Gedanken zum Rosenfest der Freimaurerei, zwischen Tradition und Fortschritt

Gedanken zum Rosenfest der Freimaurerei, zwischen Tradition und Fortschritt Öffentlicher Festvortrag anl. des 20. Rosenfestes der Johannisloge „Friedr...
Author: Jutta Pfeiffer
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Gedanken zum Rosenfest der Freimaurerei, zwischen Tradition und Fortschritt Öffentlicher Festvortrag anl. des 20. Rosenfestes der Johannisloge „Friedrich zur Tugend“ i.O. Bandenburg/Havel in der ehemaligen Leutkirche des Pauliklosters am 29. Juni 2013

Hans-Günther Fischer "Friedrich zur Tugend" Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder aller Johannislogen und liebe Brüder Schwestern der feiernden Loge „Friedrich zur Tugend“ in Brandenburg.. Wenn ich hier mich umschaue und sehe alle meine lieben Brüder und viele Gäste, bin ich froh und dankbar dafür, das ich heute als Vertreter der gastgebenden Loge von dieser Stelle aus zu Ihnen sprechen zu darf. So ist es am 13.Juni 1993 dem 1. leitenden Meister, Wolfgang Sturm, gegangen, denn erstmals in der Geschichte der Freimaurerei konnten beim Eintritt in den Tempel Gäste teilnehmen und es waren auch ca. 60 Brüder wie heute anwesend. Der symbolische Tempel Salomon könnte nicht besser nachgebildet werden, als in diesem schönen Rahmen, der ehemaligen Leutkirche des Pauliklosters. Die Freimaurer pflegen die Tradition der Werkmaurer, die in Logen organisiert waren und deren Symbole wir bis heute nutzen am Bau des Tempels der Humanität. Wie sie es bisher schon erlebt haben, begehen wir das Fest auch heute öffentlich mit Ihnen und den Brüdern und Schwestern zusammen. Auf die Frage „was Freimaurerei überhaupt war und ist“ haben Sie während des Wechselgesprächs im Ritual inzwischen individuelle Hinweise bekommen. Und dabei fragt man sich dann letztlich auch, ob die traditionellen Ziele der Freimaurerei immer noch unverändert aktuell sind und inwieweit die Freimaurerei überhaupt noch eine zeitgemäße, unserem heutigen Selbstverständnis und Lebensgefühl entsprechende Einrichtung ist, die Menschen unserer Zeit überhaupt anspricht und ihnen etwas geben kann. Nun, meine Damen und Herren, wir hier anwesenden 60 Brüder sind ja mal Freimaurer geworden, weil wir bestimmte Ideale und Zielvorstellungen haben, von denen wir glauben bzw. bei unserer Aufnahme glaubten, sie mit Hilfe der Freimaurerei leichter und schneller erreichen zu können. Für uns dürften die Ziele immer noch aktuell sein, sonst wären wir nicht Freimaurer geblieben. Die nach außen gerichteten freimaurerischen Ideale von Menschenliebe, Toleranz und Brüderlichkeit sind in ihrer Aktualität gerade in der heutigen Zeit wohl kaum in Frage zu stellen. Aber - sie allein haben weder uns zur Freimaurerei gebracht, noch werden sie es bei künftigen Suchenden tun. Internes Ziel der Freimaurerei ist nach allgemeiner Übereinkunft aller Brüder Freimaurer und versuchsweise hier auf eine Kurzformel gebracht die Selbstvervollkommnung des Menschen durch Arbeit an sich selbst. 1 

