Gesellschaftliche Arbeitsteilung und Dienstleistungen in der Lebenslaufperspektive Dr. Christina Klenner, WSI 25.04.2013
www.boeckler.de
Gliederung 1.
Was bedeutet die Lebenslaufperspektive?
2.
Wandel und Ausdifferenzierung der Lebensläufe – Wandel der gesellschaftlichen Arbeitsteilung
3.
Ansprüche an moderne Dienstleistungen
4.
Diskussion: Arbeits(zeit)gestaltung in Dienstleistungsberufen?
25.04.2013
Thesen
In der Folge einer sich wandelnden Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen verändern sich Ansprüche an den Dienstleistungssektor.
Nur eine Zurückdrängung prekärer Arbeits- und Entlohnungsformen in bestimmten DL-Sektoren ermöglicht Frauen wie Männern neue, gleichberechtigte Geschlechterarrangements.
25.04.2013
Lebenslaufperspektive analytischer Rahmen, der darauf abzielt,
die dynamischen und Entwicklungskomponenten des menschlichen Lebens, der Institutionen und Organisationen zu beleuchten,
die ausschlaggebende Rolle der Zeit für das Verständnis des indiv. Verhaltens anzuerkennen,
einen ganzheitlichen Blick zu entwickeln, nicht nur auf spezielle Ereignisse, sondern die ganze Lebensbahn in Betracht zu ziehen (Anxo et.al., p.2)
den Wechsel von Phasen der Angewiesenheit auf Fürsorge, von Zeiten der Bildung, Erwerbstätigkeit, intensiver Care-Verpflichtungen u.a. Tätigkeiten in den Blick zu nehmen 25.04.2013
Aktualität der Lebenslaufperspektive
Veränderungen der demografischen Struktur
Anstieg der Lebenserwartung, Alterung der Bevölkerung, auch der Erwerbsbevölkerung
weniger Kinder durch geringe Geburtenraten
Notwendigkeit lebenslangen Lernens
Notwendigkeit einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Verkürzung der Arbeitszeit in Relation zum Lebensverlauf
Verkürzung der „aktiven Phase“ durch längere Ausbildung und früheren Ausstieg
25.04.2013
Aktualität der Lebenslaufperspektive
dynamischer wirtschaftlicher Wandel: Firmen können keine lebenslangen Jobs mehr zur Verfügung stellen
perforierte Erwerbsverläufe, Jobwechsel, Arbeitslosigkeit
neue Tätigkeitskombinationen und Übergänge in einer emanzipatorischen Weise gestalten
Individualisierung und Wertewandel
größere Heterogenität von Bedürfnissen und Präferenzen
Fülle von Optionen - „Wahlfreiheit“ bereitstellen
25.04.2013
Lebenslaufperspektive und gesellschaftliche Arbeitsteilung
Veränderung der Arbeitsteilung zwischen Frauen und Männern
immer mehr Menschen sollen und müssen von eigener Erwerbstätigkeit leben
wachsende Frauenerwerbstätigkeit
Schwächung der normativen und ökonomischen Grundlagen des männlichen
Ernährermodells
wachsende Ansprüche an Fürsorgearbeit auch von Männern
Neue Gleichstellungsprobleme
bisherige Arbeitszeitoptionen (Teilzeitphasen, Erwerbsunterbrechungen) haben häufig negative Folgen für Einkommen und soziale Sicherung
Bisherige Beschäftigungsfelder und Arbeitsbedingungen von Frauen sichern nicht den Lebensunterhalt 25.04.2013
Exkurs: Lebenslaufperspektive im 1. Gleichstellungsbericht der Bundesregierung
Lebenslaufperspektive betrachtet die langfristigen Auswirkungen bestimmter Entscheidungen für Frauen und Männer
auch einvernehmlich getroffene Entscheidungen im Paar haben häufig (später) Nachteile für eine/n Partner/in
Bsp. Erwerbsausstiege nach der Geburt eines Kindes oder für Pflegephasen
25.04.2013
Lebenslaufperspektive und gesellschaftliche Arbeitsteilung
Steigerung der Frauenbeschäftigung – Veränderung der Teilung von
