna durch Wilhelm angestellt worden in den Nächten bei der Betty zu schlafen. Am Sonabend den 8. December kam die Giatsi von Tscheling, zunächst zu Shamuels, wohin sie sich die Kinder bringen lassen wollte; die waren aber zufällig bei uns in der Stube, spielen. Nach vielem Zureden von den Christen, kam Giatsi endlich herunter, und am Abend fand in unsrer Stube eine Zusammenkunft zwischen den Eheleuten statt, wo sie versprachen wieder mit einander zu leben, und Frieden zu halten. Die letzte Hälfte des Sontags den 9. December, war recht unruhig und aufregend; indem 2 Mal hintereinander durch Leute die von Njungti kamen Briefe von Dana gebracht 371

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„Akonit“ - Aconitum - das hochwirksame Alkaloid aus dem Blauen Eisenhut wird medizinisch vorwiegend als Schmerzmittel verwendet, z. B. bei Neuralgien; ... (dtv-Lexikon, Bd. 1). Tibetische Schriftzeichen (Translit. und Interpretation A.Heine), Bedeutung in etwa: ‚Das Beste seit langer Zeit „Hatti-pa“ - es könnte auch (weniger wahrscheinlich) 'Hatli-pa' heißen. Tibetische Schriftzeichen, wenn die Deutung des ersten (sehr flüchtig geschriebenen) Zeichens als ‚bu‘ korrekt ist, würde es heißen ‚bu mo‘ also ‚Frau‘, ‚Mädchen‘. „andern“ verschrieben statt - andere.

[143] [18]83. wurden. Dana sitzt mit Yorogpa und den Landungen seit dem 28 November in Bashist, und ist außer sich, da sie bei dem beständig trüben Wetter durchaus keine Kurpa's über den Paß bekommen. Außerdem schreibt er: lo376: in Kotgurh sei 6 Tage lang Schnee gefallen während Redslobs dort waren dieselben könnten nun nicht mehr bis Poo gelangen, und würden wol in Chini rgyal sa377 bleiben! Hoffentlich ists nicht so schlimm. Ferner meldet er daß er in Sultanpur nach unsrer Post fragend, dieselbe nicht erhalten habe, da sie am 15. November nach Palampur zurückgesandt sei; wir sollten schreiben und einen Boten darnach schicken wenn wir sie haben wollten! Most trying!378 Wilhelm wird den Bu Chung darnach schicken, Alles dies regte uns sehr auf. – Am Abend viele deutsche Verse zusammen gesungen. Montag den 10 December: Zum Trost wieder klarer Himmel. Am Morgen ging der Barongpa mit Briefen an den Sultanpur Post-Master und an Dana von hier ab. Außer den Schulen nur Brief geschrieben an Schwester Redslob. Wilhelm auch Briefe geschrieben. Hörte heut von den Kindern und Betty: die Garja pas schreiben dies Schnee Wetter dem Gyepang pa zu, „weil er voriges Jahr nach Njungti zu seinem Verwandten wollte, und man ihn nicht hingebracht hat! es heißt: es würden viele Leute auf dem Paß sterben! dann würde es klar werden! Um ihn zu besänftigen, heißts, wird überall Geld für ihn gesammelt; die Mantschater unter sich, und die jo's379 um, - heißts - ein goldnes Böckel – machen zu lassen!! [144] 18[83.] 11. December. Dienstag. Heut wurde die gestern aus Biling gekaufte kleine Kuh geschlachtet. Das Fleisch sieht gut aus. Wie gewöhnlich gingen wir am Dunkel-Abend ein Stücken spazieren, und forschen immer nach Nachrichten von den aus Njungti zurückkommenden Leuten; immer heißts nur: daß Dana mit den Ladungen noch in Bashist sitzt. Der Dosgupa giebt ein rab nas380 mit viel Gelärm. Am Abend ein ziemlich fühlbares Erdbeben. d. h. am 11. December: Der Bartsi Anu will mogen381 früh nach Njungti gehen um unsre Post zu holen; und soll Briefe mitnehmen. So schrieben wir am Abend, und ich bis tief in die Nacht an Mrs. Cleghorn einen Brief fertig Das Wetter ganz klar, aber wieder der eigentümliche Schein um die Sonne, und früh vor SonnenAufgang, und Abends nach Sonnen-Untergang die brillante rötlich gelbe Beleuchtung. 376 377 378 379

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„lo“ - tibetische Schriftzeichen. offensichtlich von M. H. durchgestrichen. Tibetische Schriftzeichen, Ortsname. „Most trying!“ - engl. - überaus, äußerst ärgerlich. Tibetische Schriftzeichen 'jo' mit einem in Kurrentschrift angehängten 's' als Kennzeichnung des Nom. Pl. - die Dschos – die Adeligen. Vgl. 23.10.1881, zu S. [6] Anm. 17 Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: Eine Wehezeremonie; s. auch Glossar. „mogen“ - verschrieben statt - morgen.

12. December. Mittwoch. Am Morgen ging Anu mit unsern Briefen nach Sultanpur ab. Nichts absonderliches passiert. Wilhelm machte ein kleine Sonnen-Uhr für die Stube. 14. December. Freitag. Zu Mittag kamen – wie wir gestern schon hörten – die Dscho's Hari Chand, und Dewi Chand von Njungti hier an. Zur allgemeinen großen Enttäuschung war aber Dana mit unsern Sachen nicht mit ihnen über den Paß gekommen. Er sitzt noch in Ralha mit den Ladungen, ebenso Harichands Ladungen, da die Kullu leute durchaus unwillig sind sie über den Paß zu tragen. Most trying! [145] [18]83. Hari Chand selber ist im „Palki“382 gekommen, über den Paß aber auf Jemandes Rücken getragen worden, weil er krank sei. Wilhelm der ihn besuchte, glaubte aber, daß viel Ueber oder Durch-triebenheit! mit dem Kranksein verbunden sei. Tsang Rintschen sagte plainly383 dzun yin[?]384. Diese Ungewisheit mit Dana u.s.w. versetzt, uns manchmal in peinliche niedergeschlagene Stimmung. 15. December. Sonnabend. Die Hauptarbeit des Tages war: Pfefferkuchen backen, was mehrere Stunden in Anspruch nahm, weil ich – während Sherabin kehrte – allein dazu war. Wie immer in der Dunkelstunde ein wenig ausgegangen, meist auf den Bilingweg, um womöglich Erkundigungen über den Paß und Dana einzuziehen; Gestern Abend am 14. wurde ein Bote mit Pervana385 vom Thasil aus, wegen unsern Ladungen nach Koksar abgefertigt. 16. December: Sonntag. Wie gewöhnlich. Nachmittags [s]pielte Wilhelm Harmonium, ich schrieb tibetisch für die Bilderbücher. Erfreuliche Nachricht, daß die Ladungen des jo386 angekommen, die unsrigen mit Dana morgen folgen sollen. Das ist eine Erleichterung fürs Gemüt. Betty ist noch auf den Beinen. Hanna ist nicht wohl. hat besonders mit ihrem Kopf Not. Anzumerken ist und nachzuholen, daß wir seit der Woche vom 2. – 9. December. täglich einen Topf Kartoffeln für die Kühe in unsrrm387 Ofen kochen, und haufig mit Kleien vermischt selber ihnen bringen. [146] 18[83.] 17. December: Montag. Da wir heut den Dana erwarteten, fielen die Schulen aus; ich schrieb anstatt dessen tibetisch für die Bilderbücher. Die erwarteten kamen indes nicht. 18. December: Dienstag. Nach dem Morgensegen machten Wilhelm und ich die Wachslichter für Weihnachten, in der Küche, was ganz flott ging. Dann schrieben und klebten wir zusammen 382 383 384 385 386 387

„Palki“ – Bedeutung unbekannt; (ein Tragstuhl, eine Sänfte?) „'plainly“ - engl. - vollständig, einfach. Tibetische Schriftzeichen, eine eindeutige Übersetzung war nicht möglich. „Pervana“ Erlaubnis/Anweisung Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: Lokaladliger. „unsrrm“ - verschrieben statt - unserm.

in die Bücher, bis uns Dana und Yorogpa durch ihre Ankunft mit den Ladungen von Simla unterbrachen. Gottlob waren nach der langen Zeit und Schwierigkeit mit dem Paß Menschen, und Sachen, Alles wohlbehalten hier angelangt; und auch Betty noch auf den Beinen. Nun gings gleich an's Auspacken. Außer unsern Bestellungen, gab es auch geschenkte „Stores“ und außerdem von Mrs. Perry schöne Geschenke an warmen Kleidern, Büchern, und Jinger388 für uns; von Mrs. Mackay.Yams389 und Feigen. Mit dem größten Interesse griffen wir indes nach den Geschenken, von unsern lieben Kindern, welche Geschwister Weber mitgebracht hatten. Die guten Kinder, namentlich Elly hat sich mit Arbeiten sehr angestrengt. 19. December Mittwoch.X (Nein, welcher Irrthum. Der Geburtstag ist ja am 18. December, und ich d[o]ch habe gedacht: am 19. December!)390 da ich fast den ganzen Tag mit Backen von kleiner Ware für die die391 Besche[re]n der Kinder beschäftigt war. Am Abend gegen 7 Uhr wurden Dana's durch die Geburt eines kleinen Sohnes erfreut. 22. December. Sonnabend. In den beiden letzten Tagen wieder [147] [18]83. etwas tibetische Schule gehalten, hauptsächlich um die Kinder ihre kleinen Arbeiten fertig machen zu lassen, und das durch 2 Verse verlängerte Lied einzuüben. Außerdem tüchtig mit Strietze backen beschäftigt, und mit Wilhelms vieler treuen Hülfe, die Bilderbücher für die Kinder fertig gemacht. Auch die Babus hat Zakarias in diesen Tagen glücklich beendet; heut am Sonnabend war Wilhelm in Kyldang um sich nach einem Christbaum umzusehen. Das Wetter ist Gottlob beständig schön und klar, aber recht kalt, was wir besonders des Nachts in unsrer Schlafstube empfinden. 23 December. Sontag. Das Haupt Ereignis des Tages war, gegen Abend die Einbescherung für die Christenkinder; sie erhielten, außer dem gewöhnlichen Deputat an Eßware und Lichtern, jedes ein par Babu, und die schon erwähnten Bilderbücher, die Kleine[n] bekamen auch irgend ein Büchel. Die Erwachsenen waren auch Alle zugegen; außer den Weihnachts Versen wurde das neue, dus chen kyi mchog392 etc. gesungen. 24 December: Montag. Nachdem Wilhelm den Erwachsenen ihre Beschere zurecht gemacht, Thee, Zucker, Patting etc. putzten wir den Baum in der großen Stube (Wilhelm hatte ihn selber aus Zweigen fabriziert). Noch waren wir nicht fertig damit als der Barti-Anu mit unsrer Post von Njungti hier ankam. Obwohl er die ganze 388 389

