Kreuz & Quer Ein gut bestelltes Haus In dieser Ausgabe

Interview mit Prof. Dr. Marion Großklaus-Seidel

Potenziale und Zukunftsaussichten des Fundraisings

Wettbewerb der besten sozialen Dienstleistungskonzepte

Mit einem Festakt verabschiedete die EHD ihre langjährige Präsidentin, Prof. Dr. Alexa Köhler-Offierski, und führte Prof. Dr. Marion Großklaus-Seidel in das Amt ein. Frau Köhler-Offierski ging nach Ablauf ihrer fünften Amtszeit zum Ende des Sommersemesters 2014 in den Ruhestand. „Frau Köhler-Offierski hat als Präsidentin die Evangelische Hochschule einen weiten Weg geführt,“ erinnerte Kirchenpräsident Dr. Volker Jung, „von einer Institution mit drei Fachbereichen und 700 Studierenden hin zu einer modernen Bildungs- und Forschungsstätte an zwei Standorten, mit 14 Studiengängen und 1700 Studierenden.“

beeindruckender Weise gelungen, das Amt als Präsidentin der Hochschule mit ihrem engagierten Christsein zu verbinden“, bekräftigte Bischof Hein. Diakonievorstand Dr. Wolfgang Gern zeichnete sie mit dem Goldenen Kronenkreuz aus. „Prof. Dr. Großklaus-Seidel übernimmt ein gut bestelltes Haus“, ist sich Kuratoriumsvorsitzender Prof. Dr. Ernst-Ulrich Huster sicher. „Sie hat sich auf das hohe Amt sehr gut vorbereitet. Sie ist engagiert in wissenschaftlich-ethischen Fragen der Pflege und der Palliativpflege, aber auch bei

Fünf Amtszeiten von insgesamt 20 Jahren sind „ein beeindruckender Vertrauensbeweis“. Frau Köhler-Offierski leistete einen wesentlichen Beitrag zu „Wohlstand und Erfolg des Landes Hessen“, würdigte Wissenschaftsminister Boris Rhein. „Der Name Evangelische Hochschule hat durch sie weit über die Kirche hinaus einen guten Klang bekommen“, betonte Bischof Prof. Dr. Martin Hein. Unter ihrer Leitung wurde die EHD in hervorragender Weise ihrem protestantischen Bildungsanspruch gerecht, „den von Gott angesprochenen Menschen zu befähigen, der Welt zu dienen.“ In ihrem Handeln zentral war „der Kontakt und die Beziehung zu allen Menschen, die der Hochschule verbunden sind“, unterstrich Kirchenpräsident Jung. Er dankte „für ihren unermüdlichen Einsatz, für ihre klare und zugewandte Haltung und für ihre kritische und konstruktive Solidarität mit ihrer evangelischen Kirche.“ „Es ist ihr in

Verdienter Ruhestand nach 20 Jahren Präsidentschaft: Prof. Dr. Alexa Köhler-Offierski übergibt ein gut bestelltes Haus

anderen praktisch-ethischen Fragen unserer Gesellschaft. Sie steht für eine engagierte Forschung und Lehre, zugleich für eine Fortentwicklung der Hochschule im Sinne eines qualitativen Wachstums, im Sinne innovativer Themen und Modelle.“

Magazin der Evangelischen Hochschule Darmstadt Nr. 41 April 2015

EHD Profil

Wiederwahl der Vizepräsidentin

Ruhestand

Maria Herbst, Annegret Kaiser, Präsidentin Prof. Dr. Marion Großklaus-Seidel und Kanzler Dr. Arne Lankenau

Der Alltag an der EHD war für Studierende, für die Lehrenden und die Mitarbeitenden in der Verwaltung eng mit zwei Namen verbunden: Frau Herbst und Frau Kaiser. Bibliothek und Empfang sind zentrale Orte in der Hochschule, mit denen jede/r zu tun hat, wenn es um eine erste Orientierung geht. Dort spiegelt sich christliche Organisationskultur wider – beides wurde maßgeblich von Maria Herbst und Annegret Kaiser geprägt und gelebt. Beide gingen im Wintersemester in den Ruhestand. Konventsvorsitzender Prof. Dr. Michael Vilain gratuliert Prof. Dr. Gisela Kubon-Gilke zur Wiederwahl

Die Vizepräsidentin, Prof. Dr. Gisela Kubon-Gilke (58), wurde vom Konvent einstimmig für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. „Mein besonderes Anliegen ist es“, so Kubon-Gilke, „Absolventinnen und Absolventen, die nach dem Masterabschluss eine Promotion anstreben, zu fördern. Hierfür arbeiten wir mit anderen Hochschulen zusammen, kooperieren beispielsweise mit der Hochschule Darmstadt in einer gemeinsamen Graduiertenschule. Ich werde die Umsetzung transdisziplinärer Lehre und Forschung weiter verfolgen. Der Fokus liegt dabei auf dem gesellschafts- und bildungspolitischen Auftrag der Kirche und der EHD, sozialem Ausschluss entgegenzuwirken und Teilhabe zu gestalten. Zudem werde ich an internen Strukturreformen mitwirken, die angesichts hoher Studierendenzahlen und einer gewachsenen Bedeutung der Forschung notwendig sind."

Positionen Prof. Dr. Marc Weinhardt ist als Direktor im Institut für Zukunftsfragen der Gesundheitsund Sozialwirtschaft der EHD aufgenommen und in den Vorstand der deutschen Gesellschaft für Onlineberatung gewählt worden. Prof. Dr. Michael Vilain wurde in den Stiftungsrat der Aktiven Bürgerschaft Berlin berufen. Prof. Dr. Anne-Dore Stein wurde in den Stiftungsrat der Nieder-Ramstädter Diakonie gewählt.

Personalia

Nadine Benz betreut Besucherinnen und Besucher am Zentralen Empfang. Als Bürokauffrau leitet sie die Poststelle, ist für den Geschäftsbedarf sowie Vervielfältigungen zuständig.

