KINDERSCHUTZ ARBEIT Gewalt gegen Kinder in Institutionen

KINDERSCHUTZ – ARBEIT Gewalt gegen Kinder in Institutionen KINDERSCHUTZ-ZENTRUM LINZ Kommunalstrasse 2, 4020 Linz TEL: 0732 / 781 666 FAX: 0732 / 781...
Author: Jörn Färber
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KINDERSCHUTZ – ARBEIT Gewalt gegen Kinder in Institutionen

KINDERSCHUTZ-ZENTRUM LINZ Kommunalstrasse 2, 4020 Linz TEL: 0732 / 781 666 FAX: 0732 / 781 666-20 [email protected]

Prämissen

 Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Hilfe  „Keine Person und keine Institution kann Gewalt an Kindern alleine abklären, beenden und die Folgen tragen“  „Kooperation zwischen den involvierten Berufsgruppen ist unbedingt notwendig!“

 „Gewalt gegen Kinder“ ist Leitungssache!  Gewalt muss zu Konsequenzen führen

DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

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Gewalt gegen Kinder  Gewalt gegen Kinder beinhaltet Misshandlung, Quälen, Vernachlässigung, Überforderung und sexualisierte Formen von Gewalt

 Gewalt in der Familie wird als ein individuell begründetes Defizit an Konfliktlösungsmöglichkeiten verstanden  Gewalt gegen Kinder wird durch gesellschaftliche Strukturen begünstigt, aber nicht ausgelöst  Es geht immer um die Verantwortlichkeiten der Erwachsenen und nicht um Schuldzuweisungen

Vgl. H. Paulischin 1985, bearbeitet G. Bonifer 2010

PRÄSENTATION Kinderschutzzentrum Linz

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Grundprinzipien der Kinderschutzarbeit

 Hilfeorientierung  Hilfe zur Selbsthilfe  Psychodynamisch und systemisch orientierte Sichtweise

 Freiwilligkeit  Vertraulichkeit  Es geht um Verantwortlichkeiten, nicht um Schuldzuweisungen

PRÄSENTATION Kinderschutzzentrum Linz

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Hilfen für Kinder und Eltern Kinderschutzzentrum - Linz  Telefonische Beratung  Familienberatung und Therapie  Erziehungsberatung  Psychotherapie für Kinder und Jugendliche  Prozessbegleitung für minderjährige Opfer von Gewalt

PRÄSENTATION Kinderschutzzentrum Linz

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Hilfen für Helfer und Helfersysteme

 Fallbezogene Beratung und Supervision  Helferkonferenzen  Öffentlichkeitsarbeit

PRÄSENTATION Kinderschutzzentrum Linz

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FAMILIE Teil- / Patchwork-

ÄRZTINNEN / KLINIKEN

JUGENDWOHLFAHRT

GEWALT

MEDIEN & Öffentlichkeit

FREIE JUGENDWOHLFAHRT SCHULE KIGA / HORT

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JWF Steiermark 2003

EXEKUTIVE / GERICHTE

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Organisationsentwicklungsprozess Existenz- und Sinngrund: „Kindeswohl“ Umwelt

EG Input

Z TransFormationsProzess Transformationsprozess I Aufgaben – Prozess E Sozialer – Prozess Individueller - Prozess L E

Output SG

Qualitätsfeedback Erneuerungsfeedback Verantwortungsfeedback DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

TAO / Frenzel P.

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Gewalt an Kindern und Jugendlichen Übergriffe unter Kindern – pädagogisches Thema Übergriffe von Jugendlichen an Kindern Übergriffe unter Jugendlichen Übergriffe von Kindern / Jugendlichen an Erwachsenen Übergriffe von Erwachsenen an Kindern  Strafrecht  Dienstrecht - Zivilrecht  Übergriffe von Erwachsenen an Erwachsenen  Strafrecht  Dienstrecht - Zivilrecht     

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Enders U.

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Grenzverletzungen gegen Kinder  Grenzverletzungen - unabsichtlich; persönliche, fachliche Unzulänglichkeiten „Kultur der Grenzverletzung“  Übergriffe sind Ausdruck unzureichenden Respekts gegenüber Kindern, Jugendlichen Übergriffe sind gezielte „Desensibilisierung“ zur Vorbereitung sexueller Gewalt bzw. Machtmissbrauches Übergriffe sind ein grundlegender fachlicher Mangel  Strafrechtlich relevante Formen von Gewalt wie z.B. körperliche Gewalt, sexueller Missbrauch, Erpressung, sexuelle Nötigung usw.. DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

Enders U.

