Tagungsreihe zur Elternbildung

Vo r t r a g : Elternengagement und Bildungschancen Wo r k s h o p s : „Schon wieder Elternabend?“ „Eltern und Lehrer im Gespräch“ „Zukunftswerkstatt VHS-Kurse in der Grundschule“ „Wir bedanken uns für Ihre Mitarbeit. Die Sprache der Elternbriefe“

Aussteller: ANE – Arbeitskreis Neue Erziehung Inter@ktiv Deutsch Die Lehr- und Lernwerkstatt für Deutsch als Zweitsprache (LLW DaZ) in Berlin Die Volkshochschule Berlin Mitte – die City VHS Fichtelgebirge Grundschule Förmig Institut für Frühpädagogik Bayern Tandem Schulstation

Ausblick: Fishbowl mit Experten

Volkshochschule Berlin Mitte, Antonstr. 37, 13347 Berlin, Info-Tel.: 200 94 74 73 Lehr- und Lernwerkstatt Deutsch als Zweitsprache. Info-Tel.: 49 79 99 47 228

DOKUMENTATION

„Guten Morgen, liebe Eltern…“ Erwachsenenbildung in der Grundschule Gemeinsame Fachtagung der Lehr- und Lernwerkstatt DaZ und der Volkshochschule Berlin Mitte

Tagungsreihe zur Elternbildung ○









































Fachtagung

„Guten Morgen, liebe Eltern…“ Erwachsenenbildung in der Grundschule

Gemeinsame Fachtagung der Lehr- und Lernwerksatt DaZ und der Volkshochschule Berlin Mitte

am 19. Oktober 2005 Dokumentation

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Elternabend Nichts ist so erlabend Wie ein Elternabend. Und gar nichts macht mich strahlender, Als die Aussicht im Kalender. Nichts ist so gewaltsam Nett und unterhaltsam, Und wer das nicht kennt, Der hat sein Dasein echt verpennt. Es macht froh, zu fragen, Schön ist´s, was zu sagen. Klassenzimmerluft erhitzen, Auf zu kleinen Stühlen sitzen, lnteresse kundtun, Man setzt sich ins Halbrund nun Und einer schreibt ein Protokoll, So wie es sein soll – voll! Eine Tagesordnung habend, Kommt der Elternabend. Fortsetzung folgt (siehe Seite 48) Text: Reinhard May www.dorfschulmeisterlein.de Impressum: Dokumentation der gemeinsamen Fachtagung zur Erwachsenenbildung in der Grundschule der Lehr- und Lernwerkstatt Deutsch als Zweitsprache und der Volkshochschule Berlin Mitte, 19.Oktober 2005 ○











































Herausgeber: Michael Weiß Volkshochschule Berlin Mitte Antonstraße 37 13347 Berlin Tel.: 200 94 74 73 Fax: 200 94 74 88 [email protected] Redaktion: Layout: Bildquellen:

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Lehr- und Lernwerkstatt DaZ (LLW-DaZ) Ellerbeker Straße 7 - 8 13357 Berlin Tel.: 49 79 99 47 228 Fax: 49 79 99 47 211 [email protected]

Ina Meißner (LLW-DaZ) Michael Nové (LLW-DaZ) Natalie Friedinger, [email protected] Enno Ebert, Michael Nové, Dorothea Schütze

Liebe Lehrerinnen und Lehrer an den Grundschulen, liebe Dozentinnen und Dozenten an den Volkshochschulen, ich freue mich sehr, Ihnen diese Dokumentation über die erste Fachtagung „Erwachsenenbildung in der Grundschule“ zum Thema Elternarbeit und Sprachförderung vorlegen zu können. Wir wissen: Sprache ist der Schlüssel zu Bildungserfolg. Deswegen ist es richtig, dass Berlin so viel zur Sprachförderung unternimmt. Deswegen ist es gut, dass man in Berlin darüber diskutiert, wie man die Sprachförderung weiter verbessern kann. Diese Dokumentation gibt einen guten Einblick in die aktuelle Diskussion praktischer Fragen und Probleme der Elternarbeit und der Sprachvermittlung an Eltern mit Migrationshintergrund in Wissenschaft, Schule und Erwachsenenbildung. Die Fachtagung war eine gemeinsame Veranstaltung der Lehr- und Lernwerkstatt Deutsch als Zweitsprache und des Programmbereichs Deutsch als Zweitsprache der Volkshochschule im Bezirk Mitte. Ziel war die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit von Volkshochschulen und Schule in der schulischen Elternarbeit und beim Deutschunterricht in den Eltern- bzw. Mütterkursen der Volkshochschule. Ich bin froh, dass es uns trotz angespannter Haushaltslage gelungen ist, weitere Mittel für die Mütterkurse in Höhe von 650.000 Euro zur Verfügung zu stellen und nun die Zahl der Teilnehmerinnen von rund 6.000 auf voraussichtlich 9.500 zu steigern. Voraussetzung für den Erfolg ist die Kooperation beider Bildungsinstitutionen. In der Dokumentation sind wichtige Ansätze dessen dargestellt: Die Lehrkräfte beider Einrichtungen • arbeiten gleichberechtigt zusammen • arbeiten gemeinsam in der Elternarbeit und Elternbildung • tauschen sich aus über Erfahrungen aus der unterschiedlichen Unterrichtstätigkeit • erarbeiten gemeinsam Ergebnisse für die Praxis in beiden Arbeitsbereichen • stärken die schulorientierte Erziehungskompetenz der Eltern durch die Mütterkurse Fachtagung und Dokumentation sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Verzahnung von Schule und Erwachsenenbildung. Ich begrüße es, dass auch in anderen Bezirken Veranstaltungen mit der gleichen Zielrichtung geplant sind. Ich wünsche den Kolleginnen und Kollegen an den Grundschulen und den Volkshochschulen viel Erfolg bei ihrer Zusammenarbeit. Klaus Böger, Senator für Bildung, Jugend und Sport 3

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Inhalt Vorwort ................................................................................................... 3 Einleitung ................................................................................................... 6 Ablauf der Tagung am 19.10.2005 in der Lehr- und Lernwerkstatt ............. 9 Dr. Andreas Boehme: Elternengagement und Bildungschancen ................ 12 PISA 2003 ..................................................................................... 13 Vergleich PISA 2000 und PISA 2003 ............................................ 14 Medienkonsum und Schulversagen ................................................ 15 Maßnahmen .................................................................................. 19 Die Workshops ......................................................................................... 24 Workshop 1: „Schon wieder Elternabend?“ ................................... 25 Workshop 2: „Eltern und Lehrer im Gespräch“ ............................. 32 Workshop 3: Zukunftswerkstatt VHS-Kurse in der Grundschule .. 35 Workshop 4: „Wir bedanken uns für Ihre Mitarbeit. Die Sprache der Elternbriefe“ ...................................................... 43 Die Abschlussrunde .................................................................................. 47 Reinhard May: Elternabend ...................................................................... 48 Rahmenprogramm: Die Aussteller ............................................................ 50 ANE – Arbeitskreis Neue Erziehung .............................................. 50 Inter@ktiv Deutsch ....................................................................... 52 Die Lehr- und Lernwerkstatt für Deutsch als Zweitsprache (LLW DaZ) in Berlin ..................................................................... 54 Die Volkshochschule Berlin Mitte – die City VHS ........................ 57 Fichtelgebirge Grundschule ........................................................... 60 Förmig .......................................................................................... 62 Institut für Frühpädagogik Bayern ................................................. 63 Tandem Schulstation ..................................................................... 65 Vorbereitung der Fachtagung .................................................................... 66 Elternumfrage zum Thema Schule ................................................. 66 Lehrerumfrage zum Thema Eltern ................................................. 67 Leopold Bongart und Michael Weiß: Rückblick und Ausblick .................. 70

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Fachtagung zur Elternbildung

Lehr- und Lernwerkstatt DaZ Ellerbeker Str. 7–8, D-13357 Berlin







































Volkshochschule Berlin Mitte Antonstr. 37, 13347 Berlin



Guten Morgen, liebe Leser – ist Elternbildung für die Grundschule wichtig? Familie Özdemir (Name geändert) wohnt in einem Berliner Bezirk, der zu den Stadtteilen mit sozialen Problemlagen zählt. Wie alle Eltern wünschen sie sich für ihren Sohn M. eine gute Schulausbildung. Diese soll es ihm ermöglichen, später einen guten Beruf auszuüben und für seinen eigenen Lebensunterhalt zu sorgen. Bei der Unterstützung seiner schulischen Laufbahn sehen sie sich allerdings vor einige Probleme gestellt: Weil sie nicht aus Deutschland kommen, haben sie keinen Einblick in das deutsche Schulsystem und wissen nicht, was an den Schulen verlangt wird. Hinzu kommen sprachliche Probleme, die die Eltern daran hindern, mit den Lehrern ins Gespräch zu kommen. Daraus resultieren allgemeine Berührungsängste, mit der Schule in Kontakt zu treten. Wie schon beim älteren Sohn der Familie M. werden die Wünsche der Eltern wahrscheinlich nicht Realität werden. Statistisch gesehen beendet in den Innenstadtbezirken Berlins zwei Drittel der Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache die Schule ohne Schulabschluss oder nur mit einem der Hauptschulabschlüsse. Vielleicht wird M. den Hauptschulabschluss erlangen. Die Suche nach einem Ausbildungsplatz wird voraussichtlich schwer. „Einmal Verlierer, immer Verlierer“, titelte der Tagesspiegel anlässlich der ersten Pisa-Untersuchung und beschreibt damit prägnant den Zusammenhang von Armut, bildungsfernem Milieu und Schulerfolg. Seitdem engagiert man sich in Berlin für mehr Chancengleichheit. Bislang wurde dafür vor allem den Schulen eine große Verantwortung zugesprochen. Neben der Institution Schule muss jedoch auch das restliche Umfeld der Kinder mit einbezogen werden. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Elternarbeit, 6

Einleitung ○

































Siegrid Egidi-Fritz, Michael Nové, Michael Weiß (v.l.n.r.)

denn für den Erfolg in den Bildungseinrichtungen ist die Ausrichtung der Migranten und ihrer Familien auf die Erwartungen der Kerninstitution Schule bedeutsam. Die Lehr- und Lernwerkstatt DaZ ist diesbezüglich eine treibende Kraft, die sich beständig bemüht, Elternarbeit und Elternbildung voranzubringen. Ziele der Lernwerkstatt sind es, Elternarbeit und schulische Bildung besser zu vernetzen und diese im Bildungsbereich als festen Bestandteil zu etablieren. In den vergangenen Jahren wurden an einer Reihe von Schulen im Berliner Innenstadtbereich Deutschkurse für Eltern eingerichtet, denn die Deutschkenntnisse der zugewanderten Elterngeneration fördern mittelbar auch die Bildungschancen der Nachgeborenen. Die Lehrerinnen in den Schulen haben jedoch oft wenig Kenntnisse über den curricularen Aufbau der Deutschkurse, kennen selten die Lehrwerke, mit denen die Eltern ihrer Schüler Deutsch lernen, wissen wenig über die Lernfortschritte der Eltern und den Verlauf der Kurse. Umgekehrt werden die innerschulischen Geschehnisse und die schulischen Erwartungen an die Eltern und Schüler nur selten in den Deutschkursen thematisiert. 7

Fachtagung zur Elternbildung

Elternarbeit kann besser gelingen, wenn Kursleiterinnen und Lehrerinnen mehr voneinander wissen, wenn mit den Eltern über Schule und die Erwartungen der deutschen Schule an Elternhaus und Kinder in den Deutschkursen gesprochen wird, wenn aber auch die Lehrerinnen die Eltern als (Sprach-) Lernende sehen. Dies war Motivation für die Lehr- und Lernwerkstatt DaZ und die Volkshochschule Berlin Mitte, eine gemeinsame Tagung zu konzipieren, die Lehrer und Kursleiter zusammenbringt und ihnen den Rahmen gibt, produktive Handlungsmuster zu aktuellen Problemfeldern zu erstellen. Das Konzept der Tagung setzt sich aus vier Elementen zusammen: • Ein aktuelles Eingangsreferat fokussiert auf das Problem. • Gemeinsame Phasen der Produktion von Lehrern und Kursleitern dienen auch dem Kennen lernen und dem Austausch von Erfahrungen. • Ausstellungen geben neue Impulse und Hilfen für die weitere Arbeit. • Eine Abschlussrunde (Fishbowl) unter Einbeziehung der bezirklichen Entscheidungsträger soll nachhaltig wirksame Maßnahmen im Sinne von Elternarbeit und Elternbildung in Gang setzen. Erfolgreiche Bildung ist eine der zentralen Voraussetzungen für den Zugang zu Arbeit und Einkommen und damit eine Bedingung für gelingende Integration. Um eine bestmögliche Förderung der Kinder zu erreichen, müssen Eltern und Lehrer in ihrer Zusammenarbeit unterstützt werden. Dies gilt besonders für die sozial problematischen Innenstadtbezirke Berlins. Deshalb würden wir uns freuen, wenn Tagungen wie diese in möglichst vielen Innenstadtbezirken eine bessere Kooperation von Eltern, Kursleitern und Lehrkräften zum Wohle der Kinder bewirken. Die Redaktion, Ina Meißner und Michael Nové

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Einleitung ○

































„Guten Morgen, liebe Eltern...“ Erwachsenenbildung in der Grundschule Gemeinsame Fachtagung der Lehr- und Lernwerkstatt DaZ und der Volkshochschule Berlin Mitte Mittwoch, 19.10.2005 Tagesablauf 9.00 Uhr (Aula, 3.Etage) Begrüßung: Michael Weiß (VHS); Michael Nové (LLW DaZ); Detlev Thietz (Leitender Schulrat) Eröffnung: Dagmar Hänisch (Bezirksstadträtin für Bildung und Kultur) Impulsreferat: „Elternarbeit und Chancengleichheit“ Dr. Andreas Böhme, FU Berlin Gesamtmoderation: Siegrid Egidi-Fritz (Schulleiterin)

10.00 Uhr Einteilung in die Workshops 10.15 – 10.45 Uhr Kaffeepause im Erdgeschoss Ausstellung verschiedener Projekte im Erdgeschoss

10.45 – 12.15 Uhr Arbeit in den Workshops 1. Workshop 1: „Schon wieder Elternabend?“, Raum 102, A. Mohrmann/Ü. Bayraktar 2. Worshop 2: „Die verstehen mich nicht!“, Raum 103, R. Kuhl/B. Lutzke 3. Workshop 3: „Was hat das mit uns zu tun?“, Raum 303, D. Schütze 4. Workshop 4: „Wir bedanken uns für Ihre Mitarbeit“, Raum 004, U. Hegemann/S. Celikyürek 9