Dr. Norbert Stieniczka leitet die Bibliothek der EHD. Der Wirtschafts-wissenschaftler und promovierte Historiker leitete zuvor die Zentral-bibliothek der EKHN und arbeitete in einem EKD-Projekt zur Digitalisierung des Kirchenkampfschrifttums.

Martina Burow-Sperber, M.A. ist als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft tätig. Sie evaluiert die sozialraumorientierte Ausgestaltung erzieherischer Hilfen im Landkreis Aurich Süd. Prof. Dr. Stefan Heuser wurde aufdie Vertretungsprofessur für Ethik am Fachbereich Pflege- und Gesundheitswissenschaften berufen. Der Pfarrer der EKHN ist zugleich Privatdozent für das Fach Systematische Theologie an der Universität Erlangen. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in den Bereichen Pflegeethik, Sozialethik, Anthropologie sowie Wirtschafts- und Unternehmensethik.

Seite 2 – 3

Hochschulpreis für Stalkingforschung

Studienabbrüche verhindern – Spenden mit Bonus zugunsten der Studienstiftung Gerade in der Studienabschlussphase können unerwartete Notlagen die Existenzsicherung zu einem Thema werden lassen, das den ganzen Studienerfolg gefährdet. Das weiß auch Prof. Dr. Michael Vilain, Studiengangsleiter des berufsbegleitenden Masters Nonprofit Management: „Ich kenne solche Notlagen gut. Besonders Studierende ohne BAföGAnspruch, die sich über einen Nebenjob selbst finanzieren müssen, fallen bei Erkrankung oder familiären Notlagen durch jegliches soziale Netz. Ohne finanzielle Hilfe drohen Wohnungsverlust, der Ausschluss aus der Krankenversicherung und letztlich Studienabbruch.“ Die EHD unterstützt ihre Studierenden deshalb mit einer eigenen Studienstiftung, die 2015 von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau über einen Matching Fund gefördert wird. Eingeworbene Spenden werden im Verhältnis 3:1 bonifiziert, zu drei gespendeten Euro gibt die EKHN einen Euro dazu.

Dr. Dierk Molter, Vorsitzender der Evangelischen Hochschulgesellschaft (links) und Preisträger Johannes Lenk

Stalking ist nach prominenten, teilweise dramatisch endenden Verläufen, wie im Fall der Schauspielerin Rebecca Schaeffer, des Musikers John Lennon, der Tennisspielerin Steffi Graf und einiger anderer, in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Inzwischen ist klar, dass es ein weit verbreitetes gesellschaftliches Problem darstellt. Jede/r Zehnte kann von Stalking-Erfahrungen berichten. 2007 wurde in das deutsche Strafgesetzbuch der Straftatbestand der „Nachstellung“ aufgenommen. Für Stalking-Opfer gibt es ein Netzwerk professioneller Unterstützung. Im Gegensatz wurde die Beratung der Täterseite erst recht spät in den Blick genommen. Sie steht zu großen Teilen am Anfang. Welche Beratungsangebote gibt es? Wo setzt Beratung für Menschen, die stalken, an? Welche Wirkungen kann sie erzielen? Für seine Masterarbeit „Beratung für Menschen, die stalken“ erhielt Johannes Lenk den Hochschulpreis der Evangelischen Hochschulgesellschaft.

Für Michael Vilain, der unter anderem zum Thema Finanzierung und Fundraising am Institut für Zukunftsfragen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft forscht, ist es ein besonderes Anliegen, diese Aktion mit einer Initialspende zu unterstützen. „Die Studienstiftung ist eine tolle Möglichkeit, Studierenden in Not zu helfen. Dass die Spende von der Kirche noch aufgestockt wird, finde ich richtig gut“, erläutert der Betriebswirt. Er überreichte Norbert Leber, dem Beiratsvorsitzenden der Studienstiftung, einen Scheck über 3000 Euro.

Prof. Dr. Michael Vilain (rechts) überreicht Norbert Leber, dem Beiratsvorsitzenden der Studienstiftung, einen Spendenscheck. Sie freuen sich über weitere Zuwendungen.

„In der gegenwärtig extremen Niedrigzinsphase ist solches Engagement hochwillkommen“, freut sich Leber. „Damit können wir zwei bis drei Studierenden in schwierigen Situationen die Fortsetzung des Studiums ermöglichen. Sie werden als ausgebildete Sozialarbeiter, Kindheitspädagogen, Pflegeexperten oder Führungskräfte sozialer Einrichtungen die Hochschule verlassen, um in Kirche, Diakonie und Gesellschaft professionell helfend tätig zu werden. Im vergangenen Jahr konnten wir mit relativ geringen finanziellen Mitteln sieben Studentinnen und Studenten in schwierigen Situationen helfen. Auf weitere Zuwendungen sind wir dringend angewiesen.“ Konto der Studienstiftung Landesbank Hessen-Thüringen IBAN: DE 49 5005 0000 5044 360054 BIC: HELADEF

www.eh-darmstadt.de/studienstiftung

EHD Profil

„Keine Fassaden produzieren!“ Über das Spannungsverhältnis zwischen ethischer Führung und ökonomischen Notwendigkeiten in kirchlichen Organisationen diskutierten Studierende des Masters Nonprofit Management mit dem Kirchenpräsidenten der EKHN, Dr. Volker Jung, und Dr. Klaus Bartl, dem Sprecher der Geschäsführung der Mission Leben gGmbH.