"Vervollkommnung" ist ein großes, aber auch ein wenig konkret zu fassendes Wort, zumal auch alle Religionen und Philosophen sich einig sind, dass alles Menschliche immer unvollkommen sein wird und "Vollkommenheit" ausschließlich ein Attribut Gottes ist. Wir streben auf unserer individuellen Ebene nach Weiterentwicklung unserer Persönlichkeit, nach Weisheit und der Erkenntnis einer höheren Wahrheit. Schon vor 100 hatte der Stuhlmeister der Brandenburger Loge seinen Brüdern gesagt. Zitat:; Wollen wir nach Vervollkommnung streben, wollen wir wirklich arbeiten am rauen Stein, so gibt es nur das eine-Streben nach Bildung und gediegenem Können. Dann ist der Mensch in der Lage Veränderungen nach seiner Vervollkommnung auch in der Gesellschaft zu erreichen. Wenn wir so unsere Arbeit, dann werden wir arbeiten zum Segen der Loge, zum Segen der Menschheit und zur Ehre der Loge mit dem großen Baumeister aller Welten. und auf der Menschheitsebene nach einer gerechten und friedlichen Welt, in der sich Menschen wie Völker in gegenseitiger Achtung und ohne Vorurteile und Aggression begegnen. Diese, unsere alten - auch heute aktuellen - Ziele bedürfen keiner Revision. Nun, Förderung der geistigen und auch spirituellen Weiterentwicklung von uns Freimaurern dient auch heute noch die "Arbeit" im Tempel, im nachgebildeten Salomon. Heute und hier in einem fast wirklich realen Tempel, in einer wahrhaft passenden Umgebung. Das Ritual, welches die Brüder hier zelebrieren ist ein Rosenfestritual zur Ehre unserer Frauen(Schwestern) nicht viel anders ist das Arbeitsritual. Was bedeutet für uns, diese geistige und spirituelle Entwicklung? Da der freimaurerische Tempel ein symbolisches Abbild der äußeren Welt ist, ist er ein Übungsfeld, auf dem die erstrebten geistigen Fähigkeiten trainiert werden können. Jeder Gegenstand, jeder Schritt, jede Geste, jedes Wort hat im Tempel eine Bedeutung und versucht uns zu lehren, mit den profanen Dingen des Alltags ebenso bewusst umzugehen wie im Tempel. Jedes Gespräch und jeder Vortrag, der wir ausarbeiten, zwingt uns zur geistigen Auseinandersetzung mit einem Thema, das ja nicht unserem äußeren, z.B. unserem beruflichen Fortkommen dient. Jede Begegnung mit unseren Brüdern und auch mit den Schwestern steht Modell für unseren Umgang mit weniger vertrauten Menschen in unserem äußeren Umfeld. Der Umfang des geistigen Gewinns, den wir aus diesen Angeboten der Freimaurerei ziehen, hängt von uns selbst ab. Größere Bewusstheit und geistige Präsens und Beweglichkeit, soziale Kompetenz, das faire Zusammensein unterschiedlicher Menschen: Das alles kann man in der Loge, in einer gut funktionierenden Loge lernen oder verbessern, - wenn man will, und zwar unverändert , - früher wie heute. Unsere Rituale zielen dabei natürlich auch auf die spirituelle Entwicklung der Ausführenden. Dabei wird unsere emotionale Seite angesprochen, Gerade dieser Aspekt der Freimaurerei scheint ein Bedürfnis vieler Menschen gerade heute zu 2 

entsprechen und könnte ein Lücke ausfüllen in dieser hektischen Welt. Gerade auf diesem Gebiet hat die Freimaurerei sicher etwas anzubieten, das sonst ausschließlich durch religiöse Gemeinschaften vermittelt wird. Oft wird uns die Frage gestellt, ob denn das heute noch zeitgemäß ist. Wir sagen eindeutig ja, denn nicht nur persönliche Probleme, sondern die große Menschheitsfrage nach dem Sinn des Lebens und des Sterbens wird in den freimaurerischen Ritualen immer wieder angesprochen. Die Inhalte und der generelle Ablauf des freimaurerischen Rituals haben sich seit Jahrhunderten bewährt. Deswegen sind an ihnen auch keine wesentlichen Angleichungen an die jeweilige Zeit notwendig. Wenn die Freimaurerei sich stets dem aktuellen Zeitgeist angepasst hätte, gäbe es sie heute bestimmt nicht mehr. Die moderne Freimaurerei (darüber spricht man seit der offiziellen Gründung der Freimaurerei 1723 in England) fordert ihre Mitglieder auf an sich selbst zu arbeiten und Aufgaben zu übernehmen, die von keiner anderen Organisation erfüllt sein können. Deshalb ist sie auch heute noch modern, denn schon in den Alten Pflichten von damals steht der heute noch gültige Grundsatz "Menschen zusammenzuführen, die ansonsten einander immer fremd geblieben wären. . Werden Anpassungen erwogen, so ist zu bedenken, dass jedes Ritual definitionsgemäß von der immer gleichen Wiederholung lebt und nur durch diese seine Wirksamkeit entfaltet. Deshalb sind wir auch mit formalen Änderungen vorsichtig - sie sollten so selten wie möglich und nur begründet vorgenommen werden. Unter dieser Voraussetzung ist jede Freimaurer-Generation darauf bedacht, dass primär unser Herz von den Ritualen angesprochen wird. Diesbezüglich ist in der Vergangenheit eigentlich nichts verändert worden: Anders sieht es mit der Sprache aus. "Sprache" im Ritual kann uns nur unmittelbar ansprechen, wenn sie "unsere" ist, die wir ohne großes Nachdenken und rationales Analysieren verstehen. Das muss nicht unbedingt die Umgangssprache sein, aber sie sollte den heute üblichen Wortschatz verwenden. Unser Unterbewusstsein, auf das das Ritual vor allem wirken soll, versteht doch nur "einfache" Botschaften. Das Gleiche gilt für Symbole: Auch sie sind so beschaffen, dass sie sich uns direkt und ohne große Erklärungen und Spitzfindigkeit erschließen können. "Bedeutung" können letztlich nur Dinge haben, zu denen wir einen Bezug haben, die zu unserem Leben gehören und mit denen wir real auch umgehen. Zeitlos gültig in ihrer Symbolik sind z.B. das Licht, die Gestirne, geometrische Formen und die Zahlen, einfache Handwerkszeuge wie etwa Hammer, Wasserwaage oder Senkblei oder die Hilfsmittel zum Anfertigen exakter Zeichnungen, wie Winkel und Zirkel. Die von uns verwendeten Symbole betrachten wir als unverzichtbar, weil sie unser Ritual als ein freimaurerisches definieren. Sie sehen sie heute bei dieser Arbeit. Der dreistufige Aufbau der Wissensvermittlung (Lehrling, Geselle, Meister) wird bis heute noch in der Ausbildung des Handwerks praktiziert . Anders als im 3 

