Diplomarbeit. Lianne Fravi. Angewandte Psychologie. Vertiefungsrichtung Berufs- und Laufbahnberatung

Angewandte Psychologie www.psychologie.zhaw.ch Diplomarbeit Im Beruf und im Leben ein Paar Ressourcen und Herausforderungen im privaten und beruflic...
Author: Jens Siegel
5 downloads 6 Views 5MB Size
Angewandte Psychologie

www.psychologie.zhaw.ch

Diplomarbeit Im Beruf und im Leben ein Paar Ressourcen und Herausforderungen im privaten und beruflichen Beziehungsalltag eine explorative Studie aus Sicht der ›Hotelfrau‹ Lianne Fravi Vertiefungsrichtung Berufs- und Laufbahnberatung

Referentin: Anna Sieber-Ratti, lic. phil., Fachpsychologin FSP Co-Referentin: Dr. phil. Agnes von Wyl, Fachpsychologin FSP

Hedingen, April 2010

Zürcher Fachhochschule

Diese Arbeit wurde im Rahmen der Ausbildung zur dipl. Psychologin FH bzw. zum dipl. Psychologen FH an der ZHAW Departement Angewandte Psychologie verfasst. Eine Publikation bedarf der vorgängigen schriftlichen Bewilligung durch die ZHAW Departement Angewandte Psychologie. ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Departement Angewandte Psychologie, Minervastrasse 30, Postfach, 8032 Zürich.

VORWORT Nach Abschluss der Matura lernte ich im Rahmen eines dreimonatigen Sommerjobs die abwechslungsreiche, spannende und herausfordernde Welt der Schweizer Hotellerie kennen. Einige hundert Kilometer fernab vom Zuhause in den Niederlanden verliebte ich mich nicht nur in (m)einem Mann, sondern auch in die Tätigkeit der Gastgeberin. Vom ersten Moment an begeisterte mich die Hotellerie schulisch, beruflich und persönlich. Mittlerweile sind fünfundzwanzig Jahre vergangen und die Begeisterung für diese Branche ist immer noch da. Heute erlebe ich die Faszination innerhalb und rund um diese Hotelwelt bei meiner Aufgabe als Unternehmens- und Laufbahnberaterin. Ich begegne Männern und Frauen, die in der Hotellerie und in der Gastronomie arbeiten und für ›ihr Hotel‹, für ›ihr Restaurant‹ arbeiten, leben und die wirklich bereit sind, alles zu geben. Die besondere Rolle und das vielseitige Aufgabengebiet der ›Hotelfrau‹ interessieren mich dabei immer wieder von Neuem. Wer ist ihr nicht schon als Gast im Hotel oder im Landgasthof begegnet? Der ›Hotelfrau‹ als dienstleistungsorientierter Managerin, die mit einem strahlenden Lächeln scheinbar mühelos und spielerisch Beruf, Partnerschaft und Familie unter einen Hut bringt. Doch wie sieht es hinter dieser Fassade aus? Wie geht es der ›Hotelfrau‹ in dieser Rolle? Wie erlebt und gestaltet die ›Hotelfrau‹ die Beziehung zu ihrem Mann? Und welche Ressourcen und Konflikte entstehen durch das gemeinsame berufliche und private Leben? Gibt es in der Partnerschaft Wünsche oder Sehnsüchte, die auf der Strecke bleiben müssen, weil zum Beispiel die Zeit dafür nicht ausreicht? Gibt es in der Partnerschaft Kompromisse, die eingegangen werden müssen, und welche Rolle nimmt die Frau dabei ein? Und was würde passieren, wenn die Frau dem Betrieb den Rücken zukehren oder wenn der Partner krank würde und nicht mehr arbeiten könnte? Gibt es Patentrezepte für den Erfolg einer solchen Beziehung? Diese Fragen und meine persönlichen Erfahrungen in und mit dieser Dienstleistungsbranche haben mich zum Thema der vorliegenden Diplomarbeit gebracht. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die an der Entstehung dieser Diplomarbeit im Rahmen meines fünfjährigen berufsbegleitenden Psychologiestudiums beteiligt waren. Denn eine solche Arbeit ist nicht das Werk einer einzelnen Person, sondern kann nur mit der Unterstützung durch andere gelingen. Ein besonderes Dankeschön geht an die ›Hotelfrauen‹, welche mir im Rahmen der Interviews in vollem Vertrauen und offenherzig einen Einblick in ihr berufliches und privates Leben gegeben haben. Die Begegnung mit ihren Lebenswelten war für mich wissenschaftlich und persönlich eine sehr bereichernde Erfahrung. Diese ›Hotelfrauen‹ repräsentieren jene berufsorientierten Frauen, die Tag für Tag Höchstleistungen vollbringen, indem sie Familie, Beruf, Partnerschaft und vieles mehr organisieren.

Ich danke meinen beiden Referentinnen Frau Anna Sieber-Ratti und Frau Dr. Agnes von Wyl ganz herzlich für die fachlich kompetente und engagierte Begleitung während den letzten Monaten. Zahlreiche Verwandte, Bekannte und Geschäftspartner haben mich bei der Probandinnensuche aktiv unterstützt. Vielen lieben Dank dafür! Meiner Freundin Sabine Blass danke ich für ihre Unterstützung bei der Transkription der Interviews. Ohne ihre spontane Hilfe hätte ich die empirische Untersuchung nicht von den obligaten 5 bis 6 auf 15 ›Hotelfrauen‹ ausdehnen können. Und bei Herrn Stephan Daehler bedanke ich mich herzlich für seine zuverlässige Korrekturarbeit am Manuskript. Und auch meine langjährigen Freunde, die beiden Gastronomen Rita und Domenico Miggiano vom Landgasthof Löwen in Bubikon, haben einen Beitrag geleistet, indem sie mir spontan ihr Familienfoto für die Illustration der vorliegenden Arbeit zur Verfügung gestellt haben. Bei Silvia Auckenthaler vom Hotel Kronenhof in Schaffhausen bedanke ich mich dafür, dass sie sich Zeit und Raum für das Probeinterview genommen hat. Zuletzt möchte ich einige Zeilen meinem Mann Gion J. Fravi widmen. Auch wir sind seit mehr als zwanzig Jahren im Leben und im Beruf als Paar unterwegs. Er hat mich während dem ganzen Psychologiestudium tatkräftig und anteilnehmend unterstützt. Häufig war ich zeitlich und gedanklich mit psychologischen Fragestellungen und Theorien beschäftigt oder forschte in psychologischer Literatur, auf der Suche nach Ideen, Ergebnissen oder neuen Erkenntnissen. Und gerade in den letzten Monaten hat er viel Toleranz und Geduld gezeigt. Manche freie Minute und manches freies Wochenende verfolgte ich die Spuren der Partnerschaften meiner ›Hotelfrauen‹. Und so blieb mir für eine ganze Weile lediglich spärlich Zeit, Raum und Musse für unsere Beziehung. Ich danke ihm von ganzem Herzen dafür.

Lianne Fravi, April 2010

INHALTSVERZEICHNIS 1

EINLEITUNG

10

2

THEORETISCHE GRUNDLAGEN 2.1 Übersicht Lebenswelten 2.2 Lebenswelt Partnerschaft 2.2.1 Soziale Beziehung und Paarbeziehung 2.2.2 Paarbeziehungsforschung 2.2.3 Austausch- und Investitionstheorien 2.2.4 Bindungstheoretische Ansätze 2.2.5 Lern- und verhaltenstheoretische Ansätze 2.2.6 Belastungs-Bewältigungs-Modelle 2.2.7 Partnerschaftsqualität und Partnerschaftsstabilität 2.2.8 Integrative Perspektive 2.3 Lebenswelt Organisation 2.3.1 Soziale Beziehung und Arbeitsbeziehung 2.3.2 Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz 2.4 Lebenswelt Frau 2.4.1 Geschlecht und Gender 2.4.2 Geschlecht im Kontext der Psychologie 2.4.3 Zahlen und Daten zu Frau und Beruf

13 13 14 14 16 17 19 20 22 24 25 28 28 29 30 31 31 33

3

METHODOLOGIE 3.1 Ausgangslage und Fragestellung 3.2 Beschreibung der Stichprobe 3.2.1 Schauplatz Hotellerie & Gastronomie 3.2.2 Interviewpartnerinnen 3.3 Methode 3.3.1 Befragungstechnik und Befragungsinstrumente 3.3.2 Die Interviews 3.3.3 Transkription 3.3.4 Quantitative Analyse 3.3.5 Qualitative Inhaltsanalyse

35 35 35 35 36 38 39 40 41 41 42

4

DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE 4.1 Aufgabenverteilung ›Hotelfrau‹ – (Ehe-)Partner 4.1.1 Aufgabenverteilung Management 4.1.2 Aufgabenverteilung im Beruf 4.1.3 Aufgabenverteilung zu Hause 4.2 Ressourcen und Synergien im Beziehungsalltag 4.2.1 Paarklima: Wir zwei haben’s schön miteinander 4.2.2 Partnerschaft in der Balance zwischen Privat- und Berufsleben 4.2.3 Das ›Hotelpaar‹ und seine Kinder 4.3 Herausforderungen und Defizite im Beziehungsalltag 4.3.1 Berufs- und branchenbedingte Belastungen und Herausforderungen 4.3.2 Unterschiedliche Ansichten oder Wenn wir streiten, dann über‘s Geschäft! 4.3.3 Mängelliste oder Das kommt in der Beziehung zu kurz 4.3.4 Die ›Hotelfrau‹ und der tägliche Spagat zwischen Beziehung, Familie, Beruf 4.3.5 Bewältigungsstrategien

44 45 46 47 48 49 49 52 56 57 57 60 64 66 69

4.4

4.5

4.6

4.7

Mann und Frau bei der Arbeit: Aufgaben und Rollen 4.4.1 Gestaltung der Arbeitsbeziehung 4.4.2 Wechselseitiges Lernen Entwicklung der Partnerschaft im Laufe der Zeit 4.5.1 Rückblick 4.5.2 Ausblick und Perspektiven Unternehmen und Gesellschaft 4.6.1 Wechselwirkung Partnerschaft – Unternehmen 4.6.2 Gedanken der ›Hotelfrau‹ zu Frau, Familie und Gesellschaft Zusammen leben und zusammen arbeiten gibt mir…

70 70 73 74 74 77 77 78 78 81

5

DISKUSSION 5.1 Methodenreflektion und Methodenkritik 5.2 Zusammenfassung der Theorie und der Empirie 5.3 Interpretation und Diskussion 5.4 ›Fragenkatalog für den Paardialog‹ 5.5 Fazit und Ausblick

83 83 84 86 97 99

6

NACHWORT

100

7

ABSTRACT

101

8

LITERATURVERZEICHNIS

102

9

FOTONACHWEIS

108

10

ANHANG 10.1 Soziale und psychologische Prozesse nach STÜRMER (2009) 10.2 Bedingungen der Partnerschaftsqualität und –stabilität: Ein Rahmenmodell nach BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003) 10.3 Überblick Forschungsperspektiven Geschlechterforschung nach NENTWICH UND STANGEL-MESEKE (2010) in Anlehnung an MAIHOFER (2004) 10.4 Anfrage zur Unterstützung bei der Suche nach Probandinnen 10.5 Checkliste Interviewdurchführung 10.6 Kurzfragebogen für die Interviewpartnerinnen 10.7 Einwilligungserklärung 10.8 Gesprächsleitfaden Interview 10.9 Formular Aufgaben bei der Arbeit 10.10 Formular Aufgaben zu Hause 10.11 Gesamtübersicht Kodierung 10.12 Kodierleitfaden – Ressourcen und Synergien im Beziehungsalltag 10.13 Kodierleitfaden – Herausforderungen und Defizite im Beziehungsalltag 10.14 Kodierleitfaden – Mann und Frau bei der Arbeit: Aufgaben und Rollen 10.15 Kodierleitfaden – Entwicklung der Partnerschaft im Laufe der Zeit 10.16 Kodierleitfaden – Unternehmen und Gesellschaft 10.17 Themenkärtchen mit zusammenfassenden ›Melodien‹ 10.18 Gesamtauswertung Managementaufgaben 10.19 Gesamtauswertung Aufgaben bei der Arbeit 10.20 Gesamtauswertung Aufgaben zu Hause

1 2 3

4 5 6 7 9 10 12 14 16 20 28 47 53 58 62 64 65 66

»Eine Hausfrau, die abends abwäscht und aufräumt und so weiter, ist dann auch nicht sexy, omnipräsent und schaut ihrem Mann tief in die Augen. Sie arbeitet ja auch.« »… am letzten Valentinstag hat er mir ein Herz mit meinem Namen darauf geschenkt. Darin hat es 365 Lose gehabt. Jede Woche ist ein Los drin mit einem Gutschein für etwas. Das ist seine Art zu zeigen, dass er mich gern hat.« »Man ist ja toujours miteinander zusammen. Wenn man dann einmal zusammen essen geht, dann weiss man fast nicht mehr, was man über die Beziehung reden will. Da kommt automatisch das Geschäftliche und dann geht der Beziehung absolut der Rang ab.« »Mein Mann hat eine Kompetenz, die ich extrem bewundere. Er ist extrem souverän und locker. Er ist total locker. Bei ihm kann Bill Clinton kommen und ein Dinner haben, das kratzt ihn gar nicht.« »… ich habe immer gewusst, dass ich einen Hotelier heiraten will.« »Ich sagte immer: Ist wieder ein Idiot hereingekommen, der wichtiger ist als ich?« »Die Beziehung findet eigentlich immer in der Öffentlichkeit statt. Wir sind eigentlich nie, also zumindest selten nur wir zwei.« »… wir sind gemeinsam gewachsen. Und zwar gleichwertig gewachsen.« »Die verschiedenen Facetten von Mutter, Ehefrau und Beruf, das lässt einen auch in verschiedenem Licht erscheinen. Auch in der Partnerschaft und das ist, glaube ich, mehr spannend als nicht gut.« »Er wird auch heute noch sehr stark von der Präsenzzeit im Hotel beansprucht, und ich glaube, wenn ich nicht weitergearbeitet hätte, dann hätte das unserer Ehe geschadet. Dann wären wir heute sicher nicht mehr zusammen.« »Wir kommunizieren eine Führungspolitik, wir kommunizieren einen Umgang mit den Gästen. Wenn wir das untereinander nicht haben, dann kann man uns rauchen. Darum ist das anspruchsvoll.« »Wir reden und reden und lachen auch viel.« »Man muss lernen etwas zu akzeptieren oder mein Mann muss merken, dass ich nicht einfach eine seiner Angestellten bin, der man sagen kann, nimm den Besen und geh‘ wischen.« »Der Piepser ging los, ich musste hinuntergehen und den neuen Mitarbeiter begrüssen und in sein Zimmer einweisen. Dann steht einer vor mir, das ist so lustig, in einem orangefarbigen Fort Lauderdale T-Shirt, zu eng, zu kurz, mit hellgrünen Jeans, barfuss, Jimmy Hendrix-Frisur und sagt, er habe hier eine neue Stelle.«

10

1

EINLEITUNG

Die vorliegende Diplomarbeit im Rahmen des Psychologiestudiums an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften beschäftigt sich mit der Beziehung jener Paare, die zusammen leben und gemeinsam eine Unternehmung leiten. Dabei steht die Sichtweise der Frau im Zentrum des Interesses. Es handelt sich um eine explorative Studie. Die Hypothesen werden mittels qualitativer Untersuchung entwickelt und mit quantitativen Aspekten angereichert. Das explorative Vorgehen wurde bewusst gewählt, weil die Forschungslage zu dieser spezifischen Thematik recht dürftig ist und weil ein qualitatives Verfahren die Chance bietet das individuelle Partnerschaftsverhalten und -erleben zu erspüren. Ausgehend vom Datenmaterial sollen einerseits neue Hypothesen generiert werden, die zur Grundlage von möglichen weiteren Folgestudien verwendet werden können; deren Auswertung ist jedoch nicht Gegenstand dieser Studie. Andererseits sollen basierend auf theoretischen Grundlagen und auf Datenmaterial konkrete Empfehlungen auf individueller und auf paarspezifischer Ebene für beruflich und privat liierte Menschen im Rahmen der Diskussion abgeleitet werden: Daraus soll ein ›Fragenkatalog für den Paardialog‹ als Praxisinstrument entstehen. Denn insbesondere in der Sparte der Klein- und Mittelunternehmen (KMU) werden Betriebe von Paaren geleitet, die auch privat eng miteinander verbunden sind. Da gibt es beispielsweise den Bauernhof, die Bäckerei, die Metzgerei, die Restaurantkette, die Zahnarzt- oder Psychotherapiepraxis oder die Autowerkstatt, die Schreinerei und das Treuhandbüro. Im Sinne der Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurde die Untersuchung mit fünfzehn Frauen aus der Hotellerie- und Gastronomiebranche in der deutschsprachigen Schweiz durchgeführt. Jene Frauen werden in der vorliegenden Arbeit ›Hotelfrauen‹ genannt. Mit diesem Wort wurde ein allgemeiner Begriff geschaffen, exemplarisch für die zahlreichen Funktionsbezeichnungen und Ausbildungstitel auf Stufe Hoteldirektion. Die Rede ist immer von jener Frau, die gemeinsam mit ihrem (Ehe-)Partner einen Hotelund Restaurationsbetrieb führt. Eine eigens für diese Studie durchgeführte exemplarische Analyse anhand von etwa 400 sternenklassifizierten Hotels im Tourismuskanton Graubünden zeigte auf, dass mindestens 50 bis 60 Prozent der Betriebe von einem Partnerschaftstandem geführt werden. Dies und die insgesamt bescheidene Datenlage zu solchen Paarbeziehungen zeigt, wie berechtigt der Anspruch ist, fundierte Informationen über die Partnerschaft von Frauen, die gemeinsam mit ihrem (Ehe-)Partner in leitender Funktion die Geschicke einer Unternehmung lenken, gewinnen zu wollen. Folgende Fragen sind für diese Arbeit leitend: Wie erlebt und gestaltet die ›Hotelfrau‹ ihre Beziehung, wenn sie sowohl mit ihrem Partner zusammenlebt als auch mit ihm verantwortlich ist für die Unternehmensführung? Entstehen durch die gemeinsame berufliche und persönliche Beziehungsgestaltung besondere Ressourcen und wenn ja, welche? Entstehen durch die ge-

11

meinsame berufliche und persönliche Beziehungsgestaltung besondere Konflikte und Belastungen und wenn ja, welche? Wie erlebt die ›Hotelfrau‹ im Laufe der Zeit die Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau? Gibt es Determinanten, die die Qualität und Stabilität eines solchen Partnerschaftstandems behindern und/oder fördern? Die Fragestellungen konzentrieren sich demnach auf vier Themengebiete: Ressourcen und Synergien; Herausforderungen und Defizite; Prozesse im Zusammenhang mit der Rollen- und Aufgabenverteilung; Determinanten der Qualität und Stabilität. Beim vorliegenden Thema handelt es sich einerseits um psychologische partnerschaftliche Themen und andererseits werden mit der Rolle der Frau sowie ihrer Berufstätigkeit und ihrem Engagement in der Unternehmung soziologische und arbeits- und organisationspsychologische Themen angesprochen. Im Sinne des explorativen Charakters der Untersuchung und im Sinne der Beantwortung der Fragestellungen sind eine interdisziplinäre Sichtweise und die Einnahme einer soziologischen Perspektive zeitweise unabdingbar. Die Studie umfasst drei Hauptteile: den Literaturteil, der aufzeigt, in welchem Bezugsrahmen sich das Thema bewegt, den empirischen Teil mit der Erläuterung der Forschungsmethode und mit den Forschungsergebnissen sowie der Diskussion. Nach der Einleitung werden im Kapitel 2 die theoretischen Grundlagen behandelt. Im Kapitel 2.1 folgt eine Übersicht über das Thema anhand von den drei Lebenswelten ›Partnerschaft‹, ›Organisation‹ sowie ›Frau und Beruf‹. Anschliessend wird im Kapitel 2.2 die Thematik Paarbeziehung aus sozialpsychologischer Sicht erörtert. In Anlehnung an das Resilienz-Modell von LÖSEL UND BENDER (2003) und an die Big Five-Elemente des partnerschaftlichen Erlebens von BIERHOFF (2003) werden folgende Theorien enger Beziehungen behandelt: Austausch- und Investitionstheorien (THIBAUT & KELLEY, 1959; RUSBULT, 1980; WALSTER, WALSTER & BERSCHEID, 1978); Theorie der Liebes- und Bindungsstile (BOWLBY, 1975; HAZAN & SHAVER, 1987; BARTHOLOMEW,

1990); Lern- und verhaltenstheoretische Ansätze (GOTTMANN, 1994); Belastungs- und

Bewältigungsmodell (HILL, 1949; MCCUBBIN & PATTERSON, 1983; BODENMANN, 2000, 2003, 2007) sowie Partnerschaftsqualität und -stabilität. Anschliessend folgen im Kapitel 2.3 theoretische Ausführungen zur ›Lebenswelt Organisation‹. Hier werden die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz definiert und die spezifischen Charakteristika von romantischen Beziehungen am Arbeitsplatz betrachtet. Weiter bietet das letzte Kapitel 2.4 relevante Überlegungen zur ›Lebenswelt der Frau‹. Zuerst folgen sozial-, arbeits- und organisationspsychologische Überlegungen zum Thema Geschlecht. Anschliessend werden aktuelle statistische Angaben zum Thema Frau und Beruf präsentiert. Zu den Abgrenzungen muss an dieser Stelle Folgendes erwähnt werden: Die Auswahlkriterien waren nicht beschränkt auf heterosexuelle Beziehungen. Es meldeten sich jedoch keine Frauen, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben und arbeiten. Somit ist in dieser Studie

12

jeweils die Rede von Beziehungen zwischen Frau und Mann. In der Soziologie ist bei diesem Paartypus die Rede von einem »entgrenzt-symmetrischen Typus« (DETTMER, 2008). Bei dieser Beziehungsform werden die gemeinsamen Ziele im beruflichen und privaten Lebensbereich stark gewichtet. Die Gestaltung des beruflichen und des privaten Lebenslaufs verläuft demnach nahezu symmetrisch. Die Arbeit grenzt sich ab von spezifischen Studien zu ›Dual Career Couples‹. Bei diesen Zwei-Karrieren-Paaren handelt es sich um »Paare, in denen beide Partner eine hohe Bildung und Berufsorientierung besitzen sowie eine eigenständige Berufslaufbahn verfolgen« (SOLGA & WIMBAUER, 2005). Die empirische Untersuchung richtet sich nicht spezifisch auf Frauen aus Unternehmerfamilien. Daher werden die systemischen Forschungen zu den Wechselwirkungen in Familienunternehmen ausser Betracht gelassen. Es geht bei dieser Arbeit vordergründig auch nicht um die Suche nach Unterschieden zwischen den Geschlechtern, um die Suche nach Vergleichen zwischen Mann und Frau. Es geht darum aufzuzeigen, wie die Frau denkt, fühlt und handelt in dieser besonderen Form der partnerschaftlichen, familiären und beruflichen Verwobenheit. Die Überlegung, ob die Genderoptik in der Organisation und in der Familie ausser Acht gelassen werden kann, ist aus Sicht der Autorin jedoch nicht richtig. Die Bedeutsamkeit des sozialen Geschlechts sowie die Begründung, dass Genderthemen und Partnerschaft und Organisation noch nicht im gewünschten Umfang Beachtung finden, machen es erforderlich, den theoretischen Rahmen der Untersuchung um den Genderaspekt zu erweitern. Nur so lässt sich der partnerschaftliche (Arbeits-)Alltag der ›Hotelfrauen‹ in seiner Komplexität und Verwobenheit angemessen abbilden. Der empirische Teil beginnt mit Kapitel 3, in welchem die Methodologie erläutert wird. Im Kapitel 4 werden die Ergebnisse der Analyse dargelegt. Im Kapitel 5 werden nach einer Methodenkritik die theoretischen Grundlagen und die Ergebnisse zusammengefasst, diskutiert und interpretiert. Ebenfalls werden in einem ›Fragenkatalog für den Paardialog‹ Empfehlungen und Strategien für ›Hotelfrauen‹ und Paare integriert. Nachwort, Abstract, Fotonachweis, Literaturverzeichnis und Anhang bzw. Kapitel 6 bis und mit 10 bilden den Abschluss dieser Arbeit. Zum Schluss eine Bemerkung zum geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch: Die deutsche Sprache genügt den hohen Anspruch eines leicht lesbaren und gendergerechten Gestaltens der männlichen und weiblichen Form nicht. Aufgrund der Tatsache, dass alle Probandinnen weiblich sind und dass ganz bewusst das Erleben und Verhalten aus Sicht der Frau untersucht wird, fiel die Wahl der Formulierung zumeist auf die weibliche Form. Die männliche Form soll jedoch auch immer mit einbezogen sein.

13 »Du bist das Pflaster für meine Seele Wenn ich mich nachts im Dunkeln quäle. Es tobt der Hass, da vor meinem Fenster. Du bist der Kompass, wenn ich mich verlier’, du legst dich zu mir, wann immer ich frier.’ Im tiefen Tal, wenn ich dich rufe, bist du längst da. Ich hatte schon längst den Faden verloren, es fühlte sich an wie umsonst geboren, ich hab dich gefunden in der letzten Sekunde. Und jetzt die Gewissheit, die mir keiner nimmt, wir waren von Anfang an füreinander bestimmt, wir haben uns gefunden in der letzten Sekunde.« Ich & Ich - Pflaster (2009)

2

THEORETISCHE GRUNDLAGEN

2.1

ÜBERSICHT LEBENSWELTEN

Das Thema dieser Diplomarbeit tangiert verschiedene Lebenswelten. Im Zentrum des Interesses stehen die ›Hotelfrau‹ und ihre Partnerschaft und die gemeinsame Unternehmensführung. Die für diese Arbeit leicht justierte Abbildung (siehe Seite 14) in Anlehnung an SIMON (2005) illustriert, wie die ›Hotelfrau‹ in den drei sozialen Systemen ›Partnerschaft und Familie‹, ›Organisation‹ und ›Gesellschaft‹ eingebettet ist. Charakteristisch für ein soziales System ist, dass es unterschiedliche Kommunikations- und Verhaltensweisen aufweist. Beispielsweise sind in der Paarbeziehung und in der Familie Gefühle legitimiert. In der Unternehmung stehen sachliche und fachliche Aufgaben in Vordergrund und Entscheidungen werden im Hinblick auf das Rentabilitätsprinzip getroffen. Die sich überschneidenden Kreise sind darüber hinaus miteinander gekoppelt. Dies symbolisiert die Besonderheit dieser Konstellation und die spezifische – sei es eine positive oder eine negative – Dynamik der Systeme untereinander. Das Spannungsverhältnis, welches durch die Wechselwirkung zwischen den Systemen entsteht, bringt Ressourcen und Herausforderungen mit sich (SIMON, 2005). Die Verknüpfung der Liebesbeziehung mit der Arbeitsbeziehung wird in der vorliegenden Studie theoretisch auf einer paar-, individuums- und unternehmensspezifischen Ebene wie folgt erörtert: Der nächste Abschnitt ›Lebenswelt Partnerschaft‹ umkreist zuerst den Begriff ›Paarbeziehung‹ und behandelt anschliessend die theoretischen Grundlagen der Partnerschaft aus der sozialpsychologischen Perspektive. Es geht dabei um die für diese Arbeit relevanten Prozesse in der dualen Beziehung bzw. in der Beziehung von zwei Menschen. Da sich auch die Soziologie für das Erleben und Verhalten von Menschen in sozialen Situationen interessiert, ist ein Spähen über den ›psychologischen‹ Gartenzaun hinaus nicht auszuschliessen (ARONSON, WILSON & AKERT, 2008). Die Abbildung im Anhang 10.1 verdeutlicht die interdisziplinäre Verbindung von Soziologie und Sozialpsychologie. Kapitel 2.3 ›Lebenswelt Organisation‹ behan-

14

delt die Beziehungsthematik auf Unternehmensebene. Es geht insbesondere um die sozialen Beziehungen und um die Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz. Kapital 2.4 zum Thema ›Lebenswelt Frau‹ beleuchtet statistische Zahlen und Daten im Zusammenhang mit der Thematik von Frau und Beruf. Weiter geht es um die Aspekte Gender und Geschlecht insbesondere aus sozial- sowie aus arbeits- und organisationspsychologischer Sicht.

Partnerschaft und Familie Paar-Ebene Das Hotel Ebene der Organisation

›Hotelfrau‹ Individuelle Ebene

Gesellschaft Gender-Ebene

Abbildung 1: Übersicht Lebenswelten. Eigene Darstellung in Anlehnung an SIMON (2005).

2.2

LEBENSWELT PARTNERSCHAFT

2.2.1

SOZIALE BEZIEHUNG UND PAARBEZIEHUNG

Die Psychologie sozialer Beziehungen hat ihre Wurzeln in den Vereinigten Staaten und ist eine eher junge empirische Wissenschaft. Die Beziehungspsychologie war anfänglich eine kleine Teildisziplin der Persönlichkeits- und der Sozialpsychologie. Heute ist die Psychologie sozialer Beziehungen ein grosses Forschungsgebiet, in welchem insbesondere Sozialpsychologen und Sozialpsychologinnen arbeiten (HEIDBRINK, LÜCK & SCHMIDTMANN, 2009). Die Sozialpsychologie erforscht gemäss STÜRMER (2009, S. 11; zit. nach ALLPORT, 1954) »das Erleben und Verhalten von Menschen in sozialen Situationen, d.h. Situationen, in denen Kognitionen, Emotionen, Motive und Handlungen einer Person durch die tatsächliche, vermutete (oder mitunter lediglich vorgestellte) Anwesenheit anderer Menschen beeinflusst werden«. Wenn von Beziehung die Rede ist, betrifft dies nach ASPENDORF UND BANSE (2000) immer zwei Menschen und nicht eine einzelne Person. Das stabile Interaktionsmuster dieser sogenannten

15

Dyade weist auf eine Beziehung hin und umgekehrt können Beziehungen stabile Interaktionsmuster aufweisen. Beziehungen sind bei beiden Bezugspersonen auch kognitiv repräsentiert. Dieses kognitive Beziehungsschema ist reziprok determiniert und resultiert in beziehungsspezifischen Mustern. Dabei spielen das Selbstbild des Individuums, das Bild der Bezugsperson sowie das situative Interaktionsskript eine Rolle. ASPENDORF UND BANSE (2000) unterteilen in ihrem Buch ›Psychologie der Beziehung‹ die soziale Beziehung in eine ›persönliche Beziehung‹ und in eine ›Rollenbeziehung‹. Letztere wird durch die sozialen Rollen – beispielsweise durch die Arbeit an einem gemeinsamen Projekt – der Interaktionspartner beeinflusst. Dauert eine Rollenbeziehung an, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass sich daraus eine persönliche Beziehung entwickelt. Die Bezugspersonen gehen auf persönliche Eigenheiten der anderen Person ein und greifen Erlebnisse der Interaktionsgeschichte auf, die nicht unbedingt mit ihrer eigentlichen Rolle kongruent sind. Eine persönliche Beziehung zwischen zwei Individuen kann auch ohne dieses soziale Wechselspiel zu Stande kommen. Die persönliche Beziehung wird durch die Persönlichkeit der beiden Bezugspersonen, durch die gemeinsame Beziehungsgeschichte und durch äussere Einflüsse wie z.B. Lebensereignisse oder Dritte geprägt. Die meisten Beziehungsarten sind persönlicher Natur und viele Beziehungen basieren auf einem Mix aus Rollenerwartung und persönlichkeitsspezifischen Elementen. Zu den persönlichen Beziehungen mit einem sehr hohen Stellenwert für die Biographie gehört für BIERHOFF UND ROHMANN (2009) nebst den freund- und verwandtschaftlichen Beziehungen jene der Paarbeziehungen. Sie stellen aktuell zwei unterschiedliche Forschungsansätze in diesem Bereich fest: Einerseits beziehen sich die Forschungen auf jene Prozesse, die die Stärken einer persönlichen Beziehung ausmachen und andererseits befassen sie sich mit Prozessen, die zu einer Schwächung der persönlichen Beziehung und allenfalls zu einer Störung oder Auflösung führen. Gelegentlich ist gemäss BIERHOFF UND ROHMANN (2009) in der amerikanischen Forschungsliteratur auch von ›engen Beziehungen‹ (KELLEY & BERSCHEID ET. AL, 1983; HENDRICK & HENDRICK, 2000) oder von ›intimen Beziehungen‹ die Rede (PERLMANN & DUCK, 1987). Für BIERHOFF UND ROHMANN unterscheiden sich Paarbeziehungen in folgenden drei Dimensionen von persönlichen Beziehungen: »Intimität, Leidenschaft und Entscheidung/Bindung« (2009, S. 51; zit. nach STERNBERG, 1986). Bei der Dimension ›Intimität‹ geht es um die emotionale Investition in Gefühle von Zusammengehörigkeit, Nähe und Verbundenheit, denen mittels Gefühlswärme Ausdruck verliehen wird. Die zweite Dimension ›Leidenschaft‹ beruht auf der sexuellen Intimität mit dem Partner und dem Erleben einer Faszination oder Anziehungskraft für den Beziehungspartner. Bei der letzten Dimension ›Entscheidung/Bindung‹ geht es um die Absicht, die Beziehung mit dem Partner aufrechtzuerhalten. BIERHOFF UND ROHMANN (2009, S. 70) merken im Handbuch ›Persönliche Beziehungen‹ jedoch kritisch an, dass weitere »klassifi-

16

katorische Fragen des Erlebens in persönlichen Beziehungen« für eine umfassende Betrachtung berücksichtigt werden müssen. Dazu gehören die Dimensionen Liebe, Altruismus, Investment, Konflikt und Sicherheit und die Erörterung von Kommunikations- und Austauschprozessen. Umgangssprachlich kommen vielfältige Begriffe und Ausdrücke im Zusammenhang mit dem Begriff Paarbeziehung vor, wie z.B. Paar, Liebespaar, Hochzeitspaar, Partnerschaft, Ehe oder Konkubinatspartner. Das Wort ›Paar‹ impliziert eine Zusammengehörigkeit, eine Verbundenheit und eine Gemeinsamkeit. Etymologisch bedeutet ›Paar‹ auch »zwei von gleicher Beschaffenheit« (KLUGE, 2002, S. 674) und ›Beziehung‹ ist ein Abstraktum, welches abgeleitet wird vom Verb ›beziehen‹. Es bedeutet »zusammenziehen, eine Verbindung herstellen« (KLUGE, 2002, S. 119). Für LENZ (2006) sind die Begriffe Partnerschaft, Dyade, Geschlechterbeziehung oder heterosexuelle Beziehung lediglich suboptimal. Aus soziologischer Perspektive argumentiert LENZ für den Ausdruck ›Zweierbeziehung‹ als Leitbegriff. Unter Zweierbeziehung soll »ein Strukturtypus persönlicher Beziehung zwischen Personen unterschiedlichen oder gleichen Geschlechts verstanden werden, der sich durch einen hohen Grad an Verbindlichkeit (Exklusivität) auszeichnet, ein gesteigertes Mass an Zuwendung aufweist und die Praxis sexueller Interaktion – oder zumindest deren Möglichkeit – einschliesst« (S. 39). Der Begriff ›Zweierbeziehung‹ umfasst sowohl hetero- als auch homosexuelle Konstellationen und es spielt keine Rolle, ob die Beziehungspartner verheiratet sind oder nicht, ob ein oder mehrere (gemeinsame) Kinder vorhanden sind und ob das Paar zusammen wohnt oder auch nicht. Die Ehe stellt eine Ausprägung der Zweierbeziehung dar, die durch den Staat eine rechtliche Legitimation erhält oder je nach Kultur durch eine Instanz als verbindlich erklärt wird. In dieser Diplomarbeit werden in Anlehnung an BIERHOFF UND ROHMANN (2009) die Begriffe Partner, Partnerin und Partnerschaft oder Paar und Paarbeziehung abwechslungsweise verwendet, da diese Begriffe in der sozialpsychologischen Forschung und Literatur am ehesten geläufig sind.

2.2.2

PAARBEZIEHUNGSFORSCHUNG

Dieser Absatz läutet in der Folge die nähere Betrachtung von thematischen Schwerpunkten und theoretischen Paradigmen in der sozialpsychologischen Grundlagenforschung im Bereich der Paarbeziehungen ein. Es existiert gemäss BIERHOFF UND GRAU (2003) eine Fülle an Paartheorien, die jeweils unterschiedliche Aspekte der Paarbeziehungen beleuchten. In dieser Diplomarbeit kann kein vollständiger Überblick über die unterschiedlichen Perspektiven gegeben werden. Aus diesem Grund und in Anbetracht des explorativen Charakters der vorliegenden Analyse werden nachfolgend jene theoretischen sozialpsychologischen Grundlagen im Bereich der Partnerschaft erörtert, welche für die Beantwortung der Fragestellungen wegweisend und naheliegend sind. Der erste Ansatz zur Analyse enger Beziehungen ist einer der einflussreichs-

17

ten theoretischen Ansätze, die Austausch- oder Interpendenztheorie (STÜRMER, 2009; LÖSEL & BENDER, 2003). Anschliessend folgen bindungstheoretische Ansätze, Lern- und Verhaltenstheoretische Ansätze sowie Bewältigungs- und Belastungsmodelle. Ausführungen zur Qualität und Stabilität von Beziehungen runden die Thematik ab. In Kapitel 2.2.8 werden aus integrativer Optik mit dem Resilienz-Modell von LÖSEL UND BENDER (2003) und mit der Big Five-Theorie des partnerschaftlichen Erlebens nach BIERHOFF (2003) die Überlappungen und Abgrenzungen dieser Theorien der Paarbeziehungsforschung erörtert.

2.2.3

AUSTAUSCH- UND INVESTITIONSTHEORIEN

Die Austausch- und Interdependenzbeziehungen befassen sich nach MIKULA UND STROEBE (1991, S. 69) »mit sozialen Interaktionen und der Aufnahme, Gestaltung, Aufrechterhaltung und Dynamik zwischenmenschlicher Beziehungen«. Charakteristisch für diese Theorien ist das ökonomische Verhaltensmodell, nach dem die involvierten Partner ihre Interaktionen dauernd einer Kosten-Nutzen-Bewertung unterziehen. Das Zufriedenheitsgefühl in der Beziehung entwickelt sich mit dem »erzielten Nettoergebnis«, das sich aus der Differenz zwischen Aufwand und Ertrag ergibt. Das Streben nach einer persönlichen Gewinnmaximierung erfolgt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern unter der Prämisse, dass auch der Partner seine Bedürfnisse befriedigen kann. Für STÜRMER (2009) geht es beim Aufbau dieser sozialen Beziehungen konkret um den wechselseitigen Austausch von individuell benötigten psychologischen, materiellen oder sozialen Ressourcen. In der Folge werden drei Austausch- und Investitionstheorien vorgestellt. MIKULA UND STROEBE (1991) führen als erste Austauschtheorie jene von THIBAUT UND KELLEY (1959) auf. Letztere betonen, dass neben der zwischenmenschlichen Anziehung und der Qualität des Nettoergebnisses auch die Höhe des Vergleichsniveaus für Alternativen relevant ist für die Einschätzung oder Bewertung der Beziehungsbilanz. Der Vergleich mit Alternativen ausserhalb der aktuellen Partnerschaft besteht aus einem Mittelwert aus Interaktionsergebnissen. Dieser Wert hat die Person z.B. bei früheren Beziehungen erzielt oder bei anderen Menschen beobachtet. Wenn der Ertrag der bestehenden Partnerschaft höher eingeschätzt wird als jener aller möglichen Alternativen, wird die Partnerschaft aufrechterhalten. Das Investitionsmodell von RUSBULT (1980) geht einen Schritt weiter und besagt, dass die Höhe der geleisteten Investitionen ebenso eine Rolle spielt bei der Überlegung, ob eine Beziehung beendet werden soll oder nicht. Investitionen sind sogenannte Faktoren, die »das Beenden einer Beziehung kostspielig machen, weil sie dann verloren gehen«. Zu unterscheiden sind dabei einerseits »beziehungsintrinsische Elemente« wie beispielsweise die in eine Beziehung investierte Zeit oder Kenntnisse von intimen Informationen oder »beziehungsextrinsische Elemente«, wie beispielsweise gemeinsame Kolleginnen und Kollegen oder gemeinsam geschaffene

18

materielle Werte (MIKULA & STROEBE, 1991, S. 71). LÖSEL UND BENDER (2003; zit. nach RUSBULT, DRIGOTAS & VERETTE, 1994) führen ergänzend hierzu auf, dass diese intrinsischen und extrinsischen Faktoren den »Commitment Level« prägen und auf die Entscheidung in der Beziehung zu verbleiben einwirken. Mit »Commitment Level« ist der Grad der Bindung oder der Verpflichtung gemeint. Bei einem hohen »Commitment Level« kommt es zusätzlich zu aktiven und passiven Prozessen zur Aufrechterhaltung der Beziehung. Unbefriedigende Ereignisse können einerseits Anpassungsprozesse destruktiver Art, wie z.B. Kritisieren, Ignorieren des Partners oder die Einleitung der Trennung, zur Folge haben. Andererseits sind auch konstruktive Bewältigungsmöglichkeiten denkbar, wie beispielsweise das Besprechen der Probleme mit dem Partner, das Einholen von Rat bei Freunden, die Inanspruchnahme professioneller Beratung oder auch das passive Warten auf eine positive Veränderung der Situation. Eine weitere Theorie des sozialen Austausches ist nach MIKULA UND STROEBE (1991) die Equitytheorie von WALSTER, WALSTER UND BERSCHEID (1978). Gemäss dieser Theorie hängt der Grad der Beziehungszufriedenheit davon ab, wie equitabel oder ausgewogen, gerecht und fair eine Beziehung erlebt wird. Diese Theorie kann sowohl auf freundschaftliche als auch auf eheliche Beziehungen angewendet werden. Die Partner schätzen ihre Beziehung als ausgewogen oder gerecht ein, wenn die relativen Nettoergebnisse der Partner als in etwa gleich gross betrachtet werden. Wenn eine Partnerin überzeugt ist, dass ihre Beziehung nicht ausgewogen ist, entsteht nach der Equity-Theorie ein unbehagliches Gefühl, das umso stärker ist, je unausgewogener die Partnerschaft empfunden wird. Ein Beziehungspartner oder eine Beziehungspartnerin erlebt das unangenehme Gefühl und die Unzufriedenheit in der Regel im Falle einer eigenen vorteilhaften Equity weniger, als wenn sie oder er sich in einer nachteiligen Situation befindet. Beziehungspartner werden durch das Herbeiführen einer Veränderung der Erträge oder mittels einer kognitiven Neueinschätzung der Variablen versuchen die Balance wiederherzustellen. Falls dies nicht gelingt, kann die Unausgewogenheit in einem Beziehungsabbruch resultieren. Im Rahmen einer vierzehnjährigen Langzeitstudie zur Entwicklung von Risiken und Ressourcen in Partnerschaften haben BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003) u.a. auch das Mass der erlebten Gerechtigkeit und Fairness untersucht. An dieser Untersuchung – als eine der wenigen empirischen Studien, die mit beiden Ehepartner durchgeführt wurden – haben 650 Ehepaare im Alter von 30 bis 59 Jahren teilgenommen. Die Studie kommt im Einklang mit der EquityTheorie zum Schluss, dass folgende zwei Aspekte für die Beziehungsqualität relevant sind: zum einen die Überzeugung, gegenüber dem Partner im Vor- oder im Nachteil zu sein und zum anderen der Eindruck, dass die Beziehung grundsätzlich nicht fair verläuft. Die Autoren erwähnen, dass Frauen sich grundsätzlich – abgesehen von einer möglichen höheren Sensitivität für Ungerechtigkeit – häufiger als Männer benachteiligt fühlen, und dieses ungute Gefühl

19

ist für die Frauen auch enger mit der erlebten Beziehungsqualität verbunden. In Anlehnung an die Equity-Theorie erleben insbesondere Männer belastende Gefühle, wenn sie bei der als unausgewogen erlebten Beziehungsbalance auf der Vorteilseite sind. Weiter ist es für die Beziehungsqualität förderlich, wenn Mann und Frau den Eindruck haben, dass ihre an die Beziehung geleisteten Beiträge ausgewogen sind. Insbesondere Frauen erleben es als unangenehm, wenn die von ihnen selber als hoch eingeschätzten Beiträge vom Partner nicht entsprechend anerkannt werden. Die in einer Beziehung erlebte Fairness und Gerechtigkeit beeinflussen nach BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003) die Beziehungsqualität wesentlich. Familienökonomische Ansätze haben eine ähnliche Ausrichtung wie die in diesem Abschnitt beschriebenen austauschtheoretischen Ansätze. Diese Paradigmen betonen, dass Menschen eine enge Beziehung oder eine Ehe eingehen zur Maximierung des subjektiven Nutzens. Der Mensch kann demnach innerhalb einer Partnerschaft andere »Commodities« oder Güter konsumieren, als wenn er alleinstehend ist. Hierzu gehören beispielsweise Liebe, Sinnesfreuden, soziale Kontakte, Gesundheit oder Zuwendung und Anerkennung. Diese Güter entstehen lediglich im Rahmen einer gefestigten Beziehung und können nicht auf dem freien Markt erworben werden (LÖSEL & BENDER, 2003, S. 54; zit. nach BECKER, 1976). Der durch eine Ehe entstehende Beziehungsgewinn geht aus familienökonomischer Perspektive über die Erzielung des vorhin erwähnten Zufriedenheitsgefühls hinaus.

