Industrielles Beteiligungscontrolling als strategischer Erfolgsfaktor

3-7910-1988-0 Wurl, Industrielles Beteiligungscontrolling © 2003 Schäffer-Poeschel Verlag (www.schaeffer-poeschel.de) Industrielles Beteiligungscont...
Author: Kristina Weiß
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3-7910-1988-0 Wurl, Industrielles Beteiligungscontrolling © 2003 Schäffer-Poeschel Verlag (www.schaeffer-poeschel.de)

Industrielles Beteiligungscontrolling als strategischer Erfolgsfaktor

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Industrielles Beteiligungscontrolling als strategischer Erfolgsfaktor Hans-Jürgen Wurl*

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Einleitung

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Terminologische und funktionale Abgrenzungen

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Funktionsbereiche und Effizienzdeterminanten

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Gestaltung der Systemkonfiguration

Literatur

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Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Jürgen Wurl, Inhaber des Lehrstuhls für Rechnungswesen und Controlling an der Technischen Universität Darmstadt

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Einführung

Einleitung

In nahezu allen in den letzten Jahren durchgeführten empirischen Untersuchungen über den Erfolg von Unternehmensbeteiligungen1 hat sich gezeigt, daß bei vielen derartigen Transaktionen der erwartete Erfolg nicht eingetreten ist, sondern – im Gegenteil – sogar Wert vernichtet wurde. So ergab eine im Mai 2002 veröffentlichte Studie der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AG über »Transactions in Germany – Success or Failure?«, »that 62 percent of transactions involving a German corporation did not succeed in creating ›sustainable shareholder value‹ (hereinafter referred to simply als ›value‹). Value was destroyed in 59 percent of the cases, and no significant value was created in 3 percent of the cases …«2. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt beispielsweise eine Studie von PricewaterhouseCoopers sowie eine Studie des Institute for Mergers & Acquisitions (IMA) in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatungsgesellschaft Mercuri International.3 Nun lassen sich die Validität und die Aussagekraft derartiger Untersuchungen anzweifeln, weil die Ziele, die mit einer Beteiligung verfolgt werden, erheblich divergieren können, die Erfolgsmessung, insbesondere hinsichtlich nicht-finanzieller Kriterien, sich als schwierig erweist und zudem nicht nachvollziehbar ist, wie sich ein Unternehmen – unter sonst gleichen Bedingungen – ohne Beteiligung entwickelt hätte. Da jedoch alle erfaßten und ausgewerteten empirischen Studien4 zu mehr oder weniger ähnlichen Ergebnissen gelangen, erscheint die Tendenzaussage, daß sehr viele Beteiligungen sich als erfolglos erweisen, vertretbar. Im Gegensatz zu diesen Erkenntnissen deutet sich, sowohl in Deutschland als auch insbesondere weltweit, eine Zunahme strategisch motivierter Beteiligungen an. Die Entwicklungstendenzen in den vergangenen Jahren sind in den Abbildungen 1 und 2 graphisch dargestellt. Dieses Paradoxon – die exponentielle Zunahme der M&A-Transaktionen einerseits und die damit verbundene tendenziell niedrige Erfolgsquote andererseits – läßt sich nur dadurch erklären, daß eine als notwendig erachtete Steigerung des Shareholder Value sowie auch eine Verringerung der Gefahr einer feindlichen Übernahme nur durch derartige Transaktionen erreichbar erscheint und diese Initiativen sicher nicht immer, aber vermutlich doch sehr häufig mehr von der Intuition und weniger durch eine systematische Reflexion geprägt sind. Für die Betriebswirtschaftslehre stellt sich nun die Frage, wie, durch welche methodischen Konzepte, sich der Erfolg einer Beteiligung positiv beeinflussen läßt. In den folgenden Beiträgen wird von der These ausgegangen, daß ein effizientes Beteiligungscontrolling nachhaltig dazu beiträgt, die Erfolgswahrscheinlichkeit durchgeführter Transaktionen zu verbessern. 1 2 3 4

