Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft

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Author: Otto Geier
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Leseprobe

Schmeisser

Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft

ALLGEMEINE BETRIEBSWIRTSCHAFTSLEHRE FINANZWIRTSCHAFT Studienbrief 2-030-0304 3. Auflage 2010

HDL

HOCHSCHULVERBUND DISTANCE LEARNING

Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft

Impressum Verfasser:

Prof. Dr. phil. Wilhelm Schmeisser Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Unternehmensführung, Finanzierung und Investition im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

Der Studienbrief wurde auf der Grundlage des Curriculums für das Studienfach „ABWL – Finanzwirtschaft“ verfasst. Die Bestätigung des Curriculums erfolgte durch den Fachausschuss für das modulare Fernstudienangebot Betriebswirtschaftslehre, dem folgende Mitglieder angehören: Prof. Dr. Arnold (FH Gießen-Friedberg), Prof. Dr. Götze (FH Stralsund), Prof. Dr. Hofmeister (FH Erfurt), Prof. Dr. Nullmeier (em., HTW Berlin), Prof. Dr. Pumpe (Beuth HS für Technik Berlin), Rosemann M. A. (Ostfalia Hochschule), Prof. Dipl.-Ök. Schindler (HS Merseburg), Prof. Dr. Schmeisser (HTW Berlin), Prof. Dr. Schwill (FH Brandenburg), Prof. Dr. M. Strunz (HS Lausitz), Prof. Dr. H. Strunz (Westsächsische HS Zwickau), Prof. Dr. Tippe (TH Wildau (FH)), Prof. Dr. C. D. Witt (em., HS Wismar).

3. Auflage 2010

ISBN 978-3-86946-065-9

Redaktionsschluss: Dezember 2010

Studienbrief 2-030-0304

© 2010 by Service-Agentur des Hochschulverbundes Distance Learning. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung und des Nachdrucks, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der Service-Agentur des HDL reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Service-Agentur des HDL (Hochschulverbund Distance Learning) Leiter: Dr. Reinhard Wulfert c/o Agentur für wissenschaftliche Weiterbildung und Wissenstransfer e. V. Magdeburger Straße 50, 14770 Brandenburg Tel.: 0 33 81 - 35 57 40 E-Mail: [email protected] Fax: 0 33 81 - 35 57 49 Internet: http://www.aww-brandenburg.de

Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft

Inhaltsverzeichnis Abkürzungen...................................................................................................................................................................................5 Einleitung..........................................................................................................................................................................................7 Literaturempfehlung.....................................................................................................................................................................8 1

Wesentliche Einflussfaktoren aus der betrieblichen Umwelt...................................................................10

1.1

Volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen..................................................................................................................................11

1.1.1

Volkswirtschaftliche und demografische Entwicklungen........................................................................................................11

1.1.2

Sozialer Wandel und rechtliche Rahmenbedingungen........................................................................................................... 16

1.1.3

Technologische Innovationen............................................................................................................................................................ 18

1.2

Grundzüge der Wirtschaftspolitik.................................................................................................................................................... 24

1.2.1

Gesellschaftliches Handeln und wirtschaftspolitischer Entscheidungsprozess............................................................. 24

1.2.2

Träger der Wirtschaftspolitik.............................................................................................................................................................. 27

1.3

Unternehmensrelevante Umwelt- und Führungsprozesse..................................................................................................... 27

2

Geschäfts- und Marktpolitik der Banken und Finanzierungsinstitutionen......................................... 30

2.1

Strukturelle Rahmenbedingungen auf dem deutschen Markt der Finanzdienstleister.............................................. 31

2.1.1

Das deutsche Bankensystem.............................................................................................................................................................. 33

2.1.2

Sonstige Finanzdienstleister und Finanzintermediäre............................................................................................................. 39

2.2

Traditionelle Finanzprodukte und Finanzinnovationen........................................................................................................... 41

2.2.1

Zahlungsverkehr..................................................................................................................................................................................... 41

2.2.2

Geldanlage................................................................................................................................................................................................ 42

2.2.3

Finanzierung.............................................................................................................................................................................................44

2.3

Kapitalmärkte, Termingeschäfte und derivative Finanzprodukte........................................................................................44

2.3.1

Kapitalmärkte........................................................................................................................................................................................... 45

2.3.2

Termingeschäfte und Finanz-Swaps................................................................................................................................................ 49

2.3.3

Derivative Finanzprodukte.................................................................................................................................................................. 53

3

Der Einsatz von Finanzinnovationen im Unternehmen..............................................................................61

