IVS BL 133. INVENTAR HISTORISCHER IVS Dokumentation Bedeutung National VERKEHRSWEGE Kanton Baselland DER SCHWEIZ Seite 1

IVS INVENTAR HISTORISCHER VERKEHRSWEGE DER SCHWEIZ Strecke BL 133 Landeskarte GESCHICHTE BL 133 IVS Dokumentation Kanton Baselland Bedeutung Natio...
Author: Leopold Waltz
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IVS INVENTAR HISTORISCHER VERKEHRSWEGE DER SCHWEIZ

Strecke BL 133 Landeskarte

GESCHICHTE

BL 133 IVS Dokumentation Kanton Baselland

Bedeutung National

Seite 1 Die Dokumentation beschreibt auch Objekte (Strecken, Linienführungen, Abschnitte), welche nur noch wenig oder keine historische Wegsubstanz enthalten. Diese sind in der Inventarkarte als graue Linien dargestellt. Sie sind historische Verkehrswege von nationaler Bedeutung, sind aber nicht Teil des Bundesinventars (Art. 3 VIVS). Ifenthal - Belchenfluh - Chilchzimmersattel; Belchensüdstrasse 1088

Stand März 2001 / rb Die Belchensüdstrasse ist ein Zeuge aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Sie bildete das Rückgrat der in den Jahren 1914–1918 gebauten Fortifikation Hauenstein. LÄTT HEINZ (1998) nennt als Beweggründe für den Bau der Fortifikation Hauenstein den Schutz des Eisenbahnknotenpunktes Olten, die Verhinderung eines feindlichen Einbruchs ins Mittelland und die Vermeidung einer «Abkürzung» für die deutsche Armee in die Mittelostflanke Frankreichs beziehungsweise umgekehrt für die Französische Armee in den deutschen Südraum. Die Strategie habe auf der Tatsache gegründet, dass zwischen Aarau und Balsthal, auf einer Strecke von nur 30 Kilometern, zehn Juraübergänge vorhanden waren. Unmittelbar nach der Mobilmachung von 1914 gab die Armeespitze unter General Wille den Befehl, die bereits bestehenden Pläne zur Fortifikation Hauenstein zu realisieren. Mehrere tausend Armeeangehörige nahmen im 24-Stunden-Betrieb die Arbeiten in Angriff (LÄTT HEINZ 1998). Es waren vorab Aargauer, Basler, Luzerner und Zürcher Landwehrtruppen, die zum Einsatz kamen und deren Kantonswappen und Inschriften noch heute die Strasse zieren (MERZ ADOLF 1962: 168). Erste Priorität beim Beginn der Arbeiten hatte der Bau von Strassen. So wurde innerhalb von wenigen Monaten die Belchensüdstrasse aus dem Fels gesprengt. Weitere Strassen im Gebiet Hauenstein, die auf jene Zeit zurückgehen, sind: Winznau – Wilmatt – Mahrenacher – Froburg – Wissen – Hupp – Wisenberg – Ramsach, Rankbrünneli (unterhalb Ifenthal) – Gwidemflue, Wangen b. Olten – Rumpel und Schmutzberg – Challhöchi (südlich von Eptingen). Dazu kamen zahlreiche weitere Bauwerke wie kilometerlange Schützengräben, Unterkünfte, Depots, Telefonzentralen, Geschützstellungen usw. Beim Höhepunkt der Arbeiten war ein grosser Teil der Schweizer Armee am Hauenstein im Einsatz. Am Ende des Krieges hatten allein die neu gebauten Bergstrassen eine Länge von 26 Kilometern (LÄTT HEINZ 1998). Von den heute noch erhaltenen Bauwerken der Fortifikation Hauenstein ist die Belchensüdstrasse das markanteste und am besten unterhaltene. Die Wappen im Fels wurden schon mehrmals restauriert, zuletzt im Frühjahr 1997 durch den Oltner Bildhauer Paul Nünlist (LÄTT HEINZ 1998). Die Strasse ist nicht nur ein für jene Zeit eindrückliches Bauwerk, sondern ihr kommt auch eine ausserordentlich grosse symbolische Bedeutung zu. Sie steht stellvertretend für den Widerstandswillen der Schweiz während des Ersten Weltkriegs. Es ist in erster Linie dieser historische Wert, aber auch das Bauwerk an sich sowie sein guter Erhaltungszustand, der die nationale Einstufung dieser Strasse im Rahmen des IVS begründet.