Fachtagung zur Elternbildung

12.15 – 13.00 Uhr Mittagspause im Erdgeschoss

13.00 – 14.30 Uhr Fortsetzung der Arbeit in den vier Workshops

14.30 – 15.00 Uhr Kurze Kaffeepause im Erdgeschoss

15.00 – 16.00 Uhr Schlussrunde, Aula 3. Etage

16.00 Uhr Ausklang in der Lernwerkstatt mit Sekt und/oder Saft

Bitte beachten Sie: Ausstellung verschiedener Projekte im Erdgeschoss: – Tandem Schulstation der Wedding-Grundschule, Beratungsangebote für Eltern – Elternprojekte der Fichtelgebirge Grundschule/Pädagogische Buchhandlung Alphabet – FÖRMIG – Projekt über Elternarbeit – Interaktiv – Projekt zur Sprachförderung von Schülern und ihren Eltern – ANE – Materialien zur Elternarbeit/Institut Frühpädagogik Bayern – Elternbriefe – DaZ-Konzept der Lehr- und Lernwerkstatt – VHS-Mitte – Kursangebot Pflegebereich

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Einleitung ○

































Die „Motoren“ der Tagung Michael Weiß VHS Berlin Mitte Detlev Thietz Leitender Schulrat

Michael Nové Lehr- und Lernwerkstatt

Dagmar Hänisch Bezirksstadträtin für Bildung und Kultur

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Fachtagung zur Elternbildung

Elternengagement und Bildungschancen ○













































1. Einleitung Die Einbeziehung von Eltern in den schulischen Alltag sowie die Aktivierung elterlichen Engagements ist heute nötiger noch als in der Vergangenheit. Nicht nur weil die Zusammenarbeit mit Eltern in Bildungs- und Erziehungsprozessen grundsätzlich eine große Hilfe darstellt, sondern weil die Anforderungen an Kinder und Jugendliche und an Familien überhaupt den Alltag erfolgreich zu bewältigen erheblich gestiegen sind. Die Herausforderungen sind für viele nicht allein zu bewältigen, weswegen der Elternarbeit hier eine vermittelnde Funktion zwischen den schulischen Bildungseinrichtungen und den familialen Strukturen zukommt. Die Bildungsdiskussion der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Elternarbeit zunächst in den schulischen Einrichtungen sich etablieren konnte. Dort wo sie erfolgreich ist, wo Eltern sich in und für die Schule engagieren wird sie mehrheitlich als wesentliche potentielle Unterstützung der pädagogischen Arbeit in den Einrichtungen gewertet (vgl. Kahle 1997; Mundt 1980; Dusolt 2001)1. Allerdings entspricht die Realität nicht immer den an sie gerichteten Erwartungen. Denn häufig sind es nicht wenige Eltern, die kaum Erfahrungen mit vorschulischen bzw. schulischen Bildungsinstitutionen machen, einfach weil sie den Kontakt mit den dort tätigen Pädagoginnen und Pädagogen meiden bzw. desinteressiert sind. Die Distanz zwischen Eltern und schulischen Bildungseinrichtungen zu überbrücken, ist gegenwärtig eine der größten pädagogischen Herausforderung (vgl. Colberg-Schrader 2003)2, wenngleich dies nicht unbedingt in der Medienaktualität widerspiegelt. Allerdings sind es weniger die betroffenen Eltern als vielmehr die Akteure in den Institutionen, welche den Partizipationsmangel anprangern. 1 Dusolt, H. (2001). Elternarbeit. Ein Leitfaden für den Vor- und Grundschulbereich. Weinheim: Beltz; Kahle, I. (1997). Die Elternarbeit als Bindeglied zwischen familialer und institutioneller Ökologie. In: Dippelhofer-Stiem, B. & Wolf, B. (Hg.). Ökologie des Kindergartens. Weinheim: Juventa, S. 49-76; Mundt, J. W. (1980). Vorschulkinder und ihre Umwelt. Eine Studie über Lebensbedingungen und Entwicklungschancen. Weinheim: Beltz. 2 Colberg-Schrader, H. (2003). Informelle und institutionelle Bildungsorte: Zum Verhältnis von Familie- und Kindertageseinrichtung. In: Fthenakis, W. (2003). Elementarpädagogik nach PISA. Freiburg: Herder, S. 266-284. 12

Elternengagement und Bildungschancen ○













































Diese wissen in der Regel um den Zusammenhang von Elternengagement und schulischen Leistungen sowie Sozialverhalten. Unabhängig von den individuellen Erfahrungen zeigt uns die Empirie, dass ein Großteil der mit Leistungsproblem oder sozialen Verhaltensauffälligkeiten gezeichneten Schülerinnen und Schüler aus eben solchen Familien stammen, die man auf Elternabenden selten sieht und die darüber hinaus für Lehrer-Elterngespräche nur schwer zugänglich sind.

2. Empirie Auch wenn die Brisanz der teilweise großen Zusammenarbeitsdefizite in den Medien randständig ist und statt dessen die schulischen Innenverhältnisse auf den Daten von PISA thematisiert werden, ist die Notwendigkeit, diese Defizite zu bearbeiten gleichwohl aktueller als je. Denn eine intensive Zusammenarbeit zwischen Elternhaus und Schule bleibt für die Lebenschancen von jungen Menschen unerlässlich, wie ich im Folgenden an Hand einiger Daten zeigen möchte. Hypothesen über die Verteilung von Bildungschancen, über Zusammenhänge von kulturellem, sozialem oder ökonomischem Kapital – ganz im Sinne Bourdieus3 – bedürfen der Überprüfung. Ich werde Ergebnisse aus zwei von einander unabhängigen Untersuchungen vorstellen, die im Rahmen dieses Vortrags verwoben werden.

2.1 PISA 2003 In diesem Herbst (2005) wurden die nationalen Daten aus PISA 2003 (Programme for International Student Assessment) für die einzelnen Bundesländer vorgestellt. Aufgrund der Daten kann festgestellt werden, dass die Kopplung von Bildungschancen und sozialer Herkunft sich weiter verfestigt bzw. in einigen Untersuchungsgebieten Deutschlands ansteigt. Nach wie vor ist das Risiko in Deutschland in der Schule zu scheitern vergleichsweise immer noch überdurchschnittlich hoch4. Insbesondere Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund sowie aus sozioökonomisch deprivilegierten Schichten gehö3 Pierre Bourdieu: „Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“. Suhrkamp, Frankfurt a/M 1982. 4 Vgl. Baumert, J., Klieme, E., Neubrand, M., Prenzel, M., Schiefele, U., Schneider, W., Stanat, P., Tillmann, K.-J. & Weiß, M. (Hrsg.): „PISA 2000: Basiskompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich“. Leske & Budrich Opladen 2001. 13

Fachtagung zur Elternbildung

ren zu den so genannten Risikogruppen, deren Anfangshandicaps sich in einem kumulativen Prozess im Laufe ihrer Schulkarriere fortsetzen. Die Fünfzehnjährigen unterschiedlicher ökonomischer, sozialer und kultureller Herkunft verteilen sich in Deutschland nicht gleichmäßig auf die Schulformen. In den Hauptschulen kommen fast 45 % der Schülerinnen und Schüler aus der Unterschicht vor. In den Gymnasien stammt dagegen 50 % der Schülerinnen und Schüler aus Elternhäusern, die der Mittelschicht angehören5. Die Unterschiede in der sozioökonomischen und kulturellen Herkunft sind mit ausgeprägten Unterschieden in der Lese-, rechtschreib- und mathematischen Kompetenz verknüpft. Schülerinnen und Schüler derselben Schulform besitzen je nach ihrem elterlichen Hintergrund einen Kompetenzvorsprung von bis zu zwei Schuljahren. Vergleicht man etwa den obersten mit dem untersten Anteil der sozialen Herkunft in den Integrierten Gesamtschulen oder vergleicht man Haupt- und Realschulen so ergibt sich eine Differenz, die dem durchschnittlichen Kompetenzzuwachs von mehr als einem Schuljahr entspricht. In den Gymnasien ist die Spannbreite der Kompetenzunterschiede etwas geringer als in den anderen Schulformen. PISA 2003 berücksichtigt bei der Erfassung des Migrationsstatus mehrere Aspekte: Neben der Sprache, die zu Hause gesprochen wird, interessiert das Geburtsland der Eltern und der Jugendlichen selbst. In Deutschland kommen 22 % der befragten Jugendlichen aus Familien mit Migrationshintergrund. D.h. das ein oder beide Elternteile nicht in Deutschland geboren sind. Für Deutschland wurden die negativsten Testergebnisse bei Jugendlichen, deren Eltern beide aus dem Ausland stammten, die aber in Deutschland geboren wurden gemessen. Obwohl diese von Anfang an das deutsche Schulsystem durchliefen haben sie nur marginale Chancen, in der Schule und später im Beruf erfolgreich zu sein. Insbesondere Jungen und Mädchen türkischer Herkunft sind davon betroffen. Insgesamt lassen sich z. B. 10 % der Leistungsunterschiede bei der mathematischen Kompetenz auf die soziale und ethnischkulturelle Herkunft zurückführen und damit vorhersagen. 2.2 Vergleich PISA 2000 und PISA 2003 Die Befragung 2003 zeigt, dass im Lesen die Jugendlichen aus der Unterschicht gegenüber der Vergleichsgruppe 2000 etwas aufgeholt haben. Anders verhält es sich bei der mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenz. Hier zeigen die Jugendlichen aus Familien mit einem hohen sozioökonomischen 5 M.Prenzel u.a.: PISA 2003: Ergebnisse des zweiten Ländervergleichs. Zusammenfassung. November 2005 Online-Ausgabe (pdf-Datei). 14

Elternengagement und Bildungschancen ○













































Status deutliche Kompetenzzuwächse (zwischen 26 und 39 Punkten). Die Autoren der Studie betonen, dass darauf geachtet werden muss, dass sich die negative Kopplung zwischen sozialer Herkunft und Kompetenz nicht weiter verstärkt (Prenzel u. a. 2005). Dieses erste zaghafte positive Anzeichen deutet allerdings auf ein methodisches Problem hin. PISA ist durchgängig eine Querschnittsanalyse. Sie gibt über Daten die zu einem festgelegten Zeitpunkt erhoben wurden Auskunft. Vergleicht man nun zwei Messzeitpunkte erhält man unterschiedliche Ergebnisse. Bei der Interpretation der Veränderungen scheiden sich die Geister. Die einen führen den positiven Trend auf bestimmte Maßnahmen zurück – bleiben aber die Art der Maßnahmen und den Beginn der Maßnahmen schuldig – und die anderen plädieren für deutlich mehr Messungen, weil erst so gesicherte Auskünfte gewonnen werden können. Ohne diese setzte man sich sonst der Gefahr aus, aus einer Momentaufnahme auf verallgemeinerungsfähige Aussagen zu schließen. 2.3 Medienkonsum und Schulversagen Die Diskussion, ob das deutsche Schulsystem als maßgeblicher Indikator zur Chancenungleichheit beiträgt bzw. diese nicht kompensiert will ich gerne später diskutieren. Im Folgenden aber möchte ich den zweiten maßgeblichen Einflussindikator, nämlich den familiären Hintergrund, am Beispiel des Medienkonsums von Jugendlichen ausleuchten. Vorab um Sie einzustimmen eine kleine Geschichte: Der Vater überrascht seine Familie mit einem neuen Fernseher. Das alte Gerät ist erst einige Jahre alt und läuft noch recht gut. Weil jedoch der Verkäufer für dieses Gerät zu wenig zahlen will, findet es beim 13-Jährigen Thomas im Zimmer seinen neuen Platz. Thomas freut sich und abends gibt es für die Eltern weniger Ärger mit ihm. Nun kann er so viele und so lange schauen, wie er will. Folgt man den Ergebnissen des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest scheint sich diese Story in deutschen Familien sehr häufig zu ereignen. Jedenfalls verfügt nach den Feststellungen des Forschungsverbundes inzwischen etwa die Hälfte der 13- bis 15-Jährigen über einen eigenen Fernseher in ihrem Zimmer. Von den 16- bis 17-Jährigen sind es gar 70 %. Und selbst unter den 6-Jährigen hat schon fast jeder Vierte einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer6. 6 Feierabend, S., Klingler, W. (2003): Medienverhalten Jugendlicher in Deutschland. Fünf Jahre JIM-Studie Jugend, Information, (Multi-)Media. Media Perspektiven, 10, 450-462; Feierabend, S., Klingler, W. (2003): Kinder und Medien 2002. Ergebnisse der Studie KIM 2002 zum Medienumgang Sechs- bis 12jähriger in Deutschland. Media Perspektiven, 6, 278-289. 15

Fachtagung zur Elternbildung

Nun werden die Eltern, die so handeln und selber gerne und oft fernsehen fragen, was denn daran falsch sei? Das soll im Folgenden beantworten. Das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen7 hat im Rahmen eines auf 2003 insgesamt 1450 Schülerinnen und Schüler im Großraum München, in Hannover und im Weserbergland zu ihrem Medienkonsum befragt. Die ersten Zwischenergebnisse in aller Kürze: Fernsehen Geräte im eigenen Zimmer: Hauptschüler: 65 %, Realschüler 69 %, Gymnasiasten 47% 1. Schülerinnen und Schüler an Hauptschulen sitzen im Durchschnitt an einem Schultag 3 1/2 Stunden und an einem freien Tag 4 1/2 Stunden vor dem Fernsehen. 2. Schülerinnen und Schüler an Realschulen sitzen im Durchschnitt an einem Schultag 3 Stunden und an einem freien Tag 4 Stunden vor dem Fernsehen. 3. Schülerinnen und Schüler an Gymnasien sitzen im Durchschnitt an einem Schultag 2 Stunden und an einem freien Tag 3 Stunden vor dem Fernsehen. Computerspiele Geräte im eigenen Zimmer: Hauptschüler: 52 %, Realschüler 57 %, Gymnasiasten 53% 1. Schülerinnen und Schüler an Hauptschulen sitzen im Durchschnitt an einem Schultag 2 Stunden und an einem freien Tag 2 1/2 Stunden vor dem Computer. 2. Schülerinnen und Schüler an Realschulen sitzen im Durchschnitt an einem Schultag 1 1/2 Stunden und an einem freien Tag knapp 3 Stunden vor dem Computer. 3. Schülerinnen und Schüler an Gymnasien sitzen im Durchschnitt an einem Schultag und an einem freien Tag jeweils knapp 1 1/2 Stunden vor dem Computer. Bezogen auf die Geschlechter ergibt sich folgendes Bild: 1. 50 % der Mädchen haben einen eigenen Fernsehen im Zimmer und 45 % einen Computer. 2. 65 % der Jungen haben einen eigenen Fernsehen im Zimmer und 62 % einen Computer. 7 16

Vgl. http://www.kfn.de/ 2004.