2.2.4

BINDUNGSTHEORETISCHE ANSÄTZE

Bindungstheoretische Ansätze haben emotionale Beziehungsaspekte zum Inhalt und gehen u.a. auf BOWLBY (1975) und HAZAN UND SHAVER (1987) zurück. Gemäss BOWLBY (1975) sucht ein kleiner Säugling aufgrund einer angeborenen Neigung die Nähe zu einem ihm vertrauten Menschen. Insbesondere durch die feinfühlige, fürsorgliche Antwort der nahen Bezugspersonen wie z.B. die Art und Weise, wie Eltern auf Bindungssignale und Bedürfnisse ihres Kindes wie Lächeln, Anklammern oder Schreien reagieren, entwickelt sich in der Kindheit eine »spezifische Bindungsqualität«. In der bindungstheoretischen Forschung wird angenommen, dass diese Interaktionen und Erfahrungen – im Gedächtnis gespeichert in einem »inneren Arbeitsmodell« – die Grundlage bilden für spätere zwischenmenschliche Beziehungen. Der individuelle Bindungsstil prägt die Gestaltung zukünftiger Paarbeziehungen (LÖSEL & BENDER, 2003, S. 61). BIERHOFF UND GRAU (1997, 1999) und BIERHOFF (2003, S. 267) unterscheiden bei Erwachsenen in Anlehnung an BARTHOLOMEW (1990) vier Bindungsstile in Paarbeziehungen: Beim ›sicheren Bindungsstil‹ ist der Wunsch nach Bindung und Vertrauen in den Partnern vorhanden und wird als positiv und bereichernd betrachtet (»Ich finde es relativ leicht, anderen näher zu kommen.«). Menschen mit einem ›ängstlich-ambivalenten‹ Bindungsstil suchen Bindung und

20

möchten sich anklammern (»Ich will oft mit anderen vollkommen verschmelzen, und dieser Wunsch verscheucht sie manchmal.«). Sie sind sich jedoch nicht sicher, ob ihre Wünsche nach Nähe auch erwidert werden. Die ›gleichgültig-vermeidende‹ Bindung ist gekennzeichnet durch einen reduzierten Bindungswunsch, durch ein Desinteresse an Intimität bei gleichzeitigem Anstreben einer Distanzierung (»Ich werde nervös, wann immer mir jemand zu nahe kommt.«). Und schliesslich besagt die ›ängstlich-vermeidende‹ Bindung, dass Individuen weniger aus Desinteressen als aus Angst vor Enttäuschung oder aus Angst vor interpersonellen Krisen die Suche nach Nähe aufgegeben haben (»Obwohl ich enge Beziehungen anstrebe, finde ich es schwierig, den anderen voll zu vertrauen.«). Die Angaben in Klammern entsprechen im Übrigen Beispielitems aus dem von BIERHOFF (2003) und BIERHOFF UND GRAU (1997) präsentierten Big Five-Konzept zur Messung von Beziehungseinstellungen. Dieses Konzept wird im Kapitel 2.2.8 kurz erörtert. Trotz des Vorhandenseins von unterschiedlichen Typen von Bindungsstilen zeichnet sich ab, dass bei zwei sicher gebundenen Partnern die Voraussetzungen für eine zufriedenstellende und stabile Beziehung am ehesten gegeben sind. Sicher gebundene Menschen führen länger andauernde Beziehungen als Menschen mit anderen Bindungsstilen. Im Vergleich z.B. mit ängstlich oder vermeidend gebundenen Partnern erleben sie ihre Beziehung als glücklich und haben weniger Konflikte. Sie bewältigen Probleme konstruktiver und wenden beziehungserhaltende Strategien an. Vermutlich hängt dies damit zusammen, dass sicher gebundene Partner gelassener mit Nähe und Distanz in der Partnerschaft umgehen können, während sich unsicher gebundene Partner fokussieren auf gegenseitige Forderungen oder auf Erwartungen, die nicht erfüllt werden (BENDEL & LÖSEL, 2003; zit. nach BIERHOFF & GRAU, 1999). Gemäss GRAU (2005) korreliert die Bindungssicherheit auch mit dem Erleben und dem Verhalten eines Individuums ausserhalb der Partnerschaft, wie beispielsweise mit Merkmalen der Persönlichkeit oder mit dem Verhalten im Beruf und mit dem Verhalten in Gruppen.

2.2.5

LERN- UND VERHALTENSTHEORETISCHE ANSÄTZE

Die sozialen Lerntheorien beziehen sich auf die beobachtbaren Kommunikations- und Interaktionsprozesse in Paarbeziehungen. Die kognitiv-behavioralen Ansätze fokussieren sich dabei auch auf Wahrnehmungen, Interpretationen und Attributionen. Die Theorien basieren auf der Prämisse, dass die Art und Weise des täglichen Umgangs und das Verhalten in Krisen- und Konfliktsituationen die Beziehungsqualität und die Beziehungsstabilität prägen. Daraus resultieren »mehr oder weniger funktionale, die Beziehung fördernde und dysfunktionale, die Beziehung belastende Kommunikations- und Interaktionsmuster« (BENDER & LÖSEL, 2003, S. 57). Die Ausführungen im nächsten Abschnitt basieren auf den Gedanken von BENDER UND LÖSEL (2003) zu den Studien von GOTTMANN (1994).

21

GOTTMANN (1994) ist in seinen Studien zu den Kommunikationsprozessen von Paaren zur Erkenntnis gelangt, dass es Kommunikationsmuster gibt, die prospektiv als Risiko für die Entwicklung der Beziehung sind. Entsprechend dem »Kaskadenmodell« von GOTTMANN (1994) durchlaufen Paare eine Spirale negativer und destruktiver Kommunikation. GOTTMANN (1994) bezeichnet diese als die »vier apokalyptischen Reiter« auf dem Weg zu einer Trennung: 1) Kritik, z.B. Anklagen, ständiges Nörgeln 2) Verachtung/Herabwürdigung, z.B. abwertende, sarkastische oder zynische Bemerkungen und Beleidigungen 3) Abwehr/Verteidigung, z.B. Schuldabweisungen, Gegenvorwürfe und 4) Mauern/Abblocken, z.B. das Ignorieren des Partners, das nicht Zuhören oder das Verweigern der Kommunikation. Als »fünfter apokalyptischer Reiter« fungiert die »provokative Machtdemonstration«, z.B. »Egal, was du willst oder tust, ich gehe morgen trotzdem mit meiner Freundin weg.« (GOTTMANN, COAN, CARRERE & SWANSON, 1998). Nach der sogenannten »Gottmann-Konstante« muss das Verhältnis von positiver zu negativer Kommunikation 5 zu 1 betragen, damit eine Beziehung noch als stabil und befriedigend erlebt wird (GOTTMANN, 1993a). Aus prospektiven Längsschnittstudien resultierte ebenfalls, dass die drei stabil-zufriedenen Paartypen ›lebhaft-impulsiv‹, ›konstruktiv‹ und ›konflikt-vermeidend‹ sich gegenüber ihrem Partner häufiger positiver verhalten als die zwei dysfunktionalen Paartypen ›feindselig-verstrickt‹ und ›feindselig-losgelöst‹. Letztere beiden Paartypen widerspiegeln eine unglückliche und instabile Beziehung (GOTTMANN, 1993b). Eine aktuelle Untersuchung im deutschsprachigen Raum mit einer Stichprobe von 1783 Personen bestätigt, dass sich die drei funktionalen Paartypen von den dysfunktionalen Paartypen unterscheiden (BODENMANN, MEYER, BINZ & BRUNNER, 2004). Von diesen drei Paartypen repräsentiert der impulsive Paartyp eine Beziehung, die am lebendigsten und am zufriedenstellenden ist. Diese Partnerschaften verfügen zwar über ein recht hohes Konfliktniveau, aber sie sind von dynamischer, leidenschaftlicher Natur. Jene Paare sind »in der Lage, ihre Beziehung langfristig spannend und bereichernd gestalten zu können und ihrer Liebe immer wieder Nahrung und Lebendigkeit zu verleihen, wodurch der Verstärkererosion entgegengewirkt wird« (S. 190). Für die Entwicklung der Paarkompetenzen, z.B. im Rahmen einer Paartherapie, bedeuten diese Erkenntnisse, dass den idiosynkratischen, einzigartigen Lebensentwürfen des Paares vermehrt Beachtung geschenkt werden sollte. Je nach Paartyp sollen andere therapeutische Ziele angestrebt werden. Beim einen Paar kann dies die Entwicklung von dyadenspezifischen Kompetenzen wie Kommunikation, Stressbewältigung oder Problemlösung sein, beim anderen Paar wäre eher eine Förderung der Vitalität und der Lebendigkeit oder der Verbundenheit und der Intimität hilfreich. Beim dritten Paar sind es möglicherweise die Konsensfindung oder das Akzeptieren von Unterschieden.

22

2.2.6

BELASTUNGS-BEWÄLTIGUNGS-MODELLE

Das Belastungs-Bewältigungs-Paradigma berücksichtigt sowohl individuelle und dyadische Aspekte als auch das Verhalten in Partnerschaften unter der Einwirkung von Belastungen oder von Einflüssen aus dem engeren und weiteren sozialen Umfeld. LÖSEL UND BENDER (2003) beschreiben als Grundlage ein Rahmenmodell für familiäre Belastungen und Bewältigungsprozesse, welches ursprünglich von HILL (1949) erstellt und später von MCCUBBIN UND PATTERSON

(1983) weiterentwickelt wurde. Dieses Modell mündete in ein erweitertes ABCX-Modell,

welches darlegt, wie drei Faktoren mehr oder weniger zur Krise oder zum krisenhaften Verlauf (X) beitragen: Das Stressereignis oder der Stressor (A), die verfügbaren Bewältigungsressourcen (B) und die Einschätzung oder Bewertung des Stressereignisses (C) durch die Beziehungspartner. Hoch intensive Stressoren können einerseits einzelne schwerwiegende Ereignisse sein, wie z.B. Verarmung, oder andererseits eine Kumulation von unterschiedlichen Belastungen, wie z.B. die Geburt eines Kindes und gesundheitliche Probleme. In Anlehnung an LAZARUS UND

FOLKMANN (1984) umschreiben MCCUBBIN UND PATTERSON (1983) drei Arten von Res-

sourcen zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in der Beziehung: individuelle Ressourcen der beteiligten Partner wie beispielsweise soziale und kognitive Kompetenzen, Selbstwerterleben, Temperament, Bildung, Finanzen, Humor; intrafamiliale Ressourcen wie z.B. gemeinsame Ziele, wechselseitige Unterstützung, positive Kommunikation, Umstellfähigkeit, Rollenverteilung, Organisation und über die Familie hinausgehende, erweiterte Ressourcen. Dazu gehört die Unterstützung emotionaler, materieller und informativer Art. Diese Hilfestellung kann durch Verwandte, Freunde, Nachbarn, Selbsthilfegruppen oder kirchliche Institutionen erfolgen. Besonders fruchtbar für die Paarforschung sind gemäss LÖSEL UND BENDER (2003, S. 65) jene Paradigmen, die Paare als »aktive Gestalter ihrer eigenen Entwicklung und nicht nur als passive Objekte von Belastungen« betrachten. BODENMANN (2000) untersucht in seinen empirischen Forschungen Stressbelastungen und dyadische Coping- bzw. Bewältigungsstrategien und zeigt auf, dass Copingprozesse über die individuelle Bewältigungsebene hinausgehen. Diese dyadische Betrachtung von sozialem Stress berücksichtigt die Besonderheit, dass in Paarbeziehungen nebst einer hohen gemeinsamen Betroffenheit auch eine Nähe und eine hohe Intimität oder Vertrautheit vorhanden ist. Unter dyadischem Stress versteht BODENMANN (2000) jene Belastung, die direkt oder indirekt beide Partner betrifft. Diese Belastung kann zu einer »Desäquibilierung des Paares« führen, wenn die individuellen und/oder partnerschaftlichen Ressourcen nicht genügen, um die Anforderungen zu bewältigen. Die Gründe für die Belastung können sowohl paarintern als auch paarextern entstehen und beide Partner gleichzeitig oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten oder auch sequenziell tangieren. Die stressauslösenden Faktoren können gemäss BODENMANN (2007) in drei Kategorien eingeteilt werden: erstens kritische Le-

23

bensereignisse als Ereignisse, die in der Regel unerwartet in den Lebensalltag eines Paares hereinbrechen (z.B. schwere Krankheit, Verlust des Arbeitsplatzes); zweitens Entwicklungsaufgaben als Belastungen, die aus der biografischen Entwicklung heraus resultieren (z.B. Pensionierung, Menopause) und drittens ›Daily Hassles‹ oder tägliche Widrigkeiten als kleine Ereignisse, die ärgerlich sind (z.B. Unzuverlässigkeit des Partners, beruflicher Stress). BODENMANN (2000, 2003) unterscheidet drei Formen von Copingstrategien zur dyadischen Bewältigung von Belastungen. Wenn beide Partner die Probleme mittels gemeinsamer Anstrengung zu bewältigen versuchen, findet ›dyadisches Coping‹ statt. Beispiele dafür sind Lösungsdiskussionen oder Aufgabenteilungen. Diese Form kommt u.a. bei der Bewältigung von externen Stressquellen zum Tragen, bei einer beidseitigen Betroffenheit und unter der Voraussetzung, dass beide Partner Einflussmöglichkeiten haben. ›Supportives dyadisches Coping‹ ist die Unterstützung eines Partners zugunsten des anderen. Mithilfe im Haushalt ist eine Form des ›sachbezogenen supportiven Copings‹. Trost spenden, Aufmuntern und dergleichen sind ›emotionsbezogene supportive Copingformen‹. Letztere sollen zur Anwendung kommen, wenn eine Partnerin oder ein Partner ohne Verschulden von einer Belastung betroffen ist und über die schlechteren Ressourcen verfügt. Die dritte Form, das ›delegierte dyadische Coping‹, beschreibt, wie ein Partner explizit um Unterstützung bittet und in der Folge Aufgaben oder Tätigkeiten zur Entlastung abgeben kann. HOFER (2002, S. 31) fügt zu diesen Ausführungen die Anmerkung hinzu, dass das dyadische Coping generell dann zur Anwendung kommen sollte, »wenn beide Partner gleiche Ziele verfolgen und wenn sie in den Einschätzungen des Stressors übereinstimmen«. Nach BODENMANN (2003, S. 501) hat dyadisches Coping nicht nur eine stressreduzierende Wirkung, sondern es führt zu einem bewältigungskompetenten Paar, zum Aufbau eines ausgeprägten »Wir-Gefühls«, zu mehr Vertrauen und Intimität und zur Festigung der Gewissheit, dass der Partner verlässlich ist. Diese Faktoren haben wiederum einen Einfluss auf die Beziehungsqualität und auf die Beziehungsstabilität. Nach BODENMANN (2003) sind die individuellen Kompetenzen und Strategien bei der Bewältigung von Belastungen für den Verlauf und für die Qualität der Partnerschaft und für die Minimierung des Scheidungsrisikos relevant. Vorteilhafte Bewältigungsstrategien gehen mit einem niedrigen Risiko für körperliche und psychische Beschwerden und mit einer hohen Lebenszufriedenheit einher. Beispiele dafür sind positive Selbstgespräche, Informationsbeschaffung, Umbewertung von Situationen. Beispiele von dysfunktionalen individuellen Copingstrategien sind Passivität, Vermeiden, Ignorieren oder Verleugnen von Problemen, Konsum von Alkohol und Nikotin, Vorwürfe gegenüber sich selbst und anderen.

24

2.2.7

PARTNERSCHAFTSQUALITÄT UND PARTNERSCHAFTSSTABILITÄT

Partnerschaftsqualität und Partnerschaftsstabilität als protektive und stabilisierende Faktoren für die Entwicklung der Beziehungszufriedenheit sind empirisch eng miteinander verknüpft. Sie basieren jedoch auf unterschiedlichen Konzepten. Einerseits ist die Partnerschaftsstabilität eine kontinuierliche Zustandsvariable, die durchaus Schwankungen unterlegen ist und mit der Zeit unterschiedlich starke Ausprägungen haben kann. Andererseits kann die Partnerschaftsstabilität als Merkmal verstanden werden, das sich »post hoc im Weiterbestehen oder Auflösen der Beziehung manifestiert« (2003, BRANDTSTÄDTER & FELSER, S. 59). Partnerschaftsqualität wird definiert als Partnerschaftszufriedenheit und stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Partnerschaftsstabilität dar. Die Abbildung im Anhang 10.2 verdeutlicht den komplexen Zusammenhang zwischen Qualität und Stabilität. BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003) haben in einer empirischen Langzeitstudie (vgl. Kapitel 2.2.3) dargelegt, in welchem Ausmass folgende fünf differentielle Merkmale einen Beitrag leisten zur Vorhersage der Partnerschaftsqualität: soziodemografische Merkmale wie z.B. Heiratsalter, Geschlecht, Anzahl Kinder; Befindlichkeitsvariablen wie z.B. Lebenszufriedenheit; Bewältigungsvariablen wie z.B. eine hartnäckige Zielverfolgung; dyadische Variablen wie z.B. das Erleben der Unterstützung durch den Partner oder das Äussern von Veränderungswünschen an den Partner und schliesslich Equity-Masse wie die Beiträge der Partner oder die in der Beziehung erlebte Gerechtigkeit und Fairness. BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003, S. 48) kommen zum Schluss, dass soziodemografische Merkmale kein Prädiktor für die Partnerschaftsqualität sind. Zur Risikogruppe für Konflikte und unzufriedene Gefühle in der Beziehung gehören jene Personen, die bei der Verfolgung ihrer individuellen Ziele keinen Halt durch den Partner erfahren, nur einen kleinen »Entwicklungsgewinn« erleben und ihre eigene Ziel- und Verhaltensorientierung inkongruent zu jener des Partners erleben. Wenn dieser Prozess gleichzeitig mit einer geringen Bereitschaft oder Fähigkeit zur flexiblen Anpassung der eigenen Wünsche und Ziele einhergeht, ist ebenfalls eine geringere Partnerschaftsqualität zu verzeichnen. Mangelnde Fairness und Gerechtigkeit sind zentrale Indikatoren für eine »gestörte Partnerbeziehung«. Weiter kommen BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003) zur Erkenntnis, dass sich die Partnerschaftszufriedenheit mit zunehmender Dauer der Ehe verringert. Allerdings kompensieren Zufriedenheit, persönliche Zielerfüllung sowie stabilitätssichernde Faktoren wie das Erleben von Fairness, Gerechtigkeit und Unterstützung den Qualitätsverlust. Eine niedrige Beziehungszufriedenheit kann jedoch auch einhergehen mit einer hohen Stabilität. Und eine hohe Stabilität wiederum schliesst eine tiefe Beziehungszufriedenheit nicht aus. Hier wurden im Rahmen der Studie weitere (austauschtheoretische) Kontextfaktoren zur differenzierten Betrachtung der Partnerschaftsqualität und der Partnerschaftsstabilität bestätigt. Die Attraktivität von alternativen Möglichkeiten einerseits und die Trennungshindernisse andererseits hängen

25

wechselseitig voneinander ab. Die Auflösung einer Partnerschaft wird eher in Betrachtung gezogen, wenn keine Hindernisse, wie z.B. finanzielle Anschlussprobleme oder rechtliche Differenzen, beachtet werden müssen und wenn die »vorgestellten alternativen Lebens- und Entwicklungsumstände ausserhalb der Partnerschaft als attraktiv erlebt werden« (BRANDTSTÄDTER & FELSER, 2003, S. 15). Subjektive innere und äussere Trennungsbarrieren bzw. Gründe, die aus Sicht der Partner gegen eine Trennung sprechen, korrelieren mit der historischen Entwicklung. Im Vergleich zu früher sind Frauen heute ökonomisch unabhängiger; religiöse Beschränkungen wurden gelockert, einerseits weil die Religiosität im Allgemeinen abgenommen hat, andererseits weil die kirchliche Institutionen zunehmend toleranter werden; eine Trennung ist legal gut durchführbar; das Vorhandensein von Kindern fällt weniger als früher ins Gewicht; soziale Barrieren wie beispielsweise die Stigmatisierung als geschiedene Frau ist weniger ein Thema und das Zusammenleben ohne Trauschein wird zunehmend als Alternative zur Ehe akzeptiert; dadurch dass die Frauen vermehrt in zahlreichen beruflichen Sparten tätig sind, steigen die Chancen, Menschen zu begegnen. Für BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003, S. 32) wurde weiter eindeutig bestätigt, dass die Beziehungsqualität und die Beziehungsstabilität Ausdruck sind von »Koordinationsstrategien und adaptiven Mechanismen, die das Beziehungssystem gegen Belastungen verteidigen und dauerhaft stabilisieren«. Adaptive Ressourcen, Risikofaktoren und Konfliktbereiche in einer Partnerschaftsbeziehung sind entwicklungsbedingte Faktoren und sie sind empfänglich für historische, lebens- bzw. familienzyklische Veränderungen sowie ontogenetische Veränderungen, die die Entwicklung des Individuums betreffen.

2.2.8

INTEGRATIVE PERSPEKTIVE

Nach LÖSEL UND BENDER (2003) wird keine einzige theoretische Perspektive der Komplexität der Paarbeziehung gerecht. Eine integrative Theorie, die mehrere Ebenen der Paarbeziehung und der Familie berücksichtigt, existiert noch nicht. LÖSEL UND BENDER (2003) vereinen die theoretischen Konzepte, die soeben in den Kapiteln 2.2.1 bis und mit 2.2.7 vorgestellt wurden, in ein integratives Resilienz-Modell der Partnerschaft und Ehe. Abbildung 2 auf Seite 27 präsentiert das Modell, welches die Erlebens- und Verhaltensprozesse in Paarbeziehungen auf einer psychischen und mikrosozialen Ebene erläutert. Einerseits trägt das Modell den flexiblen, gesellschaftlichen, biologischen, psychischen und interpersonalen Anpassungsprozessen auf differenzierte Weise Rechnung. Andererseits bietet es Spielraum für die Adaption von konkreten Fällen. Die linke Seite des Modells beinhaltet mögliche Risiken, die im Laufe der Zeit in der Paarbeziehung auftreten können. Dazu gehören Vulnerabilitäten oder Verwundbarkeiten, die bei-

26

spielsweise durch eine unglückliche Kindheit oder durch physische Defizite auftreten. Hinzu kommen langandauernde Belastungen oder Stressoren infolge einer chronischen Krankheit oder Armut, kritische Lebensereignisse wie die Geburt oder der Auszug von Kindern oder alltägliche Widrigkeiten, wie z.B. Konfliktsituationen im Beruf oder Zeitdruck. Im mittleren Teil der Abbildung sind die sogenannten »vermittelnden Prozesse« angesiedelt (S. 67). Sie repräsentieren im oberen Bereich die personalen, im unteren Bereich die sozialen Ressourcen. Diese Ressourcen können das Bewältigungsverhalten und die Interaktion direkt oder indirekt via kognitiv-emotionaler Handlungsregulation beeinflussen. Durch das Vorhandensein einer sicheren Bindung können Missklänge oder unvermeidliche Belastungen gut aufgefangen werden. Eine unsichere Bindung führt z.B. infolge Misstrauen oder Angst vor Ablehnung zu einer möglichen zusätzlichen Stress- oder Konfliktquelle. Gemeinsame Ziele, Werte und Einstellungen haben eine protektive Funktion, verringern die Dissonanzen und erleichtern dem Paar die dyadische Bewältigung von externen Belastungen. Auf der rechten Seite befinden sich die sogenannten »Output-Variablen« des Modells (S. 69). Dabei geht es um die Betonung von Bewältigungs-, Kommunikations- und Interaktionsmustern, die insbesondere in den lernund austauschtheoretischen und in den Coping-Perspektiven behandelt werden. Die OutputVariablen gelten nach LÖSEL UND BENDER (2003; zit. nach KARNEY & BRADBURY, 1995) einerseits als valide Prädiktoren der Beziehungsqualität, andererseits können sie indirekt auf vorhandene Störungen in der Beziehungsqualität hinweisen. Auch BIERHOFF UND GRAU (1997) und BIERHOFF (2003) versuchten verschiedene Beziehungstheorien miteinander zu vereinen. Dies führte zum Modell der Big Five des partnerschaftlichen Erlebens, welches die Dimensionen enger Beziehungen misst. Dieses Instrument wurde dem lexikalischen Ansatz der Big Five-Faktorenanalyse der Persönlichkeitstheorien entlehnt. Die Big Five-Faktorenanalyse ist sowohl für die Grundlagenforschung als auch für den angewandten Bereich, z.B. im Rahmen einer Ehetherapie, von Bedeutung. Fünf Faktoren – Liebe, Konflikt, Altruismus, Investment und Sicherheit – repräsentieren das gesamte Spektrum an Beziehungserfahrungen in der Partnerschaft. Die Faktoren zeichnen sich darüber hinaus verantwortlich für die Qualität von engen Beziehungen. Die Überlegungen von BIERHOFF (2003) und BIERHOFF UND GRAU

(1997) stützen sich grösstenteils auf die inhaltliche Auswertung jener Theorien

enger Beziehungen, die in den Kapiteln 2.2.3 bis und mit 2.2.6 erörtert worden sind. Dies sind im Detail die Folgenden: Theorie von Liebes- und Bindungsstilen nach LEE (1976) UND BOWLBY (1969), Theorie der Austausch- und sozialmotivierten Beziehungen nach CLARK UND MILLS (1993), die Theorie von Investment und Commitment von RUSBULT (1983), die Theorie der Beziehungsnähe nach BERSCHEID ET AL. (1989) und die Überlegungen von HAHLWEG ET AL. (1992) zur verbalen und nonverbalen Kommunikation.

27

Abbildung 2: Das Resilienz-Modell der Paarbeziehung nach LÖSEL UND BENDER (2003)

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Veränderungen

Personale Ressourcen z.B. - Persönlichkeit - Kognitive und soziale Kompetenzen - Physische Attraktivität

Überdauernde Vulnerabilitäten Langandauernde Belastungen Kritische Lebensereignisse Alltägliche Widrigkeiten

Kognitivemotionale Regulation z.B. - Bindungsstil - Ziele, Werte, Standards - Selbstbezogene Kognitionen - Attributionen und Interpretationen

Kommunikation Interaktion Copingverhalten

Qualität der Beziehung

Soziale Ressourcen z.B. - Soziale Unterstützung - Materielle Ressourcen - Rollenvorbilder

Biologische Strategien und Verhaltensprogramme

Investitionen Barrieren Alternativen

Stabilität der Beziehung

28

2.3

LEBENSWELT ORGANISATION

Dieses Kapitel ›Lebenswelt Organisation‹ beleuchtet die Beziehungsprozesse im Unternehmen. Eine Organisation ist »ein strukturiertes, soziales System, das aus Individuen und Gruppen besteht, die zusammenarbeiten, um vereinbarte Ziele zu erreichen. Eng verbunden mit dem Terminus ›Organisation‹ sind die Konzepte Effektivität, Effizienz und Produktivität« (WEINERT,

2004). Zuerst folgen Ausführungen zu den Charakteristika sozialer Beziehungen am Ar-

beitsplatz im Allgemeinen. Dann folgt ein – aufgrund der dürftigen Forschungslage nur kurzer – Exkurs zu romantischen und intimen Beziehungen im Kontext des Unternehmens. Schwerpunkte, welche insbesondere die Frau und ihre berufliche Tätigkeit betreffen, werden im Kapitel 2.4 ›Lebenswelt Frau‹ näher betrachtet.

2.3.1

SOZIALE BEZIEHUNG UND ARBEITSBEZIEHUNG

Nicht nur die Paarbeziehung, auch die Beziehung am Arbeitsplatz spielt im Alltag des Menschen eine wesentliche Rolle. Charakteristisch für die Beziehung am Arbeitsplatz ist die ausgeprägte »Organisiertheit des sozialen Kontext« (HEIDBRINK, LÜCK & SCHMIDTMANN, 2009, S. 85). Beziehungen am Arbeitsplatz haben folgende Merkmale: Einbettung in einen grossen sozialen Kontext (z.B. Abteilung, Unternehmen, Kunden, Kooperationen); Fremdbestimmung aufgrund von allgemeinen Richtlinien oder Vorgaben des Vorgesetzten; Vorhandensein einer »partiellen Intransparenz« von Geschehnissen und Beziehungen im Unternehmen; Konfrontation mit einer Leistungsanforderung, die mit regelmässigen Beurteilungen und Belohnungen (z.B. in Form von Lohn oder Beförderung) verknüpft ist; Erleben eines sach- statt emotionsorientierten Klimas und schliesslich die Konkurrenz um Ressourcen. Die meisten Männer und eine zunehmende Anzahl von Frauen verbringen den grössten Teil ihres Lebens am Arbeitsplatz. Ausgehend von einem sieben- bis achtstündigen Arbeitstag vom 18. bis zum 65. Lebensjahr kommen gemäss HEIDBRINK ET AL. (2009) nahezu 100’000 Stunden zusammen. Nebst dem engsten Familienkreis ist der Arbeitsplatz das zweitwichtigste soziale Umfeld (HEIDBRINK ET AL.,

2009; zit. nach STEWART, 1985). Die Arbeit bietet eine Plattform für das Erreichen von ge-

meinsamen Zielen und Erfahrungen, aber auch für den Umgang mit belastenden Situationen und Schwierigkeiten und für das Erleben einer gleichen Unternehmenskultur. Überdies sprechen Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen bei der Arbeit und in ihrem Fachgebiet eine gemeinsame Sprache. Formelle Beziehungen, wie beispielsweise die Beziehung zum Vorgesetzten, sind durch die Struktur der Organisation geprägt. Informelle Beziehungen entstehen durch selbstbestimmte Kontakte, die z.B. in der Kaffee- oder Mittagspause entstehen. Die Sympathie zwischen den Interaktionspartnern ist umso grösser, je ähnlicher die Wertvorstellungen und die gemeinsamen Interessen und Attribute sind. Dies kann den Interaktionsmodus erhöhen und zu einem vermehrten Kontakt ausserhalb des Arbeitsplatzes führen. HEIDBRINK ET AL. un-

29

terscheiden je nach Intensität der formellen-informellen Beziehung Arbeitsbekanntschaften, Arbeitsfreundschaften und private Freundschaften (2009; zit. nach HENDERSON & ARGYLE, 1985). Bestimmte Tätigkeiten, Arbeitsumstände oder Fertigkeiten können das Zustandekommen von Beziehungen innerhalb oder ausserhalb des Arbeitsplatzes fördern bzw. hemmen. Eine Schichtarbeiterin mit häufig wechselnden Arbeitszeiten und Tagesrhythmen hat mehr Mühe soziale Beziehungen zu pflegen. Ein Bauarbeiter kann durch den Verkehrslärm während der Arbeitszeit kaum mit seinen Teamkollegen sprechen. Der Beruf erhöht die Wahrscheinlichkeit, mit bestimmten Berufsgruppen informell in Kontakt zu kommen. Beispielsweise verkehren akademische und nicht-akademische Berufsgruppen ausserhalb der Arbeitsbeziehung eher selten miteinander (GASKA & FREY, 1992). Unabhängig

von

der

Beziehungsart

vermitteln

die

arbeitsbezogenen

und

nicht-

arbeitsbezogenen Interaktionen dem Individuum eine persönliche Zufriedenheit. Tragfähige Beziehungen haben weiter eine positive Wirkung auf die Befindlichkeit, indem sie das Mass an Stressempfindlichkeit verringern. Das Erleben sozialer Unterstützung kann schädliche Auswirkungen – gerade in krisenhaften Situationen – verhindern oder dämpfen (HEIDBRINK ET AL., 2009). Für Berufstätige sind nicht nur die zwischenmenschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz wichtig. Auch eine ausgewogene Work-Life-Balance und die Vereinbarkeit des Berufs mit den privaten Beziehungen haben zunehmend einen hohen Stellenwert (HEIDBRINK ET AL., 2009; zit. nach LINNEWEH, 2002).

2.3.2

LIEBESBEZIEHUNGEN AM ARBEITSPLATZ

SICKENDIEK (2009) hält im ›Handbuch Persönliche Beziehungen‹ fest, dass zu Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz kaum fundierte wissenschaftliche Studien vorliegen. Ratgeberliteratur für den Fall, dass es im Büro knistert sowie Häufigkeitserhebungen, die durch Sozialforschungsinstitute im Auftrag von Frauenzeitschriften durchgeführt werden, gibt es jedoch in grosser Anzahl. Diese Untersuchungen beziehen sich meistens auf heterosexuelle Beziehungen, auf das Verhältnis zwischen Sekretärin und Vorgesetzten oder auf gemeinsam arbeitende Manager und Managerinnen. Für SICKENDIEK (2009) sind Liebe und Sex wie auch Freundschaft und soziale Unterstützung vernachlässigte, unbeliebte oder unangebrachte Forschungsbereiche in der Soziologie und in der Organisationspsychologie. Die Studien beziehen sich am ehesten noch auf die Paarbildung zwischen Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz und die Folgen für den Betrieb. Gemäss NEUBERGER (1993) können Liebes- oder Intimbeziehungen am Arbeitsplatz – sei es zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden oder zwischen Gleichrangigen – durch die besondere »Koalitionsbildung« typische Steuerungsmöglichkeiten der Hierarchie aushebeln. Diese Beziehungen widersprechen für NEUBERGER (1993) der »organisationstypi-

30

schen Formalisierung und Abstraktifizierung« diametral. Denn es stehen statt arbeitsbezogene Aspekte wie Rationalität und Effizienz nicht-arbeitsbezogene Aspekte wie Emotionen und Gefühle im Vordergrund. Die Irritation, welche Diskussionen um Intimität in der Organisation auslösen, hängt für NEUBERGER (1993; zit. nach BURRELL, 1984) mit der Geschichte der Entwicklung der Zivilisation und der Arbeit in Organisationen zusammen. Diese wurde im Sinne einer Entsinnlichung umfunktioniert und stellte das Realitätsprinzip statt das Lustprinzip in den Vordergrund. Abschliessend erwähnt NEUBERGER (1993, S. 272), dass Männer und Frauen, die zusammen arbeiten, ihre Geschlechtlichkeit nicht »am Firmentor« abgeben können. In Forschungen wurde nachgewiesen, dass Nähe und Kontakt Voraussetzungen sind für die Attraktion und in Anbetracht dessen, dass Männer und Frauen tagtäglich zusammenarbeiten, überrascht es nicht, dass neben Kollegialität und Solidarität auch Zuneigung und Anziehung entstehen.

2.4

LEBENSWELT FRAU

Auf der Ebene der Frau und ihrer beruflichen Tätigkeit stehen folgende Themen im Zentrum: Einerseits fällt der Blick auf die statistischen Aussagen zum aktuellen Stand des Arbeitsengagements der Frau, wobei sowohl die bezahlte berufliche Arbeit als die nicht-bezahlten Tätigkeiten, die beispielsweise im Rahmen der Haushaltsführung und der Kinderbetreuung anfallen, behandelt werden. Andererseits führt das Thema Frau und Berufstätigkeit fast automatisch zu geschlechterbezogenen Themen wie beispielsweise Frauen und Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Frauen in Führungspositionen. Eine eingehende Beleuchtung der theoretischen Grundlagen in diesem Bereich ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit jedoch leider nicht möglich und nicht sinnvoll, denn zahlreiche wissenschaftliche Paradigmen tangieren Gender- und Geschlechterthemen wie beispielsweise die Ehe- und Familiensoziologie, die Organisationssoziologie, die Arbeits- und Organisationspsychologie, die Gesundheitspsychologie, die Familienpsychologie usw. Die grosse Vielfalt und die Breite des Spektrums können in dieser Arbeit wohl kaum gebührend berücksichtigt werden. Aufgrund des explorativen Charakters der nachfolgenden Analyse ist noch nicht absehbar, welche spezifischen Schwerpunktthemen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf von den befragten Personen angesprochen werden. Dies ist Bestandteil der deduktiven Materialaufbereitung. Die vorliegende Studie verknüpft die Themenfeldern Frau, Berufliche Tätigkeit und Organisation miteinander. Im Wissen um die Relevanz und um die aktuelle Bandbreite der Genderthematik erfolgen in Kapitel 2.4.1 lediglich eine kurze Betrachtung zur Entstehung von Geschlechtsunterschieden aus Sicht der Sozialpsychologie in Anlehnung an HANNOVER (2010) sowie einige knappe Ausführungen zur Konzeptionalisierung von Geschlecht in der Arbeits- und Organisationspsychologie in Anlehnung an NENTWICH UND STANGEL-MESEKE (2010).

31

2.4.1

GESCHLECHT UND GENDER

Nach STEINS (2010) haben mit der feministischen Sichtweise und mit dem sozialen Konstruktivismus zwei Metaperspektiven die Geschlechterforschung befruchtet. Die feministische Position gibt es nicht. Es existieren in der Metaperspektive des Feminismus unterschiedlich stark ausgeprägte Sichtweisen, welche alle in ihrem Kern die herrschenden Machtverhältnisse in der Gesellschaft kritisieren. Seit den 1980er Jahren macht die feministische Geschlechterordnung eine Unterscheidung zwischen ›Sex‹ und ›Gender‹. Mit dem englischen Begriff ›Sex‹ ist das biologische Geschlecht gemeint, mit dem Begriff ›Gender‹ sind die sozialen Auswirkungen des biologischen Geschlechts und damit das soziale Geschlecht gemeint. Diese Begriffe sind gemäss STEINS (2010, S. 13) nicht ganz unproblematisch, da historische, soziale und kulturelle Motive zu wenig beachtet werden. Mit dem Begriff ›doing gender‹ dagegen »verinnerlicht jeder Mensch vor seinem zeithistorischen Hintergrund diese Inhalte und trägt so zum Transport des jeweiligen Verständnisses von Geschlecht in die Alltagswelt bei.« Die Beschäftigung mit Gender wird auch ›Genderperspektive‹ genannt. Auf diese Weise werden beide Geschlechter betrachtet »und in ihrer Differenz zueinander wahrgenommen« (STEINS, 2010, S. 13). Das ›Gender Mainstreaming‹ bzw. das Herstellen einer Chancengleichheit für beide Geschlechter setzt gemäss STEINS (2010) eine Genderkompetenz oder die Fähigkeit zur Erkennung und Berücksichtigung von Genderaspekten voraus. Der soziale Konstruktivismus als zweite Metaperspektive stellt die Wirklichkeit, welche wir als real empfinden, in Frage. Diese Denkrichtung besagt, dass die Wahrnehmung des Individuums geprägt ist vom kulturellen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Kontext. Die Geschlechterforschung erfuhr und erfährt durch diese Strömung kritische Anregungen. Der soziale Konstruktivismus ist ein soziales und kulturelles Paradigma, welches besagt, dass die sozialen Prozesse des Erlebens und Verhaltens den Menschen formen und weniger die biologischen Aspekte des Menschen in den Vordergrund stellen.

2.4.2

GESCHLECHT IM KONTEXT DER PSYCHOLOGIE

Aus sozialpsychologischer Optik wird Geschlecht gemäss HANNOVER (2010) primär nicht als ein charakteristisches Merkmal des Individuums betrachtet, sondern es geht eher darum, wie Geschlecht in einem sozialen Kontext gebildet wird. Unter den Prämissen, dass die Menschen gewisse Vorstellungen von Geschlechtsstereotypen haben, welche kognitiv im Gedächtnis verankert sind und dass diese stereotypen Vorstellungen auf die soziale Interaktion wirken, geht es bei der sozialpsychologischen Forschung um die Analyse von Situationsfaktoren in Abhängigkeit vom Geschlecht (HANNOVER, 2010; zit. nach DEAUX & LAFRANCE, 1998). Geschlechtsrollenstereotypen wirken in sozialen Situationen auf der einen Seite auf die Wahrnehmung des Selbst und auf der anderen Seite auf die Fremdwahrnehmung. Wenn beispiels-

32

weise während einer konkreten Interaktion auf das Geschlecht psychologisch fokussiert wird, werden geschlechtsrollenstereotypische oder auch sozial geteilte Annahmen über Mann und Frau aktiviert. Dadurch schreiben Menschen sich selbst und anderen in Abhängigkeit ihres Geschlechts »deskriptiv und präskriptiv unterschiedliche Personeigenschaften, Interessen und Aktivitäten oder Aufgaben, Fähigkeiten, Rollen und emotionale Dispositionen zu« (HANNOVER,

2010, S. 27). Diese resultieren wiederum in unterschiedlichen Erwartungen und Verhal-

tensweisen. Diese Wechselwirkung führt eher zu einer Aufrechterhaltung und weniger zu einer Abnahme geschlechtstypischer Verhaltensweisen. Situationsbedingte Aspekte, welche zu einer Aktivierung der Geschlechtsrollenstereotypen beitragen, sind nach HANNOVER (2010) die gemischt- statt getrenntgeschlechtlichen Gruppenkonstellationen; die Betonung der sozialen Vergleiche zwischen den Geschlechtern sowie geschlechtstypisierte Aktivitäten und das Hervorheben von Aspekten physischer Attraktivität. Anschliessend folgt eine kurze arbeits- und organisationspsychologische Betrachtung zum Thema Geschlecht in der Psychologie. NENTWICH UND STANGEL-MESEKE (2010; zit. nach HARDING,

1990) greifen die Geschichte des Feminismus ebenfalls auf. Sie beschreiben, wie in den

1960er Jahren die feministische Wissenschaftstheorie und -kritik darlegte, dass Forschungen praktisch ausschliesslich von Männern und über Männer betrieben wurden. Als Gegenbewegung zu einer nahezu geschlechtsneutralen und objektiven Betrachtungsweise plädierte die neue Frauenforschung für einen geschlechtsspezifischen Standpunkt. Diese Forderung wurde ebenfalls mit HARDING (1990) wissenschaftstheoretisch begründet. In diesem Rahmen betreibt die neue Frauenforschung »Forschung von Frauen über Frauen für Frauen« mit dem Ziel, Leben, Handeln und Erleben der Frauen sichtbar zu machen. Die Frauenforschung nimmt einen wichtigen Stellenwert ein. Eine alleinige Betrachtung der Situation der Frau stösst jedoch für NENTWICH UND STANGEL-MESEKE (2010) an ihre Grenzen. Wenn beispielsweise in einem Forschungsprojekt aufgezeigt wird, dass Frauen auf dem Bauernhof oder im Hotel unentgeltlich arbeiten, erhält die Sache eine ganze andere Dynamik, wenn bekannt ist, dass die Männer zur gleichen Zeit sehr wohl einen Lohn erhalten haben. Die Entwicklung der Frauen- und Geschlechterforschung führt damit in Richtung Geschlechterverhältnisforschung, welche aufzeigt, dass Organisationen nicht geschlechtsneutral sind. Studien unterstreichen, dass damit auch der Arbeitsplatz geschlechtsspezifisch strukturiert ist und dass das Geschlecht auf die Platzierung in der Organisation prägend einwirkt. Dies hat wiederum Folgen bezüglich Aufstiegsmöglichkeiten, Salär und Status (zit. nach BIELBY & BARON, 1987; COCKBURN & ORMROD, 1997; WETTERER,

1995). Es geht dabei um das Verhältnis zwischen Mann und Frau in der Gesellschaft und

um die Beschreibung von Verhältnissen und Strukturen, welche zu Unterschieden zwischen Mann und Frau führen. Folgende Fragen würden beispielsweise in das eben genannte Forschungsprojekt einfliessen können: In welchen Bereichen haben Männer und Frauen eigen-

33

ständig und wo haben sie unter- bzw. übergeordnet oder gleichberechtigt gearbeitet? Worin liegt bei typischen Männer- und Frauenberufen der Unterschied zwischen Ausbildung und beruflicher Tätigkeit? Die Geschlechtsverhältnisforschung nahm anfänglich die Perspektive einer fehlenden Berücksichtigung und einer Diskriminierung der Frau ein. Die Männer wurden quasi als geschlechtsneutral und weniger erklärungsbedürftig betrachtet und blieben unerforscht. In den 1990er Jahren wurden zunehmend Männer im Management Gegenstand der Forschung. Die Abbildung im Anhang 10.3 zeigt zusammenfassend eine Übersicht über die vier Forschungsperspektiven im Bereich Geschlecht. Heute sucht die Geschlechterforschung im Kontext von Arbeit und Organisation nach Antworten auf Fragen, wie beispielsweise Geschlecht interaktiv in komplexen sozialen Prozessen hergestellt wird und welche Folgen daraus für das Unternehmen entstehen. Die Verwobenheit des Geschlechts mit der Organisation soll hervorgehoben werden. Arbeits- und organisationspsychologische sowie sozialpsychologische Forschungen konzentrieren sich auf folgende vier Themenbereiche: Berufseinstieg bzw. Berufsbiografie; Führung und Geschlecht; Arbeit und Gesundheit; die sozialen und familiären Auswirkungen bei unterschiedlichen Arbeitsformen. Die Forschungen zu den Themen Frau und Führung oder Frau und Karriere sind überrepräsentiert (NENTWICH & STANGEL-MESEKE, 2010; zit. nach PLEISS & RESCH, 2003, 2005)

2.4.3

ZAHLEN UND DATEN ZU FRAU UND BERUF

STRUB UND BAUER (2002) haben im Auftrag des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Mann und Frau die Situation in der Schweiz bezüglich der Aufteilung von unbezahlter und bezahlter Arbeit in Familien untersucht. Die Datenaufarbeitung stützt sich primär auf die Daten der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung des Jahres 2000 (SAKE 2000). Die Stichprobe umfasst 17'733 Personen der ständigen Schweizer Wohnbevölkerung ab 15 Jahren. Bei der Analyse der Verteilung der Erwerbs- und Hausarbeit kommt die Studie zum Schluss, dass die unbezahlte und die bezahlte Arbeit zwischen den Geschlechtern ungleich verteilt ist. Die Männer sind praktisch alle zu 100% erwerbstätig, und zwar unabhängig davon, ob sie ledig oder verheiratet sind, in Konsensualpartnerschaft leben und ob sie Kinder haben oder nicht. Die weibliche Erwerbsquote liegt bei 80%, d.h. 2 von 10 Frauen im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und dem Pensionsalter sind nicht erwerbstätig. Oft handelt es sich um kleine Pensen, im Durchschnitt erzielen die Frauen 23 Erwerbsstunden im Vergleich mit den Männern mit 40 Erwerbsstunden. Zwischen 1980 und 2000 ist die Erwerbsquote der Frauen von 34% auf 45% angestiegen (bei einem Mindestpensum von 6 Wochenstunden Erwerbstätigkeit). Die Erwerbsquote der Männer blieb mit 62% konstant. Die Ungleichverteilung der Arbeit bei Paaren verstärkt sich einerseits mit einer Heirat und andererseits mit der Zunahme der Anzahl Kin-

34

dern. Der Erwerbsarbeitsanteil bei den Frauen nimmt in der Folge entsprechend ab von 54% (Paare ohne Kind) auf 24% (Paare mit 3 und mehr Kindern). Die Männer in der Schweiz leisten nur rund halb so viel an Familien- und Hausarbeit wie die Frauen. Die Frauen übernehmen zu Hause meistens die typischen repetitiven Arbeiten wie Kochen, Putzen, Aufräumen und Abwaschen. Die Männer engagieren sich stark im Bereich der Kinderbetreuung, insbesondere bei der Hausaufgabenbetreuung, beim Spielen und bei der Ausführung von administrativen und handwerklichen Arbeiten. Der Beitrag der Männer zugunsten einer gemeinsamen Bewältigung der Haushaltsarbeiten hat leicht zugenommen. Die Hauptverantwortung für die Haushaltsarbeit liegt zu 79% im Verantwortungsbereich der Frau. 17% der Paarhaushalte tragen die Verantwortung gemeinsam und lediglich in 3% der Fälle ist die Hauptverantwortung Sache des Mannes. Im Vergleich mit umliegenden Ländern (Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Niederlande und Portugal) ist die Struktur der Ungleichverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit sehr ähnlich. Eine aktuellere Studie des Bundesamtes für Statistik BFS (2008) zu Stand und Entwicklung der Gleichstellung von Mann und Frau kommt zu keinen wesentlich anderen Schlussfolgerungen wie die Studie von STRUB UND BAUER (2002). Ergänzend stellt das BFS (2008) im Bereich der Erwerbsmodelle in Partnerschaften eine zunehmend leichte Differenzierung fest. Das ›traditionelle Ernährermodell‹, bei welchem der Partner vollzeitig erwerbstätig ist und die Partnerin nicht-erwerbstätig, nimmt seit 1992 kontinuierlich ab. Insbesondere bei Haushalten mit Kindern unter 7 Jahren. Das Modell, bei welchem beide Partner nicht-erwerbstätig sind, hat vermutlich aufgrund der zunehmenden Frühpensionierungen zugenommen und die Modelle ›beide Partner Teilzeit erwerbstätig‹ und ›beide Partner Vollzeit erwerbstätig‹ werden etwas stärker als früher gelebt.

