Wolfgang W. Weiß
Gestalten statt Verwalten Chancen, Risiken und Perspektiven Kommunaler Bildungslandschaften Rendsburg, 2.4. 2011
Nürnberg – Bremerhaven viele Unterschiede, aber
beide haben ein kommunales Schulwesen
1
„Kommune als bildungspolit. Gestaltungsfaktor“ Das Gutachten: 72 Interviews mit Vertretungen von Kultusministerien, Schuldezernaten, des DST Geschäftsführung von Stiftungen, Verbänden, ... zwischen 1/2008 und 9/2009
„Themendrive“ 2007 DST: Aachener Erklärung DV:Kommunale Bildungslandschaft Freudenberg:„Weinheimer Initiative“ Bertelsmann: Selbstständige Schule DKJS: „lokales Verantwortungsnetzwerk“ Dortmund: Kommunaler Bildungsbericht KMK: Regionales Bildungsmonitoring BMBF: Lernen vor Ort DJI: Lokale Bildungslandschaften
2
„Politische Schwebe“ Regierungs-/Kabinettswechsel 1/08 bis 9/09 2008: Hessen, Niedersachsen (27.1.), Hamburg (24.2.), Thüringen (8.5.), Sachsen (17.6.), Bayern (28.9.). 2009: Hessen (18.1.), Saarland, Sachsen, Thüringen (30.8.), Schleswig-Holstein (22.7.), Schleswig-Holstein, Brandenburg (27.9.). Binnen 20 Monate: 10 Wechsel in KM,in 3 Bundesländern mehrfach
These 11
Keine Reformhektik! Reformen brauchen Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten. Bildungspolitik produziert oft – im Rhythmus von Wahlen – Reformhektik. Deshalb: Evaluierung nicht nur der Bildungsinstitutionen, sondern auch der Wirkung bildungspolitischer Arbeit.
3
Bayern und Bremen kommunale Schulen seit ca. 1900
seit 1947
Knackpunkt: Dienstaufsicht über „kommunale Lehrkräfte“
Gestaltungsverantwortung Schulangelegenheiten innere Land gestaltende Rahmenbedingungen
äußere Kommune verwaltungstechnische Umsetzung Weimarer Verfassung, Artikel 144
4
Land Staat
bzw.
16 Bundesländer staatliche Schulaufsicht
Einwohner je qkm
Kommune 1 .000 und mehr (15)
Stand: Dez. 2007
301 Landkreise
250 bis unter 1.000 (102)
150 bis unter 250 (79)
113 Kreisfreie Städte
100 bis unter 150 (89)
unter 100 (69)
Schulträgerschaft
5
Deutscher Städtetag
1
„Aachener Erklärung“ 2007 „Städte prägen mit ihren vielfältigen Einrichtungen die Bildungslandschaft Deutschlands. (...) Die Verantwortung der Städte in der Bildung muss deshalb gestärkt werden.“
Deutscher Städtetag
2
„Aachener Erklärung“ 2007 Leitbild: „Kommunale Bildungslandschaft“ vernetztes System von Betreuung, Erziehung und Bildung.
6
Kommunalisierung
These 2
Die Kommune benötigt zunehmend erweiterte Zuständigkeiten, um ihren bislang auf äußere Schulangelegenheiten begrenzten Schulverwaltungsauftrag zu einem gestaltenden Bildungsauftrag für das Gemeinwesen weiter zu entwickeln.
7
Begriffsstrukturierung
Begriffsvielfalt kommunale Schulen
selbstständige Schule
eigenverantwortliche Schule ildungsnetzwerk
erweiterte Schulträgerschaft
lokale Bildungsverantwortung elbstverantwortliche Schule
Kommunalisierung
regionale Bildungslandschaft
Gliederung
1. Fragestellung 2. Staat und Kommune 3.Begriffsstrukturierung 4. Kommunalisierung – Warum und wie? 5. Auseinanderdriften der Regionen 6. Weiterführende Fragen
8
Begriffsstrukturierung
Vernetzung und Gestaltung 1. Vernetzung der Bildungs-Institutionen in einer Kommune 2. Gestaltung des Schullebens durch dezentralisierte Steuerung der Bildungsprozesse
Vernetzung ... ... von Institutionen und Projekten, um Bildungsprozesse effizient zugestalten
9
kommunal lokal regional
Vernetzung von schulischer und außerschulischer Bildung Quartiersbüro YEPP-Büro 2 Grundschulen 2 Hauptschulen 1 Realschule 1 Förderschule 4 städt. Kindergärten/Kitas
Ein „Quadrat-KilometerBildung“ in Neckarstadt-West, einem Stadtteil Mannheims Folie: Stefan Schmutz, bearb. W.Weiß
6 priv. Kindergärten/Kitas 1 Jugendhaus 1 Gemeinwesenarbeit 1 Stadtbibliothek 3 Elterninitiativen
10
privat, frei kommunal
Bildungsbiographie
staatlich
Zuständigkeiten und Übergänge Grundschule
Krippe, Kita
Sek 1
Hoch Sek 2 schule
HS,RS,GY GS,Fö...