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Schutz von Kindern ist Einrichtungsaufgabe  Versprochenes Vertrauen gegenüber den Kindern wahren  Die Verantwortung - Eltern  Die Aufgabenübernahme - Jugendwohlfahrt

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Auftrag Einrichtung Pflege und Erziehung     

Auftrag = Existenzgrund und Sinngrund Schutz- und Pflegeauftrag für Kinder bzw. Jugendliche Alle Informationsebenen Vertrauenspersonen Kommunikation zwischen Innen und Außen

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FACHAUFSICHT Öffentliche JWF Land OÖ

Kinderschutzgruppe (Landes Frauen und Kinderklinik) § 8e KAKuG Anzeigen durch GESPAG

HausärztInnen Meldepflicht § 54 ÄrzteG 1998 Kinderschutzgruppe und zuständige Jugendwohlfahrt Anzeigepflicht bei Fremden

Kinderschutzzentrum §37 Bundes JWG Verschwiegenheit: Familienberatungsförderungsgesetz Psychotherapiegesetz §15 Psychologengesetz §15 In jedem Falle wird gemeldet bei „Gefahr im Verzug“ §215 ABGB §37 JWG

Führung der Opferdatenbank [Informationsverbund]

STRAFANZEIGE BH bzw. Magistrate Abt. Jugendwohlfahrt §37 JWG §5b OÖ JWG (Datenerfassung) Keine Anzeigepflicht wenn §78 (2) StPO Gefahr im Verzug §215 ABGB

Träger des Kindergartens §14 (2), (4), (5) OÖ Kinderbetreuungsgesetz

Träger z.B.: Die Gemeinde

Kindergarten bei Verdacht auf Gewalt! § 37 JWG §14 (2) OÖ Kinderbetreuungsgesetz

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Bonifer G.: www.ris.bka.gv.at Stand Jan 2011

Sicherheitsbehörden: PflegschaftsrichterIn Polizei Staatsanwaltschaft Bezirkshauptmann/frau

Privatpersonen haben ein Anzeigerecht nach StPO §80

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Beispiel „Meldescenario“ Beobachtung oder Vermutung? konkreter Verdacht

Was fällt auf? Doku. Fachberatung

vager V.

Elterngespräche Kind / Opfer Täter

Plausible Erklärung? Gegenmaßnahmen?

Jugendamt / Meldung

Stopp aber sensibel

Polizei / Anzeige Welche Unterstützung brauchen wir? De Waal, Thoma, Möwe Bearbeitung Bonifer

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Einrichtung

Jugendwohlfahrt

Verantwortungsebene Externe Fachberatung/Supervision (SV)

Auftraggeber und Fachaufsicht

Team – TäterIn = KollegIn Struktur und Information Interne und externe Fachberatung / SV

Opfer – Kind = OpferzeugIn Schutz und Information Therapeutische Hilfestellungen

Gruppe – Kinder = ZeugInnen Schutz und Information Therapeutische Hilfestellungen

TäterIn (rein mutmaßlich) Eltern Information Elternberatung intern / extern

Dienstrechtliche Thematik Bearbeitung außerhalb der Einrichtung = Eigenschutz (Unschuldsvermutung) DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

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Klare institutionelle Strukturen        

Hierarchie, Grenzen der jeweiligen Kompetenzen Bewerbungsverfahren / Arbeitsverträge Aufgaben von MitarbeiterInnen, wer ist für was zuständig? Information, Fortbildung Klausurthema zum Thema „Gewalt und Traumapädagogik“ Dienstanweisungen Verhaltensregeln zum Umgang mit Übergriffen Besonderheiten bei strafrechtlich relevanten Gewaltformen (Delinquenz)

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Institutionelle Strukturen und Zuständigkeiten  Klare Grenzen der Kompetenzen  Pädagogische MitarbeiterInnen – Fachkräfte  Pädagogische Honorarkräfte  Ehrenamtliche MitarbeiterInnen  Nichtpädagogische MitarbeiterInnen: Küche, Hausmeister, Techniker, Verwaltungskräfte usw.  Zivildiener  Gäste  Ein Beschwerdemanagement ist notwendig

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„Kindeswohl“ vs. „Fürsorgepflicht Angestellte“

 Vertrag Dienstrecht / Arbeitsrecht = Administratives Problem  Regeln aus der Dienstordnung bzw. dem Dienstvertrag  Sofortige Suspendierung = Platzverweis  Kündigung

 Kein Ermittlungsauftrag – reine Informationsebene  Verweis an externe Beratung z.B. Gewaltberatung

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Was eine Einrichtung leisten können muss

      

Fähigkeit zur Krisenintervention Stabilisierung Traumaexploration - Fachexperten Steuerung von Integration und Neubeginn Dokumentation Leitbild, Konzepte Ausbildungsstandards, Weiterbildungen usw..

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Prävention ist eine Kulturarbeit  Ein Prinzip des täglichen Umgangs zwischen Erwachsenen

 Sichtbarer Umgang mit Grenzen ist Vorbild für den Umgang von Erwachsenen mit Kindern  Prävention ist eine Haltung  Überzeugung gegen die Unterordnung von Heranwachsenden unter dem alleinigen Willen von Erwachsenen bzw. Älteren  Prävention tritt für die Selbstbestimmtheit und Eigenheit ein  Sie bestärkt und sensibilisiert darauf, dass Grenzen

nicht verletzt werden dürfen DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

Braun G.