Elternengagement und Bildungschancen ○













































3. Mädchen schauen im Durchschnitt an freien Tagen 3 1/2 Stunden und an Schultagen 2 1/2 Stunden fern. 4. Jungen schauen im Durchschnitt an freien Tagen 4 Stunden und an Schultagen knapp 3 Stunden fern. 5. Mädchen sitzen an freien Tagen sowie an Schultagen jeweils 1 Stunde vor dem Computer. 6. Jungen sitzen an freien Tagen 2 1/2 und an Schultagen 3 Stunden vor dem Computer. Fernsehen täglich nach 22:00 Uhr: 1. Hauptschüler: 35 %, Realschüler: 17,5 %, Gymnasiasten: 11 % 2. Fernsehen täglich vor der Schule: Hauptschule: 18 %, Realschule: 10 %, Gymnasien: 2 % Wie verhält es sich nun mit den Schulnoten im Kontext des Medienkonsums? 1. Der Vielseher hat in Deutsch eine 3,3, in Mathematik eine 3,2, in Geschichte eine 3,0 und in Sport eine 2,2 2. Der Normalseher hat in Deutsch eine 3,1, Mathematik eine 3,2, in Geschichte eine 2,9 und in Sport eine 2,2 3. Der Wenigseher hat in Deutsch eine 2,5, Mathematik eine 2,5, in Geschichte eine 2,3 und in Sport eine 2,0. Noten nach Fernsehbesitz: 1. Seit mehr als 3 Jahren einen eigenen Fernseher: Deutsch eine 3,4, Mathematik eine 3,2, in Geschichte eine 3,0 und in Sport eine 2,0 2. Keinen eigenen Fernsehen: Deutsch eine 2,8, Mathematik eine 2,7, in Geschichte eine 2,5 und in Sport eine 2,2 Freizeitverhalten nach Fernsehkonsum: 93% der Wenigseher, 69 % der Normalseher und nur 43 % der Vielseher sind in Vereinen.

3. Zusammenfassung Die meisten dieser Kinder verbringen pro Jahr mehr Zeit vor dem Fernseher als im Schulunterricht. Denn an ca. 135 Tagen – was von Bundesland zu Bundesland etwas schwankt – des Jahres haben Schüler schulfrei und die meisten gehen nur halbtags zur Schule. Die 135 Tage, an denen man früh morgens 17

Fachtagung zur Elternbildung

ausschlafen kann, haben auf der Grundlage der erhobenen Daten für die Jungen eine weitere Konsequenz. Diese nutzen die Abende in der schulfreien Zeit dazu, bis weit in die Nacht hinein ohne Kontrolle der Eltern fern zu sehen. In der Folge verarmt die soziale Existenz von Kindern und Jugendlichen. Wer pro Tag in seiner Freizeit mehr als vier Stunden vor dem Fernseher oder dem Computer verbringt, dem mangelt es an Zeit für die Etablierung sozialer Kontakte. Weder bleibt genügend Zeit für regelmäßige sportliche Aktivitäten, noch ist genug Zeit vorhanden, um in einer Band zu spielen, mit all den daraus resultierenden sozialen Erfahrungen. Die sozialen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen müssen dann zwangsläufig in einem hohen Maß unvollständig bleiben. Diese Aussage trifft auch dann zu, wenn man nur Astrid LindgrenFilme schauen würde. Schließlich, wer stundenlang fernsieht hat kaum noch Zeit, die schulischen Hausarbeiten zu bearbeiten, und darüber hinaus bewegt er sich zu wenig. Das schädigt nicht nur den Körper sondern auch den Geist, wie uns die Neurobiologie erklärt. In aufwendigen Untersuchungen konnte die Neurobiologie nachweisen, dass die Entwicklung des Gehirns dann leidet, wenn sich Kinder zu wenig körperlich bewegen8. Zudem wird uns erklärt, dass das, was die Kinder in der Schule hören oder sich nachmittags zuhause an Schulwissen aneignen, zunächst im Kurzzeitgedächtnis landet9. Der Prozess der Überführung in das Langzeitgedächtnis, also in das gesicherte Wissen, dauert mindestens zwölf Stunden und wird entscheidend davon beeinflusst, was Kinder in den Stunden nach dem Erlernen des Schulwissens emotional erleben. Das Gehirn reagiert sehr sensibel auf starke Gefühle. Es konzentriert seine Gedächtnisarbeit auf solche Eindrücke, die es emotional erheblich bewegen. Das Schauen von Horrorfilmen oder das Spielen von indizierten Computerspielen ist dann lernhemmend. Angesichts dieser Erkenntnisse und der oben dargestellten Daten zum Medienkonsum der Jungen kann es nicht verwundern, was sich aus den Schulstatistiken der letzten zehn Jahre ablesen lässt: Die Schulleistungen der Jungen werden immer schlechter. So dominierten vor zehn Jahren bei den Schulabbrechern noch die Mädchen mit 52 zu 48. 2002 lagen dagegen die Jungen mit 64 zu 36 vorn. Auch beim Sitzenbleiben bilden neuerdings die Jungen mit 60 zu 40 klar die Mehrheit. Zudem liegen heute bundesweit die Schulnoten der männlichen Gymnasiasten um fast 0,4 Notenpunkte hinter denen der Mädchen zurück10. 8 Spitzer, M.: „Gehirnforschung und die Schule des Lebens“. Spektrum Akademischer Verlag, 2002. 9 Vgl. Roth, G.: „Hirnforschung als Brücke zwischen Natur- und Geisteswissenschaften“. Vortrag an der Universität Bremen, 2002. 10 Vgl. http://www.destatis.de/basis/d/biwiku/schultab16.php 18

Elternengagement und Bildungschancen ○













































Nimmt man die Befunde der PISA Studie hinzu, so liegt es nahe, dass insbesondere die Kinder und Jugendlichen der Unterschicht, die ja mehrheitlich die Hauptschule besuchen, besonders gefährdet sind, auf Dauer vom Bildungserfolg und gesellschaftlicher Partizipation ausgeschlossen zu werden. Die schlechten Leistungen in der Schule korrelieren mit Schichtzugehörigkeit und Medienkonsum. Beide Untersuchungen untermauern dies völlig unabhängig von einander.

4. Maßnahmen Neben dem Ausgleich sozialer Defizite liegen meiner Auffassung nach die Argumente für den Ausbau der Schule als Ganztagsschule in der prekären psychosozialen Situation einer immer größer werdenden Zahl von Kindern und heranwachsenden Jugendlichen. In den entwickelten Industriegesellschaften mit ihrer starken Dynamik im technisch-kulturellen und sozialen Wandel ist die Vermittlung von Fertigkeiten und Fähigkeiten der Lebensbewältigung, und damit der Aneignung gesellschaftlicher Möglichkeiten durch die Familie nur noch in einem immer eingeschränkteren Sinne möglich. Die Familie wird im Hinblick auf ihre soziale und kulturelle Umwelt idiosynkratisch, und idiosynkratisch sind die in ihr ablaufenden Sozialisationsprozesse wie deren Ergebnisse. Die Differenz zwischen den Ergebnissen der familialen Sozialisation und den Lebensverhältnissen in der weiteren, die Familie umgebenden Gesellschaft, wird gerade im Jugendalter immer deutlicher. Es scheint sogar so zu sein, dass die sozialisationswirksamen Einflüsse insgesamt die Ausbildung von Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Lebensbewältigung eher behindern. Dort, wo Kinder 19

Fachtagung zur Elternbildung

in zweiter oft gar in dritter Generation in die Sozialhilfe hineingeboren werden, wo gleichsam die Reproduktion der zukünftigen Sozialhilfeempfänger unter Ausschluss staatlicher Sozialisationsinstanzen vollzogen wird, bleiben soziale Kompetenzen und Wissensbeständen notgedrungen lückenhaft. Eine Ganztagsschule, die die hier angesprochenen Probleme wirklich angehen will, kann das nur mit Aussicht auf Erfolg tun, wenn sie vor allem die Lernorganisation ändert und wenn sie den Zusammenhang von Fachwissen, Aneignung der Welt und Lebensbewältigung selbst zum Thema macht. Sie wird scheitern, wenn sie das Problem lediglich als eines der möglichst optimalen Verteilung von Unterrichtszeit und Essenszeit über den ganzen Tag hindurch auffasst. Das Problem der Ganztagsschule ist kein arbeitsphysiologisches Problem, das allein mit Hilfe der Optimierung der Zeitverteilung gelöst werden könnte. Wichtig vielmehr ist die Erarbeitung eines einheitlichen Konzeptes von Unterricht und Erziehung, die den Einzelentscheidungen zugrunde liegen nötig. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle Aspekte von Unterricht und Schulleben interdependent gemacht werden müssen. Eine solche totalitäre Pädagogisierung ist abzulehnen. Die Änderung der Lernorganisation betrifft vielmehr die verschiedenen Formen des Lernens, ihren inneren Zusammenhang und ihre didaktisch methodische Verknüpfung. Deshalb kommt es auf die Änderung der Lernorganisation an, auf die Veränderung auch von Inhalten, von Lerngegenständen und Lernformen. Dazu gehört zunächst einmal die Einsicht, dass der traditionelle Fachunterricht eine notwendige, aber eben nur eine Form des Lernens ist. Neben diesem Unterricht muss es sowohl fachimmanenten sowie fachübergreifenden Projektunterricht geben, denn nur in dieser Form des Lernens ist der Zusammenhang von Wissenserwerb und Praxisbewältigung erfahrbar zu machen. Ebenso muss es möglich sein, durch Arbeitsgemeinschaften bestimmte Gebiete des Fachunterrichts zu vertiefen und Lerngegenstände zu behandeln, die sonst in der Schule nicht vorkommen würden. In diese prinzipielle Rahmung sind Maßnahmen passfähig, die vor dem geschilderten Zusammenhang von Medienverwahrlosung (vgl. Pfeiffer, 2005) und Schulerfolg zum Einsatz kommen sollten: – Weg mit den Fernsehern aus den Kindern- und Jugendzimmern. – Eine deutliche Erhöhung der Zahl von Ganztagsschulen. – Professionalisierung der Beratungskompetenz hinsichtlich der Elternarbeit im Bereich Lese- und Medienerziehung. – Einführung des Elternprogramms „Stadtteilmütter“11, in dessen Rahmen Multiplikatorinnen zur Unterstützung der Eltern bei der häuslichen Förde20

Elternengagement und Bildungschancen ○













































rung ihrer Kinder – in Kooperation mit der Schule – zur Verfügung stehen. – Außerschulische Unterstützung durch Bildungsberatung von Personen mit Migrationshintergrund, welche beratend erstens beim Übergang von Schule in Ausbildung und zweitens in Betrieben tätig sind. – Schulpsychologen, die Vertrauenslehrerin etc. könnten Mütter, die von sich aus nie die Initiative ergriffen hätten, zu einem Gespräch in ein „Elterncafe“ oder ein Cafe in der Umgebung einladen. Auch so bindet man Eltern ein12. – Elternabende die frühzeitig über das deutsche Schulsystem, die Berufswahl, das Ausbildungssystem oder den Arbeitsmarkt informieren und hierfür auch sensibel machen. – Darüber hinaus sollten zentrale Themen der Elternabende sein, das unterschiedliche Rollenverständnis von Eltern und Schule im Erziehungsprozess und die praktischen Möglichkeiten der Eltern, den Schulerfolg ihrer Kinder aktiv zu unterstützen. Hier bestehen oft interkulturell geprägte auseinander gehende Erwartungen, die Anlass zu Konflikten zwischen den Eltern und der Schule sein können. – Arbeitszeit bereitstellen für die Kommunikation mit Eltern und für die Beratung mit Lehrerinnen und Lehrern der Regelklassen über die sprachlichen Aspekte der Integration. – Das Projekt „interkulturelle Elternarbeit“ der Migrantenzentren13 (Köln) zielt räumlich vorrangig auf Stadtteile, mit sozialen Problemlagen. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, wie können Eltern erreicht werden? Vorschläge sind: mittels der Organisierung von Familienbesuche, das Ansprechen von Multiplikatoren, die Einrichtung von Sprechstunden für Eltern, thematische Elternabende in Schulen etc. Die Migrantenzentren machen in Form 11 Eine so genannte Stadtteilmutter die am Anfang der Woche eine Ausbildung erhält, leitet eine Gruppe von Müttern zum Ende der Woche mit Hilfe von Arbeitsblättern des Programms an. Diese Elternbegleiterin erklärt den Müttern das Programm während der wöchentlichen Treffen im Kindergarten in der Muttersprache. Jeden Tag führt dann die teilnehmende Mutter in der Muttersprache mit Ihrem Kind eine Aktivität durch, wie z.B. ein Buch vorzulesen, die Sendung mit der Maus anzusehen oder mit dem Themenheft zu arbeiten. Das gleiche Thema wird im Kindergarten in der deutschen Sprache umgesetzt. Diese Wiederholung des Erlernten in der zweiten Sprache hilft den Kindern, nicht zwei halbe Sprachen zu sprechen. (http://www.raa.de/RUCKSACK/rucksa06.html). 12 Vgl. Klaus Novy Institut: „Interkulturelle Elternarbeit“. http://www.kni.de/ kni_eltern.htm 2005. 13 Bärsch, Jürgen: „Berufsorientierung durch Interkulturelle Elternarbeit. Genderaspekte und neue Aufgaben für Migrantenzentren“. In: Migration und Soziale Arbeit, Juventa 2005 Heft 0304 S. 303. 21

Fachtagung zur Elternbildung

von Informationsveranstaltungen das Bildungssystem für Eltern und deren heranwachsende Kinder transparent. Die Eltern sollen auf diesem Wege kompetente Unterstützer für die Zukunft ihrer Kinder werden. – Die Einbeziehung von Migranteneltern in den Prozess der Schulwahl und Berufsfindung ist ein Schlüssel auf dem Weg zur erfolgreichen Integration von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. – Schließlich warum nicht individuelle Verträge mit Eltern und Schülern schließen? Enden will ich mit einer Erkenntnis, die nunmehr 200 Jahre alt ist und die dennoch aktueller denn je erscheint: Dummes Zeug kann man viel reden Kann es auch schreiben. Wird weder Leib noch Seele töten. Es wird alles beim Alten bleiben. Dummes aber vors Auge gestellt Hat ein magisches Recht. Weil es die Sinne gefesselt hält, bleibt der Geist ein Knecht. (Johann Wolfgang von Goethe: „Zahmen Xenien“. 1815)

Literatur Dusolt, H.: „Elternarbeit. Ein Leitfaden für den Vor- und Grundschulbereich. Belz Weinheim, 2001, Kahle, I.: „Die Elternarbeit als Bindeglied zwischen familialer und institutioneller Ökologie“. In: Dippelhofer-Stiem, B. & Wolf, B. (Hg.): „Ökologie des Kindergartens“. Juventa Weinheim, 1997, S. 49-76, Mundt, J. W.: „Vorschulkinder und ihre Umwelt. Eine Studie über Lebensbedingungen und Entwicklungschancen“. Beltz Weinheim 1980, Colberg-Schrader, H.: „Informelle und institutionelle Bildungsorte: Zum Verhältnis von Familie- und Kindertageseinrichtung“. In: Fthenakis, W. (2003). Elementarpädagogik nach PISA. Herder Verlag Freiburg, 2003, S. 266-284, Pierre Bourdieu: „Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“. Suhrkamp, Frankfurt a/M 1982, Baumert, J., Klieme, E., Neubrand, M., Prenzel, M., Schiefele, U., Schneider, W., Stanat, P., Tillmann, K.-J. & Weiß, M. (Hrsg.): „PISA 2000: Basis22

Elternengagement und Bildungschancen ○













































kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im internationalen Vergleich“. Leske & Budrich Opladen 2001. M. Prenzel u.a.: PISA 2003: Ergebnisse des zweiten Ländervergleichs. Zusammenfassung. November 2005 Online-Ausgabe (pdf-Datei). Feierabend, S., Klingler, W.: „Kinder und Medien 2002. Ergebnisse der Studie KIM 2002 zum Medienumgang Sechs- bis 12jähriger in Deutschland“. Media Perspektiven, 2003 Heft 6, 278-289. Feierabend, S., Klingler, W.: „Medienverhalten Jugendlicher in Deutschland. Fünf Jahre JIM-Studie Jugend, Information, (Multi-)Media“. Media Perspektiven, 2003 Heft 10, 450-462, Kriminalsoziologisches Forschungsinstitut Niedersachsen www.kfn.de/medienverwahrlosung.pdf 2004, Spitzer, M.: „Gehirnforschung und die Schule des Lebens“. Spektrum Akademischer Verlag, 2002, Roth, G.: „Hirnforschung als Brücke zwischen Natur- und Geisteswissenschaften“. Vortrag an der Universität Bremen, 2002, http://www.destatis.de/basis/d/biwiku/schultab16.php Arbeitsstellen zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) NRW: „Rucksack-Projekt. Ein Konzept zur Sprachförderung und Elternbildung im Elementarbereich“. http://www.raa.de/RUCKSACK/ rucksa06.html 2004, Klaus Novy Institut: „Interkulturelle Elternarbeit“. http://www.kni.de/ kni_eltern.htm 2005, Bärsch, Jürgen: „Berufsorientierung durch Interkulturelle Elternarbeit. Genderaspekte und neue Aufgaben für Migrantenzentren“. In: Migration und Soziale Arbeit, Juventa 2005, Heft 0304 S. 303.