35 »I will love you monday and you will hurt me tuesday I will kill you thursday if you don't stop me wednesday forgive you on a friday reunion on a saturday forgotten all on sunday 365 days of a year running around, running around and going nowhere 365 days and nights 365 tries to make it right.« Aura Dione – I Will Love You Monday (2009)

3

METHODOLOGIE

3.1

AUSGANGSLAGE UND FRAGESTELLUNG

Im Kapitel 2 wurde erläutert, dass zurzeit keine einzige theoretische Perspektive der Komplexität der Paarbeziehung gerecht wird und dass eine integrative Theorie, die mehrere Ebenen der Paarbeziehung und der Familie berücksichtigt, noch nicht existiert (LÖSEL & BENDER, 2003). Aus diesem Grund und unter der Prämisse, dass diese Prozesse beim Zusammen-Leben-undArbeiten eine existentielle Rolle einnehmen, fokussiert sich die explorative Untersuchung – in Anlehnung an die theoretischen Modelle, welche im Kapitel 2.2 präsentiert wurden – auf vier Schwerpunkthemen: Ressourcen; Konflikte und Belastungen sowie Prozesse im Zusammenhang mit der Rollen- und Aufgabenverteilung. Daraus resultierend sollten negative und positive Determinanten zur Qualität und Stabilität eines solchen Partnerschaftstandems erfolgen. Diese Studie will im Spezifischen Folgendes untersuchen: Wie erlebt und gestaltet die ›Hotelfrau‹ ihre Beziehung, wenn sie sowohl mit ihrem Partner zusammenlebt als auch mit ihm verantwortlich ist für die Unternehmensführung? Entstehen durch die gemeinsame berufliche und persönliche Beziehungsgestaltung besondere Ressourcen und wenn ja, welche? Entstehen durch die gemeinsame berufliche und persönliche Beziehungsgestaltung besondere Konflikte und Belastungen und wenn ja, welche? Wie erlebt die ›Hotelfrau‹ im Laufe der Zeit die Rollenund Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau? Gibt es Determinanten, die die Qualität und Stabilität eines solchen Partnerschaftstandems behindern und/oder fördern?

3.2

BESCHREIBUNG DER STICHPROBE

3.2.1

SCHAUPLATZ HOTELLERIE & GASTRONOMIE

Als Schauplatz der Untersuchung wurde die Hotelbranche gewählt. Die Hotelbranche ist eine der wichtigsten Säulen des Tourismus. Der Tourismus als die viertwichtigste Schweizer Exportbranche erzielt gemäss HOTELLERIESUISSE (2009), dem Unternehmerverband der Schweizer Hotellerie, eine Bruttowertschöpfung von 12,6 Milliarden Franken. In Anlehnung an LAESSER

36

(2009, S. 102) wird ein Hotel oder hotelähnlicher Betrieb wie z.B. ein Resort oder ein Backpackerhotel definiert als eine »Betriebsstätte zur Beherbergung übernachtender Personen«. Voraussetzungen sind mindestens fünf »Keys oder privatisierbare Sphären« für die Gäste und ein minimales Dienstleistungsangebot. Im Jahr 2008 gab es insgesamt 5'582 Hotelbetriebe. Hotelleriesuisse kann keine statistischen Aussagen machen, ob ein Hotel durch eine einzelne Person oder durch ein Partnerschaftstandem geführt wird. Um einen Eindruck zu erhalten, wie viele Hotelbetriebe von einem Partnerschaftstandem geführt werden, wurde eine exemplarische Untersuchung im Tourismuskanton Graubünden durchgeführt. Mehr als 400 sternenklassifizierte Betriebe sind beim Regionalverband hotelleriesuisse Graubünden Mitglied (HOTELLERIESUISSE

GRAUBÜNDEN, 2009). Diese Mitgliederbetriebe repräsentieren knapp 70% des Zimmer-

angebotes des ganzen Kantons und erzielen über 80% der Logiernächte. Mindestens 50% bis 60% der klassifizierten Bündner Hotels werden durch ein Partnerschaftstandem geführt (HOTELLERIESUISSE, 2009).

3.2.2

INTERVIEWPARTNERINNEN

Mit einem Schreiben per E-Mail an fünfundzwanzig Verwandte, Bekannte, Geschäftspartnerinnen und -partner wurden ›Hotelfrauen‹ für das Forschungsvorhaben gesucht (siehe Anhang 10.4). Dazu gehörten auch der Einbezug von Ansprechpersonen bei den beiden grossen Unternehmerverbänden hotelleriesuisse und GastroSuisse. Innerhalb einer Woche meldeten sich nahezu zwanzig Frauen, die ihr Interesse am Forschungsprojekt bekundeten. Nach LAMNEK (2005) wurden für die Befragung typische Fälle ausgewählt. In Anlehnung an die Fragestellung und in der Annahme, dass jene ›Hotelfrauen‹, die über eine gewisse Zeit hinweg mit ihrem Partner leben und während mindestens 4 Tagen in der Woche mit ihm arbeiten, über entsprechende Erfahrungen verfügen, waren bei der Auswahl der Probandinnen folgende drei Kriterien primär massgebend: Die Frau lebt und arbeitet seit mindestens 3 bis 5 Jahren mit ihrem Partner oder mit ihrer Partnerin zusammen. Sie ist mindestens zu ca. 80% berufstätig und sie führt gemeinsam mit ihrem Partner oder mit ihrer Partnerin einen Hotelbetrieb oder eine hotelähnliche Unternehmung (wie z.B. eine Jugendherberge, ein Gasthaus oder eine Pension) in leitender Funktion. Die momentane rechtliche Lebensform (Ehe, nichteheliche Lebensgemeinschaft etc.), das Vorhandensein von Kindern und die Art des Besitzstandes der Unternehmung stellten keine Auswahlkriterien dar. Von sekundärer Betrachtung war eine gute Durchmischung in Bezug auf folgende unternehmerische und biografische Merkmale: die geografische Lage (z.B. Bergregion, Agglomeration, Stadt), Grösse und Art des Unternehmens (SterneKategorie) sowie Alter der Probandin, Anzahl Kinder und Dauer der Partnerschaft. Die jüngste Frau, die an der Studie teilgenommen hat, ist 35 Jahre alt, die älteste Frau steht mit 61 Jahre kurz vor der Frühpensionierung. Die ›Hotelfrauen‹ leben zwischen 8 und 37 Jahre mit

37

ihrem Partner zusammen und sie führen seit mindestens 7 Jahren und seit maximal 37 Jahren ein Hotelunternehmen. 14 Frauen sind verheiratet. Davon 13 in erster Ehe und eine Frau in dritter Ehe. Eine Frau ist geschieden, nachdem sie 14 Jahren mit ihrem Ex-Mann in der Hotellerie- und Gastronomiebranche zusammen gelebt und gearbeitet hat. Seit etwas mehr als 4 Jahren lebt und arbeitet sie mit ihrem neuen Partner, ebenfalls in einer Hotel- und Gastronomieunternehmung, zusammen. Eine ›Hotelfrau‹ arbeitet mit ihrem Ehemann, sie lebt jedoch nicht mehr mit ihm im gleichen Haushalt. An der Ehe möchte das Paar bis auf weiteres festhalten. 3 Paare haben keine Kinder, 1 Paar hat 1 Kind, 2 Paare haben je 3 Kinder und die meisten Paare, nämlich insgesamt 9 Paare, haben je 2 Kinder. Altersmässig gehört ein Drittel der Kinder in die Altersgruppe der 15- bis 20-Jährigen. 13 Kinder sind jünger als 14 Jahre, 4 Kinder sind älter als 20 Jahre. In etwa die Hälfte der ›Hotelfrauen‹ weisen berufliche Grundausbildungen und Weiterbildungen im Bereich Hotellerie & Gastronomie auf. Die anderen ›Hotelfrauen‹ absolvierten vor dem Einstieg in die Hotelbranche andere Grundausbildungen und anschliessend eine branchenspezifische Aus- und Weiterbildung. 8 der 15 ›Hotelfrauen‹ wohnen im Hotel selber oder in unmittelbarer Nähe. 6 ›Hotelfrauen‹ erreichen den Hotelbetrieb innert maximal einer Viertelstunde. Eine einzige ›Hotelfrau‹ hat einen Arbeitsweg von einer halben Stunde. Die folgende drei Abbildungen zeigen in tabellarischer Form die an der Studie beteiligten ›Hotelfrauen‹, das durchschnittliche Alter der Kinder und die Anzahl Kinder pro Paar.

Abbildung 3: Übersicht über die an der Studie beteiligten Frauen ›Hotelfrau‹

Alter in Jahren

Anzahl Jahre verheiratet oder liiert *= Folgebeziehung

B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B10 B11 B12 B13 B14 B15

61 43 37 42 52 50 48 50 47 54 41 35 59 45 42 Ø 47.1 Jahre

37 19 8 17 20 22 14, *4 19 21 32 15 10 *15 17 8 Ø 18.5 Jahre

Anzahl Jahre gemeinsam leben und arbeiten 37 18 8 10 21 15 18 16 21 32 18 7 24 13 8 Ø 17.7 Jahre

38

Abbildung 4: Alter der Kinder Alter Jünger als 5 Jahre 5–9 Jahre 10–14 Jahre 15–20 Jahre Älter als 20 Jahre Total

Anzahl Kinder 3 5 5 8 4 25

Prozent 12% 20% 20% 32% 16% 100%

Anzahl Paare 3 1 9 2 15

Prozent 20% 6,67% 60% 13,33% 100%

Abbildung 5: Anzahl Kinder pro Paar Anzahl Kinder pro Paar 0 1 2 3 Total

Die Unternehmen der ›Hotelfrauen‹ verfügen zahlenmässig über minimal 14 und maximal 300 Hotelbetten (Ø 80 Hotelbetten), über mindestens 35 und maximal 600 Restaurationssitzplätze (Ø 195 Sitzplätze) sowie über mindestens 8 und maximal 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Ø 45 Mitarbeitenden). 9 von 15 Unternehmen haben eine Sterne-Klassifizierung: 4 Hotels gehören zur ***-Kategorie, 4 Hotels zur ****-Kategorie und 1 Hotel zur *****-Kategorie. In 8 der 15 Fälle ist das Hotel im Besitze der Familie. 4 Paare haben den Betrieb als selbständig Erwerbende gemietet und 3 Paare führen das Hotel im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses. Die meisten Betriebe machen Betriebsferien. 4 Hotels sind während des ganzen Jahres geöffnet. 2 davon schliessen ihre Türe an ca. 3 Tage pro Jahr (Weihnachten). 10 Hotels sind zwischen 1 Woche und 7 Wochen pro Jahr geschlossen. Ein Hotelbetrieb ist während 12 Wochen nicht geöffnet. Die Schliessungszeiten der Hotels korrelieren nicht mit den effektiven Ferienzeiten der ›Hotelfrauen‹.

3.3

METHODE

Diese explorative Studie basiert auf einem Verfahren der qualitativen Sozialforschung. Wichtigste Methoden sind das halbstrukturierte Interview in Anlehnung an WITZEL (1989) und die qualitative Inhaltsanalyse nach MAYRING (2008). Beide Methoden werden im Kapitel 3.3.1 und 3.3.5 beschrieben. Die Wahl des Forschungszugangs fiel für die vorliegende Arbeit auf das qualitative Paradigma, um gemäss DIEKMANN (2004, S. 444) die Subjektbezogenheit und das Interesse an den »Sinndeutungen« gebührend zu berücksichtigen. Durch die Offenheit bezüglich der verwendeten Fragen, Antworten und Methoden in den Interviews wird versucht, die subjektive Sichtweisen und die lebensweltlichen Relevanzstrukturen der befragten Personen aufzudecken. Die qualitativen halbstrukturierten Interviews wurden mit den Frauen alleine durchgeführt und nicht

39

unter Anwesenheit der (Ehe-)Partner. Dies geschah einerseits um nicht mit allfälligen Erwartungshaltungen oder unterschiedlichen Meinungen sowie gegenseitigen Gesprächsunterbrechungen und Richtigstellungen zwischen dem Paar konfrontiert zu sein und andererseits, weil sich die meisten Theorien der Paarbeziehungsforschung gemäss GRAU (2005) eher auf das Individuum als auf das Paar konzentrieren. Dritter und wesentlicher Punkt war die bewusste Beleuchtung des Erlebens und Verhaltens der Frau in dieser besonderen Beziehung. Dies in Anlehnung an LENZ (2006) und damit im Bewusstsein, dass es neben diesem Individuumzentrierten Ansatz gerade aus soziologischer Perspektive die Überlegung gibt, dass eine Beziehung mehr ist als die Summe von zwei beteiligten Personen und dass die eigendynamische Wechselwirkung die individuelle Ebene zu übersteigen vermag.

3.3.1

BEFRAGUNGSTECHNIK UND BEFRAGUNGSINSTRUMENTE

Der Ablaufplan für die halbstrukturierte Interviews gestaltete sich wie folgt: Wichtige Eckdaten zur Person und relevante Informationen zum Unternehmen wurden vorgängig zum Gespräch mittels eines Kurzfragebogens schriftlich erhoben (vgl. Anhang 10.6). Die Verwendung eines schriftlichen Kurzfragebogens hat für WITZEL (1989) den Vorteil, dass die Gesprächszeit für wesentlichere Themen genutzt werden kann. Ein weiterer Vorteil bei der Anwendung eines Kurzfragebogens vor dem Interview ist, dass sich die Befragte bereits mit dem Thema auseinandersetzen kann und bestimmte Gedächtnisinhalte aktivieren kann. Im Kurzfragebogen wurden erste biografische Angaben wie Name, Geburtsdatum, Alter, Zivilstand und das Vorhandensein von (gemeinsamen) Kindern erhoben. Weiter war für das Verständnis des Kontextes von Interesse, welche Aus- und Weiterbildung die ›Hotelfrau‹ absolviert hat, in welcher Funktion sie heute tätig ist, wie viele Stunden sie arbeitet und welche Hauptaufgaben und Verantwortlichkeiten sie innehat. Auch wurden die Hauptaufgaben und Verantwortlichkeiten des Partners bzw. des Ehemannes erfasst. Auf die Organisation bezogen interessierten Art, Grösse und Ausrichtung des Betriebes sowie die ungefähre Anzahl an Mitarbeitenden, die Öffnungszeiten und die Eigentumsverhältnisse. Vor Beginn des jeweiligen Interviews wurden Klärungen bezüglich des Erzählcharakters des Interviews vorgenommen. Ebenso wurde der Interviewpartnerin nochmals zugesichert, dass die Informationen vertraulich behandelt werden. Für das Interview wurde in Anlehnung an DIEKMANN (2004) ein Fragebogen ausgearbeitet. Für den Gesprächseinstieg wurden bewusst Eröffnungsfragen allgemeiner Natur gestellt. Der eigens für diese Arbeit erstellte Interviewleitfaden (siehe Anhänge 10.5 und 10.8) wurde in Anlehnung an die vier untergeordneten Leitfragen erstellt. In Anlehnung an WITZEL (1989) wurden im halbstandardisierten Interview vorformulierte, offene Primärfragen gestellt und gegebenenfalls mit ad hoc formulierten Sekundärfragen ergänzt. Die Primärfragen wurden

40

wenn immer möglich in der vorgegebenen Reihenfolge und im jeweiligen Kontext des Gespräches gestellt – zwecks Einhaltung der groben Struktur und zur späteren kontrastiven Vergleichbarkeit der Interviews. Ein vorteilhafter Aspekt des mittleren Standardisierungsgrades ist die Grobstruktur, die einen grossen Entfaltungsspielraum für die befragten Personen bietet, wenn z.B. entlang des Erzählstranges Inhaltliches zur Sprache kommt, das nicht im Leitfaden vorgesehen ist, jedoch zum Thema gehört. In der Gesprächsabschlussphase wurden den Frauen drei verschiedene Themenkärtchen vorgelegt mit der Bitte die angefangenen Sätze mit einem Wort oder mit einem Satz zu ergänzen. Die Sätze lauteten wie folgt: - Zusammen leben und zusammen arbeiten gibt mir … - Zusammen leben und zusammen arbeiten fordert von mir … - Für mich und/oder für meine Partnerschaft wünsche ich mir … Anschliessend füllten die Befragten noch 3 Formulare aus. Dabei ging es einerseits um die Erfassung der Art der beruflichen Tätigkeiten im Hotel im Allgemeinen und um Managementaufgaben im Besonderen. Andererseits ging es um die Erfassung der Art der Tätigkeiten im Haushalt (siehe Anhang 10.9 und 10.10). Am Schluss des Gesprächs fragte die Interviewerin die Interviewte nach dem Befinden. Häufig betonten die Hotelfrauen Themen oder Ereignisse, die bereits im Interview angesprochen worden waren. Manche erkundigten sich auch nach dem Erleben und Verhalten der anderen ›Hotelfrauen‹. Die Autorin beendete das Gespräch mit einem herzlichen Dank für das Gespräch.

3.3.2

DIE INTERVIEWS

Das Probeinterview und die Interviews mit den 15 Probandinnen wurden im Zeitraum zwischen Oktober und Dezember 2009 durchgeführt. Die halbstrukturierten Interviews dauerten von ca. 1 Stunde bis zu 1¾ Stunden. Ort und Raum für das Interview konnten jeweils von den ›Hotelfrauen‹ frei gewählt werden. Auf Wunsch von 14 Frauen fand das Interview vor Ort im jeweiligen Hotel statt. Ein Interview wurde bei der ›Hotelfrau‹ zu Hause durchgeführt, zwei Fussminuten vom Betrieb entfernt. Für LAMNEK (2005; zit. nach GIRTLER, 1984) ist es für die Methodik der Befragung wesentlich, dass das Interview in einer dem Befragten vertrauten, alltäglichen Umgebung stattfindet. Die gewohnte Arbeits- oder Wohnumgebung wirkt kompensierend in Bezug auf die ungewöhnliche Interviewsituation. Weiter erfährt die Interviewperson durch die Verbindung der vertrauten Umgebung mit dem Befragungsthema einen sogenannten »Expertenstatus« (LAMNEK, 2005, S. 388). Dies erleichtert der Interviewperson das Antworten sehr. Im Rahmen einer qualitativen und relativ intimen Befragung legt die Interviewperson ihre persönliche Situation und weitgehend ihre Persönlichkeit offen. Es kommt damit zur näheren Betrachtung des identifizierbaren Individuums und dabei ist es von eminenter Bedeutung, dass Vertraulichkeit und Anonymität

41

zugesichert und gewährleistet werden. Sämtliche Namen, Hinweise auf die Hotelbetriebe sowie Ortschaften wurden daher bei der Transkription neutralisiert. Im Anschluss an die Diplomarbeit wurden sämtliche Tonbandaufzeichnungen gelöscht bzw. vernichtet. Vor dem Interview und vor dem Einschalten des Tonbandgerätes wurde den Frauen die datenschutzrechtlichen Aspekte erläutert und es wurde das Einverständnis zur Aufnahme und zur Bearbeitung der Daten eingeholt. Im Anhang 10.7 befindet sich die Vorlage, die für die Vereinbarung verwendet und von den Frauen unterschrieben wurde. Nach dem Interview wurde in Anlehnung an LAMNEK (2005, S. 391) ein sogenanntes »Postskriptum« erstellt. Im Postskriptum wurden die subjektiven Eindrücke der Umgebung sowie die Rahmenbedingungen des Interviews festgehalten.

3.3.3

TRANSKRIPTION

Insgesamt war nach den 15 Interviews 18 Stunden Aufnahmematerial vorhanden für die anschliessende Transkription in Anlehnung an KUCKARTZ, DRESING, RÄDIKER UND STEFER (2008). Die Interviews wurden in Mundart durchgeführt. Im Transkriptionsprozess wurde die digitalisierte Gesprächsaufnahme Wort für Wort verschriftlicht, wobei die Stellen, die Rückschlüsse auf die Identität der Frauen bzw. das Unternehmen zulassen könnten, sofort anonymisiert wurden. Um die Authentizität optimal zu gewährleisten, wurde wortwörtlich transkribiert, möglichst nah an der gesprochenen Sprache. Die Aufnahmen wurden direkt übersetzt und grammatikalisch angepasst. Die Dialektfärbungen wurden jedoch zugelassen und wo nötig leicht dem Schriftdeutsch angepasst. Parasprachliche Merkmale, wie z.B. ähm oder ah und die Tonlage der Stimme wurden nicht mittranskribiert. Non-verbale Ausdrucksformen wie Lachen, Weinen oder Seufzen wurden in Klammern notiert. Allfällige unverständliche Worte wurden folgendermassen gekennzeichnet: (…). Nach der Transkription lagen 237 A4-Seiten zur Auslegung vor. Die Interviewtranskripte können bei der Autorin eingesehen werden.

3.3.4

QUANTITATIVE ANALYSE

Die qualitative Untersuchung wurde insbesondere im Bereich der Aufgaben- und Rollenverteilung mit einigen quantitativen Elementen angereichert. Mittels Kurzfragebogen wurde die durchschnittliche Arbeitszeit der ›Hotelfrau‹ und ihres (Ehe-)Partners erhoben. Mit Hilfe eines Formulars wurden in Anlehnung an BÜRGISSER (2006) die Haushaltstätigkeiten erhoben. Das Formular für die Erhebung der Tätigkeitsgebiete wurde durch die Autorin – mit Rücksicht auf die spezifischen Arbeiten in der Hotellerie und Gastronomie – kreiert. Die Vorlagen für diese quantitativen Bestandteile befinden sich im Anhang unter 10.9 und 10.10. Die Resultate der Erfassung der Art der beruflichen Tätigkeiten im Hotel und die Managementaufgaben sowie die Erfassung der Art der Tätigkeiten im Haushalt werden in den Anhängen 10.18, 10.19 und

42

10.20 zusammengefasst präsentiert und im Kapitel 4.1 eingehend erläutert. Die zusätzliche Erhebung dieser quantitativen Aspekte soll – nicht nur für die branchenfremde Leserschaft – das Verstehen der Lebens- und Arbeitswelt rund um die Partnerschaft der ›Hotelfrau‹ erleichtern und fördern.

3.3.5

QUALITATIVE INHALTSANALYSE

Die Auswertung erfolgte nach der von MAYRING (2008) beschriebenen strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse. Ziel dabei ist es, eine bestimmte Struktur aus dem Material herauszufiltern. Das Textmaterial wird schrittweise – in Anlehnung an die Themen der Leitfragen und an die theoriegeleiteten Themen – mit einem am Material entwickelten Kategoriensystem herausgefiltert und gebündelt. Die Daten können formal, inhaltlich, typisierend oder skalierend strukturiert werden. Für diese Arbeit wurde die inhaltliche Form gewählt. »Eine inhaltliche Strukturierung will Material zu bestimmten Themen, zu bestimmten Inhaltsbereichen extrahieren und zusammenfassen.« (MAYRING, 2008, S. 85). Das Kernstück dieser Technik besteht darin, das aus den Strukturierungsdimensionen zusammengestellte Kategoriensystem so genau zu definieren, dass eine eindeutige Zuordnung von Textmaterial zu den Kategorien möglich ist. Nach der Bearbeitung des Textes wird das extrahierte und paraphrasierte Material pro Unterkategorie und pro Hauptkategorie zusammengefasst. Dieser Ablauf orientiert sich einerseits deduktiv am Leitfaden und andererseits induktiv am Interviewmaterial. Abbildung 6 zeigt das Ablaufmodell der inhaltlichen Strukturierung nach MAYRING (2008). Eine detaillierte Darstellung des Kategoriensystems zeigen die Abbildungen 10.11 bis und mit 10.16 im Anhang auf. Zu jeder Kategorie wurde ein Ankerbeispiel aufgeführt. Dies ist eine konkrete Textstelle, welche die Aussagekraft der entsprechenden Kategorie möglichst optimal illustriert. Unter Sammlung befinden sich in der rechten Kolonne der Tabelle die für die Kategorie relevanten paraphrasierten Aussagen der Interviewpartnerinnen. Folgende fünf Themengebiete oder Hauptkategorien sind entstanden: Ressourcen und Synergien im Beziehungsalltag; Herausforderungen und Defizite im Beziehungsalltag; Mann und Frau bei der Arbeit: Aufgaben und Rollen; Entwicklung der Partnerschaft im Laufe der Zeit; Unternehmen und Gesellschaft. Das Themenfeld Qualität und Stabilität bildet keine eigenständige Kategorie, da diese Aspekte teils im Themenfeld Ressourcen und Synergien enthalten sind und teils aus der Gesamtbetrachtung der Gewinn-Verlust-Bilanzierung hervorgehen. In der anschliessenden Diskussion werden mögliche Determinanten der Partnerschaftsqualität und –stabilität als charakteristische Paarkompetenzen eingehend erörtert.

43

Abbildung 6: Ablaufmodell inhaltlicher Strukturierung nach MAYRING (2008)

1. Schritt Bestimmung der Analyseeinheiten

2. Schritt Theoriegeleitete Festlegung der inhaltlichen Hauptkategorien

7. Schritt Überarbeitung, gegebenenfalls Revision von Kategoriensystem und Kategoriendefinition

3. Schritt Bestimmung der Ausprägungen (theoriegeleitet) Zusammenstellung des Kategoriensystems

4. Schritt Formulierung von Definitionen, Ankerbeispielen und Kodierregeln zu den einzelnen Kategorien 5. Schritt Materialdurchlauf: Fundstellenbezeichnung

6. Schritt Materialdurchlauf: Bearbeitung und Extraktion der Fundstellen 7. Schritt Bestimmung der Analyseeinheiten

8. Schritt Paraphrasierung des extrahierten Materials

9. Schritt Zusammenfassung pro Hauptkategorie

44 »Sag mir, dass dieser Ort hier sicher ist und alles Gute steht hier still. Und dass das Wort, das du mir heute gibst, morgen noch genauso gilt. Diese Welt ist schnell und hat verlernt beständig zu sein. Denn Versuchungen setzen ihre Frist. Doch bitte schwör, dass, wenn ich wieder komme, alles noch beim Alten ist. Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit in einer Welt, in der nichts sicher scheint. Gib mir in dieser schweren Zeit irgendwas, das bleibt. Gib mir einfach nur ein bisschen Halt. Und wieg mich einfach nur in Sicherheit. Hol mich aus dieser schnellen Zeit. Nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit. Gib mir was ... irgendwas, das bleibt.« Silbermond - Irgendwas bleibt (2009)

4

DARSTELLUNG DER ERGEBNISSE

Dieses Kapitel stellt die quantitativen und qualitativen Interviewergebnisse der fünf Hauptkategorien und deren Unterkategorien in Anlehnung an die übergeordnete Themengebiete dar. Letztere basieren auf den im Kapitel 3 erwähnten Fragestellungen. Nach der quantitativen Analyse im Kapitel 4.1 folgt ab Kapitel 4.2 eine Zusammenfassung der qualitativen Ergebnisse in Form von Schlaglichtern, die auf die Leitgedanken geworfen werfen. Eine ausführliche Interpretation und Diskussion der Ergebnisse schliesst mit Kapitel 5 an. Alle Angaben in diesem Kapitel beziehen sich auf die Ergebnisse der Studie, allgemeingültige Darstellungen werden hier nicht gemacht. Es wurde ganz bewusst davon abgesehen, die ›Hotelfrauen‹ in Einzelfällen darzustellen, da es in der vorliegenden Arbeit weniger darum geht, diese einzeln zu untersuchen oder Typisierungen zu erstellen. Vielmehr geht es um die verschiedenen Prozessthemen innerhalb der beruflichen und privaten Beziehung, die aus der Perspektive der ›Hotelfrau‹ in einer leitenden Funktion beleuchtet werden sollen. Um die Ergebnisse zu verdeutlichen und zu illustrieren, werden zu jeder Unterkategorie mindestens 1 bis 2 Zitate aus den 15 Interviews mit den ›Hotelfrauen‹ aufgeführt. In den Anhängen 10.12 bis und mit 10.16 können zudem die detaillierten Kodierleitfäden nachgeschlagen werden, welche zu jeder Kategorie ein Ankerbeispiel enthalten. Die Antworten der ›Hotelfrauen‹ wiesen eine recht hohe Kongruenz auf, sodass hier durchaus von einer gewissen Repräsentativität gesprochen werden kann. In die Arbeit fliessen möglichst viele und eindeutige Zitate aus den Interviews ein, weil sie die Ergebnisse besonders deutlich –

45

und darüber hinaus die Arbeit auch interessanter – machen. Ausserdem sorgt dieses Vorgehen für noch mehr Transparenz, die bei der qualitativen Forschung so bedeutsam ist. Zwei Drittel der ›Hotelfrauen‹ lernten im Übrigen ihren Mann bzw. ihren Partner am Arbeitsplatz kennen. Eine Hotelfrau erzählt von der ersten Begegnung mit ihrem Mann: »Das war an meiner ersten Stelle nach der Lehre. Am Genfersee, das Hotel gibt es, so glaube ich, gar nicht mehr. Das war damals schon ein uralter Kasten. Ich habe dort früher angefangen und er kam ein paar Tage später. Der Patron gab ihm seine Zimmernummer. Das war aber zufällig meine Zimmernummer. Er trampte ins Zimmer ohne anzuklopfen. Das war unsere erste Begegnung. Das war ganz unverfänglich. Dann haben wir uns so kennen gelernt und sind zusammen weitergezogen.« (B8) Und eine andere Frau beschreibt mit der folgenden Anekdote ihre erste Begegnung: »Der Piepser ging los, ich musste hinuntergehen und den neuen Mitarbeiter begrüssen und in sein Zimmer einweisen. Dann steht einer vor mir, das ist so lustig, in einem orangefarbigen Fort Lauderdale T-Shirt, zu eng, zu kurz, mit hellgrünen Jeans, barfuss, Jimmy Hendrix-Frisur und sagt, er habe hier eine neue Stelle.« (B10)

4.1

AUFGABENVERTEILUNG ›HOTELFRAU‹ – (EHE-)PARTNER

Bevor in den Absätzen 4.1.1 bis und mit 4.1.3 die Aufgabenteilung und die Art der Tätigkeiten im Detail betrachtet werden, erfolgt primär eine Analyse des zeitlichen Arbeitseinsatzes. Eine Prämisse für eine Teilnahme an der Studie war ein Arbeitspensum von ca. 80%. Bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 42 Stunden ergibt dies etwas mehr als 33 Stunden. Dies im Wissen, dass die ›Hotelfrauen‹ so oder so eine hohe Arbeitsintensität aufweisen und in der Annahme, dass jene ›Hotelfrauen‹ am besten ein Abbild der privat-berufliche Liaison repräsentieren. Abbildung 7 zeigt auf, dass die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der ›Hotelfrauen‹ 58 Stunden beträgt. Dieses berufliche Engagement liegt zahlenmässig betrachtet 16 Stunden oder 38,1% höher als ein durchschnittliches Vollpensum bei einer 42Stunden-Woche. Die (Ehe-)Partner arbeiten durchschnittlich 68,4 Stunden und somit mehr als 61,4% im Vergleich mit einer 42-Stunden-Woche. Die ›Hotelfrau‹ mit dem kleinsten Pensum arbeitet 25–30 Stunden pro Woche, jene ›Hotelfrau‹ mit dem grössten Pensum arbeitet wöchentlich bis zu 100 Stunden. Fast die Hälfte der dyadischen Beziehungen ist in Bezug auf das Arbeitsengagement nahezu symmetrisch. 8 ›Hotelfrauen‹ arbeiten in etwa gleich viel wie der (Ehe-)Partner. Eine ›Hotelfrau‹ arbeitet durchschnittlich 10 Stunden mehr als ihr Mann. Letzterer hat als einziger (Ehe-)Mann ein Arbeitspensum von weniger als 100%. 6 ›Hotelfrauen‹ arbeiten – teilweise lediglich unwesentlich – weniger als ihr (Ehe-)Partner. Die Differenzen variieren dabei von 5 bis 15 Stunden bis zu 45 bis 50 Stunden. Je kleiner das Arbeitspensum der ›Hotelfrau‹, desto grösser das Arbeitspensum des (Ehe-)Partners. Unter der Prämisse, dass ein

46

Vollpensum 42 Stunden beinhaltet, arbeiten lediglich 4 ›Hotelfrauen‹ weniger als 100% und 11 ›Hotelfrauen‹ sind (mehr als) vollzeitbeschäftigt.

Abbildung 7: Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der ›Hotelfrauen‹ ›Hotelfrau‹ B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B10 B11 B12 B13 B14 B15

4.1.1

Ø-liche wöchentliche Arbeitszeit ›Hotelfrau‹ in Stunden (im Hotel) 75–90 84–90 63 35 35–55 45 60 90–100 55–60 > 60–80 30 25–30 54 35–40 90 Ø 58 Std.

Ø-liche wöchentliche Arbeitszeit (Ehe-)Partner in Stunden (im Hotel) 75–90 84–90 60-70 60 > 50 35 80 90–100 60–70 > 60–80 45 70–80 54 65–80 90 Ø 68,4 Std.

AUFGABENVERTEILUNG MANAGEMENT

Die Gesamtauswertung der Aufgabenverteilung im Management befindet sich im Anhang 10.18. Es wurden prozentuale Angaben zu den folgenden Managementaufgaben erhoben: Gesamtverantwortung Management; Ausbildungsverantwortung der Lernenden und Verantwortung für die Personalentwicklung der Mitarbeitenden; Finanzielle Verantwortung und Budgetverantwortung; Führungsverantwortung und Verantwortung für das Qualitätsmanagement. Die summarische und die paarspezifische Betrachtung der 15 ›Hotelfrauen‹ ergibt folgendes Bild: Weniger als die Hälfte der Paare, nämlich 6 Paare, teilen sich die Managementverantwortung fifty-fifty. Bei 7 Paaren liegt die Hauptverantwortung beim (Ehe-)Partner und eine Teilverantwortung bei der ›Hotelfrau‹. Bei 2 Paaren (B2; B9) ist die Aufteilung 0% zu 100%, bei 2 Paaren (B4; B12) 20% zu 80% und bei den 3 übrigen Paaren 30% zu 70% oder 40% zu 60%. 5 Frauen sind für die Ausbildung der Lernenden und für die Personalentwicklung hauptverantwortlich. 4 Paare teilen sich diese Verantwortung fifty-fifty. In 6 von 15 Fällen übernimmt der (Ehe-)Partner zum grössten Teil (mit 70%, 80% und 100%) die Verantwortung. Bei der finanziellen Verantwortung fällt auf, dass bei 8 von 15 Paaren der (Ehe-)Partner die Hauptverantwortung (meist zu 100%) übernimmt. Weitere 4 Paare teilen sich diese Verantwortung fiftyfifty. Bei der Führung und der Betreuung der Mitarbeitenden ergibt sich ein gegensätzliches Bild. 5 ›Hotelfrauen‹ übernehmen mit 60% bis zu 100% die Hauptverantwortung für diesen Bereich. Bei 5 Paaren ist es fifty-fifty und bei einem Drittel der Paare übernimmt der Mann die

47

Hauptverantwortung. Die Verantwortung für das Qualitätsmanagement wird bei 7 Paaren fifty-fifty aufgeteilt und bei 3 Paaren übernehmen die ›Hotelfrauen‹ die Verantwortung zu 100% für diesen Bereich. Paarspezifisch betrachtet fällt auf, dass bei 2 Hotelpaaren (B6; B13) die ›Hotelfrauen‹ prozentual über mehr Gesamtverantwortung verfügen als der Mann. Das Verhältnis ist 80% zu 20% und 90% zu 10%. Die eine ›Hotelfrau‹ (B6) übernimmt dabei auch die alleinige Verantwortung für die Finanzen und das Budget. Die andere ›Hotelfrau‹ (B13) teilt diese Verantwortung fifty-fifty mit ihrem Partner. Eine weitere ›Hotelfrau‹ (B3), welche wie Letztere ebenfalls den Betrieb in die Beziehung gebracht hat, übernimmt die finanzielle Verantwortung zu 100% und teilt die Gesamtverantwortung fifty-fifty. 2 Paare (B7, B8) teilen sich die verschiedenen Verantwortungsbereiche jeweils zu gleichen Teilen. Bei 5 Paaren (B4; B5; B9; B12; B15) übernimmt der Partner die Hauptverantwortung für die meisten Bereiche und bei 8 Paaren übernehmen ›die Hotelfrau‹ und ihr (Ehe-)Partner abwechslungsweise die Führung. Gesamthaft gesehen übernehmen zwei Drittel der ›Hotelfrauen‹ mindestens die Hälfte der gesamten Managementverantwortung. Bei einem Drittel der Paare liegt die Hauptverantwortung beim Mann. Davon liegt bei 3 Paaren der Löwenanteil der Verantwortung bei der ›Hotelfrau‹. Diese nicht unbedingt klassische Rollenaufteilung kann zu Spannungen in der Partnerschaft führen, wie die Ausführungen im Kapitel 4.3.2 belegen.

4.1.2

AUFGABENVERTEILUNG IM BERUF

In diesem Absatz wird die Gesamtauswertung der Aufgaben bei der Arbeit betrachtet (siehe Anhang 10.19). In einem Hotel und in einem Restaurant gibt es branchenspezifische Abteilungen. Dazu gehören z.B. Etage und Lingerie; Office und Küche; Service und Bankett; Einkauf Food und Non-Food; Reception und Empfang; Personalwesen und Lohnbuchhaltung; Marketing; Technik und Unterhalt. Eine summarische Gesamtbetrachtung der Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau vermittelt folgenden Schluss: Die Tätigkeitsfelder ›Etage, Lingerie‹, ›Reception‹, ›Ambiente im Haus‹ und ›Wellness‹ sind hauptsächlich den ›Hotelfrauen‹ unterstellt. Die Männer sind insbesondere verantwortlich für die Sparten ›Küche‹, ›Technik, PC, Maschinen und Gebäudeunterhalt‹ sowie ›Concierge und Transportwesen‹ und ›Einkauf Food und Non-Food‹. In den Bereichen ›Office‹, ›Service‹, ›Bankett- und Seminarwesen‹, ›Öffentlichkeitsarbeit, PR‹ und ›Buchhaltung, Lohnbuchhaltung‹ sind sowohl der Mann als auch die Frau engagiert, wobei die Auswertung zeigt, dass diese Felder eher durch die (Ehe-)Partner betreut werden. Dafür engagieren sich die ›Hotelfrauen‹ etwas mehr als die Männer im Bereich des ›Marketings‹. Die Bereiche ›Gästebetreuung‹, ›Zahlungsverkehr‹, ›Salärwesen‹ und ›Ambiente ausserhalb des Hotels‹ werden von beiden Geschlechtern praktisch gleich häufig betreut bzw. geführt.

48

4.1.3

AUFGABENVERTEILUNG ZU HAUSE

In diesem Absatz wird die Gesamtauswertung der Aufgaben zu Hause betrachtet (siehe Anhang 10.20). In Bezug auf die (nicht-bezahlte) Tätigkeit und die Rollen- und Aufgabenteilung zu Hause fällt die Hauptverantwortung der Frau für die Ausführung der Aufgaben in sämtlichen drei Bereichen ›Haushalt‹, ›Kinderbetreuung‹ und ›Andere Familienaufgaben‹ markant auf. Das denkende Hirn, welches die Bereiche konkret koordiniert, befindet sich eindeutig in den Köpfen der ›Hotelfrauen‹. Die Männer werden in die Aufgaben zu Hause eingebunden, wobei die Aufgaben oftmals geschlechtertypisch verteilt sind. Im Bereich ›Haushalt‹ wurden die täglich anfallenden Aufgaben erfasst, wie beispielsweise Kochen, Waschen, Bügeln, Abfallentsorgung, Verwaltung der Finanzen, Gartenpflege. Die Sparten ›Reparaturen, Unterhalt‹, ›Auto- und Velopflege‹ fallen eher in den Zuständigkeitsbereich des (Ehe-)Partners. In den Sparten ›Kochen‹, ›Finanzverwaltung, Steuern, Versicherungen‹, ›Abfallentsorgung‹ sowie ›Pflege Pflanzen und Garten‹ ist die Bilanz nahezu ausgeglichen. Aufgaben wie Abwaschen, Waschen, Bügeln, Flicken, Organisation des Wochenablaufs oder sonstige Putz- und Haushalttätigkeiten werden eindeutig eher von den ›Hotelfrauen‹ erledigt. Im Bereich ›Kinderbetreuung‹ wurde z.B. erhoben, wer mit den Kindern Hausaufgaben macht, wer sie zur Schule oder in den Kindergarten begleitet, wer mit ihnen zum Arzt geht und wer Kontakt mit der Schule bzw. mit der Ausbildungsinstitution pflegt. Jene ›Hotelfrauen‹, die Kinder haben, übernehmen auch in diesem Bereich die Hauptverantwortung. Die Väter und (Ehe-)Partner engagieren sich einerseits in der gemeinsamen Freizeitgestaltung ausser Haus und andererseits nehmen sie die Gelegenheit wahr, mit den Kindern zu essen. Der Bereich ›Andere Familienaufgaben‹ umfasst Aufgaben wie die Kontaktpflege mit Verwandten und Bekannten, die Betreuung von Familienangehörigen, die Initiierung von gemeinsamen Freizeitaktivitäten oder die gemeinsame Ferienplanung. Auch hier zeigt sich ein ähnliches Bild. Die Unterschiede sind am wenigsten markant in der Sparte ›Betreuung Haustiere‹. Ansonsten ist die ›Hotelfrau‹ insbesondere in der Kontaktpflege mit Verwandten und Bekannten und in der Betreuung von Angehörigen stärker engagiert als ihr (Ehe-)Partner. Bei der Haushaltführung und bei der Kinderbetreuung ist die ›Hotelfrau‹ traditionsgemäss dominanter als der Mann. Der Anteil des (Ehe-)Partners und Vaters ist grösser bei der Ausübung von gemeinschaftlichen Aufgaben in der Familie wie z.B. dem Kochen oder dem Organisieren von Freizeitaktivitäten. Die Beziehungspflege ist ganz klar Sache der Frau. Diese quantitative Auswertung weist auf die Thematik des Vereinbarkeitsmanagements und auf die Work-FamilyBalance hin und stützt die Äusserungen der ›Hotelfrauen‹ in den Interviews.