Familie
Weiter Bildung
GyO BS
WB
Familien-/Jugendhilfe, Sozialdienste, Horte,
Familien -/Jugendhilfe Sozialdienste Horte, Jugendtreffs, Bibliotheken, Musikschulen, ... treffs, Beratungsstellen, , , Bibliotheken, Jugend Musikschulen,...
0
6
10
16
19
Lebensjahre
Begriffsstrukturierung
Blickpunkt Schule Einzelschulen
Regionale Bildungslandschaft Regionale Schullandschaft
VHS, Theater, Vereine,... Horte, KiTa, Jug.zentrum
11
Regionale Bildungslandschaft - Entwicklungsphasen Gestufte Schulvernetzung:
- innerhalb der Eigenverantwortlichen Schule - mit anderen Schulen: Regionale Schullandschaft - mit außerschulischen Institutionen: Regionale Bildungslandschaft
Begriffsstrukturierung
Gestaltung ... ... eines Projektes entsprechend einer Leitidee als steuerndes Element
12
Kommunale Bildungslandschaft
Vernetzung und Steuerung Bund Staat Steuerung
Land Kommune
Außerschulische Bildung
Schule-Bildung
Vernetzung
Steuerungsebenen - Steuerungsrichtung bisher:
top-down
neuerdings auch:
bottom up Bundesland
Bundesland
Kommune
Schule
Schule
13
Regionale Bildungssteuerung
Land
Kooperationsvertrag
Kommune
Lenkungskreis
Bildungskonferenz Vgl. W. Lohre 2009
Leitungsteam Regionales Kompetenzteam
Staatlich-kommunale
Regionales Bildungsbüro
Verantwortungsgemeinschaft
Gliederung
1. Fragestellung 2. Staat und Kommune 3.Begriffsstrukturierung 4. Kommunalisierung – Warum und wie? 5. Auseinanderdriften der Regionen 6. Weiterführende Fragen
14
Warum Kommunalisierung? Arbeitswelt, Medien, Multikulturalität, Globalisierung, demografischer Wandel, ... Sozialer Wandel, z.B. in Stadtteil und Familie Auseinanderdriften von Stadtteilen
z.B.Mannheim: in den Stadtteilen... ... unterschiedliche Entwicklungen: - Schülerzahlen (6-11J) minus 20 – 25 % plus 2 – 4 % - Gymnasialübergänge über 65 % unter 21 % - Vgl. auch Migration, Arbeitslosigkeit, Allein-Erziehende, ...
-21 +65 +65 +65 -21
Folie: S.Schmutz, Bearbeitung: W.W.Weiß
15
Schleswig-Holstein Einwohnerentwicklung
Schrumpfung Wachstum
Quelle: Keno Frank Bearbeitung: W.W. Weiß
Warum Kommunalisierung?
Neue Herausforderungen Zunehmende Segregation erfordert milieu- und stadtteilspezifische Bildungsangebote kommunale Bildungsgestaltung
16
Warum Kommunalisierung?
Dezentralisierung
These 1
Die wachsenden Segregationstendenzen in unserer Gesellschaft erfordern neue Steuerungsstrukturen in der Bildungspolitik, um flexibel und regionalspezifisch reagieren zu können. In diesem Sinne ist die Dezentralisierung bildungspolitischer Gestaltungsverantwortung sinnvoll.
Kommunalisierung – Wie?
Kommunale Bildungslandschaft „ Wer Schulen und ihre Schüler ... stark machen will, muss nicht nur die Schule vor Ort, sondern auch ihr Umfeld stärken. ... Die Eigenverantwortung der Schule geht dabei mit der größeren Bildungsverantwortung der Kommune einher.“ Thüringer Landesregierung 2009
17
Eigenverantwortung der Schule 2010 Gesetzliche Regelungen betr.: • Finanzen • Personal • Verwaltung / Organisation • Pädagogik • Schulqualität Quelle: Aktionsrat Bildung, Wiesbaden 2010, S.24
Kommunale Bildungsverantwortung Modellversuche, Landesprogramme,... 21 Impulsprogramme Bildungsregion, 30 Neue Lernkultur in Kommunen, 44 Regionale Bildungsnetzwerk, 23 Regionale Bildungslandschaften, 7 Quadratkilometer Bildung 6 Lokale Bildungslandschaften, 76 Lernende Regionen, 40 Lernen vor Ort, ..., ..., ...