Zur terminologischen Abgrenzung vgl. die Ausführungen im folgenden Abschnitt. KPMG (2002), S. 5. Vgl. PricewaterhouseCoopers (2000), S. 5, siehe auch S. 1; Jansen/Körner (2000), S. 49. Die berücksichtigten Studien sind im Anhang zum Beitrag des Autors über »Integrationsplanung bei industriellen Beteiligungen nach dem Konzept der Balanced Scorecard« aufgelistet.

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Abb. 1: Anzahl der M&A-Aktivitäten in Deutschland5

Abb. 2: Volumen der M&A-Aktivitäten weltweit6

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Quelle: Jansen (2001), S. 23. Vgl. auch – mit etwas anderen Ergebnissen – Müller-Stevens (2000), S. 48. Für 2002 zeichnet sich allerdings ein deutlicher Einbruch am deutschen M&A-Markt ab. Vgl. FAZ vom 9. Juli 2002, S. 18. Andererseits erwartet das Institute for Mergers and Acquisitions (IMA) in den nächsten fünf Jahren »eine Vervierfachung des Transaktionsvolumens mit deutscher Beteiligung auf eine Billion DM«. Vgl. http://www.uni-wh.de/de/wiwi/lehrstuhle/ima/warum.htm (Stand: 24.1.2001). Quelle: Jansen (2001), S. 24. Im Jahr 2000 lag die Anzahl der Transaktionen weltweit bei über 30.000. Vgl. Jansen (2001), S. 26.

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Einführung

Terminologische und funktionale Abgrenzungen

Der Begriff »Beteiligung« wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur nicht einheitlich definiert.7 Der Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen umfaßt eine Spannweite, die sich von einem marginalen Prozentsatz des Eigenkapitals bis hin zu einer vollständigen Übernahme erstrecken kann. Auch die Motivation für eine Beteiligung kann erheblich differieren. Nicht weiter berücksichtigt wird im folgenden die Möglichkeit, Unternehmensanteile in spekulativer Absicht zu erwerben. Den weiteren Überlegungen wird der folgende definitorische Ansatz zu Grunde gelegt: »Eine Beteiligung ist eine finanzielle Bindung an einem anderen Unternehmen mit dem Ziel, zumindest einen maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftspolitik dieses Unternehmens ausüben zu können.« Dementsprechend bleiben zwischenbetriebliche Kooperationen unberücksichtigt. Allerdings gibt es im Hinblick darauf einen Grenzfall: Bei mehrheitlicher Beteiligung an einem Equity Joint Venture8 sind die Ausschlußkriterien in der Regel nicht erfüllt. Fraglich ist, ob der Gegenstandsbereich für das Beteiligungscontrolling auch Fusionen – im traditionellen Sinne9 – umfassen soll oder nicht. Da mit derartigen Zusammenschlüssen ebenfalls strategische Ziele verfolgt werden und die Zielerreichung durchaus nicht immer gelingt10, empfiehlt es sich, in die inhaltliche Abgrenzung des Begriffs »Beteiligung« generell auch Fusionen mit einzubeziehen. Insofern wird nicht zwischen »Mergers & Acquisitions« einerseits und Beteiligungen andererseits unterschieden. Dem Sprachgebrauch folgend wird eine »Unternehmensakquisition« als die vollständige Übernahme eines Unternehmens – ohne daß dadurch die rechtliche Selbständigkeit verloren geht – interpretiert. Sie entspricht einer hundertprozentigen Beteiligung. Die funktionalen Anforderungen an das Beteiligungscontrolling sind geprägt von branchenspezifischen Gegebenheiten. Die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Beteiligung im Handel beispielsweise sind anders strukturiert als bei vergleichbaren Transaktionen im Bankensektor oder in der Versicherungsbranche. Die folgenden Beiträge sind fokussiert auf den industriellen Bereich, wobei – im Sinne von Schweitzer – unterstellt wird, daß ein Industriebetrieb durch die gewerbliche Sachgüterproduktion in Fabrikanlagen für die Fremdbedarfsdeckung gekennzeichnet ist.11 Auf Grund dieser inhaltlichen Abgrenzung ist allerdings der Übergang zwischen industrieller und handwerklicher Produktion nicht eindeutig definiert. Charakteristisch für die handwerkliche Produktion ist eine relativ geringe Mecha7 Vgl. dazu bspw. Kleinschnittger (1993), S. 15 ff.; Maier (1999), S. 39 ff.; siehe auch Förschle (2002), Sp. 330 ff. 8 Vgl. Wurl (2002), Sp. 1256 ff. 9 In dieser Sichtweise ist eine Fusion im allgemeinen ein Zusammenschluss zweier rechtlich selbständiger Betriebe zu einer rechtlichen Einheit. Vgl. Pausenberger (1984), Sp. 1604. Seit dem Inkrafttreten des Umwandlungsgesetzes (UmwG) vom 28. Oktober 1994 wird dieser Sachverhalt zumindest im Handelsrecht durch den Begriff »Verschmelzung« gekennzeichnet. 10 Vgl. etwa KPMG (2002), S. 13. 11 Vgl. Schweitzer (1990), S. 19 ff.