49

4.2

RESSOURCEN UND SYNERGIEN IM BEZIEHUNGSALLTAG

4.2.1

PAARKLIMA: WIR ZWEI HABEN’S SCHÖN MITEINANDER

Diese erste Hauptkategorie ›Wir zwei haben’s schön miteinander‹ präsentiert in 4 Unterkategorien die positiven Seiten der privat-beruflichen Partnerschaft der ›Hotelfrau‹. Es handelt sich um Synergien, die durch das Zusammen-Leben-und-Arbeiten im Beziehungsalltag entstehen. Und es geht um wertvolle Ressourcen, die die Beziehungsarbeit bereichern und das Wohlbefinden der ›Hotelfrau‹ in ihrer Partnerschaft steigern. Die Synergien können nota bene wiederum eine Ressource, eine individuelle und paarspezifische Kraft- und Energiequelle sein.

a)

Gefühle von Zweisamkeit, Geborgenheit, Vertrauen

Auf die Fragen ›Was schätzen Sie an Ihrer Partnerschaft?‹ und ›Wie erleben Sie die ›Rund-umdie-Uhr-Nähe‹ zu Ihrem (Ehe-)Partner?‹ gaben sämtliche ›Hotelfrauen‹ ähnliche Antworten. Die ›Hotelfrauen‹ erleben in ihrer Beziehung Gefühle der Zweisamkeit, Geborgenheit und Vertrauen. Die Nähe zu ihrem (Ehe-)Partner gibt ihnen Sicherheit, Kraft und Zufriedenheit. »Wir haben natürlich ein ganz tiefes Vertrauen zueinander. Wir kennen uns blind. […] Ich habe sonst niemanden, der mir so nah steht wie mein Mann. Und … ich möchte ihn nicht mehr aus meinem Leben haben.« (B6) »Was ich an meiner Partnerschaft schätze, ist, dass er mich genau kennt und wir sehr viel Vertrauen zueinander haben. Auch Geborgenheit. Das ist das Schöne. […] Ich kann mich auf ihn verlassen und er sich auf mich.« (B13)

Drei ›Hotelfrauen‹ erwähnen, wie es sich anfühlt, wenn sie für zwei oder drei Tage von ihrem Mann getrennt sind und die ›Rund-um-die-Uhr-Nähe‹ wegfällt: »Es gibt mir ein beruhigendes Gefühl, wenn er da ist. […] Auch dass er mindestens einmal in der Woche Golfen geht, ist o.k., aber wenn er nicht hier ist, werde ich etwas zapplig. […] Er gehört einfach auch hier dazu. Das Haus und wir, das gehört einfach zusammen.« (B8) »Ich vermisse es, wenn es nicht so ist. Ich bin das so gewöhnt und ich bin gerne um meinem Mann herum, er wahrscheinlich auch um mich. Wenn ich einmal auf irgendeiner Veranstaltung bin, vielleicht auch auswärts übernachte oder umgekehrt er, dann fehlt mir echt etwas. Dann vermisse ich ihn schon nach einem Tag. Dann fehlt etwas.« (B9) »Ich muss eher sagen, dass es mir manchmal schwerfällt, wenn es nicht so ist. Gerade am Wochenende war ich zwei Nächte mit ein paar Frauen weg. Am ersten Abend hatte ich fast ein wenig Heimweh. Ich fand, das ist doch auch blöd, ich bin ja nur zwei Nächte weg, aber es war ein wenig ein komisches Gefühl für mich persönlich. Ich dachte zwar, das kann es nicht sein, aber für mich ist es so. Ich vermisse meinen Mann dann halt.« (B11)

Eine andere ›Hotelfrau‹ ist davon überzeugt, dass die persönliche private Verbundenheit zu einer grossen gegenseitigen Verlässlichkeit und Loyalität in der beruflichen Beziehung führt. »Mein Mann kontrolliert mich ja kaum je und ich ihn auch kaum je. Wir stellen Informationsfragen, aber er weiss mit 150% Sicherheit, dass ich nie etwas verstecken würde oder nicht sagen würde oder nicht so machen würde, wie wir es abgemacht haben. Es ist eine extrem hohe Loyalität. Die ist dadurch garantiert, dass die emotionale Ebene da ist. Das ist eine absolute Garantie. Diese Garantie hat man nie bei jemandem, der angestellt ist.« (B14)

50

b)

Wertschätzung, Respekt, Verständnis

Zwei Drittel der befragten Frauen schätzen es sehr, dass ihnen vom (Ehe-)Partner Wertschätzung, Respekt und Verständnis entgegengebracht werden bzw. für sie sind diese Grundwerte zentrale Erfolgsfaktoren für eine gute Beziehung. Es geht einerseits um die persönliche Wertschätzung und andererseits auch um die Wertschätzung im beruflichen Alltag. Zwei ›Hotelfrauen‹ berichten weiter, wie sie diesbezüglich gemeinsam mit ihrem Partner zu einer guten Balance gefunden haben: »Wir bringen uns grossen Respekt entgegen. […] Respekt und Verständnis, sind aber auch sehr herzlich. Ich kann wirklich sagen, ich liebe ihn immer noch von Herzen und umgekehrt auch. Dass wir eine gute Balance gefunden haben zwischen dem Geben und Nehmen und dass jeder zu sich findet.« (B4) »Was ich sicher schätze, ist, dass er einverstanden ist, dass ich auch arbeite. Dass er nicht das Gefühl hat, weil Kinder da sind, müsse ich zu Hause sein. Damit hätte ich ein Problem. Ich liebe meine Kinder, damit wir uns recht verstehen, aber ich bin halt auch sehr gerne im Beruf tätig. Ich habe gemerkt, wenn man diesbezüglich zufrieden ist, dann gibt man seine Zufriedenheit automatisch auch an die Kinder weiter.« (B12)

Dass das Erleben gegenseitiger Wertschätzung und gegenseitigen Respekts auch im beruflichen Beziehungsalltag einen elementar wichtigen Platz einnehmen, verdeutlichen folgende Aussagen: »Wir beide schätzen das, was der andere macht. […] Das ist etwas vom Wichtigsten, dass man wertschätzt, was der andere tut. Das könnte ich auch im Betrieb sagen, das ist ganz klar. Ich bin sehr häufig an der Front und mein Mann wertschätzt das sehr …« (B2) »Wenn ich das Gefühl habe, der andere achtet nicht, was ich mache oder er schätzt es nicht. Ich glaube, das ist schon noch sehr wichtig, dass man das schätzt, was der andere macht. Dass ich den anderen spüren lasse, es gefällt mir, was du machst, es gefällt mir, wie du bist. Und es gefällt mir auch, wie du dir privat trotz allem und trotz der zeitlichen Belastung und der Arbeit, die man miteinander macht, auch noch Zeit für uns nimmst. Wenn das nicht mehr da wäre, dann würde es wahrscheinlich auch kriseln.« (B7)

c)

Liebe, Zärtlichkeit und Attraktion im Alltag

Fast alle ›Hotelfrauen‹ äussern sich zu Liebe, Zärtlichkeit und Attraktion, sei es im beruflichen oder im privaten Beziehungsalltag. Eine ›Hotelfrau‹ blickt auf eine 30-jährige Beziehungsgeschichte zurück. Sie erzählt, auf welche Art und Weise ihr Mann nach so vielen Jahren zeigt, dass er sie gerne hat: »Er ist sehr aufmerksam. Es ist zwar nicht mehr so das Kribbeln im Bauch wie vor 30 Jahren, es ist klar, dass sich das etwas beruhigt und abflacht. Wir haben Vertrauen zueinander und wissen, was der andere macht. […] Das ist vielleicht banal, aber am letzten Valentinstag hat er mir ein Herz mit meinem Namen darauf geschenkt. Darin hat es 365 Lose gehabt. Jede Woche ist ein Los drin mit einem Gutschein für etwas. Das ist seine Art zu zeigen, dass er mich gerne hat. Es ist nicht so, dass er mir oft sagt, er habe mich gern. Das hat er schon jahrelang nicht mehr gesagt. Aber er trägt es auf eine andere Art nach aussen.« (B8)

Eine andere ›Hotelfrau‹ erzählt – stellvertretend für viele andere Paare –, dass sie sich als Paar im Betrieb mit einem Kuss oder mit einer Umarmung begrüssen:

51

»… begrüssen wir uns wie zu Hause mit einem Kuss. Oder wenn er früher geht, ist es eigentlich ganz normal. Während des Tages ist es bei uns weniger der Fall, weil mein Büro oben ist und das meines Mannes hier unten. […] Und jetzt sind wir schon 20 Jahre verheiratet und 30 Jahre zusammen, dann springen wir uns nicht mehr so hinterher.« (B5)

Eine ›Hotelfrau‹, welche seit 22 Jahren mit ihrem Mann zusammen lebt und arbeitet, erzählt in Bezug auf die Gefühle zu ihrem Mann: »Einerseits erinnere ich mich sehr gerne an unsere Hochzeit. Diesen Tag habe ich sehr intensiv wahrgenommen. Ich bin den ganzen Tag einen Meter über dem Boden geschwebt. Effektiv. Das Gefühl ist immer noch da. Ich kann mich noch sehr sehr gut daran erinnern.« (B9)

Fünf Frauen sinnieren darüber, warum ihre Partnerschaft gut funktioniert. Sie kommen u.a. zum Schluss, dass sie Freude am Zusammensein haben, dass die Chemie einfach stimmt und dass das privat-berufliche Zusammensein eine Anziehungskraft hat: »Wir sagen auch oft zueinander, dass wir Glück gehabt haben, dass wir uns gefunden haben. Das tönt vielleicht ein wenig rosarot, aber ... es stimmt, dass wir eigentlich nie gross Probleme miteinander hatten, dass wir einander gegenseitig achten. […] Ich hingegen finde das, was wir im Betrieb machen, eigentlich spannend und auch anregend und aufregend. Es ist auch spannend zu sehen, was wir eigentlich alles machen. Das weckt immer wieder das Interesse in mir.1« (B2) »… wir freuen uns aufeinander und sind gerne miteinander zusammen. Wir tauschen auch immer noch Zärtlichkeiten aus und es ist nicht so ein Nebeneinander oder ein Ach-schon-wieder. Es ist wirklich schön. […] Die jetzige Beziehung beinhaltet sicher sehr viel Harmonie, Spannung, immer noch ein Kribbeln, Zufriedenheit und es geschieht immer wieder etwas Neues, das überraschend ist.« (B7) »Die verschiedenen Facetten von Mutter, Ehefrau und Beruf, das lässt einen auch in verschiedenem Licht erscheinen. Auch in der Partnerschaft, und das ist, glaube ich, mehr spannend als nicht gut. […] Ich denke, Vielschichtigkeit ist grundsätzlich immer attraktiver …« (B14)

Einige ›Hotelfrauen‹ haben jedoch auch die Erfahrung gemacht, dass die Gefühle der Nähe in ihrer privaten Beziehung eindeutig besser wären, wenn sie beruflich nicht zusammen arbeiten würden. Diese Aspekte werden im Kapitel 4.3.3 ›Spüren eines Mangels am Paar-Sein und eines Mangels an Nähe‹ erläutert.

d)

Paarlauf: Gemeinsam in die gleiche Richtung

Während der Kodierphase entstand diese Unterkategorie ›Paarlauf: Gemeinsam in die gleiche Richtung‹. In dieser Kategorie geht es um das Gemeinschaftliche und um die Verfolgung eines gemeinsamen Zieles. Sämtliche Befragten äusserten sich zu den Synergien, zu den Vorteilen, die durch das gemeinsame Arbeiten in dieser Branche für das Individuum und für die Partnerschaft entstehen. Die Arbeit als verbindendes Element tut der Beziehung gut. Gerade auch, weil die Paare viel Zeit am Arbeitsplatz verbringen. Einerseits arbeiten die Paare gemeinsam auf das gleiche Ziel hin, andererseits tauschen sich die Paare über gemeinsam Erlebtes aus. Durch die gemeinsame Arbeit entsteht einen Mehrwert. Die Last der Verantwortung und der 1

Gemeint ist das Interesse am Ehepartner.

52

Bewältigung von schwierigen Situationen kann geteilt werden. Mann und Frau motivieren und fördern sich auf diese Weise gegenseitig: »Man ist in einer Hochstimmung und der andere Partner erlebt genau das Gleiche. Man kann das wirklich gegenseitig erleben. Man weiss, wir haben beide dazu beigetragen. Es ist halt ein gemeinsames Erlebnis, gleich wie in den Ferien, wenn man etwas gemeinsam erlebt. Das tut einer Beziehung wahnsinnig gut. Hingegen, wenn jemand das nur alleine erlebt und das zu Hause erzählt, das kann man ja nie so nachvollziehen.« (B9) »Ich würde vielleicht nicht mehr so euphorisch ins Ausland gehen. Aber es war interessant. […] Es hat uns als Partner wie verrückt zusammengeschweisst. […] Die Beziehung ging eigentlich gestärkt daraus hervor.« (B12)

Eine ›Hotelfrau‹ hat eine gescheiterte Beziehung als ›Hotelpaar‹ hinter sich. Nun lebt und arbeitet sie mit ihrem neuen Partner zusammen. Sie bilanziert und berichtet von den negativen Erfahrungen in der alten Partnerschaft und von den schönen, positiven Erfahrungen in der neuen Beziehung. Sie erzählt, wie das Fehlen einer gemeinsamen Zielrichtung und einer gemeinsamen Ideologie der privaten Beziehung zum Verhängnis werden kann: »Wir hatten auch nicht die gleiche Weltanschauung. Weder geschäftlich, noch privat, noch sonst. Es war immer ein Sich-aneinander-Reiben, ein Gegeneinander-Arbeiten. Einer hat in die eine Richtung gezogen, der andere in die andere Richtung.« (B7)

Und zu ihrer heutigen Beziehung sagt sie: »Es ist immer ein Miteinander. Wir haben die gleichen Ideen, die gleichen Vorstellungen und wir sind wahrscheinlich beide sehr ehrgeizig. […] Ich habe ja am Anfang gesagt, ich würde nie, nie mehr mit jemandem selbständig werden. Wir haben das am Anfang auch lange überlegt. Wir waren zuerst ein Jahr zusammen, bevor wir uns entschlossen haben, das miteinander zu machen. Ich habe keinen einzigen Tag, an dem ich nein sagen müsste. Es ist so, dass wir beide sagen, wir haben es absolut gut miteinander.« (B7)

4.2.2

PARTNERSCHAFT IN DER BALANCE ZWISCHEN PRIVAT- UND BERUFSLEBEN

In dieser zweiten Hauptkategorie geht es um die Balancierung zwischen dem Privat- und dem Berufsleben. Die ›Hotelfrauen‹ wenden auf der individuellen Ebene und auf der Paarebene Strategien an, um die Herausforderungen ihrer Lebenswelten bewältigen zu können.

a)

Persönliche Work-Life-Balance

Die frei verfügbare Zeit ist – wie Kapitel 4.3 später aufzeigen wird – nicht sehr ergiebig. Aus einer individuumzentrierten Optik erwähnen 11 von 15 ›Hotelfrauen‹, dass sie trotz der spärlichen Freizeit versuchen Zeit und Raum für sich einzunehmen, um Kraft und Energie zu tanken. 5 ›Hotelfrauen‹ bevorzugen eine sportliche Betätigung als Ausgleich: »Meistens mache ich dann Sport. Das mache ich schon immer. Ich gehe joggen, walken, schwimmen ins Aquafit. Ich habe Freundinnen, mit denen ich abmache. Ich habe eigentlich fast jeden Tag eine Stunde, die ich dafür einsetze. […] Ich bin nicht gewillt, immer abends bis um 22 Uhr zu arbeiten. Wirklich nicht. Ich muss Zeit haben für mich privat. Ich muss Sport machen können, weil ich nur dann funktionieren kann, sonst merke ich, dass ich träge werde und es zwickt mich überall. Ich habe dann gar keine Lust, wenn ich zu wenig Sauerstoff bekomme … Das ist so Lifebalance. Das ist die Life-Work-Balance, die finde ich ganz wichtig.« (B6)

53

»Ich habe dann mit Yoga angefangen. Das mache ich jetzt schon fast 10 Jahre. Das gibt mir sehr viel. Auch die Natur. Ich gehe auch sehr viel mit dem Hund raus. Dann bin ich weg vom Betrieb und komme wieder zur Ruhe. Das ist mir wichtig.« (B13)

Andere suchen den Kontakt mit Freundinnen oder den Kontakt zur Tochter oder sie freuen sich daran, Zeit mit dem Kind zu verbringen: »Für mich fängt der Tag an, wenn ich den Kleinen wecke. Ich lade mich privat sehr stark auf mit so kleinen Momenten.« (B2)

Eine ›Hotelfrau‹ baut ihr Hobby in den betrieblichen Alltag ein: »Ich habe dann noch angefangen zu malen. Als die Kinder noch klein waren, war mein Hobby immer das Stricken. Dann habe ich immer Pullover gemacht und alles Mögliche draufgestickt. Das konnte ich gut im Betrieb machen. Man sucht sich dann halt Sachen, die man als Ausgleich machen kann.« (B1)

Für 2 ›Hotelfrauen‹ ist es wichtig, dass sie in ihrem Umfeld gut aufgehoben sind. Auch kleine Pausen im Arbeitsalltag wirken aufmunternd: »Ich bin sehr froh, haben wir diese Oase2, die 10 Fussminuten vom Hotel entfernt ist.« (B15)

b)

Zeit und Raum fürs Paar-Sein erleben

Auf die Frage, wie sie Zeit und Raum für das Paar-Sein – also für das Zu-zweit-Sein – erleben, erzählen 12 von 15 ›Hotelfrauen‹, wie sie ihre knappe freie Zeit mit ihrem (Ehe-)Partner gestalten bzw. zu gestalten versuchen. Fünf ›Hotelfrauen‹ berichten, wie sie Zeit und Raum zum Geniessen während oder nach dem geschäftlichen Beziehungsalltag erobern, indem sie mit ihrem Partner einen Kaffee, Tee oder ein Glas Wein trinken und zusammen sind: »Wir ziehen uns meistens abends um 23 Uhr zurück und gehen meistens um Mitternacht zu Bett. Diese Stunde gehört eigentlich auch uns. […] Wir nehmen abends jeweils einen Tee, bevor wir miteinander zu Bett gehen. Wenn wir dann im Bett liegen, diskutieren wir vielfach noch über das eine oder andere. Ich habe das Gefühl, diese Zeit sei wertvoll.« (B2) »Bei uns werden einfach die Nächte länger. Wir geniessen noch den Feierabend mit einem Glas Wein zusammen. Entweder schläft er bei mir oder ich schlafe bei ihm.« (B7) »Nach dem Essen gehen wir zwei alleine ins Arvenstübli den Kaffee trinken. Das ist so die Zeit, wo wir wirklich einfach alleine kurz austauschen oder überhaupt nicht reden oder was auch immer. Das ist doch ein Luxus, oder nicht?« (B9)

Die meisten Frauen haben einen gemeinsamen freien Tag pro Woche oder gemeinsame Ferien mit ihrem (Ehe-)Partner institutionalisiert. Sie versuchen sich Zeit und Raum zur Pflege der Partnerschaft zu gewähren. »Im Winter gönnen wir uns ab und zu einen Saunabesuch. Da lassen wir uns den ganzen Tag verwöhnen. Einfach nichts machen. Einfach nur liegen und geniessen.« (B4) »Seit wir zusammen im Hotel sind, gibt es für uns zwei zusammen eigentlich nur noch die Sachen, die wir machen. Unsere Ferien an der Nordsee, das ist ein Ritual, das gehört dazu, das ist wie unsere Therapie. Zehn Tage Nordsee, zehn Tage morgens aufstehen und joggen, zehn Tage laufen, viel 2

Gemeint ist das Haus, die private Wohnung.

54

schlafen, gut essen, Zeit haben am Tisch zu sein und Zeit haben für andere Gespräche. Das ist relativ wenig.« (B15)

Manchmal kann Zeit und Raum für das Paar-Sein lediglich auf Sparflamme gepflegt werden, z.B. wenn die Kinder noch klein sind und die Kinderbetreuung nur mühsam sichergestellt werden kann. Eine ›Hotelfrau‹ berichtet: »Das, haben wir gesagt, wollen wir als Ritual3 einführen. Der Kleine war halt noch sehr klein. Ich habe noch gestillt, das ging halt nicht. Meine Familie wohnt halt auch nicht gerade um die Ecke. Mit Übernachten ist es noch so eine Sache. Aber wir wollen wirklich so zwei, drei Mal im Jahr ein verlängertes Wochenende lang als Paar verreisen. Das ist etwas, das wir machen wollen und das auch absolut nötig ist. Um uns zu regenerieren und um einfach einmal …« (B12)

c)

Zeit und Raum, um die Familie und die Freunde zu erleben

Unter diesem Stichwort geht es um das Erleben und Gestalten von Zeit und Raum für die Familie, für die Verwandten, für Freunde und Bekannte. Wie in der vorangegangen Kategorie fällt hier auch auf, dass Zeit und Raum für Familie und Freunde bei den ›Hotelfrauen‹ durch die Institutionalisierung und durch die sorgfältige Planung und Organisation gewährleistet werden kann, dass jedoch auch hier wenig Spielraum für Spontanes und Unvorhergesehenes übrig bleibt. Gewisse Tage oder Ereignisse sind ganz bewusst für die Familie reserviert: »Wir arbeiten sechs Tage pro Woche. Wir haben gemeinsam am Sonntag frei. Da hat jeder für sich seine Sachen, die er erledigen will, entweder weil er sie erledigen muss oder weil er einfach Lust drauf hat. Mein Mann zum Beispiel … Ich kann nicht kochen, das heisst, ich koche nicht gerne. Mein Mann ist der Koch bei uns und er kocht jeden Sonntag. Wir essen dann auch jeden Sonntag gemeinsam mit den Kindern. Das ist eigentlich der einzige Tage, an dem wir gemeinsam essen. Das sind so die familiären Rituale.« (B9)

Die Gestaltung der Familienzeit ist gekoppelt mit der Mitarbeitereinsatzplanung: »Wir probieren eigentlich bezüglich der Ferien immer auf die Wünsche4 einzugehen, aber bei gewissen Dingen ... geht unsere Familie halt vor.« (B4)

Eine Hotelfrau ist sich in letzter Zeit vermehrt bewusst geworden, dass die Zeit für die Beziehungspflege wichtig ist und zu einer positiven Belebung der persönlichen Ressourcen führen kann. Sie sagt, ein Gast habe einmal Folgendes zu ihr gesagt: »… aber ich sage Ihnen jetzt etwas, ich komme auch aus der Gastronomie. Ich sage Ihnen, nehmen Sie sich Zeit für Ihre Freunde, sonst nimmt Ihnen die Zeit Ihre Freunde. Von da an habe ich auch manchmal ja gesagt zu einer Einladung oder habe mich einfach an den Tisch gesetzt und die Mitarbeiter arbeiten lassen. Oder wie gestern Abend, ich hätte eigentlich nicht fortgehen dürfen, aber ich habe die Mitarbeiter einfach alleine gelassen, weil wir gestern Familienweihnachten feierten. Am letzten Donnerstag bin ich zu einer kulturellen Veranstaltung gegangen. Es war wunderschön. Ich habe es genossen. Den einen Gast habe ich angerufen, die hatten ein Bankett bei uns. Sie sagten, es sei super gewesen, alles sei perfekt gewesen.« (B10)

Mehr als die Hälfte der Paare wohnen im Betrieb oder in unmittelbarer Nähe. Dies hat den Vorteil, dass die ›Hotelfrauen‹ rasch am Arbeitsplatz sind. Der Nachteil ist die grosse Versu3 4

Gemeint ist das gemeinsame Wegfahren ohne die Kinder. Gemeint sind die Wünsche der Mitarbeitenden bei der Mitarbeitereinsatzplanung.

55

chung arbeiten zu gehen oder zu schauen, wie es so läuft. Auch die Mitarbeitenden wissen um die gute Erreichbarkeit ihrer Vorgesetzten. Drei ›Hotelfrauen‹ berichten, dass es ihnen daher ausserhalb der Arbeits- und Wohnumgebung leichter fällt abzuschalten: »… haben wir bewusst den Sonntag als Familientag. Das ist der bewusste Tag, wo eigentlich gar nichts rundherum passiert. Also wir machen natürlich etwas mit den Kindern, aber es gibt nichts Geschäftliches, keinen PC, kein Telefon. Wir haben zum Glück ein Ferienhaus, in das wir uns zurückziehen können und dann ist wirklich nur Familie pur. […] Es kann noch so wichtig sein, aber es muss irgendwo Zeit geben, sei es in den Ferien oder wann auch immer. Einfach eine Zeit, wo die Familie wirklich auch ihren Platz hat. Das ist etwas vom Wichtigsten, finde ich.« (B2) »Ich habe mir ein Haus gekauft in den Bergen. Das ist jetzt eigentlich unser Familienmittelpunkt geworden. Wir sehen uns eigentlich immer samstags, sonntags dort oben. Unser Sohn kommt meistens auch.« (B6) »Wir haben seit vielen Jahren ein Ferienhaus und gehen eigentlich immer dorthin in die Ferien. Das ist für uns perfekt, weil wir nicht ins Hotel wollen. So kommen wir an einen Ort, wo wir sofort Erholung haben, wo wir uns nicht mehr gross anklimatisieren müssen.« (B9)

d)

Zwischen der Privat- und Berufssphäre ziehen wir als Paar eine Grenze

Die Beziehung der ›Hotelfrau‹ zu ihrem Partner findet zu einem Teil in der Öffentlichkeit statt. Denn ein Hotel oder Restaurant ist öffentlich zugänglich und die Leute gehen ein und aus. Zu diesem Kreis der Öffentlichkeit gehören u.a. Gäste, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Lieferanten, Lokalpolitiker, Tourismusverantwortliche. Die Hoteltüren sind jedoch auch für Familienmitglieder offen. Dieser Aspekt wird im Kapitel 4.3 noch thematisiert werden. Die ›Hotelfrauen‹ wenden Strategien und Verhaltensweisen zum Schutz ihrer Partnerschaft und gegen die Entgrenzung der Privat- und Berufssphäre an. Auf der verbalen Ebene versuchen einige ›Hotelfrauen‹, mit ihrem (Ehe-)Partner zu Hause nicht vom Geschäft zu reden, und umgekehrt versuchen sie im Geschäft Privates aussen vor zu lassen. »Wir probieren, dass wir hier geschäftlich bleiben und hier keine privaten Sachen ausdiskutieren. Das probieren wir so zu halten.« (B4) »Wir haben bei uns zu Hause schon die Regel, dass wir nicht über das Geschäft reden. Ab und zu passiert es natürlich doch, aber wir wissen beide voneinander, was wir den ganzen Tag erleben, auch wenn wir nicht miteinander reden. Abends wird nicht mehr darüber geredet, weil wir den ganzen Tag schon zusammen waren. Das ist absolut ein Vorteil für mich, für uns beide.« (B9)

Das Einnehmen einer professionellen Haltung bei der Arbeit hilft den ›Hotelfrauen‹ die Grenze zwischen der beruflichen und der privaten Partnerschaft nach aussen aufrechtzuerhalten. Eine ›Hotelfrau‹ plädiert für eine disziplinierte Haltung in der beruflichen Beziehung, eine andere Hotelfrau signalisiert mittels Kleidung, ob sie nun Berufsfrau oder Privatfrau ist. »Für eine gemeinsame Berufstätigkeit, glaube ich, ist Disziplin deswegen etwas, das ich ganz stark in den Vordergrund setzen würde. Disziplin mit sich selber und Disziplin in der Beziehung und Disziplin in den Abläufen, dass man strikt Sitzungen macht. Ich glaube das Schlimmste, was einem passieren kann bei einer gemeinsamen Arbeit, ist, dass man so ins Familiäre abrutscht. So in ein Wennnicht-heute-dann-morgen oder in das Wir-können-zu-Hause-darüber-reden.« (B14)

56

Manche ›Hotelfrauen‹ schützen ihre private Beziehung, indem sie nicht mehr im Hotel wohnen, keine Händchen halten vor den Gästen, nicht mit den Gästen an der Bar sitzen und – was ihr Privatleben anbelangt – zu den Gästen auf freundliche Distanz gehen. »… im Haus spiele ich die Rolle der Geschäftsfrau und da gehört es sich nicht, dass ich meinem Mann küsse, ausser es ist ein spezieller Anlass. Wir zeigen uns gegenseitig nicht die Zuneigung, wenn wir mit dem Kader am Tisch sitzen. […] Ich glaube, da hat man die Rolle der Geschäftsfrau im Betrieb und sobald man die Kleider der Geschäftsfrau trägt, dann ist es Geschäft. Ich gebe mich im Betrieb auch nie privat. Ich würde mich auch nie zu einem Gast an den Tisch setzen. Ich würde nie zu einem Gast an die Bar gehen, denn dort wird es persönlich, dort wird es privat. Wenn ich im Betrieb bin, dann bin ich Geschäftsfrau und das ist eine Rolle. Und wenn ich zu Hause bin, dann ziehe ich die Schuhe aus und dann bin ich Privatfrau. Dann ziehe ich auch das Jackett aus …« (B2) »Das ist wirklich privater Natur5. Es darf vielleicht einmal eine Umarmung geben, aber eigentlich gibt es das besser nicht. Es ist wirklich privat. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass man das so demonstrieren muss.« (B12) »Da muss man sich auch ein bisschen abgrenzen. Auch gegenüber den Gästen, dass sie einen nicht ganz vereinnahmen. Viele sind dann sehr neugierig, was unser Privatleben betrifft und und und. Da muss man sich schon ein bisschen distanzieren.« (B13)

4.2.3

DAS ›HOTELPAAR‹ UND SEINE KINDER

12 der 15 ›Hotelfrauen‹ haben ein oder mehrere Kinder. 2 Paare haben gemeinsam beschlossen, dass sie keine Kinder haben möchten. Ein Ehepaar blieb ungewollt kinderlos. Das Thema Kinder wurde in den Interviews jeweils von den ›Hotelfrauen‹ selber aufgegriffen. In der ersten Unterkategorie werden die Vorteile der Vereinbarkeit von Kindern und beruflicher Tätigkeit im Hotel besprochen. In der zweiten Kategorie wird erörtert, wie ein Viertel der ›Hotelfrauen‹ ihre Kinder am Leben und Arbeiten im Hotel teilhaben lassen. Auf der anderen Seite müssen die ›Hotelkinder‹ auch Kompromisse eingehen. Diese Kehrseite der Medaille wird im Kapitel 4.3.4 beleuchtet.

a)

Hotel und Kinder: Das geht sehr gut zusammen

Fast die Hälfte der ›Hotelfrauen‹ ist der Meinung, dass Hotellerie und Gastronomie im Vergleich zu anderen Branchen und Betrieben durchaus eine familienfreundliche Unternehmensstruktur bieten. Vater und Mutter können sich gegenseitig bei der Kinderbetreuung helfen. Sie sind da, wenn die Kinder aus der Schule nach Hause kommen und können abwechslungsweise ihre Kinder ins Bett bringen. Mit dem Älterwerden der Kinder wird die Vereinbarkeit von Beruf und Kinder zunehmend einfacher: »Das kannst du immer besser vereinbaren, wenn du im gleichen Betrieb bist und auch die Kinder im gleichen Betrieb hast. Ich war ja da, als sie kamen. Ich war ja nicht irgendwo auf einem Büro und sagte, ich komme erst am Abend nach Hause. Die Kinder waren nie alleine, finde ich. Man sagt immer, im Hotel hätte niemand Zeit, aber das ist nicht so.« (B1) »In der Hotellerie kann man sich gut selber organisieren. Wir sind ja wie ein kleines Dorf. Wir haben einen Kindergarten im Haus. Wir haben eine eigene Wäscherei, eine eigene Hauswirtschaft usw. Ich 5

Gemeint ist die private Begegnung am Arbeitsplatz, z.B. sich zu küssen oder zu umarmen.

57

habe mir eigentlich alle Dienstleistungen aus dem eigenen Betrieb nehmen können und war nicht auf auswärtige Institutionen angewiesen.« (B2)

Drei ›Hotelfrauen‹ erwähnen als weiteren Vorteil, dass die Väter die Kinder häufiger sehen als Väter, die am Morgen das Haus verlassen und erst abends wieder zurückkommen: »Uns sagen ja viele, dass wir die Kinder ja nie sehen. Dabei habe ich das Gefühl, dass mein Mann die Kinder häufiger sieht als jemand, der nach Zürich arbeiten geht und morgens um 06.30 Uhr weggeht und erst um 19.00 Uhr nach Hause kommt. Wir leben eigentlich fast wie auf einem Bauernbetrieb. Die Kinder sind ja auch immer um uns herum. Sie sehen ihre Eltern eigentlich sehr oft.« (B3)

Zwei ›Hotelfrauen‹ betonen die Wichtigkeit der Qualität der Beziehung zu den Kindern und die Bedeutung der emotionalen Anwesenheit und der geistigen Präsenz: »Er hat wirklich eine massive Abwesenheit, aber keine emotionale Abwesenheit. Er hat eine sehr gute Bindung zu den Kindern und ist extrem präsent. Auch für mich ist er als Vater präsent. Er ist einfach ein Hotelier, der während der Saison physisch nicht anwesend ist.« (B14)

b)

Juhui! Papi und Mami arbeiten im Hotel: Identifikation mit dem Beruf der Eltern

Manche Kinder der ›Hotelfrauen‹ haben die Gelegenheit von klein auf die Berufswelt der Eltern relativ nah mitzuerleben. Eine ›Hotelfrau‹ erzählt, wie ihr Sohn mit den Kadermitarbeitenden am Tisch sitzt und wie sie seinen Geschichten zuhören. Bei zwei ›Hotelfrauen‹ dürfen die älteren Kinder mithelfen und können so ihr Taschengeld aufbessern. Andere Kinder finden es toll, dass sie an der Silvesterfeier im Hotel teilnehmen oder zum Zvieri vorbeikommen dürfen. Die Identifikation mit der beruflichen Tätigkeit der Eltern fördert bei den Kindern das Verständnis für den Beruf und für die Abläufe im Hotel mit den unregelmässigen Arbeitszeiten: »Die Grössere arbeitet auch bei uns mit. Sie hat zweimal im Monat den Samstagabend, an dem sie mithilft. Seit ungefähr 1½ Jahren schon. Seit dieser Zeit hat sie ein viel grösseres Verständnis dafür, was da wirklich abgeht. Wenn ich sage, dass wir im ›Seich‹ waren, ist das nun für sie ein Begriff. Dann weiss sie, da ist ›Ramba-Zamba‹ und es rattert nur noch und es muss funktionieren.« (B4)

Eine ›Hotelfrau‹ erzählt, dass es für sie wichtig ist, dass sie und ihr Partner den Kindern ganz bewusst ein positives Bild ihrer Arbeit im Hotel vermitteln: »Ich habe immer darauf geachtet. Für mich ist es immer ein bisschen wie PR in der Familie. Dass die Kinder diese Tätigkeit als positiv wahrnehmen und nicht als ein Ach-schon-wieder-so-langeArbeiten. Sondern dass sie sehen, dass ich gearbeitet habe, weil noch etwas Interessantes zu tun war. Meine Tochter hat dann immer das Gefühl, vermutlich ist es ganz toll gewesen, sonst wäre sie ja nach Hause gekommen. […] Ich finde, es ist auch ein Mehrwert für unsere Kinder, dass sie uns als Menschen erleben, die gemeinsam an etwas dran sind.« (B14)

4.3

HERAUSFORDERUNGEN UND DEFIZITE IM BEZIEHUNGSALLTAG

4.3.1

BERUFS- UND BRANCHENBEDINGTE BELASTUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN

Aus den Interviews gingen zu dieser ersten Hauptkategorie ›Berufs- und branchenbedingte Belastungen und Herausforderungen‹ drei zentrale Themen hervor. Die ›Hotelfrau‹ sieht sich erstens mit Herausforderungen konfrontiert, die durch die verschwommenen, unklaren Übergange zwischen dem Privat- und dem Berufsleben entstehen; zweitens ist das Unternehmen

58

sozusagen ›rund um die Uhr‹ geöffnet und gibt bei der Gestaltung des Privatlebens den Ton an; drittens ist die gegenseitige Abhängigkeit bei dieser Bindungsform sehr gross und löst bei den ›Hotelfrauen‹ Ängste und Befürchtungen aus.

a)

Fliessender Übergang von der Privat- zur Arbeitssphäre

9 von 15 ›Hotelfrauen‹ erwähnen, wie sie den Übergang von der Privat- zur Arbeitssphäre als fliessend erleben. Es fällt den Frauen schwer im Alltag eine Trennung der beiden Bereiche vorzunehmen. Dies teilweise auch deshalb, weil sie sehr viel Zeit im Betrieb verbringen und hier sozusagen der Öffentlichkeit (u.a. bestehend aus Gästen, Mitarbeitenden und einheimischer Bevölkerung) ausgesetzt sind und beobachtet werden. Die Mehrheit der Paare wohnt im Hotel oder im gleichen Dorf oder in derselben kleinen Stadt. Sie werden auf der Strasse von der Bevölkerung und von Gästen erkannt und sehen sich mit der Doppelrolle Privatfrau – Berufsfrau konfrontiert. Auch die modernen Kommunikationsmittel bewirken eine ständige Erreichbarkeit, wodurch die private ›Hotelfrau‹ wieder in den Sog des betrieblichen Alltags gerät: »Die Beziehung findet eigentlich immer in der Öffentlichkeit statt. Wir sind eigentlich nie, also zumindest nur sehr selten nur wir zwei.« (B1) »Wenn wir nicht im Betrieb sind, sorgt heutzutage das Handy für die Erreichbarkeit.« (B12) »Wir wohnen im Hotel zuoberst und sind dadurch immer im Betrieb drin und immer erreichbar. Auch in der Nacht. […] Das ist nicht schlimm, aber man ist dauernd unter Beobachtung. Man ist irgendwie nicht ganz so locker und frei. […] Hier oben kennt einen jeder, alle Gäste kennen einen, alle Einheimischen, alle Mitarbeiter. Man ist nie wirklich für sich. Oder dann müssen wir eben wegfahren …« (B13)

Die beruflichen Strukturen erleichtern zwar das Aufrechterhalten der Professionalität nach aussen, wie weiter in dieser Arbeit zu lesen sein wird. Im privaten Beziehungsalltag und in den Ferien hingegen schwimmt der Berufsalltag mit. Dieser Umstand ist eine Herausforderung für die Beziehungspartner. Frau und Mann gehen unterschiedlich mit dieser Situation um. Gegenseitiges Verständnis hilft: »Was ich nicht gut kann, ist switchen zwischen dem Betrieb, in dem wir arbeiten und der Zeit für Liebe. Denn wenn ich im Betrieb bin und dann hinüber gehe6, dann bin ich noch so permanent unter Strom, da kann ich auch nicht abstellen. […] Ich kann mich eigentlich nicht total gut lösen. […] Weil mein Mann damit kein Problem hat, haben wir kein Problem damit. Aber sonst könnte es Konflikte geben.« (B2) »Das ist eine schwierige Situation.7 Hie und da das Liebevolle, das Einander-gerne-Haben, das bleibt einfach manchmal auf der Strecke, weil man Knatsch hat im Betrieb. Dort ist mein Mann viel liebevoller als ich.« (B10) »Man ist ja toujours miteinander zusammen. Wenn man dann einmal zusammen essen geht, dann weiss man fast nicht mehr, was man über die Beziehung reden will. Da kommt dann automatisch das Geschäftliche und dann geht der Beziehung absolut der Rang ab.« (B12)

6 7

Gemeint ist die Wohnung. Gemeint ist die Kombination Berufsfrau – Ehefrau.

59

»Wenn ich nach Hause gehe, dann kann ich abschalten. Die Belastungen, die ich im Betrieb habe, kann ich dort lassen. Er kann das nicht. Er nimmt es mit nach Hause. […] Bei ihm fängt es an zu rattern. Das ist noch schwierig. […] Wenn wir zu Hause diskutieren, dann kann das eine Stunde sein und an einem freien Tag können das fünf Stunden sein. Es ist eigentlich nur ein Kundtun des Frustes, aber die Lösung haben wir dann doch nicht.« (B15)

Manche ›Hotelfrauen‹ bedauern es, dass sie einander am Abend keine Neuigkeiten erzählen können, weil sie tagsüber bereits viele Sachen gemeinsam erlebt haben: »Die Ehepaare, die sich am Morgen trennen und am Abend wieder treffen, haben sich abends immer noch etwas vom Tag zu erzählen. Bei uns ist das immer etwas schwieriger, weil wir praktisch den ganzen Tag miteinander erleben.« (B11)

b)

Das Unternehmen gibt den Rhythmus vor

Fast alle Frauen berichten von der zentralen Rolle des Unternehmens und wie das Unternehmen den beruflichen und privaten Beziehungs- und Familienalltag prägt und steuert. Dies führte zur Kategorie ›Das Unternehmen gibt den Rhythmus vor‹. Sei es, weil das Unternehmen immer geöffnet ist, weil Hochsaison ist, weil die Unternehmensleitung kurzfristig einspringen muss, weil eine Mitarbeiterin krank ist oder weil sonstige unvorhergesehene Situationen eintreten. Eine straffe Organisation ist das A und O, lässt jedoch wenig Raum für Spontanes. Durch die hohen Präsenzzeiten und durch die wechselnden Arbeitszeiten während der Woche sowie an Wochenenden und Feiertagen entsteht ein anderer Rhythmus als bei Menschen, die nicht in der Hotellerie bzw. Gastronomie arbeiten. Während andere Menschen Ferien haben oder das Wochenende geniessen, herrscht in dieser Branche womöglich Hochbetrieb: »Wenn man so viele Leute hat und alle wollen ihre 5 Wochen Ferien haben, dann sind sie einfach permanent in den Ferien, zwar abwechslungsweise, aber immer fehlt jemand. Dann müssen wir halt immer zusätzliche Sachen machen, einspringen.« (B4) »In der Hochsaison haben wir, obwohl wir miteinander arbeiten, kaum Zeit füreinander. Damit habe ich, je älter ich werde, desto mehr Mühe.« (B8) »Mal schnell etwas spontan unternehmen ... Wir müssen das immer sorgfältig planen, wenn wir frei machen.« (B13)

Bei einer Frau wurden u.a. die unterschiedlichen Arbeitsrhythmen zur Beziehungsprobe. Die beiden lieben sich und sind weiterhin verheiratet, sie können jedoch nicht mehr zusammen wohnen und leben, solange sie nicht den gleichen Arbeitsrhythmus haben: »Ich habe ein eigentliches Tagesgeschäft und er hat ein Nachtgeschäft. Wir haben uns gar nie gesehen. […] Ich weiss einfach, und mein Mann weiss es auch, dass wir nicht mehr zusammen wohnen wollen, solange wir nicht denselben Rhythmus haben.« (B6)

Manche ›Hotelfrauen‹ machen den Eindruck, als wären sie dem Rhythmus des Betriebs irgendwie ausgeliefert. Mit der Zeit kommt Routine auf und es entsteht eine gewisse Lethargie. Es fällt den Paaren schwer auszubrechen und Gegensteuer zu geben:

60

»Oftmals hätte man es sich einrichten können, aber es war dann manchmal so kompliziert, jemandem alles zu erklären und zu sagen: Siehe da und dort und ich bin jetzt für 3 Stunden fort. Dann denkst du, ach komm, ich geh‘ gar nicht. […] Man resigniert denn fast ein wenig … « (B1) »Es ist einfach immer ein Hin und Her. Man muss halt immer. Aber man gewöhnt sich an den Rhythmus. Man ist wie in einem Ding drin, dann ist das einfach so.« (B3) »… dass man sich in den Betrieb einbinden lässt. Man hat einfach dieses Gefühl dem Gast gegenüber. Man denkt, dass man das jetzt einfach machen muss.« (B5)

c)

Ängste und Befürchtungen der ›Hotelfrau‹

11 von 15 ›Hotelfrauen‹ äussern sich explizit zu ihren Ängsten und Befürchtungen. Dabei handelt es sich um ähnliche Themenfelder. Drei ›Hotelfrauen‹ denken insbesondere an die finanzielle Situation des Betriebes. Die Mehrheit der Frauen ist sich der gegenseitigen Abhängigkeit und des damit zusammenhängenden ›Klumpenrisikos‹ bewusst. Sie wissen aber nicht, wie es weitergehen würde, wenn der (Ehe-)Partner beispielsweise krank oder sterben würde. Die meisten Frauen verdrängen diese Gedanken, setzen sich nicht aktiv mit der Möglichkeit auseinander, dass unvorhergesehen ein kritisches Lebensereignis die Beziehung treffen könnte. Hingegen sind die Frauen offener, wenn es um die konkrete – gemeinsame oder individuelle Planung der beruflichen und persönlichen Zukunftsgestaltung geht. Beispielsweise um die Nachfolgeregelung. Diese Aspekte werden im Kapitel 4.5 ›Entwicklung der Partnerschaft im Laufe der Zeit‹ erörtert. Manche ›Hotelfrau‹ stellt für sich in Frage, ob sie in Anbetracht der persönlichen und fachlichen Kompetenzen den Betrieb in einer solchen Situation auch alleine weiterführen könnte: »… zum Beispiel wenn der Mann krank würde und ich das Geschäft alleine führen müsste, dass es dann ein Problem geben würde. […] Darüber will ich gar nicht zu viel nachdenken.« (B2) »Ich habe keine Ahnung, ich wüsste nicht ... das habe ich mir auch schon mal überlegt ... wenn ihm etwas passieren würde ... ich hätte keine Ahnung wegen den Konten und so.« (B3) »Ich weiss nicht, ob ich den Betrieb alleine führen könnte oder wollte. Das haben wir auch schon mal so diskutiert. […] Ich habe dann ganz klar gesagt, dass ich mir das selber nicht zutraue, weil ich ja nicht vom Fach bin, vor allem was die Küche anbelangt. […] Ich weiss auch nicht, ob ich den Mut hätte, das Hotel alleine weiterzuführen.« (B4)

Zwei ›Hotelfrauen‹ erzählen im Zusammenhang mit der gemeinsamen beruflichen und privaten Zukunftspositionierung von ihren persönlichen krisenhaften Phasen, welche sie an die Grenze der psychischen und physischen Belastbarkeit führen: »Ich denke, dass wir den Betrieb nicht mehr führen können, wenn wir es nicht packen. Es braucht wirklich zwei dazu. Die Gesundheit und die Nerven ... das geht einfach nicht mehr mit diesem Einsatz.« (B15)

4.3.2

UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN ODER WENN WIR STREITEN, DANN ÜBERS GESCHÄFT!

