Andreas Steimel Elektrische Triebfahrzeuge und ihre Energieversorgung

Elektrische Triebfahrzeuge und ihre Energieversorgung Grundlagen und Praxis

Andreas Steimel

Oldenbourg Industrieverlag

2. Auflage

Titelei

30.11.2005

17:23 Uhr

Seite 1

Titelei

30.11.2005

17:23 Uhr

Seite 2

Titelei

30.11.2005

17:23 Uhr

Seite 3

Elektrische Triebfahrzeuge und ihre Energieversorgung Grundlagen und Praxis von Prof. Dr.-Ing. Andreas Steimel 2., überarbeitete Auflage

Oldenbourg Industrieverlag München

Titelei

30.11.2005

17:23 Uhr

Seite 4

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar

© 2006 Oldenbourg Industrieverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-industrieverlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Elmar Krammer Herstellung: Karl Heinz Pantke Druck/Bindung: Offsetdruck Heinzelmann Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier ISBN 978-3-8356-3090-1 (3-486-63090-3)

Vorbemerkungen Zielsetzung des Buches, Kurzübersicht Das vorliegende Buch ist aus der seit 1996 angebotenen Vorlesung „Elektrische Bahnen“ an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Ruhr-Universität Bochum entstanden. Es wendet sich an Studierende der Elektrischen Energietechnik, der Regelungstechnik und des Maschinenbaus sowie an junge Ingenieure der Elektrotechnik, besonders aber der Leistungselektronik, in der Bahnindustrie sowie bei den Bahnbetreibern. Es will zuerst mechanische Grundlagen der elektrischen Zugförderung vermitteln, wie die Spurführung im Gleis, die Zugkraftübertragung vom Rad auf die Schiene unter dem Einfluss der wechselnden Adhäsionsbedingungen und die Übertragung des Motordrehmoments auf den gefederten und damit relativ zum Motor beweglichen Treibradsatz. Schwerpunkt ist der Aufbau elektrischer Triebfahrzeuge mit Drehstromantriebstechnik (DAT). Das stationäre und dynamische Betriebsverhalten der Kurzschlußläufer-Asynchronmaschine und der Aufbau von Pulswechselrichtern, von skalaren sowie feldorientierten Regelungssystemen und von Vierquadrant-Einspeisestromrichtern werden behandelt. Der heute geringeren Bedeutung entsprechend werden Antriebe mit Gleichstrom- und Wechselstrom-Kommutatormotoren und ihre Spannungsstellglieder nur noch kursorisch beschrieben. Exemplarisch werden moderne Hochleistungslokomotiven, HochgeschwindigkeitsTriebzüge, dieselelektrische Lokomotiven und Nahverkehrsfahrzeuge dargestellt. Ein kurzer Seitenblick gilt den unkonventionellen Bahnen wie Hänge- und Magnetschwebe-Bahnen. Da die spezielle – vom allgemeinen Landesnetz gesonderte – Energieversorgung ein entscheidender Faktor für die Funktion des Systems „Elektrische Bahnen“ ist, werden im 13. Kapitel die verschiedenen Bahnstromsysteme behandelt, unter den besonderen Aspekten der Möglichkeiten der Umrichtertechnik in der Bahnstromversorgung wie der Netzrückwirkungen umrichtergespeister Triebfahrzeuge (14. Kapitel). Das 15. Kapitel enthält einen gerafften Überblick über die wichtigsten Verfahren der feldorientierten Regelung von Asynchronmaschinen. Im 16. Kapitel ist eine Literaturzusammenstellung zu finden und im 17. Kapitel sind die Übungen zur Vorlesung (mit Musterlösungen) wiedergegeben.

Voraussetzungen Grundkenntnisse des Aufbaus und des Betriebsverhaltens der elektrischen Maschinen und des Transformators entsprechend z. B. der Vorlesung „Grundlagen der Energietechnik und elektrische Maschinen“ [V1], Grundkenntnisse der Leistungselektronik [V2], Grundkenntnisse der Mechanik auf Schulniveau.