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nisierung, ein tendenziell niedriges Auftragsvolumen, eine ausgeprägte Kundenorientierung und zudem ein weitgehender Verzicht auf Arbeitsteilung.12 Nach herrschender Meinung ist Controlling ein Konzept zur Managementunterstützung. Im Laufe der Zeit hat sich die konvergierende Auffassung herauskristallisiert, daß die Ziele des Controlling in der Koordination der betrieblichen Wertschöpfungsprozesse und in der Sicherung der Adaptionsfähigkeit der Unternehmung im Hinblick auf die Dynamik der Umweltentwicklung konkretisiert werden können.13 Gleichwohl ergeben sich im Detail durchaus unterschiedliche Ansichten.14 Zu Recht hat Weber Ende der neunziger Jahre darauf hingewiesen, daß sich die propagierten Ziele des Controlling auch als »Rationalitätssicherung der Führung« interpretieren lassen.15 Dementsprechend besteht die zentrale Funktion des Beteiligungscontrolling darin, sicherzustellen, daß einerseits die Beteiligungsentscheidung durch eine darauf abgestimmte Informationsversorgung der zuständigen Führungskräfte den strategischen Zielvorstellungen gerecht wird und andererseits die notwendigen Integrationsprozesse nach der Transaktion effizient gestaltet werden. Strittig ist, ob darüber hinaus das Beteiligungscontrolling auch zuständig sein soll für die Zeit »danach«.16 Zweckmäßig erscheint, das Beteiligungscontrolling entsprechend der Darstellung in der Abbildung 3 projektbezogen zu interpretieren und die Zuständigkeit der Rationalitätssicherung nach dem Abschluß der Integrationsphase dem Konzerncontrolling oder – bei einer Verschmelzung im handelsrechtlichen Sinne – auf das Zentralcontrolling zu übertragen.

Abb. 3: Funktionale Abgrenzung des Beteiligungscontrolling

12 Vgl. Schweitzer (1990), S. 20 ff.; siehe auch Heinen (1991), S. 9 f. 13 Vgl. dazu die 12 Thesen von Küpper/Weber/Zünd (1990); siehe aber auch Horváth (1998), S. 142 ff. u. S. 146 ff. 14 Vgl. dazu beispielsweise die Kategorisierungen bei Drews (2001), S. 20 ff.; Horváth (1998), S. 69 ff. Zum gegenwärtigen Stand der Diskussion vgl. Weber/Hirsch (2002). 15 Vgl. Weber (1998), S. 32 ff., sowie auch die Beiträge in Weber/Schäffer (2001). 16 Vgl. dazu Maier (1999), S. 78 ff.