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„Jinger“ – engl. ginger - Ingwer. Vgl. dazu das „Glossar“ und 29.5.1883, zu S. [101] Anm. 249. „Yams“ - (J?)ams - jams - Marmeladen, Konfituren, vgl. Anm. 156. Sowohl bei 'Jinger' als auch bei 'Yams' könnte M. H. ein 'Y' oder ein „J“ geschrieben haben. Der Eintrag vom Mittwoch, dem 19.12.1883, „(Unsers Gerhard Geburtstag;) er konnte äußerlich nicht weiter gefeiert werden; da ich fast den ganzen Tag mit Backen ... beschäftigt war.“ wurde von M. H. bis auf die Wörter „er konnte“ gestrichen. Statt dessen wurde ein Asterisk gesetzt und durch einen ebenfalls gekennzeichneten Text unten auf der Seite ergänzt „(Nein, welcher Irrthum ... am 19. December!). Allerdings passt danach der anschließende, nicht mehr durchgestrichene Nebensatz in Interpunktion und Kleinschreibung nicht mehr zum Vorhergehenden. „die“ wurde zweimal geschrieben. Tibetische Schriftzeichen, das Lied wurde auf Seite [141], Fußnote 369 erwähnt

Post, ohne Sack in offener Kilta brachte schien Alles da zu sein, nur unsre „Parcels“393 hatte der wunderliche Postmaster zurückbehalten. Abends nach der Christnacht erst fingen wir an Briefe etc. zu öffnen. Bis dahin gabs noch allerhand zu thun. [148] 18[83.] In der Christnacht wurde der mit Goldsternen reichlich versehene Baum angezündet, die Christenkinder saßen im Halbkreis darum, und sangen zum Schluß wieder ihr neues Lied: dus chen394. – In die Christnacht selber kamen nur wenige Leute, da es nicht früh genug bekannt war; um so mehr kamen nachher; u.a. der Thasilmunschi, und [so]weiter. Den Christen teilten wir die neulich von Resdlobs gekommenen Stags zu allgemeiner Freude aus, die Kinder nahmen ihre fertigen Kissen mit - Nach der Christnacht – also öffneten wir unsre Briefe, zuerst den von Dr. Neve, der unsre Gemüter sehr beschäftigte; die guten Nachrichten von unsern lieben Kindern, und die 6 langen Briefe von Geschwister Redslob, füllten, nur flüchtig durchgelesen, unsern Abend bis 11 Uhr aus! Die Weihnachtsfeiertage verflossen still; bei schönem Wetter gingen wir indes nur wie gewöhnlich Abends aus, waren meist mit Briefschreiben und Lesen beschäftigt. Am 3. Feiertag den 27. December. hatten wir am Nachmittag ein Gemeinschafts Essen mit den Christen, wobei Zaka der Koch war, es verlief ganz gemütlich, ich spielte meist mit den Kindern. Die letzten Tage des Jahres wurden, ohne viele andere Arbeiten meist mit Briefschreiben ausgefüllt, da wir bei dem, immer wieder schön werdenden Wetter hoffen, daß die Post noch über den Paß könnt. Shamuel will auch noch gehen; es verzieht sich aber von einem Tag zum andern, da er mit seiner Abrechnung mit Devi Chand nicht in's Klare kommt. [149] [18]83. 31. December. Montag. Heut machten wir unsre Briefe fast fertig. Um 7 Uhr war tibetischer Jahresschluß; der Christbaum wurde noch einmal angezündet; es kamen viele Dorfleute dazu. Nur Dewa Sung fehlte, was beunruhigend war, da er zu Mittag nach Kyor gegangen sein sollte, aber zu keinem Observer-Schreiben zurück gekommen war. Wilhelm schickte Boten nach ihm aus: den Tardod, und den Bu Chung aus dem Dorf; wir warteten in großer Spannung auf ihre Rückkehr. Endlich gegen Mitternacht kam Tardod, mit der Nachricht, sie seien bis Kyor gegangen, hätten dort gehört, daß Dewa Sung längst fort nach Mangon gegangen, dort mit einem Tsedang395 Trashi Arac getrunken, dann Besinnungslos auf der Straße gefunden und in des Garra's Haus in Yurnad gebracht worden sei. Dort fanden ihn die Boten, aber er war zu betrunken, als daß sie ihn 393 394 395

„Parcels“ - engl. - parcels - Pakete, Päckchen. Tibetische Schriftzeichen. „Tsedang“ - Da einige Buchstaben nicht gut lesbar sind, vgl. dazu S. [150], 4.1.1884, dort wird er Tsedan Trashi genannt.

hätten mitbringen können. In Verbindung damit erzählte Tardod noch so manches andre Traurige von Dewa Sung, daß er u.a. Nächte wo anders verbringe Abends spät fort ging und ganz früh zurück käme, gerade wenn Giatsi auch fort wäre, und die ist in der Zeit seit sie wieder hier ist, schon oft in Tscheling gewesen etc. - - Das war ein trauriger schwerer Uebertritt ins Neue Jahr! Nach gemeinsamen Gebet kamen wir erst um 2 Uhr ins Bett. [150] 18[84] 1884. 1. Januar. Nach den Erfarungen der Nacht, waren wir besonders Wilhelm nicht recht frisch. Der Tag verging ruhig Dewa Sung war zurückgekehrt, zeigte sich aber natürlich weder in der Predigt noch sonst. Am Nachmittag leerte ich mit den Kindern den Christbaum ab, und teilte die Waare. 6. Januar. Sontag. In den vergangenen Tagen waren noch keine Schulen, zuerst wurden die Rechnungen und im Haushalt einiges geordnet; einige Näharbeiten vorgenommen u.a. Papas Filzschuhe. Ganz unerwartet machte eines Tages Hari Chand seinen Besuch zeigte seine neue goldne Uhr, bat um Medicin, aber den eigentlichen Grund weiß man nicht. Am 4. Januar Freitag übergaben wir unsre Post (20 Briefe und [Poneste ?]396) samt dem Stag für Mr. Theodore und 1 Ser397 Pulver, dem Tsedan Trashi zum Mitnehmen nach Njungti; er ging an dem Tag noch bis Biling. Am 5. sprach Wilhelm lange liebevoll mit Dewa Sung; es ist so traurig daß eine Unaufrichtig[-] keit nach der andern von ihm bekannt wird, die er aber nicht zugiebt, da man ihn nicht überführen kann. Seit gestern hab ich durch Zureden die Giatsi wieder zum Lesen bekommen. Am 5. Januar gegen Abend machte sich Shamuel endlich wirklich auf den Weg nach Njungti [151] [18]84. wie weit er aber noch heute kommt? Der Himmel hängt voll Schnee. Am späteren Abend kamen Boten aus dem Thasil um zu sagen, daß Hari Chand heftige Schmerzen habe. Wilhelm ging hin und brachte ihm ein Senfpflaster398. Heut am 6. schickte er feierlich einen Dankbrief, daß es ihm wohlgethan. Die Sonne scheint wieder freundlich, neue Hoffnung für Shamuel und die Post. Die Salvation army399 und in Verbindung damit andre Religiöse Gespräche haben 396 397

398

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„Poneste“ – Das Wort ist sehr schlecht lesbar,die Bedeutung ist nicht bekannt. „Ser“ - Hindi - ca. 1kg; vgl. M. H., Brief an Joh. Paul Heyde vom 14.5.1892: „ ...1 Ser 2 Pfund ausmachen“ Vgl. dazu das „Glossar“. „Senfpflaster“ - Die gemahlenen Samen des Schwarzen Senfs werden als Hausmittel zu hautreizenden Umschlägen, Senfpackung , besonders gegen Bronchitis und Lungenentzündung oder zur Herstellung eines Senfbades angewendet. dtv-Lexikon Bd. 16, vgl. dazu auch das „Glossar“. „Salvation army“ - engl. - salvation army - Heilsarmee, eine aus der 1885 von dem Methodistenprediger W. Booth gegründeten Ostlondoner Christlichen Mission hervorgegangene religiöse Gemeinschaft mit militärischer Ordnung. Vgl. „den 2 officers“, S. [169], 17.4.1884.

uns in den letzten Tagen oft beschäftigt 13 Januar. Sontag. (Wochenbericht vom 6 – 13. Januar.) Montag. den 7. Januar Die Schulen für die Xten400 Kinder fingen für dieses Jahr an, wie gewöhnlich mit den 6 bya mo s401 von 11 – 1 Uhr, und von ½ 3 – ½ 5. – Dienstag den 8. Wilhelm ging oder ritt nach Tingtse, um mit Tardod das Inventar der Oekonomie aufzunehmen; Den 10. und 11. Häusel Aus[-] räumen402 X 403 der Leute und unsers, durch Bartsi-Anu, und Nomo. Donnerstag. den 10. Papas Haare geschnitten trägt die Balaclava404. Freitag den 11. Anfang der Männer Unterrichte. Sonabend. Meist Räumen etc. Rindfleisch in Salz eingepökelt. Seit dem Dienstag ziemlich regelmäßig die Hanna und Giatsi zum Verse-lesen und lernen gehabt. Wilhelm seine Rechnungen beendet. Wetter angenehm trübt sich seit einigen Tagen ein, ohne ernstlich zum Schnee zu kommen. Fast all abendlich in der Dunkelstunde einen Rush auf den Biling weg gemacht. Die jetzt mit 10 Blumen blühende Ziclame von Redslobs macht uns Freude. Wir selbst, so wie alle Christen in der Gemein[e] groß und klein sind Gottlob wohl. Heut am 13. Jannuar. Losar d. h. Neujahrsnacht der Karjaer. Alles kommt nach Zwiebeln. [152] 18[84] 20 Januar Sontag (Wochenbericht vom 13. 20 Januar) Die Karjaer begingen ihre Neujahrsfeiern sehr spät, so daß wir wenig davon merkten; in der Nacht aber vom 13 – 14 glaubte Wilhelm ein Erdbeben zu fühlen, sonst hat's Niemand gespürt. Montag den 14. Januar temps! temps! Mittwoch den 16. Januar anfang der großen Strickschule; und zwar mit 7 Kardang Mädchen, meist Großen, und 1 Kyelang Yoker405; am Donnerstag kamen 2 Bilinger dazu. Außerdem natürlich vor- und nach Mittag die Xten Kinder. In dieser Woche fing auch Wilhelm die Männer Unterrichte 2 Mal, und die Frauen Unterrichte 1 Mal, so wie die AbendVersamlungen 2 Mal an. Das Wetter sieht manch[-] mal trüb und Schnee verheißend aus, wird aber immer wieder klar; am Tag ordentlich heiß in der Sonne. Etwas noch nicht da gewesenes ist der Wassermangel im Gehöft, da in Folge des Frostes die Yurra von Kyelang Gong406 gar nicht läuft, oder sehr spärlich, so daß Alles Wasser von chu mig407 geholt werden muß. 400

