IVS BE 3. INVENTAR HISTORISCHER IVS Dokumentation Bedeutung National VERKEHRSWEGE Kanton Bern DER SCHWEIZ Seite 1

IVS INVENTAR HISTORISCHER VERKEHRSWEGE DER SCHWEIZ BE 3 IVS Dokumentation Kanton Bern Bedeutung National Seite 1 Die Dokumentation beschreibt auch ...
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IVS INVENTAR HISTORISCHER VERKEHRSWEGE DER SCHWEIZ

BE 3 IVS Dokumentation Kanton Bern

Bedeutung National

Seite 1 Die Dokumentation beschreibt auch Verkehrswege (Strecken, Linien, Abschnitte) welche nur noch wenig oder keine schützenswerte Substanz enthalten. Diese sind in der Inventarkarte als graue Linien dargestellt und sind nicht Bestandteil des nationalen Inventars im Sinne der Verordnung (siehe Art. 7, Abs. 2 VIVS).

Strecke BE 3 Landeskarte

Biel - Neuchâtel, NE 1125, 1126, 1145

GESCHICHTE

Stand Januar 2002 / sbo Die Verbindung von Biel über La Neuveville nach Neuchâtel bekommt erst im 19. Jahrhundert mit dem Bau der Fahrstrasse 1835–1838 nationale Bedeutung. Vorher gab es als lokale Verbindungen Fusswege zwischen einzelnen Ortschaften und einen Seeuferpfad (siehe BE 2126); aber als Hauptverkehrsader diente der Wasserweg (siehe Bielersee BE 2166). Biel Die frühesten Siedlungsspuren im Gebiet der Stadt Biel stammen aus römischer Zeit. Im Bereich des mittelalterlichen Siedlungskerns, in der Brunn- oder Römerquelle, sind 1846 300 Münzen von Cäsar bis Valentinian (1. Jh. v. Chr. bis 4. Jh. n. Chr.) gefunden worden; es soll sich um eine gallorömische Kultstätte handeln. Östlich der mittelalterlichen Stadt konnten im 20. Jahrhundert weitere römische Siedlungsreste ausgegraben werden. Über die Art der Siedlung in den ersten 1200 Jahren unserer Zeitrechnung herrscht keine Klarheit. 1142 ist «Bielna» erstmals urkundlich erwähnt. Status und Grösse einer Stadt erhielt Biel am Anfang des 13. Jahrhunderts. Das Stadtrecht wurde 1275 von Rudolf von Habsburg verliehen. Obwohl dem Fürstbistum Basel unterstellt, schloss Biel schon ab dem 13. Jahrhundert selbständig Verträge mit Klöstern (Saint-Imier, MoutierGrandval, Trub u. a.), Grafenhäusern (Neuenburg, NeuenburgNidau u. a.) und Städten (1279 Bern, 1311 Freiburg, 1334 Solothurn, 1342 Murten, 1395 La Neuveville). Das Bündnis mit Bern war seit 1352 ein «ewiger Bund». Aus den widersprüchlichen Verpflichtungen gegenüber Basel und Bern folgten 1367 ein Krieg, ein Stadtbrand und die Zerstörung der bischöflichen Burg. Trotz grösserer Unabhängigkeit blieb Biel jedoch in den nächsten 400 Jahren weiterhin bischöfliche Grenzstadt, abhängig von seinen beiden Territorialmächten Basel und Bern. 1798 erfolgte der Einmarsch französischer Truppen. Biel wurde als «Canton de Bienne» Frankreich einverleibt. 1815, nach der Niederlage Napoleons, wurde Biel vom Wiener Kongress dem Kanton Bern zugeteilt, zusammen mit den meisten Gebieten des ehemaligen Fürstbistums Basel (HBLS Band II 1924: 237 ff; JbSGU 54, 1968/69: 136; 77, 1994: 193; AKBE 3A 1994: 95 ff.; ISOS Kanton Bern 2 Seeland 1998: 69 ff.; HLS s. v. «Biel»). La Neuveville Im Gebiet von La Neuveville gibt es einige wenige Spuren römischer Besiedlung. Ein bei La Neuveville 1608 gefundener, der Göttin Naria Nousantia gewidmeter Weihaltar befindet sich heute im Gemeindehaus von Cressier (TSCHUMI 1953: 308; WALSER 1979/80 II: 14 f. Nr. 115). Baureste und Funde, die 1888 oberhalb der Stadt, östlich des Schlosses entdeckt worden sind, lassen auf einen römischen Gutshof schliessen (TSCHUMI 1953: 308). Unterhalb des Schlosses befindet sich ein frühmittelalterliches Gräberfeld mit Beigaben des 6./7. Jahrhunderts. (TSCHUMI 1953:

