Kostenerstattung molekularer Testverfahren Erst der Nutzen und dann das Geld?

Kostenerstattung molekularer Testverfahren Erst der Nutzen und dann das Geld? Dr. Martin Kluxen Leiter Kompetenzzentrum Medizin Verband der Ersatzkas...
7 downloads 0 Views 1MB Size
Kostenerstattung molekularer Testverfahren Erst der Nutzen und dann das Geld? Dr. Martin Kluxen Leiter Kompetenzzentrum Medizin

Verband der Ersatzkassen

COMBATing Breast Cancer 2015

vdek: Verband der sechs Ersatzkassen

Der Verband vertritt über 26 Millionen Versicherte. 2

Dr. Martin Kluxen - vdek

Kostenerstattung molekularer Testverfahren Erst der Nutzen und dann das Geld?

Ja, was denn sonst! Denn alle Erfahrung zeigt, dass „Erst das Geld, dann der Nutzen“ in aller Regel bedeutet „Wen kümmert der Nutzen ?“ Fast alle politisch schwierigen Diskussionen der letzten Jahre hatten ihren Ursprung im Ausschluss, nicht im NichtEinschluss von Methoden oder Arzneimitteln. Problematisch: Medizinprodukte & diagnostische Methoden 3

Dr. Martin Kluxen - vdek

4

Dr. Martin Kluxen - vdek

Sicherheitskomitee der Studie verfügte vorzeitigen Studienabbruch Studienabbruch nach 451 (von 764) Patienten Grund: Schlaganfall- und Todesrate im WINGSPAN-Arm bei 30Tage-Nachbeobachtung 2,5-fach höher lag als im Medikamenten-Arm. Mehr als 3.500 Patienten in D „unkontrolliert“ behandelt.

This article (10.1056/NEJMoa1105335) was published on September 7, 2011, and updated on July 5, 2012, at NEJM.org. 5

Dr. Martin Kluxen - vdek

6

Dr. Martin Kluxen - vdek

Grundsätzliches aus Sicht der Ersatzkassen Alle gesetzlich Versicherten sollen gleichermaßen vom medizinischen Fortschritt profitieren. Neue (sichere und nützliche) Methoden sollen so schnell wie möglich allen Versicherten zur Verfügung stehen. Krankenhäuser sind Motor für die Erprobung von medizinischen Innovationen.

Nutzenorientierung und -bewertung: Der patientenrelevante Nutzen muss belegt sein.

Patienten sind vor schädlichen Innovationen zu schützen. 7

Dr. Martin Kluxen - vdek

vor 2010: Biomarkertests kein Thema für die GKV ab 2011: Mehrere Produkte auf dem Markt Erwartungen: Prognosemarker sollen vielen Patientinnen eine Chemotherapie ersparen Teure Chemotherapeutika würden nicht „unnötig“ eingesetzt, das spare Geld und erhöht die Effizienz Allerdings: Nicht ausreichend gesicherte Kenntnisse bezüglich Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Kostenübernahme GKV?

8

Dr. Martin Kluxen - vdek

2011: Mögliche Wege in die Versorgung

9

Stationäre Versorgung (§ 137c SGB V)

grundsätzlich „Methodenfreiheit“. Verbotsvorbehalt: Nutzenbewertung im G-BA nur nach Einführung der Methode. Vergütung über die DRG-Systematik. Ggf. wird ein NUB-Entgelt verhandelt.

Ambulante vertragsärztliche Versorgung (§ 135 SGB V)

Erlaubnisvorbehalt: Hürde der Methodenbewertung im G-BA vor Einführung der Methode Die Leistung wird dann in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eingeordnet

Besondere Versorgung

Selektivvertrag (§ 140a SGB V) Leistung & Vergütung werden individuell verhandelt

ab 2012

Methoden mit „Potential“ - Erprobungsregel (§ 137e SGB V), ASV (§ 116b SGB V)

Dr. Martin Kluxen - vdek

2011: Molekulargenetische Tests sind neue Methoden Neue Methode: Eigenständiges theoretisch-wissenschaftliches Konzept zur systematischen Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten. Evidenz: Erwarteter Nutzen patientenrelevant? keine Nutzenbewertung im G-BA, Schaden kann nicht ausgeschlossen werden Patientennutzen ≠ Anwendernutzen ≠ ökonomischer Vorteil Kostenerstattung: stationäre Versorgung: NUB 2; kein neues Entgelt

ambulante Versorgung: uneinheitlich, dann ab Juni 2013 keine Leistung der GKV keine Selektivverträge. 10