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Massnahmen zum Schutz von Kindern  Schutz vor Alkohol- und Drogenmissbrauch, Gewalt und sexuellen Übergriffen  Vor Beginn der Tätigkeit ist ein polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen  Verantwortungsvoller Umgang mit Kindern u. Jugendlichen gelten auch außerhalb der Einrichtung  Psychische und physische Gewalt und deren Androhung als Form der Auseinandersetzung sind verboten  In Einrichtungen der offen Kinder- und Jugendarbeit müssen die Angestellten Namensschilder mit ihrer Funktion tragen  Es gibt Ansprechpersonen für Kinder- und Jugendliche  Keine Einzelgespräche hinter verschlossenen Türen… DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

Kroll et. al.

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Wenn ein Kind über Missbrauch spricht?         

Es ist richtig über den Missbrauch zu reden Dem Kind glauben - Zeit nehmen - Ruhig bleiben Versichern, dass es am Vorgefallenen keine Schuld trägt Der Erwachsene ist für die Tat verantwortlich Nicht mit Fragen unter Druck setzen Signalisieren, dass sie für weitere Gespräche offen sind Keine Versprechungen, die sie nicht einhalten können Alle weiteren Schritte vorher mit dem Kind besprechen Sich selbst nicht unter Druck setzen um sofort und im Moment die Lage verändern zu müssen  Intensive fachliche Unterstützung holen, um die weiteren Vorgangsweisen zum Schutz zu planen DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

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Eigene Haltungen  Die eigene Haltung und Einstellung über das Thema  Gelingt es das Thema anzusprechen und über das Thema mit dem Kind und Eltern in Kontakt zu bleiben?

 Professionelle Aufrichtigkeit, Kongruenz  Abwertende, verurteilende oder skandalisierende Einstellung ist keine Fürsorge für ein Kind  Respekt- und achtungsvoller Umgang mit allen Beteiligten  Achtung vor allen Bewältigungsstrategien (Bsp.: Ritzen)  Fördern und fordern  Achtungsvolle Lösungen für das Problems suchen! DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

Lehmann S.

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Themen für Leitung und Team  Analysen der Täterstrategien (Verantwortungsklärung, Freisprechen der Opfer) = Teamauftrag „Das geht alle an!“ – ohne Tatdetails  Analysen der institutionellen Dynamiken (Träger-, MitarbeiterInnen-, Eltern- und Kinder bzw. Jugendebene)  Orientierungshilfe für ihren Umgang mit Betroffenen  Analyse der eigene Sicherheit, Schockreaktion, Ambivalenzen in der Bewertung des Missbrauches = Teamauftrag - ohne Tatdetails  Mit Unterstützung extern  Wie glaubhaft müssen welche Beschuldigungen geäußert werden, um welche Hilfsmaßnahmen einzuleiten?

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Missbraucher - Decoy – Fallensteller – Jäger – Gelegenheitsdiebe - Betrüger         

Meister der Manipulation Planen wie Betrüger und Diebe Tatbegehungen Wissen wann wir nicht hinschauen Gut vorbereitet, nichts dem Zufall überlassen Eine perfekte Doppelwelt Schön rede, verdrehen und bagatellisieren Hohe soziale Intelligenzleistung Es sind Entscheidungen Opfer sind austauschbar DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

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Eigenschutz für männliche Mitarbeiter     

Besonders Männer sollten bedenken, sich selbst zu schützen Die eigene Rolle als Mann regelmäßig zu reflektieren Mythen über Männer bagatellisieren Grenzverletzungen Missverständnisse ansprechen Prävention braucht Täterarbeit als Komplementär

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Einschätzung des Therapiebedarfs  Das traumatische Geschehen bleibt im Mittelpunkt

 Ängste bleiben unverändert  Affektdurchbrüche  Sozialer Rückzug  Negatives Selbstbild  Leistungsversagen  Regression  Körperliche Symptome

 Realitätsverlust DSA Guido Bonifer Kinderschutzzentrum Linz - 2012

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Ziele für den täglichen Lernprozess Stabilisierung  Wiederherstellung eines Grundgefühls von persönlicher Sicherheit  Sicherheit innerhalb der Betreuung  Sicherheit im sozialen Umfeld der Jugendlichen  Sicherheit im Umgang mit eigenen destruktiven Impulsen  Ressourcenaktivierung  Umgang mit Erinnerungsauslösern (Triggern)

 Umgang mit Nähe und mit Körperkontakt

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Do's and Dont's:  Keine Versprechungen, die ich / wir nicht halten können (z.B.: Geheimhaltung...)  Transparenz der Handlungsschritte gegenüber den Kindern und Jugendlichen  Keine Aktionen im Alleingang (eigene Unterstützung, eigene Bedürfnisse)  Überprüfung – Reflexion: Verfolge ich meine Ziele oder die des / der Jugendlichen?

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Sabine Nimmervoll

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DANKE FÜR DIE AUFMERKSAMKEIT! WWW.KINDERSCHUTZ-LINZ.AT

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