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„Xten Kinder“, M. H. bezeichnet hiermit die 'Christen'kinder, indem sie das X (griech. Chi), das Symbol für den Namen Christus, als Abkürzung für die von ihr unterrichteten Kinder der Christen wählte. Tibetische Schriftzeichen mit einem angehängten 's' als Kennzeichnung für den Nom. Pl. Der kurze Text „den 10. und 11. Häusel ausräumen“ wurde von M. H. in den Leerraum zwischen dem 8. und 10.1.1884 eingefügt. M. H. hatte den Text „der Leute und unsers, ... Nomo.“ unten auf der Seite ergänzt und mit einem Asterisken gekennzeichnet, doch ohne die Stelle anzugeben, an der sie den Text eingefügt hätte. Da er aber nur zum 'Ausräumen der Häusel' passt, wurde er dort eingefügt. „Balaclava“ - Skimasken werden in England auch 'balaclavas' genannt oder 'balaclava helmets' (Masken, Helme), weil dieses Kleidungsstück auf Grund der großen Kälte im Krimkrieg (Schlacht bei Balaklava, 25.10.1854) getragen wurde. Kyelang Yog: Unterer Ortsteil von Kyelang, in dem sich auch das Missionshaus befand Kyelang Gong: Oberer Ortsteil von Kyelang Tibetische Schriftzeichen (Translit. und Interpretation A.Heine), Bedeutung: ‚Quelle‘.

Eines Abends war Wetterleuchten, aber ohne weitere Folgen für das Wetter. Der Gesundheits-Zustand ist Gottlob ein guter; man hört wenig von Husten und Schnupfen; Wilhelm leidet an rheumatischem Zahnweh; Zaka und Tsang Rintschen hatten Magen beschwerden. Sonnabend den 19. Backtag etc. Dann am Sontag den 20. bekam die byams grol 408das übliche Geburtstagsdeputat. Der Geburtstag soll am 15 Januar festgestellt sein; an dem Nachmittag hatten wir die Martha und ihre Kinder so wie Zaka und Hanna und byams grol409 bei uns zu einer Tasse Thee; es verlief ganz gemütlich. An demselben Abend den 20. Januar sagte uns [153] [18]84 Tsang Rintschen, daß ein Komet sichtbar sei, wir fanden ihn auch bald; er hat aber einen sehr matten, wenig erkentlichen Schweif, während der Stern selber ziemlich groß ist. – An den Aben[-] den wenn ich nähe hat Wilhelm mir immer sehr interessantes aus der Allgemeinen Missionszeitschrift vorgelesen. 21 Januar Montag. Geburtstag des sod pa bde chen410 Am Nachmittag wur[-] de er gefeiert, so daß die Xten Kinder nicht zur Schule kamme[n], und ich allein war mit den 4 von Klein Gong gekommenen Strickmädchen. Stag von Dewi Chand arac und gebackenes was wir mit Aepfeln, die noch recht schön sind, Zwiebeln und 1 p[ar] Strümpfen beantworteten. Bekam plötzlich Schmerzen im rechten Knie. 25. Jannuar Freitag. Einen Guß Talglichter gemacht. Der kleine Sodpa Détschin fiel am Nachmittag vom Dach, in der Leute Garten herunter, aber Gottlob! ohne sich Schaden zu thun. Das gab Veranlassung, daß Wilhelm längst des kleinen Ganges ein Geländer machen läßt, auch an der steilen Treppe Veränderungen vornehmen will. Gleich am Sonnabend den 26. wurde diese Arbeit in Angriff genommen. Wilhelm machte im Garten die Spargelbete in Ordnung mit Ramelie's Hülfe. Gegen Abend beobachtete Wilhelm daß die „unteren Wolken“ vom Süden nach Norden zogen! Das Wetter ist überhaupt ungewöhnlich für diese Jahreszeit! Viel trübe, ohne Schnee mit lauen Frühlingslüften. 27. Januar Sontag In der vergangenen Nacht heftige Ost Winde, die sich auch heut am Tage wiederholen. [154] 18[84.] Heut am 27. Januar: trat die Einrichtung ins Leben, daß am Vormittag nur die tibetische Predigt gehalten wurde, während das Lesen der Litaney mit eingeschobener Epistel-Lectüre und einigen Versen, am Nachmittag statt[-] fand. Nach der Versamlung die neulich gekommenen Oelbäckereien vom Dsch[o]/jo411 an die Christen verteilt

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Tibetische Schriftzeichen, Eigenname. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname. Tibetische Schriftzeichen, Eigenname.

Sontag. den 3. Februar. (Wochenbericht vom 27 Januar bis 3. Februar.) Es ist wol nichts außerordentliches passiert. Schulen Vor- und Nach[-] mittag in gewohntem Gang; ebenso Wilhelm's Arbeiten; nur am Dienstag Abend fiel wegen dem heftigen Schnee wetter die Versamlung aus; außergewöhnliche Arbeiten waren „Lichter gießen“, und Essig aufsetzen. Am Freitag war Gotse mit nicht endendem Getrommel im Dorf. Die Giatsi ist wieder seit 3 Tagen in Tscheling. Der Gesundheits[-] zustand ist im Ganzen gut. Wilhelm leidet öfter an Zahnund Ohrenweh; und ich habe die ganze Woche seit Montag oft arge Brust- Magen- und auch Herz Schmerzen; es scheint rheumatisch zu sein; vermehrte warme Kleidung täglich ein par Pillen, und 1 Salbenpflaster auf der Brust haben dafür gut getan. Die Kälte ist doch noch bedeutend, und wir beide sind empfindlich dafür, und recht anfällig. Heut am Sontag trat wieder eine neue Einrichtung ins Leben; nach der NachmittagsVersamlung hielt Wilhelm eine Sontags-Schule oder etwas ähnliches mit den Christen groß und klein. Gestern und heut Schnee Wetter! [155] [18]84. Nachträglich. In der letzten Januar Woche fingen die Christen Kinder an phra yig412 Schreiben zu lernen; ich will mich auch darin üben. Danas Kinder nahmen ihre neuen fertigen Hosen in Gebrauch. 4. Februar. Montag. den ganzen Tag tüchtig geschneit, dabei heftiges Stöberwetter. Shamuels Kinder konnten natürlich nicht kommen; auch die Klein Gonger Strickmädchen waren nicht im Stande zu komen; so fielen die Schulen eigentlich aus, nur Dana's Kinder kamen am Nachmittag stricken und lesen. Benutzte den freien Tag um meine Babus neu zu überziehen und zu besohlen. 5. Februar. Dienstag Wetter wieder klar recht schön aber kalt. Schulen wie gewöhnlich. Wilhelm ließ das Kastoröl413 von Mr. Baring in Flaschen füllen. 6. Mittwoch wieder schön. Beschäftigungen wie gewöhnlich, was mich betrifft. Wilhelm hat – wie in der letzten Zeit – so heut ganz besonders heftiges Zahnweh und Reißen, daß er ganz arbeits unfähig ist. Ich hatte in den letzten Tagen besonders am Montag heftige Schmerzen um die Herzgegend, (ob rheumatischer Art?) die mich zum ernstlicheren Holloway's Salben Gebrauch,- und zum fortgesetzten Pillen nemen antreiben; es geht zwischen ein Gottlob auch immer leidlich. Auffallend ist in den letzten klaren Tagen wieder der bräuliche414 Kreis um die Sonne, und die Abendbeleuchtung von 6 – 7 Uhr und später. Der Himmel im Osten fast grünlich im Westen schön, prächtig, lieblich rot. 411

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„Dsch[o]“ - M. H. hatte unter das in lateinischen Buchstaben geschriebenen 'Dsch[o]' noch einmal 'jo' in tibetischen Zeichen geschrieben. Tibetische Schriftzeichen: phra yig - die von A. Heine vorgeschlagene Interpretation als ‚Feinschrift‘ ist nicht gesichert, denn tibetische Schriftzeichen allgemein werden als ‚bod yik‘ bezeichnet, für ‚Kopfschrift‘ steht der Begriff ‚dbu can‘ und für ‚Kursive‘ steht ‚dbu med‘ „Kastoröl“ - laut Duden, Bd. 1 - ist Kastoröl die Handelsbezeichnung für Rizinusöl. „bräuliche“ - M. H. schrieb wiederholt 'bräulich' statt bräunlich.

