Gottesdienst vom 5.9.2010 Vielfalt – Geschenk Gottes Schriftlesung Mt 7,24-27 Predigt Liebe Gemeinde Das Thema des heutigen Schöpfungszeit Gottesdienstes ist: Vielfalt – Geschenk Gottes. Wir könnten uns Bilder von all den Wundern der Schöpfung anschauen, könnten darüber staunen, dass es zwischen 12 und 30 Millionen Arten gibt und Gott danken und ihn loben dafür. Ich möchte Sie ermuntern dies nicht nur heute, sondern jeden Tag zu tun. Heute möchte ich nicht die Wunder der Schöpfung aufzählen und einen reinen LobLob und Preisgottesdienst feiern, ausgehend von unserem Eröffnungsvers, der mir bei der Vorbereitung Vorbereit auf diesen Gottesdienst, das erste Mal so richtig aufgefallen ist, habe ich mich mit der Frage beschäftigt, wie die Menschheit heute mit diesen Samen umgeht. Da hat sich mir ein weites Themenfeld aufgetan, von dem ich Ihnen heute etwas mitgeben möchte: Und Gott sprach: Seht, ich gebe euch alles Kraut auf der ganzen Erde, das Samen trägt, und alle Bäume, an denen samentragende Früchte sind. Das wird eure Nahrung sein. Gen 1,29¨ Gott gibt den Menschen alles Kraut der Erde und die Früchte der Bäume: alles alles was Samen trägt zur Nahrung. Gott regt den Menschen an zu sammeln (nicht aber zu jagen). Gott sagt dem Menschen, schau es ist genug da: bedien dich. In der Natur finden wir vieles, das wir essen können. Doch heute ernähren wir uns nicht mehr von wilden Pflanzen, Beeren und Früchten, sondern von kultivierten. Dies wussten schon die Verfasser des zweiten Schöpfungsbericht, deswegen versucht ihre Erzählung zu erklären, weshalb der Mensch sich mit Mühsal vom Erdboden ernährt, weshalb der Boden Kraut und Disteln steln trägt und der Mensch im Schweiss seines Angesichts sein Brot essen muss. Gen 3,17-19 Und zwar kam das so: 15 Und der HERR, Gott, nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaute und bewahrte. 16 Und der HERR, Gott, gebot dem Menschen und sprach: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen. 17 Vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse aber, von dem darfst du nicht essen, denn sobald du davon isst, musst du sterben. Gen 2,15-17 Die Schlange aber war listiger als alle Tiere des Feldes, die der HERR, Gott, gemacht hatte, und sie sprach zur Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr dürft von keinem Baum des Gartens essen? 2 Und die Frau sprach zur Schlange: Von den Früchten der Bäume im Garten dürfen wir essen.

3 Nur von den Früchten des Baumes in der Mitte des Gartens hat Gott gesagt: Ihr dürft nicht davon essen, und ihr dürft sie nicht anrühren, damit ihr nicht sterbt. 4 Da sprach die Schlange zur Frau: Mitnichten werdet ihr sterben. 5 Sondern Gott weiss, dass euch die Augen aufgehen werden und dass ihr wie Gott sein und Gut und Böse erkennen werdet, sobald ihr davon esst. 6 Da sah die Frau, dass es gut wäre, von dem Baum zu essen, und dass er eine Lust für die Augen war und dass der Baum begehrenswert war, weil er wissend machte, und sie nahm von seiner Frucht und ass. Und sie gab auch ihrem Mann, der mit ihr war, und er ass. 7 Da gingen den beiden die Augen auf, und sie erkannten, dass sie nackt waren. Und sie flochten Feigenblätter und machten sich Schurze. 8 Und sie hörten die Schritte des HERRN, Gottes, wie er beim Abendwind im Garten wandelte. Da versteckten sich der Mensch und seine Frau vor dem HERRN, Gott, unter den Bäumen des Gartens. 9 Aber der HERR, Gott, rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? 10 Da sprach er: Ich habe deine Schritte im Garten gehört. Da fürchtete ich mich, weil ich nackt bin, und verbarg mich. 11 Und er sprach: Wer hat dir gesagt, dass du nackt bist? Hast du von dem Baum gegessen, von dem zu essen ich dir verboten habe?..... 17 Weil du auf die Stimme deiner Frau gehört und von dem Baum gegessen hast, von dem ich dir geboten hatte: Du sollst nicht davon essen!: Verflucht ist der Erdboden um deinetwillen, mit Mühsal wirst du dich von ihm nähren dein Leben lang. 18 Dornen und Disteln wird er dir tragen, und das Kraut des Feldes wirst du essen. 19 Im Schweiss deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zum Erdboden zurückkehrst, denn von ihm bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub kehrst du zurück. Amen Gen 3,1-11,17-19