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308). Östlich der Stadt, im Bereich der Blanche Eglise, stammen die frühesten Siedlungsspuren aus der Bronzezeit. Eine römische Belegung des Platzes ist ebenfalls gesichert. Die früheste Kirche stammt aus vor- oder frühkarolingischer Zeit. Im Jahr 866 wird die Blanche Eglise erstmals erwähnt als «capella Sancti Ursicini» (KS Band 3 1982: 613; JbSGU 69, 1986: 287 f.; AKBE 1, 1990: 97 ff.). Die Bischöfe von Basel errichteten die Burg Schlossberg um 1283– 88 und gründeten 1312 La Neuveville (vorher die um 1260/1309 neu konstituierte ehemalige Siedlung Nugerol bei Le Landeron, siehe dazu auch Streckenbeschrieb NE 5). 1318 erhielt der Ort das Stadtrecht, 1338 das Marktrecht. Administrativ zuerst von Biel abhängig, schloss La Neuveville 1342 ein Bündnis mit Welschneuenburg. 1388 und 1395 kamen die Burgrechte mit Bern und Biel dazu. 1530 erfolgte die Reformation und 1797 marschierten die französischen Truppen ein. 1815 kann La Neuveville durch den Wiener Vertrag zum Kanton Bern (HLS V 1929: 267; KS Band 3 1982: 611 ff.). Der Aufschwung von La Neuveville kam mit dem Bau der Bielerseestrasse des 19. Jahrhunderts. J. A. Heiniger beschrieb die 1873 folgendermassen: «Bis in die Dreissiger Jahre war Neuenstadt ein stiller, isolierter, wahrhaft idillischer Ort. Nur nach Landeron und nach Westen führte ein fahrbarer Weg. Nach Biel konnte man nur zu Schiff oder auf mühsamen Fusspfaden gelangen, indem es keine Strasse gab [...] Weinbau, Französisch lernende Pensionäre und der Burgernutzen waren die einzigen Nahrungs- und Erwerbsquellen. [Dem alten Neuenstadter-Burger] war seine Stadt der Mittelpunkt der Welt und darüber hinaus ging der blaue Himmel und jenseits der Berge waren die Weinkäufer, die das Geld brachten [...] Endlich in der zweiten Hälfte der Dreissiger Jahre drückte Alt-Schultheiss Neuhaus mit seiner bekannten Energie die Erbauung der Seestrasse durch und mit Eröffnung derselben kam Neuenstadt an den Grossverkehr zwischen deutschen und welschen Landen, der sich jetzt am Fusse des Jura hinzog und einen völligen Umschwung, an Platz der bisherigen Todtenstille Leben und Verkehr mitbrachte. Neuenstadt selbst wurde jetzt Haltestation für die grossen Fuhren, Umspannstation für die Posten und endlich Absteigequartier für die Touristen. Damit entwickelte sich in erster Linie die Gasthofindustrie und das Wirthschaftswesen, aber auch Gewerbe aller Art nahmen einen bisher nicht gesehenen Aufschwung. Eine neue Zeit pochte an die Thore der Stadt der klassischen Ruhe.» (HEINIGER in: ROGGER 1986: 105 f.). Neuchâtel Im Jahr 1011 wird Neuchâtel «Novum castellum» (HBLS Band V, 1929: 244 ff.; LMA Band VI 1999: 1099) als Residenz der Könige von Burgund erstmals erwähnt (als «regalissima sedes», sehr königlicher Sitz). Rudolf III., der letzte Burgunderkönig, schenkte seiner Gemalin Irmengard mehrere Besitzungen in der französischen Schweiz, darunter auch Neuchâtel. Wenig später vergabte Irmengard diese Besitzungen der St. Mauritiuskirche von Vienne. Nach dem Tod des letzten Burgunderkönigs folgten Erbstreitigkeiten und die Zerstörung der Stadt. Die Grafen von Neuenburg sind erstmals 1196 belegt. Sie gelten als Nachfahren der Grafen von Fenis. Bei der Hausteilung im Jahr 1214 n. Chr. gingen Güter und Rechte am linken Ufer des Neuenburgersees an Berchtold, den Stammvater der «welschen» Neuenburger. Güter und Rechte auf der rechten Seite des Neuenburgersees und die Landgrafschaft westlich der Aare gingen an Ulrich III.; von Ulrich III. gingen die Linien Nidau, Strassberg und