[156] 18[84.] 7. Februar Donnerstag. Wilhelm ist recht unwohl; In der vergangenen Nacht brachten wir die Betten in die Wohnstube und schliefen hier. Unterricht und Morgensegen fielen natürlich aus. Wilhelm ist trotz meiner Schulen ganz oben; er hatte starkes Fieber, und erbrach sich auch einmal das heftige Zahnweh hörte plötzlich auf; doch hat er rheumatische Schmerzen im Kopf, und besonders im Ohr, und fühlt sich im ganzen krank. 9. Februar Sonnabend temps temps! 10 Februar Sonntag. Wilhelm geht es Gottlob besser wenn auch noch lange nicht gut; er ist mit seinem Rheumatismus natürlich sehr empfindlich gegen Kälte und Zug. Wir schlafen allnächtlich in der Wohnstube; schaffen Abends die Betten herein, und morgens heraus; es ist aber auch bitter kalt besonders in dieser Woche. Das Wetter ist klar. Die Wohnstuben-Fenster sind überaus stark gefroren von Oben bis Unten alle Morgen. Papa arbeitet und schreibt wieder hält sich aber ganz in der Wohnstube auf, wo er es wärm[er] fühlt als in seinem Stübchen. – heut am Sontag konnte Wilhelm Gottlob die tibetische Predigt halten; nein es war nicht eigentlich Predigt, sondern die Taufe des kleinen Dewa Sung Dana. den 10 Februar415 Derselbe ist bis jetzt ganz wohl und munter, ebenso die Mutter. Auch sonst sind Erwachsene und Kinder in der Gemeine gesund. In der Taufe war (wol zufällig) der junge Gungrang Dscho, mit seinen Kyelang Gonger [157] [18]84. Begleitern. Namgyal, und Drug Drug! Der Dscho bat um ein Urdu416 Evangelium, das er erhielt; auch bekamen sie die erbetenen Krautköpfe aus der Grube. Am Nachmittag war keine Versamlung; wir verbrachten denselben still in der Stube; Wilhelm las im „Christian“417, ich machte, die von Elly gestikte Sammet Kappe für Papa fertig. In der letzten Woche ist durch Papas Kranksein, unsre hübsche „Funke Lectüre“ unterbrochen worden, womit Wilhelm mich an den Abenden erfreute; dagegen wurde das Lesen des 4ten Buches Mose Numbers418, mit Henry's Erklärungen fortgesetzt, gewöhnlich nach dem Essen beim Kaffe, was anregend und interessant ist. Die Ciclame macht uns Freude; sie hat es zu 34 – 35 Blumen gebracht die zugleicher Zeit blühen, außer vielen noch folgenden Knospen. Das Wetter ist klar, scharf kalt. Der Sonnen Ring fortgehend. 11. Montag Nachmittags kamen keine Dorfmädchen zur Schule weil sie in's Kloster zum phyag phul len419 gegangen waren. 415 416

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„den 10. Februar“ ist über der Zeile eingefügt worden. „Urdu“ - ist heute Staatssprache in Pakistan; es ist mit dem in Indien gesprochenen Hindi identisch, wird jedoch in arab. Schriftzeichen geschrieben; vgl. dazu das „Glossar“ „Christian“ - engl. - der Christ, christlich - eine Zeitschrift? „Numbers“ - engl. - Zahl, Zählungen; latein - numeri. Das 4. Buch Mose trägt den Namen Numeri - 'Zählungen', weil es mit der Zählung bzw. der Musterung der Männer Israels beginnt. Tibetische Schriftzeichen mit angehängtem 'len' in deutscher Kurrentschrift; ‚phyag phul‘ = ‚Ehrbezeugung‘ (Interpretation A.Heine).

12. Februar. Dienstag. Wilhelm geht es Gottlob so weit besser, daß er heut den Männer-Unterricht, und die Abend-Versamlung halten konnte; da es in seiner Stube unten sehr kalt ist, hält er sich mehr Oben auf am Tage. Nachmittags kamen außer den Kardang-Mädchen, auch die gestern ausgebliebenen Ky[èlang] Gonger, und zwar – 3 von ihnen – um ganz zu kündigen. Das muß ihnen wol Jemand auf dem gestrigen Klostergang eingeredet haben, denn es schien als ob sie von selbst (auf meine Fragen) ungern fortblieben. [158] 18[84.] 12. Februar. Während der Vormittags Schule bekam ich heftiges Kopfweh, das sich am Nachmittag sehr steigerte, und in Brechen endigte, verbrachte einen miserablen Abend. Unerklärlich woher es kam. 13. Februar. Mittwoch. Denièds Geburtstag. Keine Schulen. Gottlob wie[-] der wohl. Vormittags etwas zu Wilhelms Geburtstag gebacken; besuchte bei Shamuels. Dort war später eine Christen Einladung, wobei die Männer sich betranken, und es zu argem Zank kam, wovon wir am Abend durch die lauten Stimmen etwas hörten. 14. Februar. Donnerstag. Wilhelm nahm früh beim Unterricht mit den Männern die gestriche Sache gründlich durch; zum Grunde liegt noch der Verdacht. Tardods gegen Dewa Sung wegen Giatsi; es muß zu tollem Auftritt gekommen sein, was der vielen dabei gegenwärtig gewesen Kinder halben besonders zu bedauern ist. Es wurde auch mit ihnen indirekt gesprochen. 15. Freitag zwischen den Schulen Stuben Aufräumen gehalten, um morgen frei zu sein. 16 Februar. Sonabend. In aller Stille ohne besonders große äuße[r] liche Feier durften wir Wilhelm's Geburts420 dankbar vergnügt feiern. Früh im Unterricht hatte Papa mit den Frauen, wegen neulich chang421 trinken u.s.w. gesprochen. Eine schöne große Blume Blumenkohl aus der Grube, schmeckte am Abend in der Suppe vortrefflich. [159] [18]84. 17. Februar Sontag. trüber, etwas Schneiger Tag; wie gewöhnlich verbracht. Predigt um 11 Uhr, Nachmittags Litaney und Sontags Schule; sonst gelesen etc: Unsre Funke Lectüre war die Woche durch das Unwohlsein unterbrochen, dagegen las Wilhelm die, von Simla gekommenen „Christ[ians]. und teilte daraus mit, was häufige Gelegenheit zu Gesprächen über christliches Leben, und xliche 422Thatigkeit bot. – Wir schlafen noch immer in der Wohnstube. – 18. Februar. Montag. brams pa bde ba's423 Geburtstag. Schulen fielen aus. 24 Februar Sontag. (Wochen-bericht vom 18 – 24) So weit ich mich zurückerinnere nichts absonderliches pas420 421 422 423

M. H. hat bei „Geburts“ das 'tag' vergessen. Tibetische Schriftzeichen: chang - das Gerstenbier, vgl. dazu S. [128], Anm. 323. „xl. Thatigkeit“ - 'christliche Thätigkeit' ; zu 'x' vgl. oben, zu S. [151], Anm. 383. Tibetische Schriftzeichen mit einem angehängten 's als Genitivkennzeichen; Eigenname.

siert. Schulen, Unterrichte, Versamlungen ungestört im Gang. Wilhelm hält sich mit seinen Schreibereien noch ganz in der oberen Stube auf; wir beide sind schnupfig und hustig; ebenso einige der Christen Kinder; - In dieser Woche starb der glang to424 in unsrer Oekonomie in Tingtse in Folge von, Stoßen und herunterstürzen, was der yag425 ihm zugefügt. – Die kye lang er426 hatten eines Tages Hexenbrennen“ vor ihren Häusern. In den letzten Tagen mit Zurüstungen zu einer Xten Einladung beschäftigt, die am Sontag – als Wilhelms Geburtstagsfeier statt finden soll. Heut am 24. fand dann diese Einladung statt in unsrer Wohnstube mit sämtlichen Christen 8 Erwachsenen, und mit den Kleinsten) 14 Kindern; es verlief Gottlob so weit gut. wir gaben Thee, Kräppel, Brod, mit Fleisch, Gepottetem427, und Aprikosenmus. – Die Ciclame hat jetzt, außer Knospen, und abgewelkten Blumen, 52 blühende Blumen. – [160] 18[84.] 26 Februar Dienstag. Es giebt einiges Unwohlsein in der Gemeine. Die Anna, die schon länger nicht flott ist, konnte heut nicht in die Schule kommen; auch Denièd mußte zu Hause bleiben, da ihre Mutter unwohl war. Schneiges Wetter. tshe bcu428 der Kyèlanger. 27. Februar Mittwoch. Das Hauptgespräch des Tages, besonders durch die Xten Kinder auf die Beine gebracht, war der Brand in Kyè[lang] Gong; In der vergangenen Nacht war – nach dem tshe bcu429 durch Unvorsichtigkeit Feuer ausgebrochen in des Urgien Tsering Haus. Fest schlafend hatte niemand etwas davon gemerkt, bis ihr dzod430 und darin besonders viele Decken cha li's431 u.s.w. verbrannt war. Zuverlässige Nachrichten waren schwer zu bekommen. Trotz des nassen schneigen Wetter's währte es Stunden lang, bis das Feuer gelöscht werden konnte. 28. Donnerstag. Es schneite und stöberte fast den ganzen Tag, so daß am Vormittag die Schule ausfiel, am Nachmittag aber aber432 nur schwach besucht war. Beschäftigte mich den ganzen Tag fast mit Schulstrümpfen. 29. Februar Freitag. Nach dem tüchtigen Schnee Tag und Blitzen in der Nacht, heut klares freundliches Wetter. Die Hanna ist seit 3 Tagen krank, die andern Patienten besser. Wilhelm und ich haben es noch immer auf der Brust und im Halse.

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Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung ‚Ochse‘ (Interpretation A.Heine) Tibetische Schriftzeichen: yag – es ist ein 'Yak' gemeint. Tibetische Schriftzeichen: kye lang und ein in Kurrentschrift angehängtes 'er' - die 'kye lang er'. „Gepottetem“ engl. ‚potted‘ = ‚eingemacht‘, ‚eingelegt‘ mit Vor- und Endsilbe entsprechend deutscher Grammatik, also - vielleicht – ‚mit Eingekochtem‘. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung unbekannt. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung unbekannt. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚ihre Vorräte‘, evtl. auch ‚ihre Habe‘. Tibetische Schriftzeichen: cha li 's - vgl. S. [135], 27. October 1883, „ ...Ziegenhar Decken (Challis). „aber“ wird zweimal notiert.

