Flachwasseranalogie. Praktikumsanleitung. Verantwortlicher: Dr.-Ing. Veit Hildebrand

Fakultät Maschinenwesen, Institut für Luft- und Raumfahrttechnik, Arbeitsgruppe Experimentelle Aerodynamik Praktikumsanleitung Flachwasseranalogie V...
Author: Nicolas Schmitt
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Fakultät Maschinenwesen, Institut für Luft- und Raumfahrttechnik, Arbeitsgruppe Experimentelle Aerodynamik

Praktikumsanleitung

Flachwasseranalogie Verantwortlicher: Dr.-Ing. Veit Hildebrand

Erstellt von: Dipl.-Ing. Thomas Eipper, Christian Scheibner Stand: Sommersemester 2011

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis

2

Symbolverzeichnis

3

1

Einleitung und Lehrziele

5

2

Grundlagen der Flachwasseranalogie

6

3

Versuchsaufbau

11

4

Versuchsdurchführung

12

5

Auswertung

14

Literaturverzeichnis

16

1

Abbildungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis 2.1

Veranschaulichung der verwendeten Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

2.2

Veranschaulichung der Grundwellengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . .

8

3.1

Prinzipskizze zum Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

2

Symbolverzeichnis Lateinische Symbole

a

Grundwellengeschwindigkeit,

m s

c

Geschwindigkeit (allgemein),

m s

cp

Spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck,

FR

Froude-Zahl, dimensionslos

g

Gravitationsbeschleunigung, g = 9, 81

h

Wasserhöhe (momentan), m

p

Druck, allgemein, bar

T

Temperatur, K

x, y, z

Kartesische Raumkoordinaten mit Höhe z, m

J kg·K

m s2

Griechische Symbole κ

Isentropenexponent, dimensionslos

ρ

Fluiddichte,

kg m3

3

Indizes und hochgestellte Symbole ∞

Unendlich

0

Ausgangszustand, Zustand „0“

dyn

Dynamisch

4

1 Einleitung und Lehrziele

1 Einleitung und Lehrziele Ein wichtiges Merkmal einer kompressiblen Strömung ist die Ausbreitung von Druckstörungen und damit einhergehenden Veränderungen der Fluiddichte. Die Ausbreitung der Störungen erfolgt dabei stets mit Schallgeschwindigkeit. Die Charakteristika einer solchen gasdynamischen Strömung lassen sich mit Hilfe eines Flachwasserkanales visualisieren. Dieser besteht im Wesentlichen aus einer glatten, ebenen, horizontal angeordneten Plattform, über welche Wasser mit geringer Tiefe und freier Oberfläche fließt. Gasdynamische Prozesse können nun simuliert werden, indem verschiedene Körper in die Strömung gebracht werden und anschließend das entstehende Strömungsbild interpretiert wird. Auf diese Weise können zum Beispiel Machsche Linien oder Stoßfronten sichtbar gemacht werden. Ziel dieses Praktikums ist es, die prinzipielle Arbeitsweise eines Flachwasserkanales und die Methodik der Interpretation eines Strömungsbildes am Beispiel einer 2D-Lavaldüse kennenzulernen. Zunächst wird dazu im 2. Kapitel auf die strömungsmechanischen Grundlagen der sogenannten „Flachwasseranalogie“ eingegangen. Im Anschluss werden der Aufbau des Praktikumsversuches und die durchzuführenden praktischen Arbeitsschritte am Flachwasserkanal beschrieben. Die Auswertung durch die Praktikumsteilnehmer erfolgt über die Anfertigung eines Protokolls, das den in Kapitel 5 dieser Anleitung aufgelisteten Inhalt haben soll. Hinweis: Es ist zweckmäßig, zuvor die Anleitung zum Versuch „Lavaldüse“ durchzulesen, da diese wichtige Zusammenhänge enthält, die zum Verständnis des hier Behandelten beitragen.