Autor: Dr. Andreas Boehme FU Berlin – Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie Arbeitsbereich Interkulturelle Erziehungswissenschaft / Leiter des Studienbüros Anschrift: Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin Tel.: 83856193 Fax: 83851212 Email: [email protected] 23

Fachtagung zur Elternbildung

Inhalte der Workshops: Workshop 1: „Schon wieder Elternabend?“ Informationsvermittlung auf Elternabenden am Beispiel der Schulanfangsphase In der Arbeitsgruppe haben wir uns schwerpunktmäßig mit der veränderten Schulanfangsphase beschäftigt. Wie können die neuen Strukturen den Eltern vermittelt werden, was können die Elternkurse beitragen? Welche sprachlichen Mittel, welches „Lexikon“ ist erforderlich, um die Informationen zu vermitteln und zu verstehen. (Moderation: Almut Mohrmann / Ülker Bayraktar)

Workshop 2: „Die verstehen mich nicht!“Eltern und Lehrer im Gespräch. In diesem Workshop wurden die verschiedenen Arten von Elterngesprächen geordnet und die jeweils erforderlichen sprachlichen Mittel für einen Erfolg versprechenden Gesprächsverlauf erarbeitet. (Moderation: Renate Kuhl / Bilgin Lutzke)

Workshop 3: „Was hat das mit uns zu tun?“ Volkshochschulkurse in der Grundschule In dieser Zukunftswerkstatt haben VHS-Dozent/innen und Lehrkräfte gemeinsam Ideen für die sinnvolle Kooperation in der Elternarbeit entwickelt. Ziel war es, die Chancen, die die VHS-Elternkurse in den Grundschulen bieten, zu erkennen und zu nutzen. (Moderation: Dorothea Schütze)

Workshop 4: „Wir bedanken uns für Ihre Mitarbeit“Die Sprache der Elternbriefe Es wurden gemeinsam Elternbriefe analysiert und Vorschläge für leichter verständliche Briefe an Schulen mit hohem Migrantenanteil entwickelt. Außerdem wurde ein „Lexikon“ wichtiger schulrelevanter Termini erarbeitet, das in den Elternkursen bearbeitet werden kann. (Moderation: Ulla Hegemann / Safiye Celikyürek) 24

Workshop 1 ○













































Workshop 1: „ Schon wieder Elternabend?“ Die geringe Beteiligung der Eltern besonders der mit migrantischem Hintergrund bei den Elternabenden ist allen Beteiligten gut bekannt. In dieser Phase der Arbeitsgruppe war die Aufgabe der Teilnehmerinnen, sich in Kleingruppen mit einzelnen Aspekten des Themas „Schulanfangsphase“ näher zu beschäftigen und zu diesen Materialien zu erstellen. Eine weitere Aufgabe war zu überlegen, wie bei möglichst vielen Eltern für das Thema Interesse geweckt werden kann (durch eine Einladung), um diese zu erreichen. Bei der Erstellung der Materialien wurde darauf geachtet, dass die Inhalte vereinfacht und plakativ dargestellt waren. In den vier Arbeitsgruppen waren sowohl Kursleiterinnen aus Elternkursen wie auch Lehrerinnen aus Grundschulen vertreten. Der Erfahrungsaustausch über die Zielgruppen ermöglichte, dass Anliegen beider Gruppen (sowohl der migrantischen Eltern wie auch der Lehrerinnen) mit einbezogen bzw. deren Deutschkenntnisse berücksichtigt werden konnten. Den Teilnehmerinnen wurden folgende Materialien zum Thema zur Verfügung gestellt: – „ Konzeption für die flexible Schulanfangsphase“ Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport www.senbjs.berlin.de/bildung/Schulreform – „Fragen und Antworten zum neuen Schulgesetz“ Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport www.senbjs.berlin.de/bildung/schulgesetz Überblick über die Inhalte der einzelnen Arbeitsgruppen: a) Eine Einladung zum Elternabend mit Hinweisen zur Gestaltung der Einladung b) Erstellung einer Wortschatzliste zu schulorganisatorischen Veränderungen Erklärungsvorschläge zu Schlüsselbegriffen c) Erstellung einer Wortschatzliste zu unterrichtsbezogenen Veränderungen Erklärungsvorschläge zu Schlüsselbegriffen d) 3 Plakate zur Visualisierung der Schulanfangsphase betreffenden Veränderungen Fragestellung für die AG: a. Entwerfen Sie eine Einladung zu einem Elternabend, der sich mit den Veränderungen durch die neue Schulanfangsphase beschäftigt. Berücksichtigen sie dabei Form, Sprache, Ansprache, um möglichst alle Eltern zum Kommen zu motivieren. Wie kann der Elternabend attraktiv gestaltet werden? Entwickeln Sie Ideen für einen Ablauf. 25

Fachtagung zur Elternbildung

Hinweise zur Gestaltung der Einladung/Elternabends: – Schriftbild mit Computer – farbiges Papier – möglichst Lehrer- und Klassenfoto einfügen – persönlich Ansprache der Erziehungsberechtigten (2 Computervorlagen – für allein erziehende und Familien ) – kurze Sätze mit einfachem Aufbau – starke Gliederung – Extra: Datum Zeit Ort deutlich hervorheben – Namen des betreffenden Kindes benennen – „Einiges hat sich geändert“ durch Schriftgröße evtl. verändern – Thema des Elternabends benennen – Keksbilder als Deko auf Einladung o. ä. – (L. bringt Selter, Kekse mit) – Evtl. über Elternvertretung Kinderbetreuung organisieren oder vor Ort klären

Fragestellung für die AG : b) Über welche sprachlichen Mittel müssen die Eltern verfügen, um die eher schulorganisatorischen Veränderungen zu verstehen? Erstellen Sie eine Wortschatzliste und sammeln Sie die strukturellen Schwierigkeiten des Themas. Erstellen Sie zu „Fachbegriffen“ einfache Worterklärungen! Wortschatzliste : – Keine Rückstellung * – Schulanfangsphase * – JÜL/ISA * – Individualisierung * – Erfassen der Lernausgangslage * – Leistungsstand ( Lernkontrollen) * – Jahrgangsübergreifender Unterricht * – Aufteilung * – Wechsel in Klasse 3 * – Rahmenlehrpläne * – Standards * – flexibel – Verbleib * in der folgenden Liste werden diese – Förderung Fachbegriffe näher erläutert – Förderbedarf (aus Zeitgründen konnten nicht alle – Jahrgang Begriffe erklärt werden) – Klassenkonferenz 26

Workshop 1 ○













































Einladung zum Elternabend Liebe Frau __________________! Liebe Herr __________________! Hat _______________ Ihnen schon etwas von der Schule erzählt ?

Einiges hat sich geändert ! Das haben Sie sicher gemerkt : z. B. Lernt Ihr Kind zusammen mit 5 1/2 bis 8 Jährigen. Vieles wird sich noch ändern. Für Ihr Kind ist es sehr wichtig, dass Sie zu diesem Elternabend kommen und sich informieren. Wir treffen uns am (Datum, Uhrzeit) im Raum (…………….)

(eine Zeichnung zum gemütlichen

Ich freue mich auf Sie !

Beisammensein)

Ihr………………… Ich habe die Einladung gelesen : ……………………………………… Unterschrift

Erklärung der Fachbegriffe : keine Rückstellung: Alle Kinder kommen in dem Jahr zur Schule, in dem sie 6 Jahre alt werden. Schulanfangsphase: Das sind die ersten Jahre in der Schule. Sie können 1,2 oder 3 Jahre dauern. JÜL/ ISA: Die Klassen heißen nicht mehr 1a oder 2b. Individualisierung: Jedes Kind ist anders. Jeder braucht verschieden viel Zeit, um etwas zu lernen. Jedes Kind bekommt unterschiedlich viel Zeit. 27

Fachtagung zur Elternbildung

Erfassen der Lernausgangslage: Die LehrerInnen wollen wissen, was jedes Kind schon kann. Leistungsstand (Lernkontrollen): Die Lehrerinnen wollen wissen, was das Kind gelernt hat. jahrgangsübergreifender Unterricht: In jeder Klasse lernen Kinder, die neu sind und Kinder, die ein oder zwei Jahre in der Schule sind. Aufteilung: Nach einem Jahr wird die Klasse in zwei gleich große Gruppen geteilt. Jede Gruppe bekommt neue Schulanfänger dazu. Wechsel in Klasse 3: Nach jedem Jahr überlegen die LehrerInnen der Klasse, welche Kinder schon in die 3. Klasse gehen können. Die anderen bleiben in der Klasse. Rahmenlehrpläne: Der Rahmenlehrplan sagt den Lehrern, was die Kinder lernen sollen. In ganz Berlin lernen alle Schüler die gleichen Sachen. Standards: Diese Sachen soll das Kind gelernt haben. Dafür haben die Kinder unterschiedlich viel Zeit.

Fragestellung für die AG: c) Über welche sprachlichen Mittel müssen die Eltern verfügen, um die eher unterrichtsbezogenen Veränderungen zu verstehen? Erstellen Sie eine Wortschatzliste und sammeln Sie die sprachstrukturellen Schwierigkeiten des Themas. Erstellen Sie zu „Fachbegriffen“ einfache Worterklärungen! Wortschatzliste Individualisierung + Binnendifferenzierung Jahrgangsmischung Lernausgangslage Stundentafel Projekte Unterrichtsmaterial Hausaufgabenmappe Lernen Selbständigkeit/ selbständiges Lernen Gruppenarbeit

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Workshop 1 ○













































Erklärung der Fachbegriffe: Stundenplan: tägliche Anwesenheitszeit ohne Fächerabfolge, da die Unterrichtsinhalte in Projekten erarbeitet werden. Projekt: Schüler arbeiten gemeinsam an Aufgaben; jeder, wie er/sie kann • z. B. Projekt „ Herbst“ – Kinder rechnen mit Waldfrüchten – Nennen/schreiben Anlaute ,Wörter von Bäumen, Blättern – singen Herbstlieder – sortieren, basteln, zeichnen Herbstbilder – Alle Unterrichtsinhalte geschehen gleichzeitig in Form eines Tages- oder Wochenplanes. – Die Kinder entscheiden selbst, woran sie arbeiten. Selbständigkeit – Selbständiges Lernen: Jedes Kind kann und muss selbst lernen. – Weil jedes Kind selbst lernt, lernt auch jedes Kind etwas anderes. – Mit der Zeit lernt das Kind immer mehr Neues dazu. – Kinder lernen voneinander und miteinander und helfen einander. – Unterrichtsmaterial und Hausaufgaben: Die täglichen Unterrichtsmaterialien verbleiben in der Schule, nur die für die Hausaufgaben nötigen Dinge werden von den Kindern nach Hause gebracht. Hausaufgaben müssen gekennzeichnet sein. lernen: etwas beibringen Anm.: Um Verdoppelungen zu vermeiden wurden auf Erklärungen einiger Fachbegriffe wie Individualisierung, Lernausgangslage, Jahrgangsmischung verzichtet, da diese in den anderen AGs erläutert wurden.

Fragestellung für die AG: d. Wie können die Veränderungen durch die Schulanfangsphase für die Eltern veranschaulicht werden, um ein „Lernen“ mit möglichst vielen Sinnen zu ermöglichen. Erstellen Sie Plakate oder ähnliches. Die AG erstellte drei Plakate zur Veranschaulichung der neuen Schulanfangsphase – zum Vergleich der Situation früher, heute und ab dem Schuljahr 2006 / 2007 .