„Das darf doch bei der Kirche eigentlich nicht sein.“ Diese oder ähnliche Aussagen bekommen Führungskräe kirchlicher sozialer Träger sowohl von Klienten und Angehörigen als auch von Mitarbeitenden und Bürgern seit einigen Jahren immer häufiger zu hören. Besonders kirchliche Einrichtungen im Bereich der Pflege geraten in den Blick der Öffentlichkeit und werden bei Finanz- und Personalentscheidungen kritisch betrachtet und kommentiert. Unter dem Druck der Ökonomisierung wir dies für die Anwesenden die Frage auf, nach welchen Aspekten kirchliche Einrichtungen in einem immer stärker werdenden WeŒbewerb zu privaten Anbietern überhaupt ethisch und gerecht handeln können? „Zentral ist für uns die Botscha der gnädigen Annahme aller Menschen durch GoŒ. Daraus leitet sich ab, allen Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit gerecht zu werden“, beschreibt Dr. Volker Jung den Hauptunterschied. Auf eine Ökonomie zu setzen, die sich alleine durch Wachstum definiert, kann nach seiner Auffassung nicht zielführend sein. UmstriŒen ist jedoch, ob sich die Kirche grundsätzlich mit diakonischen Unternehmen in einem Markt und WeŒbewerb einbringen sollte, „in denen sie theoretisch nur verlieren können“. Dr. Jung positioniert sich dazu mit einem klaren „Ja“. Denn kirchliche Einrichtungen sollen zeigen, dass auch unter Marktbedingungen diakonisch gehandelt werden kann und die Evangelische Kirche mit ihrem Menschenbild tatsächlich Arbeitsfelder mitgestaltet und sich den Spannungen zwischen Marktlogik und diakonischem Aurag stellt. Was aber heißt beispielsweise ethisches Handeln und Gerechtigkeit in Bezug auf finanzielle Ressourcen und Vergütung von Mitarbeitenden in der Pflege? Ein Spannungsverhältnis, das Dr. Klaus Bartl in seiner Funktion als Geschäsführer der Mission Leben gGmbH nur zu gut kennt: „Da bekommen Sie von Angehörigen die Aussage, dass die kirchliche Einrichtung eigentlich deutlich preiswerter sein und eine bessere Leistung als Private anbieten müsse. Dem gegenüber steht die Forderung der Mitarbeitenden nach einer immer höher werdenden Bezahlung und einer Entlastung an den Wochenenden.“ Hieran lässt sich erkennen, dass eine Führungskra im diakonischen Bereich vor einer Vielzahl teilweise widersprüchlicher ethischer Herausforderungen steht. Schnell wird klar, dass öffentliche Ansprüche omals stark moralisch aufgeladen sind und zuerst geprü werden müsste, ob es sich tatsächlich um ein ethisches Problem handelt. Das entscheidende sei dabei nicht, Konflikte zu vermeiden oder gar zu leugnen, sondern diese deutlich in Führung und Leitung zu thematisieren und sich gleichzeitig als Führungskra zu fragen, wie durch das eigene Verhalten Lösungen so gestaltet werden können, dass das Evangelium in Wort und Tat bezeugt werden kann. Dabei steht für viele Menschen auch die Glaubwürdigkeit der Gesamtkirche im Vordergrund. Glaubwürdig zu sein heißt für den Kirchenpräsidenten der EKHN nicht „allen vermuteten Idealen gerecht zu werden, sondern keine Fassade zu produzieren, die nach Innen hin nicht eingelöst werden kann.“ Das Aufzeigen von eigenen Defiziten ist daher ein erster wichtiger SchriŒ in Richtung ethischen Handelns. „Dabei müssen wir als Kirche herauskommen aus einer moralischen Oberlehrer-AŒitüde“, so Jung weiter. „Die Kirche ist nicht heiliger als alles andere“ und hat ihren Aurag die Gesellscha von den Schwachen her zu denken und darauf zu achten, dass niemand verloren geht. Für dieses Verständnis immer wieder in der Politik zu werben, so Jung, sei nicht ganz einfach.

Seite 4– 5

Fluchtgründe verstehen Flüchtlinge unterstützen

fotolia 24516526 -old boots©MIMOHE

In Tageszeitungen, Sachbüchern, im Fernsehen und im Netz - überall finden sich Reportagen über die schrecklichen Erfahrungen von geflüchteten Kindern und Erwachsenen und über die problematischen Unterkünfte in Deutschland wie auch in den Nachbarländern der Konfliktherde.

Mit der öffentlichen Vortragsreihe „Fluchtgründe verstehen – Flüchtlinge unterstützen“, organisiert von Prof. Dr. Cornelia Mansfeld, ermöglichte die EHD einen genaueren Einblick: Was sind Fluchtgründe, weshalb verlassen Menschen ihre Heimat? Was brauchen die schwächsten Flüchtlinge, die Kinder und Jugendlichen? Wie können die Professionellen in der Sozialen Arbeit sie hilfreich unterstützen, um die schrecklichen Erlebnisse zu überwinden, Ausgrenzung zu vermeiden, Integration zu ermöglichen? Was können Bürgerinnen und Bürger, die nicht tatenlos zusehen wollen, sinnvoll tun? Was müssen Sie wissen über ihre Möglichkeiten, Flüchtlinge zu begleiten?

Rüdiger Niemann stellte vier Schicksale von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen vor. Es wurde deutlich, mit welch lebensgefährlichen Fluchtgeschichten die jungen Frauen und Männer zu uns kommen und wie unterschiedlich ihre kulturellen Erfahrungen sind: Da ist die junge Frau, die gegen die staatliche Schulpolitik demonstrierte und deshalb im Heimatland in Lebensgefahr schwebte und der junge Mann, der als Hirte lebte, bis die Armee versuchte ihn zum Militärdienst einzuziehen, was bedeutet hätte, in einem brutalen Bürgerkrieg kämpfen zu müssen. Niemann plädierte für eine „ubiquitäre Elternschaft“: Alle Menschen sollten Sorge für die nächste Generation übernehmen.

Dipl.-Ing. Ercan Ayboga berichtete von den Lebensbedingungen in der türkisch-syrisch-irakischen Grenzregion. In dieser Region leben im Wesentlichen kurdische Menschen, die sich einerseits mit dem beeindruckenden Aufbau basisdemokratischer Strukturen in ihren vom syrischen Bürgerkrieg gebeutelten Gemeinwesen ihr Leben neu aufbauen. In den kurdischen Dörfern und Städten wird nicht nach Religion unterschieden, umso dramatischer sind die Angriffe des IS abzuwehren.