Vorwort zur 2. Auflage Da die erste Auflage des Buches „Elektrische Triebfahrzeuge und ihre Energieversorgung“ eine so erfreuliche Aufnahme gefunden hatte, dass eine Neuauflage (unter gleichem Titel) möglich wurde, haben Autor und Verlag die Gelegenheit ergriffen, noch verbliebene Schreib- und Satzfehler sowie kleinere Ungenauigkeiten in den Bildern zu korrigieren, einzelne Beschreibungen und Tabellen zu aktualisieren und vor allem die Zählweise des Phasenwinkels „φ1“ in Unterkapitel 6.5 der Norm anzupassen, einschließlich der Musterlösung der zugehörigen Aufgabe 17.8. Ich möchte die Gelegenheit ergreifen, meiner Sekretärin, meiner technischen Zeichnerin und den die Vorlesung „Elektrische Bahnen“ betreuenden Wissenschaftlichen Mitarbeitern für die gewaltige Arbeit bei der Erstellung des Buches sowie den kritischen Lesern für die Hilfe beim mühseligen Aufstöbern der restlichen Fehler meinen herzlichen Dank auszusprechen! Bochum, im Herbst 2005

Andreas Steimel

Inhalt Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhalt

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .VII

1

Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

1.1 1.1.1 1.1.2 1.2 1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5 1.4 1.5

Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Was ist eine Eisenbahn? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Einteilung der Bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Historische Entwicklung der elektrischen Eisenbahn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Kurzer Überblick über die Bahnstromsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Gleichstrom-Bahnsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Wechselstrom-Bahnsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Drehstrom-Bahnsysteme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Spannungen der Zugsammelschiene. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Stand der Elektrifizierung in ausgewählten Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Vergleich der Traktionsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Europäische Bahnindustrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2

Zugförderungsmechanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.1.5 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.5 2.2.6 2.3 2.4

Prinzipien der Spurführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spurweiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spurführung des Radsatzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fahrwerk und Drehgestell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drehgestelle mit selbststeuernden Radsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleisbogenabhängige Wagenkastensteuerung (Neigetechnik). . . . . . . . . . . Fahrwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Laufwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bogenwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steigungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschleunigungswiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dauer- und Anfahrkräfte (F-v-Diagramm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radsatzentlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Adhäsion, Gleit- und Schleuderschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitverlust durch Anfahren und Bremsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

Fahrwerk und Antrieb von Triebfahrzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

3.1 3.1.1 3.1.2

Einteilung der Triebfahrzeuge, Radsatzfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Einteilung der Triebfahrzeugbauarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Radsatzfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

17 17 18 21 25 26 29 29 30 30 31 32 34 37 42

VIII

Inhalt

3.2

Mechanische Komponenten der Kraftübertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

4

Kommutator-Fahrmotoren und ihre Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2 4.2.1 4.2.2

Gleichstromfahrmotor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Gleichstrom-Kommutatormotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Steuerung der Ankerspannung über Vorwiderstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Steuerung der Ankerspannung bei Gleichstrombahnen mittels Gleichstromsteller 66 Steuerung der Ankerspannung bei Wechselstrombahnen mit Anschnittsteuerung 71 Wechselstromfahrmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Der Wechselstrom-Kommutatormotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Spannungssteuerung beim Wechselstrom-Kommutatormotor . . . . . . . . . . . 77

5

Synchronfahrmotoren und ihre Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

5.1 5.2

Synchronmotor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Speisung des Synchronfahrmotors mit einem lastgeführten Wechselrichter 84

6

Asynchronfahrmotoren und ihre Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6 6.6.1 6.6.2 6.6.3 6.6.4 6.6.5 6.6.6

Aufbau und stationäres Betriebsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Pulswechselrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Geregelter Betrieb des Asynchronmotors. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Gruppenspeisung von Asynchronfahrmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 Vierquadrantsteller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Wechselrichter-Schaltungs- und Aufbautechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Zwangskommutierte Thyristor-Wechselrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 Wechselrichter mit Gate-Turn-Off-Thyristoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 IGBT-Wechselrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Dreipunkt-Wechselrichter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Stromzwischenkreis- (I-) Wechselrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Kühlungs-und Aufbautechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

7

Elektrische Triebfahrzeuge für Vollbahnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

7.1 7.1.1 7.1.2. 7.2 7.3 7.4 7.4.1 7.4.2

Elektrische Triebfahrzeuge mit Gleichstrom-Fahrmotoren . . . . . . . . . . . . Gleichstromsteller-Steuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thyristor-Anschnittsteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elektrische Triebfahrzeuge mit Wechselstrom-Fahrmotoren. . . . . . . . . . . Elektrische Triebfahrzeuge mit Synchron-Fahrmotoren . . . . . . . . . . . . . . Elektrische Triebfahrzeuge mit Asynchron-Fahrmotoren . . . . . . . . . . . . . Lokomotiven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hochgeschwindigkeits-Triebzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

Mehrsystemfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155

8.1 8.2

Bauformen mit GS-Kommutatormotoren und Synchronmotoren . . . . . . . 155 Bauformen mit Asynchronmotoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

137 137 137 141 144 145 146 150

IX 9

Dieselelektrische Fahrzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

9.1 9.2 9.3

Klassische Technik – Hydraulische und elektrische Kraftübertragung . . . 165 DE-Fahrzeuge mit Drehstromantriebstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Zweikraft-Triebfahrzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181

10

Nahverkehrsfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

10.1 10.2 10.3

S- und U-Bahn-Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 Straßenbahnen, besonders in Niederflurtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 Speichertriebfahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

11

Bremstechnik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

11.1 11.2 11.3

Druckluftbremse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 Magnetschienenbremse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 Lineare Wirbelstrombremse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

12

Unkonventionelle Bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215

12.1 12.2 12.3 12.4 12.4.1 12.4.2 12.4.3 12.4.4 12.4.5

Spurgeführte Bahnen mit Luftgummirädern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hängebahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleislose Bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Magnetschwebebahnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tragen und Führen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berührungsloser Antrieb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bordnetzversorgung der Fahrzeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungsstrecke Pudong International Airport – Shanghai . . . . . . . . .

13

Stromversorgung der elektrischen Bahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

13.1 13.1.1 13.1.2 13.1.3 13.2 13.2.1 13.2.2 13.2.3 13.3 13.4

Wechselstrombahnen mit 16 2/3 (16,7) Hz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrales und dezentrales Netz der DB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rotierende Umformer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Statische Umrichter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wechselstrombahnen mit 50 Hz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigenschaften, Vergleich mit 16 2/3 Hz-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autotransformatorschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Höhere Betriebsspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gleichstrombahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fahrleitungen und Stromabnehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14

Netzrückwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263

14.1 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.3

Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Störquellen bei Gleichspannungsbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spannungsoberschwingungen der Unterwerks-Gleichrichter . . . . . . . . . . Eingangsstromoberschwingungen der Gleichstromsteller . . . . . . . . . . . . . Eingangsstromoberschwingungen des I–Wechselrichters . . . . . . . . . . . . .

215 218 221 225 226 228 231 232 232

235 235 241 244 246 246 249 250 252 256

263 264 264 265 266

X 14.2.4 14.3 14.3.1 14.3.2 14.3.3 14.3.4 14.3.5 14.4 14.5 14.6 14.7

Inhalt

14.8

Eingangsstromoberschwingungen des Pulswechselrichters . . . . . . . . . . . . 267 Störquellen bei Wechselspannungsbahnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Spannungsoberschwingungen der Einspeisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Eingangsstromoberschwingungen der Phasenanschnittsteuerung . . . . . . . 269 Eingangsstrom-Oberschwingungs-Anteile durch WR-Eingangsstrom . . . 273 Eingangsspannungsoberschwingungen des Vierquadrantstellers. . . . . . . . 274 Modulation der Eingangsstrom-Oberschwingungen des PWR durch den 4q-Steller278 Impedanzen im Bahnnetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Kopplungsmechanismen, psophometrischer Störstrom . . . . . . . . . . . . . . . 281 Gleisfreimeldekreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Geregelte frequenzselektive Unterdrückung von niederfrequenten Störstromanteilen von leistungselektronischen Stellgliedern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 Höchstfrequente Störwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

15.

Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

15.1 15.1.1 15.1.2 15.1.3 15.1.4 15.1.5 15.1.6 15.1.7 15.2 15.3

Regelungsverfahren für Traktionsumrichterantriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen der Traktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Raumzeigerdarstellung von dreisträngigen Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamisches Raumzeigerersatzschaltbild der Asynchronmaschine . . . . . Feldorientierte Regelung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direkte Selbstregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indirekte Statorgrößen-Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einheitliche Kennzeichnung der Waggons von UIC und OSShD . . . . . . . Formelzeichen und Abkürzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

16

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

16.1 16.2 16.3

Bücher, Vorlesungsskripte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Zeitschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 Ausgewählte Zeitschriftenaufsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315

17

Übungen (mit Musterlösungen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327