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Aarberg-Valagnin aus. Die Grafen von Neuenburg versuchten unter anderem, ihre Stellung durch Burgrechte mit benachbarten westschweizerischen Städten zu festigen, 1406 gingen sie auch ein ewiges Burgrecht mit Bern ein. Der Marktplatz ist in Neuchâtel urkundlich seit 1274 nachgewiesen (AUDÉTAT 1921: 41). 1512 wurde Neuchâtel von den verburgrechteten Orten Bern, Solothurn, Freiburg und Luzern besetzt und 1513–29 als Landvogtei verwaltet. Danach kam die Grafschaft in den Besitz der Gräfin Johanna von Hochberg, der Witwe von Ludwig von Orléans. 1530–33 erfolgte auf Betreiben Berns die Reformation. Unter der Herrschaft von Orléans-Longueville genoss Neuenburg trotz französischem Statthalter einen autonomieähnlichen Status. Als sich Heinrich II. im Westfälischen Frieden den Titel eines Fürsten zulegte, wurde Neuchâtel 1648 zum Fürstentum. Nach 1707 wechselte die Dynastie, das Fürstentum gelangte in den Besitz des preussischen Königs Friedrich I., konnte jedoch seine Selbständigkeit weitgehend bewahren. Damit rückte Neuchâtel auch näher zu den reformieren Orten der Eidgenossenschaft. 1806 trat Friedrich Wilhelm III. Neuchâtel an Napoleon ab; nach dessen Sturz holten die Hohenzollern ihren ehenmaligen Besitz jedoch wieder zurück. Unter dem Druck der Alliierten und auf Wunsch der eigenen Regierung kam Neuchâtel 1814 als 21. Kanton zur Eidgenossenschaft, blieb aber gleichzeitig bis 1848 als Fürstentum Eigentum des preussischen Königs. Geschichte der Verbindung Die Besiedlung am linken Bielerseeufer lässt sich zum Teil bis ins Neolithikum zurückverfolgen. Erwähnenswert ist vor allem die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Twann. Die in den 70er Jahren durchgeführte Ausgrabung im Bereich des Autobahntrassees lieferte den umfassendsten neolithischen Fundbestand in der Schweiz (FURGER in: AERNI 1980: 82 ff.; Plan A in: AERNI 1980). Aus der Latènezeit sind im Seengebiet einige Brücken und sogar Strassenreste bekannt. JUD (2002) hat darauf basierend ein Strassennetz rekonstruiert; er postuliert unter anderem eine latènezeitliche Hauptverbindung am Jurasüdfuss, von Yverdon aus dem linken Neuenburger- und Bielerseeufer entlang, dann weiter in Richtung Solothurn. Am linken Bielerseeufer fehlen bisher jedoch entsprechende archäologische Nachweise. Eine römische Strassenverbindung dem linken Ufer des Bielersees entlang ist bei HOWALD, MEYER (1940) und bei STAEHELIN (1948: 339 Anm. 2 und 358; Karte) angegeben. Nach STAEHELIN ist es «ein dem Fuss des Jura entlangziehender Weg von StCergue über Bière - Romainmôtier - Lignerolle, dessen Verlängerung westlich am Neuenburger- und Bielersee vorbeiführte». Er verweist dabei auf die Bezeichnung «Etraz», abgeleitet vom lateinischen «strata». Neuere Forschungen zeigen jedoch, dass dieser Begriff nicht zwingend auf eine römische Strasse verweisen muss und somit nicht als Beleg herangezogen werden kann (VION 1990). Archäologische Überreste einer römerzeitlichen Strasse am linken Bielerseeufer gibt es nicht. Die Annahme von MOTTAS (1982: 114), dass Cäsar eine Verbindungsstrasse zwischen den Kolonien Nyon und Augst westlich des Neuenburger- und des Bielersees gebaut haben soll, ist rein hypothetisch und beruht auf strategischen Überlegungen Mottas' (dazu: BERGER 1968: 15 ff.; HERZIG 1986: 9). Nach

