Herausforderung Pflege der neue Taktgeber im betrieblichen Alltag

Herausforderung Pflege – der neue Taktgeber im betrieblichen Alltag DEVAP-Bundeskongress Berlin, 25. September 2013 Lucie Perrot, berufundfamilie gGmb...
Author: Nadine Vogt
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Herausforderung Pflege – der neue Taktgeber im betrieblichen Alltag DEVAP-Bundeskongress Berlin, 25. September 2013 Lucie Perrot, berufundfamilie gGmbH

Eine Verschiebung der Vereinbarkeitsanforderungen findet statt

Die Dauer der Pflege nimmt zu Dauer der Pflege in Prozent 45

42,5 39,6

40

37,4

35 30

27,6 24

25

24,2

Weniger als 1 bis unter 2 Jahre

23,6 21,8

2 bis unter 5 Jahre 5 bis unter 10

20 17,2

16,8

15

13,1 11,7

10 5 0 1997

2002

2009

Quelle: Statistisches Bundesamt: Demographischer Wandel in Deutschland, Heft 2, Wiesbaden 2010

10 und mehr Jahre

Der Alltag in deutschen Unternehmen

• 62 % haben sich bislang noch nicht mit dem Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Pflege“ beschäftigt

• 71 % können keine betrieblichen Maßnahmen zum Thema benennen

• 85 % halten betriebliche Angebote für zu organisations-intensiv, 80 % für zu kostenintensiv

• 83 % geben an, dass sie in Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Pflege bis jetzt nicht aktiv waren, weil es an Umsetzungshilfen und Praxistipps für den Einstieg in das Thema mangelt

Ergebnisse einer repräsentative Befragung deutscher Unternehmen durchgeführt von der berufundfamilie gGmbH in Kooperation mit der GfK, November 2011

Mangelnde Vereinbarkeit am Arbeitsplatz – wollen wir uns das leisten? Ø 14.154,20 € jährlich pro Beschäftigtem mit Pflege-/ Hilfeaufgaben*

Betriebliche Folgekosten

• Zentraler Kostentreiber: Präsentismus • Absentismus und Krankheit • Fluktuation und Reduzierung der Stundenzahl • Supervisionsaufwand von Führungskräften → Unabhängig von den tatsächlichen Kosten im Einzelfall: es handelt sich nicht um unveränderliche Kosten, ganz im Gegenteil: durch betriebliche Bemühungen sind sie reduzierbar! * www.ffp-muenster.de/tl_files/dokumente/2011/factsheet_folgekosten-pflege.pdf

Was haben Arbeitgeber von Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf?

Je schneller Beschäftigte durch kompetente Beratung und Information tragfähige Pflegearrangements finden, desto eher und unbelasteter können sie sich neben der Pflege auf ihre Berufstätigkeit konzentrieren.

Typische Problemlagen im Alltag pflegender Beschäftigter • Informationsdefizite / -suche • Selbstzweifel „Mache ich alles richtig?“ • Kleine Verzögerungen können den Ablauf des straff organisierten Alltags durcheinander bringen • Kaum planbare Erholungsphasen • Professionelle Hilfen oft erst nach Überschreiten eigener Belastungsgrenzen • Druck, eigene Zukunftspläne ständig anpassen zu müssen • Leistungen der Pflegeversicherung reichen häufig nicht aus / finanzielle Reserven werden über die Zeit knapper

Pflege ist nicht gleich Pflege

• Dementer Vater • Ehepartner/in nach Unfall oder schwerer Erkrankung • Chronisch erkranktes / behindertes Kind • Sterbebegleitung eines Freundes • Gebrechliche Mutter •… Quelle: Pfahl, S. & Reuyß, S. (2009): Broschüre Pflege und Beruf. DGB-Bundesvorstand (Hrsg.), S . 22 www.dgb-bestellservice.de

