DOKUMENTATION Die Restaurierung des Taufregisters Wallonisch Ref. Gemeinde Aus dem Archiv der Evangelischen Kirche Magdeburg

DOKUMENTATION Die Restaurierung des Taufregisters 1863-1907 Wallonisch Ref. Gemeinde Aus dem Archiv der Evangelischen Kirche Magdeburg Brandschaden R...
Author: Ernst Dittmar
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DOKUMENTATION Die Restaurierung des Taufregisters 1863-1907 Wallonisch Ref. Gemeinde Aus dem Archiv der Evangelischen Kirche Magdeburg Brandschaden

Restaurierungszeitraum: Jan. - Mai 2007 Fotodokumentation: Anja Grubitzsch Text und Bearbeitung: Angelika Starke, Diplomrestaurator Sitz des Unternehmens: 04103 Leipzig Kreuzstr. 12

Zustandsbeschreibung Das vorliegende Taufregister befand sich in der Bombennacht des 16. Januar 1945 in Magdeburg vermutlich im Tresor des brennenden Pfarrhauses. Extreme Hitze „verkohlte“ den unteren Teil des Buchblocks, ohne die Lage der Blätter zu verändern, offene Flammen hätten die völlige Zerstörung verursacht.

Der Substanzabbau des Papiers ließ eine Benutzung nicht zu, selbst das Aufschlagen des Buchblocks war nicht möglich, da sich die Blätter im unteren Teil miteinander verblockt hatten.

An den verkohlten Buchdeckeln befanden sich Lederfragmente, die auf einen Einband aus Rindsleder hindeuten.

Die einzelnen Lagen waren auf vier breite Bänder geheftet worden. Die starke Verbräunung des Papiers schränkt die Erkennbarkeit der Schrift zunehmend ein. Dennoch sind im Gegenlicht die Spuren der Tinten zu sehen.

Die Vereinzelung der Blätter war mit herkömmlicher Handhabung nicht möglich. Die Versprödung des Papiers und die starke Wölbung des unteren Bereichs mit Verblockung verhinderten die Abnahme der einzelnen Blätter. Die verkohlten Partien reagierten mit Zerfall auf kleinste Berührungen.

Die Restaurierung des Taufregisters im manuellen Spaltverfahren Die Entscheidung, die Blätter des Taufregisters zu spalten, war die einzige Alternative angesichts eines so komplexen Schadens. Schwerste Schäden an Schriftträgern und Schreibstoffen können mit der Papierspalttechnologie in hervorragender Qualität auf physikalischer, chemischer und vor allem ästhetischer Ebene bearbeitet werden. Die Stabilisierung stark geschädigter Originale erfolgt nach der mittigen Trennung der Blätter von innen, nachdem sie zwischen Trägerpapiere eingebettet und damit auseinander gespaltet werden. Zudem war die Abnahme der Blätter vom Buchblock nur mithilfe eines beschichteten Trägerpapiers möglich, eine Vorbehandlung schloss sich aus.

Die Trägerpapiere wurden auf einer Anleimmaschine mit Gelatine beschichtet. Dieser Gelatinekleber besteht aus reinster Speisegelatine und muss heiß verarbeitet werden. Nach dem maschinellen Beschichten der Trägerpapiere bildet sich in wenigen Sekunden ein Film, der verhindert, dass die Gelatine zu tief in das Original eindringt oder sich an Fehlstellen miteinander verbindet.

Das am Trägerpapier anhaftende Einzelblatt ließ sich nur so vom Buchblock abnehmen.

Das einseitig beschichtete Original zeigt im unteren Bereich Fehlstellen. Die Höhe des Trägermaterials dient der Orientierung bei der einheitlichen Fehlstellenergänzung.

Um das ungleichmäßige Abbinden des Leimes zu verhindern, war das zügige Aufbringen des zweiten Trägerpapiers erforderlich.

Nach dem Einpressen zwischen speziellen Pressmaterialien ließen sich die Blätter problemlos auseinander spalten, wobei sich die aufeinander liegenden Gelatineschichten an den Fehlstellen sehr gut voneinander lösten. Dieses kleine Detail ist ein äußerst wichtiger Punkt bei der Anwendung der Spaltmethode an fragilen Objekten.

Beim Spaltvorgang muss man die Einhaltung des gleichmäßigen Zuges in 90° zum noch geschlossenen Blatt beachten. Das Gelenk hält die gespalteten Originalhälften zusammen, um die Passgenauigkeit beim Zusammenfügen nach dem Einkleben des Kernpapiers zu gewährleisten.

Fehlstellenergänzung und Stabilisierung Nachdem alle Blätter gespaltet waren, erfolgte die Ergänzung der Fehlstellen mit reinen Zellulosefasern, die zuvor auf einem Anfasergerät zu verschieden starken Blättern gegossen wurden. Das Kernpapier zur Stabilisierung ist ein hauchdünnes Japanpapier mit 6 g/qm ohne Füllstoffe oder sonstige Zusätze. Die Tönung beider Papiere wurde dem Original angepasst. Der Kernklebstoff besteht aus Methylzellulose, mit Karbonaten als Puffersubstanz angereichert. Auch diese Verklebung ist reversibel wie in der Restaurierung erforderlich, braucht aber Zeit zur Lösung. Das Ablösen der Trägerpapiere Nach dem vollständigen Trocknen der geschlossenen Spalteinheiten, wurden sie zum Ablösen der Trägerpapiere in einem Enzymbad getränkt und zwischen feuchten Filzen gelagert. Reine Gelatine besteht aus Eiweißen, die verwendete Protease baut diese vollständig ab, ohne Einwirkung auf Zellulose oder den Kernklebstoff. Der Ablösevorgang bringt einen entscheidenden Vorzug mit sich. Die anschließenden heißen Wasserbäder immobilisieren die Enzyme und spülen die Schadstoffe und Verunreinigungen aus. Die Trägerpapiere ließen sich problemlos entfernen. Die Trocknung der Blätter durch mehrmaliges Umschichten in trockene Filterfliese war wichtig, um Spannungsverhältnisse zwischen Original und Ergänzung zu verhindern. Nach der Trocknung und Sortierung der Blätter wurden mit dem im Falz überstehenden Material Lagen gebildet.