3.1

Risikomanagement und Spekulation.............................................................................................................................................. 61

3.2

Beispiele für den Einsatz von Optionen und Futures in der Finanzwirtschaft................................................................. 62

3.2.1

Absicherung von Aktienbeständen gegen Kursverfall............................................................................................................ 63

3.2.2

Absicherung vor Währungsrisiken................................................................................................................................................... 65

3.3

Beispiele für ein Zinsmanagement im Unternehmen............................................................................................................... 69

4

Auswirkungen der veränderten Eigenkapitalrichtlinien für Kreditinstitute (Basel II) auf die Unternehmen............................................................................................................................................. 71

4.1

Die bisherigen Regelungen der Eigenkapitalausstattung von Banken............................................................................. 71

4.2

Aufbau des Ratingverfahrens und Berücksichtigung von Risikokomponenten............................................................. 72

4.3

Veränderte Eigenkapitalausstattung von Banken und Auswirkungen von Basel II auf die Unternehmen.......... 74

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4

Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft Lösungshinweise zu den Kontrollfragen............................................................................................................................. 77 Literaturverzeichnis.................................................................................................................................................................... 82 Sachwortverzeichnis.................................................................................................................................................................. 84

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Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft

Abkürzungen AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

BAK

Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen

BRD

Bundesrepublik Deutschland

DAX

Deutscher Aktienindex

ec

electronic cash

EG

Europäische Gemeinschaft

EU

Europäische Union

EURIBOR

European Interbank Offered Rate

Euro-Bobl-Future

Future auf eine fiktive mittelfristige Schuldverschreibung des Bundes von 6 % mit einer Laufzeit von viereinhalb bis fünfeinhalb Jahren

Euro-Bund-Future

Future auf eine fiktive langfristige Schuldverschreibung des Bundes von 6 % mit einer Laufzeit von achteinhalb bis zehneinhalb Jahren

Euro-Buxl-Future

Future auf eine fiktive langfristige Bundesanleihe von 6 % mit einer Laufzeit von zwanzig bis dreißigeinhalb Jahren

EZB

Europäische Zentralbank

GATT

Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen

HGB

Handelsgesetzbuch

IAS

International Accounting Standards

KWG

Kreditwesengesetz

LIBOR

London Interbank Offered Rate

LIFFE

London International Financial Futures Exchange

OTC

Over the counter Geschäfte

PIN

Persönliche Identifikationsnummer

SFR

Schweizer Franken

SMAX

Small Dax

S&P 500

Standard & Poors 500 (Aktienindex)

US-GAAP

United States – General Accepted Accounting Principles

VAG

Versicherungsaufsichtsgesetz

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5

Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft K 2.22

Grenzen Sie Devisentermingeschäfte von Devisen-Futures ab!

K 2.23

Was versteht man unter „Finanz-Swaps“?

K 2.24

Definieren Sie „Optionen“!

K 2.25

Welche Möglichkeiten hat der Erwerber einer Option?

K 2.26

Definieren Sie „Futures“!

K 2.27

Was versteht man unter der Clearing-Stelle der EUREX?

K 2.28

Welche Pflichten haben der Käufer einer Verkaufsoption (Put) und der Verkäufer einer Kaufoption (Call)?

K 2.29

Welchen maximalen Gewinn oder Verlust können diese erzielen?

K 2.30

Welcher maximale Gewinn und Verlust kann bei Futures erzielt werden?

3

Der Einsatz von Finanzinnovationen im Unternehmen

61

Nach Studium dieses Kapitels sollen Sie •• den Einsatz von Finanzinnovationen, insbesondere von Futures und Optionen, im Unternehmen in den Grundzügen verstehen.