Wie man „Flüchtlinge unterstützen“ kann, darüber berichtete Hildegard Niebch. Sie begleitet bei der Diakonie Hessen Kirchengemeinden, Initiativen und Einzelpersonen, die Flüchtlinge unterstützen. Wichtig sei - so betonte sie - sich Rat zu holen, wenn man die Flüchtlinge aus anderen Kulturen begleiten möchte. Sie kennen unsere Kultur in der Regel nicht und sie haben traumatische Erfahrungen, die sich oft psychosomatisch äußern. Die rechtlichen Regelungen, die das Leben der Flüchtlinge prägen, sind schwer zu verstehen - auch für Deutsche. In der Vortragsreihe trafen Engagierte aus Initiativen zusammen mit Menschen, die in der Flüchtlingsarbeit aktiv werden wollten. Ein langer, intensiver Austausch in kleinen Gruppen schloss sich an. Für viele war ein Anfang gemacht.

EHD Zoom

Neue Akzente für Lehre und Forschung – Interview mit Prof. Dr. Marion Großklaus-Seidel Zum Wintersemester 2014/15 hat die 57-jährige Marion Großklaus-Seidel das Präsidentinnen-Amt an der Evangelischen Hochschule Darmstadt übernommen. Sie folgt auf Alexa Köhler-Offierski, die 20 Jahre an der Spitze der Hochschule stand. Obwohl ein „Kind des Ruhrpotts“ ist die neue Position für Marion GroßklausSeidel ein Heimspiel: Die Pfarrerin und Professorin für Ethik und Erwachsenenbildung lehrt und forscht bereits seit 1995 am Fachbereich Pflege und Gesundheitswissenschaften.

Man hört es Ihnen immer noch an: Sie stammen eigentlich aus dem Ruhrgebiet, fühlen Sie sich unterdessen als Darmstädterin? Ich bin ein richtiges Ruhrpott-Kind und komme ursprünglich aus Wanne-Eickel. Seit fast 20 Jahren bin ich nun in Darmstadt an der Evangelischen Hochschule. Anfangs, muss ich gestehen, habe ich das Hessische gar nicht richtig verstanden, aber andererseits werde ich auf meinen Dialekt auch immer noch angesprochen (lacht). Die Mentalitäten sind verschieden, das Ruhrgebiet war wegen seiner Bergbauhistorie schon früh sehr „multikulti“ und weltoffen. Ich bin zwölf Jahre zwischen Darmstadt und Bochum gependelt, bevor ich ganz nach Hessen gezogen bin. Die Unterschiede waren auch sonst groß. Sie wechselten als wissenschaftliche Mitarbeiterin von der Ruhr-Uni Bochum mit 40 000 Studierenden als Professorin an die Evangelische Hochschule mit damals ein paar hundert Studierenden. Wie groß war die Umstellung?

Prof. Dr. Marion Großklaus-Seidel

Fürchten Sie die großen Fußstapfen Ihrer Vorgängerin? Die Ruhr-Uni gilt immer als Moloch, doch ich war begeistert von ihr. Alle Fachbereiche waren auf einem Campus und es gab eine tolle, riesige Bibliothek. Doch an einer Massen-Universität braucht man eine andere Persönlichkeit, mehr Ellenbogen, vieles läuft sehr konkurrent ab. Das erlebe ich an dieser kleinen Hochschule ganz anders. Das Überschaubare und Persönliche ist viel angenehmer. Ich kenne meine Studierenden und Kollegen mit Namen, auf ihnen ruht ein fürsorglicher Blick. Wenn jemand länger nicht erscheint, frage ich nach. Der Gedankenaustausch im Kollegium ist ohne Konkurrenz. Eine sehr entspannte Art, zu arbeiten und zu lehren.

Nein, ich bin anders. Ich habe kein Problem mit Fußstapfen. Ich laufe in eine andere Richtung, in einer anderen Spur. Meine Amtsvorgängerin hat die Hochschule in einer guten Position hinterlassen. In 20 Jahren habe ich eigene Erfahrungen, Ideen und Eindrücke gesammelt. Es reizt mich, in Lehre und Forschung neue Akzente zu setzen. Mit meinem Team möchte ich Ideen für die Weiterentwicklung der Hochschule erarbeiten. Ich habe das Gefühl, ich werde gestützt und darf auch mal Fehler machen.

Hatten Sie im Blick, an der EHD mal Präsidentin zu werden?

Bei der hobit-Messe hat die EHD mit dem Slogan geworben: „Paradiesisch studieren“. Die Hochschule ist gut aufgestellt, alle Immobilien sind saniert, die Betreuungsrelation super. Sind das neue Akzente?

Nein, ich wusste aus meiner Bochumer Zeit, wie schwer es ist, in solche Ämter zu kommen, gerade auch als Frau. Die Evangelische Hochschule ist anders, weil der Frauenanteil im Kollegium hoch ist und die vorherige Präsidentin, Frau Köhler-Offierski, den Boden bereitet hat. Ich wurde gefragt, ob ich kandidieren will. Das habe ich mir eine Woche überlegt und dann diese einzigartige Chance ergriffen.

Wir bieten schöne Räume und Seminare mit meist nur 20 bis 30 Teilnehmern. Vorlesungen mit 120 Studierenden sind selten. Bei heute üblicherweise übervollen Hochschulen ist das sicher eine Art „Paradies“. Wir befragen unsere Studierenden regelmäßig, wie und warum sie auf uns aufmerksam wurden. Viele schätzen ein Studium oder eine Hochschule, wo sie ihre Persönlichkeit entfal-

Seite 6 – 7

ten können und nicht in festgelegten Formaten studieren müssen. Ich denke, das bieten wir als EHD: Innovative Studiengänge, ungewöhnliche, nicht traditionelle Karrierewege, Nischen und neue Möglichkeiten, für die wir das Knowhow entwickeln. Wer Spaß an Neuem hat, für den sind wir die richtige Hochschule. Ein Beispiel ist der neue Studiengang „Childhood Studies“, der zum Kindheitspädagogen ausbildet und den Fokus mehr auf das Kind richtet. Eine Perspektive können wir auch für traditionelle Ausbildungsberufe, für akademische Quereinsteiger etwa in der Kranken- und Altenpflege sein. Dort kommt man heute fast nur noch mit einem Studium in Leitungsfunktionen. Wir bieten Auswege aus beruflichen Sackgassen und haben die richtigen Studiengänge zur rechten Zeit etabliert.