GELÄNDE

Aufnahme 3. Mai 2001 / rb, D

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Die Strasse ist über weite Strecken in ihrer ursprünglichen Anlage und Form erhalten geblieben. Das markanteste Teilstück liegt zwischen dem Chambersberg und der Belchenfluh. Hier wurde die Strasse bergseitig in den Fels gebaut, und zahlreiche Inschriften erinnern an die Anlage der Strasse. Wie einzelne Inschriften zeigen, wurde auch während des Zweiten Weltkriegs an der Strasse gearbeitet. In dieser Zeit dürften punktuelle Ausbauten erfolgt sein. Möglicherweise wurde damals das Teilstück zwischen Ifenthal und der Challhöchi leicht verbreitert. Von Ifenthal ausgehend, ist die Strasse 3 m breit und geteert; sie führt mit gleichmässiger Steigung Richtung Westen. Ausgangs Dorf ist sie auf einer Länge von 250 m bis zum Pkt. 755 als Hangweg ausgeprägt. Die berg- und talseitig vorhandene Böschung ist grasüberwachsen und bis 2 m hoch. Westlich von Pkt. 755 geht die Oberfläche in eine festgefahrene Jurakalkschotterung über, die Breite der Strasse beträgt stellenweise bis 4 m. Bergseitig ist sie durch eine erdig/felsige Böschung begrenzt, die Richtung Challhöchi zunehmend in Fels übergeht. Östlich der Challhöchi sind in der Felsböschung die ersten Inschriften zu sehen. Nebst dem Kopf eines Hauptmanns (vgl. Abb. 9) haben sich das Bataillon 143 aus dem Kanton Basel-Landschaft und das Bataillon 147 aus dem Aargau mit ihren Wappen verewigt. Die Strasse ist in diesem Bereich wiederum geteert. Die Felsböschung ist punktuell mit einer Trockenmauer ergänzt; ein kurzes Mauerstück bildet an einer Stelle auch die talseitige Begrenzung. Zwischen der Challhöchi und dem Chambersberg ist die Strasse 3– 4 m breit und mit gebrochenem Jurakalk geschottert. Segmente von erdigen und felsigen Böschungen bilden immer wieder die bergseitige Strassenbegrenzung. Östlich von Pkt. 927 ist eine weitere Inschrift erkennbar. Oberhalb des Chambersbergs führt die Strasse in den Wald hinein (Abb. 1) und bildet bis zur Grenze mit dem Kanton Basel-Landschaft das erste substanzreiche Teilstück der Strecke. Talseitig wird die Fahrbahn fast durchgehend von einer Trockenmauer begrenzt. Sie ist jedoch maximal 1 m hoch und bildet stellenweise bloss einen einfachen Randabschluss. In der 2– 4 m hohen Felsböschung sind nebst zwei einfachen Inschriften eine detailreichere des Füs. Bat. 143 angebracht (Abb. 2). Nach dem Wechsel in den Kanton Basel-Landschaft durchbricht die Strasse eine kleine Felsnase und führt dann auf der Nordseite dem Grat entlang. Das erste Teilstück auf dem Kantonsgebiet des Kantons Basel-Landschaft hat eine Länge von rund 350 m.Talseitig steht eine kurze, 0.5–1 m hohe Stützmauer, während sich auf der Bergseite erdige und felsige Böschungen sowie kurze Mauersegmente abwechseln. Das Zürcher Wappen der 5. Division ist als auffällige Inschrift sichtbar. Ganz und gar unauffällig ist hingegen die einzige Distanzangabe auf der Strecke (Abb. 3): Die Inschrift «Km III» gibt die Distanz an bis nach Ifenthal. Bei Pkt. 957 wechselt die Strasse wieder auf solothurnisches Kantonsgebiet.

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Kurz vor dem Waldeingang oberhalb des Chambersbergs ist hinter einigen grossen Einzelbäumen eine gut gebaute und noch intakte Trockenmauer zu erkennen. Abb. 1 (rb, 3. 5. 2001)

Zwischen Chambersberg und der Kantonsgrenze liegt diese detailreiche Inschrift, angebracht im «JUNI 1915» durch das «FÜS. BAT. 143 I. KOMP». Abb. 2 (rb, 3. 5. 2001)

Die einzige, unscheinbar angebrachte Kilometerangabe entlang der Strecke, liegt im Gebiet des Kantons BaselLandschaft. Die drei Kilometer sind die Distanz bis nach Ifenthal. Abb. 3 (rb, 3. 5. 2001)

Westlich vom Pkt. 957 folgt auf einer Länge von 700 m das morphologische Kernstück der Strecke. Die 3.5–4 m breite, mit