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Einführung

Funktionsbereiche und Effizienzdeterminanten

Aus den Zielen des Beteiligungscontrolling lassen sich logisch-deduktiv die in der folgenden Systematik angegebenen Funktionsbereiche für das Beteiligungscontrolling ableiten.17 Anbahnungsphase: • Sobald sich als strategische Grundsatzentscheidung in der Geschäftsleitung die Auffassung manifestiert hat, daß sich bestimmte Zielvorstellungen18 nur durch eine Beteiligung realisieren lassen, sind zunächst die damit verbundenen Erwartungshaltungen zu konkretisieren (Was soll durch die Beteiligung erreicht werden?) und möglichst auch zu operationalisieren, damit eine willkürfreie Bewertung relevanter Strategiealternativen ermöglicht wird. • Von dieser Basis aus ist dann kritisch zu prüfen, ob sich nicht diese Zielvorstellungen auch durch – unter finanziellen Aspekten zumeist wesentlich weniger problematische – zwischenbetrieblichen Kooperationen verwirklichen lassen. • Sollten sich derartige Kooperationen als nicht problemadäquat erweisen, ist festzustellen, welche Zielunternehmen für eine Beteiligung grundsätzlich in Betracht kommen. • In einer ersten Selektionsphase sind durch externe Unternehmensbewertungen diejenigen Unternehmen, die hinsichtlich der anvisierten Zielvorstellungen für eine Beteiligung geeignet erscheinen, zu identifizieren. Danach ist zu prüfen, ob diese Unternehmen zu Übernahmeverhandlungen bereit sind, und falls nicht, ob eine »feindliche Übernahme« in Erwägung zu ziehen ist. • Gegebenenfalls sind die Übernahmeverhandlungen insbesondere durch interne Prüfungen (Due Diligence-Analysen) vorzubereiten. Dabei kommt es vor allem darauf an, unter Berücksichtigung festgestellter Risiken, aber auch steuerlicher Aspekte, Grenzpreise für die Übernahme zu ermitteln und darauf abgestimmte Finanzierungskonzepte zu entwickeln. Integrationsphase: • Spätestens nach dem Vertragsabschluß sollte mit der Integrationsplanung begonnen werden. Dabei sind zunächst alle notwendigen Integrationsprozesse festzustellen, zeitlich zu dimensionieren und aufeinander abzustimmen. Außerdem ist darauf hinzuwirken, daß sie ausreichend budgetiert werden. • Nach dem Beginn der Integrationsphase sind die verschiedenen Integrationsprozesse systematisch hinsichtlich der verschiedenen zeitlichen und monetären Zielvorgaben zu überwachen.

17 Vgl. dazu auch Wurl/Hebeler (1999), S. 2252 ff. Zu empirischen Befunden vgl. Maier (1999), S. 111 ff., insbesondere S. 113 ff. 18 Zu möglichen Zielvorstellungen vgl. bspw. Jansen (2001), S. 173 ff., sowie Pellens/Tomaszewski/ Weber (2000), S. 14 f.