5

2 Grundlagen der Flachwasseranalogie

2 Grundlagen der Flachwasseranalogie Die Basis für die Realisierbarkeit der Visualisierung einer gasdynamischen Strömung mit Hilfe eines Flachwasserkanales bildet die sogenannte Flachwasseranalogie. Sie besagt, dass eine kompressible Strömung (sowohl eben als auch 2D) und eine Flüssigkeitsströmung mit freier Oberfläche und geringer Tiefe unter bestimmten Bedingungen durch dieselben Gleichungen beschrieben werden können. Bei einer Veränderung der Wassergeschwindigkeit, z.B. durch einen sich verengenden oder erweiternden Querschnitt, durch welchen das Wasser fließt, kommt es gleichzeitig zu einer Veränderung der Wasserhöhe. Dabei geht eine Beschleunigung mit einer Verringerung und eine Verzögerung mit einem Anstieg der Wasserhöhe einher (siehe Abb. 2.1).

Abbildung 2.1: Veranschaulichung der verwendeten Größen

Die Aufstellung der stationären, inkompressiblen Bernoulli-Gleichung (folgt aus der Energie-

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2 Grundlagen der Flachwasseranalogie erhaltung) entlang einer Stromlinie zwischen einem Punkt im „Zustand 0“ und einem beliebigen, stromabwärts befindlichen Punkt im „Zustand momentan“ (siehe Abb. 2.1) ergibt: p0 c20 p c2 + + g · z0 = + + g · z ρ 2 ρ 2

(2.1)

Da sich Punkt 0 in der „Beruhigungszone“ des Flachwasserkanals befindet, in welcher das Wasser noch nicht strömt, kann die Geschwindigkeit c0 = 0 gesetzt werden. Damit ergibt sich:

p0 + ρ · g · z0 =

c2 ·ρ + p+ρ ·g·z 2

(2.2)

Für jeden Punkt des Wasserfilms gilt mit dem Umgebungsdruck p∞ unter Einbeziehung des hydrostatischen Drucks:

p = p∞ + ρ · g · (h − z)

(2.3)

Den Zusammenhang 2.3 für den Druck in Gleichung 2.2 eingesetzt liefert: c2 = g · (h0 − h) = g · h0 − g · h 2

(2.4)

Ein Vergleich mit dem gasdynamischen Energiesatz in der Form c2 = cP · T0 − cP · T 2

(2.5)

zeigt, dass die Wassertiefe bei einer entsprechenden Anordnung im Flachwasserkanal der Temperatur der zugehörigen gasdynamischen Strömung entspricht: h T ⇐⇒ h0 T0

(2.6)

7

2 Grundlagen der Flachwasseranalogie Ein ähnlicher Vergleich über den Ansatz der Masseerhaltung führt bei Aufstellung der Kontinuitätsgleichung für Wasser- sowie Gasströmung zu einer Analogie zwischen Wassertiefe h und Fluiddichte ρ:

ρ h ⇐⇒ h0 ρ0

(2.7)

Weiterhin wird bei Betrachtung einer Strömung im Flachwasserkanal beobachtet, dass sich kleine Störungen der Wassertiefe h, z.B. verursacht durch einen örtlichen Aufstau, mit der so ge√ nannten Grundwellengeschwindigkeit g · h fortpflanzen (siehe Abbildung 2.2). Dies ist eine Analogie zur Ausbreitung von Druckstörungen mit der Schallgeschwindigkeit a in einer kompressiblen Strömung. Zum gleichen Ergebnis einer unmittelbaren Analogie zwischen Schallgeschwindigkeit und Wassertiefe kommt man bei einer weiteren Gegenüberstellung von Gleichungen (Energie- und Bewegungsgleichungen) für die rotationsfreie Flachwasserströmung und die gasdynamische Strömung. Es ergibt sich also:

a2 ⇐⇒ g · h

(2.8)

Die in Analogie zur Machzahl M (Verhältnis lokaler Geschwindigkeit zu Schallgeschwindigkeit) aufgestellte Froude-Zahl FR mit

c = FR = √ g·h

s



h0 2· −1 h

 (2.9)

ist eine Kennzahl für die Bewegungscharakteristik des Wassers. Bei Fr < 1 spricht man von „fließendem“, bei Fr > 1 von „schießendem“ Wasser.