In diesem Schöpfungsbericht hat Gott dem Menschen von Anfang an eine aktivere Rolle zugedacht: er durfte den Tieren Namen geben und er soll den Erdboden bebauen und bewahren. Doch der Mensch begnügt sich nicht damit, er isst vom Baum der ihn zwischen Gut und Böse unterscheiden, isst vom Baum der ihm Wissen, der ihm Erkenntnis verschafft. Ich weiss nicht, ob diese Erzählung so wortwörtlich geschehen ist. Ich verstehe diesen Schöpfungsbericht als Erklärungsversuch, weshalb die Menschen in Israel immer wieder unter Dürre, unfruchtbarem Boden und damit unter Hunger litten. Diese Erzählung spricht von der Wahrheit in dem Sinne, dass sie etwas über die Beziehung des Menschen zu Gott aussagt und darüber, dass sein Unglück mit seinem Wissensdurst einhergeht. Mit dem Wissen, mit der Fähigkeit zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, geht die Vertreibung aus den paradiesischen Zuständen einher, vertrauen die Menschen nicht mehr ganz Gott. Wir beginnen zu Forschen, Pflanzen zu Züchten, Technologie zu entwerfen um die Felder zu bewirtschaften, bauen Häuser und ganze Städte und und und….. Die Vertreibung aus dem Paradies steht für den Beginn der menschlichen Kultur. Steht dafür, dass der Mensch für seine Entscheidungen selbst verantwortlich ist. So auch was er mit den Samen der Pflanzen und Früchte, die ihm zur Nahrung gegeben wurden macht. Und da möchte ich heute etwas genauer hinschauen: Nehmen wir zum Beispiel den Weizen.

Vor 10000 Jahren hat der Mensch damit begonnen, Wildpflanzen zu kultivieren und zu züchten. Nicht nur das was er vor Ort fand, besonders in Europa stammen die Kulturpflanzen von anderen Kontinenten. Diese Pflanzenmigration war möglich, weil die Pflanzen, darunter auch der Weizen, sich ihrer Umwelt anpassen können. Einige dieser Pflanzen waren überlebenstärker, so begann der Mensch diese weiterzuzüchten, damit sie resistenter wurden und besser zum vorherrschenden Klima passten. So entstand unter anderem auch eine Vielzahl an Weizensorten, eine Vielzahl der wichtigsten Kulturpflanzen. Doch diese Vielfalt schwindet. Weltweit ging die Vielfalt der Kulturpflanzen um 70% zurück in um Europa um 90%. Dies hat verschiedene Gründe, vermutlich lassen sich aber alle auf die Habsucht einiger Menschen zurückführen. Denn obwohl Gott, wie wir in der Bibel lesen, der ganzen Menschheit die samentragenden Pflanzen zur Nahrung gegeben hat, verdienen heute einige wenige Menschen, auf Kosten der anderen, damit viel Geld. Früher habe Bauern untereinander ihr Saatgut ausgetauscht und gekreuzt, neue Sorten entstanden und verschwanden. Dann hat man begonnen diesen Austausch von Saatgut zu reglementieren und mit dem Inkrafttreten dieser Gesetze hat das internationale Business den Saatgutmarkt entdeckt. Eine neue Weizensorte zu entwickeln und sie patentieren zu lassen kostet heute Geld, also möchte man sie gut verkaufen können. Das erreicht man dadurch, dass man nur wenige Sorten auf den Markt bringt. Heute beherrschen zehn Saatgutkonzerne 67% des weltweiten Saatgutmarktes. Diese Firmen üben einen grossen Einfluss auf die zurzeit entstehenden neuen europäischen und internationalen Saatgutverkehrsregeln aus. Diese werden die Verbreitung nicht registrierter Sorten unterbinden. Die grossen Saatgutkonzerne hoffen so die 33% des Marktes für sich zu gewinnen, der jetzt durch „illegalen Nachbau“ und Anbau von nicht registrierten Sorten geprägt ist. Dadurch wird aber auch die Vielfalt der Kulturpflanzen gefährdet. Nun kann man sagen, dass es kein Problem sei wenn es nur noch wenige Sorten von Weizen gibt, solange sich die gesamte Weltbevölkerung davon ernähren kann. Doch Biodiversität ist ein Geschenk an die Menschheit das Sinn macht, ohne sie entstehen viele Probleme. Der hochgezüchtete Weizen kann sich nicht mehr seiner natürlichen Umgebung anpassen, da dasselbe Saatgut für verschiedene Klimata gezüchtet wird. So wird die Umgebung an die Pflanze angepasst statt umgekehrt und es wird viel Chemie benötigt, um den Boden zu düngen und Schädlinge zu bekämpfen. Dies zerstört die Böden, die Grundlage sind für das Wachstum unserer Nahrung. Zudem verarmen viele Bauern, weil sie sich weder das teure Saatgut noch die nötige Chemie leisten können. Zum Ruin von Bauern trägt auch die Möglichkeit der grossen Saatfirmen zu, Bauern zu verklagen auf deren Feldern der von ihnen patentierte Weizen wächst. Dies nennen sie illegalen Nachbau, obwohl der Bauer diese Sorte auf seinem Grundstück vielleicht überhaupt nicht wollte und die Samen mit dem Wind ungewollt auf ihre Felder gelang. Ein weiteres Problem ist, dass viele Saatgutfirmen gentechnisch verändertes Saatgut, dessen Pflanzen keine Samen mehr tragen: damit sie sicher weiterhin ihr Saatgut verkaufen können. Man möchte sich nicht vorstellen, was geschieht, wenn sich diese Pflanzen mit anderen kreuzen und plötzlich die samentragenden Pflanzen, das Geschenk Gottes an die Menschheit, ausgerottet sind.