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• Außerdem ist für eine bedarfsgerechte Informationsversorgung der verantwortlichen Führungskräfte in Bezug auf die festgestellten Ergebnisse und Entwicklungstendenzen zu sorgen. • Bei negativen Abweichungen sollten unverzüglich geeignete Gegenmaßnahmen vorbereitet werden. Zwischen diesen Funktionsbereichen des Beteiligungscontrolling besteht ein zeitlicher Zusammenhang, wobei Überlappungen und Umstrukturierungen nicht auszuschließen sind. In der Anbahnungsphase können schleifenförmige Wiederholungen einzelner oder mehrerer Teilprozesse erforderlich sein, sofern sie nicht erfolgreich abgeschlossen werden können. Unter Umständen sind Beteiligungsprojekte abzubrechen oder zeitlich zu verschieben, falls sich während der Umsetzung die relevanten Rahmenbedingungen – anders als ursprünglich angenommen – grundlegend verändern und deshalb die anvisierten Zielvorstellungen nicht mehr realisierbar erscheinen. Wie bereits erwähnt, wird unterstellt, daß ein bewußt instrumental genutztes Beteiligungscontrolling eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer Beteiligung ist. Das gilt generell, also auch für Beteiligungen im industriellen Bereich. Inwieweit der Erfolg einer Beteiligung dadurch beeinflußt werden kann, hängt von der Effizienz des Beteiligungscontrolling ab. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand gibt es noch keine fundierten Untersuchungen über die maßgeblichen Effizienzdeterminanten des Beteiligungscontrolling im Sinne der zuvor entwickelten inhaltlichen Abgrenzung.19 Zwar lassen sich grundsätzlich die Kosten des Beteiligungscontrolling relativ genau ermitteln; der Anteil am Erfolg einer Beteiligung, der dem Beteiligungscontrolling zugerechnet werden kann, entzieht sich jedoch weitgehend einer Quantifizierung, was vor allem darauf zurückzuführen ist, daß sich der Beteiligungserfolg aus ganz unterschiedlichen Komponenten zusammensetzt. So wirken auf die Erfolgsentwicklung nicht nur Umwelteinflüsse, wie beispielsweise der Konjunkturverlauf, sondern auch das Verhandlungsgeschick der Unterhändler ein, und – nicht selten – prägen psychologische Faktoren, wie etwa das Streben nach Macht und Einfluß, das Ergebnis. Schon der Versuch einer eindeutigen Identifizierung aller maßgeblichen Einflußfaktoren stößt auf Schwierigkeiten. Eine differenzierte Prognose und Messung der Einflußintensität ist jedoch gegenwärtig noch nicht möglich. Gleichwohl erscheint die Annahme vertretbar, daß die Qualität des Beteiligungscontrolling den Beteiligungserfolg nachhaltig beeinflußt. Ausgehend von den grundsätzlichen Überlegungen zur Effizienz des Controlling, die Welge bereits 1988 zur Diskussion gestellt hat,20 kann davon ausgegangen werden, daß der Erfolg des Beteiligungscontrolling insbesondere von folgenden Einflußfaktoren abhängt: 19 Vgl. allerdings Maier (1999), S. 161 ff. Maier geht jedoch von einer inhaltlich weiter gefaßten Interpretation des Begriffes »Beteiligungscontrolling« aus. Vgl. ebenda, S. 92. Auch die an sich informative Studie von Littkemann (2001) erweist sich als nicht problemadäquat, da er in seinen Untersuchungen ebenfalls einen anderen Funktionsbereich für das Beteiligungscontrolling unterstellt. 20 Vgl. Welge (1988), S. 449 ff., sowie auch Horváth (1998), S. 58 ff.; Küpper (1995), S. 454 ff.

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Einführung

• Eine erhebliche Bedeutung für die Effizienz des Beteiligungscontrolling dürfte die Konzentration der Aktivitäten auf die empirisch nachgewiesenen Erfolgsfaktoren industrieller Beteiligungen in der Anbahnungs- und in der Integrationsphase sein. • Naheliegend ist die Vermutung, daß der Erfolg des Beteiligungscontrolling beeinflußt wird von der Qualifikation der beteiligten Mitarbeiter, vor allem aber von dem verfügbaren Erfahrungspotenzial. • Nicht weniger bedeutsam dürfte die Eignung der genutzten Untersuchungsmethoden, beispielsweise hinsichtlich der Unternehmensbewertung, sein. • Dagegen beeinträchtigt eine unzulängliche Unterstützung des Beteiligungscontrolling durch die Geschäftsleitung aller Wahrscheinlichkeit nach den Beteiligungserfolg. • Plausibel erscheint schließlich die Annahme, daß auch die verfügbare Zeit für die notwendigen Controllingaktivitäten eine wichtige Effizienzdeterminante ist. Überhastete Recherchen und aus Zeitmangel unzureichend vorbereitete Analysen beeinträchtigen zwangsläufig die Qualität der Ergebnisse und damit auch die Qualität der daraus abgeleiteten Vorschläge und Empfehlungen. Alle diese Einflußfaktoren sind variabel. Sie können bewußt gestaltet werden. Die optimale Gestaltungskonstellation läßt sich allerdings nur auf der Grundlage von Plausibilitätsüberlegungen abschätzen.