3.1

Studienziele

Risikomanagement und Spekulation

Das Sicherheitsmotiv, d.  h. die Absicherung bestehender Positionen vor Risiken, ist von zentraler Bedeutung für die meisten Unternehmen. Dies ist möglich durch den Einsatz derivativer Finanzprodukte als Instrumente des Hedgings. Grundsätzlich soll durch das Hedging eine Vermögensposition, z. B. ein Aktienbestand, gegen Wertverluste durch den Abschluss von Terminkontrakten abgesichert werden. Im Rahmen der Globalisierung und der weltweiten Kommunikation kann es für Unternehmen aber auch sinnvoll sein, Arbitragegewinne ohne großes Risiko zu erzielen und so das vorhandene Vermögen zu mehren. Arbitragegewinne lassen sich dadurch erzielen, dass die gleichen Termin-Produkte auf verschiedenen Börsen gehandelt werden, wobei aus den Preisdifferenzen Gewinne erzielt werden, oder dass auf dem gleichen Markt vergleichbare Produkte gehandelt werden, deren Kurse abweichen. Termingeschäfte und weitere Finanzinnovationen, wie OTC-Geschäfte (OverThe-Counter-Geschäfte), können aufgrund der ihnen innewohnenden Hebelwirkung (Leverage-Effekt) auch spekulativ eingesetzt werden, wobei das Risiko dann entsprechend hoch ist. Diese Hebelwirkung resultiert daraus, dass Terminkontrakte in der Praxis nicht erfüllt werden, sodass nur die vergleichsweise geringe Margin einzusetzen ist. Der mögliche Gewinn oder Verlust beträgt jedoch ein Vielfaches dieser Margin. Voraussetzung für einen gezielten Einsatz dieser Finanzprodukte zum Risikomanagement ist eine genaue Marktanalyse. Die Sensibilität und Volatilität HDL

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Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft der Finanzmärkte wird von einer Reihe von Faktoren beeinflusst, deren Interdependenzen schwer abzuschätzen sind. Mittels einer Fundamentalanalyse wird versucht, die politischen Einflussfaktoren (z. B. außenpolitische Ereignisse, innere Stabilität, Regierungswechsel), die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die einzelwirtschaftlichen Entwicklungen einzelner Unternehmen oder Branchen zu analysieren. Ein starker Kursverfall des US-Dollar verringert beispielsweise die Ertragschancen der exportstarken Unternehmen. Für die Beurteilung der Entwicklung auf den Terminmärkten müssen die Basisprodukte, d. h. die betreffenden Aktien und Unternehmen, beurteilt werden. Kursentwicklungen von Aktien oder Veränderungen der Zinssätze können durch die Analyse wichtiger Wirtschaftsindikatoren mit einiger Wahrscheinlichkeit prognostiziert werden. Solche Wirtschaftsindikatoren sind: –– Arbeitslosenzahl, –– Auftragseingänge der Wirtschaft, –– Bruttosozialprodukt, –– Umsätze des Einzelhandels, –– Handelsbilanz, –– industrielle Produktion. Neben der Fundamentalanalyse betreiben professionelle Anleger auch technische Analysen der verschiedenen Finanzmärkte. Bei der technischen Analyse wird nur das Marktgeschehen analysiert, d. h., es wird davon ausgegangen, dass sich der Preis für die gehandelten Produkte auf der Basis von Angebot und Nachfrage bildet. Folgende Einflussfaktoren sind bei der technischen Analyse zu beachten: –– Kursentwicklung in der Vergangenheit, –– Umsatzvolumen in der Vergangenheit, –– Anzahl der offenen Kontrakte.

3.2

Beispiele für den Einsatz von Optionen und Futures in der Finanzwirtschaft

Unternehmen setzen Futures und Optionen meist mit der Intention ein, bestehende oder erwartete Risiken zu vermeiden oder zu minimieren. Solche Risiken sind meistens Kursrisiken, wodurch sowohl entsprechende Vermögenspositionen gefährdet werden als auch eine große Unsicherheit hinsichtlich der Erträge bestimmter Geschäfte resultiert. Futures und Optionen werden häufig als Instrumente eingesetzt, um –– Vermögenspositionen, z.  B. Aktienbestände, vor einem Kursverfall zu sichern, –– bei export- und importorientierten Unternehmen Währungskursrisiken auszuschließen und zu sicheren Kalkulationen zu gelangen,

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–– das Risiko von Zinsänderungen bei der Finanzierung des Unternehmens mit Fremdmitteln zu minimieren.

3.2.1

Absicherung von Aktienbeständen gegen Kursverfall

Der Grundgedanke bei der Absicherung von Vermögensbeständen ist der, dass Kursverluste im Basisprodukt, der Aktie, durch Gewinne in dem Termingeschäft zumindest teilweise ausgeglichen werden können.

Merksatz

Weit verbreitet ist in der Praxis die Absicherung von Aktienbeständen durch Optionsgeschäfte. Hierbei spielen sowohl die Entwicklung des Aktienkurses als auch die des Optionspreises eine ausschlaggebende Rolle. Der Optionspreis lässt sich in zwei Komponenten aufspalten, den inneren Wert und den Zeitwert. Der innere Wert entspricht der Differenz zwischen dem vereinbarten Basispreis und dem Aktienkurs. Der Zeitwert ist positiv oder Null. Er spiegelt die Gewinnchancen aufgrund einer möglichen Kurssteigerung während der Restlaufzeit wider. Je näher die Option am Verfallstag liegt, desto geringer wird der Zeitwert.