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gebrochenem Jurakalk geschotterte Strasse beginnt als unscheinbarer Waldweg (Abb. 4). Stellenweise ist die aus Bruchsteinen gesetzte Kofferung zu erkennen. Bergseitig wird die Strasse Richtung Westen zunehmend von einer ausgesprengten, häufig relativ glatten Felsböschung begrenzt (Abb. 6, 7). Ihre Höhe nimmt von Pkt. 957 bis unter die Belchenflue zu; sie beträgt durchschnittlich mehrere Meter. Darin sind einige schwach angedeutete Ausweichstellen erkennbar. Parallel dazu sorgen gepflästerte Wasserabzugsschalen für die Oberflächenentwässerung (Abb. 5). Sie sind nur noch teilweise zu erkennen. Im Mittelbereich des Teilstücks sind in der Felsböschung auf engem Raum sechs grosse Vignetten angebracht. Es sind – wie alle Inschriften entlang dieser Strecke – Erinnerungen an den Strassenbau, und sie zeigen Wappen und Abkürzungen der beteiligten militärischen Einheiten (Abb. 7, 8). Unterhalb der Belchenflue liegt eine Höhle, die wahrscheinlich während des Strassenbaus als Unterstand benutzt wurde. Die Höhle ist talseitig erschlossen durch einen (gebauten) Zugang, der unter der Strasse durchführt. Ganz im Westen des Teilstücks ist in einer Höhe von 4– 5 m eine sorgfältig gearbeitete Inschrift angebracht, die den Bau der Strasse festhält (Abb. 12). Talseitig wird die Strasse über weite Strecken von einer gleichmässig geschichteten (teils trocken gefugten, teils gemörtelten) Quadersteinmauer von unterschiedlicher Höhe begrenzt (Abb. 11). Dazwischen finden sich kurze Bereiche mit frei stehenden Brüstungsmauern, die am Fuss von Halbkreisbogen durchbrochen sind (Abb. 10). Im übrigen findet sich ein durchgehendes Holzgeländer auf Eisenpfosten auf den talseitigen Mauern, das offensichtlich sorgfältig unterhalten wird (Abb. 11). Zwischen Belchenflue und Gwidemhöchi dreht die Strasse mit einer lang gezogenen Haarnadelkurve nach Norden und überquert auf der Krete die Kantonsgrenze Solothurn/Basel-Landschaft.

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Als unscheinbarer Waldweg beginnt der Einstieg in das morphologisch interessanteste Teilstück der Strecke. Abb. 4 (rb, 3. 5. 2001)

Kurz nachdem die Strasse vom Kanton Basel-Landschaft wieder auf solothurnisches Kantonsgebiet wechselt, ist die wegparallele Wasserabzugsschale auf einem längeren Teilstück deutlich zu erkennen. Abb. 5 (rb, 3. 5. 2001)

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Der Charakter des Weges mit seiner extrem steilen Felsböschung kommt am besten ganz im Westen, unterhalb der Belchenflue, zum Ausdruck. Abb. 6 (rb, 3. 5. 2001)

Typisches Merkmal der Belchensüdstrasse sind die zahlreichen Inschriften. Sie reichen von einer schnörkellosen Vignette mit Schweizer Kreuz ... Abb. 7 (rb, 3. 5. 2001)

... über die kunstvollste Darstellung entlang der Strasse ... Abb. 8 (rb, 3. 5. 2001)

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... bis zum namenlosen, bekränzten Hauptmann. Abb. 9 (rb, 3. 5. 2001)

Die mit Halbkreisen durchbrochenen Brüstungsmauern geben der Strecke an einzelnen Stellen das Gepräge einer Alpenpassstrasse. Abb. 10 (rb, 3. 5. 2001)

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Die soliden, teils schräg abgestützten talseitigen Mauern zeugen von der grossen Fertigkeit ihrer Erbauer. Das einfache Eisen-Holz-Geländer geht wahrscheinlich bereits auf die Anlage der Strasse zurück. Es wird noch heute unterhalten. Abb. 11 (rb, 3. 5. 2001)

Ganz im Westen des substanzreichen Teilstücks weist eine einfache, aber sehr sorgältig ausgeführte Inschrift auf den Grund der Strassenanlage hin. Abb. 12 (rb, 3. 5. 2001)

Auf der Passhöhe südöstlich der Belchenfluh führt die Strecke wiederum auf das Kantonsgebiet des Kantons Basel-Landschaft. Der Grenzstein Nr. 162 aus dem Jahre 1882 markiert dies am östlichen Wegrand. Der mit gebrochenem Jurakalk geschotterte Weg ist 3.5–4 m breit. Eine 30 m lange, mit Halbkreisen durchbrochene Brüstungsmauer steht zu Beginn des Weges in Richtung Nordwesten. Bergseits finden sich eine 2.5 m hohe Mauer sowie bearbeitete Felsen unterschiedlicher Höhe als Wegbegrenzung. Bis zum Chilchzimmersattel ist die Strasse in derselben Art geschottert wie bereits beschrieben, bergseitige Böschungen sind maximal 2 m hoch. Auf den letzten Metern finden sich wiederum bergseitige, bis 1.5 m hohe Stützmauern, ein betonierter, halbkreisförmiger Unterstand, eine gemauerte Nische, die einst als Brunnen gedient haben könnte, sowie auf einem Stein verschiedene stark verwitterte Inschriften militärischen Ursprungs,

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die wohl den Erbauern dieses Streckenteils zugeschrieben werden können. –––– Ende des Beschriebs ––––