Schliesslich birgt der Rückgang der Artenvielfalt nicht nur für Böden und Bauern Gefahren, sondern auch uns könnte es „as lebändige“ gehen. Heute sind 90% des weltweit ausgesäten Weizens Hochleistungszüchtungen aus Mexico. Dieser Weizen war bis dahin resistent gegen Schwarzrost, ein Pilz der die Weizen zerstört. Doch auch Pilze haben die Fähigkeit sich ihrer Umgebung anzupassen. So tauchte 1999 in Uganda ein Schwarzrost aufgegen den weder das Resistenzgen noch die bekannten Fungizide etwas ausrichten konnten. Damals fielen bis zu 100% der Ernte aus. Weltweit sind nur noch zwei Weizensorten bekannt, die vielleicht gegen diesen Schwarzrost resistent sind. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich, weshalb die Sortenvielfalt für die Ernährungssicherheit, weltweit, wichtig ist. Da fragt sich natürlich, was wir für die Sortenvielfalt unserer Kulturpflanzen tun können. Da ist sicher unser Einkaufsverhalten gefragt, dass wir mit dem Kauf den Anbau von speziellen Sorten unterstützen, dass wir aber auch bei Nahrung und Baumwolle darauf achten, dass sie aus gentechfreiem, biologischen und fairen Anbau kommt. Zudem können wir im eigenen Garten seltene Sorten anbauen, vielleicht sogar Samen, die wir aus einer Saatbank bestellen. Und im Moment sicher auch damit, dass wir uns gegen die neuen Saatgutverkehrsregeln einsetzen. Der Mensch kann zwar zwischen Gut und Böse unterscheiden, doch so einfach ist das nicht immer. Der wissende, der forschende Mensch hat sich auf eine Gratwanderung begeben, manche Forschung und ihre Resultate, dienen dem Menschen, dienen der Welt, manche aber schaden der Menschheit und vor allem ihrer Mitwelt. Wie also soll der Mensch es bewerkstelligen, nicht in die tödlichen Tiefen die bei dieser Gratwanderung lauern zu fallen. Der Text unserer Lesung und die Schöpfungsgeschichte geben einen Hinweis, wie wir das bewerkstelligen können: auf Fels, auf Gott zu bauen. Wenn der Mensch aufhört auf Gott zu bauen, kann er noch so tolle Dinge konstruieren, irgendwann wird er selbst darunter begraben werden. Jesus fordert in einem seiner Gleichnisse ganz radikal: wie die Feldblumen und Vögel ganz aus dem Vertrauen in Gottes Vorsehung zu leben. Nicht allen ist dieses grosse Vertrauen geschenkt, und der realistische Mensch wird doch etwas zu seinem Überleben beitragen wollen. Wichtig dabei ist aber, dass er dabei die Vorsehung Gottes nicht ganz vergisst und zum Beispiel darauf vertraut, dass der Erdboden natürlicherweise genügend Nahrung für alle abgibt und dabei beachtet, dass die samentragenden Pflanzen und Früchte in ihrer Vielfalt gut und wichtig sind. Und so können wir in diesem Zusammenhang fragen: Worauf bauen wir, auf den sandigen Grund einiger weniger selbst kreierter ertragsreicher Kulturpflanzensorten oder auf den festen Grund von Gottes Vielfalt? Wo legen wir unser Fundament? Bauen wir auf den sandigen Grund des Materialismus mit seinen unsicheren Fundamente Selbsterfüllung und Konsumhaltung? Oder gehen wir tiefer und bauen auf den festen Fels von Gottes Wort mit seiner Klarheit über den Wert allen Lebens? Bei all unserem Tun fragen, ob wir auf Sand oder eben auf den Fels, der Gott ist bauen. Amen

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