Abbildung 2.2: Veranschaulichung der Grundwellengeschwindigkeit

8

2 Grundlagen der Flachwasseranalogie Über die umgeformte ideale Gasgleichung

p ρ T = · p0 ρ0 T0

(2.10)

kann schließlich noch eine Analogiebeziehung zwischen Druck und Wasserhöhe gefunden werden:

p ⇐⇒ p0



h h0

2 (2.11)

Eine Situation, in der die Wasserhöhe auf sehr kurzer Strecke schlagartig ansteigt, wird als Wassersprung bezeichnet. Er visualisiert gemäß Zusammenhang 2.11 einen gasdynamischen Verdichtungsstoß, bei welchem sich der Druck im strömenden Fluid (z.B. auf Grund von starkem Gegendruck) plötzlich erhöht. Er kann nur in einer überschallschnellen Strömung auftreten, d.h. im Flachwasserkanal bei Fr > 1. Ein Verdichtungstoß bzw. ein Wassersprung ist jedoch kein isentroper Vorgang, weshalb beim Auftreten dieses Phänomens von den bisher genannten Analogien nur die Beziehung 2.7 ihre Gültigkeit behält. Die etwas umgeformte, im Praktikum „Lavaldüse“ (Gleichung 2.8 in der gleichnamigen Anleitung) verwendete Isentropenbeziehung T · ρ 1−κ = konst.

(2.12)

auf die Situation des Flachwasserkanals mit T ↔ h und ρ ↔ h angewendet ergibt:

h · h1−κ = konst.

(2.13)

Aus Gleichung 2.13 folgt ganz offensichtlich, dass die vorher gefundenen Analogien zwischen gasdynamischer Strömung und Flachwasserströmung nur für einen Isentropenexponenten von

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2 Grundlagen der Flachwasseranalogie

Gasdynamische Strömung

Temperaturverhältnis

Dichteverhältnis

T T0

ρ ρ0

Flachwasserkanalströmung

Wassertiefenverhältnis

h h0

Wassertiefenverhältnis

h h0 

p Druckverhältnis p0

Quadriertes Wassertiefenverhältnis

Schallgeschwindigkeit a

Grundwellengeschwindigkeit

c Machzahl M = a

c Froude-Zahl FR = √ = g·h

Unterschallströmung M < 1

FR < 1 ⇒ strömendes Wasser

Überschallströmung M > 1

FR > 1 ⇒ schießendes Wasser

(Verdichtungsstoß)

(Wassersprung)

h h0

2

√ g·h

r   h0 2· h −1

Tabelle 2.1: Zusammenfassung der Analogiebeziehungen

κ = 2 gültig sind. Ein solches Gas existiert jedoch in der Natur nicht. Ergebnisse aus Flachwasserexperimenten sind daher für kompressible Gasströmungen nur qualitativ, nicht aber quantitativ repräsentativ. Tabelle 2.1 fasst alle gefundenen Analogiebeziehungen zwischen gasdynamischer Strömung und Flachwasserströmung nocheinmal zusammen.

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3 Versuchsaufbau

3 Versuchsaufbau Der Versuch zum Praktikum "Flachwasseranalogie“ wird in den Räumen des Hochgeschwindigkeitswindkanals (HWK), einer Außenstelle der TU Dresden, durchgeführt. Die Anlage befindet sich in einem Bergwerk der „Kali und Salz GmbH“ in Merkers/Rhön, Thüringen. Der prinzipielle Aufbau besteht entsprechend Abbildung 3.1 aus dem Flachwasserkanal, einem 2D-Modell einer Lavaldüse, einer Beleuchtungseinheit, einer Kamera und einem Schrägrohrmanometer (nicht Bestandteil der Skizze).