Handwerk, wo der Lehrling oder der Geselle seine Fertigkeiten durch ein objektiv zu beurteilendes Gesellenstück nachzuweisen hat, ist die ethische und spirituelle "Reife" eines Freimaurers schwer zu beurteilen: Es gibt ja bekanntlich wesentlich mehr Freimaurer ohne Schurz als solche mit einem. Wenn die alle uns helfen würden am Bau, dem humanistischen Tempel, mitzuwirken, wären sehr weit und sicher auch kein Nischenvereinigung, sondern könnten uns viel mehr zu Gehör bringen. Wie sieht nun das Verhältnis der Freimaurerei zur Öffentlichkeit aus? Das Image, das die Freimaurerei heute in Deutschland in der Öffentlichkeit genießt, ist immer noch belastet. Verleumdungen in vergangenen Zeiten wirken nach, auch wenn diese in Deutschland inzwischen schon 70 Jahre zurückliegen. Wir Freimaurer haben es leider zum Teil sogar bis heute weitgehend versäumt, diesen Verleumdungen ein positives Bild von unseren wahren Zielen wirksam entgegenzusetzen. Vielleicht weil es immer wieder schwer fällt, sie zu formulieren. Als die Freimaurerei dann gleich nach 1945 wieder aus der Asche erwachte blieb man im Verborgenem, in der Abgeschiedenheit seiner teilweise provisorischen Tempel. Das Wort Öffentlichkeitsarbeit gab es damals noch nicht in der Freimaurerei. Man war eher bemüht, das Arkanum zu bewahren. Dieses hat nichts zu tun mit manchmal übertriebener Geheimniskrämerei, die der Freimaurerei nur schadet, weil sie Spekulationen über geheime Machenschaften fördert. Das Öffnen der Logen mit seinem Tempel ist auch etwas Neues, was wir nach den 70 Jahren Finsternis eingebracht haben in die Freimaurerischen Verhaltensweisen. Deshalb sind wir mit dieser Erfahrung noch jung, wenn auch schon alt im Sinne der Tradition. Der einzelne Freimaurer, der sich entsprechend unseren Idealen verhält und sich offen zu unserem Bund bekennt, ist dabei der beste Imageträger. Wir wollen aber auch unsere Vereinigung als Gruppe öffentlich vorstellen,so wie das in der heutigen Festarbeit im offenem Raum alle erleben können. Wir sind stolz auf das Erreichte in den 20 Jahren unserer Existenz in Brandenburg und in den vielen Ostdeutschen Logen, die es wieder gibt. Ein mal sind das die karitativen Leistungen der Freimaurerei und unserer Loge im Besonderen hier in der Stadt. Es entspricht ja leider nicht unserer Zeit, als Vereinigung Gutes nur im Verborgenen zu tun. In der Vergangenheit wurde dieses auch oft im Verborgenem getan. Darüber hinaus haben wir uns auch kulturell betätigt, bzw. Kultur unterstützt, sowie auch die Unterstützung für Denkmale. Es gibt keinen Grund darüber nicht zu reden. Wir fangen aber auch da an zu lernen. In unseren Logenräumen werden öffentliche Abende veranstaltet, Logen öffnen ihre Tempel für Gespräche . Hier in Brandenburg, sogar in diesem ehemaligen Kloster gab es schon das Rosenfest zum 10 jährigen Bestehen und eine öffentliche Arbeit zum 230.Stiftungsfest 2009. Wie weit die Freimaurerei öffentlich wirksam werden und in gesellschaftliche Entwicklungen eingreifen oder auch nur Stellung dazu beziehen sollte, sind in der 4 