Definition

Im Folgenden werden drei mögliche Beispielszenarien für die Absicherung von Aktienbeständen gegen Kursverfall beschrieben:

Beispiel: Protective Put Unternehmen A erwirbt am 11. September 50 D‑Bank-Aktien zu einem Kurs von Euro 73,00 pro Aktie. Gleichzeitig kauft es an der EUREX eine Verkaufsoption auf die D-Bank-Aktie mit einem Basispreis von 72,50 Euro. Laufzeit ist Dezember desselben Jahres. Die Optionsprämie ist 3,00 Euro. a) Die D-Bank-Aktie steigt auf 79,00 Euro, also um 6,00 Euro. Der Basispreis der Option liegt unter dem Aktienkurs, die Option ist „out of money“. Die Option wird nicht ausgeübt. Der Gewinn beträgt 6,00 Euro aus dem Kursanstieg der Aktien abzüglich 3,00 Euro gezahlte Optionsprämie, also 3,00 Euro je Aktie. b) Die D-Bank-Aktie fällt von 73,00 Euro auf 68,50 Euro, was einen Kursverlust von 4,50 Euro je Aktie bedeutet. Der Optionspreis liegt um 4,00 Euro über dem Aktienkurs, die Option ist „in the money“. Der Kursverlust auf den Aktienbestand von 4,50 Euro je Aktie wird teilweise kompensiert durch den Gewinn beim Optionspreis. Unter Berücksichtigung der gezahlten Optionsprämie von 3,00 Euro ergibt sich ein Netto-Verlust von 3,50 Euro je Aktie (Optionsgewinn 4,00 Euro – Optionsprämie 3,00 Euro – Aktienverlust 4,50 Euro). Ohne Absicherung würde der Verlust 4,50 Euro je Aktie betragen.

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Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft Beispiel: Covered Call Writing Der Grundgedanke ist, bei stagnierenden oder fallenden Aktienkursen durch den Verkauf von Kaufoptionen auf den eigenen Aktienbestand sich Abnehmer beim Verkauf der eigenen Aktien zu sichern und zwar so, dass bei Verkauf mit fallenden Aktienkursen keine Verluste entstehen. Es wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen im Juli 50 Aktien der B-AG erwirbt zum Kurs von 800,00 Euro je Aktie. Dieser Aktienbestand soll gegen einen erwarteten Kursverfall abgesichert werden. Das Unternehmen verkauft eine Kaufoption mit Laufzeit September zu einem Basispreis von 850,00 Euro, wofür das Unternehmen eine Optionsprämie von 6,00 Euro je Aktie, insgesamt also 300 Euro erhält. Da der Basispreis über dem Kurs der Aktien liegt, ist die Option „out of the money“ und hat nur einen Zeitwert. a) Der Kurs der B-AG-Aktie ändert sich nicht. Der Käufer der Option wird diese nicht ausüben, da die Aktie zum Kurs von 800,00 Euro günstiger zu erwerben ist als über die Option. Das Unternehmen erzielt einen Gewinn in Höhe der Optionsprämie von 300,00 Euro. b) Der Kurs der B-AG-Aktien steigt auf 866,00 Euro. Der Optionskäufer übt sein Recht aus, das Unternehmen liefert die Aktien aus dem eigenen Bestand zu 850,00 Euro. Das Unternehmen erzielt einen Kursgewinn von 50 · 50,00 Euro = 2.500,00 Euro + 300,00 Euro Optionsprämie = 2.800,00 Euro. c) Alternativ zu b) kann das Unternehmen auch seinen Aktienbestand behalten, um so am weiteren Kursanstieg zu partizipieren. Hierzu kauft das Unternehmen die Kaufoption zurück. Da zeitlich der Verfallstermin bald erreicht ist, hat die Option keinen Zeitwert mehr, sondern es ist der innere Wert zu zahlen, also die Differenz zwischen Aktienkurs und Basispreis. Der niedrigere Ertrag aus dem Optionsgeschäft wird durch den Kursgewinn am Aktienmarkt kompensiert, weitere Kurssteigerungen werden erwartet. d) Die Aktienkurse fallen. Die Verlustschwelle für das Unternehmen liegt bei 794,00 Euro je Aktie (Anschaffungskosten 800,00 Euro – Optionsprämie 6,00 Euro). Das Unternehmen schließt ein weiteres Sicherungsgeschäft ab, z. B. durch den Verkauf einer Kaufoption auf den Aktienbestand mit einem Basispreis von 800,00 Euro (s. a)).