[161] [18]84. 1 März Sonabend. Wilhelm arbeitet, (schreibt, studiert) in Redslobs Wohnstube, die gefeuert wird. Ich den Tag fast ganz mit Schulstrümpfen beschäftigt. Wetter schön klar! In dieser Woche die gemeinsame interessante Funke-Lectüre beendigt. 2 März Sontag. Wie gewöhnlich die Versamlungen, und Nachmittags Sontags Schule, an der Alle teil namen. Die Ciclame hat über 60 frische Blumen.433 4 März Dienstag. Den ganzen Tag ununterbrochen geschneit die Kardang Mädchen kamen nicht, nur die beiden Bilinger mit den Xten Kindern waren in der Schule. Gegen Abend und auch noch später heftiges fast Sturm-artiges Stöberwetter! Früh gebacken, und sonst allerhand Wirtschaftliches besorgt. Wilhelm hat sich ganz in Redslob's Stube etabliert. 5. März Mittwoch. Klar. Nach dem gestrigen tüchtigen Schnee, gabs ordentliches Schnee Schaufeln im Gehöft. Schulen wie gewöhnlich. 4. März temps. temps! 6 März Donnerstag. chos 'a dzin's434 Geburtstag. Keine Xten Kinder Schule, Nachmittags die Kardanger. Am 8. März 5 Flaschen guten Port im Keller entdeckt! Von wenn?435 Freitags die Kinder bunte Kattum Lätzel nähen lassen. 9. März Sontag Ununterbrochenes Schneien den ganzen Tag. Versamlungen und Sontags Schule wie gewöhnlich In der vergangenen Woche hat Wilhelm Diarium geschrieben Nach der Funke-Lectüre hat Wilhelm die Bücher von St Clair Paterson vorgenommen zuerst „Studies of life“436 voraus437 er höchst Interessantes manchmal mitteilte. Dann „the human body“438. – Die Ciclame hat 80 Blumen in flor. [162] 18[84.] Den 16. März Sontag. (Wochen Bericht vom 9 – 16 März) Nichts Absonderliches, (so weit ich mich besinne) passiert. Meist Schnee Wetter, und z. T. recht haftiges439. Wilhelm haußt Briefe schreibend in Redslobs Stube; er hat viele Beschwerden mit seinem Magen, besonders Sodbrennen etc. Versamlungen Unterrichte, Schulen, in gewohntem Gang. Die Kardanger bekamen einmal Kartoffeln. – In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch am 11. März schliefen wir wieder zum ersten Mal wie sonst, in unsrer Schlafstube, nachdem wir über einen Monat lang täglich die Betten in, und aus der Wohnstube geschafft. hatten. Am Sonabend endlich klares Wetter, aber der 433

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Der Text „Die Ciclame hat über 60 frische Blumen.“ wurde in dem Leerraum nach dem Eintrag vom 2.3.1884 eingefügt. Transkribierte tibetische Schriftzeichen mit einem angehängtem Genitivkennzeichen 's' in Kurrentschrift, Eigenname. Der Text „Am 8. März ... von wenn?“ wurde in dem Leerraum nach dem 6. März 1884 eingetragen. „Studies of life“ - engl. - Lebensstudien (?). „voraus“ - verschrieben statt - woraus. „the human body“ - engl. - der menschliche Körper. „haftiges“ - verschrieben statt - heftiges.

gewisse Dunstkreis um die Sonne will noch nicht weich[en] Wilhelm liest jetzt „Health-Studies“440, ich habe „The Pilgrims Progress“441 angefangen; wir lesen uns gegenseitig vor. Im Lauf der Woche kalbte eine Kuh von uns. Die kleine Trinan ma. Heut am Sontag ist wieder prächtiges Wetter. Wir hatten zum Mittag-Essen die Martha und ihre Kinder eingeladen, was ganz befriedigend verlief. Versamlungen, SontagsSchule, etc. wie gewöhnlich. Im Gehöft Gottlob alles gesund. Den 17. März Montag. Früh in der 8. Stunde ein recht fühlbares Erdbeben. Das Wetter war außerordentlich klar. Die [163] [18]84. Christen-Kinder tummelten sich Stundenlang auf dem festen kha ras herum (und waren natürlich in der Schule ganz hin). auch wir Wilhelm und ich gingen innerhalb des Gehoft's ein wenig darauf hin. – Tsensin brachte die ersten Weiden Mietzel. 18. März Dienstag Heut kamen weder Kardanger, noch Bilinger, so daß die Xten Mädchen allein zur Schule waren. Unsre Schafe von Tingtse kamen herunter, um die Weiden abzufressen, die heut anfingen gekappt zu werden. Die große Dsomo wird von heut an nicht mehr gemolken. Wilhelm sprach längere Zeit mit dem Maho[me]d Backsch in der Veranda. 19 März. Das große Ereignis des Tages welches die Gemüter erfüllte, war: daß in der vergangenen Nacht, ein (oder mehre) shan442 Schnee Leoparden in des Nachbar's Njurub shar na443 am Tatscha Weg eingebrochen ist, und 40 Schafe getödet hat. Scharen weise strömten zu Mittag die Dörfler, mit Aexten, und sonst allerlei Waffen heraus; auch Zaka wurde aufgefordert zu kommen. Doch wurden die shan444 natürlich nicht erlegt; ihre Spuren verloren sich nach Shaka lungpa zu; sie sollen – man spricht von dreien – im Zong hausen. Wetter klar und schön. 20 März. Heut früh kam die Nachricht daß unsre Dsomo in Sarjing, die X neulich kalbte, in der Nacht krepiert ist XNein eine andre ist krepiert445 Seit gestern haben wir anfangen, täglich am Morgen die Dshamdrol in die Stube zu rufen, um ein Bischen zu Stricken. Den ersten Anfang zu dieser Kunst hat sie bereits von Anna gelernt. Im Dorf ist Getrommel, wegen dem bla ma chod pa446

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„Health-Studies“ - engl. - Studien zur Gesundheit. „The Pilgrims Progress“ - vollständiger englischer Titel: The Pilgrim's Progress from this World to That Which Is to Come.“ - 'Des Pilgers Fortschritt von dieser Welt zu der, die kommen wird.' Deutscher Titel: Eines Christen Reise nach der seeligen Ewigkeit. 1699. Das Buch wurde von dem gelernten Kesselflicker und Soldaten John Bunyan, später einem Mitglied der Baptistengemeinde, im Gefängnis geschrieben, weil er sich nicht der Anglikanischen Kirche unterstellen wollte. Tibetische Schriftzeichen : shan - Schneeleopard. Tibetische Schriftzeichen. Tibetische Schriftzeichen: shan. M. H. hatte den Text „Nein eine andre ist krepiert“ unten auf der Seite ergänzt. Da der Text aber nicht gerade gut zu der Stelle passt, die sie durch einen Asterisken gekennzeichnet hatte, wurde er am Ende der Zeile eingefügt Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: Eine Opferzeremonie

[164] 18[84] 22. März Sonabend. Den ganzen Tag fast geschneit. Ich fing an Brief zu schreiben an Elly. Gegen Abend fing's an sich aufzuklären. Stodpa's kamen auf ihrem Weg nach Njungti in's Thasil, was wir zufällig hörten, sie wollten morgen früh weiter gehen, und unsre Post mitnehmen; so schrieb ich am Abend in großer Eile, während Wilhelm seine vielen fertigen Briefe zumachte. In der 11. Stunde schickten wir durch Dana, das Briefpäckel in's Thasil. 23. März Sontag. Als wir aufstanden schneite es heftig; die Leute konnten nicht fort; so schrieb ich auch einen Brief an Paul. Versamlungen wie immer. Am Nachmittag in das tüchtige Schneien hinein ein heftiges Gewitter, mit Donnern und Blitzen. Abends Gelesen. - Kopfweh. 23 März temps temps! 24. März. Montag. Früh den Brief an Paul fertig gemacht; Das Wetter wird klar, die Leute wollten zu Mittag fort, mußten ein wenig warten bis ich ein Briefchen an Gerhard geschrieben. Dann wurde ihnen den Stodpas, unsre erste Post zum mitnehmen nach Njungti übergeben; beim schönsten klaren Himmel gingen sie ab. Wilhelm beschnitt und salbte heut seinen Bart. Vom Montag bis Freitag den 28. nichts Besonderes erinnerlich Den 28. März kamen die ersten Leute aus Njungti hier an, meist Bunaner, hatten aber keine Post für uns. 28 März Wilhelm säete Selerie vorn im Garten [165] [18]84 Sonabend. den 29. März Nachmittags kam die erste Frühjahrs Post an, durch Samna von Mantschatt; sie war überreich an Papers447 etc. auch verschiedentlich Briefe mit guten Nachrichten. Das Haupt Ereignis für uns ist ein Brief von Elly mit der Anzeige ihrer Verlobung mit Bruder Erdmann, ferner, die Erlaubnis in Ladak ein Haus zu bekommen. Die Ankunft von Redslobs und Webers in Poo am 8. December. Viel Freude und Aufregung und Dank. 30. März Sontag. Der heftige Schnee bis zu Mittag bekümmerte uns wenig. Die gestrige Post, namentlich die Nachrichten von Shamuel über Salvationists448 gaben Gelegenheit zur Unterhaltung mit den Christen. Versamlungen etc. wie immer. Alles Gottlob gesund. Die Giatsi ist wieder Tage lang in ihrem Haus gewesen. – Das Geländer, und die verbesserte Treppe zu Drogpa's brang sa449 wurden in den vergangenen Tagen beendet. – Am Donnerstag den 27. kam die neue Milchkuh klein Trinan ma herunter – Der shan450 soll beim Parlapangpa ein Schaf geraubt haben ? ? 31 März Montag. Der lange Tsering in Kyelang Gong ist heut an 447 448 449 450

„Papers“ - engl. - u. a. Zeitungen, Zeitschriften. „Salvationists“ - engl. - die Mitglieder der Heilsarmeee, vgl. 6.1.1884, S. [151], Anm. 382. Tibetische Schriftzeichen: brang sa , vgl. 3. 9. 1882, S. [51], Anm. 132. Tibetische Schriftzeichen: shan, vgl. 19.3.1884, S. [163], Anm. 424.

der Wassersucht gestorben. 1. April Dienstag. Unsre Schafe wurden geschoren im Dangra. – 3. April Donnerstag. Wir hörten daß ein von Hari Chand privatum abgeschickter Stodpa nach Njungti gehe; eilends wurde daher ein Brief an Elly geschrieben, und die Vormittags Schule aus[-] fallen gelassen. Wilhelm schrieb auch noch. [166] 18[84.] am 3. April Abends, wurde (Nachdem die Thassil Leute ihre Briefe geschickt) der Post Sack zugesiegelt, und nach dem Thassil geschickt, um morgen früh nach Njungti abzugehen; an dem 3. April. früh kam Drogpa chung ngu451 vom Zong Yurra zurück mit der Nachricht452, daß er dort 2 shan's453 von Nahem gesehen, ebenso eine Gesellschaft. skyin's454. Von letzteren brachte er die Ueberreste von zweien455 mit, die die Schneeleoparden getödtet, und halb aufgefressen hatten. Die Yurra ist Gottlob nirgens eingefallen, alles im Stand. Morgen früh wollen unsre Christen Jäger auf shan456 Jagd gehen. Wetter schön. 4. April Freitag. Als wir aufstanden lag nicht wenig Schnee, und schneite tüchtig. beinahe den ganzen Tag. Dazu Gewitter keine Nachmittag Schule. Wilhelm gelesen, ich genät. Ade! Post Abgang! Ade! shanjagd457! 5. April. Sonnabend, es klärt sich, aber nicht entschieden; ruhiger Tag. Die Azalie blühte heut endlich auf, nachdem die Knospe lange Zeit zur Entfaltung gebraucht. Die Blume ist schön rot, mit 5 Blumenblättern, 8 langen den der Lilien ähnlichen Staubfäden; ganz aufgeblüt hat sie 3 Zoll im Durchmesser. Die Ciclame ist noch immer im Blüten[-] flor! 6. April Sontag Palmarum. Wetter wie gestern; nichts besonderes vorgekommen. 7 April Montag. Schluß der großen Strickschule! Auszahlen der Dorfmädchen! Forträumen der Wolle! [167] [18]84. 7. April machte Wilhelm mit Ramelie die Frühbete, und säte Gemüse Samen. Wetter Aprilmäßig 8. April Dienstag Xten Kinder Schulen. Nachmittags Schluß und Auszahlen. Wilhelm hatte das ausführliche Sprechen der Xten Männer. 9. April Wilhelm sprach die Frauen. Ich war beinahe den ganzen Tag mit Strümpfe platten und durchsehen beschäf451 452 453