18
Impulsprogramm Bildungsregionen Bildungsregion bewilligt Bildungsregion in Planung Kommunale Bildungslandschaft / Modellregion
Quelle: Informationen zu Bildungsregionen: KM/ BW; Schlüter, a.a.O. 2010. Bearbeitung: der Verfasser
Lernende Regionen Lernen vor Ort
Lokales Verantwortungsnetzwerk / DKJS, Weinheimer Initiative
Kommunale Bildungslandschaften
Ostvorpommern
Lübeck
Uecker-
Randow
Müritz
Stade
Quadratkilometer Bildung
Hamburg
„Lernen vor Ort“
Bremen
(Stadt und Osnabrück
Recklinghausen
SoltauFallingbostel
Kreis)
Borken
DessauRoßlau
Lippe
Kyffhäuserkreis
Herne Duisburg
Barnim
Essen
ElbeElster Leipzig Dresden
Köln
Görlitz
Gefördert werden ca.
Erfurt
Aachen
RheingauTaunus
10% aller Kommunen
Frankfurt
Offenbach (Stadt)
Trier Saarbrücken Speyer
(Städte, Landkreise) Nürnberg
Mannheim
von BMBF und EU:
Rems-MurrKreis
Mühldorf am Inn
insges. 60 Mio Euro.
München
Freiburg
Kaufbeuren Lindau
19
Lernen vor Ort:
Offene Fragen
Nachhaltigkeit: Was geschieht nach Ablauf der Förderfrist 2012 bzw. 2014? Transfer in die 374 nicht geförderten Kommunen? LvO – Programm zur Stärkung der „bildungspolitisch Starken“? Auseinanderdriften der Regionen?
Gliederung
1. Fragestellung 2. Staat und Kommune 3.Begriffsstrukturierung 4. Kommunalisierung – Warum und wie? 5. Auseinanderdriften der Regionen 6. Weiterführende Fragen
20
Auseinanderdriften der Regionen
Kommunalisierung:
Offene Fragen „Wie soll sichergestellt werden, dass in allen Landesteilen ... ein ausgeglichenes Unterrichtsangebot gesichert wird? Wie soll verhindert werden, dass die Bildungsstandards in den einzelnen Kommunen auseinanderfallen?“ Wie sollen die Unterschiede zwischen armen und reichen Kommunen ausgeglichen werden? (Meinhard Abel)
Auseinanderdriften der Regionen
Kluft zwischen arm und reich
Prognos Zukunftsatlas 2010:
„Deutschland entwickelt sich ökonomisch immer mehr zu einer Zweiklassengesellschaft: Starke Städte und Kreise (...) eilen den restlichen Regionen wirtschaftlich immer weiter davon. „Kluft zwischen starken und schwachen Regionen nimmt zu“ Quelle: Prognos-Zukunftsatlas, 16.11.2010
21
Wirtschaftliche und soziale Perspektiven Top-Zukunftschancen Chancen-Risiko-Mix ausgeglichen Sehr hohe Zukunftsrisiken
Auseinanderdriften der Regionen Quelle: Prognos Zukunftsatlas 2010, S. 8
Gesamtverantwortung des Staates
These 3
Um die gebotene Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland nicht in Frage zu stellen, muss die Kommunalisierung bzw. die Entwicklung kommunaler Bildungslandschaften eingebettet sein in die bildungspolitische Gesamtverantwortung des Staates.
22
Rahmenkompetenz des Bundes
These 4
Die jüngste Föderalismusreform begünstigt die weitere Auseinanderentwicklung der Bildungs- und Lebensverhältnisse in den 16 Bundesländern. Deshalb ist eine neue Föderalismusreform im Sinne eines Kooperationsgebotes notwendig, die zudem die Rahmenkompetenz des Bundes mit direkten Unterstützungs- und Interventionsmöglichkeiten stärkt
Weiterführende Frage 1 1. Welche Entscheidungen haben im Schulbereich als „wesentlich“ zu gelten und sind somit auf der obersten Staatsebene zu entscheiden und können deshalb nicht auf die kommunale Ebene, delegiert werden?
23
Weiterführende Fragen 2 u. 3 2. Mit welchen Modellen kann man den Gestaltungsauftrag des Staates im Zusammenwirken mit den Kommunen auf unterer Staatsebene weiterentwickeln? 3. Welches ist die angemessene Größe einer Bildungsregion?
Einwohner je qkm
1 .000 und mehr (15)
Stand: Dez. 2007
250 bis unter 1.000 (102)
150 bis unter 250 (79)
Bevölkerungsdichte in den 414 Kommunen Deutschlands
100 bis unter 150 (89)
unter 100 (69)
24
Blick auf Schleswig-Holstein
Schleswig-Holstein Einwohnerentwicklung
Schrumpfung Wachstum
Quelle: Keno Frank Bearbeitung: W.W. Weiß
25
Kommunale Bildungslandschaften 2020?
Weiterführende Informationen Wolfgang W. Weiß: Kommunale Bildungslandschaften. Chancen, Risiken und Perspektiven, München/Weinheim 2011 Kontakt:
[email protected]
www.kultur-bildungsberatung.de
26