Abbildung 3.1: Prinzipskizze zum Versuchsaufbau

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4 Versuchsdurchführung

4 Versuchsdurchführung Zu Beginn des Versuches ist der Teststand bereits entsprechend Abbildung 3.1 aufgebaut. Die durchzuführenden Arbeitsschritte gliedern sich in die nachfolgendenden 4 Punkte: 1. Einstellung des überexpandierenden, angepassten und unterexpandierenden Zustandes der in der Wasserströmung befindlichen Lavaldüse Die verschiedenen Betriebszustände einer Lavaldüse können mittels der Flachwasseranalogie simuliert werden. Dazu ist es notwendig, die entsprechenden Verhältnisse der vorliegenden Wasserhöhen zu regulieren. Die Funktionsweise dieser Anpassung wird Ihnen zum Praktikum am Flachwasserkanal erläutert. Bei Unklarheiten bezüglich der Begriffe „angepasst“ und „überbzw. unterexpandierend“ wird an dieser Stelle auf das 2. Kapitel der Anleitung zum Versuch „Lavaldüse“ verwiesen. 2. Vermessung der Wasserhöhen und der dynamischen Drücke entlang der Düsenachse Für einen beliebigen Betriebszustand ist mittels einer in den Teststand integrierten Abtastvorrichtung der Verlauf der Wasserhöhen innerhalb der Düse entlang ihrer Achse zu messen. Die Vorrichtung ist auf Rollen gelagert und parallel zur Düsenachse verschiebbar. Weiterhin soll mittels eines Schrägrohrmanometers die Messung des Verlaufes des dynamischen Druckes entlang der Düsenachse erfolgen. Im Rahmen der späteren Auswertung kann daraus die entsprechende Strömungsgeschwindigkeit ermittelt werden, um mit der gemessenen Wasserhöhenverteilung auf den Verlauf der Froude-Zahl FR rückzuschließen. 3. Vermessung des entstehenden Strömungsbildes hinter der Düse für den unterexpandierenden Fall Stellen Sie entsprechend Punkt 1 den Betriebszustand „unterexpandierend“ ein! Vermessen Sie

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4 Versuchsdurchführung nun mit Hilfe der Abtastvorrichtung das Wasserhöhenprofil im Düsennachlauf! Achten Sie beim Notieren der Höhenwerte auf die Zuordnung zu den entsprechenden Koordinaten (x, y)! 4. Fotometrische Erfassung Fertigen Sie für verschiedene Strömungssituationen Fotoaufnahmen des Nachlaufprofils der Lavaldüse an! Von jeder Praktikumsgruppe sind vor dem Versuch Tabellen anzufertigen, in welche die gemessenen Größen eingetragen werden können.

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5 Auswertung

5 Auswertung Zu diesem Praktikum ist von jeder teilnehmenden Gruppe ein Protokoll mit dem nachfolgenden Inhalt anzufertigen. Zur Auswertung des im Praktikum durchgeführten Versuches soll das Protokoll neben den unter a) - d) gelisteten Aufgaben weiterhin Standardangaben wie eine kurze Beschreibung des Versuchsaufbaus, der Versuchsdurchführung und eine Fehlerdiskussion enthalten. a) Stellen Sie einen der entsprechend Kapitel 4 (Punkt 2) gemessenen Höhenverläufe entlang der Düsenachse grafisch dar! b) Ermitteln Sie gemäß der Definition des dynamischen Drucks

pdyn =

ρ 2 ·c 2

(5.1)

den Verlauf der Strömungsgeschwindigkeit entlang der Düsenachse und tragen Sie die berechneten Werte ebenfalls in das unter a) angefertigte Diagramm ein! Verwenden Sie eine Wasserdichte von ρ = 998, 2

kg m3

= konst.

c) Berechnen Sie mit Hilfe von Gleichung 2.9 den Verlauf der Froude-Zahl FR und tragen Sie auch diese Entwicklung in das Diagramm ein. Welches theoretische Wasserhöhenverhältnis

h h0

liegt im engsten Querschnitt der Düse vor? Vergleichen Sie die Verläufe der

Wasserhöhe und der Froude-Zahl mit denen der äquivalenten Größen der vermessenen, gasdynamischen Strömung im Praktikumsversuch „Lavaldüse“ (gleichen Betriebszustand beachten)!

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5 Auswertung d) Stellen Sie die für den unterexpandierenden Betriebszustand gemessenen Höhen im Nachlauf der Lavaldüse in einem Diagramm (z.B. Koordindaten x,y als Ebene und Höhe z als Farbe) dar und vergleichen Sie das entstehende Schaubild mit der fotometrischen Aufnahme vom gleichen Strömungszustand!

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Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis [1] H ELLER , W INFRIED: Manuskript zur Vorlesung Gasdynamik. Technische Universität Dresden, 2008. [2] K UHLMANN , H ENDRIK: Anleitung zur Laborübung „Flachwasserkanal“. Institut für Strömungsmechanik und Wärmeübertragung, Technische Universität Wien, 2011.

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