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SCHWAB (1996) soll die früheste Verbindung zur Römerzeit zwischen Rhein und Rhone dem Südufer des Neuenburgersees entlang geführt haben; der weitere Verlauf nach SCHWAB (1996) führte über die Zihl und anschliessend dem Nordufer des Bielersees entlang nach Biel und durch den Pierre Pertuis an den Rhein. SCHWAB bezieht sich auf die römische Brücke über die Broye bei Le Rondet, die aufgrund dendrochronologischer Analysen unter Augustus 6 v. Chr. erbaut worden ist; für den Strassenverlauf am westlichen Bielerseeufer nennt SCHWAB keine Belege. Die erste Kirche von Twann muss im 9. oder 10. Jahrhundert gebaut worden sein, eventuell sogar schon vorher (KS Band 3 1982: 601; ISOS Bern, Band 2 Seeland 1998: 330). Erstmals erwähnt werden Twann 1145 n. Chr., Ligerz 1178 n. Chr. und Tüscherz im 13. Jahrhundert. Die Dörfer am linken Bielerseeufer waren bis ins 19. Jahrhundert verkehrsmässig auf den See ausgerichtet (ISOS Bern, Band 2 Seeland 1998). Eine ausgebaute Fahrstrasse dem See entlang gab es nicht, vor allem wegen mehrerer Felsköpfe, die den Durchgang versperrten. Es bestanden jedoch viele lokale Wege, einerseits als Verbindung zwischen den einzelnen Ortschaften, andererseits in die Reben. Schon im 12. Jahrhundert n. Chr. waren zahlreiche Weinberge im Besitz des freien Adels und der Klöster des Mittellandes; die Bebauung dieser Weinkulturen führte sicher zu einem regen lokalen Verkehr auf Landwegen, während sich der überregionale Verkehr der Schiffahrt bediente (siehe BE 2166 Bielersee). Zwischen den Städten Neuchâtel, Biel und Solothurn bestanden nahe Beziehungen. Der Markt in Biel wurde 1295 von den Neuenburger und Solothurner Bürgern besucht (AUDÉTAT 1921: 5; 39 f.; BAUMANN 1924: 8). Im 14. Jahrhundert sind im Gebiet von La Neuveville aus Urkunden mehrere Wege belegt, die sich allerdings nicht genauer lokalisieren lassen. Ein Zinsurbar von La Neuveville nennt einen Weg «so man gen byel gat». Die Berner verlangten 1513 von ihren Verbündeten die «Besserung der Strass zwischen Biel vnd Nüwenburg», damit «einer fur den andern vnnd die lut vff vnnd nider sichts mugent ryten». Es könnte also doch bereits im Spätmittelalter teilweise ein auch für Pferde begangbarer Weg über dem linken Bielerseeufer bestanden haben (AUDETAT 1921: 40; VON RÜTTE 1991: 151 f.). Der durchgehende Weg, der unmittelbar dem Ufer entlang führte (siehe BE 2126), war jedoch wohl für Pferde kaum geeignet. In Tüscherz, Twann, Ligerz und Schafis diente dieser ehemalige Uferweg auch als Treidelpfad (MOSER 2004/5); getreidelt wurde am See ausschliesslich mit Menschenkraft (MOSER 1998: 16). Dieser Schiffsziehweg ist auf den Plänen der Bielerseestrasse des 19. Jahrhunderts als «Chemin de La Neuveville à Berne» noch zu sehen (KKK 3164). In den Notizen über Land- und Wasserstrassen im Kanton Bern gibt J. A. Watt (WATT 1833: 17 ff.) Gründe an für die Anlegung einer Strasse längs des Bielersees. Er meint, eine Wasserstrasse ohne mitgehende Landstrasse werde nie einen bedeutenden Warentransit anziehen können. Der Neuenburgersee habe eine solche Strasse, der Bielersee aber nicht und hemme damit den Verkehr vom südlichen Frankreich aus über Genf und Pontarlier in die östliche Schweiz; dieser Verkehr ginge jetzt über Basel. Zudem seien die Bewohner des linken Seeufers auf einen schlimmen Fussweg beschränkt. Falls stürmisches Wetter herrschte oder der See zugefroren war, was sehr oft geschehe, seien sie von jeder Zufuhr abgeschnitten.