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Gestaltung der Systemkonfiguration

Für die Einbindung des Beteiligungscontrolling in die Unternehmensorganisation kommen grundsätzlich zwei Möglichkeiten in Betracht: entweder die Bildung eines weitgehend unabhängigen Projekt-Teams, das sich nach dem Abschluß der Integrationsphase wieder auflöst, oder aber die Übertragung der Aufgaben des Beteiligungscontrolling auf das bestehende Controllingsystem. Bei beiden Varianten ist, insbesondere wenn sich personelle Engpässe abzeichnen, zu prüfen, inwieweit bestimmte Funktionen auf externe Dienstleistungsanbieter – wie etwa InvestmentBanken – übertragen werden sollten. Zweckmäßig erscheint, in der Integrationsphase auch Mitarbeiter des Zielunternehmens an den Controllingprozessen zu beteiligen. Umfang und Intensität der Aktivitäten des Beteiligungscontrolling sind in Abhängigkeit der individuellen Kontextfaktoren festzulegen.21 Wird die Beteiligungsentscheidung weitgehend intuitiv getroffen, so erübrigen sich kostenintensive Analysen und Untersuchungen in der Anbahnungsphase. Das Beteiligungscontrolling muß sich dann zwangsläufig auf die Integrationsphase konzentrieren. Die Bedeutung des Beteiligungscontrolling wird aber auch maßgeblich durch das finanzielle Transaktionsvolumen geprägt. Der Erwerb einer kleineren in Deutschland tätigen 21 Vgl. dazu Welge (1988), S. 451 ff.

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Beratungsgesellschaft mit einem spezifischen Wissenspotential zur Ergänzung der eigenen F&E-Kapazitäten erfordert nicht den gleichen Umfang und die gleiche Intensität der Controllingaktivitäten wie eine geplante Beteiligung an einem größeren Unternehmen zur Erschließung eines ausländischen Marktes. Die Ausgestaltung der instrumentalen Komponenten im System des Beteiligungscontrolling wiederum hängt einerseits von der relevanten Branche und andererseits von den strategischen Zielvorstellungen, die mit der geplanten Beteiligung verfolgt werden, ab. Für die Beteiligung an einem Unternehmen der chemischen Industrie sind zumindest teilweise andere methodische Controlling-Konzepte zu nutzen als beispielsweise bei Beteiligungen an einem Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, und die Beurteilung erreichbarer Kostensynergieeffekte erfordert eine andere Vorgehensweise als die Ermittlung des Nachfragepotenzials auf einem regional begrenzten Markt, der erschlossen werden soll. Unabhängig davon ist darauf zu achten, daß die eingesetzten Methoden und Verfahren dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entsprechen. Welche Systemkonfiguration für das industrielle Beteiligungscontrolling letztlich als optimal gelten kann, muß situativ entschieden werden. Eine fundierte Bewertungsmethodik für diesen Problemkomplex ist bisher ebenfalls noch nicht entwikkelt worden.