Beispiel: Hedging mit Aktienindizes Wenn Unternehmen größere Aktien-Portefeuilles zu verwalten haben, wäre eine Absicherung über Optionen auf einzelne Aktien sehr kompliziert. Stattdessen wird der Aktienindex als Durchschnittswert der Kursentwicklung einer Vielzahl von Aktien zugrunde gelegt. Der Fondsmanager eines inländischen Unternehmens hat US-Aktien im Wert von 20 Mio. US-Dollar zu verwalten. Er erwartet sinkende Kurse auf dem Aktienmarkt und will sich hiergegen über den US-Index S&P-500 absichern. Der Index notiert im Januar bei 295 Punkten, ein März-Futures-Kontrakt beträgt 300. Der Kontraktwert des S&P-Futures beträgt 150.000,00 US-$. Die Anzahl der für die Absicherung zu erwerbenden Kontrakte (Hedge-Ratio) beträgt

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20 Mio. US-$ Aktienbestand : 150.000 US-$ Kontraktwert = 134 Kontrakte. Der Tickwert ist 500 US-$, die kleinste Preisschwankung 0,05 Punkte/25 US-$. Der Kurs des S&P-Index fällt bis Februar tatsächlich auf 280 Punkte, die Notierung des Futures auf 284. Durch den Verkauf von 134 S&P-Future-Kontrakten erreicht das Unternehmen eine Absicherung in folgender Höhe: Der Aktienindex fällt zwischen Januar und Februar um 5  % von 295 auf 280 Punkte. Hierdurch verringert sich der Wert des Aktienbestandes auch um 5 %, er sinkt also von 20 Mio. US-$ um 1 Mio. US-$ auf 19 Mio. US-$. Die Hedging Position wird im Februar glattgestellt, indem dem Verkauf von 134 Terminkontrakten im Januar der Kauf von 134 Terminkontrakten im Februar gegenübergestellt wird. Der Verkauf der Terminkontrakte im Januar erfolgte zu 300 Punkten, der Kauf im Februar erfolgte bei 284 Punkten. Hieraus ergibt sich ein Gewinn aus dem Termingeschäft von 300 Punkten – 284 Punkten = 16 Punkte · 500 US-$ · 134 Kontrakte = 1.072.000 US-$. Das Unternehmen hat den Kursverlust beim Aktienbestand durch die Termingeschäfte mehr als ausgeglichen.

3.2.2

Absicherung vor Währungsrisiken

Mit der Einführung des Euro zum 01. 01. 1999 hat sich das Währungsrisiko für viele Unternehmen auf Geschäfte mit Staaten reduziert, die nicht dem Euro verbunden sind. Für global tätige Unternehmen wie auch für Exporteure und Importeure spielt das Währungsmanagement eine wichtige Rolle. Das Währungsrisiko lässt sich differenzieren in ein –– Preisänderungsrisiko (Wechselkursänderungsrisiko), –– Konvertierungsrisiko, –– Transferrisiko, –– Währungseventualrisiko. Betroffen von Wechselkursschwankungen sind künftige, in inländischer Währung ausgedrückte reale Gegenwerte von Forderungen, Verbindlichkeiten, Cash-flows und Bilanzpositionen.

Merksatz

Devisen sind auf ausländische Währung lautende Forderungen. Ihr Wert wird durch den Kurs ausgedrückt. Zu unterscheiden sind der Kassa- und der Terminkurs: XX Die Festsetzung des Kassakurses erfolgt auf der Frankfurter Börse. Der amtliche Devisenkurs (Mittelkurs) wird aus dem Brief- und dem Geldkurs gebildet. (Briefkurs: Kurs, zu dem Banken Devisen verkaufen; Geldkurs: Kurs, zu dem Banken Devisen ankaufen).