454

455 456 457

Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung unbekannt (eilig?) „mit der Nachricht“ wurde über der Zeile eingefügt. Tibetische Schriftzeichen mit einem in Kurrentschrift angehängtem -'s als Kennzeichen für den Nom. Pl.: shan's = Schneeleoparden. Tibetische Schriftzeichen mit einem in latein. Buchstaben angehägtem Nom. Pl. -'s -. Es handelt sich möglicherweise um Steinböcke. „von zweien“ wurde über der Zeile nachgetragen. Tibetische Schriftzeichen: shan. Tibetische Schriftzeichen: shan mit einem angehängtem „jagd“ - shanjagd.

tigt; eine unverhofft ankommende Post (u.a. mit ausführlichen Briefen von Redslob's aus Poo) brachte uns ganz aus dem Conzept.10. April Grün Donnerstag. Die Versamlungen wie immer. Scheiges458 nasses Wetter. Abend Tibetisches heiliges Abendmal, an dem Alle außer Tsang Rintschen teil namen. 11. April Char freitag. Die Versamlungen, wie alljährlich. [Da] es wieder schneite und näßte, luden wir die Marta, und ihre Kinder zum Mittag Essen ein. 12. April Großer Sabbath. Es schneite den ganzen Tag. Vormittags wie gewöhnlich Stuben aufräumen, Backen etc. Nachmittags die Schulstrümpfe zum großen Teil durchgesehen, und fortgeräumt. Die Christen Familien bekamen Kartoffeln und Zwiebeln. - 13. April Oster Sonntag die Sonne schien wieder einmal. – Wir beteten früh die Deutsche Oster Litaney. Später die tibetische: vor der Predigt. An ein draußen beten war nicht zu denken, wegen dem noch liegenden Schnee und der Nässe, auch wurde es wieder trüb. Ganz unvorbereitet, und un-459 [168] 18[84.] ungeplant, veranstalteten wir am Nachmittag einen einfachen kleinen Thee für alle Christen Erwachsenen und Kinder, was sich ganz gemütlich machte. Nachher in der 6 ten Stunde gingen wir, nach langer Zeit wieder einmal zusammen spazieren, und zwar, auf schönem, wenig kotigen Weg bis zum Shaga lungpa! 14. April Montag 2. Feiertag. Vormittags Predigt. Nachmittags hauptsächlich mit dem Zurechtmachen der kleinen Stramin Arbeiten für die Christen Kinder beschäftigt. Unsre Elly hat neulich etwas Material dazu geschickt. Dann gingen wir bis zur Biling-Schlucht spazieren 15 April Dienstag. Wilhelm schrieb Briefe; ich fing an, an Schwester Redslob zu schreiben. Fing auch an Strietze zu backen. für den kommenden Sontag. Die Schulstrümpfe fertig geordnet. Der erste Europäer Mr. Mac[k]ay von Manali kam nach Kyèlang in HandelsAngelegenheite[n] wir sahen ihn nicht!460 16 April. Mittwoch. Backen, Briefschreiben.Die tibetischen Kinder ein wenig gehabt; zum Stramin nähen. was ihnen viel Freude macht. An dem Abend gab's ziemlich Not und Aufregung wegen Drogpa's 2 kleinen Kindern. Giatsi ist schon seit gestern früh in Tsheling; Drogpa ging, sie zurück erwartend, nach „Oben“. Am Abend weinten dann die Kleinen namentlich chos skyid461 bitterlich nach Vater und Mutter. Zacka's namen sie für die Nacht zu sich; es gab aber viel Gerede und Unruhe; s' ist auch arg von Giatsi! 17. April Donnerstag. Wilhelm ließ am Morgen die Giatsi von Tschéling rufen. Am Nachmittag kam Shamuel von Njungti zurückkehrend, wohlbehalten hier 458 459 460

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„Scheiges“ - verschrieben statt - Schneiges - schneeiges. „un-“ wiederholt M. H. zu Beginn der folgenden Seite in - „ungeplant“. Der Text: „Die Schulstrümpfe ... wir sahen ihn nicht!“ wurde von M. H. nachträglich in den Leerraum nach dem 15. und vor dem 16. April eingefügt. Tibetische Schriftzeichen: chos skyid, die kleine Tochter von Giatsi und Drogpa.

[169] [18]84. an. So erhielten wir auch an dem selben Tage noch die erste regelmäßige Post mit allerlei lieben und wichtigen Briefen, namentlich vom Schwieger-Sohn Wilhelm samt seinem Bildnis. etc. Shamuel hatte den ganzen Winter in Njungti verbracht, wegen seinen Geldangelegenheiten. Er war besonders erfüllt von den „Salvationists die sich in Kullu nieder zu lassen gedenken; und dort schon einen Bekehrten in der kurzen Zeit bekommen hatten. Shamuel hatte viel Umgang mit ihnen (den 2 officers“462). 18. April Freitag. Es gab heut allerlei häusliches zu tun zum morgenden Geburtstag und der daran hängenden Christen Einladung, zu der wir mit Shèrabin allein den übligen Reis und Fleisch zubereiten. 6 Strieze sind fertig gebacken 18 April temps 19. April Sonabend. Still vergnüngt463 und dankbar ohne besondere äußere Feier den Tag verbracht. Ich spielte am Nachmittag mit den kleinen Kindern in der Veranda. Wilhelm hatte die blühende Azalie, und die noch immer blühende Ciclame auf einem Putztischchen zusammen gestellt, in der Mitte die lieben Kinder im Bilde. Papa hatte schon längere Zeit Not mit Schnupfen dza ma464 Kopf. den er nicht los wird; seit einigen Tagen kehrt Ramelie Garten und Gehöft, da der Schnee beinahe weggeschmolzen ist. 20. April Sontag Das Haupt Ereignis war also das große gron465 für sämtliche Christen oben in unsrer Stube, wozu wir (wie gesagt Alles selbst zubereitet hatten; es gab keinen chang466, war aber sonst, glaub ich, das Essen ziemlich gut, und verlief auch sonst ruhig und gemütlich; Gegen Abend schneite es plötzlich ganz tüchtig. [170] 18[84.] 21. April Montag. Die Schulen der Christen-Kinder fingen nach längerer Unterbrechung wieder an; es war aber nicht viel los, da fast alle Schnupfig sind, und schwere Köpfe haben. Fing auch an die Lydia mit Dchamdrol467 am Morgen zum Stricken kommen zu lassen, wobei es aufs Neue viele Geduldsproben giebt. Außer der ersten noch blühenden Blume der Azalie, sind noch zwei andere Aufgeblüt. 25. April Freitag. In den letzten Tagen ist nichts besonderes passiert. Wilhelm (immer noch schwer im Kopf) schrieb Briefe, und beaufsichtigt die ArbeitsLeute, die teils hinter dem Dorf arbeiten, außer denen die das Tserma468 auf der Hofmauer erneuen etc. Ramelie kehrt das Gehöft. Heut an Anna's Geburtstag ist keine Schule. Wilhelm war oben, ich schrieb und arbeitete

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„(den 2 officers“)“ - engl. - den 2 (Heilsarmee-)Offizieren; vgl. dazu S. [151], Anm. 382. „vergnüngt“ - statt - vergnügt. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung unbekannt. Tibetische Schriftzeichen, Bedeutung: ‚Festessen‘ vgl. dazu den 19.8.1883, S. [119], Anm. 302. Tibetische Schriftzeichen: chang - Gerstenbier. „Dchamdrol“ statt - Dschamdrol. „Tserma“ - tibet. (?) - Dornen(-gestrüpp) (?) - da M. H. am 2.5.1884 dazu schrieb: „die Dornen sind rings auf die Mauern gelegt.“

allein; ging ihm469 Abend ein Stückchen entgegen. Post! Lieber langer Brief von Elly, der uns einen glücklichen Abend bereitete. 26. [Aprie]l Sonnabend. Wilhelm war fast den ganzen Tag Oben, Weizen verkaufen, ich hatte vormittags allerlei Wirtschaftliches vor. Wetter wie jetzt inner470 meist schön; gegen Abend kühl. (Die am 18. eingetretene temps! ist noch nicht vorbei) 27 April Sontag. Wie gewöhnlich; Nachmittags SontagsSchule mit den Christen. 4 May. Sontag. (Wochenbericht vom 27 April. – 4 May). Am Montag den 28. kam ein Sahib Major Yule an, er besuchte gegen Abend. Dienstag den 29. früh besuchte Harri Chand ganz unerwartet, (ich war mitten im Brodbacken) [171] [18]84. er brachte seinen niedlichen 7 Monate alten Sohn zum Ansehen, der wurde unruhig, darum der Besuch kurz. Er brachte Zucker wir etwas Spielzeug als Gegengeschenk. Zum Thee kam wieder Major Yule kaufte Strümpfe Der 30 April Mittwoch war ein besetzter Tag, der in den letzten Tagen geschriebene Brief an Elly wurde beendet, einer an Paul geschrieben. Wilhelm hatte seine Briefe vorher fertig. Er ging nach Tingtse Weizen verkaufen. Zum dinner hatten wir Major Yule eingeladen, was trotzdem das wir in der Stube kochten, und die Milch schließlich überlief, ganz passabel abging. Freitag den 2. May wurde im Gehöft gepflügt, gleich darauf Kartoffeln gelegt, was an demselben Tag fertig wurde. Da die Kartoffeln knapp sind, wurde ein großer Teil derselben für die Aussaat zerschnitten. Wilhelm ging gegen Abend nach Kyildong Weizen abwiegen. Seit gestern ist Anu der Gärtner in den Dienst eingetreten, Ramelie hilft, sie hat in der letzten Zeit beständig gearbeitet am Reinigen des Gehöftes; dasselbe sieht nun ganz sauber aus, die Dornen sind rings auf die Mauern gelegt; auch Redslobs Gärtchen ist rein gemacht, indemselben blühen reichlich Veilchen, auch Schneeglöckchen, und andere Blümchen. Am 1. May ließ Wilhelm Erbsen, Zwiebeln, und allerlei Rüben Sorten in die frisch gemachten Beete legen. Am 29. April. fanden wir den ersten Spargel. Am Montag waren Drogpa's mit ihren Kindern heraufgezogen. Die ganze Woche war keine Schule, damit die Kinder bei ihren Feld- und Pflüge Arbeiten helfen könnten. [172] 18[84.] 4 May Sontags. Wie gewöhnlich die Sontagsschule in der Veranda. 5 May Montag. Früh zuerst mit Sherab. Kundsom und Ramelie