287 287 287 288 289 295 301 304 305 306

Index. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

1 Grundlagen 1.1 Definitionen 1.1.1 Was ist eine Eisenbahn? Die weiteste Definition einer Eisenbahn ist nach der Norm DIN 57115 (VDE 0115) Teil 1: "Spurgebundene und nicht spurgebundene Verkehrssysteme für den Personen- und Gütertransport". Eine etwas engere Definition gibt die Enzyclopedia Britannica (1962): „Landtransportmittel auf einem Weg, der aus einem oder mehreren Gleisen besteht, die jeweils zwei parallele Stahlschienen aufweisen. Darauf bewegen sich fracht- und personenbefördernde Fahrzeuge, die von Rädern mit Spurkränzen geführt werden“. Wir wollen im Weiteren unter Eisenbahnen im engeren Sinne spurgebundene Verkehrssysteme mit eigenem Antrieb verstehen. Konstitutiv sind die Spurführung und die einfache Möglichkeit, durch Koppeln von Einheiten Züge zu bilden. Die eisernen Schienen sind nicht zwingend notwendig. Wir werden im Abschnitt 12 spurgeführte Systeme ohne solche eisernen Schienen, die man im Allgemeinen mit dem Begriff Eisenbahn verbindet, kennenlernen. Das Prinzip der Spurführung erlaubt Transportgeschwindigkeiten bis über 500 km/h; höhere Geschwindigkeiten sind für Landtransportmittel wegen des mit der dritten Potenz der Geschwindigkeit steigenden Leistungsbedarfs ohnehin energetisch kaum vorstellbar. Planmäßig erreichen Schnellbahnsysteme heute (etwa in Frankreich, Deutschland und Japan) Geschwindigkeiten bis 330 km pro Stunde. Die Spurführung erlaubt auf der anderen Seite die Bildung von Zügen bis zu 20 000 t Masse, die mit Geschwindigkeiten bis zu etwa 60 km/h mit minimalem Personalaufwand geführt werden können. Nahverkehrsbahnen werden heute zunehmend vollautomatisch, d. h. auch führerlos, betrieben.

1.1.2 Einteilung der Bahnen Bahnen können nach vielfältigen Gesichtspunkten klassifiziert werden: • Nach dem Eigentümerverhältnis: Staatsbahnen und Privatbahnen Während das 19. Jahrhundert ein Nebeneinander von Staatsbahnen und Privatbahnen sah, wurden in Europa und der übrigen Welt mit Ausnahme der Vereinigten Staaten zwischen etwa 1880 und 1947 die meisten Privatbahnsysteme in Staatseigentum übergeführt. Dies geschah zum einen aus struktur- und fiskalpolitischen Gesichtspunkten, besonders in neukonstituierten Nationalstaaten wie Deutschland und Italien oder in unabhängig gewordenen Kolonien, auch um für die aufkommende Industrialisierung die erforderliche Infrastruktur zu schaffen, zum anderen, um die gewaltigen Transportleistungen der beiden Weltkriege sicherzustellen und danach die Kriegsfolgen aufzufangen. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts verloren die Bahnen gegenüber den neu auf-

2







1 Grundlagen gekommenen Verkehrsträgern wie dem Privat-PKW, dem Lastkraftwagen und dem Flugzeug ständig an Bedeutung. Erst gegen Ende des 20. Jahrhunderts ist ein Umdenken festzustellen: Infolge der Überlastung der öffentlichen Verkehrsräume durch den Individualverkehr setzt man wieder stärker auf den öffentlichen spurgebundenen Massenverkehr. Man hat aber auch erkannt, dass die staatliche Verwaltung nicht die nötige Leistungsfähigkeit bietet und entstaatlicht im Zuge der Deregulierung auch den öffentlichen Verkehr. Die EU-Richtlinie 91/440 soll das diskriminierungsfreie Neben- und Miteinander von meist staatlichen Infrastrukturbetreibern und miteinander konkurrierenden – staatlichen oder privaten – Verkehrsbetreibern regeln. Da – nicht zuletzt durch die starke öffentliche Förderung des Individualverkehrs und des Flugverkehrs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – heute der Personennahverkehr in Ballungsgebieten und der Regionalverkehr nicht kostendeckend erbracht werden können, sind öffentliche Zuschüsse zum Nah- und Regionalverkehr unverzichtbar. Nach der Verkehrsaufgabe: Bahnen des öffentlichen Verkehrs (sie sind durch regelmäßigen Verkehr nach Fahrplan und durch Beförderungspflicht des Verkehrsträgers gekennzeichnet), und Bahnen des nicht-öffentlichen Verkehrs (z.B. Werks-, Hafen- und Grubenbahnen) Nach der Verkehrsbedeutung: Hauptbahnen für den nationalen und internationalen Fernverkehr, Regionalbahnen für den räumlich begrenzten Verkehr, Kleinbahnen für den lokalen Verkehr, Nahverkehrsbahnen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Städten und Ballungsräumen. Diese gliedern sich wieder in Straßenbahnen, Stadtbahnen, Untergrundbahnen und Vorort-Schnellbahnen (S-Bahn). Spezialbahnen: Dazu zählen touristische Bahnen wie Standseilbahnen und Gondelbahnen, automatische Kabinenbahnen („People Mover“) auf Flughäfen und Verbindungsbahnen, wie z. B. vom Tokioter Flughafen Haneda zum Zentrum oder vom Shanghaier Flughafen Pudong ins Zentrum. Schließlich gab es früher Treidelbahnen an Kanälen, wie wir sie heute nur noch am Panamakanal kennen.