Tendenz die meisten Freimaurer bis heute der Meinung, dass nur jeder als Einzelner sich "einmischen" kann, z.B. auch in die Politik, nicht aber die Freimaurerei als Institution. Auch diese Haltung gehört zu aus meiner Sicht zu den vielleicht veränderbaren Verhaltensweisen in der Freimaurerei und könnte in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten durchaus umschlagen. So gesehen, sind wir auf dem Weg zu einer "Moderne " im 21.Jahrhundert. Wenn die kulturelle Vielfalt für die Zukunft der Menschheit weiterhin wichtig ist, wie die Evolution, dann ist die Freimaurerei auch heute noch aktuell. Sind wir uns dessen bewusst, dann sind wir würdige Erben unserer Vorfahren. 2017 feiern wir in der ganzen Welt die Reformation, den Beginn der Aufklärung. Die Freimaurerei ist ein Kind der Aufklärung mit seinem Gipfel in der französischen Revolution bis zum Reformer und Aufklärer Friedrich. Diese Leistungen darzustellen und die Rolle der Freimaurerei dabei herauszuarbeiten ist ein Ansinnen, welches ich ebenfalls sehr unterstütze. Dazu stehen uns viele Möglichkeiten in den Medien offen bis hin zu einem Dokumentarfilm, der die Verdienste unserer Vereinigung herausstellt. Eine große Chance für uns dieses Gedenkjahr zu nutzen, genauso wie es genutzt wurde im Friedrichjahr. Als Resümee möchte ich Folgendes festhalten: Die Freimaurerei hat einen wunderbaren Kern an Traditionen, der heute genauso wirksam ist wie eh und je und den es zu bewahren gilt. Die "Verpackung“ und deren Inhalte um den Kern herum für die jeweiligen Zeitgenossen so zu bearbeiten, dass sie ihn für sich nutzbar machen können, macht die Lebendigkeit der Tradition aus. Wir wollen das Licht weiter. Um die Ziele der Freimaurerei auch nach außen wirksam werden zu lassen, werden wir das Verhältnis zur Öffentlichkeit weiter gestalten. Es gibt keine Scheu und auch keinen Grund, denn nichts in dieser Richtung zu tun schürt weiter das Gespenst vom Geheimbund, überigens schon 100 Jahre verstärkt. Wir werden dabei aber eine gewisse Zurückhaltung zeigen. Und wer Freimaurer werden will, ist vorher stets ein Suchender. Wir sind immer noch eine kleine Gruppe von Menschen, die sich zum Zeil gesetzt hat, die Menschen zu verbessern, aber wir werden es leider alleine auch nicht schaffen. Das hat übrigens auch schon unser Gründer und Beschützer Friedrich der Große versucht. Er war natürlich eingebunden in ein absolutistisches Gesellschaftssystem und konnte es auch nicht schaffen. Trotzdem hat er entscheidende Impulse gegeben. Wir haben ihn im Friedrichjahr auf diese Weise gewürdigt durch eine Vielzahl von Veranstaltungen, denn wir haben eine andere Sichtweise auf den großen König, den wir als Philosophen, Künstler und Freidenker ehren. Er hat nicht nur die preußischen Tugenden propagiert, seine 5 

Verhaltensnormen, sondern sehr viel für den Aufbau und den Schutz zum Überleben der Logen getan. Inwieweit Freimaurerei als Institution gesellschaftspolitisch irgendwann in Zukunft mitwirken könnte, etwa in Ethik- oder Menschenrechtskommissionen oder auch nur als eine öffentlich ernst genommene mahnende Stimme, werden wir sicher auch überdenken müssen. Anregungen dazu gibt es schon. Eins können wir aber sofort und immer wieder tun. Bedürftigen helfen, denn Freimaurer helfen gerne und heute rufen wir auf zur Spende für Kinder, deren Elternhäuser durch die Flutkatastrophe erheblichen Schaden genommen haben. P.S. Ein Aufruf im Vorfeld des Rosenfestes bei den Logen und Brüdern haben ein gutes Echo gezeigt, denn es sind ca. 3000 € zusammen gekommen und damit können 10 Kinder vom 23.7. bis 30.7. 2013 auf einem Elbschiff Ferienerlebnisse genießen. 



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