Inhaltlich lag Ihr eigener Schwerpunkt in der Lehre immer auf der Ethik und Palliativ Pflege. Haben Sie jetzt noch Zeit für diese hochaktuellen Themen? Für das Sommersemester habe ich mir eine Auszeit genommen, aber danach werde ich wieder Lehrveranstaltungen geben. Dabei wollten Sie eigentlich Pfarrerin werden.

Doch einen Anstieg bei den Studierendenzahlen, begrenzte finanzielle Ressourcen und einen spürbaren Veränderungsdruck spürt auch die EHD. Sie sprechen selbst von einer Zeit des Wandels. Wie kann der aussehen? Wir sind in Verhandlungen mit dem Land wegen des 3. Hochschulpaktes und der Grundfinanzierung, aber da bin ich optimistisch. Angehen müssen wir Umstrukturierungen im eigenen Haus. Wir sind in 20 Jahren von ein paar hundert Studierenden auf fast 1800 gewachsen. Jetzt müssen wir beraten, ob der ZuschniŒ unserer Fachbereiche so noch stimmt. Die meisten Studiengänge mit knapp 1400 Studierenden gibt es im Fachbereich Sozialarbeit/Sozialpädagogik. Einen Teil davon müssen wir vielleicht in einen neu zu gründeten Fachbereich herüberziehen. Wir müssen zudem an unserer Außenwahrnehmung arbeiten, unser Profil schärfen – wir sind nicht nur Hochschule, sondern auch eine Forschungseinrichtung. Die Forschung zu unserer Studienthemen haben wir aktiv betrieben, das müssen wir mehr nach außen darstellen.

Ja, ich habe Evangelische Theologie für das Pfarramt studiert. Beide Examina habe ich abgelegt, bin auch ordiniert. Es ist reiner Zufall, dass ich nicht lange in der Gemeinde tätig war. Immer wieder eröffneten sich interessante Wege, die ich aus Neugierde gegangen bin. Während meines Vikariats bot sich die Möglichkeit, in das Sozialwissenschaliche Institut der EKD für ein Forschungsprojekt berufen zu werden. Diese Chance habe ich wahrgenommen. Und von da aus ging es zum Kirchlichen Dienst in der Polizei mit Einsatzort Polizeiführungsakademie Münster-Hiltrup. Ethik in der Polizeiarbeit, klingt spannend.

Nein, größer werden wollen wir mit Sicherheit nicht. Es geht um qualitative Veränderungen. Etwa bei der Familienfreundlichkeit der Hochschule, wenn es darum geht Arbeits- oder Studienzeiten für Eltern anzupassen oder die Betreuung von Kindern an der EHD zu verbessern.

Sehr sogar. Es ging um ähnliche Themen wie in der Pflegeethik. Es ging um Polizisten, die in der Ausübung ihres Berufes mit Macht konfrontiert werden und dem Umgang mit vulnerablen, also verwundbaren Menschen. Wie gehe ich damit um, wenn ich als Polizist jemanden verfolge, festnehme oder die Möglichkeit habe, ihn oder sie in der Freiheit einzuschränken, was ist da angemessen, wo überschreite ich Grenzen? Es geht darum, das Bewusstsein für diese ethischen Fragen zu schaffen. Das sind Bereiche, die jemand auch in der Sozialen Arbeit oder in der Pflege erlebt. Ich habe Polizisten kennengelernt, die viel mit Tod, Gewalt und existenziellen Erlebnissen konfrontiert waren und die sehr religiöse Fragen gestellt haben, die ich so noch nicht gehört haŒe. Ich habe dort selbst viel gelernt.

Welche Projekte verfolgen Sie noch?

Hat das Ihre weitere Arbeit beeinflusst?

Mehr fördern möchten wir künig unsere wissenschalichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen: Vereinbart ist eine Kooperation mit der Hochschule Darmstadt für eine Graduierten Schule. Wer promovieren möchte, soll von uns eine gezielte Betreuung und Begleitung erfahren. Wichtig ist mir auch die Gestaltung des Außengeländes der EHD. Die Werte und Normen unserer Lehre sollen sich dort widerspiegeln. Möglich wäre die Umgestaltung zentraler Räume oder auch des Platzes vor der Hochschule. Der könnte grüner oder mit mehr Sitzmöglichkeiten ausgestaŒet werden. Unser Campus soll offen und für jeden zugänglich wirken.

Ja, das war ein Impuls. Ich habe in der Pflege Veranstaltungen zu Tod und Sterben angeboten und immer wieder auch Treffen der verschiedenen Professionen organisiert. So kommen wir jedes Jahr auf dem Waldfriedhof mit Mitarbeitern des Friedhofs, des Krematoriums zusammen, denn auch sie machen Erfahrungen mit Tod und Sterben, die von der Situation von Pflegern und Polizisten nicht so weit entfernt sind. Die Berufe grenzen aneinander an und ein Austausch kann sehr spannend und gewinnbringend für den Einzelnen sein.

Wandel bedeutet also nicht weiteres Wachstum?