1.2 Historische Entwicklung der elektrischen Eisenbahn Nachdem schon im Römischen Reich Pferdewagen durch Spurrinnen geführt wurden, die in den steinernen Straßenbelag eingegraben waren, wozu ein einheitlicher Radabstand – die Spurweite – dieser Wagen erforderlich war, traten in Europa erst wieder in der frühen Neuzeit spurgeführte Bahnen in Form von Bergwerksbahnen auf. Hölzerne Kohlehunte liefen mit zylindrischen Holzrädern auf breiten hölzernen Schienen und wurden durch einen Spurnagel zwischen beiden Schienen geführt. In der Mitte des 18. Jahrhunderts wurden im englischen Kohlenrevier die hölzernen Schienen durch eiserne ersetzt, die Spurführung übernahmen außen an der Schiene angebrachte Winkel. Durch diese eisernen Schienen

1.2 Historische Entwicklung der elektrischen Eisenbahn

3

wurde zum einen der Rollwiderstand deutlich reduziert, die Haltbarkeit der Schienen nahm stark zu und es wurde so erst die Grundlage für den Einsatz von maschineller Zugkraft geschaffen. Wenig später erschien der Radsatz mit Innenspurkränzen, der auf pilzförmigen Schienen läuft. Im Jahre 1804 wurde von F. Trevithick die Watt‘sche Hochdruckdampfmaschine zum ersten Mal auf einem Schienenfahrzeug als Antrieb eingesetzt, die erste Dampflokomotive war geschaffen. Ab 1810 wurden vermehrt solche Lokomotiven in Bergwerken eingesetzt. 1825 wurde die erste Eisenbahnlinie des öffentlichen Verkehrs zwischen Stockton und Darlington in Nordost-England eingerichtet. Dabei führten G. und R. Stephenson die heutige Normalspurweite von 4 Fuß und 8 1/2 Zoll entsprechend 1435 mm ein. 1835 wurde die erste Eisenbahn in Deutschland zwischen Nürnberg und Fürth in Betrieb genommen. Die Eisenbahnen entwickelten sich in Europa aus isolierten Anfängen explosionsartig, aber häufig nach unterschiedlichem technischen Standard. Um 1850 setzte die notwendige Vereinheitlichung der technischen Grunddaten der Eisenbahnen hinsichtlich Spurweite, Kupplung und Hauptabmessungen der Fahrzeuge ein, womit sich ein Europa-überspannendes Eisenbahnnetz mit gleichen technischen Standards entwickelte. Einige Länder blieben allerdings aus militärisch-strategischen Gründen abseits und wählten andere Spurweiten, wie etwa Rußland oder Spanien und Portugal. Für untergeordnete Bahnen sowie in den Kolonien wurden aus Kostengründen meist schmälere Spurweiten gewählt. Nachdem in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts die Kraftwirkung des elektrischen Stromes von A. M. Ampère und die Induktionswirkung von M. Faraday entdeckt worden waren, wurde auch sehr bald nach Möglichkeiten gesucht, diese neue Kraftquelle auf Eisenbahnen nutzbar zu machen. So wurde schon 1836 in Schottland ein elektrischer Wagen mit elektrischen Motoren, die man mit heutigen geschalteten Reluktanzmotoren vergleichen kann, probeweise angetrieben. Dem Vorhaben war aber kein nachhaltiger Erfolg beschieden, da es noch keine leistungsfähige und wirtschaftliche Quelle für den elektrischen Strom gab: Diese Fahrzeuge konnten nur aus frühzeitlichen Batterien (Volta-Säulen) gespeist werden. Erst mit der Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips in der Mitte der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts durch W. von Siemens und Wheatstone wurde die Möglichkeit geschaffen, praktisch unbegrenzt in Generatoren Strom zur Verfügung zu stellen und ebenso die Leistung der elektrischen Antriebsmaschinen nahezu beliebig zu steigern. 1879 stellte Siemens auf der Berliner Gewerbeausstellung die erste elektrische Lokomotive vor (Bild 1.1). Sie diente zur Personenbeförderung auf dem Ausstellungsgelände, hatte einen Gleichstrommotor von 2,2 kW Dauerleistung, der mit 150 V aus einer zwischen den Fahrschienen gelegenen Stromschiene gespeist wurde, während der Rückstrom den Weg über die Schienen nahm. Die Geschwindigkeit erreichte 13 km pro Stunde, das Gewicht dieser Lokomotive betrug etwa 2 t, womit sich ein Leistungsgewicht von 1100 kg pro kW berechnen lässt (eine heutige Hochleistungslokomotive hat ein Leistungsgewicht von 14 kg pro kW!). Ab 1882 wurde dieses Gleichstromantriebssystem auf Straßenbahnen sowie auf Grubenbahnen übertragen, wobei der Fahrstrom meistens durch eine Oberleitung den Fahrzeugen zugeführt wurde.