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Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft XX Der Devisenterminhandel umfasst den Handel mit erst später verfügbaren Devisen, der Erfüllungszeitpunkt liegt meist ein bis zwölf Monate nach dem Abschluss. Aufgrund der unterschiedlichen Zinsniveaus in den verschiedenen Ländern weichen Kassa- und Terminkurs ab: XX Der Terminkurs liegt über dem Kassakurs (= Report): Der Zinssatz der Fremdwährung ist niedriger als der entsprechende inländische Zinssatz. XX Der Terminkurs liegt unter dem Kassakurs (= Deport): Der Zinssatz der Fremdwährung ist höher als der entsprechende inländische Zinssatz. Das Zinsgefälle, d. h. die Differenz zwischen dem inländischen und dem ausländischen Zinssatz, wird als Swap bezeichnet. Der Swap ist Grundlage für die Berechnung des Terminkurses, der für das Unternehmen die Kosten der Kurssicherung darstellt: Swapsatz =

Kassakurs der Fremdwährung × Zinsdifferenz × Tage 100 × 360

Die Kurssicherungskosten werden folgendermaßen berechnet: X=

Beispiel

Swapsatz × 360 × 100 Tage × Terminkurs

B 3.1

Beispiel für die Berechnung von Kurssicherungskosten Kassakurs für das engl. Pfund = 1,6624, Zinssatz für das engl. Pfund für drei Monate = 12,5 %, Zinssatz für Euro auf drei Monate = 9,5 %. Swapsatz =

1.6624 × 3 × 90 = 0,012468 gerundet 0,012 100 × 360

Ermittlung des Terminkurses: Kassakurs – Deport = 1,6624 − 0,012 = 1,6504 Ermittlung der Kurssicherungskosten in % unter Berücksichtigung von Zinsen: 0,012468 × 360 ×100 = 3,02 % . 90 ×1,6504 Die Kurssicherungskosten belaufen sich jährlich auf 3,02 %. Devisentermingeschäfte werden in verschiedenen Formen betrieben (Erläuterungen s. u.): –– Outright-Geschäfte, –– Devisenswapgeschäfte, –– Devisenoptionsgeschäfte, –– Devisentermingeschäfte.

Outright-Geschäft Das Outright-Geschäft ist die traditionelle Form der Währungssicherung im Export- und Importgeschäft. Die Exporteure verkaufen später fällige Devisen, die HDL

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Importeure kaufen später fällige Devisen. Hierdurch wird eine sichere Kalkulation für die Geschäfte erzielt. B 3.2

Ein Exporteur erwartet aus einer Warenlieferung in drei Monaten den Zahlungseingang von 140.000 US-$. Um das Kursrisiko zu vermeiden, verkauft er am 12. Januar die US-$ per drei Monate. Am 12. April erhält er die Devisen nicht zum Kassakurs von 1,5448, sondern zum Terminkurs von 1,526 umgerechnet.

Beispiel

Devisenswapgeschäfte Reine Devisenswapgeschäfte werden fast ausschließlich im Interbankenhandel getätigt. Hierbei werden entweder Termindevisen verkauft und gleichzeitig Devisen zum Kassakurs gekauft oder Termindevisen gekauft und Kassadevisen verkauft. B 3.3

Die Bank A kauft von einem Kunden 100.000 US-$ per Termin 1. 6. (drei Monate) zum Kurs von 1,0842 (= 108.420 Euro). Gleichzeitig tätigt Bank A ein Swap-Geschäft mit Bank B: Bank A verkauft die 100.000 US-$ per Termin 1. 6. zum Kurs von 1,0910 (= 109.100 Euro) und kauft von Bank B zum Kassakurs per 1. 3. 100.000 US-$ zu 1,0746 (= 107.460 Euro). Bank B verkauft die Devisen per 1.3. zum Kassakurs von 1,0760 an Bank C (= 107.600 Euro).

Beispiel

Die Teilnehmer an den obigen Geschäften erzielen folgende Ergebnisse: –– Kunde: Zahlungseingang am 1.6. von 108.420 Euro. Ist der Tageskurs auf 1,0552 Euro gesunken, hat er durch das Termingeschäft einen Verlust von 2.900 Euro vermieden. –– Bank A: – 108.420 Euro (Terminkauf) + 109.100 Euro (Terminverkauf) – 107.460 Euro (Kassakauf) + 107.600 Euro (Kassaverkauf) = + 820 Euro. –– Bank B: – 109.100 Euro (Terminkauf) + 107.460 Euro (Kassaverkauf) = – 1.640 Euro. –– Bank C: ihr Ergebnis hängt von der weiteren Entwicklung des US-$ sowie von ihrer Geschäftstätigkeit ab.