Die Antworten auf die Frage ›Welche Themen lösen in Ihrer Beziehung Meinungsverschiedenheiten oder Konflikte aus?‹ resultierten in vier Themenkreisen. Einerseits hat die Hotelfrau mit

61

ihrem (Ehe-)Partner Meinungsverschiedenheiten auf der Ebene der Organisation und der Unternehmensführung. Weiter geht es um das Streben nach Gleichwertigkeit und um das Fehlen gegenseitiger Achtung. Drittens sorgen Familienangehörige und Kinder für Gesprächsstoff und Diskussionen. Viertes Thema sind die regelmässigen Widrigkeiten, die sog. ›Daily Hassles‹. Häufig geht es dabei um persönliche Eigenschaften des (Ehe)Partners, die den Frauen sozusagen auf den Wecker gehen. In einem konstitutiven Vergleich kann im Allgemeinen gesagt werden, dass in etwa zwei Drittel der ›Hotelfrauen‹ von einer offenen und konstruktiven Auseinandersetzung berichten. Ein Drittel der ›Hotelfrauen‹ sieht bzw. sah sich in ihrer Beziehung mit grossen – teils nicht gut lösbaren - Differenzen konfrontiert. Im Laufe der Zeit reduzieren sich in manchen Partnerschaften die Reibungsflächen. Das Paar arrangiert sich, entwickelt im Alltag eine Toleranz oder resigniert in Einzelfällen auch.

a)

Meinungsverschiedenheiten Ebene Organisation und Unternehmensführung

12 von 15 Hotelfrauen berichten von Meinungsverschiedenheiten und Konflikten auf dieser Ebene. Dabei geht es bei 5 Frauen im Detail entweder um die Mitarbeitenden oder um die unterschiedlichen Auffassungen im Bereich der Mitarbeiterführung. Das Paar muss beispielsweise darauf achten, dass sie von den Mitarbeitern nicht gegenseitig ausgespielt werden; 2 Frauen berichten von Meinungsverschiedenheiten wegen unterschiedlichen Auffassungen in strategischen Fragen und Wertvorstellungen; 4 Hotelfrauen setzen sich mit ihrem (Ehe-)Partner wegen der Art und Weise der Kommunikation und der Informationspraxis auseinander. Im beruflichen Alltag ist die Organisation und die Führung des Unternehmens sowie die Verfolgung der Unternehmensstrategie eine immer wiederkehrende Aufgabe für das Paar. Die folgenden Zitate illustrieren diese Situationen: »… gestritten haben wir uns immer wegen anderen. Nicht wegen uns. […] Man hatte dann irgendein Problem mit einem Angestellten, und ich habe gefunden, so nicht oder das nicht. Er fand dann, sooo schlimm ist das nicht. […] Als wir diesen Koch hatten, das war ja wahnsinnig. Er hat einfach immer alles geschluckt und hat sich einfach alles bieten lassen. Und der hat das einfach nie gemacht. Und ich war jeden Montag in allen Lüften.« (B1) »Aber auch Sachen in strategischer Hinsicht. Wenn es um das Marketing geht. Dass ich der Meinung bin, man müsste es so machen und er findet, nein, man müsste es so machen. Wir finden immer irgendwie einen Konsens, mit dem beide leben können.« (B9) »Einerseits das Weiterleiten, das man ordentlich kommuniziert und dass die Informationen fliessen. Das andere ist das Verhalten, einfach dass man auch anständig ist miteinander. Es gab Situationen, wo er schroff war oder irgend einen dummen Spruch fallen liess. Da hat er bei mir die Schmerzgrenze überschritten. Ich konnte das nicht akzeptieren. […] Das macht er heute wirklich nicht mehr.« (B14)

Das Umfeld – bestehend aus Mitarbeitenden oder Gästen – fängt die negativen Schwingungen des Paares auf. Sie spüren die Spannungen. Es ist für die ›Hotelfrau‹ eine hohe Kunst und ein hoher Anspruch, die Gäste nichts merken zu lassen und professionell aufzutreten:

62

»Zum Beispiel auch unsere Stellvertretung, sie ist eine sehr Feine. Wenn ich z.B. im Büro bin und sie kommt herein, dann fragt sie, ob etwas nicht in Ordnung sei? Dann antworte ich, dass wir gerade Stress hatten wegen dem und dem. Dann kann man den Frust bei ihr ablassen. […] Wir probieren professionell zu sein und die Leute um uns herum nichts spüren zu lassen, wenn wir an der Front sind.« (B4) »Jetzt im Nachhinein sagen viele Gäste zu mir, dass sie das schon lange gemerkt hätten. […] Die Kompetenzen, die Sie in der Gastronomie lernen, können Sie bestimmt auch an anderen Orten brauchen. Ich glaube, die Gewissenhaftigkeit, die Geduld, die Umschau, wenn Gäste da sind, das ist ein permanentes Schauspielern nach aussen.« (B7)

b)

Meinungsverschiedenheiten Ebene Gleichwertigkeit und Achtung

Bei zwei Drittel der Frauen sind Meinungsverschiedenheiten in diesem Bereich zentral. Die Themen sind unterschiedlich gelagert, die Grundmechanismen sind gleich. Denn häufig ist die Balance zwischen Mann und Frau gestört. Entweder der Partner oder die Partnerin fühlt sich benachteiligt oder nicht recht behandelt. Ein Partner fühlt sich weniger wert, weil er nicht die gleiche Ausbildung hatte wie seine Frau, ein anderer leidet, weil seine Frau den Betrieb mit in die Ehe gebracht hat. Bei drei ›Hotelfrauen‹ gab es Reibungspunkte, weil ihre Männer sie eher als Mitarbeiterin betrachtet und diese sich zurückgesetzt gefühlt haben. Eine Frau fühlt sich benachteiligt, weil sie nicht die gleichen Weiterbildungschancen wie ihr Mann wahrnehmen kann. Ihr Partner sollte ihrer Meinung nach dieses Ungleichgewicht durch einen erhöhten Einsatz im Haushalt und bei der Kinderbetreuung ausgleichen, ist dazu aber nicht bereit. Die Hotelfrau reagiert darauf mit Unzufriedenheit. Sämtliche hier beschriebenen Prozesse führen bei der unterlegenen Partei zu unguten Gefühlen. Bei der Auseinandersetzung geht es um das Schaffen und Erringen eines Ausgleichs im privaten und beruflichen Beziehungsalltag. »Mein Mann war lange Personalchef und Vizedirektor, also eher eine Führungsperson, und ich habe viele Jahre in einem kleinen Betrieb gearbeitet, wo ich sehr selbständig habe arbeiten können. Er wollte immer wissen, was ich mache und ich hatte das Gefühl, ich weiss, was ich machen muss. Ich konnte das aber nicht einfach so sagen. Man muss lernen etwas zu akzeptieren, oder mein Mann muss merken, dass ich nicht einfach eine seiner Angestellten bin, der man sagen kann, nimm den Besen und geh wischen.« (B5) »Er fühlt sich immer noch ab und zu als Angestellter, als Mitarbeiter sowieso, aber das bin ich ja auch. Dadurch dass ich auch sechs Jahre älter bin als er, fühlt er sich immer noch ein wenig als Untergebener. […] Er hat sich immer nicht so ganz angenommen gefühlt. Vielleicht hat er auch ein Minderwertigkeitsgefühl mir gegenüber. Es war für ihn immer schwer.« (B13)

Zwei ›Hotelfrauen‹ erwähnen, wie Einflüsse von aussen auf die Paarbeziehung einwirken und die unguten Gefühle in Sachen Gleichwertigkeit zusätzlich schüren. Dazu gehören – gut gemeinte oder unbedachte - Äusserungen von Gästen oder Journalisten: »Das wäre ein schöner Gedanke, weil ich denke, dass durch das Umfeld sehr häufig automatisch gewertet wird, sei es durch Gäste und Mitarbeiter oder durch Journalisten. Ich weiss nicht, wie Sie das erleben, aber es ist häufig so, dass der Mann der ist, der auf dem Sockel steht und die Frau sonst irgendwo. […] Ein für uns in der Hotellerie wichtiger Journalist hat ein paar Jahre immer eisern vom Direktor gesprochen. Jedes Mal bin ich fast an die Decke gegangen. Dann kommen die Leute sogar

63

aus dem Umfeld und du siehst, dass sie dich wieder nicht erwähnt haben. Das ist ekelhaft. Mein Mann hat ihm drei Mal schreiben müssen, er solle das nächste Mal bitte uns beide erwähnen, denn wir würden das Hotel zu gleichen Teilen gemeinsam führen. Jetzt hat er das endlich verstanden. Das ist etwas, was dauernd passiert.« (B14) »Es gibt auch Gäste, die sagen, ah, sind Sie auch noch da? Jetzt war ich eine ganze Woche hier und habe Sie gar nicht gesehen. Einmal hat mir eine Frau gesagt, ah, Sie sind auch hier? Machen Sie Verabschiedungen am Sonntag? Ich musste das wirklich lernen, erstens nicht auf solche Sachen einzusteigen, zweitens eine passende Antwort bereit zu haben und drittens nicht wütend zu werden. Das war ein ziemlicher Lernprozess. Obwohl ich eigentlich recht viel arbeite, ist es aus Hotelsicht aber immer noch zu wenig. Ich sollte ja eigentlich noch viel mehr arbeiten, dafür, dass ich jeden Gast kenne, dass ich alle Informationen habe usw.« (B14) »Bei mir eigentlich nicht.8 Bei ihm frustmässig. Dadurch, dass ich an der Front bin, bekomme ich das Lob. Ich bin die Arme, es ist wirklich wahr, ich arbeite so viel und er arbeitet im Hintergrund mehr oder gleich viel. Das ist ein Teil der Schwierigkeit. Da stehe ich vor einer Schwierigkeit. Ich weiss, dass er viel macht, aber ich weiss nicht, wie ich das den Leuten sagen kann. Da muss ich für mich lernen, dass das nun mal so ist. Wenn ich jetzt halt das Lob für den Betrieb bekomme ... dann muss er lernen diese Anerkennung anderswo zu holen oder anders anzunehmen.« (B15)

c)

Meinungsverschiedenheiten Ebene Familie und Kinder

Diese Meinungsverschiedenheiten und Konflikte entstehen einerseits bei 5 Paaren wegen oder mit Familienmitgliedern, die ebenfalls im beruflichen oder privaten Umfeld des Paares leben und/oder arbeiten. Konkret geht es dabei um das Verhalten der Eltern oder Schwiegereltern, welches beim einen oder anderen Partner intrapersonelle Rollenkonflikte auslöst und zu Meinungsverschiedenheiten führt. Andererseits geht es in 4 Fällen um die unterschiedlichen Ansichten über die Kindererziehung. »Ich würde oftmals explodieren. Gerade wenn meine Mutter wieder mit ihrem Putzen und solchen Sachen kommt. Oder auch wenn sie den Mitarbeitern Sachen eintrimmen geht, dann zerreisst es mich fast. […] Er9 macht mich dann fast wahnsinnig, weil er dann nichts sagt.« (B3) »Am Anfang war es schon heftig. Es hat doch viel Reibung gegeben, vor allem mit den Schwiegereltern. Wir hatten etwas andere Ansichten und andere Ideen, die wir verwirklichen wollten. […] Es10 war wahnsinnig schwierig, weil er natürlich immer mitten drin gestanden ist.« (B11) »… ein Thema ist immer meine Mutter. Wenn sie kommt, dann schnürt es uns beiden bereits den Hals zu. Da meint er denn halt, jetzt müsse ich das der Mutter sagen, dass er nicht wolle, dass sie immer kommt, dass sie immer schon um 8 Uhr hier steht. […] Ich sage ihm dann, dass er es ihr doch selber sagen solle.« (B15) »Das ist so das Private, dass er der Gute ist und ich die Böse. Das gibt so Konfliktsituationen.« (B4)

d)

›Daily Hassles‹ oder Was mich manchmal nervt …

Etwas mehr als die Hälfte der ›Hotelfrauen‹ äussert sich zu den täglichen Widrigkeiten, zu den sogenannten ›Daily Hassles‹. Dabei geht es um ganz unterschiedliche persönliche Eigenheiten oder Verhaltensweisen des (Ehe-)Partners, die jede ›Hotelfrau‹ auf ihre Weise als nervlich be-

Antwort auf die Frage, ob eine Rivalität zwischen Mann und Frau existiere. Gemeint ist der Ehemann. 10 Gemeint ist die Beziehung zwischen Mann und Frau. 8 9

64

lastend empfindet. Die meisten ›Daily Hassles‹ sind beruflicher Art, einige ›Hotelfrauen‹ äussern sich auch zu den Ärgernissen in ihrem Privatleben. »Mein Mann ist eher ein Sammler, seien es Autos, seien es Eisenmodelle ... Auch im Büro wird alles gesammelt. Sagen wir, was Papierkram ist oder Werbematerial. Es ist uferlos, was ich hier alles um mich habe. Wenn ich dann etwas nehme und das wegwerfen will, dann sagt er, das könne man noch nicht wegwerfen. Zwischendrin muss ich einfach Körbe leeren und das gibt immer wieder Diskussionen.« (B5) »Mein Mann ist einfach ein Computerfreak und er kann stundenlang vor diesem Ding hocken. Ich denke immer, mein Gott … […] Er sagt dann, er müsse nur schnell etwas schauen. Dieses Ich-mussnur-schnell dauert dann einfach eine Stunde und nicht nur 5 Minuten.« (B11) »Was er einfach hat, ist … aber das liegt in der Familie, die wollen immer Recht haben. Die können keine Fehler zugeben. Ich weiss nicht, ob das allgemein bei Männern so ist, ich höre das oft, dass Männer keine Fehler zugeben können. Wenn man ihnen etwas beibringen will, dann muss man das über fünf Ecken tun, dann erst wird es gemacht.« (B10)

4.3.3

MÄNGELLISTE ODER DAS KOMMT IN DER BEZIEHUNG ZU KURZ

Während den Interviews wurden zahlreiche Wünsche und Sehnsüchte spürbar. Dieses Empfinden resultierte während des Kodierens in einer Aufzählung zahlreicher Mängel. In ihrer beruflichen und privaten Beziehung strebt die ›Hotelfrau‹ nach einer möglichst optimalen Balance zwischen Erwerbsarbeit, Paar- und Familienengagement und der Erfüllung der eigenen Interessen und Bedürfnisse. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die ›Hotelfrauen‹ spüren auf der Gefühlsebene ein Manko an (Zeit für das) Paar-Sein und ein Manko an Liebe, Nähe und Geborgenheit. Zeitlich betrachtet hätten sie gerne mehr Zeit für das Familie-Sein und für die Beziehungspflege. Zeit und Musse fehlt auch für die Freizeit, für Hobbys, für Reisen, Kunst, Kultur, Sport und Weiterbildung.

a)

Spüren eines Mangels an Paar-Sein und eines Mangels an Nähe

Das Spüren eines Mangels an Paar-Sein und eines Mangels an Nähe resultiert für die ›Hotelfrau‹ hauptsächlich aus den knappen zeitlichen Ressourcen. Die Arbeitsleistung steht im Vordergrund, Zärtlichkeit und Nähe kommen zu kurz. Die Gefahr, dass das Paar privat aneinander vorbeilebt, ist latent vorhanden: »Wenn wir privat weg sind als Paar, mit Freunden oder so, dann ist das ganz anders. Das ist das, was ich vermisse, dass man weggehen und sich selber sein kann. Und die gemeinsame Nähe auch im Zusammensein mit anderen spürt. Das ist für mich viel wichtiger als alles andere.« (B12) »… Sachen, die ich vermisse ... zum Beispiel Zärtlichkeit. Man geht von der Arbeit nach Hause, es ist eigentlich rund um die Uhr das gleiche Leben, aus dem man manchmal ausbrechen möchte. […] Die Partnerschaft ist im Moment einfach Teamwork.« (B15)

Eine ›Hotelfrau‹ berichtet, wie sie infolge der beruflichen Absorption über einem Umweg von der persönlichen gesundheitlichen Befindlichkeit ihres Mannes erfährt und dass sie und ihr Mann das Paar-Sein zu wenig gepflegt und institutionalisiert haben:

65

»Er hatte zwei Burnouts in den letzten sechs Jahren. Das war eine schwierige Phase. Vor allem weil ich es nicht gemerkt habe. Er ist zu einem Freund von uns gegangen und hat mich einfach mitgenommen. Er hat dann eigentlich seinem Freund erzählt, er stehe kurz davor sich das Leben zu nehmen. Das hat mich wahnsinnig schockiert und auch ein Stück weit beleidigt, dass er das ihm erzählt hat und nicht mir. […] Es zieht sich durch unsere Beziehung wie ein roter Faden, dass wir unser Paar-Sein einfach zu wenig institutionalisiert haben. Dass wir zum Beispiel gesagt hätten, wir gehen einmal im Monat auswärts essen. Wir hatten es vor gehabt, dann aber doch nie gemacht. Wir haben uns verschiedene Sachen vorgenommen um unsere Beziehung zu verbessern, aber es hat dann doch nie geklappt. Das haben wir sicher nicht gut gemacht.« (B9)

Zwei ›Hotelfrauen‹ erwähnen, dass ihre spärliche Zeit eher den Kindern gewidmet wird und dass die Zeit für das Paar-Sein vorerst zurückgestellt werde. »Wenig11 halt im Moment. Auch weil die Kinder noch klein sind. Aber wenn die dann in den Kindergarten gehen, kann man schon mal sagen, dass wir an einem Morgen zusammen aufs Bike gehen.« (B3)

b)

Spüren eines Mangels an Zeit für das Familie-Sein und für die Beziehungspflege

9 von 15 ›Hotelfrauen‹ erwähnen, dass sie den Kontakt zu den Verwandten ausserhalb des engsten Familienkreises und zu Freunden nicht gut aufrecht erhalten können. Sie können beispielsweise nicht an Familienanlässen teilnehmen oder sparen die Verwandtenbesuche für die Zwischensaison auf. Zwei ›Hotelfrauen‹ geben an, dass sie gerne auch noch mehr Zeit gehabt hätten für ihre eigenen Kinder. »Etwas miteinander unternehmen haben wir nur sehr wenig gekonnt. Dann habe ich mal am Mittwoch mit den Kindern etwas unternommen und dann hat er mal mit den Kindern am Mittwoch etwas unternommen. Wir haben uns schon immer Freiraum geschaffen und etwas unternommen. Wenn es sich ergeben hat, dann zusammen. Aber wenn es sich nicht ergeben hat, dann haben wir uns das halt geteilt.« (B1) »Mit Freundinnen tratschen und quatschen, das ist ein grosses Ding. Man hat wenig Kontakte. Wenn da mein Mann nicht wäre, würde ich vereinsamen. […] Man hat einfach wenig Privatleben. Das macht einem schon ein wenig zu schaffen. Die Familie wohnt da unten, wir gehen vorbei. Sie sind im Garten am Grillieren und wir gehen vorbei zur Arbeit. […] Manchmal stinkt es mir. Ich denke dann, mein Gott, muss ich das jetzt wirklich?« (B10) »… es gibt ganz viele Sachen, die wir gerne gemacht hätten, aber nicht machen konnten. Es gibt zum Beispiel in meiner Familie relativ viele Familienanlässe und Geburtstage oder geschäftliche Sachen, zu denen uns mein Vater immer eingeladen hat. Da konnten wir nie hingehen. Ich war immer das Familienmitglied, das am wenigsten dabei war.« (B14)

c)

Mangel an Zeit für Hobbys, Reisen, Kunst, Kultur, Sport, Weiterbildung

Zwei Drittel der befragten Frauen bedauern es, dass sie sich keine oder nur wenig Zeit einräumen können für Hobbys, Reisen, für Kunst und Kultur und Sport. Auch der Wunsch nach Weiterbildung bleibt bei einer ›Hotelfrau‹ auf der Strecke, weil ihr die Zeit dafür bis anhin gefehlt hat und die Kinder noch klein sind. 2 dieser ›Hotelfrauen‹ wünschen sich, dass sie für sich sel-

11

Gemeint ist wenig Zeit.

66

ber ein Hobby ausüben können und die spärliche Freizeit nicht immer als Paar verbringen. Die folgenden kurzen Zitate vermitteln stellvertretend für die übrigen Frauen einige Impressionen: »Sagen wir mal, Hobbys hat man natürlich fast keine mehr. Das habe ich mir manchmal zwischendurch fast erstohlen, aber wenn man mit den Kindern etwas unternommen hat und noch in den Betrieb musste, dann war der Tag ausgefüllt.« (B1) »Wir haben beide sehr gerne Kunst und Kultur. Wir gehen sehr gerne auf Reisen. Durch diese Art von Leben kommen Kunst, Kultur, Freunde, Reisen etc. zu kurz.« (B2) »Jeder sollte ein Hobby pflegen und auch einen Weg gehen, wo er für sich selber etwas machen kann.« (B15)

d)

Mangel an Antrieb, Lust, Energie

9 von 15 Hotelfrauen schildern Momente der Erschöpfung, des Einfach-nicht-mehr-Mögens und des Kein-Bock-mehr-Habens. Das Bewusstsein, dass die Partnerschaft eine Wiederbelebung verdienen würde, ist bei den ›Hotelfrauen‹ durchaus vorhanden. Eine gewisse Müdigkeit oder Lustlosigkeit verhindert, dass diese Frauen in diesem Bereich mehr investieren. »Wir besuchen zum Beispiel praktisch keine kulturellen Anlässe. Wir gehen selten miteinander essen, weil wir beide nicht mehr mögen. Ganz klar deswegen.« (B9) »Das Einzige, was mich stresst, sind die langen Stunden. Das ist das, was mich manchmal ans Limit bringt. Die lange Präsenzzeit, vor allem weil ich kein Nachtmensch bin. […] Man will dann immer so schnell wie möglich aus diesen Ausnahmesituationen herauskommen.12 […] Dann lebt man aneinander vorbei.« (B14) »In solchen Stressjahren wie jetzt wünscht man sich manchmal, dass man etwas Luft hätte. Und daran arbeiten wir und versuchen mehr Luft zu bekommen.« (B15)

4.3.4

DIE ›HOTELFRAU‹ UND DER TÄGLICHE SPAGAT ZWISCHEN BEZIEHUNG, FAMILIE, BERUF

Diese Kategorie entstand, weil 14 von 15 ›Hotelfrauen‹ sich täglich mit dem Spagat zwischen ihrer Beziehung, ihrer Familie und ihrer beruflichen Tätigkeit konfrontiert sehen bzw. sahen. 5 von 15 ›Hotelfrauen‹ fühlen sich darüber hinaus quasi wie eine alleinerziehende Mutter, weil die Verantwortung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf allein auf ihren Schultern lastet. Die gute Bewältigung des Vereinbarkeitsmanagements, das Improvisieren und Organisieren sind Kompetenzen, welche die berufstätige ›Hotelfrau‹ mit Familie und Kinder entwickelt hat bzw. entwickeln muss.

a)

Spagat zwischen Partner, Familie und Beruf

Einerseits zeigen sich die herausfordernden Aspekte dieses Spagats bei vielen Frauen im Umgang mit den unguten Gefühlen. Sie haben entweder ein schlechtes Gewissen dem Betrieb oder den Kindern gegenüber, weil sie den hohen Anspruch hegen, möglichst perfekt beiden Seiten gerecht zu werden. Auf die einen Frauen scheint die Arbeit in der Unternehmung eine magi-

12

Gemeint ist der Umstand, dass Mitarbeitende ausfallen und sie dann einspringen muss.

67

sche Anziehungskraft auszuüben, bei den anderen Frauen steht ganz bewusst der Wunsch nach einer Vereinbarkeit von Karriere und Familie im Zentrum. Sei es aus motivationalen Überlegungen, sei es durch Kräfte aus dem sozialen Umfeld. Andererseits zeigt sich der Spagat in der Bewältigung der verschiedenen Rollen, in welche die Hotelfrau jeweils schlüpft. Die Sensibilität für die Anliegen der Kinder und für die Anliegen des Betriebes spornt die Frauen an. Folgende Zitate vermitteln einige Impressionen des täglichen Spagats zwischen Partner, Familie und Beruf: »Er war ein Kind, das es immer schwer hatte in der Schule und wo ich ständig hin und her gerissen war, weil ich einfach zu wenig Zeit für ihn hatte. Um Schulsupport zu geben. […] Auf der einen Seite er, der zu Hause war und Hilfe benötigt hätte und auf der anderen Seite der Service, der nach mir rief. Da hatte ich oft ein schlechtes Gewissen.« (B2) »Ich merke einfach, dass wenn sie abends heimkommen, auch wenn sie schon so gross sind, einfach eine gewisse Spannung da ist, wo ich einfach gerne da wäre. […] Ich bin einerseits hier an der Front bei den Gästen, also Gastgeberin. Dann bin ich auch Ansprechperson für das Personal, wenn irgend etwas ist. Dann bin ich aber auch Kontrolleurin. […] Dann bin ich zu Hause Mami und muss auch reklamieren, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es will. […] Ich bin auch Frau und Partnerin. […] Es ist total facettenreich. Dann bin ich wieder Chauffeurin für die Töchter, weil sie irgendwo hin müssen. Dann bin ich Bürofrau, weil ich etwas im Büro machen muss. Wenn ich jemanden meinen Beruf beschreiben müsste, dann müsste ich unheimlich viele Berufsgattungen erwähnen, die ich in eines verbinde.« (B4) »Natürlich habe ich mir das Bild einer klassischen Familie, auch wenn es nur eine Kleinfamilie mit einem Kind ist, wegdenken müssen. Das war schmerzhaft, weil ich auch einen ganz anderen Familiensinn und das Vorbild meiner Familie im Kopf hatte. […] So wie wir leben ist für mich nicht die Familie, die ich mir vorstellen. Wir sind eher zwei Singles, die noch ein Kind haben. « (B6) »Ich war immer berufstätig. Eine Woche Mutterschutz und fertig.« (B7) »Mir war immer ganz klar, dass ich sicher nicht die mitarbeitende Frau sein würde. Nur das nicht, schrecklich! Ich wollte immer den Fünfer und das Weggli, ich habe die Kinder gewollt, ich habe so oft wie möglich bei ihnen sein wollen, aber ich wollte auch den Job gut machen. Nicht einfach nur ein wenig, sondern ich habe ihn voll machen wollen. […] Ich glaube, wir machen das gerade deshalb, weil wir ja genau daran13 nicht schuld sein wollen ... Weil genau dort ein möglicher Mangel herrscht. […] Das ist ja genau das, was einem so viel wegfrisst an Zeit und Energie. Darum habe ich das Gefühl, dass wir gerade noch die besseren Mütter sind, weil wir genau das machen.« (B14)

b)

Verantwortung Kindererziehung

In praktisch allen Haushalten trägt die ›Hotelfrau‹ die Hauptverantwortung für die Haushaltorganisation und für die Kindererziehung. Dies trifft selbst dann zu, wenn sich die Männer massgeblich an diesen Arbeiten beteiligen. Dies hat die summarische Analyse der Haushalttätigkeiten in Kapitel 4.1 detailliert aufgezeigt. 5 Frauen erwähnen, wie sie die alleinige Verantwortung für die Kinder inne haben, weil ihr (Ehe-)Partner zeitlich sehr intensiv mit seinem Beruf beschäftigt ist oder die Verantwortung der Frau überlässt. Die Frauen fühlen sich nicht nur einsam und auf sich gestellt, sondern sie fühlen sich auch in ihren Karrierebestrebungen

Gemeint ist, dass man keine Angriffsfläche bieten will für Sprüche im Sinne von: Das ist halt eine berufstätige Mutter.

13

68

zurückgesetzt. Durch die Doppelbelastung haben sie zu wenig ausreichende freie Ressourcen um zielgerichtet im Beruf vorwärts zu kommen und mit dem (Ehe-)Partner Schritt zu halten. »Ich denke, dass die Geburt der Kinder bei vielen ein gewaltiger Einschnitt ist. Als mein Mann mich quasi alleine gelassen hat mit der Erziehung, das war nicht einfach. Das war eine schwierige Zeit. […] Ich hatte damals einige rechte Tiefs. Er ist aufgegangen in seinem beruflichen Engagement. Ich war verantwortlich für die Kinder, da habe ich mich ein Stück weit zurückgesetzt gefühlt. […] Als ich alleinerziehende Mutter war, alleine zum Elternabend und an die Elterngespräche und auf Schulbesuche ging, das war schwierig am Anfang.« (B9) »Es ist schon seit längerem mein Wunsch, dass er sich den Nachmittag frei hält und wirklich als Termin einträgt. Es muss nicht weiss Gott was machen ... Bis anhin war es immer so, dass es, wenn ich zum Zahnarzt musste, unmöglich war, dass er in dieser Zeit die Kinder übernehmen konnte. Auch wenn er es zwei Monate im Voraus weiss, das geht nicht. […] Dort drückt er sich, wo er kann. […] Gerade wenn wir mit der Familie verreisen, ist das für mich keine Erholung. […] Es entsteht dann die typische Situation, dass er sagt, er habe frei und gehe jetzt zwei Stunden in die Sauna. Und ich frage mich, ob das sein muss? Das ist wahnsinnig. Das kotzt mich schon an.« (B12) »Was die Kinder betrifft, das muss ich schon sagen, da wäre es sicher einfacher gewesen, wenn man die Zeit mit den Kindern zu zweit hätte gestalten können. Der eine mit dem einen Kind und der andere mit dem anderen. Über Jahre hatten wir die Situation – die ist jetzt zwar langsam am Verschwinden, weil die Kinder älter geworden sind –, dass gleichzeitig zwei Ansprüche an mich stellten. Das hat über Jahre an meinen Kräften gezerrt.« (B14)

c)

Wechselwirkung Kind und berufliche Tätigkeit der Eltern

Ein Drittel der ›Hotelfrauen‹ spricht jene Wechselwirkungsprozesse an, welche Kinder infolge der elterlichen beruflichen Tätigkeit im Hotel spüren und mittragen. Eine Frau erwähnt, dass die Kinder die Eltern durch die enge Anbindung an die Unternehmung eher als Geschäftsleute und weniger als Eltern wahrnehmen. Kinder anderer ›Hotelfrauen‹ mussten bei Schulanlässen auf ihre Eltern verzichten, weil diese arbeiten mussten. Andere Kinder können am Mittwochnachmittag keine Abmachungen mit Kollegen und Kolleginnen treffen, weil ihr Vater sich an diesem Nachmittag Zeit für sie nehmen kann. Zwei andere Frauen erwähnen, wie die Kinder sensibel sind für die Spannungen zwischen den Eltern, die infolge des beruflichen Engagements entstehen und im privaten Kreis zum Tragen kommen: »Zum Beispiel sieht unser grosser Sohn seinen Vater schon ein wenig als Über-Vater. Das hat sicher auch damit zu tun, dass er ihn immer im Geschäft sieht, dass er ihn immer mit Geschäftskleidern sieht. Ich denke, manches Kind sieht seinen Vater morgens das Haus verlassen, aber es sieht ihn nicht, wenn er arbeitet. Dann kommt deren Vater abends wieder heim, zieht seine Schuhe aus und ist Privatmann. Unsere Kinder sehen uns immer, wie wir professionell agieren, wie wir professionell mit unseren Mitarbeitern umgehen, wie wir entsprechende Gespräche mit unseren Mitarbeitern am Tisch führen, und das ist für sie sicher auch etwas schwierig. Wir sind für sie vermutlich nicht Vater und Mutter in einem klassischen Sinn. Sie sehen uns vermutlich eher als Geschäftsleute.« (B2) »Ich merke, dass wir, je angespannter wir sind, das desto mehr auf die Kinder projizieren. Dann verhalten sich die Kinder dementsprechend. Dann gibt das so die unangenehmen Situationen mit Lärm und so. […] Je angespannter wir sind, desto blöder tut der Sohn. Aber ganz heftig. Ich gehe regelmässig in die Kinesiologie und die Therapeutin sagt mir dann, dass die Kinder unsere Spiegel seien. In jenem Moment ist es schwierig. Da muss man als Paar allgemein schauen, dass man in der Zeit mit den Kindern, sei es am Mittag oder so, sagt, das Geschäft sei tabu. Das ist aber extrem schwierig. Gestern hatten wir am Mittag wieder einen riesen ... nicht Knatsch, der eine hat nicht gegessen, der andere hat sonst etwas gemacht.« (B12)

69

4.3.5

BEWÄLTIGUNGSSTRATEGIEN

Bei diesem letzten Abschnitt geht es um die Bewältigungsstrategien, welche die Interviewpersonen in ihrer Partnerschaft aufzeigen.

a)

Investition in die Partnerschaft

Die ›Hotelfrauen‹ in dieser Studie sind im Durchschnitt seit 18,5 Jahren zusammen. 5 Paare arbeiten und leben bereits länger als 20 Jahren miteinander. Sämtliche Befragten arbeiten aktiv und intensiv an ihrer Partnerschaft. Die Beziehungsarbeit fordert über die Jahre hinweg viel Energie, Toleranz, Einsatz- sowie Kompromissbereitschaft und Flexibilität, aber auch eine gute Portion Humor und Gelassenheit. Im Weiteren sind u.a. zwei Frauen fest davon überzeugt, dass ihre Beziehung nur deshalb gut verläuft, weil sie zusammen arbeiten. Sie glauben nicht, dass ihre Beziehung ansonsten gehalten hätte. Rund ein Drittel der Paare hat im Laufe ihrer Partnerschaft eine externe Beratung beigezogen oder eine Ehetherapie gemacht. Die folgenden zwei Zitate widerspiegeln Art und Weise der Investitionsbereitschaft: »[…] dankbar dafür, dass ich habe arbeiten können. Dass ich so ein Stück weit auch an seinem Leben teilhaben konnte. Er ist ein Workaholic, das ist ganz klar. Für ihn hätte es auch keine Alternative gegeben. Ich hatte nur die Wahl mich anzupassen oder zu gehen. […] Wir waren auch schon in einer Paartherapie, das war vor 2 Jahren. Wir sind einfach nicht mehr weitergekommen. […] Dann haben wir aufgehört miteinander zu reden. Wir haben nur noch gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet. Mit der Arbeit kann man sehr viel verdrängen. Irgendwie haben wir es so einfach wieder überstanden.« (B9) »Zusammen leben und zusammen arbeiten fordert von mir Toleranz. […] Mir hat einmal jemand– sie ist heute eine alte Frau – gesagt, es sei einfach schwierig, wenn der Mann in der Küche sei, denn die Köche würden einfach hie und da spinnen. Das liege einfach an der Hitze und an der Hektik. An einem Tag 10 Essen, einen Tag 50 Essen und das immer aus der gleichen Küche. Da spüren die Nerven extreme Unterschiede. Sie habe sich einfach sagen müssen, dass sie zwei Männer geheiratet habe. Den Tubel, den sie manchmal an die Decke schiessen könnte, den lasse sie in der Küche, und den Mann, den sie gerne habe, den nehme sie mit nach Hause. Das ist einfach so. Das muss ich auch manchmal denken.« (B10)

b)

Paarkompetenz als Ressource: Kommunizieren, Akzeptieren, Distanzieren

10 ›Hotelfrauen‹ erläutern, wie sie Herausforderungen und Belastungen, Konflikte und Meinungsverschiedenheiten im Alltag bewältigen. Drei prägnante Verhaltensweisen oder Strategien kamen in den Gesprächen zum Vorschein und wurden unter dem obengenannten Titel zusammengefasst. Es erstaunt womöglich nicht, dass bei den meisten Frauen insbesondere die Kommunikation eine wichtige Rolle spielt. Die betrieblichen Interessen spornen die Paare an, ihre Probleme und Konflikte miteinander aktiv zu bearbeiten und zu lösen. Nachfolgend drei Zitate zu den Strategien: »Dann spricht man auch eine Weile nicht mehr miteinander. Aber eigentlich nie lange. Wir raffen uns dann wieder auf. Er kann es meistens gut drehen, dass eigentlich ich schuld bin. Was will ich machen? Ich muss dann halt ... Man muss dann ja wieder den Karren ziehen.« (B3)

70

»Er hat nicht gern, wenn man ihm irgend etwas vorschreibt. Man hat es immer so gemacht, wie er es für gut befindet. Und damit habe ich mich eigentlich versöhnt, weil ich gar nichts daran ändern kann. Es war nur dieser Weg möglich, ob ich damit leben kann oder nicht.« (B6) »Ich schätze es wahnsinnig, dass es uns gelungen ist, eine offene und ehrliche Auseinandersetzung zu haben. Wir haben Probleme bewältigen können, die für uns sehr schwierig waren. Wir konnten diese Probleme hinter uns bringen. Wir sind nicht daran gescheitert und zwar dadurch, dass wir uns dem stellen konnten. […] In diesem Zusammenhang benötigt man auch eine gewisse Bereitschaft sich weiter zu entwickeln und auch zu überlegen, warum es jetzt schwierig ist.« (B14)

4.4

MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT: AUFGABEN UND ROLLEN

4.4.1

GESTALTUNG DER ARBEITSBEZIEHUNG

Diese erste Hauptkategorie des dritten Themenfeldes ›Mann und Frau bei der Arbeit: Aufgaben und Rollen‹ mündet in 4 Unterkategorien: die strukturellen und ideellen Aspekte des ChefSeins, die Frage der Gleichwertigkeit und die Verteilung von Aufgaben und Kompetenzen als Beziehungsleitplanken.

a)

Wer ist der Chef: Du, ich, wir?

Wenn es um die Verteilung der Aufgaben und Rollen geht, greift die Hälfte der ›Hotelfrauen‹ im Interview von sich aus das Thema Chef-Sein oder Chefin-Sein auf. Im Allgemeinen kann gesagt werden, dass dort, wo der Partner oder die Partnerin mit der beruflichen Unterstellung Mühe bekundet, auch für Zündstoff in den Beziehungen der ›Hotelfrauen‹ gesorgt ist. Mangelnde Gleichwertigkeit, Achtung und Gleichberechtigung als Konfliktthema wurde im Kapitel 4.3 erörtert. Es gibt aber Hotelfrauen‹, die ihrem (Ehe-)Partner bewusst den Vortritt in Sachen Führung überlassen. Die Übernahme der Führungsrolle wurde bei den Paaren je nach Art des Betriebes und je nach der individuellen Eignung und Neigung ausgehandelt, aufgezwungen oder sie wandelte sich im Laufe der Zeit automatisch zu einer traditionellen Rollenverteilung, beispielsweise mit der Geburt der Kinder. Zwei ›Hotelfrauen‹ haben die alleinige Führung inne, zwei ›Hotelfrauen‹ sind ihren Männern vom Organigramm her ganz klar unterstellt. Bei den anderen Paaren gibt es Mischformen, auf die hier nicht im Detail eingegangen werden kann. Es folgen dazu einige Impressionen: »Nicht dass ich ihn schlecht machen möchte, aber er hat von Anfang an Leitplanken durchgegeben. […] Er hat gesagt, wenn dir das passt, dann ist es in Ordnung und sonst lass es sein. Dann funktioniert es nicht. Ich habe für mich die Leitplanken akzeptiert.« (B2) »Man nimmt mich als die Chefin des Hotels wahr.« (B6) »Ich akzeptiere ihn und vor allem respektiere ich ihn quasi als meinen Chef, wenn man so will. Vom Organigramm her, wenn man es genau anschaut, steht er auch über mir. Ich habe auch überhaupt kein Problem damit, das zu akzeptieren, weil ich auch seine Fähigkeiten, sein Know-how, seine Leistungen absolut respektiere… Ich bin diesbezüglich ein Fan meines Mannes. Für mich ist er der perfekte Chef, und zu Hause sieht es wieder etwas anders aus. Dort bin ich quasi der Chef, wenn man so will. […] Es ist klar, einer muss den Lead haben, aber trotzdem muss der andere genau wissen, welches seine Kompetenzen sind. […] Wenn beide starke Persönlichkeiten sind und Führungsverant-

71

wortung übernehmen wollen, dann müssen sie ganz klar miteinander abmachen, wer wofür zuständig ist. Wer welche Kompetenzen hat. Man muss sehr viel reden miteinander. […] Es ist für mich am Anfang auch nicht einfach gewesen zu akzeptieren, dass mein Mann oder dass einfach einer den Lead haben muss. Aber es hat sich dann auch irgendwie mit den Kindern und der Familie so ergeben und vom Arbeitspensum her. Ich habe es dann irgendwann einmal zähneknirschend akzeptiert.« (B9) »Ich bin auch seit eh und je die Chefin gewesen in diesem Haus.« (B13)

b)

Ideologie: Mann und Frau als gleichwertige Partner

Eng verknüpft mit dem letzten Abschnitt ist die Ideologie oder die Denkweise der ›Hotelfrauen‹ und ihrer (Ehe-)Partnern bezüglich Gleichwertigkeit oder Gleichberechtigung. Wiederum ungefähr die Hälfte der Frauen äussern sich zu diesen Themen. Es ist ihnen ein Anliegen, dass die Bilanz ausgeglichen verteilt ist und dass sie ihren Männern auf Augenhöhe begegnen können und insbesondere wegen ihren persönlichen Qualitäten anerkannt werden. Sei es von ihrem Beziehungspartner oder von externen Stellen. Die Gleichwertigkeit soll sich ebenfalls im Entgelt der Arbeitsleistung widerspiegeln: »Bei uns war es immer gleichberechtigt. […] Ich bin nie die Frau des Chefs gewesen. Das hätte mich auch gestört, wenn ich nur die Frau des Chefs wäre. Ich will gerne wegen den Qualitäten, wegen der Arbeit, die ich mache, wichtig sein. Ich definiere mich nicht über meinem Mann. […] Wir haben eine AG, die uns gehört, und wir haben beiden den gleichen Lohn.« (B6) »Er14 hat auch häufig in der Ich-Form geredet und nicht in der Wir-Form. Das habe ich ihm beibringen müssen, dass wir ein Team sind und dass wir das zusammen als Team entschieden haben und dass wir das zusammen machen und nicht er alleine. Das ist wahrscheinlich auch etwas typisch Männliches. Am Anfang hat mich auch gestört, dass er in dieser Hinsicht völlig abschalten kann und mich wirklich als Mitarbeiterin sieht. Heute ist es eher partnerschaftlich, aber trotzdem auf einer sachlichen Ebene.« (B9)

Die Aussage einer Befragten, welche klar ihrem Mann unterstellt ist, zeigt auf, dass ein Vorgesetzten- oder Untergebenenverhältnis für den Partner nicht bedeutet, dass die Arbeitsleistung der Frau weniger wert ist. Folgendes Zitat verdeutlicht, wie das entsprechende Paar Gleichwertigkeit im Alltag lebt: »Und wenn einmal ein Telefon kommt und jemand etwas fragt, dann sagt mein Mann automatisch, dass er in dieser Sache keine Auskunft geben könne, weil in dieser Angelegenheit seine Frau, also ich, die Spezialistin sei. Das macht er, obwohl er ganz gut selber Auskunft geben könnte.« (B2)

c)

Aufgaben und Kompetenzen als Leitplanken für die Partnerschaft

Der Grundtenor in Bezug auf die Aufteilung der Aufgaben und Kompetenzen ist bei sämtlichen Interviewpersonen gleich. Im Grossbetrieb sind die Aufgaben eher strikter verteilt als im Kleinbetrieb. Die ›Hotelfrauen‹ befürworten eine ganz klare – auch schriftlich festgehaltene – Aufteilung der Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten. Sowohl der Mann als auch die Frau sollen im eigenen Fachgebiet über eine klare Entscheidungskompetenz verfügen. Dabei sollen aber selbstverständlich die gemeinsame Feinabstimmung im Geschäftsalltag und die

14

Gemeint ist der Ehemann.