4

Bild 1.1. Erste elektrische Lokomotive von W. v. Siemens 1879

1 Grundlagen

Bild 1.2. Gleichstromlokomotive der Baltimore & Ohio Railroad 1895

Die erste elektrifizierte Vollbahn nahm 1895 die Baltimore & Ohio Railroad in den USA in Betrieb: Ein 5 km langer innerstädtischer Tunnel wurde mit 675-V-Oberleitung elektrifiziert und die Züge wurden mit Lokomotiven mit 4·270 kW Leistung durch diesen Tunnel befördert, um der Rauchplage Herr zu werden (Bild 1.2). Die Kollektor-Lamellenspannung begrenzte die maximale Betriebsspannung von Gleichstrom-Fahrmotoren um die Jahrhundertwende auf einen Wert von etwa 750 V. Erst nach dem ersten Weltkrieg wurde eine maximale Betriebsspannung von 1500 V erreicht, die heute auch noch als wirtschaftliche Grenze gilt. Mit diesen Spannungen kann man Straßenund Vorortbahnen wirtschaftlich elektrisch betreiben. Für Fernbahnen wachsen die bei der Stromübertragung auftretenden Verluste bei derartig niedrigen Spannungen aber in unwirtschaftliche Höhen, auch wenn Speiseunterwerke in sehr kurzen Abständen vorgesehen werden. Wie in der allgemeinen Landesversorgung war man bestrebt, das Wechselstromsystem einzuführen, um die elektrische Energie mit ausreichend hohen Spannungen übertragen zu können (Gleichstrom läßt sich bekanntlich nicht einfach mit Transformatoren in der Spannungshöhe ändern). Dem stellte sich aber in der Traktion die Tatsache entgegen, dass man noch nicht über Wechselstromfahrmotoren mit ausreichender Leistung verfügte. Wohl gab es aber schon den Drehstrom-Kurzschlussläufermotor. Ab etwa 1890 wurden in Oberitalien und später im Simplon-Tunnel Strecken mit Dreiphasen-Wechselstrom elektrifiziert. 1903 nahm die „Studiengesellschaft für elektrischen Schnellverkehr“ im Süden von Berlin den Versuchsbetrieb mit zwei elektrischen Schnelltriebwagen auf, die über eine dreipolige Drehstrom-Fahrleitung gespeist wurden (Bild 1.3). Sie erreichten Geschwindigkeiten bis zu 210 km/h. Als Nachteil haften dem Drehstromsystem aber die wenigen mit Polzahlumschaltung erreichbaren, durch die feste Netzfrequenz bestimmten wirtschaftlichen Fahrgeschwindigkeitsstufen und die komplizierte Bauart der mehrpoligen Fahrleitung – besonders an Weichen und Kreuzungen – an. Als leistungsfähigere Alternativen zur Verfügung standen, wurden die schwerfälligen Drehstromsysteme bis spätestens 1970 eliminiert.

