Kolloquium. Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. BVerfGE 107, 339 NPD-Verbot

PD Dr. Graf Kielmansegg SS 2012 Kolloquium Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE 107, 339 „NPD-Verbot“ Anfang 2001 beantragten d...
Author: Franka Weiner
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PD Dr. Graf Kielmansegg

SS 2012

Kolloquium Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerfGE 107, 339 „NPD-Verbot“ Anfang 2001 beantragten die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat beim BVerfG ein Verbot der NPD. Zur Begründung führten sie an, dass die Partei in ihrem Gesamtbild nationalsozialistisch, antisemitisch, rassistisch und antidemokratisch geprägt sei und die parlamentarische Demokratie durch eine „Volksherrschaft“ der „nationalen Eliten“ ersetzen wolle. Im Laufe des Verfahrens stellte sich heraus, dass die NPD durch V-Leute des Verfassungsschutzes beobachtet wurde. So befanden sich in den einzelnen Landesvorständen der Partei jeweils ein bis zwei V-Leute, bis zum Januar 2002 auch im Bundesvorstand. Einige der Äußerungen, auf die sich die Verbotsanträge stützten, stammten von solchen V-Leuten, überwiegend allerdings vor der Zeit ihrer Anwerbung oder nach ihrer „Abschaltung“. Die Verfassungsschutzämter legten dar, dass diese V-Leute das Erscheinungsbild der NPD weder entscheidend bestimmt hätten noch vom Verfassungsschutz zur Steuerung oder Manipulation der Partei eingesetzt worden seien, sondern nur zur Informationsgewinnung. Die NPD beantragte daraufhin die Einstellung des Verfahrens.

PD Dr. Sebastian Graf Kielmansegg (LS Prof. Dr. Christoph Möllers)

SS 2012

Kolloquium: Leitentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts

BVerfGE 107, 339 „NPD-Verbot“ 03.06.2012

Kielmansegg: Leitentscheidungen des BVerfG

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I. Kontext 1. Parteien und wehrhafte Demokratie Art 21 GG (1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. (2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht. (3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

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2. Verfahren § 45 BVerfGG Das Bundesverfassungsgericht gibt dem Vertretungsberechtigten (§ 44) Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist und beschließt dann, ob der Antrag als unzulässig oder als nicht hinreichend begründet zurückzuweisen oder ob die Verhandlung durchzuführen ist.

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§ 15 Abs. 4 BVerfGG Im Verfahren gemäß § 13 Nr. 1, 2, 4 und 9 bedarf es zu einer dem Antragsgegner nachteiligen Entscheidung in jedem Fall einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Senats. Im übrigen entscheidet die Mehrheit der an der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Senats, soweit nicht das Gesetz etwas anderes bestimmt. Bei Stimmengleichheit kann ein Verstoß gegen das Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht nicht festgestellt werden.

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II. Geheimdienstliche Beobachtung und Verfahrenshindernisse 1. Grenzen zulässiger Infiltration Staatsfreiheit der Partei Zurechenbarkeit des belastenden Materials Grundsatz des fairen Verfahrens

 Durch Einsatz von V-Leuten im Parteivorstand verletzt? 03.06.2012

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2. Prozessuale Folgen Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses aus Sicht der Sperrminorität:  Verfassungsverstoß von erheblichem Gewicht  ein nicht behebbarer rechtsstaatlicher Schaden für die Durchführung des Verfahrens  Fortsetzung des Verfahrens daher auch nach Abwägung mt den staatlichen Schutzinteressen rechtsstaatlich nicht hinnehmbar

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Voraussetzungen eines Verfahrenshindernisses aus Sicht des Mehrheitsvotums: nur wenn Erreichung des Verfahrensziels unmöglich oder Unerträglicher Widerspruch zu rechtsstaatlichem Gewinn

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