72

Berücksichtigung von sich überlappenden Zuständigkeitsbereichen nicht ausser Acht gelassen werden. Eine klare Regelung der Aufgaben und Kompetenzen fördert gemäss den Frauen einerseits die persönliche Entfaltung beider Partner und andererseits dienen die offen kommunizierten Leitplanken als Orientierungshilfe für das Paar und für die Mitarbeitenden. Die ›Hotelfrauen‹ unterstreichen auf diese Weise ihre Professionalität. Eine unklare Aufgaben- und Kompetenzenaufteilung könnte unweigerlich zu einer Zunahme von Konflikten führen. »Ich glaube, es bringt dann etwas, wenn jeder sich entfalten kann. Bei uns ist der Aufgabenbereich ganz getrennt. […] Die Leute15 wissen auch schon, dass wir das für uns getrennt haben. Und sie respektieren das und trennen die Bereiche auch ganz klar, wenn sie eine Frage haben.« (B6) »Wichtig ist, dass man klar abgesteckte Kompetenzen hat. Das hier z.B. ist mein Bereich, wo ich selber entscheiden kann. Ich könnte es nicht haben, wenn ich jedes Mal fragen müsste. Aber das ist ganz normal. Das gilt auch für jeden Mitarbeiter, dass er genau weiss, welches meine Kompetenzen sind.« (B9)

Zwei ›Hotelfrauen‹ fügen hinzu, dass das Einhalten der vereinbarten Regeln Disziplin voraussetzt. Mit fremden Leuten würde es möglicherweise besser funktionieren: »Ich habe die Kompetenzen für meinen Mann, für meinen Sohn und für mich aufgeteilt und schriftlich festgehalten. […] Das muss auch sein, sonst würde es überhaupt nicht gehen. Ich denke oft, dass ich es mit fremden Leuten zehn Mal einfacher hätte.« (B13)

d)

Prozess der Aufgabenteilung

Aus den Aussagen von 9 der 15 ›Hotelfrauen‹ kann abgeleitet werden, dass die Gestaltung der Aufgaben und Kompetenzen bei den meisten Paaren prozessorientiert erfolgt. Einerseits wird Rücksicht genommen auf die Vorlieben, auf die persönlichen Stärken und Schwächen des Individuums und auf die Fachkompetenzen. Andererseits stellt sich im Laufe der Partnerschaft womöglich heraus, dass sich die unternehmerischen oder persönlichen Bedürfnisse und Ressourcen geändert haben. Diese situativen Bedingungen zwingen das Paar, aktiv in das Beziehungsgeschehen einzugreifen und an der beruflichen Beziehung zu arbeiten. »Wer was lieber macht ... Bei uns ist es eigentlich schon richtig aufgeteilt. Mein Mann ist eher der Frontmensch, hat F&B-Erfahrung16. Ich habe weniger F&B-Erfahrung, ich habe mehr Administrations-Erfahrung, schon vom ersten Beruf her. Ich bin auch lieber etwas mehr im Hintergrund. Darum sind die verschiedenen Bereiche bei uns sehr gut aufgeteilt und deshalb funktioniert es. Wir kommen einander nicht in die Quere.« (B5) »Mein Mann und ich haben versucht herauszufinden, wo unsere Positionen sind, wer für was zuständig ist. Das war ein Entwicklungsprozess, der etwas gedauert hat.« (B11) »Wir haben uns gerade geeinigt. Wir waren bis anhin auf der gleichen Stufe. Was den Betrieb betrifft, so haben wir uns geeinigt, dass er die Führung übernimmt. […] Ich bin entlastet und muss mich darein finden, und wenn ich Aufträge erhalte, muss ich diese auch wirklich durchziehen und erledigen. […] Ich komme nur nicht immer nach.« (B15)

15 16

Gemeint sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. F&B ist ein Fachausdruck und bedeutet Food & Beverage.

73

4.4.2

WECHSELSEITIGES LERNEN

14 von 15 Hotelfrauen geben eine Antwort auf die Fragen ›Was haben Sie von Ihrem (Ehe)Partner gelernt?‹ und ›Was hat er von Ihnen gelernt?‹. Im Alltag findet zwischen den beiden Beziehungspartnern ein Austausch der individuellen Stärken statt, sei es bezüglich der Fachkompetenzen oder der Sozial- und Methodenkompetenzen. Die Partner entwickeln sich fachlich und persönlich durch ein Beobachtungslernen bzw. durch ein Lernen am Modell in der Beziehung weiter.

a)

Von der Frau zum Mann

Beim Know-how-Transfer von der Frau zum Mann findet einerseits ein Austausch der Sozialkompetenzen statt und andererseits ein Austausch der Methodenkompetenzen. Im letzteren Bereich lernen die Männer gemäss den ›Hotelfrauen‹ insbesondere organisatorische Aspekte. Die beiden folgenden Zitate repräsentieren den Kompetenzaustausch von der Frau zum Mann: »Er war eher der Morgenmuffel und ich habe ihn morgens eher angetrieben, so komm, wir unternehmen etwas. Ich bin eher die treibende Kraft. […] Ich denke, dass er das Organisatorische von mir gelernt hat. […] Ich glaube, das hat er schon auch gesehen, dass es ohne eine gewisse Organisation einfach nicht geht.« (B4) »… dass man innovativer sein muss, mehr Vertrauen in die Zukunft haben muss, dass man sich voll und ganz für etwas einsetzen muss, damit es funktioniert. Dass man es mit Leib und Seele macht. Dass man dabei ist und dass man Freude daran hat.« (B13)

Eine ›Hotelfrau‹ weiss nicht, was ihr Mann von ihr gelernt hat: »Was er von mir gelernt hat? Das kann ich ehrlich nicht beantworten. Da müsste man ihn einmal fragen, ob ihm etwas in den Sinn kommt.« (B8)

b)

Vom Mann zur Frau

Es findet auch in dieser Richtung teils ein Austausch der Fachkompetenzen statt. Zwei der drei Quereinsteigerinnen, die beide eine Grundausbildung im Bereich der Pädagogik haben, erwähnen, wie sie von ihren Männern und mittels ›learning by doing‹ die Fachkompetenzen erworben haben: »Ich habe fachlich alles von ihm lernen müssen. Alles. Weil ich vom Hotel gar nichts wusste. Das habe ich einfach von den Angestellten oder von ihm lernen müssen.« (B1)

Beim Know-how-Transfer vom Mann zur Frau findet ebenfalls zum grössten Teil ein Austausch der Sozialkompetenzen statt und zu kleinen Teil ein Austausch der Methodenkompetenzen. Im Bezug auf die Sozialkompetenzen erwähnen 6 Frauen, wie sie von ihren Männern gelernt haben, ruhiger, gelassener und souveräner zu reagieren und sich nicht so schnell aufzuregen. Die beiden folgenden Zitate illustrieren diesen Austausch der Sozialkompetenzen vom Mann zur Frau:

74

»Dass man manchmal ein bisschen spontan sein darf. Dass man nicht gleich bei allem in die Luft gehen und ab und zu mehr Ruhe bewahren muss. Auch gewisse fachliche Sachen, auch was die Küche betrifft ... Auch praktische Sachen ...« (B8) »Mein Mann hat eine Kompetenz, die ich extrem bewundere. Er ist extrem souverän und locker. Er ist total locker. Bei ihm kann Bill Clinton kommen und ein Dinner haben, das kratzt ihn gar nicht. Darüber würde er sich freuen. […] Ich wär schön aufgeregt und würde mir allerhand Fragen stellen … Wie soll ich ihn begrüssen? Wie muss ich ihn begrüssen? Diese Frage würde er sich gar nicht stellen, weil ihm das egal wäre. Das ist etwas, das ich extrem von ihm lernen kann. Ich bin wahnsinnig korrekt und strukturiert und bei mir muss immer alles richtig sein und es muss immer alles gut organisiert sein.« (B14)

4.5

ENTWICKLUNG DER PARTNERSCHAFT IM LAUFE DER ZEIT

4.5.1

RÜCKBLICK

Wie betrachten die ›Hotelfrauen‹ die Entwicklung ihrer Beziehung? Was hat sich für sie im Laufe der Zeit in Bezug auf die Qualität und die Stabilität der Beziehung konkret verändert? Haben sie in der Beziehung eine persönliche Entwicklung erlebt? Würden sie nach diesen zahlreichen gemeinsamen Beziehungsjahren wiederum auf ein solches Lebens- und Arbeitsmodell eingehen? Oder eher nicht? Die folgenden drei Unterkategorien eruieren Antworten auf diese Fragen.

a)

Persönliche und partnerschaftliche Entwicklung im Laufe der Zeit

Die folgende lose Aufzählung von Adjektiven und Verben vermittelt einen Eindruck, wie die 15 ›Hotelfrauen‹ die Entwicklung und die Qualität ihrer Beziehung gesamthaft wahrnehmen und beschreiben: lockerer, bereichernd, dynamisch, sehr stabil, intensiv, reifer, angepasster, entspannter, geniessen, aufbauen, Herausforderungen standhalten, frischen Wind in die Beziehung bringen, Gelassenheit, gegenseitiges Fördern, gemeinsames Wachsen, Harmonie, Freiräume gewähren, Erfahrung. Als einen ersten zentralen Aspekt der Partnerschaftsentwicklung sehen die meisten Frauen die gemeinsame Entfaltung, Entwicklung, Bereicherung und die gegenseitige Förderung, welche Raum lässt für die individuelle Entwicklung: »Ich denke, dass wir uns in den letzten 19 Jahren gegenseitig bereichert haben und uns auch einzeln weiter entwickelt haben. Und zwar parallel ... Das schätze ich sehr. Dass ich das Gefühl hatte, wir seien gemeinsam gewachsen. Und zwar gleichwertig ... Nicht, dass sich der eine wahnsinnig entwickelt hätte und der andere macht nur so den Mist im Haus.« (B2) »Ich denke, dass man sich einfach einen Freiraum lassen muss. […] Es ist ein aneinander Wachsen gewesen. […] Wir haben uns gegenseitig weitergebracht, sind immer miteinander gewachsen.« (B4)

Weiter kommt bei einigen Frauen zum Ausdruck, dass die Offenheit für eine dynamische Entwicklung, d.h. die Offenheit für neue Projekte, wie beispielsweise für eine neue gemeinsame berufliche Orientierung, frischen Wind in die Beziehung bringt: »Seit wir sagen, dass wir von hier weggehen, hat sich die Situation auch wieder etwas verändert. Ich denke, dass das unserer Beziehung sehr gut tut, dass wir aus diesem ... sagen wir Trott …, aus die-

75

sem jetzigen Alltagstrott herauskommen und zusammen wieder etwas Neues zu starten versuchen. Das schweisst uns zusammen. Das tut unserer Beziehung gut.« (B9) »Es braucht immer wieder eine neue Herausforderung. Wir waren immer schon so Pioniertypen. Wir haben es gerne ein bisschen spannend und abenteuerlich. Jetzt wollen wir wissen, wie wir unsere Ressourcen sonst noch investieren können. […] In den 25 Jahren, die wir jetzt zusammen sind, sind wir noch nie dem Alltag verfallen. […] Der Entscheid17 hat bei uns einen Aufbruch bewirkt und unserer Ansicht der Zukunft und dem Leben gegenüber noch neue Dimensionen gebracht. Das beschert und jetzt eine ganz gute Zeit. Es liegt etwas vor uns, worauf wir uns freuen. […] Das hat auf unsere Beziehung einen sehr positiven Effekt.« (B14)

Einige Frauen beschreiben, wie sich ihre Partnerschaft im Laufe der Zeit gefestigt hat und beständiger, konstanter, reifer, intensiver, lockerer, entspannter oder gelassener geworden ist: »Es hat sicher eine gewisse Spontaneität verloren. Das ist natürlich auch altersbedingt. Man wird ja etwas ruhiger im Alter. Dadurch dass wir schon so lange zusammen sind, gibt es gewisse Sachen, die sich einpendeln und alltäglich werden.« (B8) »Ich denke, es hat sich zum Positiven verändert. Wir haben heiraten müssen wegen dem Betrieb, ohne ging das damals noch nicht. Wir waren am Anfang sehr unerfahren und hatten schwere Zeiten. Wir hatten aber das Gefühl, dass wir das Erreichte nicht wegwerfen wollten. Jetzt sind wir ruhiger geworden und heute kann ich sagen, dass wir eine sehr stabile Beziehung haben. […] Das ist unser Leben.« (B10) »Unser Leben ist viel entspannter geworden. Vielleicht auch, weil wir älter geworden sind. Ich selber betrachte alles mit etwas mehr Gelassenheit als früher.« (B13)

b)

Ja, mit meinem Mann würde ich wieder zusammen leben und arbeiten!

12 bzw. 13 von 15 ›Hotelfrauen‹ würden ein solches Commitment wieder eingehen. Dabei erwähnt eine ›Hotelfrau‹, dass sie mit ihrem gegenwärtigen Partner weiter zusammen leben und arbeiten möchte, nachdem sie in der vergangenen Ehe negative Erfahrungen gesammelt hat. Einige Frauen betonen, dass es von der Person abhängig sei und dass sie das Lebens- und Arbeitsmodell mit ihrem heutigen (Ehe-)Partner jederzeit wieder eingehen würden: »Mit meinem Mann zusammen ja. Und zwar deshalb, weil wir es einfach gut haben. Ich habe auch ganz klar gesagt, dass ich es nur mit ihm mache. Nicht wegen seinen Eltern, sondern wegen ihm und wegen uns und nicht wegen jemand anderem. Ich habe einfach gemerkt, dass ich mit ihm zusammen arbeiten kann. Mit ihm geht das. Ich weiss nicht, ob ich das mit jedem könnte.« (B4) »Mit ihm ist es möglich. Ja, ja doch. Mit meinem Bruder könnte ich das nie.« (B6) »... unser beider Wunsch ist es, dass wir wieder am gleichen Ort zusammen arbeiten könnten. Jederzeit wieder. Absolut.« (B9) »Wir werden uns neu orientieren. […] Wir sind heute auch an einem Punkt, wo wir nach wie vor gemeinsam die Zukunft weiter gestalten möchten.« (B14)

2 Frauen erwähnen, dass sie sich mehr und konsequenter Zeit für ihre Kinder nehmen würden. Und 2 andere Frauen würden der freien Zeit rückblickend vermehrt Beachtung schenken wollen:

17

Gemeint ist die berufliche Neuorientierung.

76

»Was ich anders machen würde? Ich wäre besorgt, dass wir uns vielleicht etwas anders organisieren würden, damit wir mehr Freizeit hätten. Also viel ändern würde ich eigentlich nicht. Es ist mir eigentlich wohl so. […] Ich kann nicht sagen, dass ich etwas Grundlegendes ändern müsste.« (B8)

c)

Nein, lieber nicht mehr!

3 ›Hotelfrauen‹ und damit ein Fünftel der Stichprobe haben mit diesem Beziehungsmodell keine guten Erfahrungen gemacht. 2 ›Hotelfrauen‹ würden bei einem nächsten Mal nicht mehr mit ihrem Lebenspartner zusammen arbeiten wollen. Bei einer Frau geht es dabei um die unterschiedlichen Auffassungen der beiden Persönlichkeiten, um die Meinungsverschiedenheiten. Bei der anderen Frau geht es um Aspekte wie Führungseignung und das Zusammenspiel von Partnerin und Partner. Dabei fällt auf, dass bei diesen beiden Partnerschaften die Frauen den Betrieb in die Beziehung gebracht haben und die Männer später dazugekommen sind. Es stellt sich erstens die Frage, ob sich der Mann bei dieser ungleichen Ausgangslage subjektiv nicht gleichwertig fühlt. Zweitens fragt es sich, ob und unter welchen Rahmenbedingungen eine solche Partnerschaft weniger oder mehr erfolgsversprechend ist als in den üblicheren Fällen, wenn der Mann den Betrieb in die Ehe bringt bzw. wenn beide Partner gleichzeitig mit der Gründung eines Unternehmens starten. Die beiden folgenden Zitate vermitteln die rückblickenden Gedanken dieser Frauen: »Nein. Das würde ich nicht mehr machen. Wegen den ganzen Reibereien und Diskussionen. Es ist zu viel Nähe vorhanden. Vielleicht auch, weil wir zu gegensätzlich sind, was Führung und Betrieb anbelangt. […] Ich würde wollen, dass man nicht mehr so eng zusammen ist. Dass jeder seinen eigenen Betrieb hat. Dass man sich schon gegenseitig unterstützt und hilft, dass aber jeder in seinen Entscheidungen frei ist.« (B13) »Ich würde es zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr machen. Aus dem Grund, weil ich merke, dass ich keine Führungsperson bin ... Das ist schwierig.« (B15)

Wie bereits erwähnt ist eine ›Hotelfrau‹ nach einer gescheiterten Ehe eine neue Beziehung eingegangen. Dies obwohl sie vorerst gedacht hat, sie wolle keine solche Partnerschaft mehr eingehen. Heute lebt und arbeitet sie mit ihrem Partner in einer sehr schönen Beziehung. Zur Beziehung mit ihrem Ex-Mann und zur heutigen Beziehung mit ihrem neuen Partner erzählt sie abschliessend Folgendes: »Wenn man zurückblickt und ehrlich ist, war’s wahrscheinlich von Anfang an so. Nur wenn man miteinander einen Betrieb übernimmt, dann ist die Euphorie da …, […] Jeder hat wahrscheinlich seine eigene Vorstellung, wie er den Betrieb gerne führen möchte. Dann überblickt man das Ganze nicht so. Im Nachhinein betrachtet möchte ich sagen, dass wir schon von Anfang an gegeneinander gearbeitet haben und dass nicht jeder von uns die gleiche Vorstellung hatte. Der eine hielt etwas für nötig, was der andere für unnötig hielt. […] In der alten Beziehung war das Prägende sicher dieser negative Nachgeschmack, weil wir nach aussen immer etwas anderes präsentierten, als es eigentlich war. Und diese ewigen Reibereien haben mich sicher geprägt. […] In der jetzigen Beziehung ist es so, dass es ein Miteinander ist und dieses Gemeinsame ist für mich eine vollkommen neue Erfahrung. […] Ja, in der jetzigen Beziehung würde ich das18 ganz sicher beibehalten. Wir haben uns ja auch nicht lange gekannt. Ich habe meinen Ex-Mann länger gekannt, bevor ich mit ihm einen Betrieb

18

Gemeint ist das gemeinsame Lebens- und Arbeitsmodell.

77

übernommen hab. Aber ich bin jetzt wesentlich reifer. Ich habe mit Sicherheit genügend Erfahrungen gemacht, um sagen zu können, ob ich so eine Beziehung wieder eingehen möchte oder nicht.« (B7)

4.5.2

AUSBLICK UND PERSPEKTIVEN

a)

Persönliche und berufliche Zukunftsprojekte der ›Hotelfrau‹

2 ›Hotelfrauen‹ planen zurzeit eine neue berufliche Zukunft gemeinsam mit ihrem Partner. Ein ›Hotelpaar‹ wird in Kürze nach 37 gemeinsamen Beziehungsjahren pensioniert. Bei 2 Paaren laufen die Mietverträge der Hotelbetriebe in absehbarer Zeit aus. Beide Paare werden nicht mehr miteinander beruflich tätig sein und eine individuelle berufliche Laufbahn verfolgen. Eine Hotelfrau weiss noch nicht, wie ihre berufliche und private Partnerschaft in absehbarer Zukunft aussehen wird. Die restlichen 9 Paare führen das Arbeits- und Lebensmodell weiter. Davon beschäftigt sich ein Paar konkret mit einer möglichen Neupositionierung der Unternehmung und mit den verschiedenen Möglichkeiten der Nachfolgeplanung. Zusammenfassend entsteht der Eindruck, dass die meisten ›Hotelfrauen‹ zuversichtlich in die Zukunft blicken. Sie gehen die Zukunftsgestaltung aktiv an und träumen von und hoffen auf zusätzliche freie Zeit. Einige diesbezügliche Impressionen vermitteln die folgenden vier Zitate: »Und jetzt will ich dann auch wieder irgendwo hingehen. Wir waren an so vielen Orten noch nicht. Da sagen wir, jetzt wo wir pensioniert sind, könnten wir dann auch mal dahin oder dorthin gehen. Meine Schwester hat im Tessin ein Haus und wir waren nie dort. Nur mal an ein und demselben Tag hinunter und wieder zurück. Dort könnten wir einzelne Wochen verbringen. Das wollen dann auch ausnutzen. Wir würden gerne das alte Haus ausbauen und renovieren. Da gibt es schon noch ein paar Aufgaben, die auf uns warten. Langweilig wird’s uns nicht.« (B1) »… weil ich genau weiss, dass ich noch 4½ Jahre arbeiten werde. Diese 4½ Jahre mache ich noch hier unten. Das ist noch schwierig. Ich hoffe, dass ich mich nachher an einer Arbeitsstelle anstellen lassen kann, wo ich meine Erfahrungen und meine Stärken nutzen kann. Aber das ist noch schwierig, weil es noch so weit weg ist.« (B8) »…, aber wir sind ein bisschen miteinander am Evaluieren. Jetzt müssen wir zuerst einmal grundsätzlich die Frage beantworten, wie es aussieht, wenn die Eltern sterben. Die Frage, wie das Ganze dann funktioniert.« (B11) »Ja, ich bin wirklich hier, seit ich 19 Jahre alt bin. Ich weiss nicht, wo ich nachher stehen werde und was ich nachher machen werde. So fängt man an sich zu fragen, was einem Freude machen würde, denn mir macht diese Arbeit eigentlich sehr viel Freude. […] Für mich ist dieser Prozess emotional. Ich frage mich, wie es in der Partnerschaft weitergeht und wie die Zukunft aussehen wird.« (B15)

4.6

UNTERNEHMEN UND GESELLSCHAFT

In dieser Unterkategorie werden die beiden letzten Themenfelder näher betrachtet. Im Abschnitt 4.6.1 wird erörtert, welche Unternehmensvorteile aus der privaten und beruflichen Partnerschaft aus Sicht der ›Hotelfrau‹ resultieren. Im Abschnitt 4.6.2 folgen abschliessende Gedanken der ›Hotelfrau‹ zur Rolle der Frau, zur Rolle des Mannes und zu den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bezüglich Vereinbarkeit von Frau, Familie und Beruf.

78

4.6.1

WECHSELWIRKUNG PARTNERSCHAFT – UNTERNEHMEN

a)

Vorteile für das Unternehmen

In etwa die Hälfte der Hotelfrauen erwähnen, dass es für das Unternehmen Erfolg versprechend sein kann, wenn zwei privat liierte Menschen miteinander eine Unternehmung führen. Auf der einen Seite gibt es den Gewinn in Franken und Rappen, weil ein Hotelpaar – sei es als Eigentümer, als selbständig erwerbender Mieter oder als bonusberechtigte Direktion – sehr engagiert und motiviert ist. Auf der anderen Seite resultiert aus der Zusammenarbeit ein emotionaler Gewinn. Die Gäste spüren Emotionen, spüren etwas Privates und freuen sich, wenn sie daran teilhaben können. »In Bezug auf unseren Betrieb handelt es sich bestimmt auch um eine finanzielle Angelegenheit. Wenn ich zum Beispiel den Betrieb alleine führen würde und einen Küchenchef einstellen müsste, wäre das sicher von den Finanzen her eine ganz andere Situation. Unser Plus ist es auch, dass der Betrieb persönlich und familiär ist. Die Gäste schätzen das.« (B8) »Einerseits haben wir die klassische Gastgeberrolle inne. Das ist immer noch etwas, was viele Gäste sehr gerne haben. Ein Gast redet lieber mit dem Mann, ein anderer Gast redet lieber mit der Frau. Beide sind zwei kompetente Ansprechpersonen. […] Wenn man als Paar auftreten kann, hat man viel die grössere Präsenz, als wenn man als Einzelperson auftritt. Ein Hotel führen, so wie wir das verstehen, ist ein Unternehmen, bei dem sehr viele Emotionen dahinterstecken. Wir verkaufen nicht Betten, sondern wir verkaufen Emotionen und Gefühle und wir geben dem Gast das Gefühl, dass er zwar nicht in eine Familie, aber doch in etwas Privates kommt, wenn er sich das dann wünscht.« (B9) »Wir leben als Gastgeber, das ist unser Plus. Das ist wie unsere Marke. Freundlichkeit, das Dasein, das Normale. Es ist ein Vorteil, wenn man so etwas als Paar, zu zweit führen kann.« (B15)

Eine ›Hotelfrau‹ fügt hinzu, dass dies jedoch nur dann ein Vorteil für das Unternehmen ist, wenn die Beziehung auch funktioniert. Wenn die Beziehung nicht funktioniert, besteht die Gefahr eines Energieverlusts: »Zusätzlich haben wir doppeltes Know-how, doppelte Verantwortung, aber auch geteilte Verantwortung und geteilte Freude. Das wiederum schafft auch eine unverwechselbare Stimmung. […] Wenn die Beziehung nicht funktioniert, ist es bestimmt kein Mehrwert für die Unternehmung, dann ist es ein Energieverlust. Dann ist auch etwas blockiert und dann fliesst etwas nicht weiter. Wenn es funktioniert, ist es ein enormer Mehrwert. […] Und das setzt Energien frei.« (B14)

4.6.2

GEDANKEN DER ›HOTELFRAU‹ ZU FRAU, FAMILIE UND GESELLSCHAFT

a)

Rolle der Frau in Familie und Beruf

Bei der Rolle der Frau in Familie und Beruf sind sich die Frauen – mit einer Ausnahme – einig, dass Beruf und Kinder einander nicht ausschliessen sollten. Jene ›Hotelfrau‹, die Kinder lieber nicht mit dem Beruf kombinieren wollte, sagt: »… das war so etwas wie eine Einstellungssache von mir. Ich habe immer gesagt, entweder wir haben Kinder oder wir haben einen Betrieb. Beides zusammen habe ich nicht gewollt. Meine Überzeugung ist es, dass die Kinder immer zu kurz kommen im Gastgewerbe. […] Kinder zu haben und sie dann einem Kindermädchen weiterzugeben oder der Grossmutter, das habe ich nicht gewollt. Mein Mann hat eigentlich nie so spezifisch Kinder gewollt. Jetzt haben wir uns einfach für diesen Weg entschieden.« (B8)

79

Bezüglich der Intensität des beruflichen Engagements gehen die Ansichten auseinander. 7 ›Hotelfrauen‹ stehen recht dezidiert für eine weitere Emanzipation und eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Eine ›Hotelfrau‹ plädiert für eine Zunahme von Frauen in Führungspositionen. Eine weitere Frau ist davon überzeugt, dass die berufstätige Frau eine der Stärken der Wirtschaft ist: »… ich denke, ein hoher Prozentsatz von Frauen haben Kinder und arbeiten weiter. Das finde ich eine sehr gute Entwicklung. Dass es immer noch zu wenig Frauen in Führungspositionen gibt, das finde ich sehr schade.« (B9) »Ich denke auch, dass ist sicher eine grosse Stärke von unserer Wirtschaft. Es ist absolut nötig.« (B12)

5 ›Hotelfrauen‹ bevorzugen es, wenn der Mann die Rolle des klassischen Ernährers einnimmt und die Frau einer Teilzeitarbeit nachgeht und somit hauptsächlich für die Familie da ist: »… ich möchte hier nicht irgendwie altmodisch wirken, aber für mich ist es halt immer noch ein Idealbild, wenn der Mann arbeitet. […] Wenn ich so nach aussen schaue, sehe ich im Mann immer noch so die Rolle als Vater und Ernährer. Das kann man sich auf unterschiedliche Weise teilen, 50% zu 50% und so weiter, aber ich habe irgendwie Mühe mit Vätern, die auf Hausmann machen. […] Ich habe aber irgendwie so das Gefühl, das ist so etwas wie ein erzwungenes Weltbild. Wie der Mann ja auch keine Kinder auf die Welt bringen kann.« (B2) »… die Familie ist für mich wichtig. Dass man auch Zeit hat mit der Familie, dass man auch etwas zusammen macht. Ich finde das schon sehr wichtig, auch für die Kinder. Ich wollte nicht einfach Kinder, dass man Kinder hat und sie immer irgendwo abgibt. Das war für mich nie ein Ziel.« (B11)

Drei Frauen merken an, dass die Doppelbelastung von Familie, Kinder, Haushalt und Geschäft nicht einfach ist und eher auf den Schultern der Frauen lastet und dass es bei den Männern vermehrt ein Umdenken braucht. »Ich denke auch, dass ein Umdenken bei den Männern passieren sollte … « (B12) »Die Frauen haben sich sehr emanzipiert, aber es bleibt den Frauen nach wie vor die Doppelbelastung von Kindern, Familie, Haushalt plus auch noch Geschäft.« (B13)

Im Interview sprechen 5 Frauen davon, wie sie in Bezug auf ihr Rollenbild von den Eltern, von der Art der Erziehung und vom Umfeld in der Kindheit geprägt worden sind. Eine ›Hotelfrau‹ hat ein positives Bild von ihrer berufstätigen Mutter: »Ich habe das auch bei meinen Eltern gut sehen können. Meine Mutter hat mehr Service gemacht. Sie hat die ganze Buchhaltung gemacht etc., und mein Vater hat die Küche gemacht plus die Bewirtschaftung des Campingplatzes erledigt. […] Sie haben die Arbeiten immer sehr gut geteilt. Ich habe wirklich gelernt, dass die Frau mitarbeitet. Mir wurde das vorgelebt.« (B12)

4 andere ›Hotelfrauen‹ wurden durch ihr Umfeld eher negativ geprägt und wollen diesem Bild eher nicht nacheifern: »Sie19 sagen oft, wir Frauen hätten die Hosen an. Anscheinend sind wir so. Es kommt vielleicht auch daher, dass ich mich als junges Mädchen habe durchsetzen müssen. Ich war das neunte von zehn Kindern und mein Vater war ein richtiger Patriarch. Sein Wort hat gegolten. Meine Brüder waren

19

Gemeint sind der Mann und der Sohn.

80

auch so. Wir mussten unsere Brüder bedienen, mussten auftischen, abtischen, spülen in der Zwischensaison. Alles mussten wir machen. Die Männer haben nichts angelangt. Sie haben natürlich andere Sachen gemacht, haben dafür Autos gehabt, konnten wegfahren. Da habe ich mir oft gewünscht, auch ein Junge zu sein. Ich möchte auch so viel Freiheit haben. Ich habe mich sehr gegen meine Brüder durchsetzen müssen …« (B13) »Es gibt bei mir zwei Hauptmotoren.20 Der eine ist meine Mutter, die für mich nicht als Vorbild funktionieren konnte, aber als starker Motor dafür, wie ich nicht leben wollte. Und andererseits ist meine Tochter ein starker Motor. Ich bin davon überzeugt, dass es für ein Kind sehr schön und angenehm ist, wenn es eine aktive Mutter hat. Für mich war es eher quälend eine inaktive Mutter zu haben. […] Dafür hatte ich einen Vater, der die Berufstätigkeit von uns drei Töchtern immer extrem gefördert hat. Er war sicher ein gutes Leistungsvorbild, aber er war auch ein bisschen extrem.« (B14)

b)

Rolle des Mannes in Familie und Beruf

Die verschiedenen Aussagen der ›Hotelfrauen‹ zur Rolle des Mannes haben praktisch alle den gleichen Grundtenor: Der Mann ist in seinem Beruf zeitlich sehr engagiert und er ist deshalb eher als die Frau für den Hauptverdienst verantwortlich. Die einen sagen, dass es heutzutage immer noch eine ungewöhnliche Situation ist, wenn der Mann zu Hause bleibt. Andere attestieren dem Mann eine Entwicklungsbereitschaft und den Willen mehr zu sein als nur Partner und Vater. Eine Hotelfrau findet es bedenklich, dass Männer, die nicht in einem Vollzeitpensum arbeiten, von der Gesellschaft als Versager betrachtet werden. Eine andere ›Hotelfrau‹ erwähnt wiederum, dass sie sich gut selber versorgen könne und den Mann diesbezüglich nicht brauche: »Ich habe aber gar nichts dagegen, wenn sich ein Mann dafür entscheidet zu Hause zu bleiben und die eigentlich feminine Rolle zu übernehmen. Im Gegenteil, ich finde es sehr mutig.« (B9) »Ich glaube, wichtig ist, dass die Sachen gesellschaftlich eine höhere Akzeptanz bekommen. Sei das die Berufstätigkeit, sei das die ganze Kinderbetreuung, sei das auch die Tätigkeit des Mannes. Dort, so glaube ich, spielt sich wieder dasselbe ab. Ich glaube, es gibt ganz viele Männer, die wirklich gerne mehr mit den Kindern zusammen sein möchten und die gerne Kinder haben.« (B14) »Sicher nicht mehr wie früher der Ernährer. Absolut nicht. Ich bin selbständig, ich brauche keinen Mann. Ich kann mich selber durchs Leben bringen. Ich kann selber Geld verdienen.« (B10)

c)

Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Mehr als die Hälfte der Hotelfrauen macht konkrete Vorschläge zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Kinderkrippen, Blockzeiten, Mittagstische, Kinderhort im Ort und die Möglichkeit bzw. die Akzeptanz des Jobsharings für den Mann: »Sie sprechen immer von mehr Kinderkrippen, aber wenn die Kinder etwas grösser sind und in die Schule gehen, dann kommt das Problem nochmals. Du kannst am Mittag nicht jemanden in die Krippe schicken. Dann musst du es irgendwie selber lösen.« (B1) »Wenn ich politisch aktiv würde, dann für mehr Kinderkrippen und dafür, dass der Mann 50% arbeiten bzw. Jobsharing machen könnte. Diese zwei Themen, finde ich, müssten langsam, aber sicher in Angriff genommen werden.« (B6)

20

Gemeint sind zwei Arten von Motivation für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

81

»… da haben wir keine Blockschulen, gar nichts. Das ist ganz traditionell. Die Kinder gehen mal um 8 Uhr, mal um 9 Uhr, eins geht um acht, das andere um neun Uhr. Ich habe ausser am Freitag immer eines, das um 9 Uhr geht, dann kommen sie um 11 Uhr oder um 12 Uhr nach Hause. Dann haben sie um 13 Uhr oder um 14 Uhr wieder Schule. Das dauert bis 16 Uhr oder 17 Uhr. So haben wir das ganz traditionelle System und das zwingt mich dazu, ein Fulltime-Kindermädchen anzustellen. Als die Kinder ganz klein waren hatte ich sie ein paar Jahre in der Krippe. Ich hatte damals eine Kombination mit einer Portugiesin und der Kinderkrippe. Das ging sehr gut. Solange die Kinder in die Kinderkrippe gehen, ist es am einfachsten. Danach kommt das Schulsystem und das ist sehr unterschiedlich. Das kann ich persönlich nur mit einem Fulltime-Kindermädchen schaffen. Wir haben keinen Mittagstisch, gar nichts. Hier im Ort, wo es ja wesentlich ländlicher ist, ist es viel avantgardistischer, die haben einen Mittagstisch, die haben Blockzeiten, die haben Aufgabenbetreuung. Das alles habe ich dort, wo wir wohnen, nicht. Das heisst, dass ich absolut auf die private Planung angewiesen bin. Ich bin darauf angewiesen, dass ich ein gutes Kindermädchen habe.« (B14)

Manche Frauen merken an, dass andere Länder in Sachen staatlicher Support bei der Bewältigung des Vereinbarkeitsmanagements wesentlich fortschrittlicher sind als die Schweiz: »Ich denke, in Europa gibt es so viele Länder, wo die Frauen sich gar nicht vorstellen können, dass man zu Hause bleiben kann. In Belgien müssen beide arbeiten. […] Davon sind wir noch meilenweit entfernt. Das sollte schon langsam auch bei uns ankommen. Oder?« (B6) »Ich denke aber, dass das schon viel damit zu tun hat, dass vom Staat her zu wenig gemacht wird. Zum Beispiel im Bereich der Kinderkrippen. In anderen Ländern, in Skandinavien zum Beispiel, da passiert viel mehr diesbezüglich.« (B9)

3 ›Hotelfrauen‹ erwähnen, dass die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch abhängig ist von den lokalen Verhältnissen. 2 ›Hotelfrauen‹ bedauern, dass der Widerstand gegen die Gründung einer Kinderkrippe in ihrem Dorf recht gross ist: »Ja, wir hatten es schon auch wegen Krippen und solchen Sachen. Da sind sie hier total im Hintertreffen. Das wäre halt schon auch noch eine tolle Möglichkeit. So hätte man vielleicht wenigstens einen Tag, wo man voll arbeiten könnte oder entlastet würde. […] Das ist noch erschreckend, die Meinung vieler Leute, die auch Geschäfte haben. Viele sind auch neidisch, gönnen es den Jungen nicht, wenn ihnen eine Krippe zur Verfügung stehen würde. Es gibt viele, die sagen, sie hätten das auch nicht gehabt. […] Wenn man mit dem Metzger oder dem Gemüsehändler spricht, muss ich sagen, begegnet man einer katastrophalen Einstellung. Deren Frauen haben auch immer voll gearbeitet. Und eben diese sagen uns dann, so eine Krippe sei völlig unnötig und dass wir uns selber organisieren müssten.« (B3) »Es gibt jetzt eine Diskussion über einen Kinderhort bei uns im Dorf. Da haben die meisten noch das Gefühl, es gehe dabei nur um karrieresüchtige Frauen, die das Gefühl haben, sie müssten arbeiten. Dass man vielleicht als Geschäftsfrau mit dem Partner zusammen arbeiten muss, das sehen sie nicht. Oder dass oftmals ein Lohn nicht reicht …« (B12)

Und dann gibt es noch finanzielle Gründe, die Frauen zu einer Erwerbstätigkeit zwingen: »Ich denke auch an die Frauen der Unterschicht. Wenn bei denen jemand putzen geht oder so, dann muss er doch auch die Kinder irgendwo unterbringen. Und zu teuer darf es dann auch nicht sein … Sonst kann sie auch gleich zu Hause bleiben.« (B1)

4.7

ZUSAMMEN LEBEN UND ZUSAMMEN ARBEITEN GIBT MIR …

Am Ende des Interviews wurden den Hotelfrauen drei Themenkärtchen vorgelegt mit der Bitte, die angefangenen Sätze mit einem Wort oder mit einem Satz zu ergänzen. Die einzelnen Ergebnisse flossen teilweise in die vorhin erläuterte qualitative Auswertung ein. In diesem Ab-

82

schnitt folgt zusätzlich eine kurze summarische Betrachtung pro Themenkärtchen. Eine Übersicht der zusammenfassenden ›Melodien‹ befindet sich im Anhang 10.17. Die Antworten auf die erste Aufforderung ›Zusammen-leben-und-arbeiten gibt mir …‹ deuten auf physische und psychische Ressourcen hin. Die ›Hotelfrauen‹ erhalten einerseits Kraft, Energie und Freude und andererseits fühlen sie sich wohl, sicher, stolz und zufrieden. Das Zusammen-leben-und-arbeiten fordert von den ›Hotelfrauen‹ ausgeprägte soziale Kompetenzen wie Kompromissbereitschaft, Flexibilität, Toleranz, Einsatzbereitschaft, Verständnis und nicht zuletzt Humor und Liebe. Auf die Frage, wie es in der Zukunft mit dem Zusammen-lebenund-arbeiten weiter gehen solle, kamen vorwiegend drei einheitliche Aspekte zum Tragen: Ein Teil der Frauen wünscht sich mehr Zeit für ihre Partnerschaft: Zeit für einander, Zeit für Reisen, Zeit zum Geniessen, Zeit für Freizeit. Zweitens wünschen sich die ›Hotelfrauen‹ für sich und für ihren (Ehe-)Partner eine gute Gesundheit. Und zuletzt äussert sich ein Grossteil der Frauen zur Qualität und Stabilität ihrer Partnerschaft. Sie wünschen sich, ihre privat-berufliche Beziehung im gleichen Stil wie bis anhin weiterführen zu können.

83 »It's amazing how you can speak right to my heart Without saying a word, you can light up the dark Try as I may I can never explain What I hear when you don't say a thing The smile on your face lets me know that you need me There's a truth in your eyes saying you'll never leave me The touch of your hand says you'll catch me wherever I fall You say it best When you say nothing at all All day long I can hear people talking out loud But when you hold me near, you drown out the crowd Try as they may they could never define What's been said between your heart and mine.« Ronan Keating – When You Say Nothing At All (1999)

5

DISKUSSION

Diese Diplomarbeit befasst sich mit den Ressourcen und Herausforderungen im Beziehungsalltag von privat-beruflich liierten Paaren. Bevor anhand der Ergebnisse aus der Literaturrecherche und aus der qualitativen und quantitativen Untersuchung die Forschungsfragen interpretiert und diskutiert werden, erfolgt vorerst eine kritische Betrachtung der Methoden und eine kurze Zusammenfassung der theoretischen und empirischen Bestandteile. Kapitel 5.4 präsentiert dann weiter das Praxisinstrument ›Fragenkatalog für den Paardialog‹, Kapitel 5.5 rundet die Diskussion mit Fazit und Ausblick ab.

5.1

METHODENREFLEKTION UND METHODENKRITIK

Im Allgemeinen war die Themeneingrenzung und die Begrenzung auf die erlaubte Anzahl Seiten für die Autorin eine Herausforderung. Die Themengebiete ›Belastungen und Herausforderungen‹ und ›Ressourcen und Synergien‹ entpuppten sich als sehr ergiebig und konnten lediglich in sehr konzentrierter und gekürzter Form dargestellt werden. Im Nachhinein kann kritisch angemerkt werden, dass eine Konzentration auf eines dieser beiden Themen möglicherweise tiefere und reichhaltigere Erkenntnisse zu Tage gebracht hätte. Gegen diese Annahme spricht, dass die Wechselwirkung zwischen der ressourcen- und der defizitorientierten Betrachtung und die Beleuchtung der Aufgaben und Rollen bei der Arbeit zu einem besseren Gesamtbild dieser Beziehungsform führen. Die Eingrenzung fand bereits vor Beginn der Untersuchung statt. Eine Analyse der intimen Privatsphäre des Paares mit Themen wie Liebe und Sexualität hätte in einer separaten anonymen und schriftlichen Untersuchung in Zusammenarbeit mit dem ZHAW stattfinden können. In Anbetracht des beschränkten Umfangs der vorliegenden Arbeit musste darauf verzichtet werden. Ein Teil der Frauen machten im Interview direkte oder indirekte Äusserungen, die auch in die Auswertung eingeflossen sind. Es wäre jedoch durchaus denkbar, dass dieser As-

84

pekt in einer weiterführenden Studie näher erörtert werden könnte. Weitere Vorschläge zu anderen zu vertiefenden Themenbereichen folgen im Verlauf dieses fünften Kapitels. Die vorgängige Durchführung eines Probeinterviews erwies sich als sinnvoll, denn dadurch konnten Anpassungen im Interviewleitfaden vorgenommen werden. Eine weitere Herausforderung in der Interviewsituation war die thematische Trennung zwischen der privaten und der geschäftlichen Beziehung. Die meisten ›Hotelfrauen‹ fokussierten sich trotz offener Fragestellung zu ihrer Partnerschaft eher auf die beruflichen statt auf die rein privaten Situationen. Im Sinne einer Übertragung kann dies auch so verstanden werden, dass die sachlich-emotionale Trennung auch für die ›Hotelfrauen‹ selber effektiv sehr schwierig zu bewältigen ist. In Anbetracht der hohen durchschnittlichen Anzahl Arbeitsstunden (Ø 58 Stunden) und die räumliche Nähe zwischen Wohn– und Arbeitsort ist es nicht verwunderlich, dass die berufliche Partnerschaft ein sehr wichtiger, wenn nicht gar der zentralste Bestandteil der Beziehung ist. Auch bei der sanften Nachfrage nach der spezifischen privaten Situation wurde die Unternehmung von den meisten ›Hotelfrauen‹ nicht ausser Betracht gelassen. Ein Kritikpunkt im Bezug auf die Form dieser eher regelgeleiteten Methode ist, dass den individuum- und paarspezifischen Charakteristika und den spezifischen Lebensthemen der einzelnen Paare weniger Rechnung getragen werden kann als beispielsweise mit der Grounded Theory-Methode im Rahmen einer Einzelfallanalyse. Mit möglichst zahlreichen prägnanten Zitaten wurde dieser Umstand von der Autorin zu mildern versucht. Um die Problematik des Vereinbarkeitsmanagements und die Rollen- und Aufgabenteilung zwischen Mann und Frau noch verstärkter herauszuschälen, wäre eine detaillierte quantitative Erhebung der Reproduktionsarbeit zu Hause ebenfalls von grossem Interesse gewesen. Aufgrund des soziologischen Charakters einer solchen Erhebung und im Sinne einer möglichst nahen Fokussierung auf die psychologische Seite der Fragestellungen wurde diese Idee von der Autorin verworfen. Abschliessend muss erwähnt werden, dass die Stichprobengrösse (n=15) zu klein ist, um im wissenschaftlichen Sinne Aussagen von genereller Gültigkeit machen zu können. Dank der Stichprobenhomogenität können aus der Summe der Aussagen gleichwohl relevante und interessante Schlussfolgerungen abgeleitet werden.