1.2 Historische Entwicklung der elektrischen Eisenbahn

5

Bild 1.3. Drehstrom-Schnelltriebwagen der AEG Bild 1.4. SBB Ce 6/8 II für Einphasenwechsel1903, 210 km/h strom 15 kV, 16 2/3 Hz;1920, 1650 kW

1903 gelang es dem Ingenieur H. Behn-Eschenburg der Maschinenfabrik Oerlikon/Schweiz, den Kommutatormotor durch die Einführung des ohmschen Wendepol-Shunts auch für Wechselstromspeisung brauchbar zu machen. 1905 wurde auf der Versuchsstrecke SeebachWettingen bei Zürich ein erfolgreicher Betrieb mit diesem neuen System nachgewiesen. 1912 schlossen die deutschen Länderbahnen von Preußen, Hessen, Bayern und Baden ein „Übereinkommen betreffend die Ausführung elektrischer Zugförderung“, in dem die Höhe der Einphasenwechselspannung für die Traktion auf 15 kV und die Frequenz auf 16 2/3 Hz festgelegt wurden. Die niedrige Sonderfrequenz war notwendig, um eine funkenfreie Kommutierung des Motors zu ermöglichen. Kurz darauf schlossen sich die Länder Österreich, Schweden, Schweiz und Norwegen diesem System an. Bild 1.4 zeigt die berühmte „Krokodil“-Lokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) für die Gotthard-Strecke (1920). Das vom allgemeinen Landesnetz getrennte, mit Sonderfrequenz betriebene Bahnstromnetz war mit hohem Kapitalaufwand verbunden, den viele Bahngesellschaften nicht aufbringen konnten. Versuchen, mit 50 Hz Landesfrequenz betriebene Fahrmotoren in der Traktion einzusetzen, war zuerst nur geringer Erfolg beschieden. Erst um 1936 wurden auf der Versuchsstrecke im Höllental im Schwarzwald von der deutschen Elektroindustrie verschiedene Bauarten erprobt, von denen sich die mit gesteuerten Quecksilberdampf-Stromrichtern am erfolgreichsten herausstellten. Nach dem 2. Weltkrieg gehörte der Schwarzwald zur französischen Besatzungszone; französische Ingenieure lernten das neue System mit seinen Vorzügen und Besonderheiten kennen und führten es für die Elektrifizierung der lothringischen Kohlenbahnen ein (Bild 1.5). Die Nennspannung wurde zu 25 kV gewählt. Von dort aus verbreitete sich das 50-HzSystem über die ganze Welt. Fast überall, wo Strecken neu elektrifiziert wurden, kam das 50-Hz-System (resp. 60 Hz in Ländern mit 60-Hz-Landesversorgung) zum Einsatz. Hochgeschwindigkeitszüge wie die japanischen Shin-Kansen-Züge (Bild 1.6) und die französischen TGV-Züge erreichen fahrplanmäßige Maximalgeschwindigkeiten von 330 km/h.

6

Bild 1.5. 50-Hz-Güterzuglok der SNCF, Reihe 12 000, 1950, 2650 kW, 85 t

1 Grundlagen

Bild 1.6. Shin-Kansen-Triebzug der Japanischen Staatsbahn 1964, Serie 0; vmax = 220 km/h

1908 wurde die erste Diesellokomotive, entwickelt von R. Diesel und der Firma Sulzer in der Schweiz, in Betrieb genommen (Bild 1.7). Sie hatte eine Leistung von 1500 PS und einen Direktantrieb ohne Getriebe oder Kupplung. Wegen der Schwierigkeiten, einen schweren Zug – mit Pressluft aus mitgeführten Flaschen – anzufahren, kam diese Technik nicht zum Erfolg. Erst um 1935 gelang mit der Einführung der dieselelektrischen Technik – vor allem durch die Electro-Motive Division von General Motors in den USA – sowie der Entwicklung des hydraulischen Strömungswandlers in Deutschland die wirtschaftliche Nutzung des Dieselmotors als Energiequelle in der Traktion. 1971 kam die erste erfolgreiche dieselelektrische Lokomotive mit Drehstrom-Kraftübertragung durch die Firmen BBC und Henschel (Bild 1.8) in Betrieb. Frequenzumrichter erlauben es jetzt durch frequenz- und amplitudenvariable Speisung, die robusten Asynchron-Kurzschlußläufermotoren anstelle der kosten- und wartungsaufwendigen Kommutatormotoren einzusetzen. 1979 wurde die Drehstrom-Antriebstechnik (DAT) auch auf Fahrdraht-Lokomotiven mit der ersten Hochleistungs-Universallokomotive der BR 120 der DB erfolgreich eingeführt (Bild 1.9). Seit etwa 1990 ist diese Technik der allgemeine Standard bei Hochleistungsfahrzeugen bei Hochgeschwindigkeitszügen (Bild 1.10) sowie bei fast allen Nahverkehrsfahrzeugen. [B2], [B4], [B7], [B8], [B11], [B12]; [1]...[5].