Das Interview führte Astrid Ludwig

EHD Outside

WeŒbewerb der besten sozialen Dienstleistungskonzepte Die Entwicklung neuer Geschäsmodelle für soziale Unternehmen war das Ziel des Labors für Diakonisches Unternehmertum, einem Kooperationsprojekt von Mission Leben und EHD. In zehn Workshops entwickelten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Lösungsideen für gesellschaliche Bedarfe durch eine Neukombination von vorhandenen Ressourcen zu tragfähigen Konzepten weiter. Die besten drei Geschäsmodelle:

Ene Mene Mit „Ene Mene“ haben die erstplatzierten Hannah Sander und Axel Rothstein ein mehrschichtiges Konzept vorgelegt, dass auf die speziellen Bedürfnisse von alleinerziehenden MüŒern abgestimmt ist und ihnen dabei helfen soll sich beruflich und privat weiterzuentwickeln. Dies möchten die beiden Ideengeber durch individuelle, flexible und arbeitsplatznahe Formen der Kinderbetreuung erreichen. Dabei zielen sie insbesondere auf Berufsfelder mit unkonventionellen Arbeitszeiten (sozial-pflegerische Berufe etc.) ab. Im Kern geht es darum auch die Arbeitgeber einzubinden, die aufgrund des stetig steigenden Pflegebedarfs und dem daraus resultierenden steigenden Bedarf an Pflegefachkräen ebenfalls an alternativen Lösungen interessiert sind. Die Betriebe sind hier als Kunden von „Ene Mene“ zu verstehen, die so zu aŒraktiveren Arbeitgebern für Alleinerziehende Fachkräe werden, oder überhaupt für diese in Frage kommen.

Hunde(T)raum Petra Heinz und Tanja Scherer sind dagegen auf den Hund gekommen. Sie wollen Ausgrenzung überwinden und Beziehungen stien. Die Idee zu Hunde(T)raum entstand aus der Berufspraxis und der gemeinsamen Begeisterung für Hunde. Wohnungslose Menschen und Menschen mit Wohnung, sollen sich dadurch auf Augenhöhe begegnen. Die Rolle der VermiŒler zwischen beiden Gruppen sollen Hunde übernehmen. Ziel ist eine möglichst flexible Hundebetreuung, die vor allen Dingen durch die Mitwirkung von Wohnungslosen ermöglicht wird. Die Tierhalter müssen sich um die Versorgung ihrer Tiere keine Sorgen mehr machen, während dabei Wohnungslose nicht nur beschäigt werden, sondern auch im Umgang mit Hunden professionell ausgebildet werden.

Mission Leben - Inklusiv Bianca Girschik und Henning Krey haben sich in ihrem Projekt der Inklusion von Menschen mit (geistigen oder Lern-) Behinderungen gewidmet. In Anlehnung an ähnliche Modelle möchten sie genau diese Menschen durch geeignete Schulungsmaßnahmen auf den Einsatz in der Altenarbeit vorbereiten. Die erforderlichen Maßnahmen setzen dabei direkt nach dem Ende der Schulzeit an. Die Ausbildung selbst wird in enger Kooperation mit Mission Leben angeboten. Sie finanziert sich aus den gesetzlichen Ansprüchen der Zielgruppe. Durch den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung erhalten die Teilnehmer die Befähigung in der Altenpflege tätig zu sein. „Mission Leben – Inklusiv“ möchte so einen Beitrag zur Inklusion von Menschen mit Behinderung leisten, gleichzeitig aber auch pflegebedürigen Menschen eine bessere Versorgung ermöglichen und dadurch ihre Lebensqualität steigern.

Seite 8 – 9

Potenziale und Zukunftsaussichten des Fundraisings Fundraising ist längst ein fester Bestandteil im Management sozialer und kirchlicher Organisationen geworden. Im Arbeitsalltag hat sich neben einigen positiven Anwendungsbeispielen auch ein erhebliches Maß an Ernüchterung eingestellt. Der Anteil der Spenden an der Gesamtfinanzierung der meisten Organisationen hat sich seit 20 Jahren kaum nennenswert verändert, die Spenderquote für die Bundesrepublik hat sich seit 2005 – trotz wachsender Zahl professioneller Spendensammler – sogar dramatisch verringert (2005: 50,9%, 2013: 34,3%, Quelle: Deutscher Spendenrat). „Geld ist nicht alles….“, erläutert Kai Fischer, einer der Pioniere des Fundraisings in Deutschland, auf der Fachtagung „Social Talk“ der Evangelischen Hochschule und der Evangelischen Kirchen in Hessen und Nassau sowie Kurhessen Waldeck. Zu sehr würden die Organisationen das Fundraising auf die Einwerbung von Spenden reduzieren und zu wenig erkennen, dass es eigentlich um soziale Beziehungsarbeit ginge. Diese erzeugt aber erst einen Mehrwert für alle Beteiligten. So würde das Fundraising nicht über die reine Vermittlung von PraxisMethoden hinauskommen. „Die kritischen Stimmen zur gängigen Fundraising-Praxis werden lauter“, weiß auch Professor Dr. Michael Vilain, Direktor des Instituts für Zukunftsfragen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft der EHD und fordert ein Umdenken. Dieses sei ohnehin erforderlich, weil die gesellschaftliche Realität die alten Finanzierungsformen in Frage stellten. Komplexe Problemlagen wie Demographischer Wandel, Migration oder Terrorismus erfordern neue Kooperationsmodelle zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Daraus ergeben sich neue, komplexe Arbeitsfelder mit vielen Teilnehmern, die auch anders als bisher zu finanzieren sind. Auch führe die Vernetzung aller Lebensbereiche zu neuen Anforderungen beispielsweise im Bereich des Crowdsourcing, der Beschaffung von Mitteln über das Internet.

Fundraising-Pionier Kai Fischer beim Social Talk

Der nächste Social Talk findet am 2. Dezember 2015 sta.

Aber auch die Gewinnung von sozialen Investoren stellt neue Anforderungen an Vereine und Verbände, weiß Dr. Andreas M. Rickert, Vorstandsvorsitzender der PHINEO gAG. Sozialinvestoren wissen immer gerne, was mit ihrem Geld bewegt wird. Daher müssten sich die Organisationen stärker mit ihren Wirkungen beschäftigen und diese beschreiben lernen. Dies hilft nicht zuletzt auch beim Verständnis der eigenen Arbeit. Dass die Arbeitsweise einer Organisation durch die gewählte Finanzierung beeinflusst wird, das zeigen Klara Kletzka und Manuela Kisker am Beispiel des gemeinnützigen DialogMuseums Frankfurt. Die Beantragung und Verwaltung von Finanzmitteln bei Stiftungen und Behörden stellt hohe Anforderungen an das Management von Vereinen und Verbänden. Nicht jeder schafft das. In der Diskussion mit den Teilnehmern zeigten sich deutlich die Chancen und Risiken dieser Finanzierungsform. Beim „Social Talk“ beleuchteten insgesamt zehn Referenten aus Wissenschaft und Praxis Herausforderungen der Finanzierung und des Fundraising aus verschiedenen Perspektiven, diskutierten mit den mehr als 100 Teilnehmern angeregt innovative und praktikable Lösungsansätze. Keine leichte Aufgabe, ein einfaches Fazit daraus zu ziehen. Dieser Aufgabe stellte sich das Ampere Theater aus Frankfurt zum Ende der Tagung mit improvisierten Spielsequenzen. Die künstlerische Botschaft: Fundraising ist immer nur ein Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck. Im Mittelpunkt steht das Wohl der Menschen.