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Die erste Fahrstrasse zwischen Biel und La Neuveville wurde 1835–1838 gebaut; dieses Strassenprojekt veränderte die Ortsbilder der anliegenden Dörfer zum Teil stark. Innerhalb Biels wurde die Strasse nach Neuchâtel parallel zur SeevorstadtPromenade angelegt (ISOS Bern Band 2 Seeland 1998: 77). Der untere Dorfteil von Tüscherz ist durch die Landstrasse neu entstanden. Bisher erfolgte nicht nur der Weinhandel, sondern auch der Kirchgang über den See. Erst nach dem Bau der Bielerseestrasse und der Eisenbahnlinie Biel - Neuchâtel 1860 schloss sich Tüscherz der Kirchgemeinde Twann an, bis 1876 hatte das Dorf zur Pfarrei Sutz am gegenüberliegenden Ufer gehört (ISOS Bern Band 2 Seeland 1998: 322). In der Dorfgasse von Twann wurden zahlreiche Treppenvorbauten abgebrochen und Hausfassaden verändert, die Fronten repräsentativer gestaltet (ISOS Bern Band 2 Seeland 1998: 331). In Ligerz wurden Teile des Oberdorfes abgerissen. In La Neuveville wurde die Ostseite der Stadt erst durch die Erstellung der Bielerseestrasse durchbrochen, 1844 folgte dann, auch in diesem Zusammenhang, auf der Westseite der Abbruch der 1626 errichteten Neuve Porte (KS Band 3 1982: 601 ff.). Erst mit der Kunststrasse des 19. Jahrhunderts bekommt die Landverbindung von Biel nach Neuchâtel nationale Bedeutung, vorher war das Nordufer des Bielersees auf den Seeweg angewiesen (KREBS 2002). Das Budget für den 1834 bewilligten Bau der Bielerseestrasse wurde weit überschritten, unter anderem durch mehrfache Trasseeverschiebungen und für Landentschädigungen. Als die Strasse Biel - La Neuveville fertig wurde, hatte sie statt der budgetierten 80000 Franken 600000 Franken gekostet. Der Grosse Rat und die Regierung lehnten es jedoch ab, die Angelegenheit zu untersuchen. Man tröstete sich über die Finanzmisere mit der Bemerkung, die Strasse sei zwar ein Skandal, aber sie sei schön (ROGGER 1986: 113). Im Vorfeld war auch eine alternative Variante südlich des Bielersees vorgeschlagen worden. Der Burgerrat von Nidau richtete ein entsprechendes Schreiben, das sich heute im Burgerarchiv Nidau befindet (NIDAU 1834), an den Regierungsrat von Bern. Darin wurde vorgeschlagen, eine Strasse «in zwei Abteilungen, nach Murten über das grosse Moos und dann über Erlach nach Neuenburg» zu bauen. Die Strassenabteilung über Erlach würde bei Zihlbrück in die bestehende Strasse nach Neuchâtel einmünden und die andere Abteilung über das Grosse Moos nach Murten in die Strasse nach Freiburg und Waadt bis Genf. Als Vorteil machte Nidau geltend, diese Südstrasse würde nicht nur dem Verkehr mit Neuchâtel dienen, sondern auch den Handelsbeziehungen mit den Kantonen Freiburg, Waadt und Genf. Ausserdem sei zu befürchten, dass Neuchâtel die Durchquerung seines Gebietes verweigern könnte. Würde die Strasse südlich des Bielersees durchgeführt, könnten die Handelsbeziehungen nicht durch Neuchâtel unterbrochen werden. Der Burgerrat von Nidau betonte auch die Nachteile, die Nidau als Eigentümerin von Waldungen in Tüscherz und Alfermée entstehen würden, falls die Strasse am linken Bielerseeufer gebaut würde. Neben dem Verlust der Waldungen könne dann auch der Holztranzport nicht mehr so billig erfolgen. Bisher seien die Hölzer durch bestehende Holzlasse herunter gebracht und als Flösse über den See nach Nidau geliefert wurden. Mit dem Bau der Strasse müssten künstliche, weniger sichere Holzlasse angebracht oder das Holz mit Wagen über Biel nach Nidau geführt werden. Allein für den Transport des Holzes sei ein zinstragendes Kapital von Fr. 154000 erforderlich. Dazu besitze Nidau noch eine Steingrube, die nach dem Bau der Strasse nicht