1.3 Kurzer Überblick über die Bahnstromsysteme

7

Bild 1.7. Sulzer-Klose-Henschel-Diesellokomotive Bild 1.8. Erste dieselelektrische Lokomotive mit 1912 mit Direktantrieb; 1000 kW Drehstromkraftübertragung 1971;1840 kW (Bombardier Transportation)

Bild 1.9. Elektrische Universallokomotive BR 120 Bild 1.10. Triebzug ICE3 (BR403) der DB AG, DB; 1979, 5600 kW (Bombardier Transportation) 1999; 8 MW, 330 km/h

1.3 Kurzer Überblick über die Bahnstromsysteme Wie schon in dem historischen Überblick angedeutet, ist die Frage des gewählten Bahnstromübertragungssystems – Gleichstrom, Einphasenwechselstrom oder Drehstrom – von entscheidender Bedeutung für das System „Elektrische Eisenbahn“ und auch untrennbar mit der Entwicklung der Antriebstechnik verbunden. Deshalb soll in diesem Abschnitt ein kurzer Überblick über die Bahnstromsysteme in Europa gegeben werden, wie sie sich historisch entwickelt haben und heute noch bestehen. Kapitel 13 beschreibt die Bahnstromsysteme im Einzelnen.

8

1 Grundlagen

1.3.1 Gleichstrom-Bahnsysteme Straßenbahn – und Untergrundbahn-Systeme werden bevorzugt mit Gleichspannung (DC) 600–750 V betrieben. Für Vorort- und Stadtschnellbahnsysteme kommen überwiegend Gleichspannungen von 750–1500 V zum Einsatz. Hierfür war die einfache Fahrzeugtechnik bestimmend. Ausgehend von den Vorortlinien der großen Hauptstadt-Bahnhöfe haben sich im Süden und Südwesten von Frankreich sowie in den Niederlanden ausgedehnte 1500-VFernbahnsysteme entwickelt. Obwohl sie durch ihre starke Leistungsbegrenzung (< 5 MW pro Zug) deutliche Nachteile aufweisen, ist es unwahrscheinlich, dass sie im großen Maße auf leistungsfähigere Stromversorgungssysteme umgestellt werden. In Bild 1.11 sind die Gebiete der Gleichstrombahnen mit UN < 1,5 kV mittelgrau dargestellt. In den 20er Jahren entwickelten sich – auf US-amerikanischen Erfahrungen aufbauend – 3-kV-Gleichstrom-Fernbahnsysteme in Belgien, Italien, Spanien sowie in der Sowjetunion, nach dem Krieg auch in Polen und der nördlichen Tschechoslowakei (sowie in Indien, Südafrika und Brasilien). Die Gebiete der in Europa mit 3 kV Gleichstrom betriebenen Bahnen sind in Bild 1.11 hellgrau dargestellt. Es wurden stets zwei Fahrmotoren in Reihe geschaltet, bis die DAT die Kollektormotoren ablöste.

1.3.2 Wechselstrom-Bahnsysteme Das Gebiet der seit 1912 mit Einphasen-Wechselstrom (1AC) 15 kV/162/3 Hz elektrifizierten Fernbahnnetze in Deutschland, Schweiz, Österreich, Schweden und Norwegen ist in Bild 1.11 dunkel gekennzeichnet. Die Regionen mit 25-kV-50-Hz-Elektrifizierung sind im Bild durch enge Kreuzschraffur gekennzeichnet. Besonders zu erwähnen sind die mit 50 Hz elektrifizierten Hochgeschwindigkeits-Neubaustrecken wie in Japan, Frankreich und Spanien, die durch weite Gebiete mit 1500 V Gleichspannung betriebener Bahnen stießen. Einen Schlüssel der Abkürzungen der Namen der Bahngesellschaften findet man im Anhang 15.2. Die Streckenlängen und Anteile der Bahnstromsysteme betrugen 2003 [6]: Tabelle 1.1: Streckenlängen und Anteile der Bahnstromsysteme (2003)

DC 1500 V

15 318 km

6,5 %

DC 3000 V

72 104 km

30,3 %

AC 15 kV/16,7 Hz

32 392 km

13,6 %

106 437 km

44,8 %

Sonstige

11 349 km

4,8 %

Summe

237 600 km

100 %

AC 25 kV/50 (und 60) Hz

Das 50-Hz-System verzeichnet heute den größten Zuwachs.