Dr. Martin Kluxen - vdek

11

Dr. Martin Kluxen - vdek

12

Dr. Martin Kluxen - vdek

Molekulare Tests: Nutzen & potentieller Schaden müssen dargestellt werden Beratungen im G-BA: Aussagen zu patienten-relevanten Endpunkten: • • •

Mortalität, krankheitsfreies Überleben gesundheitsbezoge Lebensqualität Unerwünschte Ereignisse (Test & Maßnahmen)

Nutzennachweis mit Methoden der Evidenzbasierten Medizin +: Konsens & Rechtssicherheit -: Lange Beratungszeiten ca. 2,5 Jahre 13

Dr. Martin Kluxen - vdek

Vorschlag der Ersatzkassen: Selektivvertrag zur Überbrückung der Beratungszeit im G-BA

14

Dr. Martin Kluxen - vdek

Selektivvertrag: Qualitätsmerkmale Beispiele: Brustkrebszentrum nach OnkoZert zertifiziert. Zentren nehmen an RCTs zur (adjuvanten) Chemotherapie und /oder molekulargenetischen Biomarkertests teil. Patientin: HR ⊕, HER2⊝, N0 & N1 (bis 3 LK), M0, Ki-67 Therapieentscheidung im Tumorboard Aufklärung der Patientinnen (Broschüre & Merkblatt), gemeinsame Entscheidungsfindung. Nur Tests mit Evidenzlevel 1 nach Simon et al. Ein Test & ein Preis

15

Dr. Martin Kluxen - vdek

16

Dr. Martin Kluxen - vdek

Nur eine Studie entsprach den Suchkriterien (->RCT) Studienaktivitäten werden begrüßt! Vorschlag: Dialog vor Studienbeginn!?

17

Dr. Martin Kluxen - vdek

Vorbericht an G-BA: Q4 2015 Abschlussbericht: Q1 2016

18

Dr. Martin Kluxen - vdek

Entscheidung G-BA: Verfahrensordnung (1) Vor der Beschlussfassung […] hat ein umfassender Abwägungsprozess unter Einbeziehung der wissenschaftlichen Erkenntnisse, insbesondere der nach Evidenzkriterien ausgewerteten Unterlagen zu erfolgen. […] (2) Der Nutzen einer Methode ist durch qualitativ angemessene Unterlagen zu belegen. Dies sollen, soweit möglich, Unterlagen der Evidenzstufe I mit patientenbezogenen Endpunkten (z. B. Mortalität, Morbidität, Lebensqualität) sein. […] (3) Die Bewertung der medizinischen Notwendigkeit erfolgt im Versorgungskontext unter Berücksichtigung der Relevanz der medizinischen Problematik, Verlauf und Behandelbarkeit der Erkrankung und insbesondere der bereits in der GKV-Versorgung etablierten diagnostischen und therapeutischen Alternativen. Maßstab ist dabei auch die von der Anwendung der Methode bereits erzielte oder erhoffte Verbesserung der Versorgung durch die Gesetzliche Krankenversicherung [..] https://www.g-ba.de/downloads/62-492-1002/VerfO_2014-12-18_iK-2015-04-16.pdf

19

Dr. Martin Kluxen - vdek

Einführung von molekularen Tests in die GKV Evidenz: Es müssen Daten aus hochwertigen Studien zum Nutzen und Schaden vorgelegt werden. Nach Markteinführung sollte eine weitere Evaluierung von Methoden und Medikamenten erfolgen – z. B. im Rahmen von Versorgungsforschung. Qualität: Neue Tests müssen für die Versorgung einen Qualitätsgewinn bringen. Versorgung in Zentren mit Expertise; Qualitätssicherung von Testdurchführung (Klinik, Labore, Pathologie) Interpretation der Testergebnisse Aufklärung & Beratung; Die mündige Patientin und die informierte Entscheidung müssen das Leitbild sein Kosten: Es müssen gemeinsam getragene Lösungen gefunden werden, wie die hochpreisigen Maßnahmen (Diagnostik & Therapie) zukünftig bezahlt werden können.

20

Dr. Martin Kluxen - vdek

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Dr. Martin Kluxen Askanischer Platz 1, 10963 Berlin Martin.Kluxen[at]vdek.com