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Es müsste wohl - 'am Abend' heißen. „inner“ verschrieben statt - immer.

den Boden471 gründlich aufgeräumt. Federbetten gesonnt. Die Besuchstube (Mr. Theodore's) rein machen lassen durch Ramelie cte.472 Nachmittag wieder einmal die tibetischen Kinder zur Schule gerufen, da sie sich sehr zu langweilen scheinen. Wilhelm ging nach dem Frühstück auf den Berg, es wird gepflügt wurde schon am Sonnabend angefangen. Auch die Dörfler pflügen schon auf's Beste. Eins vergessen! Am 1. May verließ Tsang Rintschen das Gehöft; er zog nach Kyor, und nahm zu unsrer Betrübnis die Dschamdrol mit; es ist ihm viel zugeredet worden die Kleine hier zu lassen; Dana's waren auch willig sie zu sich zu nemen, von uns und der Mission sollten monatlich 3 Rupees gegeben werden, aber trotz allem Bitten blieb er bei seinem Willen, man weiß wirklich nicht den eigentlichen Grund! 5. May angefangen baumwollene Strümpfe zu tragen. 6 und 7. May Wilhelm den ganzen Tag Oben beim Pflügen etc. wieder Schulen der tibetischen Kinder. Kuh-Suppen! Thermometers. etc. sehr viele Spargel! Strumpfbestellungen abgefertigt. Major Yule verabschiedete sich um Nordwärts zu gehen. 8 May Donnerstag. Wilhelm war den ganzen Tag Oben, ich hatte Vor- und Nachmittags Schulen observte473 mit Dana. Abends Salat gepflanzt. Angefangen in der Küche zu kochen. 9 May Freitag. Vor- eine kurze Schule, Nachm[ittags] keine. Unser pflügen ist fertig. Dana's wollen morgen pflügen, wenn Drogpa heut [173] [18]84. mit seinen Feldern fertig wird. Zu Mittag Essig abgezogen(.16 Flaschen). Wilhelm säte GrasSamen auf Liesel's und Bernhard Redslobs Gräber. Regen drohend, etwas kommend, durch heftigen Wind vertrieben. 10 May Sonnabend. Wie gewöhnlich Nachmittags Brief geschrieben. Wilhelm ließ im Thasil unsre „Zustimmung zu Elly's Heirat bescheinigen (Urdu) und bestempeln. Gestern und heute observen474 wir beide für Dana, der pflügt. 11. May Sontag. Die Sontags Schule fiel aus Colonel Channer kam zu Mittag unverhofft auf einen kurzen Besuch. Einige wichtige Briefe, für die Post fertig gemacht. Shamuel schrieb die aus dem Urdu übersetzte englische „Zustimmung“ Gegen Abend noch bis zum Shaka lungpa spaziert. In den vergangenen Tagen haben die tibetischen Kinder viele Lilien gebracht. Eine höchst interessante kurze, unerklärliche Rauch? oder Staub? Wolke zog bei völliger Windstille von Westen nach Osten durch das Thal; Schwefelgeruch verbreitend, und etwas wie Sand in die Augen führend, es war gegen ½ 8 Uhr. 12. May Montag. Die Ursach der gestrigen Rauch oder Staub Erscheinu[n]g ist ein Felsensturz im Bilingthal gewesen. Keine Schule, Dana's [f]lügen noch - 471 472 473

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Gemeint ist der Dachboden „cte“ - M. H. schrieb später noch häufig - cte. - statt - etc. „observte“ - an das engl. - to observe - beobachten, hier: die meteorologischen Messgeräte ablesen, hängte M. H. die dt. Endung für die 1. Pers. Sg. Prät. -'te' an. Auf dem Missionsgelände befand sich eine Station zur Wetterbeobachtung. „observen wir“ - diesmal wurde von M. H. das engl. - observe - noch durch ein 'n' erweitert , so dass sich daraus die Endung der 1. Pers. Pl. Präs. wie im Deutschen ergibt.

14 May Mitwoch Das Kästchen mit Geschenken für Elly und die Anderen an dem wir schon gestern packten fertig gemacht und zur Post befördert, eben so die Maß Schuhe für uns beide an Luise Wilhelm war am Vormittag Oben. Nachmittags call'te ein Major Hart, den ich nicht sah. Schulen, Briefschreiben. 15 May Donnerstag. Wilhelm war den ganzen Tag Oben bei Zong [174] 18[84] in Tatsha, Wintersachen gelüftet und weggeräumt, samt den neulich gewaschenen. Schulen. Ein Mr. Kelly call'te. 16 May Freitag Wilhelm war von Früh bis Abend bei der Tatsha zum Yurra in Stand bringen. Unsre Milchkühe wurden heut früh am 16. aus dem Gehöft nach Tingtse herauf geschafft; somit der Sherabin ihr Melkgeschäft beendet. Wieder call'te ein Gentleman, der junge Mr. Johnston. Schulen! Heftige Winde mit Staub vertreiben immer wieder den ersehnten Regen. Das Tatsha -Wasser kömmt. Der Hirtenjunge brachte zum ersten Mal die Milch, derselbe ist seit dem 12. May im Amt als Lämmerhirte. 17 May Sonabend. Die Sherabin ist krank; fast alles allein besorgt. Nachmittags geschrieben an die Kinder. 18 May Sontag. Die Sherab scheint besser zu sein, kommt aber heut noch nicht zur Arbeit. Besorgte wieder mit Sonthu alles allein, es ging gut. Nachmittags die Post fertig gemacht. Es war wieder keine Bibelstunde. Gegen Abend bis zum Shaga lungpa mit Wilhelm spaziert Die Dénièd ist krank, hat recht Fieber, von Verkältung 18 May temps temps. 25 May Sontag (Wochenbericht vom 18 – 25 May). Montag den 19. Räumten wir unsre Betten und sämtliches Hab und Gut in Redslobs Stuben herüber, wo wir wonen und bleiben wollen, bis unsre Stuben geweißt, und die Fenster angestrichen sein werden. Dienstag war auch eine Art Räumtag Die Post brachte uns Brief und liebe Bilder von Elly, die uns [175] [18]84 sehr freuten und beschäftigten. Mittwoch den 21. wurden unsre Stuben angefangen zu weisen. Shérabin ist seit dem Montag wieder zur Arbeit gekommen, ist aber noch schwach. Den 22 May Donnerstag. Himmelfarttag. Ein sehr unruhiger gestörter Tag; Wegen dem Schnupfen Husten und Verkältung fast sämtlicher Kinder, wurde, nach allerlei unbestimmtem Reden eine kurze Versamlung am Vormittag gehalten. Die shan Geschichte erfüllte Alle Gemüter. Ein shan475 war nemlich in die Dorfschafe bei Tatscha eingebrochen, hatte einige (8) geraubt, die meisten zerstreut; und auch einen unsrer guten Pflug Ochsen angefallen, und verwundet, so daß derselbe geschlachtet werden mußte. Wilhelm überließ alles Fleisch den Christen, wir namen eine Keule; so daß es zu ungewohnter 475

Tibetische Schriftzeichen: shan; das tibetische Wort wurde in dieser Reihe zweimal von M. H. verwandt.

Zeit Beafsteak geben konnte. trotz des Feiertages ließen wir weiter weisen in unsern Stuben. 23 May Freitags. Aufräumtag und Scheuern in unsrer hinteren großen Kammer durch Ramelie. Die Bettstellen wurden von Weisern Dos kupa und Tra Sodnam angezogen, das Kanapee in Angriff genommen. 24 May Sonabend, Wilhelm war bis nach Mittag Oben bei Tatsha und Zong, ganz erschöpft vom Rennen und Arbeiten. Ein Sahib ist auf der shan476 Jagd. Das Kanape mit Zaka ganz neu gemacht. Ramelie die Schlaf- und Wohnstube gescheuert, hat die Tschutarsima Balsom zur Hilfe, Sherabin putzte nur die Fenster. Ihr Kranksein macht uns Sorge, sie sagt es sei Dranga477, kommt täglich, schleppt sich aber. Zum Teil wegen dem Räumen, aber auch wegen der Verkältung sämtlicher Kinder konnte die ganze Woche [176] 478

keine Schule sein, die Zeit verging auch so. Fast täglich kamen ein oder mehrere von den Reisenden, die auf dem Zeltplaz campieren, hier callen. Ihre Namen stehen im Büchel. Zakarias hat angefangen die Fenster anzustreichen. Witterung trocken, dabei oft bedeckt, abends meist kühl; wir feuern am Morgen regelmäßig in der Stube, und kochen den Kaffe hier. Abends wird auch noch oft das Essen in der Stube gekocht. Bekam auch den Schnupfen aber ohne Husten, und nicht so anhaltend wie die Kinder. 25. May Sontag. Die Vormittags Versamlung (nicht reguläre Predigt wurde unten in der Besuchstube gehalten; Nachmittags fiel sie aus. Um 2 Uhr kam ein Captain Percy mit seinem jungen Begleiter Mr. Fortescue callen, er war einmal vor 9 oder 10 Jahren hier, worauf er, nicht wir uns besinnen. Setzte Kaffe und Zwieback vor. Hari Chand wurde gerufen, und über den Weg etc. mit ihm gesprochen. Captain Percy ist ungemein freundschaftlich schenkte uns 3 Flaschen Whiskey und 3 Pfund479 Thee; wir schickten so viel wir konnten Kartoffeln, Radies Spargel etc. alle Herren kaufen Strümpfe und Handschuh. In der vergangenen Nacht hat Mr. Dawkins einen Schneeleoparden erschossen, es sind noch 3 andere da. 26 May Montag. Wilhelm ging nach dem Frühstück herauf, oder ritt Schleier für die Herren fabriziert u.s.w. 27 May. Dienstag. Die Kirchenstube wurde von Ramelie gescheu[-] ert. – Palsom half. – Wilhelm unten – der letzte Europäer [177] Mr. Murrey verabschiedete sich; er hat Holloway Salbe für sein Bein gebraucht. Schenkte 2 Flaschen Brandi. Lies Felle etc. zum Aufbewaren hier. – Jingerküchel und Brod gebacken. – Gegen Abend endlich ein dankenswerter Regen, auf den Bergen Schnee. 476 477 478 479

Tibetische Schriftzeichen, noch einmal: shan. „Dranga“, die Krankheit ist nicht bekannt. Es fehlt die über die Seiten [176] und [177] verteilte Jahreszahl. „Pfund“ - M. H. hat das Wort nicht ausgeschrieben, stattdessen das Zeichen für Pfund verwandt.