5.2

ZUSAMMENFASSUNG DER THEORIE UND DER EMPIRIE

In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Erkenntnisse aus Theorie und Empirie kurz zusammengefasst. Der Theorieteil besteht aus drei Teilen: den Partnerschaftstheorien, den Ausführungen zu Beziehungen am Arbeitsplatz sowie einem statistischen Blick auf das Thema Frau und Beruf und eine psychologische Betrachtung von Gender und Geschlecht. Die Paarbeziehung hat einen wichtigen Stellenwert für die Biographie eines Menschen. Die Paarbezie-

85

hungsforschung ist in der Sozial- und in der Familienpsychologie daher auch stark verankert. Es existiert eine Vielzahl an Paartheorien. Jede Theorie stellt einen anderen Aspekt in den Vordergrund. Einer der einflussreichsten theoretischen Ansätze ist die Austausch- und Investitionstheorie. Diese besagt, dass die involvierten Partner ihre Interaktionen dauernd einer ökonomisch gefärbten Kosten-Nutzen-Bewertung unterziehen. Eine integrative Theorie, welche der Komplexität der Paarbeziehung gerecht wird, existiert noch nicht. Da der Mensch häufig einen grossen Teil seines Lebens am Arbeitsplatz verbringt, nehmen die Beziehungen in der Organisation auch einen wichtigen Stellenwert ein. Im Gegensatz zur Paarbeziehung, wo emotionsorientierte Elemente wie Liebe, Nähe und Gefühle zentral sind, ist in der Organisation und bei der Arbeit ein sachorientiertes Klima vordergründig. Dies führt dazu, dass Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz zu Irritationen führen können. Studien in diesem Bereich beziehen sich am ehesten auf Kolleginnen und Kollegen, die sich am Arbeitsplatz kennen lernen. Sozialpsychologisch orientierte Forschungen zu Paaren, die gemeinsam leben und arbeiten, existieren kaum. Wenn, dann sind es Studien aus arbeits- und organisationspsychologischer oder systemischer Perspektive zu Paaren, die eine Familienunternehmung – beispielsweise in zweiter oder vierter Generation – leiten. Wenn es um Partnerschaft, Familie und Arbeit aus Sicht der Frau geht, darf die Genderperspektive nach Ansicht der Autorin nicht fehlen. Im Zuge der Entwicklung der feministischen Geschlechterordnung hebt die Geschlechterforschung im Kontext von Arbeit und Organisation die Verwobenheit des Geschlechts mit der Organisation hervor. Es soll nach Antworten auf Fragen gesucht werden, wie Geschlecht interaktiv in komplexen sozialen Prozessen hergestellt wird und welche Folgen daraus für die Unternehmung entstehen. Aktuelle Zahlen zur Verteilung der Erwerbs- und Hausarbeit zwischen Mann und Frau in der Schweiz zeigen auf, dass mehr Frauen als Männer unbezahlte Nicht-Arbeit verrichten. Die Männer üben eher eine bezahlte Arbeit aus. Im empirischen Teil wurden die halbstrukturierten Interviews und deren qualitativen Ergebnisse aufgeführt. Die Interviews wurden in der Deutschschweiz in den Monaten Oktober bis Dezember 2009 mit fünfzehn Frauen aus der Hotelbranche durchgeführt. Diese ›Hotelfrauen‹ sind im Durchschnitt 47,1 Jahre alt, sie sind durchschnittlich 18,5 Jahre mit ihrem (Ehe-)Partner liiert und leben und arbeiten im Durchschnitt mindestens seit 17,7 Jahre mit ihrem (Ehe)Partner zusammen. Aktuell arbeiten die ›Hotelfrauen‹ durchschnittlich 58 Stunden in der Unternehmung. Sie haben 25 Kinder, davon sind 21 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene jünger als 20 Jahre. Die Interviews wurden nach der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Aus dem Material entstanden 5 übergeordneten Leitthemen: Ressourcen und Synergien; Herausforderungen und Defizite; Aufgaben und Rollen; Entwicklung der Partnerschaft; Unter-

86

nehmen und Gesellschaft. Die induktive und deduktive Auswertung führte zu 14 Hauptkategorien und 40 Unterkategorien. Mittels eines Kurzfragebogens wurden biografische und unternehmerische Angaben für die quantitative Auswertung erhoben. Weiter wurde mittels 2 Formularen die Art der Arbeit im Haushalt und in der Unternehmung erfasst. Diese Angaben wurden summarisch ausgewertet und zeigen auf, dass die Hauptverantwortung für Organisation und Durchführung von Kinderbetreuung und Haushalt traditionellerweise bei den ›Hotelfrauen‹ liegt.

5.3

INTERPRETATION UND DISKUSSION

Es wird zuerst die folgende übergeordnete Frage beantwortet: Wie erlebt und gestaltet die ›Hotelfrau‹ ihre Beziehung, wenn sie sowohl mit ihrem Partner zusammenlebt als auch mit ihm verantwortlich ist für die Unternehmensführung? Dann folgen die vier Forschungsfragen zu Ressourcen, Konflikte und Belastungen, Rollen und Aufgaben sowie zu Partnerschaftsqualität und -stabilität. An den aus der Analyse resultierenden übergeordneten Leitthemen (siehe Abschnitt 5.2) kann zur Beantwortung der Fragestellung nicht so klar und strukturiert festgehalten werden. Weiter fliessen die Ergebnisse aus der Literaturrecherche einerseits und aus der quantitativen Untersuchung andererseits sinngemäss in die Beantwortung der Fragen ein. Am Ende jedes Abschnitts werden Hypothesen formuliert, welche basierend auf den vorliegenden Erkenntnissen entwickelt wurden. Deren Auswertung ist jedoch nicht Bestandteil dieser Studie. Eine thematische Betrachtung auf individueller, paar- und unternehmensspezifischer Ebene erfolgt im Abschnitt 5.4 mit dem Praxisinstrument ›Fragenkatalog für den Paardialog‹.

a) Wie erlebt und gestaltet die ›Hotelfrau‹ ihre Beziehung, wenn sie sowohl mit ihrem Partner zusammenlebt als auch mit ihm verantwortlich ist für die Unternehmensführung? Die berufliche Tätigkeit ist ein zentraler Bestandteil der Beziehung. Beide Beziehungspartner zeigen ein hohes berufliches Engagement für die Unternehmung. Gemeinsam mit ihrem Partner leben und arbeiten sie für die gleichen Ziele. Zwischen dem Privat- und Berufsleben besteht eine enge Verflechtung. Der Alltag der ›Hotelfrau‹ ist geprägt von einer durchorganisierten Zeitplanung, die in den meisten Fällen wenig Raum und Zeit lässt für sich selber und für das Paar-Sein. Gerade wenn noch Kinder zu versorgen sind, stellt dies hohe Anforderungen an die tägliche Koordination zwischen Berufs- und Familienleben. Die ›Hotelfrauen‹ weisen ein starkes berufliches Commitment auf und unternehmen grosse Anstrengungen, um in ihrem Beruf und/oder gemeinsam mit ihren (Ehe-)Partner – auch nach der Geburt der Kinder – berufstätig zu sein. Auf diese Weise können sie ihre berufliche Karriere weiterverfolgen und mit dem Partner zusammen sein.

87

Der Mangel an Zeit und an Musse ist ein grosses Thema. Für viele ›Hotelfrauen‹ ist es nicht einfach, Zeit und Raum für das Paar-Sein aktiv zu pflegen. Die Gefahr, dass das Paar durch die Zwänge des Unternehmens beziehungsmässig in eine Passivität verfällt, ist latent immer vorhanden. Die ›Hotelfrau‹ versucht die private Verbundenheit mittels kleinen Ritualen im Alltag zu pflegen. Zeitweise kommt die ›Hotelfrau‹ an Grenzen der psychischen und physischen Belastbarkeit. Dies kann zusammenhängen mit der Doppelbelastung oder mit dem NichtVorhandensein von persönlichen Ressourcen zur erfolgreichen Bewältigung der Situation. Die ›Hotelfrauen‹ machen sich Gedanken bezüglich einer allfälligen Arbeitsunfähigkeit des Partners. Sie sind sich nicht sicher, ob sie die unternehmerische Verantwortung alleine würden tragen können. Auch ein kurzfristiger Ausfall des Partners kann zu Schwierigkeiten führen. Die ›Hotelfrauen‹ sind sich dieser gegenseitigen Abhängigkeit bewusst. Die Gedanken daran werden eher verdrängt und es würde nach Lösungen gesucht werden, wenn eine konkrete Situation eintreffen würde. Die Bewältigung des täglichen Business, welches aufgrund des Gästeaufkommens nur bedingt planbar ist, hat Vorrang. Ein Drittel der ›Hotelfrauen‹ sah sich im Laufe ihrer Beziehung teils mit unüberwindbaren Schwierigkeiten konfrontiert. Die lange Beziehungsdauer von durchschnittlich bis zu 18,5 Jahren zeigt die Verbindlichkeit in und die Investitionsbereitschaft für die Partnerschaft auf.

b) Entstehen durch die gemeinsame berufliche und persönliche Beziehungsgestaltung besondere Ressourcen und wenn ja, welche? Durch die Zusammenarbeit werden auf der individuellen Ebene sowie auf der Paarebene der ›Hotelfrau‹ Energien freigesetzt. Das Zusammen-Leben-und-Arbeiten gibt Sicherheit und Kraft und Zufriedenheit. Diese positiven Energien beleben einerseits das Paarklima und den Beziehungsalltag und steigern das persönliche Wohlbefinden. Die privat-berufliche Liaison ist geprägt von Zweisamkeit, Geborgenheit und Vertrauen. Die Partner kennen sich sehr gut, weil sie neben dem Privatleben im Gegensatz zu anderen Paaren auch sehr viel Zeit am Arbeitsplatz miteinander verbringen. Die ›Hotelfrauen‹ lernen ihre Partner durch die berufliche Kooperation auch auf dieser Ebene sehr gut kennen. Die Arbeit ist eine elementare und verbindende Komponente in der Beziehung. Im Sinne der gegenseitigen Unterstützung kann die Bürde der Verantwortung auf vier statt auf zwei Schultern verteilt werden. Gerade in herausfordernden Situationen können sich die Beziehungspartner gegenseitig stützen, motivieren und fördern. Dies fördert die gegenseitige Verlässlichkeit und die Loyalität in ausgeprägtem Masse. Für das Unternehmen entstehen Vorteile. Nicht umsonst werden mehr als die Hälfte der Unternehmen von einem Partnerschaftstandem geführt. Beide Beziehungspartner haben den gleichen Beruf bzw. denselben beruflichen Hintergrund und sind im gleichen Unternehmen tätig. Sie sind einerseits beide am Erfolg des Unternehmens

88

interessiert, andererseits ist das Verständnis für die Branche sehr gross. Aus dem gemeinsamen Engagement resultiert ein emotionaler, atmosphärischer Gewinn für Gäste und Mitarbeitende. Mitunter würde die private Beziehung nicht so gut funktionieren, wenn lediglich der Partner die Hotelunternehmung leiten und die Partnerin ausserhalb der Hotel- und Gastronomiebranche arbeiten würde. Auch das Verfolgen der gleichen Zielrichtung, des gleichen Kurses ist ein Stimulans und gleichzeitig auch eine Voraussetzung, welche zum Erfolg einer Beziehung beiträgt. Die Partner können sich intensiv über gemeinsam Erlebtes aussprechen. Sie sprechen die gleiche Sprache und verstehen einander auch ohne Worte. Die Beziehungspartner können sich gegenseitig in unterschiedlichen Rollen erleben. Die ›Hotelfrau‹ ist u.a. Berufsfrau, Ehepartnerin, Mami und Chefin, und diese Kombination übt durchaus eine gewisse Attraktion und Anziehungskraft aus, was wiederum die Beziehung lebendig hält. Für die ›Hotelfrau‹ sind Wertschätzung, Respekt und Anerkennung im privaten wie im beruflichen Beziehungsalltag elementare Erfolgsfaktoren für die Qualität und die Stabilität der Beziehung. Ohne Wertschätzung und Respekt im Alltag würde das Partnerschaftstandem nicht funktionieren. Die Wertschätzung zeigt sich einerseits im wohlwollenden und liebevollen Verhalten des (Ehe-)Partners und andererseits in der respektvollen Kommunikation im Umgang miteinander, gerade in stressreichen Situationen. Durch das tägliche Lernen am Modell können sich Mann und Frau fachlich und persönlich gegenseitig entwickeln. Die beidseitige Entfaltung ist jedoch mit der individuellen Bereitschaft und mit dem persönlichen Entwicklungspotential der Beziehungspartner verknüpft. Bei den Familien mit Kindern kann sich die Identifikation mit dem Beruf der Eltern zu einer Ressource entwickeln. Die Auseinandersetzung mit der Branche und mit dem Berufsbild kann für Kinder und Jugendliche bereichernd sein und zu einem grösseren Verständnis für das Engagement der Eltern führen. Darüber hinaus ist eine Hotelunternehmung vergleichbar mit einem Bauernhof oder mit einem grossen Haushalt und bietet aufgrund der vorhandenen Infrastruktur familienfreundliche Strukturen. Der Arbeitsplatz der Eltern ist sozusagen rund um die Uhr öffentlich zugänglich, die Eltern sind präsent und es entstehen während des Berufsalltags immer wieder kurze Kontaktzeiten. Dies erleichtert Frauen mit Kindern die Vereinbarkeit von Familie und Ausübung einer anspruchsvollen Kaderfunktion. Aus quantitativer Perspektive sehen manche ›Hotelkinder‹ ihren Vater häufiger als Kinder, deren Vater irgendwo auswärts eine berufliche Tätigkeit ausübt. Die Literatur zeigt ergänzend zu diesen Ausführungen auf, dass die Paarbeziehungen und die Beziehungen am Arbeitsplatz elementare Beziehungsformen im Leben eines Menschen sind. Es wurde nachgewiesen, dass tragfähige Beziehungen am Arbeitsplatz eine positive Wirkung auf die Befindlichkeit haben. Durch das Eingehen einer (ehelichen) Partnerschaft entstehen für und

89

durch das Individuum neue Güter. Diese Güter oder Ressourcen würden nicht entstehen, wenn es die Beziehung zwischen zwei Menschen nicht gäbe. Gemeinsame Werte, Ziele und Einstellungen haben eine protektive Funktion gegenüber Belastungen und erleichtern die dyadische Bewältigung. In einer Partnerschaft kann der subjektive Nutzen maximiert werden und in einem Gewinn resultieren. Dabei geht es in Anlehnung an die Austausch- und Investitionstheorie um das Streben nach einer ausgeglichenen KostenNutzen-Bilanz und um den Austausch von individuell benötigten psychologischen, materiellen oder sozialen Ressourcen. An einer Partnerschaft wird festgehalten, wenn der Ertrag höher eingeschätzt wird. Und gemeinsam geschaffene Werte tragen dazu bei, dass jemand in einer Beziehung bleiben will. Charakteristisch für die persönlichen Beziehungen sind die Interaktionsmuster. Das Paar ist sich vertraut. Die Partner kennen ihre jeweiligen persönlichen Eigenheiten und haben eine gemeinsame Beziehungsgeschichte. Dies führt zu einer Verbindlichkeit. Aus der Theorie der Bindungsstile resultiert, dass sicher gebundene Menschen länger andauernde Beziehungen führen. Denn sie können Misstöne und Belastungen besser auffangen und empfinden Bindung und Vertrauen als positiv und bereichernd. Sie erleben ihre Beziehung als glücklich und können mit Nähe und Distanz gut umgehen. Sie haben weniger Konflikte und bewältigen Probleme konstruktiver. Menschen mit einem unsicheren Bindungsstil sehen sich infolge von Gefühlen des Misstrauens und der Angst vor Ablehnung eher mit Stress und Konflikten konfrontiert. Diese Ergebnisse führen zu folgenden Hypothesen, die im Rahmen von Studien zu privat und beruflich liierten Paaren weiter erforscht werden könnten: - Aus der privat-beruflichen Partnerschaft entsteht ein Gewinn in Form von individuellen, paarspezifischen und unternehmerischen Ressourcen. - Diese Partnerschaften haben durch die gemeinsame Zielverfolgung zeitlich länger Bestand als Partnerschaften von Paaren, die nicht privat-beruflich liiert sind. - Individuen, die ein solches Partnerschaftstandem praktizieren, haben einen sicheren Bindungsstil. - Paare, die erfolgreich zusammen leben und arbeiten, haben über die Jahre eine ausgewogene Kosten-Nutzen-Bilanz und tauschen ihre Ressourcen im Sinne der Förderung der Paarkompetenz aus.

c) Entstehen durch die gemeinsame berufliche und persönliche Beziehungsgestaltung besondere Konflikte und Belastungen und wenn ja, welche? Eine erste Belastung oder Herausforderung für die Partnerschaft ist der Umgang mit der Entgrenzung bzw. mit der Verschmelzung der beiden Lebensbereiche: Die ›Hotelfrauen‹ verbringen sehr viel Zeit im Betrieb. Sie sind meist immer erreichbar für die Mitarbeitenden, haben

90

das Geschäft vor Augen und begegnen ihrem Partner mehrmals täglich am Arbeitsplatz und zu Hause. Der Wohnort befindet sich sehr häufig in unmittelbarer Nähe oder sogar am Arbeitsort selber. Dies führt zu unklaren bzw. durchlässigen Grenzen zwischen der Privat- und der Arbeitssphäre. Unter diesen Prämissen fällt es den Frauen nicht einfach, zwischen dem Leben als Berufsfrau und dem Leben als Privatfrau umzuswitchen. Die ›Hotelfrauen‹ erleben es als eine Herausforderung, nach der Arbeit oder nach einer beruflichen Auseinandersetzung mit dem Partner sozusagen ›umzustellen‹ und Nähe und Zärtlichkeit zulassen zu können. Bei vielen ist das Ab- oder Umschalten fast gar nicht möglich. Am ehesten gelingt ihnen dies noch, wenn sie die betrieblichen Räumlichkeiten oder den Wohnort verlassen. Die Entkoppelung von Liebe und Arbeit im Beziehungsalltag ist ein Balanceakt, welcher den Männern eher zu gelingen scheint als den Frauen. Manche Frauen würden im Übrigen ihre Partner kaum zu Gesicht bekommen, wenn sie nicht im gleichen Betrieb arbeiten würden. Weiter nimmt das soziale, unternehmerische Umfeld, welches z.B. aus Gästen, Einheimischen und Mitarbeitenden besteht, unmittelbar am Privatleben teil. Die Frauen streben danach Haltung zu bewahren und einen professionellen Auftritt nach aussen zu zeigen. Sie hegen den hohen beruflichen Anspruch, dass der Kunde König ist und sie lassen es sich möglichst nicht anmerken, wenn es ihnen psychisch oder physisch nicht gut geht. Dies gehört zum Metier der ›Hotelfrau‹. Das Anstreben dieses Gleichgewichts ist eine Gratwanderung und eine täglich wiederkehrende Herausforderung für das Individuum und für das Paar und kann zu substantiellen Schwierigkeiten führen. Ein zweiter belastender Aspekt ist der Faktor Zeit. Die ›Hotelfrauen‹ versuchen Zeit und Raum für die persönliche Work-Life-Balance einzuplanen, dies gelingt ihnen aber nicht immer sehr gut, obwohl sie aufgrund ihrer Leitungsfunktion über die Entscheidungsfähigkeit und Flexibilität bei der persönlichen Arbeitszeiteinteilung verfügen. Die Arbeit ist sehr zentral und die freie Zeit muss häufig mit Rücksicht auf die aktuellen Gegebenheiten in der Unternehmung sehr gut geplant und organisiert werden. Und Spielraum für Spontanes ist kaum vorhanden. Mangel an Zeit ist ein grosses Thema, sei es Mangel an Zeit für sich selber, für Freunde, für Verwandte und auch für das Paar-Sein. Das hohe Arbeitsengagement und die hohen Präsenzzeiten haben eine Lustlosigkeit und einen Mangel an Antrieb zur Folge. Das Paar ist der Gefahr ausgesetzt, durch den Rhythmus der Unternehmung in einen Teufelskreis zu geraten. Durch die viele Arbeit kann wenig Zeit für die Erholung eingeräumt werden und durch die mangelnde Erholung flaut die Lust etwas zu unternehmen oder mal auszubrechen ab. Vor lauter Arbeiten müssen die Paare darauf achten, dass sie mit der Zeit nicht wie in einem Vakuum leben und nicht mehr so recht wissen oder spüren, was ausserhalb ihrer Lebenswelt passiert. Kleine Rituale im Alltag oder institutionalisierte freie Tage tragen meist in bescheidener Form zur

91

Aufrechterhaltung bzw. bestenfalls zur Förderung des Paarklimas bei. Bei Paaren mit Kindern kommen die Anliegen der Kinder vor den persönlichen Paaranliegen. Die Entwicklung einer gewissen persönlichen und beruflichen Gelassenheit und Zuversicht bei der Delegierung von Führungsaufgaben an eine kompetente Stellvertretung können u.a. zu einer Entspannung der Situation und zu einer Verbesserung des Paar-Seins beitragen. Dies ist u.a. auch gekoppelt mit der Rentabilität, mit der wirtschaftlichen Ertragskraft der Unternehmung, denn die Bedürfnisse des Gastes stehen jederzeit im Zentrum und die budgetierten Mitarbeiterkosten lassen häufig wenig Spielraum für zusätzliche Stellen. Dies impliziert auch folgende einfache Berechnung: Mann und Frau als ›Hotelpaar‹ arbeiten gemeinsam 126,4 Stunden. Diese beiden Stellen entsprechen in Tat und Wahrheit – ausgehend von einer 42 StundenWoche – 3 Vollzeitstellen. Die Ausübung der vielseitigen und herausfordernden Aufgabe als Gastgeber- und Unternehmerpaar sowie das Aufrechterhalten der Dienstleistungsbereitschaft im Betrieb gehen auf Kosten der Beziehungsnähe und des privaten Paar-Seins. Der Auftritt als Paar ist eine Marke und damit ein Marketinginstrument, welches zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Diese strategische Erfolgsposition sollte dem Unternehmen und der Paarbeziehung nicht zum Verhängnis werden. Eine dritte Belastung oder Herausforderung im Beziehungsalltag der ›Hotelfrau‹ ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Allein- bzw. die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung und -erziehung lastet auf den Schultern der ›Hotelfrauen‹. Dies auch wenn die Männer Anteil nehmen und als Mann und Vater für Frau und Kinder sozusagen geistig präsent sind. Aufgrund ihrer Führungsfunktion sind die Frauen zwar flexibel bei der Arbeitseinsatzplanung. Sie können auch mal zwischendurch einen Einkauf erledigen oder die Kinder zum Musikunterricht fahren. Die hohe Arbeits- und Präsenzzeit lässt aber lediglich kurze Arbeitsunterbrechungen zu. Die ›Hotelfrauen‹ sind zwischen Betrieb und zuhause hin und her gerissen und haben den hohen Anspruch, beides perfekt machen zu wollen. Die Frauen möchten nach aussen hin keine Angriffsfläche bieten. Sie möchten beide Aufgaben gleich gut erledigen. Es scheint, dass die ›Hotelfrauen‹ mit Kindern ihre Energien ganz bewusst für das Wohlergehen der Kinder einsetzen. Die Kinder haben Vorrang und es bleibt weniger Zeit und Raum für das Wohlergehen ihrer Beziehung. Auch die Organisation des Haushalts- und des Familienalltages fällt traditionsgemäss ins Aufgabengebiet der Frau. Durch die Doppelbelastung verfügt die ›Hotelfrau‹ über zu wenig ausreichende Ressourcen für sich selber, für ihren Partner oder für die Weiterentwicklung ihrer beruflichen Karriere. Es ist schwierig für sie, sich vom betrieblichen und familiären Alltag – zumindest physisch – zu lösen. Kinder von ›Hotelpaaren‹ müssen Kompromisse eingehen, indem sie Verständnis für das intensive berufliche Engagement und dessen Konsequenzen aufbringen und lernen müssen mit allfälligen Spannungen umzugehen.

92

Weiter stellt das Zusammen-Leben-und-Arbeiten das Paar ständig vor neue und wiederkehrende Aufgaben auf der Ebene des Unternehmens. Die Paare müssen laufend an der Entfaltung ihrer Paarkompetenz und an ihrer Beziehung arbeiten. Teilweise auch mittels externer professioneller Beratung. Die Kommunikation nimmt einen sehr wichtigen Stellenwert ein. Die Fähigkeit Kompromisse zu schliessen sowie Toleranz und Flexibilität und Umstellfähigkeit sind weitere wichtige Parameter in der Beziehung. Auf der Ebene der Organisation und der Unternehmensführung braucht es laufend eine Feinabstimmung, wenn es beispielsweise um das Erreichen der Unternehmensziele geht. Weitere Konflikt- oder Prozessthemen sind der Umgang mit ›Daily Hassles‹ und mit Familienangehörigen im Betrieb. Jene Partnerin bzw. jener Partner, welche/welcher infolge einer Nachfolgeregelung den Betrieb übernimmt, ist möglicherweise in einer Sandwichposition bezüglich Familie und Partner bzw. Partnerin. Diese Sandwichposition oder diese Vermittlerrolle kann zu Spannungen in der Paarbeziehung führen und für die betreffende Person sehr belastend sein. Die Literatur zeigt ergänzend zu den vorangegangen Ausführungen auf, dass das Verhältnis von positiver zu negativer Kommunikation mindestens 5 zu 1 sein muss, damit eine Beziehung als stabil und befriedigend erlebt wird. Studien zeigen auf, dass der impulsive Paartyp am lebendigsten und am zufriedensten ist. Diese Paare haben ein hohes Konfliktniveau, sind jedoch von dynamischer, leidenschaftlicher Natur. Sie können ihre Beziehung langfristig spannend und bereichernd gestalten und dies wiederum wirkt prophylaktisch gegen die Erosion. Im welche Richtung sich ein Paar im Laufe der Zeit entwickelt, hängt auch von den vorhandenen paarspezifischen Kompetenzen ab. Mal muss die Kommunikation gefördert werden, mal die Art und Weise der Stressbewältigung oder der Problemlösung. Es kann auch sein, dass die Förderung der Vitalität, der Lebendigkeit oder der Verbundenheit und Intimität im Vordergrund steht. Die Beziehung kann im Laufe der Zeit mit kritischen Lebensereignissen, mit täglichen Widrigkeiten oder ›Daily Hassles‹ konfrontiert werden. Auch beruflicher Stress gehört dazu. Eine gute Bewältigung setzt Copingstrategien voraus. Dazu gehören Lösungsdiskussionen oder Aufgabenteilungen sowie gegenseitige Unterstützung auf emotionaler und sachlicher Ebene. Das Coping wirkt stressreduzierend und führt zu einem bewältigungskompetenten Paar, zu einem Aufbau des Wir-Gefühls, zu mehr Vertrauen und Intimität. Diese Faktoren haben dann wiederum einen Einfluss auf die Beziehungsqualität und -stabilität. Die Erkenntnisse in diesem Abschnitt führen für privat-beruflich liierte Paare zu folgenden Hypothesen, die im Rahmen von weiteren Studien erforscht werden könnten: - Eine non-verbale und verbale Kommunikation und Interaktion, welche über längere Zeit kaum oder wenig Wertschätzung und Respekt aufzeigt, führt zu einer Vermehrung der Konflikte und verstärkt die Trennungsabsichten der Frau.

93

- Die Entgrenzung zwischen der Berufs- und Privatsphäre führt zu einer Abnahme von Zeit für und Gefühle der Nähe und Intimität in der Beziehung der ›Hotelfrau‹. - Die Work-Life-Balance und die Work-Family-Balance im Leben des Hotelpaares sind durch einen chronischen Zeitmangel stark unausgeglichen. Dies wirkt sich negativ auf die Beziehungsqualität aus. - Es besteht bei diesen Paaren die grosse Gefahr, dass die gemeinsame Arbeit im Laufe der Zeit zum Rivalen der gemeinsamen Beziehung wird. - Ein schlechter Gesundheitszustand des einen oder anderen Beziehungspartners führt im Vergleich zu Paaren, die nicht gemeinsam leben und arbeiten, zu einer stärkeren psychischen und physischen Belastung und erfordert komplexere Copingstrategien.

d) Wie erlebt die ›Hotelfrau‹ im Laufe der Zeit die Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau? Zu Beginn der gemeinsamen Zusammenarbeit ist weniger die Rede von einer bewussten Aufgabenteilung. Die Aufgabenverteilung ergibt sich irgendwie automatisch, berücksichtigt jedoch persönliche Eignung und Neigung. Im Laufe der Beziehung muss die ›Hotelfrau‹ gemeinsam mit ihrem Partner aktiv an der Gestaltung ihrer Paarbeziehung arbeiten. Wenn die Unternehmung strukturelle Änderungen vornimmt, müssen die persönlichen und fachlichen Ressourcen mit dem Wachstum Schritt halten können. Weiter führt die Geburt der Kinder meistens zu einer Neugestaltung des Aufgabenbereichs. Die ›Hotelfrauen‹ plädieren für eine strikte Aufteilung der Aufgaben und Kompetenzen. Jeder Partner soll in seinem Fachgebiet über die nötigen Entscheidungskompetenzen verfügen. Eine unklare Verteilung führt zu Konflikten. Eine klare Aufgaben- und Kompetenzenteilung in der Führung bietet auch den Mitarbeitenden, den Gästen und externen Personen eine Orientierungshilfe. Eine gemeinsame Absprache scheint ebenso erforderlich im Bereich des Strebens nach Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung. In den Paarbeziehungen mit Kindern ist meist der Mann die zentrale Führungsfigur. Die meisten ›Hotelpaare‹ haben die Aufgaben in Beruf und Familie traditionell verteilt, wobei beachtet werden muss, dass die ›Hotelfrauen‹ trotz Familie und Kinder durchschnittlich 58 Stunden im Betrieb arbeiten. Die einen Frauen stehen gerne freiwillig zurück, andere bekunden Mühe damit beruflich zurückzustehen. Es ist meistens die Frau, die sich zurücknimmt. Die Stelle des Mannes hat z.B. bei einer beruflichen Neuausrichtung den Vorrang. Die Stellung der ›Hotelfrau‹ in einem Partnerschaftstandem birgt die Gefahr, dass die Frau benachteiligt wird bzw. mit einer nebengeordneten Rolle vorliebnehmen muss. Dieses Schaffen und Erringen des Ausgleichs kann in den Beziehungen Konflikte auslösen. Durch das gesellschaftliche Umfeld können die Bestrebungen nach Gleichberechtigung zusätzlich insofern gestört werden, als automatisch der Mann als Führungsperson und die Frau als mitarbeitende

94

Ehefrau betrachtet wird. Es ist den ›Hotelfrauen‹ ein Anliegen, wegen ihren beruflichen und persönlichen Kompetenzen wahrgenommen und ernst genommen zu werden. Das Paar kann die Positionierung der Frau mittels gezielter Kommunikation nach innen und aussen fördern. Die Frauen möchten ihren Männern fachlich und persönlich auf Augenhöhe begegnen können. Sie legen Wert auf Eigenständigkeit und möchten sich weiterentwickeln und weiterbilden. Sie möchten im Geschäftsalltag als fachlich kompetente Berufsfrau und nicht als die Frau des Mannes oder gar als Schatten ihres Mannes wahrgenommen werden. Bei manchen Paaren besteht zwischen den Beziehungspartnern eine Art gesunde berufliche Konkurrenz. Sie spornen sich gegenseitig an und möchten beide in ihrem Fachgebiet eine sehr gute Leistung bringen. Die ›Hotelfrauen‹ beschreiben, wie sie im Alltag voneinander lernen. Durch die nahe Zusammenarbeit können Verhaltensweisen und deren Folgen intensiv beobachtet und nachgeahmt werden. Im Arbeitskontext passt sich das ›Hotelpaar‹ einander an. Logik, Rationalität und Sachlichkeit in den Abläufen herrschen vor. Dies hilft einerseits dabei, sich auf die Arbeit zu konzentrieren, andererseits unterstreicht es die professionelle Arbeitshaltung. Manchmal bekunden die ›Hotelfrauen‹ Mühe, wenn der Partner ihnen auf einer zu sachlichen Ebene begegnet und dabei die private Beziehung ausklammert. Die theoretischen Grundlagen legen dar, dass die Vereinbarkeit der beiden sozialen Systeme Arbeit und Privatleben nicht einfach vonstatten geht und in der Praxis zu Schwierigkeiten führen kann. Dies hat mit der Entsinnlichung der Organisation zu tun. In der Unternehmung sind Sachlichkeit, Effizienz, Produktivität gefragt, in der privaten Partnerschaft geht es um Nähe, Intimität, Verbundenheit, Emotionen und Gefühle, um Faszination und Anziehungskraft für den Partner. Eine Organisation funktioniert somit nach anderen Regeln als die Partnerschaft und die Familie. Die Gender- und Geschlechterforschung hat im Laufe der Jahre aufgezeigt, dass Organisationen nicht geschlechtsneutral sind. Der Arbeitsplatz ist geschlechtstypisch strukturiert und das Geschlecht wirkt prägend auf die Platzierung in der Unternehmung. Die stundenmässige Ungleichverteilung zwischen Mann und Frau bei der Arbeit wird mit der Heirat und später mit der Geburt der Kinder verstärkt. Frauen arbeiten durchschnittlich 23 Stunden, Männer 40 Stunden. Männer leisten nur halb so viel Familien- und Hausarbeit wie Frauen und die Frauen übernehmen eher die repetitiven Arbeiten im Haushalt. Männer engagieren sich im Bereich Kinderbetreuung, Hausaufgabenbetreuung und Spielen und helfen bei der Erledigung administrativer und handwerklicher Arbeiten. Diese Erkenntnisse führen im Wesentlichen zu folgenden Hypothesen, die im Rahmen von weiteren Studien erforscht werden könnten: - Eine klare und strukturierte Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen trägt bei zu einer Abnahme des Konfliktpotentials im privat-beruflichen Beziehungsalltag.

95

- Die ›Hotelfrau‹ und ihr Partner eignen sich durch die gemeinsame Arbeits- und Lebensgestaltung spezifische soziale und fachliche Kompetenzen im Berufsalltag an. - Die ›Hotelfrau‹ strebt nach einer ausgeglichenen Machtbilanz i.S. Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit bei Vereinbarkeit von Karriere und Familie in der Beziehung. - Männer und Väter in einer leitenden Funktion in der Hotel- und Gastronomiebranche fokussieren sich eher auf die Unternehmung und deren Erfolg und beteiligen sich qualitativ und quantitativ weniger als ihre Partnerinnen an Aufgaben im Bereich Haushalt sowie Erziehung und Betreuung der Kinder. - Mit der Geburt der Kinder werden die Weichen so gestellt, dass die Frauen zuständig sind für das Vereinbarkeitsmanagement. Die ›Hotelfrau‹ entwickelt sich zu einer kompetenten und flexiblen ›Vereinbarkeitsmanagerin‹.

e) Gibt es Determinanten, die die Qualität und Stabilität eines solchen Partnerschaftstandems behindern und/oder fördern? Die Determinanten, welche in diesem Abschnitt erörtert werden, werden aus einer positiven Optik heraus formuliert. Wenn diese Determinanten in der Praxis nicht so gelebt werden können bzw. nicht gelebt werden, führen sie zu einer Schwächung der Beziehung und sind förderungswürdig. Grundlage für das Zustandekommen und für das Funktionieren einer Beziehung ist einerseits die Chemie, das Knistern, das Einfach-zusammen-Passen, das Einander-sehrgerne-Haben. Zur Aufrechterhaltung und Förderung dieser Lebendigkeit und dieser Verbundenheit trägt das Offen-sein-Wollen-und-Können für neue Impulse, für neue Projekte zur persönlichen, beruflichen und unternehmerischen Entwicklung bei. Es liegt in der Verantwortung beider Beziehungspartner, der Beziehung weiterhin Gewicht zu geben. Dies setzt Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Selbstdisziplin voraus. Das ›Hotelpaar‹ muss genügend Zeit und Raum einplanen und dem Hotel, dem Restaurant und seiner Umgebung psychisch und physisch für einige Stunden oder Tage den Rücken zukehren können, sei es als Paar oder als Familie. Wachsamkeit in der privaten und beruflichen Beziehung für die Lethargie und für die Lustlosigkeit, die sich durch das viele Arbeiten mit den Jahren einschleichen kann, setzt eine gute Work-LifeBalance beim Individuum und beim Paar voraus. Psychische und physische Ressourcen sind auch notwendig, damit die ›Hotelfrau‹ Beruf, Familie und Beziehung unter einem Hut vereinen kann. Zeit und Raum braucht es auch für die Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit zur Pflege des Paar-Seins. Liebe, Nähe, Zärtlichkeit, Zuneigung sollen nicht zugunsten des beruflichen Alltags aus der Beziehung weichen. Durch das professionelle Auftreten im Berufsalltag, durch das Schaffen von entlastenden Strukturen zu Hause und im Betrieb soll die Paarbeziehung nach aussen geschützt und nach innen gepflegt und betreut werden. Eine gender- und bedürfnisgerechte Anerkennung und Verteilung der Aufgaben und Kompetenzen, klare

96

Kommunikationsstrukturen und eine reife Problembewältigung tragen zur Qualität und Stabilität bei. Nötig sind ein aktives Engagement und der Wille, an der Paarkompetenz und an der eigenen Entwicklung zu arbeiten. Dieses Lebens- und Arbeitsmodell setzt das Bewusstsein voraus, dass die gemeinsame Arbeit in der Unternehmung auch eine intensive Beziehungsarbeit mit sich bringt. Einerseits ist die gemeinsame Entfaltung wichtig, andererseits brauchen die Partner auch Raum für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung. Persönliche und berufliche Ziele sollen fair und gerecht und im Einklang mit den Bedürfnissen des Partners erreicht werden dürfen. Diese Aspekte können auch zu einem Hindernis der Qualität und der Stabilität werden. Auch mangelnde gegenseitige Wertschätzung und fehlender Respekt sowie das Leben unterschiedlicher Wertvorstellungen zur Zielerreichung im beruflichen und im privaten Alltag tragen nicht zu einer dauerhaften stabilen und zufriedenen Beziehung bei. Die Literatur zeigt auf, dass die konstruktive Bewältigung des Beziehungsalltags zu einer Aufrechterhaltung der Beziehung beiträgt. Anpassungsprozesse destruktiver Art führen nicht zum Beziehungserfolg. Der Grad der Beziehungszufriedenheit hängt auch damit zusammen, wie equitabel und gerecht die Beziehung erlebt wird. Eine Unausgewogenheit kann beim unterlegenen Partner ungute Gefühle auslösen. Die Beziehungspartner unternehmen Anstrengungen um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Wenn dies nicht gelingt, kann es in einem Beziehungsabbruch resultieren. Studien haben aufgezeigt, dass die erlebte Fairness und Gerechtigkeit in der Beziehung die Qualität oder die Zufriedenheit wesentlich beeinflussen. Frauen fühlen sich häufiger benachteiligt als Männer. Wenn sie sich benachteiligt fühlen, sind sie auch weniger zufrieden mit der Beziehung. Zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts in der Beziehung tragen die individuellen Ressourcen der Partner sowie intrafamiliale und externe Ressourcen bei. Eine gute Partnerschaftsqualität und -stabilität hat eine protektive und stabilisierende Wirkung. Die Qualität oder die Beziehungszufriedenheit wirkt dabei direkt auf die Stabilität der Beziehung. Weiter ist es für die Beziehung förderlich, wenn die Partnerin bei der Verfolgung ihrer individuellen Ziele Rückhalt durch den Partner erfährt, einen Entwicklungsgewinn durch die Beziehung erhält und eine kongruente Ziel- und Verhaltensorientierung erlebt. Diese Art der Beziehungsarbeit setzt die Bereitschaft und die Fähigkeit voraus, sich und seine Wünsche flexibel anzupassen. Das Erleben von Fairness und Gerechtigkeit stützt die Beziehung auch über längere Zeit. Weiter ist die Beziehungsqualität und -stabilität Ausdruck von Koordinationsstrategien und adaptiven Mechanismen, die das Beziehungssystem gegen Belastungen verteidigen, denn das System Partnerschaft ist sehr empfänglich für persönliche sowie lebens- und familienzyklische Veränderungen. Und schliesslich ist die Art und Weise der Kommunikation und der Interaktion Prädiktor für die Beziehungsqualität bzw. sie kann auf Störungen in der Partnerschaft hinweisen. Gute Kommunikationstechniken und eine konstruktive Auseinandersetzung auf der Konfliktebene tragen zur Beziehungszufriedenheit bei.

97

Diese Erkenntnisse führen im Wesentlichen zu folgenden Hypothesen, die im Rahmen von weiteren Studien erforscht werden könnten: - Beziehungskompetente Paare haben auch unter beruflichem und privatem Stress eine konstruktive Kommunikation. Stress trägt damit lediglich zu einem geringfügigen Teil zur Abnahme der Beziehungsqualität bei. - Die Entfaltung der individuellen Persönlichkeit und die Entwicklung der individuellen Copingstrategien der Beziehungspartner korrelieren im Laufe der Zeit mit dem Erfolg der Beziehungsqualität und -stabilität. - Mittels gezielter Beziehungsarbeit und mittels gezielter Entwicklung der Paarkompetenzen kann das privat-beruflich liierte Paar selber auf seine Beziehungsqualität und -stabilität aktiv Einfluss nehmen. - Eine ausgewogene Balance zwischen Arbeits- und Privatleben führt für das Paar zu einer Steigerung der Beziehungszufriedenheit. - Lust- und Antriebslosigkeit infolge eines hohen beruflichen Engagements in der Hotelbranche korrelieren im Laufe der Zeit mit der privat-beruflichen Beziehungszufriedenheit.

5.4

›FRAGENKATALOG FÜR DEN PAARDIALOG‹

Ausgehend von den theoretischen Grundlagen und basierend auf den Ergebnissen der explorativen Analyse hat die Verfasserin der Studie einen Fragenkatalog erstellt. Der Katalog beinhaltet Fragen auf individuums-, paar- und unternehmensspezifischer Ebene im Hinblick auf eine gemeinsame berufliche und private Lebensführung. Der Fragenkatalog ist ein praxisorientiertes Handlungsinstrument und die Themenfelder wurden bewusst in Frageform dargestellt. Die Interviews mit den ›Hotelfrauen‹ haben aufgezeigt, dass zahlreiche individuelle Ausgestaltungsmöglichkeiten existieren. Vorgefertigte oder pfannenfertige Lösungen gibt es nicht. Selbstverständlich spielen die unterschiedlichen Strukturen der Unternehmungen bei der Lösungsfindung eine wesentliche Rolle. Die Fragen sollen im Sinne einer Entwicklung der Paarbeziehungskompetenz zu Gedanken, Ideen, Vorstellungen und Möglichkeiten anregen bzw. Plattform bieten für die Reflexion der bestehenden Situation und der aktuellen Beziehung. Dies einerseits im Sinne einer Prävention für Individuen und Paare, die inskünftig nachhaltig zusammen leben und arbeiten wollen und andererseits als Standortbestimmung für Paare, die bereits seit einigen Jahren miteinander im Beruf und im Leben unterwegs sind. Das Instrument dient als Vorlage und muss auf die jeweilige familiäre Situation und auf die strukturellen Rahmenbedingungen der Unternehmung angepasst werden. Es erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Paar kann für sich erörtern, ob es die Themen gemeinsam oder mit einer externen professionellen Begleitung, z.B. im Rahmen einer Unternehmensberatung oder im Rahmen einer Ehetherapie, eruieren und behandeln möchte.

98

INDIVIDUELLE EBENE Welches sind meine persönlichen Bedürfnisse in Bezug auf die Gestaltung der gemeinsamen privaten und beruflichen Lebensführung? Wie möchte ich meine berufliche Karriere mittelfristig gestalten? In welchem Bereich möchte ich mich entfalten? Welchen Vorstellungen habe ich in Bezug auf meine berufliche und/oder persönliche Aus- und Weiterbildung? Wie stelle ich mir die Familienkarriere vor? Welches sind meine Wertvorstellungen über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Welchen Stellenwert hat die Freizeit für mich (Hobby, Sport etc.) und welchen Stellenwert hat die Pflege des Freundeskreises und der Verwandtschaft für mich? Was benötige ich für eine ausgeglichene Work-Life-Balance? Gab es Situationen, in welchen ich psychisch und physisch an meine Grenzen gelangt bin?

PAAR-EBENE Was erhoffen wir uns von einer gemeinsamen privat-beruflichen Lebensgestaltung? Wie möchten und wie können wir in Zukunft aktiv an der Pflege unserer Beziehung arbeiten? Wie können oder müssen wir uns gegenseitig fachlich und persönlich unterstützen? Welche individuellen und paarspezifischen Ressourcen werden uns bei der Gestaltung und bei der Bewältigung des Berufsalltags unterstützen bzw. Kraft und Energie spenden? Welche Freiräume für den Erhalt oder für das Anstreben einer ausgeglichenen persönlichen Work-LifeBalance gewähren wir uns gegenseitig und wie integrieren wir diese in unseren Berufsalltag? Wie stellen wir uns die Wohnsituation vor und welche Vor- und Nachteile entstehen dabei? Welche Haltung nehmen wir als Paar ein in Bezug auf die Kindererziehung? Welches Bild von unserer Arbeit möchten wir unseren Kindern vermitteln? Wie fördern wir die positive Identifikation der Kinder mit unserem Beruf? In welchen Bereichen ergänzen wir uns und wie und was können oder müssen wir voneinander lernen? Wie schützen wir unsere Privat- und Intimsphäre nach aussen? Wie grenzen wir uns im Alltag ab? Welche Kompromisse können bzw. wollen wir längerfristig eingehen und welche nicht? Wie können wir Spontanes in den Paaralltag einbauen? Wie fühlt sich der eine oder der andere Partner, wenn die freie Zeit oder die Familienzeit alleine gestaltet werden muss? Wie reden wir denn überhaupt miteinander, sei es im privaten oder im beruflichen Alltag? Was gefällt mir/uns daran und was nicht? Wie bewältigen wir unsere Probleme? Was können wir gut und wo benötigen wir allenfalls Unterstützung? Wie treffen wir unsere Entscheidungen? Bleiben Wünsche oder Bedürfnisse des einen oder anderen Partners auf der Strecke? Welchen Preis sind wir bereit für das intensive berufliche Engagement zu bezahlen?