EHD Outside

Stadtteilentwicklung in der Waldkolonie

Unwort „Inkludierbarkeit“

Die Evangelische Hochschule liegt im Darmstädter Stadtteil Waldkolonie. Für dessen Entwicklung engagiert sich Prof. Dr. Gabriele Kleiner in dem Projekt „Leben und alt werden in der Waldkolonie“ gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie lokalen Einrichtungen, die schon viele Jahre in einer bewährten Stadtviertelrunde zusammenarbeiten. Die Waldkolonie in Darmstadts Westen weist einen sehr hohen Anteil von Kindern auf. Die 0 bis 18-Jährigen machen 19 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner aus, der Darmstädter Durchschnitt liegt bei 15,7 Prozent. Der Anteil der Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren liegt mit 16 Prozent leicht unter dem städtischen Durchschnitt von 17,6 Prozent. Die Einwohnerzahl ist durch die Entwicklung des Europaviertels auf der Westseite des Hauptbahnhofes in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen. Neben dem bereits entstandenen neuen Wohngebiet werden aktuell weitere Bauprojekte seitens privater Bauträger realisiert. Der Darmstädter Sozialatlas bewertet die Waldkolonie aufgrund des hohen Anteils von Leistungsbeziehern nach SGB III als belasteten Stadtteil, in dem die Gefahr einer Problemkumulation eine große Herausforderung darstellt. „Die Teilhabe der älteren Generation hängt ebenso wie die Zukunft der jungen Generation von einem solidarischen Miteinander ab“, betont Prof. Dr. Gabriele Kleiner. „Dabei muss im Rahmen einer stadtteilorientierten Planung nicht nur die Kompetenz, die Erfahrung und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger - jung wie alt - einbezogen werden, sondern es geht auch um die Entwicklung der Infrastruktur im Stadtteil. Die Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt spielt eine ebenso bedeutende Rolle wie das Vorhandensein von Geschäften, guten Verkehrsanbindungen und sozialen Dienstleistungen. Wir haben das Ziel, neben einem „alter(n)sgerechten Stadtteil“ einen Stadtteil zu entwickeln, in dem alle Bevölkerungsgruppen teilhaben und sich einbringen können. “ Für 2015 sind mehrere generationenübergreifende Workshops geplant, bei denen gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern, Einrichtungen und Vereinen ein Konzept für die Entwicklung des Stadtteils entworfen werden soll.

Inklusion wird in Diskursen zunehmend negativ konnotiert. Die Herausforderungen bezüglich der Realisierung von Inklusion werden wieder als Problem der Betroffenen / Ausgegrenzten / vor allem behinderten Menschen dargestellt. Die Mängel der in der Behindertenrechtskonvention geforderten „angemessenen Vorkehrungen“, also der notwendigen, aber eben häufig fehlenden oder unzureichenden Ressourcen geraten aus dem Blick. Stattdessen geht das Unwort der „Inkludierbarkeit“ einzelner Menschen oder auch Gruppen von Menschen um, wird im Diskurs zunehmend zum Maßstab der Bewertung genommen, ob Inklusion realisierbar sei. Die Tagung „Inklusion – ein radikaler Aufbruch“ der EHD in Kooperation mit dem Verein „Politik gegen Aussonderung“ richtete den Fokus darauf, dass es stattdessen um die Herstellung angemessener sozial-gesellschaftlicher Strukturen gehen muss, die in der Folge Inklusion ermöglichen. Von den ReferentInnen wurde aus verschiedenen Perspektiven herausgearbeitet, dass dies einhergeht mit radikalen, d.h. an der Wurzel ansetzenden Veränderungen. Einerseits wurde der derzeitige Diskurs um die „Inkludierbarkeit“ auf seine Hintergründe hin analysiert, andererseits wurden notwendige, menschenrechtlich begründete Veränderungen und mögliche (sozial-) politische, sozialrechtliche und administrative Ansatzpunkte von Veränderungsprozessen aufgezeigt.

Die Tagungsdokumentation findet sich unter www.politik-gegen-aussonderung.net

Seite 10 – 11

Gefragt Prof. Dr. Anne-Dore Stein leitete eine Arbeitsgruppe „Basisqualifikation Inklusion“ auf Einladung einer gemeinsamen Fachtagung der Hochschulrektorenkonferenz und der Kultusministerkonferenz. In der Stiskirche Darmstadt hielt sie unter dem Stichwort Inklusion eine Themenpredigt.

Prof. Dr. Birgit Bender-Junker war Mitorganisatorin der Tagung „Rekonstruktive Wissensbildung. Historische und gegenwärtige Perspektiven einer gegenstandsbezogenen Theorie Sozialer Arbeit“ an der Katholischen Hochschule Münster.

Über „Peerberatung im Internet“ sprach Prof. Dr. Marc Weinhardt sprach im Rahmen der Tagung „Fachforum Onlineberatung" der Ohm-Hochschule Nürnberg.