privat und öffentlich erbrachten Leistungen
Statt unbezahlter Haus- und Fürsorgearbeit – Vergesellschaftung dieser Tätigkeiten über Staat, Markt oder Drittsektor
25.04.2013
Typologie von Zeitarrangements in der Lebenslaufperspektive
Traditionell dominierende Muster in Industriegesellschaften Zeitarrangement 1 traditionelle standardisierte Vollzeit
Lebenslange Vollzeitarbeit (1 Job)
Zeitarrangement 2 traditionelle standadisierte Arbeit + „Vollzeit-“Sorgearbeit
Arbeit
„Vollzeit“-Sorgearbeit
Zeitarrangement 3 Langzeitarbeitslosigkeit
Arbeit
Phasen von Langzeitarbeitslosigkeit
Kindheit/ Jugend Bildung
Zeit des Erwerbslebens
Alter Rente
Quelle: Nach Naegele, G./ Barholdt, C. et al. (2003)
25.04.2013
Typologie von Zeitarrangements in der Lebenslaufperspektive Dominierende Muster in modernen europäischen Wohlfahrtsstaaten (ausgewählte) Zeitarr. 4
Zeitarr. 5
Vollzeitarbeit (1 Job) Geregelte Job- u. Tätigkeitswechsel
Akkumulation von Qualifikation
Zeitarr. 6
Zeitarr.7
Vollzeitarbeit (1 Job)
Geregelte Job- u. Tätigkeitswechsel
Teilzeitarbeit
Akkumulation von Qualifikation
Zeit für Fürsorge
Geregelte Job- u. Tätigkeitswechsel Akkumulation von Qualifikation
Kindheit/ Jugend Bildung
Frühverrentung
Frühverrentung
Teilzeitarbeit Vollzeitarbeit (1 Job) Teilrente o.ä.
Zeit des Erwerbslebens
Alter Rente
Quelle: Nach Naegele, G./ Barkholdt, C. et al. (2003)
25.04.2013
Typologie von Zeitarrangements in der Lebenslaufperspektive Neue / zukünftige Trends in modernen europäischen Wohlfahrtsstaaten Geregelte Jobund Tätigkeitswechsel Akkumulation von Qualifikation
Zukunftsszenario Phasen nebenoder nacheinander
Erwerbstätigkeit soziale oder Freizeitaktivitäten
Flexible Arbeit. Verschiedene Arten von Jobarrangement: wechselnde Jobs kombiniert mit Unterbrechungen
Teilrente o.ä.
Altersteilzeit
Flexibler Übergang in den Ruhestand
Phasen der Selbstständigkeit kombiniert mit abhängiger Beschäftigung Phasen von Arbeitslosigkeit Soziale Tätigkeiten (Fürsorge) Bildungsaktivitäten Freizeitaktivitäten Kindheit/ Jugend Bildung
Zeit des Erwerbslebens
Alter Rente
Quelle: Naegele, G./ Barkholdt C. et al. (2003):
25.04.2013
Ansprüche an ein modernes Dienstleistungsangebot
Folge sich wandelnder Arbeitsteilung und Lebensläufe: wachsender
Bedarf an diversen Dienstleistungen
Kinderbetreuung
Jugendfreizeitgestaltung
Pflege
Haushaltsnahe Dienstleistungen
Weiterbildung
Regeneration
Kultur und Sport
Absicherung der Übergänge durch Sozialversicherungsansprüche, Beratung/Coaching 25.04.2013
Auch Arbeit im Dienstleistungssektor existenzsichernd gestalten
Eigenständige Existenzsicherung für gleichberechtigte
Geschlechterarrangements nötig
Wachsender Einkommensbeitrag von Frauen zum
Haushaltseinkommen (auch Frauen in der Rolle der Familienernährerin)
in vielen personenbezogenen DL-Berufen, im Handel und im Reinigungsgewerbe - teilweise Niedriglohnbereich
Minijobs – in der Lebenslaufperspektive desaströs 25.04.2013
Diskussion: Arbeits(zeit)gestaltung im Dienstleistungsbereich
Arbeits- und Zeitgestaltung im DL-Bereich muss Beschäftigten- und Nutzer/innen- (Kund/innen-) Interessen integrieren
„Uno-actu-Prinzip“ vieler Dienstleistungen
Wirft viele neue Fragen auf, z.B. nach gesellschaftlicher Zeitgestaltung in der Kommune,
z.B. „Wer kümmert sich um die Kinder der Kinderbetreuerin?“ (auch Erzieherinnen müssen zum Elternsprechtag, mit dem Kind zum Zahnarzt oder Schuhe kaufen)
25.04.2013
Vielen Dank! www.wsi.de
25.04.2013