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Fachtagung zur Elternbildung

Plakat 1

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Workshop 1 ○













































Plakat 3

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Fachtagung zur Elternbildung

Workshop 2: „Eltern und Lehrer im Gespräch“ Der Workshop begann nach einer kurzen Vorstellungsrunde mit einer Themensammlung zu welchen Anlässen Gespräche zwischen Eltern und Lehrern überhaupt geführt werden, gleichzeitig ergaben sich aber auch methodische Vorschläge, die hier ebenfalls erwähnt werden. • soziale Problematik materielle Versorgung, Mädchen-Jungen-Probleme, Klassenkasse, Pausenbrot, fehlende Arbeitsmittel, fehlende Mitarbeit der Eltern, soziale Kompetenzen, Klassenclown (Außenseiter), Schulversäumnis, Müdigkeit, Teilnahme am Schulsport, Pünktlichkeit, Pünktlichkeit der Eltern, Teilnahme der Kinder außerschulischen Aktivitäten, Erziehungsstil, Erziehungsfragen • Lernverhalten Lustlosigkeit, Lernverweigerung, Lernprobleme, zu stille oder zu unruhige Kinder, Leistungsschwierigkeiten, Lernauffälligkeiten •· Methoden, um mit den Eltern auf andere Art ins Gespräch zu kommen: Elterncafé, Eltern-Eltern-Gespräch, Veranstaltungen von Eltern für Eltern, Beratungsgespräch, Hausbesuch, Rückmeldung an die Eltern über z.B. Leistungen ihres Kindes usw., offener Unterrichtsanfang Aus dieser Sammlung entwickelten sich drei verschiedene Gruppen: Gruppe1: Wege zur Konfliktlösung Konfliktgespräche positiv gestalten, dritte Person als Schlichter einschalten, Angleichung unterschiedlicher Ebenen(Lehrer-Eltern), Schule auch für Eltern ein Lebensraum Gruppe 2: Tranparenz der Schule Rahmenpläne, Verbale Beurteilung, Entschuldigungszettelmuster, Rollenspiel, weitere schulische Themen als Unterrichtsinhalte der Mütterkurse Gruppe 3: Bildung-Kultur-Sprache gemeinsame Ziele aufzeigen, Verantwortung übertragen, gegenseitige Anerkennung, emotionale Nähe schaffen, Bildungsverträge, Klärung des Lehr – und Lernauftrags 32

Workshop 2 ○













































Gruppe 1: In der Gruppe 1 wurde das Thema „Schule als Begegnungsstätte“ intensiv bearbeitet. Als Möglichkeiten der sprachlichen Begegnung wurden genannt: Elterncafé, Elternstammtisch, Schulfest, Klassenfeste, Ausflüge, offener Anfang. Vorschlag für die Mütterkurse: Diese Themen als Gesprächsanlässe mit ihren Teilnehmerinnen zu nehmen. Gruppe 2: Die Gruppe 2 hat sich ein schulisches Thema herausgegriffen: Diktatvorbereitung Vorschlag für die Mütterkurse: Die verschiedenen Möglichkeiten der Diktatvorbereitung mit ihren Teilnehmerinnen zu üben oder zu besprechen: 1. inhaltliche Klärung des Textes 2. Buchstaben der einzelnen Wörter zählen lassen ( Wie viele Buchstaben hat das Wort?) 3. buchstabieren 4. aufschreiben (z.B. Laufdiktat: Den Text oder die einzelnen Sätze an einem anderen Ort deponieren, so dass man laufen und den Inhalt behalten muss) 5. Silben klatschen 6. Groß- und Kleinschreibung (Warum schreibt man das so?) 7. Schreibrichtung und Schreibfluss 8. Ableitungen (der Hund - die Hunde) Gruppe 3: Die Gruppe 3 beschäftigte sich mit der Vermittlung von Bildungs- und Erziehungsvorstellungen. Vorschlag für die Mütterkurse: 1. Mein Kind kommt in die Schule – Was braucht es? – Was lernt es? – Was sollte es können? – Was gebe ich ihm mit? 2. Meine Aufgaben

– – – –

Schulweg erklären und üben Pünktlichkeit Ernährung(Pausenbrot, Getränk) Kennenlernen des Schulgebäudes, der Lehrer, der anderen Eltern

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Fachtagung zur Elternbildung

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Workshop 3 ○













































Workshop 3: Zukunftswerkstatt VHS-Kurse in der Grundschule „Was hat das mit uns zu tun?“ – VHS-Elternkurse in der Grundschule – ZUKUNFTSWERKSTATT – (Durchführende: Dorothea Schütze)

In dieser Zukunftswerkstatt entwickelten VHS-Dozent/innen und Lehrkräfte gemeinsam Ideen, wie sie in Bezug auf die Zusammenarbeit mit Eltern sinnvoll kooperieren können. Dabei sollten die Chancen erkannt und genutzt werden, die die VHS-Elternkurse in den Grundschulen bieten.

Einführung in die Zukunftswerkstatt Die Zukunftswerkstatt ist eine Methode, mit der Problemlagen oder Fragestellungen auf kreative Art und Weise von einer Gruppe bearbeitet werden können. Zu Beginn erhielten die ca. 25 Teilnehmenden Lehrer/innen und VHSDozent/innen einen Überblick über die Phasen einer Zukunftswerkstatt.

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Fachtagung zur Elternbildung

Positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit – die „JOKER“ Bevor wir in die Zukunftswerkstatt einstiegen, sammelte die Gruppe zunächst positive Erfahrungen in der Zusammenarbeit. Jede/r Einzelne schrieb eine Erfahrung auf ein weißes Blatt Papier und formulierte auf einem zweiten roten Blatt, was das „Besondere“ an dieser Erfahrung war. Anschließend präsentierten alle nacheinander ihre Ergebnisse. Das „Besondere“ jedes einzelnen Beispiels war Ausdruck dafür, anhand welcher Kriterien Erfahrungen als positiv wahrgenommen werden. Die roten Blätter wurden zu unseren „Jokern“, die im späteren Verlauf der Werkstatt wieder eine Rolle spielen sollten. Außerdem ist die Joker-Sammlung als Basis für die Weiterarbeit insofern hilfreich, da alle Beteiligten nicht bei Null beginnen, sondern bereits auf positive und erfolgreiche Situationen oder Strategien zurück greifen und diese für die weitere Entwicklung nutzen können.

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Workshop 3 ○













































Die Kritikphase In dieser Phase war Platz für alles Negative. In Kleingruppen à 3-4 Personen sammelten die Teilnehmenden kritische Punkte und Schwierigkeiten, die sie in Bezug auf die Zusammenarbeit von Lehrer/innen und VHS-Dozent/innen sehen. Jedes einzelne Problem wurde auf einem gesonderten A4-Blatt notiert. Anschließend verschafften wir uns einen Überblick über die Ergebnisse, gruppierten sie zu einzelnen Problemfeldern und gaben ihnen jeweilige Überschriften (z.B. Räumlichkeiten, Rahmenbedingungen, Zielgruppe, Kooperation, etc.). Hier einige Beispiele für Kritikpunkte:

Anschließend ordneten sich die Teilnehmenden den Problemfeldern zu, an denen sie in der kommenden Phase weiter arbeiten wollten. 37

Fachtagung zur Elternbildung

Die Utopiephase Nachdem sich Gruppen zu einzelnen Problemfeldern gebildet hatten, beschäftigten sich die Teilnehmenden zunächst mit den dazugehörigen Kritikblättern. Aufgabe war, die Blätter umzudrehen und auf der Rückseite die positive Umkehrung des Problems zu beschreiben. Beispiele für umformulierte Kritikblätter:

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Workshop 3 ○













































„Wunschwelten“ Anschließend ging es darum, diese umformulierten Blätter zur Grundlage zu nehmen, um die positive Kehrseite des Problems mit Leben zu füllen und so genannte „Wunschwelten“ zu kreieren. Es sollte dargestellt werden, wie diese neue Situation aussehen könnte, welche Auswirkungen sie hat, was genau passiert, was Menschen tun und sagen, etc... Die Gruppen hatten für ihre Ausdrucksformen freie Wahl (z.B. ein gemaltes Bild, ein Gedicht, ein Sketsch, eine Collage, eine Radiosendung, u.v.m.). Eine der Gruppen entschied sich für einen Sketsch, bei dem es um die organisatorischen Aspekte der Zusammenarbeit ging:

In dieser Szene ist die Sekretärin der Schule äußerst kooperativ und unter dem Kollegium gibt es eine Lehrkraft, die speziell für die Zusammenarbeit mit den VHS-Dozent/innen zuständig ist, den Kontakt hält, in die Elternkurse kommt und offen für alle Anliegen ist. Die Zusammenarbeit klappt hervorragend!

Faszinierende Ideen Während der Vorführungen sollten die übrigen Teilnehmenden genau beobachten und zuhören, um im Anschluss an jede Darbietung die „faszinierenden Ideen“ zu benennen, die in den einzelnen Beiträgen steckten. Diese faszinierenden Ideen wurden gesammelt und sollten als Grundlage für die nächste Zukunftswerkstatt-Phase dienen: 39

Fachtagung zur Elternbildung

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Workshop 3 ○













































Die Realisierungsphase Im folgenden Schritt wurden die Phantasie- bzw. Wunschwelten auf den „Boden der Tatsachen“ geholt. Anhand der gesammelten faszinierenden Ideen machten sich die Gruppen nun daran, konkrete Umsetzungsideen für die Praxis zu entwickeln. Zusätzlich konnte sich jede Gruppe einen „Joker“ (aus dem ersten Arbeitsschritt) auswählen, um noch eine weitere Anregung in ihre Überlegungen mit einfließen zu lassen. Folgende Umsetzungsideen sind dabei entstanden:

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Fachtagung zur Elternbildung

Nach jeder einzelnen Präsentation der Ideen gab die Gesamtgruppe Rückmeldungen und zusätzliche Anregungen für die Realisierung des jeweiligen Vorhabens. Und so konnten die Teilnehmenden mit diesen ganz konkreten Vorstellungen und Maßnahmenplänen die Zukunftswerkstatt abschließen.

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Workshop 4 ○













































Workshop 4: „Wir bedanken uns für Ihre Mitarbeit… Die Sprache der Elternbriefe“ Die Arbeitsgruppe war mit drei VHS Dozentinnen und drei Lehrerinnen paritätisch besetzt. In der Vorstellungsrunde wurde ein großes Bedürfnis nach Austausch zwischen den VHS Kursleiterinnen und den Grundschullehrerinnen deutlich. Es wurden u.a. folgende Probleme angesprochen: Von Seiten der VHS Dozentinnen – zu wenig Kontakt zu den Lehrerinnen der Schule, an der die Kurse stattfinden – zu wenig Einblick in den schulischen Alltag – zu wenig Kenntnisse über schulische Lerninhalte – Status und Besoldungsprobleme Von Seiten der Lehrerinnen – keine bzw. zu wenig Kenntnis über die Anzahl der an der Schule stattfindenden Kurse und deren Teilnehmer – keine bzw. zu geringe Kenntnisse über Inhalte und Ziele der Kurse Die Gruppe erarbeitete in einem ersten Schritt folgende allgemeinen Kriterien für die Erstellung von Elternbriefen: – große Druckschrift – übersichtliche Gestaltung (Termine deutlich hervorheben) – Informationen nur zu einem Thema (kurze Briefe) – Kurze Sätze (wenn möglich Hauptsätze), keine komplizierten Satzkonstruktionen – Keine Abkürzungen Komplizierte (formale) Texte, z.B. Essensverträge, sollten mehrsprachig verfasst werden – evtl. unter Hinzuziehung eines Dolmetschers. Zu fünf immer wieder auftauchenden Themen im Schulalltag – Einladung zum Elternabend – nicht erstellte Hausaufgaben – unvollständiges Schulmaterial – Planung eines Ausfluges – neuer Stundenplan wurden Musterbriefe entworfen. Das zugehörige Sprachmaterial (Vokabeln und Satzmuster) soll als Übungsmaterial in den Mütterkursen dienen. Wenn die 43

Fachtagung zur Elternbildung

Lehrerinnen , die Mütter ihrer Schulkinder in Mütterkursen haben, sich bei der Abfassung von Elternbriefen an dem Sprachmaterial orientieren, sollte die Verständigung leichter werden.

Musterbriefe 1. Einladung zum E lternabend Liebe Eltern der Klasse 1, Wir laden Sie herzlich zu unserem 1. Elternabend ein. Wann Zeit: Donnerstag, den 25.8.05, 18.00 Uhr Wo Ort:

Im Klassenraum,

Raum 204

2.Etage

Wir sprechen über: Tagesordnung: 1. Was lernen die Kinder im ersten Schuljahr? Lernziele im ersten Schuljahr 2. Wie läuft ein Unterrichtstag ab? Organisation des Unterrichts 3. Wir wählen die Elternvertreter Wahl der Elternvertreter Wir freuen uns auf Ihr Kommen! Mit freundlichen Grüßen….

Sprachmaterial: Der Elternabend, die Elternversammlung der Elternvertreter, einladen – wir laden ein, die Einladung, die Wahl- wählen, ablaufen- etwas läuft ab

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Workshop 4 ○













































2. Information über einen geplanten Ausflug Liebe Eltern,

Datum

Wir machen mit den Kindern einen Ausflug. Wir fahren ….. –

wann: Mittwoch, 23. 05.



Treffpunkt:

9 Uhr auf dem Schulhof



zurück:

gegen 12.30 Uhr



mitbringen:

Rucksack Essen und Trinken Taschentücher Regenjacke

Viele Grüße von

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Fachtagung zur Elternbildung

3. Informationen zum Stundenplan Liebe Eltern,

Datum

Die Lehrerin, Frau ……… ist leider krank. Die Kinder bekommen einen neuen Stundenplan. Der Stundenplan gilt ab morgen bis zum Ende der Woche. Viele Grüße von

Sprachmaterial: Der Ausflug, der Wandertag, die Besichtigung, die Exkursion. der Treffpunkt, wir treffen uns, wir sind zurück, mitbringen, die Kinder bringen …mit, die Regenjacke, der Rucksack ––– Der Stundenplan, gelten, es gilt, der Plan gilt…

4. Einladung zum Elterngespräch Sehr geehrte Frau (Herr)……… Datum Ihr Kind…….. hat 3x (häufig, oft) die Hausaufgaben nicht gemacht. Kommen Sie bitte zu einem Gespräch am …..… in die Schule (zum Lehrerzimmer, zum Klassenraum) Oder Ihr Kind bleibt deshalb am………. eine Stunde länger in der Schule. Es hat dann um ….Uhr Unterrichtsschluss. Freundliche Grüße

5. Information über fehlendes Material Liebe Eltern,

Datum

Ihr Kind…………….hat keinen Radiergummi (Materialliste). Bitte kontrollieren Sie regelmäßig die Schultasche. Viele Grüße

Sprachmaterial Die Hausaufgabe, das Hausaufgabenheft, der Unterricht, der Unterrichtsbeginn, der Unterrichtsschluss, das Gespräch, sprechen, Ihr Kind, Ihr Sohn, Ihre Tochter, die Mitteilung, der Klassenraum, das Turnzeug, das Sportzeug, die Federtasche, der Bleistift, der Buntstift, der Füller, das Heft, der Radiergummi, das Frühstück, die Frühstücksbox müssen – er muss, machen, kontrollieren, vergessen – er hat vergessen, bleiben – er bleibt, er bleibt länger, oft, häufig, regelmäßig, nicht, kein(e), in, am, um, nach

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Die Abschlussrunde ○

































Die Abschlussrunde Fish-Bowl Ein Fishbowl (wörtlich: „Fisch-Kugelglas“, frei übersetzt Aquarium) ist ein Verfahren zum Austausch und zur Diskussion von Gruppenarbeitsergebnissen. Dabei werden die Ergebnisse nicht nacheinander von Gruppensprechern vorgetragen, sondern erfolgen in einer Diskussion in einem Halbkreis. Das besondere daran ist, dass sich die Zuhörenden jederzeit an der Diskussion beteiligen können. Für diesen Zweck sind zwei Stühle im Halbkreis unbesetzt. So entsteht ein lebendiger Austausch der Diskussionsergebnisse.1 Um Ihnen einen kleinen Ausblick der Schlussrunde zu geben, haben wir uns entschieden, diese in folgender Form darzustellen:

1 Aus: Methodenkiste extra, Bundeszentrale für politische Bildung, Adenauer Allee 86, 53113 Bonn

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Elternabend ○













































Nichts ist so erlabend Wie ein Elternabend. Und gar nichts macht mich strahlender, Als die Aussicht im Kalender. Nichts ist so gewaltsam Nett und unterhaltsam, Und wer das nicht kennt, Der hat sein Dasein echt verpennt. Es macht froh, zu fragen, Schön ist‘s, was zu sagen. Klassenzimmerluft erhitzen, Auf zu kleinen Stühlen sitzen, lnteresse kundtun, Man setzt sich ins Halbrund nun Und einer schreibt ein Protokoll, So wie es sein soll – voll! Eine Tagesordnung habend, Kommt der Elternabend. Zu Punkt eins ein wenig später: Die Wahl der Elternvertreter. Jetzt heißt es, sich ducken, Sich tot stellen, nicht aufmucken! Bis es einen andern getroffen hat. Puh, das ging ja noch mal gIatt! Anwesenheitsliste! Da‘s und Vermisste. Die Hand unterm Tisch wandern lassen, In alte Butterbrote fassen. Reden, schwafeln, stammeln, Für die Klassenkasse sammeln. Und alle fassen den Beschluss, Dass was geschehen muss.