Devisenoptionsgeschäfte Durch Devisenoptionsgeschäfte kann beispielsweise ein Importeur bei Kauf einer Kaufoption (Call) seine später fälligen Zahlungsverpflichtungen in Fremdwährung absichern. B 3.4

Ein inländischer Importeur kauft Rohstoffe zum Preis von 1  Mio. US-$, die in drei Monaten geliefert und bezahlt werden. Der aktuelle US-$ Kassakurs beträgt 1,08 Euro. Der Importeur kauft eine drei monatige Kaufoption mit Basispreis 1,10 Euro und zahlt hierfür eine Optionsprämie von 0,03 Euro pro US-$. Seine Kurssicherungskosten

Beispiel

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Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft betragen also 30.000 Euro. Steigt der Kurs des US-$ auf 1,15 Euro, übt er seine Option aus und erhält von dem Kreditinstitut den Dollar-Betrag zum vereinbarten Basispreis von 1,10 Euro. Unter Berücksichtigung der Optionsprämie beträgt sein Gesamtpreis 1,13 Euro und ist damit günstiger als der Kassakurs. Umgekehrt kann sich ein Exporteur vor Währungsänderungsrisiken durch den Kauf einer Verkaufsoption (Put) schützen. Hierdurch werden die später zu erwartenden Erlöse aus dem Exportgeschäft gegen einen Kursverfall abgesichert.

Beispiel

B 3.5

Ein deutscher Exporteur erhält in drei Monaten einen Erlös von 1  Mio. US-$. Er kauft eine Verkaufsoption zum Basispreis von 1,12 Euro. Steigt der US-$ bis zum Verfallstag, lässt er seine Option verfallen und verkauft die dann eingegangenen US-$ zum (höheren) Kassakurs. Fällt der US-$ unter 1,12 Euro, übt er die Verkaufsoption aus und verkauft den Dollar-Betrag zum vereinbarten Basispreis. In beiden Fällen werden Optionen gekauft, sodass sich das Risiko – und die Kosten – auf die fällige Optionsprämie beschränken.

Devisentermingeschäfte Bei Geschäften mit Devisen-Futures handelt es sich um unbedingte Termingeschäfte, bei denen sich beide Vertragspartner verpflichten, zu einem bestimmten Zeitpunkt Devisen zu einem vereinbarten Kurs zu kaufen bzw. zu verkaufen.

Beispiel

B 3.6

Im Januar schließt ein deutscher Exporteur einen Kaufvertrag mit einem amerikanischen Geschäftspartner über die Lieferung von Waren im Gegenwert von 1  Mio. US-$, zahlbar im Mai desselben Jahres. Aus Kurssicherungsgründen verkauft der Exporteur im Januar Dollar/Euro-Futures zu 1,12 Euro mit Fälligkeit im Mai. Der Kurs des US-$ fällt bis Mai auf 1,10 Euro: Aus dem Exportgeschäft erhält er im Mai Devisen (Kaufpreis 1 Mio. US-$), die er am Kassamarkt verkauft. Wird aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen, dass Kassa- und Terminkurs identisch sind, erleidet er einen Verlust in Höhe von 20.000 Euro ((1,12 – 1,10) · 1 Mio.). Der Exporteur gleicht diesen Verlust jedoch durch das Devisen-Future-Geschäft aus: Er verkauft im Januar Futures zu 1,12 Euro, also im Gesamtwert von 1.120.000 Euro und kauft im Mai Futures zur Glattstellung zu 1,10 (Gesamtwert 1.100.000). Der Gewinn aus dem Devisentermingeschäft beträgt 20.000 Euro. Steigt der Kurs des US-$ bis zum Mai über 1,12 Euro, erleidet er einen Verlust aus dem Termingeschäft, der durch den Umtausch der Devisen zum Kassakurs jedoch ausgeglichen wird.

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Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft

3.3

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Beispiele für ein Zinsmanagement im Unternehmen