Literatur Drews, H. (2001): Instrumente des Kooperationscontrollings, Wiesbaden 2001. FAZ (2002): Beteiligungen sind noch immer zu teuer, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. Juli 2002, S. 18. Förschle, G. (2002): Beteiligungen, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./Wysocki, K.v. (Hrsg.): Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 3. Aufl., Stuttgart 2002, Sp. 330–346. Heinen, E. (1991): Industriebetriebslehre als entscheidungsorientierte Unternehmensführung, in: Heinen, E. (Hrsg.): Industriebetriebslehre – Entscheidungen im Industriebetrieb, Wiesbaden 1991, S. 1–71. Horváth, P. (1998): Controlling, 7. Aufl., München 1998. Jansen, S. A. (2001): Mergers & Acquisitions, 4. Aufl., Wiesbaden 2001. Jansen, S. A./Körner, K. (2000): Szenen einiger Unternehmens-Ehen: Vier Hochzeiten und drei Todesfälle, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. November 2000, S. 49. Kleinschnittger, U. (1993): Beteiligungs-Controlling, München 1993. Küpper, H.-U. (1995): Controlling – Konzeption, Aufgaben und Instrumente, Stuttgart 1995. Küpper, H.-U./Weber, J./Zünd, A. (1990): Zum Verständnis und Selbstverständnis des Controlling – Thesen zur Konsensbildung, in: ZfB, 60. Jg. (1990), S. 281–293. KPMG (2002) Deutsche Treuhand-Gesellschaft Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Financial Advisory Services (Hrsg.): Transactions in Germany – Success or Failure?, o.O. 2002. Littkemann, J. (2001): Beteiligungscontrolling: Organisation und Effizienz, in: ZfB, 71. Jg. (2001), S. 1283–1303. Maier, S. C. (2001): Beteiligungscontrolling in deutschen Unternehmen, Frankfurt am Main 2001. Müller-Stevens, G. (2000): Akquisitionen und der Markt für Unternehmenskontrolle: Entwicklungstendenzen und Erfolgsfaktoren, in: Picot, A./Nordmeyer, A./Prebilla, P. (Hrsg.): Management von Akquisitionen, Stuttgart 2000, S. 41–61. Pausenberger, E. (1984): Fusion, in: Grochla, E./Wittmann, W. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 4. Aufl., Stuttgart 1984, Sp. 1603–1614.

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Einführung

Pellens, B./Tomaszewski, C./Weber, N. (2000): Beteiligungscontrolling in Deutschland, Ruhr-Universität Bochum, Institut für Unternehmensführung und Unternehmensforschung, Arbeitsbericht Nr. 85, November 2000. PricewaterhouseCoopers (2000), Transaction Services: Speed Makes the Difference: A Survey of Mergers and Acquisitions, o.O. 2000. Schweitzer, M. (1990): Gegenstand der Industriebetriebslehre, in: Schweitzer, M. (Hrsg.): Industriebetriebslehre – das Wirtschaften in Industrieunternehmungen, München 1990, S. 1–60. Weber, J. (1998): Einführung in das Controlling, 7. Aufl., Stuttgart 1998. Weber, J./Hirsch, B. (Hrsg.) (2002): Controlling als akademische Disziplin – Ergebnisse einer Bestandsaufnahme, Wiesbaden 2002. Weber, J./Schäffer, U. (Hrsg.) (2001): Rationalitätssicherung der Führung – Beiträge zu einer Theorie des Controlling, Wiesbaden 2001. Welge, M. (1988): Unternehmensführung, Band 3: Controlling, Stuttgart 1988. Wurl, H.-J. (2002): Joint Ventures, in: Ballwieser, W./Coenenberg, A.G./Wysocki, K.v. (Hrsg.): Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung, 3. Aufl., Stuttgart 2002, Sp. 1256–1266. Wurl, H.-J./Hebeler, C. (1999): Controlling – A Management Support Concept, in: Dahiya, S. B. (Hrsg.): The Current State of Economic Science, Vol. 4, Rohtak (India) 1999, S. 2251–2263.