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Dann wird es hochtrabend Auf dem Elternabend: Der Lehrkörper erklärt die Logik Und den Sinn der Pädagogik. Hier ein Kichern, dort ein Gähnen, Da puhlt einer in den Zähnen, Alles schläft und einer spricht, Genau wie einst im Unterricht! Das Beste kommt zum Ende: Nämlich die Elternspende. Dann der Höhepunkt „Verschiedenes, Unnöt‘ges, Unterbliebenes.“ Und einer sagt ganz richtig: „Wir Eltern sind sehr wichtig!“ Da spart keiner mit Applaus Und dann ist der Elternabend aus. Nichts ist so erlabend Wie ein Elternabend, Das Schönste am Kinderhaben Ist, abends in die Schule traben. Wenn ich mit Freizeit meine Zeit vergeude, Zehr‘ ich noch lange von der Freude Und von der Hoffnung, die mir keiner nimmt: Der nächste Elternabend kommt bestimmt! Text: Reinhard May

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Fachtagung zur Elternbildung

Die Aussteller ANE – Arbeitskreis Neue Erziehung e. V. ○













































Interkulturelle Angebote der Elternbildung 1. Zweisprachige (türkisch-deutsche) Elternbriefe Die türkisch-deutschen ANE-Elternbriefe greifen die Fragestellungen zur frühkindlichen Erziehung auf, die Migrantenfamilien „unter den Nägeln“ brennen. Der türkische Schriftsteller und Kinderbuchautor flicht sie in Geschichten mitten aus dem Leben einer jungen türkischen Familie ein, vermittelt zwischen den unterschiedlichen Erziehungskonzepten und Lebensgewohnheiten von Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten und zeigt überraschende Alternativen zu eingefahrenen Denkmustern auf. Hülya, Oktay und ihre kleine Tochter Canan rühren die Leserinnen und Leser und machen nachdenklich. „Gibt es diese Familie wirklich?“ fragen uns Eltern am Telefon und wollen wissen, wie die Geschichte weitergeht. 2. Interkulturelle Elterngesprächskreise und Elternkurse Die interkulturellen Elternkurse umfassen zwei unterschiedliche Bildungsansätze, deren Inhalte kombinierbar sind: 1. Die Elterngesprächskreise (zur frühkindlicher/vorschulischer Erziehung) bestehen aus 15 Modulen zu relevanten Themen vorschulischer Erziehung für Eltern türkischer und arabischer Herkunft und ethnisch gemischten Elterngruppen (Themen sind u.a. die Bedeutung des Spiels, Grenzen setzen, Sprachentwicklung, geschlechtsspezifische Erziehung, Sexualerziehung, Eingewöhnung in den Kindergarten). Die Module liegen als strukturierter Leitfaden für MultiplikatorInnen der Elternbildung vor. 2. Der Medienkurs für Eltern mit Migrationshintergrund setzt sich aus 4 Modulen zur Erweiterung der Medien- und Erziehungskompetenz zusammen. Die Medienkurse dienen der Reflexion und Aktivierung von Migranteneltern: Motiviert durch die Möglichkeit, mehr über die Nutzung des Internet zu lernen (Qualifizierungsaspekt) und angeregt durch die eigenständige Suche im Internet nach erzieherisch relevanten Themen reflektieren die Teilnehmer/innen Erziehungsfragen wie den Umgang mit Gewalt, Sexualität und Medienkonsum und –verhalten in der Familie (z.B. Aushandlungs50

Rahmenprogramm: Die Aussteller ○













































prozesse mit Kindern für die Fernseh- und Computernutzung, Grenzen setzen). Angesprochen werden sowohl die Bedeutung der Neuen Medien in der Wissens- und Informationsgesellschaft für Erwachsene und Kinder als auch Chancen und Risiken der Internet-Nutzung und des Fernsehkonsums. Die Medienkurse wurden im Dialog mit Migrantengruppen entwickelt und mit großem Erfolg bundesweit erprobt; ein strukturierter Leitfaden zu ihrer Durchführung wird derzeit erarbeitet. 3. Internetportal www.aktiv-für-kinder.de Aktiv-für-Kinder ist ein Internetportal für Eltern, Initiativen und ExpertInnen, die sich für eine kinderfreundliche Zukunft einsetzen. Sie steht allen Eltern, Initiativen und engagierten Gruppen als Kommunikations- und Vernetzungsmedium zur Verfügung. Auf der Homepage werden gesellschaftlich relevante Themen aufgegriffen und gegen den Mainstream, aus der Perspektive von Kindern und Migranten aufbereitet. 4. BEN-BundesweitesElternNetz BEN ist die Datenbank für Eltern. Sie enthält alle Adressen und Informationen von Angeboten, die für die Eltern, Mütter und Väter wichtig sind. Von Alleinerziehenden über Geburtsvorbereitung, Väter-Treff oder Zauberin können sich interessierte Eltern unter mehr als 180 Schlagworten über verschiedene Angebote informieren: www.ben-netz.de

Name der Institution: Arbeitskreis Neue Erziehung e.V. Ansprechpartnerin: Dudu Sönmezçiçek Anschrift: Boppstr. 10, 10967 Berlin Telefon: 030- 25 90 06 44, Fax: 030-25 90 06 50 web: www.ane.de Email: [email protected] Verantwortlich in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin: Ulrike Grassau Telefon: ␣ +49 (0)30 9026 - 5693 eMail: [email protected] Programmträger FörMig Institut für International und Interkulturell Vergleichende Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg http://www.blk-foermig.uni-hamburg.de

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Fachtagung zur Elternbildung

inter@ktiv Deutsch ○













































Mit dem Projekt inter@ktiv Deutsch wird an vier Ganztagsgrundschulen in den sozialen Brennpunkten Berlin Wedding und Berlin-Tiergarten im Rahmen der sozialen Stadtentwicklung die deutsche Sprachkompetenz von bildungsfernen Schülern und deren Eltern durch Einsatz und Benutzung digitaler Medien erweitert. Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund erreichen in der Schule häufig nur sehr einfache Sprachkenntnisse. Sinnentnehmendes Lesen und Texte verfassen bereitet diesen Kindern größte Schwierigkeiten. Ihre Eltern – oft sozioökonomisch benachteiligt und bildungsfern – können sie nicht genügend unterstützen, und so bleiben auch neue Medien wie Computer, die beim Lernen eine immer größere Rolle spielen, als Informationsmedium weitgehend verschlossen („digital divide“). Schulversagen scheint vorprogrammiert. Die Lust an Schule geht mit zunehmenden Lernschwierigkeiten natürlich schnell verloren. Dieser Teufelskreis wird durch inter@ktiv Deutsch durchbrochen. Die Schüler erhalten individualisierte Hilfen für Sprachwachstum und zum Computergebrauch. Diese gezielte Unterstützung wird durch arbeitslose Lehrerinnen im Sachunterricht in Form von Blended Learning und Sprachförderung DaZ gegeben. Dies geschieht natürlich in enger Abstimmung mit den Sachunterrichtslehrkräften, die davon auch erheblich profitieren. Projektmanagement: Lehr- und Lernwerkstatt DaZ Volkshochschule Berlin Mitte Projektschulen: Fritzlar-Homberg-Grundschule (Tiergarten) Gustav-Falke-Grundschule (Wedding) Humboldthain-Grundschule (Wedding) Wedding-Grundschule (Wedding) Die Eltern werden in den gesamten Prozess mit einbezogen. Sie lernen parallel zu ihren Kindern am Nachmittag in Elternklassen den Umgang mit dem Computer und verbessern ihre Deutschkenntnisse. Das Besondere ist, dass die Kurse im Mediencafé nicht nur die Computerlexik beinhalten, sondern gezielt auf die Unterrichtsthemen der Kinder im Sachunterricht eingehen. Eltern und Kinder haben so die Möglichkeit, darüber multimedial zu kommunizieren. 52

Rahmenprogramm: Die Aussteller ○













































Weitere Elternaktivitäten sind die Unterstützung bei Bibliotheksbesuchen und die Begleitung bei Ausflügen und Veranstaltungen zu Wunschthemen. Durch den Besuch der Elternklassen, die Kommunikation zwischen Eltern und Lehrern und das Kennenlernen der Unterrichtsinhalte erhalten die Eltern einen Einblick in den schulischen Alltag und werden langfristig befähigt, sich am schulischen Werdegang ihrer Kinder aktiv zu beiteiligen.

inter@ktiv Deutsch fördert folgende Zielgruppen: • Schülerinnen und Schüler, die aus bildungsfernen Elternhäusern mit Migrationshintergrund stammen. Diese erwerben oder erweitern durch inter@ktiv Deutsch Kenntnisse im Umgang mit verschiedenen digitalen Medien, um auf diese im Rahmen einer individualisierten Sprachförderung im Unterricht zurückgreifen zu können. • Eltern dieser Schülerinnen und Schüler, die den Umgang mit verschiedenen digitalen Medien erlernen wollen, um den schulischen Werdegang ih53

Fachtagung zur Elternbildung

rer Kinder zu begleiten und ihre eigenen beruflichen und privaten Interessen zu optimieren. • Pädagogisches Personal an den drei teilnehmenden inter@ktiv Deutsch Grundschulen, die sich zu Aspekten des Blended Learning weiterbilden wollen, um zukünftig als Multiplikatoren für Kollegien mit ähnlicher Ausgangslage zur Verfügung zu stehen. • Lehrerinnen und Lehrer ohne Anstellung im Schuldienst, die sich durch inter@ktiv Deutsch für die Förderung von Sprach- und Medienkompetenz in der Grundschule sowie für Fortbildungstätigkeit und Implementierung der Konzepte zur eEducation weiterqualifizieren. • Mitarbeiter schulfremder Institutionen, die ihre Angebote durch Zusammenarbeit mit inter@ktiv Deutsch besser auf die Bedürfnisse, Kenntnisse und Fähigkeiten der bildungsfernen Familien abstimmen möchten, um diese Zielgruppe zukünftig besser zu erreichen.











Die Lehr- und Lernwerkstatt für Deutsch als Zweitsprache (LLW DaZ) in Berlin ○





























Die Lehr- und Lernwerkstatt DaZ entstand in den 90iger Jahren als „mobile Lernwerkstatt“ aus der schulinternen Lehrerfortbildung für Deutsch als Zweitsprache. Produkt- und handlungsorientiertes Lernen in der Spracharbeit ist materialintensiv und ergab – in Form einer wachsenden Unterrichtsmaterialsammlung – die „Lernwerkstatt in Koffern“. Durch die gesetzliche Einbettung von DaZ in die 2. Phase der Lehrerbildung in Berlin entstand dann erstmalig die Möglichkeit, eine feste räumliche Anbindung zu finden. Nach einem Intermezzo in Tiergarten von 2000 bis 2003 befindet sich die Lehr- und Lernwerkstatt für Deutsch als Zweitsprache (LLW – DaZ) seit Sommer 2003 in den Räumen der Rudolf-Wissell-Grundschule in der Ellerbeker Str. 7-8 im Ortsteil Wedding. Somit befinden wir uns mitten im Herzen von Berlin, in einem Bezirk, in dem im Schuljahr 2002/03 1482 Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache eingeschult wurden. Das entspricht 61,4% der Erstklässler. Der Bezirk Mitte hat damit den höchsten Prozentsatz aller Berliner Bezirke. Die Lehr- und Lernwerkstatt DaZ hat als Aufgabenschwerpunkt die Sprachförderung für Berliner Kinder in vorschulischen und schulischen Einrichtungen. 54

Rahmenprogramm: Die Aussteller ○













































Die Arbeit der LLW DaZ konzentriert sich besonders auf die Innenstadtbezirke, in denen ein hoher Anteil von Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache lebt. Gerade hier herrscht hohe Arbeitslosigkeit und Armut. In diesen sozialen Brennpunkten wohnen viele bildungsferne Familien. Es gibt starke ethnische Schranken. Der Wegzug vieler deutscher Mittelschichtfamilien begünstigt eine Segregation bestimmter Ethnien. Da auch viele nichtdeutsche Mittelschichtfamilien die betroffenen Bezirke verlassen, verarmen diese Stadtteile zunehmend. Eine nach wie vor große Gruppe von Kindern kommt ohne bzw. mit nur geringen deutschen Sprachkenntnissen zur Schule. Was nun? „Es ist keineswegs sicher, dass es besser wird, wenn es anders wird, aber soviel steht fest, dass es anders werden muss, wenn es besser werden soll.“ (Georg Christoph Lichtenberg, Physiker und Philosoph, 1799) Daraus ergibt sich ein breit angelegtes Handlungsfeld, z.B.: Milieu und Spracherwerb: Sprachfördernde Maßnahmen in Kooperation mit den Akteuren im Sozialraum Elternhaus und Spracherwerbschancen: intensive Elternarbeit und Elternbildung Neue Medien als Chance für Sprachzuwachs: eLearning / blended Learning im Unterricht und im Elternhaus Sprachentwicklung dokumentieren als Grundlage von Förderung: Sprachlernbiographien der Kinder abgestimmt auf Alter und Übergänge Handlungsrahmen zur Sprachförderung: sprachliche Mindeststandards und daran anknüpfende Lehr- und Lernmaterialien Die Lehr- und Lernwerkstatt DaZ hat deshalb mehrere tragende Säulen. Ein Stützpfeiler ist der Vorbereitungsdienst mit den Ergänzungskursen zu DaZ sowie den Workshops für Fachseminare und für Hauptseminare. Ein wachsendes Tätigkeitsfeld ergibt sich aus der stärkeren Verzahnung mit der 1. Phase der Lehrerbildung. 55