Der Begriff „Pflege“ greift zu kurz, wenn es um die Fürsorge älterer Angehöriger geht • Hilfe im Haushalt • Unterstützung bei Finanzfragen • Finanzielle Unterstützung • Organisation von Pflege • Emotionale / psychologische / soziale Bedürfnisse • Mobilität • Gesundheitsbedürfnisse • Physische / persönliche Bedürfnisse

→ Dies alles erfordert Zeit! („Da sein!“)

Unterschiede zwischen Pflegeanforderungen und Kinderbetreuung sind nicht zu vernachlässigen

• weniger planbar (Beginn, Dauer, Intensität) • höhere psychische Belastung • Tabuisierung des Themas • Pflegende definieren sich manchmal selbst nicht als solche • Arbeitgeber glauben ihre Belegschaft zu kennen • hoher Informationsbedarf für pflegenden Angehörige

Zentrale Herausforderungen auf dem Weg zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Zeit Nicht nur Familienaufgaben erleichtern, sondern auch Familienleben ermöglichen Bewusstseinswandel Nicht nur Maßnahmen anbieten, sondern auch eine pflegesensible Unternehmenskultur leben

Zentrale Herausforderungen auf dem Weg zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege

Zeit Nicht nur Familienaufgaben erleichtern, sondern auch Familienleben ermöglichen Bewusstseinswandel Nicht nur Maßnahmen anbieten, sondern auch eine pflegesensible Unternehmenskultur leben

Maßnahmen zur Verbesserung des Dialogs und der Kultur – das stärkt das Leistungsangebot

Leistung

Dialog

Kultur

Von Einzelmaßnahmen zum systematischen Ansatz

Aus der Praxis: Wilhelm Möbus Haustechnik Inh. Norbert Möbus, Gemünden, 11 Beschäftigte Anpassung der Arbeitsorganisation und Intensivierung der Kommunikation • Offene Kommunikation wird von der Betriebsleitung in Mitarbeitergesprächen und Teambesprechungen gefördert. • Anstatt einmal in der Woche fanden Teambesprechungen in der Pflegephase zweimal wöchentlich statt. • Übergaben und Arbeitsaufträge wurden vermehrt schriftlich getätigt.

Aus der Praxis: Merz Pharma KGaA, Frankfurt, ca. 2.400 Beschäftigte Den gesamten Betrieb ans Netz bringen • Merz hat im Rahmen der „Gesamtbetriebsvereinbarung Medien“ für alle Mitarbeitenden die technischen Voraussetzungen für die notwendige Information und Kommunikation mit internen und externen Stellen geschaffen, um eine gute Vereinbarkeit zu gewährleisten. • Unter anderem wurde der Außendienst vollständig an Intranet und Internet angeschlossen und im gewerblichen Bereich wurden frei zugängliche Computer aufgestellt. • Die private Nutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz ist bei Merz gestattet und kostenfrei, um bei Bedarf schnell recherchieren und organisieren zu können.

Aus der Praxis: Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG, Heuchelheim, 370 Beschäftigte Kommunikation zwischen Führungskräften und Beschäftigten • Zunächst wurden die Führungskräfte durch die Personalabteilung für die besondere Situation von pflegenden Beschäftigten sensibilisiert und über die vorhandenen Angebote informiert. • Die Führungskräfte gaben die Informationen an alle Beschäftigten weiter. Bei Bedarf stehen die Führungskräfte als erste Ansprechpartner zur Verfügung. • Das Thema ist Bestandteil der regelmäßigen Mitarbeitergespräche. • Ergänzt wird die direkte Kommunikation zwischen den Führungskräften und den Beschäftigten durch Aushänge an Litfaßsäulen in den Werken, sowie durch Flyer und Broschüren, die die Personalabteilung zur Verfügung stellt. • Eine Intranetseite wird gerade aufgebaut. • Darüber hinaus erhalten die Beschäftigten von ihrem Arbeitgeber eine „Notfallmappe“.