Jugendhilfe und Intersektionalität Eine zentrale Aufgabe der Sozialen Arbeit und insbesondere der Jugendhilfe ist, Benachteiligungen abbauen zu helfen und sozialen Ausschlussprozessen entgegenzuwirken. Jugendhilfe möchte dabei Anschlussmöglichkeiten und Handlungsfähigkeiten für die Jugendlichen und ihre Familien eröffnen. Armutslagen, Geschlechterverhältnisse, Migrationsverhältnisse oder strukturelle Barrieren aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen sind häufig komplex miteinander verwoben, überlagern, überlappen und beeinflussen sich teilweise gegenseitig. Dabei ist nicht immer klar erkennbar, welche Ausschlussdimensionen in den Lebensweiten von Jugendlichen als dominierend wahrgenommen werden. Diese Prozesse werden derzeit unter dem Begriff der lntersektionalität diskutiert. Die Fachtagung „Jugendhilfe und lntersektionalität“ am Studienstandort Hephata nahm Überlagerungen unterschiedlicher Diskriminierungserfahrungen auf unterschiedlichen Ebenen (Struktur, Diskurs und Interaktion) in den Blick und entwickelte Anschlussmöglichkeiten für das Feld der Jugendhilfe.

Auf Einladung des Bundespräsidenten stand Prof. Dr. Michael Vilain im „Zelt der Begegnung“ der Bertelsmann Stiung im Rahmen des Bürgerfestes im Schloss Bellevue interessierten Bürgern zu Fragen des bürgerschalichen Engagements Rede und Antwort.

Tobias Meyer sprach bei den Barmherzigen Brüdern Trier gGmbH zu Ansätzen des Freiwilligenmanagements in der Alternhilfe.

Sebastian Wegner stellte gemeinsam mit Prof. Dr. Petra Hiller (FH Nordhausen) auf dem 37. Kongress der Deutschen Gesellscha für Soziologie in Trier die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Interaktive Dienstleistungsarbeit“ vor.

„Führung und Steuerung unter komplexen Bedingungen“ war das Thema von Prof. Dr. Andreas Schröer in der Führungsakademie für Kirche und Diakonie.

Leonie Hammerla und Alexandra Roth referierten zum Praxisstudium im Ausland im Rahmen der Erasmus+ Regionaltagung Süd des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Freiburg.

Prof. Dr. Elke Schimpf, Dr. Nicole von Langsdorff, Prof. Dr. Johannes Stehr, Markus Emanuel und Erica Augello von Zadow gestalteten auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellscha für Soziale Arbeit einen Panel zum kritischen Potential einer Konfliktorientierung in Praxis- und Forschungszusammenhängen der Sozialen Arbeit.

EHD Pinnwand

Seite 20

Termine

50. Studienjubiläum

15.04.2015

Semestereröffnungsgottesdienst, Darmstadt: 10 Uhr

16.04.2015

Semestereröffnungsgottesdienst, Hephata: 12:30 Uhr

28.04.2015

Tag der offenen Hochschule, 11 – 16 Uhr, Darmstadt Absolventinnen und Absolventen des Seminars für soziale Berufsarbeit, einer Vorgänger-Einrichtung der Evangelischen Hochschule, trafen sich im Wintersemester zu ihrem 50-jährigen Studienjubiläum an der EHD. Nach wie vor für sie spannend: Fragen der Lehrpläne, des Theorie-Praxis-Verhältnisses und der Berufseinmündung.

12.05.2015

Hochschultag: "PEGIDA" Gesellschaftliche Radikalisierungstendenzen als Herausforderung an soziale Handlungsfelder, Darmstadt

Zeile für Zeile Marion Großklaus-Seidel / Margret Flieder / Karen Widemann, Ambulante und stationäre Palliativpflege, Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2014, 184 Seiten, 24,99 Euro, ISBN: 978-3170223974 Willehad Lanwer (Hg.), Bildung für alle. Beiträge zu einem gesellschaftlichen Schlüsselproblem, Psychosozial-Verlag, Gießen 2014, 305 Seiten, 29,90 Euro, ISBN: 978-3837923766

Nicole von Langsdorff (Hg.), Jugendhilfe und Intersektionalität, Budrich-Verlag Ltd. Opladen, Berlin Toronto 2014, 253 Seiten, 29,90 Euro, ISBN: 978-3863880477 Michael Vilain / Tobias Meyer, Freiwilligenmanagement in Jugendorganisationen, erschienen in der Reihe: Ausgezeichnet! Band 3 der Bertelsmann Stiftung (Hg.), Gütersloh 2014. Petra Bauer / Marc Weinhardt (Hg.), Perspektiven sozialpädagogischer Beratung. Empirische Befunde und aktuelle Entwicklungen", Beltz, Weinheim 2014, 334 Seiten, 29,95 Euro, ISBN: 978-3779912996

Impressum Kreuz&Quer - Magazin der Evangelischen Hochschule Darmstadt Herausgeberin: Die Präsidentin, Zweifalltorweg 12, 64293 Darmstadt, Telefon 06151-87980, Fax 06151-879858 Redaktion: Marion Großklaus-Seidel, Tobias Ehrig Mit Beiträgen von: Tobias Ehrig, Gabriele Kleiner, Astrid Ludwig, Nicole von Langsdorff, Cornelia Mansfeld, Tobias Meyer, Andreas Schröer, Anne-Dore Stein, Michael Vilain Mit Fotos von: Tobias Ehrig, Mission Leben Archiv, fotolia, Claudia Lorenz-Blumöhr Gestaltung: Claudia Lorenz-Blumöhr, Griesheim

15.05.2014

Fachtagung im Rahmen des Darmstädter Festivals "Alles inklusive?!"

09.06.2015

Bücherbasar der Studienstiftung

13.06.2015

Fachtagung der Luria-Gesellschaft, Darmstadt

24.06.2015

Praxisbörse, 10:30 - 12:30 Uhr, Hephata

26.06.2015

Kabarett mit Clajo Herrmann, Nacht der Kirchen, Darmstadt

30.06.2015

Praxisbörse, 10:30 - 12:30 Uhr, Darmstadt

09.07.2015

Semesterabschlussgottesdienst, 12:30 Uhr, Hephata

25.09.2015

Abschlussfeier, 17 Uhr, Darmstadt

Druck: Plag Druck GmbH, Schwalmstadt [email protected], www.eh-darmstadt.de

30.09.-02.10.2015

Bundeskongress Soziale Arbeit, Darmstadt