28. May Mittwoch. Wieder ein Sahib; der zurückkehrende Major Reamsbotton brachte ein par Schragpa's480 und Tauben, gab ihm meine Handschuhe und Pattings. Wilhelm oben. Yourogpa's Standsin stan 'a dzin481 trat als Pferdediener bei Papa ein. Freitags Bücherstube geräumt. 31. May Sonnabend Ramelie wusch und räumte mit Hanna die untere Besuchstube auf. Nomo weißte aus Mangel an Männern die neulich bekuhmistete Veranda, die überhaupt gereinigt und geräumt wurde. Zaka streicht die ganze Woche Fenster an. Am Nachmittag furchtbarer Staubwind, der immer wieder den ersehnten Regen vertreibt. Wilhelm Oben, ich hatte einen tüchtigen Back- und Arbeitstag, da wir morgen die Christen einladen wollen. Die Woche noch keine Schule gehalten, da die Kinder, und ich selbst mich mitunter tüchtig schnupfig fühle. 1 Juny. Pfingst-Sontag. Predigt wie gewöhlich482. Am Nachmittag eine kleine Thee Einladung mit den Christen Großen und Kleinen hinten in der Veranda. Bilder gezeigt. Dann mit den Kindern gespielt. Wilhelm hatte zu Mittag auf dem Thasil gesprochen vor vielen Leuten hauptsächlich mit den jo's483 wegen ihren Ungerechtigkeiten gegen die Mantschatter die in Njungti geklagt, u.a.m. daran knüpfend Evangelium gepredigt Am Abend kam ein kurzer, dankenswerter Regen. Auf den gegenüberliegenden Bergen giebts dann immer gleich Schnee. Wir vertragens noch immer gut am Morgen den Kaffe in der Stube zu kochen. [178] 18.[84.] Juni 3. Dienstag. Früh brachte der Hirte die Nachricht daß ein Dso (der Dolmo Sohn) krepiert ist. – Aerger wegen Drogpa's [téerée ?]. Mit der Post ein Parcel von Mrs. Cleghorn erhalten, mit Scheren Zwirn, Band, und schönen Flannell Resten. sehr dankenswert! Nachmittags endlich wieder einmal einen Ansatz zur Schule. nur Stramin-Nähen! Wilhelm war indessen mit 2 hier callenden484 Herren, den Brüdern Wilmot beschäftigt. Wetter trüb, regnerig. – Unverhofft die temps am 3. Juni Abends mit Kreuz und Lenden Schmerzen. 5. Juni Donnerstag. Wilhelm Oben; Mr. Young callte, Schule, nichts Besonderes. Ließ Weizen waschen. 6. Juni Freitag. Allerlei Arbeiten; keine Schulen wegen Dendrol's Geburtstag. Wilhelm Oben; Ich besuchte längere Zeit bei Shamuels, die Herren Wilmots besuchten. Einladung! 1 Ladung Weizen gemalen. 7 Juni Sonnabend. Nachdem am Morgen Mr. Theodore's brang sa485 den

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„Schragpa's - tibet. - sreg pa - Rebhuhn, vgl. u. a. den Brief M. H.s an Joh. Paul Heyde vom 5.4.1875. Vgl. dazu das „Glossar“. 481 Tibetische Schriftzeichen: M. H. hat den in lateinischen Buchstaben geschriebenen Namen noch einmal in tibetischen Schriftzeichen wiederholt. 482 „gewöhlich“ - verschrieben statt - gewöhnlich. 483 Tibetische Schriftzeichen: jo's - an die Schriftzeichen war in Kurrentschrift ein -'s angehängt worden als Kennzeichen des Nom Pl. Gemeint waren die beiden Brüder, Harri und Devi Chand, die laut Anklage ihre Machtbefugnisse überschritten hatten. Vgl. das „Diarium der Station Kyèlang vom Jahr 1884“ von A. Wilhelm Heyde. 484 „callenden“ - M. H. war wieder wortschöpferisch tätig: aus dem engl. - to call – einen kurzen Besuch abstatten, macht sie ein attibutiv verwendetes Part. Perf.: kurz besuchenden. 485 Tibetische Schriftzeichen: brang sa.

letzten touch486 des Ordnens bekommen; kam er gegen Mittag selber hier an; ich bewirtete ihn und leistete ihm so gut es ging Gesellschaft bis Wilhelm am späten Nachmittag herunter kam. Abends dinner. 8 Juni Sontag. Wie immer die Versamlungen. Mr. Theodore aß mit uns, die anderen 3 Herren vom Zeltplatz Wilmot und Young und er tranken in der 5ten Stunde Thee; keine englische Predigt. 9. Juni Montag. Den vielen von Mr. Theodore geschenkterhaltenen Thee aus- und eingepackt und aufgehoben; auch von Mr. Minniken 1 Kistchen Thee erhalten. Die Herren gingen fort. Wilhelm hat Schmerzen und Geschwulst am Fuß, blieb zu Haus meist bei Mr. Theodore. Der Schulgang vor- und Nachmittag begann aufs Neue nach längerer Unterbrechung. [179] 18.[84.] 15 Juni Sontag. (Wochenbericht vom 8 – 15 Juni) Nichts Außerordentliches passiert. Wilhelm leidet an Rheumatismus in Rücken und Seiten, blieb deswegen ganz unten; wegen Mr. Theodore ist dies ganz passend. Derselbe ist noch hier in gewohnter Stimmung und Unterhaltung, er war an einigen Abenden Oben. Schulen im ziemlich regelmäßigem Gang; sonst nicht viel geleistet oft in schaffer487 Gemütsverfassung. Wetter warm, sonnig ohne Regen, trotz Hoffnungen dazu. Im Haus und Gehöft Alles wohl, keine Fremdenbesuche. Heut am Sontag Briefe geschrieben an die Kinder. Abends ausführliche Thee Einladung mit Mr. Theodore. Kam ein Brief von Reisenden (Walkinson?) aus Manschatt bittend, zu Lebensmitteln zu verhelfen. 16 Juni Montag. Wilhelm machte ein schönes Mehlsieb mit Blech Ramen zu dem feinen Messingdrat aus Calcutta. Betty zieht mit ihrer Familie in ihr Haus auf dem Berge. Nur Shamuels waren in der Schule. 22. Juni Sontag. Wochenbericht. Wilhelm hat noch Not mit seinem Rheumatismus; blieb deßwegen zu Hause, Mr. Theodore war auch noch da, kam meistens am Abend herauf einmal zum Essen; es war am Donnerstag. Wilhelm bekam heftige Schmerzen. von Mittwoch an den 18. und 19. waren tüchtige Regentage. (es regnete 4 Zoll) sehr dankenswert für die Fluren. Seitdem ists wechselvoll mit Sonnenschein und Regen. Sonabend den 21. früh brach Mr. Theodore nach Dartse auf. An dem Tage. den 21. die Speisekammer gründlich aufgeräumt, beinahe ohne Hilfe. Sherabin fängt an un wohl zu werden. [180] 488

dabei auch Kerosin eingefüllt u.s.w. Dana's Kinder sind die ganze Woche nicht zur Schule herunter gekommen 486 487 488

„Touch“ - engl. - touch - Anstrich, hauch Anflug. „schaffer“ - verschrieben statt - schlaffer. Die Jahreszahl ist nicht angegeben.

Dagegen Shamuel's drei täglich, wir hielten Häckelschule am Nachmittag. Sontag kam die Sherabin nicht, weil sie krank wäre. Besorgte mit Sondru489 alles allein gegen Abend ein wenig ausgegangen mit Wilhelm Am 21. Juni wurde Zacka's neues braunes Füllen geboren. Montag den 23. Sherabin kommt noch nicht. Hanna wurde zum Aufwaschen mit angestellt. Besuchte sie im Dorf Wilhelm ist nach längerer Zeit wieder einmal heraufgeritten 25. Juni Mittwoch. Ließ heut einmal die Schulen ausfallen um Brief zu schreiben, auch weil Danas Kinder von dem täglichen Herunterkommen müde zu sein scheinen. Gegen Mittag call'ten 2 Sahibs Mr. Murray von Ladak zurückkommend, mit ihm ein Mr. Marchall, sie waren gerade angelangt, und tranken gern Thee. 24 June490 eine Henne gesetzt – die große Dsomo gekalbt.491 29 Juni Sontag. von der vergangenen Woche ist noch zu sagen, daß die beiden oben genannten Herren nochmal am Donnerstag besuchten, Thee tranken, und Brod und Gemüse bekamen; In den letzten Tagen Schulen wie immer. Sonnabend früh ritt Wilhelm einmal herauf zum Rechten sehen. Die Sherabin ist noch immer krank; Mittwoch Abend kam sie bitten Wilhelm möchte sie in Kyildang wohnen lassen, weil sie den garstigen Ausschlag hat, den man für Pocken hält, aber nur Shimpia!492 ist. Wegen Danas Kindern wurde es nicht erlaubt. Statt dessen ist sie dann wie wir später hörten. Mit mehreren Leidensgefärten von Kyèlang Gong in's Shaka lungpa (kleine Alpe) gezogen; es soll ihr viel besser gehen; sie ist bisher aber noch nicht wieder gekommen; die Dörfler werden auch ängstlicher, da ein kleines Kind von jener Gesellschaft neulich gestorben ist. Hanna und Ramelie helfen mir in der Küche und Wirtschaft. 30 Juni temps. mit heftigen Schmerzen.

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„Sondru“ - es könnte auch - 'Sonaru' - heißen, vielleicht ist auch die am 18.5.1884 erwähnte 'Sonthu' gemeint. „June“ - engl. - Juni oder hat M. H. den Punkt auf dem i vergessen. Der Text: „24 June eine Henne gesetzt - die große Dsomo gekalbt.“ ist in dem Leerraum nach dem 25.6.1884 nachgetragen worden. „Shimpia“ blatternbildende Krankheit; s. auch Glossar > Brumpa