Aus der Praxis: Fraport AG, Frankfurt, ca. 12 200 Beschäftigte Infomarkt „Pflege“ –Qualifizierung der Personalreferentinnen und –referenten • Um fachspezifisches Wissen zu vermitteln und den Austausch mit Experten zu ermöglichen, führte die Fraport AG gemeinsam mit versierten Kooperationspartnern, wie z.B. dem Frankfurter Verband für Altenpflege, dem Caritasverband, der Diakonie und Weiteren, einen Infomarkt „Pflege“ für alle Personalreferentinnen und -referenten des Unternehmens durch. • Eine Nachmittagsveranstaltung mit parallelen 30-minütigen Vortragsreihen und Infoständen bot den entsprechenden Rahmen hierfür. • Aufgrund der positiven Resonanz ist es geplant, das Veranstaltungskonzept analog für Führungskräfte umzusetzen.

Aus der Praxis: Kreisverwaltung Gießen, 884 Beschäftigte Kompetenztraining für pflegende Beschäftigte • Die Kreisverwaltung Gießen bietet ihren Beschäftigten die Möglichkeit, an einem Kompetenztraining für pflegende Erwerbstätige teilzunehmen. • Das Kompetenztraining bietet Information, Praxisbeispiele und Austausch, aber auch praktische Übungen und individuelle Beratung. Es wird von einer externen Beraterin durchgeführt. • Es besteht aus drei bis fünf Modulen mit den Themen wie „Finanzielle und rechtliche Aspekte der Pflege“, „Das Krankheitsbild Demenz“, „Praktische Hilfen im Pflegealltag“. • Die Trainingseinheiten dauern jeweils drei Stunden und werden gemeinsam mit anderen Arbeitgebern in der Region organisiert. Bisher haben 32 Beschäftigte der Kreisverwaltung an dem Training teilgenommen. Die Kosten für das Training übernimmt die Kreisverwaltung Gießen. Die Hälfte der Modulzeit wird als Arbeitszeit anerkannt.

Aus der Praxis: Taunus Sparkasse, Bad Homburg, ca. 800 Beschäftigte Erste-Hilfe-Beratung für pflegende Beschäftigte in Kooperation mit einem sozialen Dienstleister • Die Taunus Sparkasse kooperiert mit dem Rind´schen Bürgerstift in Bad Homburg. Das Rind´sche Bürgerstift verfolgt das Konzept „Pflege aus einer Hand“ und bietet für jede Lebenssituation die passende Betreuungsform: stationäre Altenpflege, betreutes Wohnen, ambulante Dienste, Essen auf Rädern. • Die Beschäftigten der Taunus Sparkasse erhalten durch eine eigene Ansprechperson eine „Erste-Hilfe-Beratung“, zugeschnitten auf ihre spezifische Situation, unabhängig von der Inanspruchnahme der Pflegeleistungen. • Selbstverständlich können die genannten Module nach Wunsch gebucht und Unterstützungsleistungen kurzfristig zur Verfügung gestellt werden. Das Rind´sche Bürgerstift vermittelt bei Bedarf auch überregionale Kontakte zu Pflegeeinrichtungen am Wohn- oder Pflegeort. • Die Kooperation gründet auf dem ehrenamtlichen Engagement eines ehemaligen Vorstandsmitglieds der Taunus Sparkasse beim Rind´schen Bürgerstift.

Beruf und Pflege erfolgreich in Einklang bringen

• Weg vom allgemeinen Standardmodell hin zu einer dynamisch angepassten, pflegesensiblen Personalpolitik • Weg von reaktiv angebotenen Einzelmaßnahmen hin zu einem aktiv angebotenen Gesamtkonzept • Berücksichtigung von Betriebsspezifika und individuellen Pflegekonstellationen • Nachhaltigkeit durch Kulturänderung → ohne Geduld und Durchhaltevermögen wird es nicht gehen!

Weitere Informationen finden Sie unter

www.beruf-und-familie.de

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berufundfamilie gGmbH Friedrichstr. 34

gefördert von:

60323 Frankfurt am Main Telefon: 069.300388-510 Telefax: 069.300388-599 [email protected]

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