Fachtagung zur Elternbildung

Weitere Säulen sind Netzwerke wie der Fachmultiplikatoren für DaZ, Kleinnetzwerke benachbarter Einrichtungen und Schulen sowie der durch das „Gesamtkonzept Sprachförderung“ (siehe http://www.berlin-mitte.de/ index_2884_de.html ) vorgegebene Handlungsrahmen. Fortbildungen und Fachtagungen zu Themen der Sprachförderung reichern die Netzwerkarbeit an und bedienen den Bedarf von Kitas und Schulen. Aufgabenfelder wie Erwachsenenbildung (mit der City-VHS), Interkulturelle Bildung (mit der RAA und SOR) und Sprachförderung vor Schuleintritt (mit Jugend) werden ausgebaut. Verschiedene Projekte (Inter@ktiv Deutsch, Sprint, Kooperation Mitte – FU Berlin im Rahmen des Lehramtsstudiums) runden das Aufgabenfeld ab. Welche Ziele haben wir gesetzt? Ziel der LLW DaZ ist eine nachhaltige Verbesserung der Bildungschancen für spracharme Kinder (auch deutscher Herkunftssprache). Das wollen wir mit einer Vernetzung aller am Integrations-, Ausbildungs- und Unterrichtsprozess beteiligten Institutionen erreichen, um dadurch die Unterrichts- und Schulqualität zu erhöhen. Die Integrationschancen in unserer Gesellschaft ergeben sich nur durch eine Verbesserung der Sprachkompetenz dieser Schüler. Wir wollen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pädagogen den (Zweit-)Spracherwerb mit den einzelnen Fächern verzahnen. Ein dazu notwendiges DaZFörderkonzept für Kitas, Schulen und den Freizeitbereich muss in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Einrichtungen entwickelt werden. Michael Nové Kontakt: LLW DaZ – Ellerbeker Str. 7-8 – 13357 Berlin Mail: [email protected], Web.: www.daz-lernwerkstatt.de

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Rahmenprogramm: Die Aussteller ○













































Die Volkshochschule Berlin Mitte – die ○































Die City VHS ist eine kommunale Weiterbildungseinrichtung im Berliner Zentrum mit seiner besonderen Dynamik und kulturellen Vielfalt. Wir führen Menschen unterschiedlicher Kulturkreise und sozialer Herkunft zusammen. Die Aufhebung von Bildungsbenachteiligungen und die gesellschaftliche Integration sind unsere vordringlichen Aufgaben und unser Ziel im institutionellen Selbstverständnis und im Lernprozess. Unser Leitspruch lautet: Die Schwachen stärken, die Starken einbinden, die Gesellschaft zusammenhalten! Deutschkurse für Eltern/Mütter an Schulen und in stadtteilnahen Einrichtungen Deutschkurse für Eltern Eine Idee macht Schule Die Idee ist denkbar einfach: Während der Betreuungs- und Unterrichtszeit ihrer Kinder lernen die Eltern – vor allem Mütter – nichtdeutscher Herkunftssprache in der Schule, in der Kita ihrer Kinder oder in schulnahen Einrichtungen Deutsch. Umgesetzt wird das Sonderprogramm des Berliner Senats seit 1999 von den bezirklichen Volkshochschulen. Das Deutsch lernen der Mütter und Väter hilft mittelbar den Kindern, da sich die Eltern nun auch mit den Lehrerinnen und Lehrern ihrer Kinder verständigen können. Schließlich wird die Schule oder auch Kita der Kinder für die Eltern ein Lern- und Begegnungsort, der sich positiv auf das Zusammenwirken von Elternhaus und Schule auswirken kann. Deutschkurse – wie alle anderen und doch ganz anders In den Deutschkursen für Eltern wird mit den gleichen Lehrwerken gearbeitet wie in allen anderen Deutschkursen der Volkshochschule (Schritte 1-6, Hueber Verlag). Die Kurse führen – in etwas geringerem Lerntempo – zum Zertifikat Deutsch so wie alle anderen Integrations- und Deutschkurse auch. Überdies führen wir als Zwischenprüfungen nach der Grundstufe 1 bzw. 2 die Start 1bzw. Start 2-Prüfungen in Zusammenarbeit mit der Weiterbildungstestsysteme GmbH (WBT) in Frankfurt durch. Der Lernerfolg wird so durch eine externe Prüfungsagentur zertifiziert. (Näheres unter www.sprachenzertifikate.de ) In den vergangenen beiden Jahren haben Hunderte von Teilnehmerinnen der Elternkurse auf diesem Wege ein Deutschzertifikat (Start 1, Start 2 und Zertifikat Deutsch) erhalten. Trotzdem unterscheiden sich die Deutschkurse für Eltern an Schulen von allen anderen Deutschkursen ganz erheblich: Im Unterricht werden in verstärktem Maße Themen des familiären Alltags und des Schulalltags, der Kin57









Fachtagung zur Elternbildung

dererziehung, der Gesundheitsvorsorge und vieles mehr behandelt. So beteiligten sich im vergangenen Schuljahr Mütter aus den Kursen an Projekttagen der Schule oder führten an Schulfesten ein kleines Theaterstück auf Deutsch auf um nur zwei Beispiele zu nennen. Hand in Hand Die Zusammenarbeit zwischen den Schulen auf der einen Seite und den Lehrerinnen in den Deutschkursen für Eltern wird immer stärker ausgebaut. Seit dem Schuljahr 2004/05 unterrichtet eine Lehrkraft aus einer Grundschule auch in den Elternkursen, damit über diese Lehrerin eine Brücke zwischen den Deutschlernerinnen in den Elternkursen und den Lehrern der Schule geschlagen werden kann. Im kommenden Schuljahr wird eine weitere Lehrerin der Grundschule in diesem Bereich aktiv. An verschiedenen Schulen haben wir die inhaltliche Zusammenarbeit modellhaft intensiviert. Dort versuchen wir immer stärker, die Inhalte und Themen der Schule in den Lehrplan der Deutschkurse für Elternkursen einfließen zu lassen. Die Eltern, die in den Kitas Deutsch lernen, beschäftigen sich parallel zu den Kindern auch mit den Themen des Kindergartenalltags wie Fasching, Ausflüge, Jahreszeiten, Märchen u... An den nachfolgend aufgeführten Grundschulen und weiteren Einrichtungen können Eltern von Schülern nicht-deutscher Herkunftssprache während der Unterrichtszeit ihrer Kinder Deutsch lernen bzw. ihre Deutschkenntnisse verbessern. Alle Kurse werden von der Volkshochschule durchgeführt. Der Unterricht findet in der Regel zwei- bis dreimal wöchentlich statt und beginnt in der Woche ab dem 22.8.2005, weitere neue Kurse ab 2006. Für einen Großteil der Kurse gibt es Kinderbetreuungsmöglichkeiten für nichtschulpflichtige Kleinkinder. Andersen-Grundschule Carl-Bolle-Grundschule Fritzlar-Homberg-Grundschule Gottfried-Röhl-Grundschule Gustav-Falke-Grundschule Heinrich-Seidel-Grundschule Kurt-Tucholsky-Grundschule Trift- und Hermann-Herzog-Grundschule Wedding-Grundschule

Brüder-Grimm-Grundschule Carl-Kraemer-Grundschule Gesundbrunnen-Grundschule Grips-Grundschule Hedwig-Dohm-Oberschule Humboldthain-Grundschule Rudolf-Wissell-Grundschule Vineta-Grundschule Willy-Brandt-Oberschule

Kurse bieten wir auch in folgenden Einrichtungen an: AktionsRaum (Kreativhaus) Betroffenen-Laden Haci Bayram Moschee Jerusalem-Jugendbibliothek

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Rahmenprogramm: Die Aussteller ○







































Kindertagesstätte Kita Exerzierstraße Kita Togostraße Mitte Museum am Gesundbrunnen Nachbarschaftshaus Prinzenallee Regenbogen e.V. Stadtteiltreff Sonne







Kita Bornholmer Straße Kita Grüntaler Straße Lernhaus Pohlstraße NachbarschaftsEtage Fabrik Osloer Str. Nachbarschaftshaus Rostocker Straße Stadtteilladen Frisbee

Deutsch und Vorbereitung auf einen Beruf im Pflegebereich Neue Projekte, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert werden In Zusammenarbeit mit einer Grundschule wird auch wieder in diesem Jahr ein Kurs für ausländische Frauen eingerichtet, die bereits Deutschkenntnisse haben und an einem berufsorientierenden Vorbereitungskurs teilnehmen wollen. Der Teil Berufsorientierung besteht aus einem Computerlehrgang und einer allgemeinen Orientierung auf eine Tätigkeit im pflegerischen Bereich. Zusammen mit dem Ausbildungswerk des Deutschen Roten Kreuzes bereiten wir Sie darauf vor, im Anschluss an diesen Kurs an einer „Basisqualifikation Hauspflege“ teilzunehmen. Im Lehrjahr 2004/2005 ist dieser Kurs bereits erfolgreich gelaufen. Zu diesem Kurs können sich Frauen aus Grundschulen anmelden, an denen Deutschkurse für Eltern durchgeführt werden. (Nähere Informationen unter Tel. 200 94 74 45) Für die Kinder ist gesorgt Während des Unterrichts sind nicht nur die schulpflichtigen Kinder beaufsichtigt. Um allen Frauen eine Kursteilnahme zu ermöglichen, wird für kleinere Kinder nach Möglichkeit eine kursbegleitende Kinderbeaufsichtigung organisiert. Fragen Sie bei Ihrer Anmeldung danach. Weitere Informationen zu Deutschkursen unter http://www.isff-berlin.de/cityvhs/lehre/pdf/05.pdf

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Fachtagung zur Elternbildung

Fichtelberg Grundschule

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Rahmenprogramm: Die Aussteller ○













































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Fachtagung zur Elternbildung

Projektteam Förmig Berlin Im Rahmen eines Programms der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) entwickeln Schulen neue Formen der Zusammenarbeit mit (Migranten)eltern. Ziel dieser Bemühungen ist es, die aktive Teilnahme von Eltern am Schulleben zu stärken, um damit eine bessere Sprachentwicklung und bessere Lernbedingungen für ihre Kinder zu erreichen. o Elterncafés erleichtern als niedrigschwelliges Angebot den Zugang zur Schule. o Mehrsprachige und kultursensible Elternseminare thematisieren Fragen von Bildung und Erziehung. o Gemeinsame Leseprojekte – family-literacy – zeigen Eltern und Kindern Wege in die Schriftkultur. o Erziehungsverträge sind Ausdruck einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Schule und Eltern. o Das Training interkultureller Kompetenzen fördert Sensibilität und erfolgreiche Kommunikation. Die systematische Öffnung von Schulen zum Stadtteil hin und die Kooperation mit außerschulischen Partnern kann Schulen in diesen Anliegen unterstützen. Am Vorhaben beteiligen sich: E.O. Plauen-Schule (Friedrichshain-Kreuzberg): Elterncafés, Elternseminare Jens-Nydahl-Schule (Friedrichshain-Kreuzberg): Entwicklung und Erprobung von Erziehungsverträgen Lenau-Schule (Friedrichshain-Kreuzberg): family-literacy: Familienlesekoffer, Lesekisten, Bilderbuchkino Otto-Wels-Schule (Friedrichshain-Kreuzberg): Veränderung von Elternabenden, Erhebung von Elterninteressen Franz-Schubert-Schule (Neukölln): Übergang Kita/Grundschule: Information und Beratung bei der Schulanmeldung Projektteam FörMig Berlin Andreas Heintze (Projektleitung) Eva Müller-Boehm (Vorhaben A) Alfred Peters (Evaluation)

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Landesinstitut für Schule und Medien Berlin Alt-Friedrichsfelde 60, 10315 Berlin Telefon +40 (0)30 9021 - 2925 eMail [email protected]

Rahmenprogramm: Die Aussteller ○













































Das Institut für Frühpädagogik aus Bayern hat den folgenden Elternbrief in 14 Sprachen von a wie albanisch bis t wie türkisch übersetzt. Diese und weitere Informationen und Hilfen für Eltern und Lehrkräfte können unter http://www.ifp-bayern.de/cmain/a_INDEX/s_265 herunter geladen werden.

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Fachtagung zur Elternbildung

Liebe Eltern, Vielleicht fragen Sie sich manchmal: „Wie lernt mein Kind Deutsch?“ oder „Kann mein Kind von klein auf zwei Sprachen lernen?“ oder auch „Wird mein Kind sich später gut ausdrücken können – z.B. in der Schule?“ Die eine oder andere Frage beschäftigt viele Eltern. Mit diesen Fragen haben sich auch schon viele Pädagogen und Wissenschaftler beschäftigt. Wir möchten Ihnen ein paar Informationen und Tipps dazu geben…… • Welche Sprache sprechen Sie mit Ihrem Kind? Eltern bekommen manchmal den Rat: „Sprechen Sie mit Ihrem Kind Deutsch, dann hat es das Kind später in der Schule leichter“. Dieser Rat ist falsch. Sprechen Sie in der Sprache, in der Sie ganz spontan und natürlich sprechen und die Sie am besten können – meistens ist das die Muttersprache. In dieser Sprache kennen Sie auch die meisten Wörter und Sie wissen, wie die Sätze „gebaut“ sind. So bekommt Ihr Kind eine gute Grundlage, das hilft ihm dann auch bei den anderen Sprachen, z.B. beim Deutsch lernen. Es dauert viele Jahre, bis ein Kind eine Sprache richtig kann – das stimmt sowohl für die erste Sprache des Kindes, als auch für alle weiteren Sprachen. …… • Was können Sie in der Familie für die Sprachentwicklung Ihres Kindes tun? Das alltägliche Leben in der Familie ist wichtig für die Entwicklung der Sprache. Denn in der Familie lernen Kinder ihre erste Sprache. Welche konkreten Möglichkeiten gibt es in der Familie, Kinder in ihrer Sprachentwicklung zu fördern? • Freude am Sprechen und Erzählen Sprache kann man nicht trainieren, sie entwickelt sich bei jüngeren Kindern jeden Tag, indem die Kinder zuhören und selbst sprechen – z.B. beim Spielen, beim Bilderbuch anschauen, beim gemeinsamen Essen, bei einer Unterhaltung mit Menschen, die sie lieb haben. Die täglichen Gespräche sind für Kinder sehr wichtig: erzählen Sie dem Kind von Ihrer Arbeit, von den Großeltern, von einem kleinen Erlebnis, das Sie heute hatten; und wenn Ihnen das Kind z.B. beim Kochen zuschaut, dann erzählen Sie dem Kind, was Sie heute alles in den Topf geben. Und freuen Sie sich, wenn Ihr Kind viele Fragen stellt und viel erzählt – was es heute geärgert oder gefreut hat, was die Freunde im Kindergarten gesagt haben, usw. Beim Erzählen lernt das Kind allmählich sich auszudrücken und seine Ideen und Wünsche mit Worten zu erklären. Kinder lernen am besten, wenn sie sich wohl fühlen und wenn sie keine Angst haben Fehler zu machen. Manchmal erfinden Kinder auch Fantasiewörter, sie spielen mit der Sprache, das macht ihnen Spaß und ist gut für die Sprachentwicklung. Es ist nicht gut für die Entwicklung, wenn Sie Ihr Kind korrigieren, wenn es etwas „falsch“ sagt. Kinder, die oft korrigiert werden, verlieren manchmal die Freude am Sprechen und Erzählen. Es gibt Beschäftigungen, bei denen Kinder sehr viel lernen und ihre sprachlichen Fähigkeiten ganz besonders gut entwickeln. Dazu gehören vor allem Vorlesen, Geschichten erzählen, Bilderbücher anschauen, Reime sprechen und singen. …… Anmerkung. der Redaktion: Dies sind nur Ausschnitte aus dem Originalelternbrief. 64