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mehr benützt werden könne. Nidau hätte also bei Bau einer Strasse nördlich des Bielerseeufers bedeutende Entschädigungsansprüche und empfehle (wie sich herausstellte, vergeblich) dem Grossen Rat von Bern, das Projekt einer linksufrigen Bielerseestrasse zu verwerfen. Die neue Bielerseestrasse war vor allem wegen ihrer Kürze anziehend. Wenn die Fuhrleute von Solothurn statt über Aarberg und das Waadtland über Biel - La Neuveville fuhren, gewannen sie mehrere Stunden und ersparten sich einen ausserordentlichen Vorspann. Da sie sich dadurch viel weniger lang auf bernischem Boden aufhielten, gab es im Grossrat eine Beschwerde, dass alle Kantone ausser Bern von der neuen Bielerseestrasse profitierten. Dagegen wurde eingewendet, Bern müsse verbesserte und verkürzte Transitstrecken anbieten, um den Transport überhaupt im Kanton halten zu können. Es ging dabei um finanzielle Vorteile aus Zoll- und Weggeldern vor der Abschaffung des Zollrechts 1853. Streitigkeiten blieben nicht aus. Als sich Solothurn und Neuenburg empörten, weil auf der Bielerseestrasse ein Weggeld erhoben wurde, schikanierte Bern im Gegenzug seine Nachbarn, indem der Bau des Anschlusses zur Grenze und die Verbreiterung des Neuenstadt-Tors verzögert wurden. (STVB 1814–30: 463; 1834/35: 106; 1836/37: 145; ROGGER 1986). Die Eisenbahn von Biel nach La Neuveville wurde 1858–1860 gebaut; die Nationalstrasse A 5 verbindet seit 1977 Biel mit Neuenburg (GROSJEAN UND MITARBEITER 1973: 45; 48; MOSER 1998: 19). Kartographische Darstellungen Die alte Verbindung, wohl vorwiegend ein Fussweg, ist unter anderem bei BODMER 1709, im Atlas Suisse (AS 6 1798 «Chemin»), bei BUCHWALDER (1822; KKK 966) und auf lokalen Plänen eingetragen. Verschiedene Pläne der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Liste: KKK 3164) zeigen den Verlauf des alten Seeuferweges sowie der neuen Bielerseestrasse von 1835–38. Auf der Topographischen Karte (TK Blatt VII 1845) ist die Strecke mit der Signatur «Poststrassen I und II Classe» versehen, im Topographischen Atlas (TA 121 Orvin 1872; 134 Neuveville 1879; 135 Twann 1870) ist es eine «Kunststrasse über 5 m Breite».

GELÄNDE

Aufnahme 15. September 2001 / GS Die Strecke zwischen Biel und La Neuveville verläuft entlang dem nordwestlichen Ufer des Bielersees, der auf dieser Längsseite durch den Jura begrenzt wird. Trotz der stellenweise steilen Uferpartien – besonders im nördlichen Teil zwischen Vingelz und Tüscherz – blieb für die Anlage einer ersten Fahrstrasse und Bahn genügend Raum, ohne dass aufwendige Kunstbauten erforderlich gewesen wären. Die Strecke präsentiert sich heute zu einem grossen Teil als moderne 1. Kl.-Strasse mit teilweise über 10 m Breite. Ältere Strassenpartien finden sich aber noch in den Dorfkernen, die von der heutigen Hauptstrasse fast ausnahmslos umgangen werden. Die Strecke ist in die fünf Abschnitte BE 3.0.1 bis 3.0.5 gegliedert. –––– Ende des Beschriebs ––––