Mit der steigenden internationalen Ausrichtung der Unternehmenstätigkeiten erfolgt auch eine zunehmende Einbeziehung der internationalen Geld- und Kapitalmärkte. Damit einhergehend erhöht sich die Volatilität der kurz- und langfristigen Zinsen. Zinsänderungsrisiken sind von der betrieblichen Finanzwirtschaft als eine wichtige Aufgabe zu managen. Das Management des Zinsänderungsrisikos ist so zu gestalten, dass Risiken vermieden oder minimiert, Chancen jedoch genutzt werden. Die Märkte reagieren unterschiedlich stark auf Marktrisiken. Zu unterscheiden sind: XX Rendite- bzw. Zinsstrukturkurve: Sie spiegeln die beobachteten Marktzinsen für einen bestimmten Laufzeitbereich und einen bestimmten Zeitraum wider (z. B. sinkende oder steigende Zinskurven). Renditestrukturkurven für öffentliche Anleihen (z. B. Bundesanleihen und Bundesobligationen) sowie kurzfristige Zinsstrukturkurven sind für den Einsatz von Optionen und Futures entscheidend. XX Die Volatilität der Zinsen: Das Ausmaß der Veränderung und die Reaktionsgeschwindigkeit ist bei derivativen Finanzinstrumenten oft höher als bei den Basisprodukten. Dies hat erheblichen Einfluss auf den präzisen Einsatz dieser Instrumente. XX Der Zeitablauf beeinflusst den aktuellen und künftigen Wert eines Zinsinstruments. Festverzinsliche Wertpapiere notieren z. B. zum Ende ihrer Laufzeit gegen pari oder aufgelaufene Zinsen und Zinseszinsen verändern den Wert eines Zinsinstruments. An der EUREX werden eine Reihe von Zinsprodukten gehandelt (siehe oben Abschnitt 2.3.3). B 3.10

Sicherung von Kapitalanlagen:

Beispiel

Der Manager eines Rentenfonds hält 50  Mio. Euro einer Bundesanleihe mit einer Restlaufzeit von 10 Jahren. Der aktuelle Kurs ist 97,33. Die Anleihe soll in zwei Monaten veräußert werden, der Manager erwartet einen Anstieg des allgemeinen Rentenniveaus, was einen Rückgang des Kurses für die Bundesanleihe zur Folge hätte. Er sichert den Vermögensbestand durch den Verkauf eines EuroBund-Futures ab. Kontraktspezifikationen des Euro-Bund-Futures sind folgende: Basiswert ist eine fiktive Bundesanleihe mit 10-jähriger Laufzeit zu 6 % Zins; der Kontraktwert ist 100.000 Euro, die minimale Preisveränderung beträgt 0,01 % oder 10 Euro. Aus Vereinfachungsgründen wird im Beispiel die Margin vernachlässigt. Die Anzahl der Kontrakte errechnet sich wie folgt:

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Einfluss der betrieblichen Umwelt auf die Finanzwirtschaft

Hedge-Ratio = =

Nominalwert der Kassaposition = Nominalwert des Future-Kontrakts 50.000.000 = 500 100.000

Der Manager verkauft 500 BUND-Future-Kontrakte zum Kurs von 97,51. Da die Renditen für langfristige Schuldverschreibungen steigen, sinkt der Kurs der Bundesanleihe nach zwei Monaten auf 95,22, der Kurs des Euro-Bund-Futures notiert bei 95,39. Der Fondsmanager erleidet auf der Kassaposition einen Verlust von 97,33 % – 95,22 % = 2,11 % · 50.000.000 Euro = 1.055.000 Euro. Er stellt glatt durch den Kauf von 500 Euro-Bund-Futures, die einen Gewinn von 97,51 % – 95,39 % = 2,12 % · 500 Kontrakte · 100.000 Euro = 1.060.000 Euro erzielen. Netto wird ein Gewinn von 5.000 Euro erzielt. Mit Zinsfutures lassen sich folgende Hedging-Strategien realisieren: XX Eine geplante Kapitalanlage oder ein bestehender Festzinssatzkredit können durch den Verkauf von Zins-Futures mit geeigneter Laufzeit abgesichert werden. XX Bestehende Kapitalanlagen und eine geplante Kreditaufnahme erfordern den Kauf von Zins-Futures.

Kontrollfragen

HDL

K 3.1

Aus welchen Motiven werden Optionen und Futures im Unternehmen eingesetzt?

K 3.2

Was versteht man unter einer Marktanalyse?

K 3.3

Für welche Sicherungszwecke werden Futures und Optionen häufig in Unternehmen eingesetzt?

K 3.4

Welche Komponenten umfasst der Optionspreis?

K 3.5

Welche Strategie liegt einem „Covered Call Writing“ zugrunde?

K 3.6

Wie lassen sich vielschichtige Aktien-Portefeuilles gegen einen Kursverfall absichern?

K 3.7

Warum weichen im Devisenhandel Kassa- und Terminkurs gewöhnlich voneinander ab?

K 3.8

Welche Formen von Devisen-Termin-Geschäften kennen Sie?

K 3.9

Welche Optionsgeschäfte muss ein Exporteur bzw. ein Importeur tätigen, um sich vor den Risiken einer Währungsänderung abzusichern?

K 3.10

Mit welchem Instrument lässt sich ein bedeutender Rentenfonds gegen einen erwarteten Kursrückgang absichern?

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