Rahmenprogramm: Die Aussteller ○













































Tandem Schulstation

an der WeddingGrundschule

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Fachtagung zur Elternbildung

Vorbereitung der Fachtagung ○

































































Elternumfrage zum Thema Schule

1. Befragungsbogen Welche Themen sollten auf dem Elternabend häufiger besprochen werden? O über die Fächer z.B. Deutsch, Mathematik .......... O über die Leistungen der Kinder O über das Verhalten der Kinder O über die Klasse O über die Schule O über ………………… Was wünschen Sie sich von den Lehrern/innen Ihrer Kinder? O Er/sie soll mehr auf die Wünsche der Kinder eingehen. O Er/sie soll meinem Kind mehr helfen. O Er/sie soll mehr Hausaufgaben geben. O Er/sie soll weniger Hausaufgaben geben. O Er/sie soll………………… Was stört Sie an manchen Lehrern? O Ich verstehe ihn/sie nicht. O Er/sie hat keine Zeit für mich. O Er/sie kann mein Kind nicht leiden. O Er/sie will nicht mit mir sprechen. O Er/sie………………… Was denken Sie warum viele Eltern nicht zu den Elternabenden gehen? O Sprachprobleme O Angst vor der Schule O uninteressante Themen O es ist nicht wichtig

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Vorbereitung der Fachtagung ○





































2. Ergebnisse Welche Themen wollen die Eltern auf dem Elternabend häufiger besprechen? über die Fächer z.B. Deutsch, Mathematik...(9 mal) über das Verhalten der Kinder (3 mal) über die Leistungen der Kinder (2 mal) über die Klasse (1 mal) über die Schule (1 mal) Was wünschen sich die Eltern von den Lehrern/innen ihrer Kinder? Er/sie soll mehr Hausaufgaben geben (7 mal) Er/sie soll weniger Hausaufgaben geben (6 mal) Er/sie soll meinem Kind mehr helfen (2 mal) Er/sie soll mehr auf die Wünsche der Kinder eingehen (1 mal) Was stört die Eltern an manchen Lehrern? Keine Angabe (5 mal) Ich verstehe ihn/sie nicht. (4 mal) Er/sie kann mein Kind nicht leiden. (3 mal) Er/sie hat keine Zeit für mich. (2 mal) Er/sie will nicht mit mir sprechen. (2 mal) Was denken die Eltern warum viele Eltern nicht zu den Elternabenden gehen? Sprachprobleme (14 mal) Angst vor der Schule (1 mal) Uninteressante Themen(1 mal) Es ist nicht wichtig (0 mal)

Lehrerumfrage zum Thema Eltern ○





























































1. Befragungsbogen Was wünschen Sie sich von den Sprachkursen für Eltern („Mütterkursen“) der Volkshochschule? 1.... 2.... 67

Fachtagung zur Elternbildung

3.... Was wünschen Sie sich von den Eltern Ihrer Schüler in Bezug auf Ihre Arbeit? 1.... 2.... 3.... Was stört Sie eventuell an den Eltern? 1.... 2.... 3.... Warum ist das Interesse der Eltern an Elternabenden oft so gering? Kreuzen Sie bitte maximal 2 Antworten an! O Sprachprobleme O uninteressante Themen O Soziale Barriere O Elternabende sind für die Eltern nicht wichtig

2. Ergebnisse Was wünschen sich die Lehrer von den Sprachkursen für Eltern der VHS? 1. Themen des Schulalltags behandeln z.B. Stundenplan, Entschuldigungszettel, Briefe der Schule lesen (10 mal) 2. Kontakte Eltern-Lehrer unterstützen z.B. Rollenspiel (Gesprächsmuster), Formen der Höflichkeit, Sprachbarrieren abbauen, Musterbriefe (5 mal) 3. Motivation für das Thema „Schule“ fördern (2 mal) 4. Erziehungshilfen anbieten (1 mal) 5. Schul -und Klassenregeln besprechen (1 mal 6. Unterstützung bei den Hausaufgaben anregen (1 mal) Was wünschen sich die Lehrer von den Eltern ihrer Schüler in Bezug auf ihre Arbeit? 1. Unterstützung bei der Bewältigung des Schulalltags z.B. Kontrolle der Schultasche, Bereitstellung der Materialien, Pünktlichkeit, Hausaufgabenkontrolle, Mitteilungen an die Eltern lesen (6 mal) 2. Respektvoller Umgang bei der Zusammenarbeit: Eltern – Lehrer und Lehrer – Eltern (5 mal) 3. Unterstützung bei schulischen Veranstaltungen z.B. Ausflüge, Projekttage, Lesemütter (4 mal) 68

Vorbereitung der Fachtagung ○













4. 5. 6. 7.

























Interesse am Schulleben ihres Kindes (erleben und lernen) (4 mal) Rückmeldung geben (2 mal) Teilnahme an Schulveranstaltungen und Elternabenden (1 mal) Gemeinsame Bewältigung bei Schwierigkeiten des Kindes (1 mal)

Was stört die Lehrer eventuell an den Eltern? 1. Desinteresse, Ignoranz (5 mal) 2. Eltern nehmen ihre Erziehungsaufgaben nicht genügend wahr (4 mal) 3. Einfordern von Lehrerzeit ohne Terminabsprache(2 mal) 4. Nicht Einhaltung von Terminen(2 mal) 5. Vorurteile gegen andere Religionen, Kulturen (1 mal) 6. Unverständnis in Bezug auf Verhaltensprobleme (1 mal) 7. Vernachlässigung der Kinder (1 mal) 8. Sprachliche Defizite (1 mal) 9. nichts (1 mal) Warum ist das Interesse der Eltern an Elternabenden oft zu gering? 1. Sprachprobleme (9 mal) 2. Elternabende sind nicht wichtig(7 mal) 3. uninteressante Themen(0 mal) 4. soziale Barriere(3 mal) 69

Fachtagung zur Elternbildung

Erwachsenenbildung an der Grundschule: eine Idee macht Schule ○



































Von Leopold Bongart, Berlin-Neukölln und Michael Weiß, Berlin-Mitte Die Idee ist denkbar einfach und inzwischen nicht nur in Berlin umgesetzt: Während der Betreuungs- und Unterrichtszeit ihrer Kinder lernen auch die Eltern – vor allem die Mütter nichtdeutscher Herkunftssprache – in der Kita oder Schule ihrer Kinder Deutsch. Solche Kurse umfassen in Berlin 200 bis 250 Stunden pro Semester/Halbjahr bei ca. 15 Teilnehmerinnen pro Kurs. Die Kurslänge pro Tag umfasst meist vier Unterrichtseinheiten (= Unterrichtstunden), wobei der Unterricht an zwei bis drei Tagen in der Woche erteilt wird. Als Kosten für die Teilnehmerinnen entsteht nur die einmalige Anmeldegebühr von 20 Euro. Die Kurse finden vorrangig in den Berliner Innenstadtbezirken Neukölln, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte statt. Wie alles anfing Am Anfang war das Wort, hier der Kommunen auf der Innenstadtkonferenzen (1998), bei denen es um koordinierte Aktivitäten zur Revitalisierung der als besonders problembelastet angesehenen Innenstadtbereiche ging. Ein Ergebnis war der Vorschlag der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, die Volkshochschulen der Innenstadtbezirke mit der Durchführung von Sprachkursen für ausländische Eltern an den Schulen ihrer Kinder zu beauftragen. Ehrgeiziges Ziel war es, bei den Sprachkenntnissen der Eltern anzusetzen und vor allem Frauen anzusprechen, die mit dem traditionellen Sprachkursangebot nicht erreicht werden. So wurden 1999 mehr als 100 Kurse mit ca. 23.000 Unterrichtseinheiten und etwa 2000 Teilnehmerinnen durchgeführt. Im Jahr 2004 haben sich die Zahlen auf ca. 400 Kurse mit ca. 52.000 Stunden und etwa 6000 Teilnehmerinnen vervielfacht. Die anfangs geäußerte Skepsis, ob mit diesen Angeboten die bisher kaum erreichbare Zielgruppe der nachgezogenen Ehepartnerinnen für das Erlernen der deutschen Sprache zu motivieren sei, erwies sich als völlig unbegründet, die Kurse sind ein voller Erfolg. Frauenkurse gab es schon immer, was ist neu? Seit 1999 finden diese Kurse nun mit wachsendem Erfolg in Berlin statt, inzwischen auch bundesweit, z. T. unter dem etwas despektierlichen Motto und Titel „Mama lernt Deutsch“. Doch was ist so neu und anders, Deutschkurse für Frauen gibt es seit den 70er Jahren an den Volkshochschulen? 70

Rückblick und Ausblick ○













































1. Der Deutschkurs für die Eltern von Schulkindern verbessert, so die zentrale Hoffnung, die Bildungschancen der Kinder. Überdies ist erfolgreiche Bildung eine der zentralen Voraussetzungen für den Zugang zu Arbeit und Einkommen und damit eine Bedingung für gelingende Integration. Für den Erfolg in den Bildungseinrichtungen sind sowohl die Kenntnisse des Deutschen als institutionalisierte Verkehrs- und Schriftsprache als auch die Ausrichtung der Migranten und ihrer Familien auf die Erwartungen der Kerninstitution Schule bedeutsam. Die Deutschkenntnisse der zugewanderten Elterngeneration fördern damit nicht nur die eigenen Bildungschancen, sondern mittelbar auch die der Nachgeborenen. Im Gegensatz zu den traditionellen Deutschkursen für Frauen wurde das Hauptaugenmerk auf Frauen in ihrer Rolle als Mütter von Schulkindern gelegt. 2. Die Erwachsenenbildung und die Regelschulen kooperierten bis in die 90er Jahre vor mallem in der gemeinsamen Raumnutzung und gelegentlich bei dem einen oder anderen Schülerkurs.Nun eröffnete sich eine völlig neue Arbeitsteilung: die Volkshochschulen kümmern sich um die Eltern der Schüler nicht deutscher Herkunft – vor allem die Mütter – zunächst durch einen qualifizierten und qualifizierenden Deutschunterricht. Doch inzwischen geht der Unterricht weit über die Sprachvermittlung hinaus: schulische Themen und Erziehungsfragen werden immer öfter diskutiert. So werden z.B. in Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern und anderen Einrichtungen Themen wie Gesundheitsvorsorge bei den Kindern, Erkennung von Fehlentwicklungen oder frühkindliche Fördermöglichkeiten angesprochen. Die Teilnehmerinnen bekommen Einblicke in das hiesige Schul- und Bildungssystem, und sie werden sowohl mit schulorganisatorischen Dingen vertraut gemacht als auch über (eigene) berufliche Entwicklungsmöglichkeiten informiert. Mit Unterstützung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge werden seit 2004 im Rahmen des Mütterkursprogramms Kurse zur Stärkung der schulischen Kompetenz von Eltern und auch zur Berufsorientierung im Pflegebereich angeboten. Nach einer neuesten Erhebung haben die Mütter in den Kursen zu 10 Prozent keine Schulebesucht, zu 28 Prozent nur bis zur 5. Klasse und zu 26 Prozent bis zur 8. Klasse. Nur 35 Prozent der Teilnehmerinnen können auf einen Schulbesuch von 9 und mehr Jahren zurückblicken. Brisante Zahlen vor dem Hintergrund der Tatsache, dass PISA den Eltern eine entscheidende Rolle zuweist, wenn es um die Bildungschancen der Kinder geht 1. Bei den Mütterkursen werden– anders als bei den herkömlichen Frauenkursen, gezielt auch die schulischen Belange und Themen in den Deutschkurs integriert.

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Fachtagung zur Elternbildung

Intensive Zusammenarbeit zwischen VHS und Grundschule Im Jahre 2004 hat der Berliner Bildungssenator zunächst vier, dann acht halbe Lehrerstellen befristet den Innenstadtvolkshochschulen zugewiesen, um die beginnende Verzahnung zwischen Erwachsenenbildung und Schule weiter voran zu treiben. Diese acht Lehrerinnen, die ebenfalls Mütterkurse leiten, sollen als Netzwerkerinnen die Zusammenarbeit zwischen Volkshochschulen und Schulen stärken. Die Grundschullehrerinnen in den Schulen wissen oft wenig darüber, was in den Mütterkursen genau geschieht. Umgekehrt kennen die Kursleiterinnen selten die innerschulischen Geschehnisse und thematisierten bislang nur selten die schulischen Erwartungen an die Eltern und Schüler in den Deutschkursen. Elternarbeit kann aber besser gelingen, wenn Kursleiterinnen und Lehrerinnen mehr voneinander wissen, wenn mit den Eltern über Schule und die Erwartungen der deutschen Schule an Elternhaus und Kinder in den Deutschkursen gesprochen wird, wenn aber auch die Lehrerinnen die Eltern als (Sprach-)Lernende wahrnehmen. Die Zeit drängt Obwohl die kommunalen Bildungsstadträte und auch der Berliner Schulsenator das Programm bestens unterstützen, stellen sich im Alltag oft große und kleine Probleme der guten Idee in der Weg. Viele Schulen können angesichts des Ganztagsschulprogramms kaum noch Räume für die Mütterkurse zur Verfügung stellen. Überdies sind sie durch die gestiegenen Anforderungen, die das gerade in Kraft getretene Berliner Schulgesetz stellt, mit der Bewältigung des Schulalltags voll ausgelastet. Da bleibt wenig Zeit für vermeintlich „Zusätzliches“. Gleichwohl ist die Intensivierung der Zusammenarbeit von Schulen und Volkshochschulen eine dringend gebotene Aufgabe, die mit (neuer) Energie betrieben werden muss, weil damit die eingangs erwähnte einfache Idee der Mütterkurse konsequent zu Ende gedacht wird und ein echtes Zusammenwirken zwischen Erwachsenenbildung und Grundschule entstehen könnte. Die Zeit für diese Weiterentwicklung der Mütterkursidee drängt. „Der Teufel“, lautet ein israelisches Sprichwort, „hol‘ die Idee, die zu spät kommt.“ Leopold Bongart leitet die Volkshochschule Berlin-Neukölln und Michael Weiß ist Programmbereichsleiter in der Volkshochschule Berlin-Mitte. Kontakt: Weitere Zahlen und Fakten zu den Berliner Mütterkursen/Elternkursen an Schulen finden sich im aktuellen Evaluationsbericht, der als PDF Datei per EMail angefordert werden kann unter [email protected] aus: Heft 3–2005 | dis.kurs 72