99

EBENE DES UNTERNEHMENS Welche beruflichen und unternehmerischen Ziele verfolgen wir als Paar? Wie möchten wir als Paar die Führung gestalten? Wer hat in welchen Bereichen welche Entscheidungskompetenzen? Bei welchen Themen oder Konfliktbereichen sind wir unterschiedlicher Meinung? Wie zeigen wir einander Achtung und Wertschätzung? Wie gestalten/organisieren wir unsere freien Tage und unsere Ferienzeit? Wie stellen wir unsere Stellvertretung im Betrieb sicher und welche finanziellen Auswirkungen bringt dies mit sich? Wer oder was könnte uns bei der Bewältigung unseres Arbeits- und Lebensmodells unterstützen? Was passiert, wenn der Partner oder die Partnerin nicht mehr arbeiten kann? Welche vorsorglichen organisatorischen und administrativen Massnahmen können wir präventiv treffen? Wie gestalten wir unsere Informations- und Kommunikationspolitik nach innen und nach aussen, sodass Mann und Frau als gleichberechtigte und fachlich kompetente Partner wahrgenommen werden? Wie können wir die Entlöhnung fair und gerecht gestalten? Wie gestalten wir die Zusammenarbeit und/oder das Zusammenleben mit den (Schwieger-)Eltern im Betrieb? Wie bringen wir ihre und unsere Bedürfnisse in Einklang?

5.5

FAZIT UND AUSBLICK

Die erarbeiteten Hypothesen führen – im Kontext einer gesellschaftlichen Sphäre – auf drei verschiedenen Ebenen zu neuen Fragestellungen: auf den Ebenen des Individuums, des Paares und des Unternehmens. Die vorliegende Studie bietet sowohl spezifisch arbeits- und organisationspsychologische als auch spezifisch sozialpsychologische Erkenntnisse. Diese Erkenntnisse sind erstens für die unterschiedlichsten psychologischen Arbeitsfelder (Unternehmensberatung, Laufbahnentwicklung und Coaching) im Bereich Beratung und Therapie mit beruflichprivat liierten Paaren relevant. Zweitens besteht eine Relevanz für die Unternehmerverbände in der Hotel- und Gastronomiebranche sowie für andere dienstleistungsorientierte Branchen. Paare gehen häufig euphorisch an das Projekt Zusammen-leben-und-arbeiten heran. Eine fundierte diagnostische Abklärung bezüglich der Eignung, eine umfassende Beratung und Information über Sonnen- und Schattenseiten, über Risiken und Nebenwirkungen, soll präventiv zum langfristigen Erfolg der Paarbeziehung und der Unternehmung beitragen. Drittens bietet die vorliegende Studie Banken und Investorengruppen psychologische Einsichten in den Beziehungsalltag des ›Hotelpaares‹. Hotelpaare arbeiten bezüglich Kreditvergabe häufig mit diesen Institutionen zusammen. Das Verständnis seitens dieser Vertragspartner für die Multidisziplinarität der (Unternehmer-)Paare und der erweiterte Blick für die persönlichen und beruflichen Beziehungsaspekte und für allfällige Konsequenzen sollen einem Verhaften bei den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen vorbeugen bzw. entgegenwirken.

100

6

NACHWORT

Die intensive Auseinandersetzung mit den ›Hotelfrauen‹ und mit dem vorliegenden Thema war eine sehr spannende, herausfordernde Aufgabe, die mir grosse Freude bereitet hat. Insbesondere waren die persönlichen Begegnungen mit den Lebenswelten der an der Studie beteiligten Frauen und die darauffolgende Analyse ihrer Partnerschaftsbiografien sehr bereichernd. Auch der Austausch mit Menschen aus Fachkreisen sowie mit Menschen aus meinem persönlichen Umfeld hat mich inspiriert. Ich spürte, dass das Interesse für die berufliche, persönliche und emanzipatorische Entwicklung und für die Rolle der Frau in der privat-beruflichen Partnerschaft, sei es nun als Ehefrau, Partnerin, Mami oder als Vorgesetzte und Eigentümerin, (nicht nur) Frauen positiv bewegt, zu Ideen anregt und interessiert. Eine ›Hotelfrau‹ hat gesagt: »Wir verkaufen nicht Betten, sondern wir verkaufen Emotionen und Gefühle und wir geben dem Gast das Gefühl, dass er zwar nicht in eine Familie, aber doch in etwas Privates kommt, wenn er sich das dann wünscht. […] Was ich mir jetzt speziell für die Hotellerie wünschen würde, ist, dass das Modell nicht ausstirbt. […] Früher passierte es oft, dass die Frauen durch ihren Mann in die Hotellerie hineingerutscht sind und die haben dann irgendwie die Position der Gouvernante eingenommen, obwohl sie es nicht gelernt haben. Das hat wahrscheinlich ein bisschen dazu geführt, dass das Modell nicht wahnsinnig anerkannt wurde. […] Für mich persönlich war es immer wichtig zu sagen, dass ich eine Ausbildung habe. Dass ich das gelernt habe und dass ich darum kompetent bin. Ich bin nicht kompetent, weil ich mit diesem Mann verheiratet bin, sondern ich bin für mich als Person kompetent. Ich könnte auch jemand anders sein und würde auf dieser Position trotzdem bestehen.« In diesem Sinne hoffe ich, dass die vorliegende Arbeit einen kleinen Beitrag leistet zur Stärkung der Vielfalt weiblicher Ressourcen, zur differenzierten Wahrnehmung der Symmetrien und Asymmetrien, die durch die Verbindung von Liebe und Beruf entstehen. Diese Arbeit bildet den Abschluss meines berufsbegleitenden Psychologiestudiums. Es waren fünf, ja nahezu sechs intensive, bereichernde Arbeits- und Lernjahre. Mit grosser Dankbarkeit und Zufriedenheit blicke ich zurück … und mit viel Freude und Leidenschaft für meinen Beruf vorwärts!

101

7

ABSTRACT

Diese explorative Studie erörtert am Beispiel der Hotelbranche die Paarbeziehung jener Frauen, die gemeinsam mit ihrem (Ehe-)Partner leben und in leitender Funktion ein Unternehmen führen. Auf dem Hintergrund der drei Lebenswelten ›Partnerschaft‹, ›Organisation‹ und ›Frau‹ werden vier Themenbereichen erörtert: Ressourcen und Synergien; Belastungen und Konflikte; Rollen- und Aufgabenverteilung; Beziehungsqualität und Beziehungsstabilität. Die theoretischen Grundlagen beleuchten aus sozial-, arbeits- und organisationspsychologischer sowie aus soziologischer Perspektive die Paarbeziehungsforschung, die Beziehungsforschung am Arbeitsplatz und die Geschlechter- und Genderforschung. Der empirische Teil umfasst eine qualitative, inhaltsanalytische Auswertung von fünfzehn halbstrukturierten Interviews und eine quantitative Kurzanalyse des Arbeitsfelds. Wichtige Ergebnisse sind: Die Verbindung von Arbeit und Liebe setzt Energien frei und fördert Zweisamkeit; Die gemeinsame Unternehmensführung und Lebensgestaltung fördert und fordert die gegenseitige Persönlichkeitsentwicklung; Beziehungsqualität und Beziehungsstabilität gehen einher mit der individuellen und paarspezifischen Entfaltung der Kommunikations- und Problembewältigungskompetenz; Wertschätzung und Respekt sind zentrale Werte; Die Grenze zwischen Privat- und Berufssphäre ist durchlässig und stellt eine Herausforderung dar für die Partnerschaft; Klar aufgeteilte Aufgaben und Kompetenzen fördern die Beziehungszufriedenheit; ›Hotelfrauen‹ mit Kindern sind allein- oder hauptverantwortlich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf; Es existiert ein chronischer Mangel an Zeit und Musse für sich, für das Paar-Sein und für das soziale Umfeld. Die Studie ›Im Beruf und im Leben ein Paar‹ bietet Paaren, Fachpersonen in Beratung und Therapie sowie Branchenverbänden Impulse für die Praxis und zeigt Hypothesen für den Forschungsbedarf auf.

102

8

LITERATURVERZEICHNIS

ALLPORT, G. (1954). The historical background of modern social psychologie. In G. Lindzey (Ed.), Handbook of Social Psychology (pp 3-56). Cambridge, MA: Addison-Wesley. ARONSON, E., WILSON, T. D. & AKERT, R. M. (2008). Sozialpsychologie. München: Pearson Studium. ASENDORPF, J. & BANSE, R. (2000). Psychologie der Beziehung. Bern: Verlag Hans Huber. BARTHOLOMEW, K. (1990). Avoidence of intimacy: An attachment perspective. Journal of Social and Personal Relationships, 7, 147-148. BECKER, G. S. (1976). The economic approach to human behavior. Chicago: University of Chicago Press. BERSCHEID, E., SNYDER, M. & OMOTO, A. M. (1989). The relationship closeness inventory: Assessing the closeness of interpersonal relationships. Journal of Personality and Social psychology, 57, 792-807. BIELBY, W. & BARON, J. (1987). Undoing discrimination : Job integrations ans comparable worth. In C. Bose & G. Spitze (Eds.), Ingredients for women’s employment policy (pp. 211-229). Albany: State University of New York Press. BIERHOFF, H. W. (2003). Dimensionen enger Beziehungen. In I. Grau & H. W. Bierhoff (Hrsg.), Sozialpsychologie der Partnerschaft (S. 258-284). Berlin; Heidelberg: Springer-Verlag. BIERHOFF, H. W. & GRAU, I. (1997). Dimensionen enger Beziehungen: Entwicklung von globalen Skalen zur Einschätzung von Beziehungseinstellungen. Diagnostica 1997, 43, (3), 210–229. Göttingen: Hogrefe-Verlag. BIERHOFF, H. W. & GRAU, I. (1999). Romantische Beziehungen: Bindung, Liebe, Partnerschaft. Bern; Göttingen; Toronto; Seattle: Verlag Hans Huber. BIERHOFF, H. W. & GRAU, I. (2003). Einführung. In I. Grau & H. W. Bierhoff (Hrsg.), Sozialpsychologie der Partnerschaft (S. 1-10). Berlin; Heidelberg: Springer-Verlag. BIERHOFF, H. W. & ROHMANN, E. (2009). Persönliche Beziehungen aus sozialpsychologischer Sicht. In K. Lenz, F. Nestmann (Hrsg.), Handbuch Persönliche Beziehungen (S. 49–74). Weinheim; München: Juventa. BODENMANN, G. (2000). Stress und Coping bei Paaren. Bern: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG. BODENMANN, G. (2003). Die Bedeutung von Stress für die Partnerschaft. In I. Grau & H. W. Bierhoff (Hrsg.), Sozialpsychologie der Partnerschaft (S. 481-504). Berlin; Heidelberg: Springer-Verlag.

103

BODENMANN, G. (2005). Beziehungskrisen. Erkennen, verstehen und bewältigen. Bern: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG. BODENMANN, G. (2007). Stress und Partnerschaft. Gemeinsam den Alltag bewältigen. Bern: Verlag Hans Huber, Hogrefe AG. BODENMANN, G., MEYER, J., BINZ, G. & BRUNNER, L. (2004). Eine deutschsprachige Replikation der Paartypologie von Gottmann. Zeitschrift für Familienforschung. Heft 2, S. 178-193. BOWLBY, J. (1969; 1975). Bindungen. München: Kindler. BRANDTSTÄDTER, J. & FELSER, G. (2003). Entwicklung in Partnerschaften. Risiken und Ressourcen. Bern: Verlag Hans Huber. BÜRGISSER, M. (2006). Egalitäre Rollenteilung. Erfahrungen und Entwicklungen im Zeitverlauf. Zürich; Chur: Rüegger Verlag. BUNDESAMT FÜR STATISTIK (BFS) (2008). Auf dem Weg zur Gleichstellung von Frau und Mann. Stand und Entwicklung [On-line]. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik. Available: www.bfs.admin.ch BURRELL, A. (1984). Sex and organizational analysis. Organization Studies, 5, 97-118. CLARK, M. S. & MILLS, J. (1993). The difference between communal and exchange relationships: What it is and is not. Personality and Social Psychology Bulletin, 19, 684-691. COCKBURN, C. & ORMROD, S. (1997). Wie Geschlecht und Technologie in der sozialen Praxis »gemacht« werden. In I. Dölling & & B. Krais (Hrsg.), Ein alltägliches Spiel. Geschlechterkonstruktionen in der sozialen Praxis (S. 17-48). Frankfurt a. M.: Suhrkamp. DETTMER, S. (2008). Alltägliche und biographische Synchronisation partnerschaftlicher Lebensläufe. In Y. Haffner, B. Krais (Hrsg.), Arbeit als Lebensform? Beruflicher Erfolg, private Lebensführung und Chancengleichheit in akademischen Berufsfeldern (S. 129-153). Frankfurt/Main: Campus Verlag GmbH. DEAUX, K. & LAFRANCE, M. (1998). Gender. In D. T. Gilbert, S. Fiske & G. Lindzey (Hrsg.), The handbook of social psychology (4th ed., pp. 788-827). New York: McGraw Hill. DIEKMANN, A. (2004). Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag. GASKA, A. & FREY, D. (1992). Berufsbedingte Rollenbeziehungen. In A. E. Auhagen & M. v. Salisch (Hrsg.), Zwischenmenschliche Beziehungen (S. 279-298). Göttingen: Hogrefe. GIRTLER, R. (1984). Methoden der qualitativen Sozialforschung. Anleitung zur Feldarbeit. Wien; Köln; Graz: Verlag keine Angabe.

104

GOTTMANN, J. M. (1993a).The roles of conflict engagement, escalation, and avoidance in Marital interaction: A longitudinal view of five types of couples. Journal of Consulting and Clinical Psychologie, 61, 6-15. GOTTMANN, J. M. (1993b). A theory of marital dissolution and stability. Journal of Family Psychology, 7, 57-75. GOTTMANN, J. M. (1994). What predicts divorce? The relationship between marital processes and marital outcomes. Hillsdale, NJ : Lawrence Erlbaum Associates. GOTTMANN, J. M., COAN, J., CARRERE, S. & SWANSON, C. (1998). Predicting marital Happiness and stability from newlywed interactions. Journal of Marriage and the Family, 60, 5-22. GRAU, I. (2005). Stand und Perspektiven der Paarbeziehungsforschung. In E. H. Witte (Hrsg.), Entwicklungsperspektiven der Sozialpsychologie (S. 59–76). Lengerich: Pabst Science Publishers. HAHLWEG, K., KLANN, N. & HANK, G. (1992). Zur Erfassung der Ehequalität: Ein Vergleich der »Dyadic Adjustment Scale« (DAS) und des »Partnerschaftsfragebogens« PFB. Diagnostica, 38, 312-327. HANNOVER, B. (2010). Sozialpsychologie und Geschlecht: die Entstehung von Geschlechtsunterschieden aus Sicht der Selbstpsychologie. In G. Steins (Hrsg.), Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S. 28-42). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. HARDING, S. (1990). Feministische Wissenschaftstheorie. Hamburg: Verlag keine Angabe. HAZAN, C. & SHAVER, P.R. (1987). Romantic love conceptualized as an attachment process. Journal of Personality and Social Psychology, 52, 511-524. HEIDBRINK, H., LÜCK, H. E. & SCHMIDTMANN, H. (2009). Psychologie sozialer Beziehungen. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer. HENDERSON, M. & ARGYLE, M. (1985). Social support by four categories of work colleagues: Relationships between activities, stress and satisfaction. Journal of Occupational Behavior, 6, 229-239. HENDRICK, C. & HENDRICK, S. S. (2000). Close relationships: A sourcebook. Thousand Oaks, CA: Sage. HILL, R. (1949). Families under stress. New York: Harper. HOFER, M. (2002). Theoretische Ansätze in der Familienpsychologie. In M. Hofer, E. Wild & P. Noack: Lehrbuch Familienbeziehungen. Eltern und Kinder in der Entwicklung (S. 28-49). Göttingen: Hogrefe-Verlag. HOTELLERIESUISSE GRAUBÜNDEN HSGR (2009)

Available: htpp://www.hsgr.ch

[On-line].

105 HOTELLERIESUISSE BERN (2009). Hotelführer [On-line].

Available: htpp://www.swisshotels.com KARNEY, B. R. & BRADBURY, T. N. (1995). The longitudinal course of marital quality und stability: A review of theory, method and research. Psychological Bulletin, 118, 3-34. KELLEY, H. H. & BERSCHEID, E. ET AL. (1983). Close relationships. New York: W. H. Freeman. KLUGE, F. (2002). Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache 24. Auflage. Berlin; New York: Walter de Gruyter GmbH & Co. KG. KUCKARTZ, U., DRESING, T., RÄDIKER, S. & STEFER, C. (2008). Qualitative Evaluation. Der Einstieg in die Praxis. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. LAESSER, C. (2009). Hoteltypen. In hotelleriesuisse (Hrsg.), Jahrbuch der Schweizer Hotellerie 2009 (S. 99–102). Bern: hotelleriesuisse und Zürich: Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit. LAMNEK, S. (2005). Qualitative Sozialforschung. Weinheim, Basel: Beltz Verlag. LAZARUS, R. S. & FOLKMAN, S. (1984). Stress, appraisal, and coping. New York: Springer. LEE, J. A. (1976). The colors of love. Englewood Cliffs. NJ: Prentice-Hall. LENZ, K. (2006). Soziologie der Zweierbeziehung. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. LINNEWEH, K. (2002). Stresskompetenz. Weinheim: Beltz. LÖSEL, F. & BENDER, D. (2003). Theorien und Modelle der Paarbeziehung. In I. Grau & H.W. Bierhoff (Hrsg.), Sozialpsychologie der Partnerschaft. (S. 43–75). Berlin; Heidelberg: Springer-Verlag. MAYRING, P. (2008). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim; Basel: Beltz Verlag. MCCUBBIN, H. I. & PATTERSON, J. M. (1983). The family stress process: The double ABCX Model of adjustment and adaptation. Marriage and Family Review, 6, 7-37. MIKULA, G. & STROEBE, W. (1991). Theorien und Determinanten der zwischenmenschlichen Anziehung. In M. Amelang, H-J. Ahrens & H. W. Bierhoff (Hrsg.), Attraktion und Liebe. Formen und Grundlagen partnerschaftlicher Beziehungen (S. 61-104). Göttingen: Hogrefe. NENTWICH, J. C. & STANGL-MESEKE, M. (2010). Von „Frauen in Führungspositionen“ zu „doing gender at work“? Konzeptualisierungen von Geschlecht in der deutschsprachigen Arbeits- und Organisationspsychologie. In G. Steins (Hrsg.), Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung (S. 327-349). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

106

NEUBERGER, O. (1993). Beziehungen zwischen Kolleg(inn)en. In A. E. Auhagen, M. von Salisch (Hrsg.), Zwischenmenschliche Beziehungen (S. 256-278). Göttingen: Hogrefe Verlag für Psychologie. PERLMAN, D. & DUCK, S. (1987). Intimate relationships: Development, dynamics, and Deterioration. Newbury park, CA: Sage. PLEISS, C. & RESCH, M. (2003). Arbeit und Arbeitsforschung in der Psychologie aus Feministischer und genderorientierter Sicht. Expertise im Auftrag des vom BMBF geförderten Projekts GENDA [On-line]. Marburg: GendA – Netzwerk feministischer Arbeitsforschung am Institut für Politikwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Available: htp://www.gendanetz.de/files/document44.pdf RUSBULT, C. E. (1980). Commitment and satisfaction in romantic associations: A test of the Investment model. Journal of Experimental Social Psychologie, 16, 172-186. RUSBULT, C. E. (1983). A longitudinal test of the investment model : The development (and deterioration) of satisfaction and commitment in heterosexual involvements. Journal of Personality and Social Psychologie, 45, 101-117. RUSBULT, C. E., DRIGOTAS, S. M. & VERETTE, J. (1994). The investment model: an interdepance analysis of commitment processes and relationship maintenance phenomena. In D. J. Canary & L. Stafford (Eds.). Communication and relational maintenance (pp. 115-139). San Diego: Academic Press. SICKENDIEK, U. (2009). Persönliche Beziehungen am Arbeitsplatz. In K. Lenz & F. Nestmann (Hrsg.), Handbuch Persönliche Beziehungen (S. 465-487). Weinheim, München: Juventa. SIMON, F. B. (2005) (Hrsg.). Die Familie des Familienunternehmens. Ein System zwischen Gefühl und Gesellschaft. Heidelberg: Carl-Auer Verlag. SOLGA, H. & WIMBAUER, C. (2005) (Hrsg.). „Wenn zwei das Gleiche tun …“ Ideal und Realität Sozialer (Un-)Gleichheit in Dual Career Couples. Opladen: Verlag Barbara Budrich. STEINS, G. (2010) (Hrsg.). Handbuch Psychologie und Geschlechterforschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. STERNBERG, R. J. (1986). A triangular theory of love. Psychological Review, 93, 119-135. STEWART, N. (1985). Winning friends at work. New York: Ballantine Books. STRUB, S. & BAUER, T. (2002). Wie ist die Arbeit zwischen den Geschlechtern verteilt? Eine Untersuchung zur Aufteilung von unbezahlter und bezahlter Arbeit in Familien in der Schweiz und im internationalen Vergleich [On-line]. Bern: Eidg. Büro für die Gleichstellung von Mann und Frau. Available: htpp://www.fairplay-at-home.ch STÜRMER, S. (2009). Sozialpsychologie. München; Basel: Ernst Reinhardt Verlag. THIBAUT, J. W. & KELLEY, H. H. (1959). The social psychology of groups. New York: Wiley.

107

WALSTER, E., WALSTER, G. W. & BERSCHEID, E. (1978). Equity: Theory and research. Boston: Allyn and Bacon. WEINERT, A. B. (2004). Organisations- und Personalpsychologie. Weinheim; Basel: Beltz Verlag. WETTERER, A. (1995). Das Geschlecht (bei) der Arbeit. Zur Logik der Vergeschlechtlichung von Berufsarbeit. In U. Pasero & F. Braun (Hrsg.), Konstruktion von Geschlecht (S. 199-223). Pfaffenweiler: Centaurus Verlags Gesellschaft. WITZEL, A. (1989). Das problemzentrierte Interview. In G. Jüttemann (Hrsg.), Qualitative Forschung in der Psychologie. Grundfragen,Verfahrensweisen, Anwendungsfelder (S. 227-255). Heidelberg: Roland Asanger Verlag.

108

9

FOTONACHWEIS

Das Foto auf Seite 8 zeigt die ›Hotelfrau‹ Rita Miggiano-Köferli mit ihrer Familie. Gemeinsam mit ihrem Mann Domenico Miggiano führt sie seit dem Jahr 2000 den Landgasthof Löwen in Bubikon. Die beiden haben zwei Söhne, Alessio und Leandro. Mehr Informationen zum Landgasthof in Bubikon: www.loewenbubikon.ch

Eine Anmerkung aus Datenschutzgründen: Frau Rita Miggiano-Köferli hat nicht als Probandin an der empirischen Studie teilgenommen.

1

10

ANHANG

1

10.1 10.2

Soziale und Psychologische Prozesse nach STÜRMER (2009) Bedingungen der Partnerschaftsqualität und -stabilität: Ein Rahmenmodell nach BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003) Überblick Forschungsperspektiven Geschlechterforschung nach NENTWICH UND STANGEL-MESEKE (2010) in Anlehnung an MAIHOFER (2004) Anfrage zur Unterstützung bei der Suche nach Probandinnen Checkliste Interviewdurchführung Kurzfragebogen für die Interviewpartnerinnen Einwilligungserklärung Gesprächsleitfaden Interview Formular Aufgaben bei der Arbeit Formular Aufgaben zu Hause Gesamtübersicht Kodierung Kodierleitfaden - Ressourcen und Synergien im Beziehungsalltag Kodierleitfaden - Herausforderungen und Defizite im Beziehungsalltag Kodierleitfaden - Mann und Frau bei der Arbeit: Aufgaben und Rollen Kodierleitfaden - Entwicklung der Partnerschaft im Laufe der Zeit Kodierleitfaden - Unternehmen und Gesellschaft Themenkärtchen mit zusammenfassenden ›Melodien‹ Gesamtauswertung Managementaufgaben Gesamtauswertung Aufgaben bei der Arbeit Gesamtauswertung Aufgaben zu Hause

2

10.3 10.4 10.5 10.6 10.7 10.8 10.9 10.10 10.11 10.12 10.13 10.14 10.15 10.16 10.17 10.18 10.19 10.20

3 4 5 6 7 9 10 12 14 16 20 28 47 53 58 62 64 65 66

2

10.1

SOZIALE UND PSYCHOLOGISCHE PROZESSE NACH STÜRMER (2009)

ÖKONOMISCHE, STRUKTURELLE UND POLITISCHE PROZESSE Makroebene (z.B. ökonomische Ungleichheiten zwischen Gruppen)

(z.B. sozialer Wandel)

SOZIALE PROZESSE Mesoebene (z.B. kollektive Interpretation als sozialer Missstand)

(z.B. kollektives Handeln)

SOZIALPSYCHOLOGISCHE ANALYSE Mikroebene

PSYCHOLOGISCHE PROZESSE (z.B. ökonomische Ungleichheiten zwischen Gruppen)

(z.B. individuelle Entscheidungen)

3

10.2

BEDINGUNGEN DER PARTNERSCHAFTSQUALITÄT UND –STABILITÄT: EIN RAHMENMODELL NACH BRANDTSTÄDTER UND FELSER (2003)

Merkmale der Partner Trennungsbarrieren

-Persönlichkeit -Temperament -Ziele -Werthaltungen -Kompetenzen

Adaptive Ressourcen

Partnerschaftsqualität

Partnerschaftsstabilität

Kontextfaktoren -Ereignisse -Lebensbedingungen -soziales Umfeld -Herkunft

Attraktivität von Alternativen

4

10.3

ÜBERBLICK FORSCHUNGSPERSPEKTIVEN GESCHLECHTERFORSCHUNG NACH NENTWICH UND STANGEL-MESEKE (2010) IN ANLEHNUNG AN MAIHOFER (2004) Annahmen über Geschlecht Unterschiedliche Standpunkte (und Sozialisationserfahrungen)

Forschungsfokus

Kritik

Leben, Handeln, Fühlen, Erleben von Frauen

An einer rein männlichen Perspektive als objektiv und allgemein

Männerforschung

Unterschiedliche Standpunkte und Sozialisationserfahrungen

Leben, Handeln, Fühlen, Erleben von Männern

An einer rein männlichen Perspektive als objektiv und allgemein, Betonung der Wichtigkeit von Unterschieden zwischen Männern

Geschlechterverhältnisforschung

Historische und soziale Kategorie

Gesellschaftliche Verhältnisse zwischen Männern und Frauen, Beschreibung der Strukturen und Verhältnisse, die Unterschiede erzeugen

An einer reinen Fokussierung auf nur Männer und nur Frauen

Geschlechterforschung

Konstruiert in sozialen Interaktionsprozessen

Konstruktionsprozesse (Interaktion, Handeln, Sprache, Diskurse, Symbole)

An Geschlecht als zentralem gesellschaftlichen Organisations- und Herrschaftsprinzip

Frauenforschung

5

10.4

ANFRAGE ZUR UNTERSTÜTZUNG BEI DER SUCHE NACH PROBANDINNEN

Lianne Fravi Riedstrasse 4a 8908 Hedingen Telefon P 044 760 32 21 Telefon G 044 760 52 18

Hedingen, 25. September 2009

PROBANDINNENSUCHE FÜR INTERVIEWS

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Bekannte und Verwandte, liebe Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten im Zusammenhang mit der Diplomarbeit, welche ich im nächsten Halbjahr im Rahmen meines fünfjährigen berufsbegleitenden Psychologiestudiums an der Zürcher Hochschule für Angewandte Psychologie (ZHAW) zu schreiben habe. Mein Thema lautet: Zusammen leben und zusammen arbeiten: Eine explorative Studie zum partnerschaftlichen Erleben und Gestalten aus Sicht der ›Hotelfrau‹ (Arbeitstitel). Für den empirischen Teil der Arbeit suche ich Frauen, die folgende Kriterien erfüllen: • Die Frau lebt und arbeitet seit mehr als ca. 3-5 mit ihrem Partner oder mit ihrer Partnerin zusammen. • Sie ist mindestens zu ca. 80% berufstätig und • sie führt gemeinsam mit ihrem Partner/mit ihrer Partnerin einen Hotelbetrieb oder eine hotelähnliche Unternehmung (Jugendherberge, Gasthaus, Pension etc.) in leitender Funktion. Sollte jemand von Ihnen eine Frau kennen, auf welche diese Bedingungen zutreffen, so wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie die betreffende Person fragen könnten, ob sie bereit wäre, bei dieser Studie mitzumachen. Oder vielleicht sind Sie selber interessiert? Um die spezifischen Charakteristika einer solchen Tandembeziehung aus Sicht der ›Hotelfrau‹ erörtern zu können, sind Fragen zu folgenden Themen zentraler Bestandteil des Interviews: Ressourcen und Herausforderungen; Rollen- und Aufgabenteilung; Qualität und Stabilität der Partnerschaft. Die Interviews (max. ca. 2 Stunden) werden im Zeitraum November 2009–Januar 2010 durchgeführt. Für die Auswertung werden die Gespräche auf Band aufgezeichnet, in der Diplomarbeit selbst jedoch erscheinen sämtliche Daten anonymisiert. Ich sichere meinen Interviewpartnerinnen selbstverständlich absolute Diskretion zu. Falls Sie geeignete Frauen kennen, wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diese auf mein Vorhaben ansprechen und mir mit deren Einwilligung Name, Adresse und Telefonnummer bekannt geben. In einem weiteren Schritt werde ich mit den möglichen Interviewpartnerinnen Kontakt aufnehmen. Interessierte Frauen können mich selbstverständlich auch sehr gerne direkt kontaktieren. Ich hoffe, auf diesem Weg meine Probandinnen zu finden und bedanke mich bereits im Voraus ganz herzlich für Ihre Bemühungen und für Ihre wertvolle Unterstützung. Gerne stehe ich auch für weitere Auskünfte zur Verfügung. Herzliche Grüsse

Lianne Fravi

6

10.5

1.

CHECKLISTE INTERVIEWDURCHFÜHRUNG

VORBEREITUNG •

Material bereitstellen:

- MP3-Player für Tonbandaufnahme - Ersatzbatterien - Kleines Mitbringsel für jede Interviewpartnerin - Formular Datenschutz - Formular „Aufgaben bei der Arbeit“ und „Aufgaben zu Hause“ - Interviewleitfaden und Schreibutensilien •

2.

Testdurchlauf mit kurzer Probeaufnahme

DURCHFÜHRUNG •

Begrüssung und kurze Information über die Diplomarbeit und das gewählte Thema



Mich kurz vorstellen



Einverständnis für die Aufzeichnung einholen mit dem Hinweis auf die Transkription und die Anonymisierung der Daten



Allenfalls offene Fragen (z.B. zur Methodik oder Publikation) beantworten



MP3-Player installieren



Aufnahme starten mit Angaben zu Datum, Ort, Name und Zeit

3.

INTERVIEW GEMÄSS LEITFADEN (HALBSTRUKTURIERT)

4.

ABSCHLUSS •

Aufnahmegerät abstellen



Danke für die Mitarbeit und Mitbringsel überreichen



Angaben zur Terminplanung machen (Wann die Resultate in etwa erwartet werden dürfen, sofern sie gewünscht werden; Exemplar der Diplomarbeit erwünscht?)



Verabschiedung



Aufnahme sichern

7

10.6

KURZFRAGEBOGEN FÜR DIE INTERVIEWPARTNERINNEN

INDIVIDUELLE UND PAARSPEZIFISCHE BERUFLICHE ASPEKTE Name:____________________________________________________________________________ Geburtsdatum/Alter: ______________________________________________________________ Beruf: ____________________________________________________________________________ Ausbildung/Weiterbildung: ________________________________________________________ Zivilstand: ________________________________________________________________________ Kinder (Geschlecht und Alter) __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________

Welches sind Ihre wichtigsten Aufgaben/Verantwortlichkeiten im Geschäft? __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________

Hauptaufgaben/Verantwortungsbereich Ihres Partners bzw. Ihres Mannes? __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________ __________________________________________________________________________________

Wie viele Stunden arbeiten Sie durchschnittlich pro Woche? __________________________________________________________________________________ Seit wann besteht dieses Pensum? __________________________________________________________________________________ Wie viele Stunden arbeitet Ihr Partner durchschnittlich pro Woche? _________________________________________________________________________________

8

UNTERNEHMERISCHE ASPEKTE Kategorie (Sterne gemäss hotelleriesuisse, Gault Millau-Punkte etc.)? __________________________________________________________________________________

Art des Betriebes (z.B. Seminarhotel, Ferienhotel, Wellnesshotel, Ausflugsrestaurant, Gourmetrestaurant etc.)? __________________________________________________________________________________

Wie ist die betriebliche Kapazität? Anzahl Betten:_____________ Anzahl Zimmer:____________ Anzahl Sitzplätze:____________

Wie viele Mitarbeitende sind bei Ihnen angestellt? Teilzeit: __________

Vollzeit: __________

Öffnungszeiten und Betriebsferien?

□ Ganzjahresbetrieb

□ Saisonbetrieb: □ Sommer □ Winter

Betriebsferien: _______________ Wochen pro Jahr

Eigentumsverhältnisse:

□ Hotel im eigenen Besitz □ Mieterverhältnis □ Anstellungsverhältnis

□ beides

9

10.7

EINWILLIGUNGSERKLÄRUNG

Hedingen, im Herbst 2009

INFORMATIONSBLATT ZUM VERBLEIB IHRER ERZÄHLUNGEN

Liebe Interviewpartnerin Ich informiere Sie über das Forschungsprojekt, für das ich Sie gerne interviewen möchte, und über mein entsprechendes Vorgehen. Der Datenschutz verlangt Ihre ausdrückliche und informierte Einwilligung, dass ich das Interview speichern und auswerten darf. Die Forschung findet im Rahmen meiner Diplomarbeit (Abschlussarbeit) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, ZHAW, Zürich statt. Ich unterliege der Schweigepflicht und bin auf das Datengeheimnis verpflichtet. Die Arbeit dient allein wissenschaftlichen Zwecken. Anonymisierung: Ihr Name wird verändert. Alle Altersangaben werden um zwei bis drei Jahre nach unten oder oben verändert. Handhabung der Daten: Ich gehe sehr sorgfältig mit dem Erzählten um: Das Gespräch wird aufgenommen, anschliessend abgetippt und nach Abschluss der Arbeit gelöscht. Zitate: In die Diplomarbeit können einzelne Zitate eingehen, selbstverständlich ohne dass erkennbar ist, von welcher Person sie stammen. Ich bedanke mich für Ihre Bereitschaft, mir Auskunft zu geben und freue mich auf ein interessantes Gespräch.

Unterschrift: ………………..

Datum: ………………..

Einwilligungserklärung Ich bin über das Vorgehen bei der Auswertung des persönlichen Interviews informiert worden. Unter obigen Bedingungen erkläre ich mich bereit, das Interview zu geben und bin damit einverstanden, dass es auf Band aufgenommen, abgetippt, anonymisiert und ausgewertet wird. Unterschrift: ………………..

Datum: ………………..

10

10.8

GESPRÄCHSLEITFADEN INTERVIEW

EINFÜHRUNG IN DAS THEMA •

Seit wann sind Sie mit Ihrem Mann verheiratet resp. mit Ihrem Partner zusammen?



Haben Sie Kinder? Wie alt sind Ihre Kinder?



Wohnen Sie im Hotel?



Leben und/oder arbeiten noch andere Familienmitglieder im Hotel (z.B. Eltern, Schwiegereltern, Geschwister)?



Welchen Beruf haben Sie gelernt? Weiterbildungen?



Wie haben Sie Ihren Mann bzw. Ihren Partner kennengelernt?



Wie lange arbeiten Sie nun bereits zusammen? Und wie lange bereits in einer Leitungsfunktion?



Können Sie mir kurz schildern, wie es zu diesem Schritt gekommen ist?



Wie sehen Sie grundsätzlich die Rolle der Frau und die Rolle der Familie heute? Und was denken Sie, ist die Rolle des Mannes?

THEMENACHSE RESSOURCEN UND SYNERGIEN •

Sie arbeiten und leben zusammen mit Ihrem Partner bzw. mit Ihrem Mann. Was schätzen Sie an Ihrer Partnerschaft?



Entsteht für Sie ein »Mehrwert« im Vergleich mit Paaren, die nicht am gleichen Arbeitsplatz arbeiten?



Welche Aspekte vermissen Sie oder worauf müssen Sie verzichten?



Wie erleben Sie die ›Rund-um-die-Uhr-Nähe‹ zu Ihrem Mann bzw. zu Ihrem Partner?



Was lernen Sie von Ihrem Partner bzw. von Ihrem Mann? Was lernt er von Ihnen?



Wie können Sie diese gegenseitig erlernten Kompetenzen anderweitig nützen? Beispiele?



Zahlreiche Hotels werden von Paaren geführt. Was bringt ein solches Führungstandem der Unternehmung?

THEMENACHSE QUALITÄT UND STABILITÄT •

Wie würden Sie Ihre Beziehung charakterisieren?



Wie hat sich Ihre Beziehung im Laufe der Zeit verändert?



Wenn Sie auf die vergangenen Jahre zurückblicken, welche Momente erinnern Sie dann als wirklich gute Zeit?



Und welche Zeit in Ihrer Beziehung erlebten Sie als schwierig oder schwer?



Woran haben Sie gearbeitet, was haben Sie investiert? Was sind Sie sich sozusagen »schuldig« geblieben?



Durch was oder wie, denken Sie, würde Ihre Beziehung in dieser besonderen Konstellation Gefahr laufen aus den Fugen zu geraten? Worauf achten Sie?



Gibt es in Ihrer Beziehung Rituale? Welche? Gibt es gemeinsame Aktivitäten in der Freizeit? Welche?

11

THEMENACHSE HERAUSFORDERUNGEN, KONFLIKTE UND BELASTUNGEN •

Bei welchen Themen oder Gegebenheiten sind Sie im Alltag unterschiedlicher Auffassung?



Wie gehen Sie miteinander um bei Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten?



Wie bewältigen Sie eine solche Situation? Wie erleben Sie dabei Ihre Kommunikation?



Wie wirkt sich dies im Alltag auf die private Beziehung aus? Und umgekehrt?



Entstehen durch die Wechselwirkung Arbeit–Privatleben noch andere Herausforderungen oder Belastungen? Wie bewältigen Sie diese?

THEMENACHSE ROLLEN- UND AUFGABENVERTEILUNG ZWISCHEN MANN UND FRAU •

Auf was legen Sie Wert bei der Rollen- und Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau?



Was fordern Sie ein? Was bleibt auf der Strecke oder was würden Sie sich anders wünschen?



Gibt es Vereinbarungen oder Regeln, die Sie miteinander abgemacht haben? Gibt es Verhaltensweisen, die sich eingespielt haben? Welche?



Wie erleben Sie Gerechtigkeit und Fairness in Ihrer Beziehung? Gibt es Kompromisse, die Sie eingehen (müssen)?



Wie erleben Sie die Kombination der Rolle »Berufsfrau – Partnerin bzw. Ehefrau« am Arbeitsplatz und im Privatleben?



Inwiefern unterstützen oder behindern die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (z.B. Schule, Recht, Sozialversicherungen etc.) das von Ihnen praktizierte Rollenmodell?



Wie stellen Sie sich Ihre Zukunft vor? Möchten Sie das aktuell praktizierte Arbeits- und Lebensmodell längerfristig beibehalten oder Veränderungen vornehmen? Wenn ja, welche?

ZUSAMMENFASSUNG •

Drei Themenkärtchen und die Aufforderung, jedes Kärtchen mit einem Wort oder mit einem Satz zu ergänzen: »Zusammen leben und zusammen arbeiten gibt mir …« »Zusammen leben und zusammen arbeiten fordert von mir …« »Für mich und/oder für meine Beziehung wünsche ich mir …«



Angaben auf Raster eintragen lassen (Arbeitsteilung im Beruf und Arbeitsteilung zu Hause).

UND ZUM SCHLUSS Gibt es etwas, das Sie mir gerne noch mitteilen möchten? Gibt es ein Thema, das im Interview nicht angesprochen wurde, das für Sie persönlich jedoch von Bedeutung oder charakteristisch für Ihre Beziehung ist?

REFLEXION

12

10.9

FORMULAR AUFGABEN BEI DER ARBEIT

Bitte geben Sie an, wer die Verantwortung für die folgenden Aufgabenbereiche im Hotel hat: Aufgaben (-bereich) Etage Lingerie Küche Office Service Bankett- und Seminarwesen Einkauf -Food & Beverage - Non-Food Reception Marketing Gästebetreuung Öffentlichkeitsarbeit, PR, Kontakt mit Bergbahnen, Tourismusverein etc. Personalwesen (Verträge, Bewilligungen, Selektion, Administration) Zahlungsverkehr Buch- und Lohnbuchhaltung Salärwesen Technik, PC, Maschinen, Gebäudeunterhalt Concierge, Transportwesen Ambiente/Dekoration - Im Hotel (Pflanzen etc.) - Ausserhalb (Umgebung/Garten) Wellnessabteilung

Ich, die ›Hotelfrau‹

Mein Mann bzw. mein Partner

Bemerkungen

13

Wie schätzen Sie Ihren Anteil an die Managementaufgaben in % ein? Aufgaben (-bereich) Gesamtverantwortung Management in % Ausbildungsverantwortung Lernenden und Personalentwicklung der Mitarbeitenden in % Finanzielle Verantwortung und Budgetverantwortung in % Führung und Betreuung der Mitarbeitenden in % Qualitätsmanagement in %

Ich, die ›Hotelfrau‹

Mein Mann bzw. mein Partner

Bemerkungen

14

10.10 FORMULAR AUFGABEN ZU HAUSE Bitte geben Sie an, wie Sie die folgenden Haushalts- und Betreuungsaufgaben zu Hause bzw. in der Familie unter sich aufteilen Aufgaben (-bereich) Haushaltarbeiten

Einkaufen Kochen Abwaschen Sonstige Putzarbeiten Waschen Bügeln Flicken Reparaturen/Unterhalt Auto/Velopflege Pflege Pflanzen/Garten Verwaltung der Finanzen, Steuern, Versicherungen Abfallentsorgung Organisation des Wochenablaufs Andere Haushalttätigkeiten

Kinderbetreuung

Kinderbetreuung im Haus (inkl. Spielen) Mit den Kindern essen

Hausaufgabenhilfe

Zur Schule bringen Gemeinsame Freizeitgestaltung (extern)

Ich, die ›Hotelfrau‹

Mein Mann bzw. mein Partner

Bemerkungen

15

Aufgaben (-bereich) Kinder zu Freizeitaktivitäten bringen Mit den Kindern zum Arzt gehen Kinder zu Hausarbeit anleiten Kranke Kinder pflegen Kontakte mit Schule/Ausbildende/-r Andere Familienaufgaben

Kontaktpflege mit Verwandten/Bekannten (Einladungen, Geschenke organisieren, Geburtstage, Spitalbesuche etc.) Betreuung anderer Angehörigen (z.B Schwiegereltern oder Grosseltern) - im Haus - ausser Haus Gemeinsame Freizeitaktivitäten initiieren Betreuung Haustiere Gemeinsame Ferienplanung Andere nicht-berufliche Tätigkeiten

Ich, die ›Hotelfrau‹

Mein Mann bzw. mein Partner

Bemerk.

16

10.11 GESAMTÜBERSICHT KODIERUNG 4.2 RESSOURCEN UND SYNERGIEN IM BEZIEHUNGSALLTAG HAUPTKATEGORIE 4.2.1 Paarklima: Wir zwei haben’s schön miteinander

4.2.2 Partnerschaft in der Balance zwischen Privat- und Berufsleben

4.2.3 Das ›Hotelpaar‹ und seine Kinder

SUBKATEGORIE a) Gefühle von Zweisamkeit, Geborgenheit und Vertrauen

KODIERREGELN Positive Aussagen zu Gefühlen von Zweisamkeit, Geborgenheit und Vertrauen in der Partnerschaft.

b) Wertschätzung, Respekt, Verständnis

Positive Aussagen zu Wertschätzung, Respekt, gegenseitiges Verständnis in der Partnerschaft.

c) Liebe, Zärtlichkeit und Attraktion im Alltag

Positive Aussagen im Zusammenhang mit Liebe, Nähe, Zärtlichkeit.

d) Paarlauf: gemeinsam in die gleiche Richtung

Aussagen zu den bereichernden Aspekten der gemeinsamen beruflichen und privaten Zielrichtung.

a) Persönliche Work-LifeBalance

Aussagen zu Massnahmen und Strategien, welche auf eine Erhaltung bzw. Förderung der individuellen WorkLife-Balance hinweisen.

b) Zeit und Raum fürs Paar-Sein erleben

Aussagen zu Gefühlen, zu kleinen und grossen Massnahmen und Strategien, welche auf die bewusste Pflege des Paar-Seins im Alltag hinweisen.

c) Zeit und Raum, um die Familie und die Freunde zu erleben

Aussagen zu Gefühlen, Massnahmen und Strategien, welche auf die bewusste Pflege des Beziehungsnetzes hinweisen.

d) Zwischen der Privatund Berufssphäre ziehen wir als Paar eine Grenze

Art und Weise, wie das Paar oder die ›Hotelfrau‹ die Abgrenzung von der Privat- zur Arbeitssphäre für sich vollzieht.

a) Hotel und Kinder: Das geht sehr gut zusammen

Aussagen, welche die positiven Aspekte der Vereinbarkeit Kind und Hotel in den Vordergrund stellen.

b) Juhui! Papi und Mami arbeiten im Hotel: Identifikation mit dem Beruf der Eltern

Eltern als positive Darsteller ihrer beruflichen Funktion. Hinweise auf eine positive Identifikation der Kinder mit dem Unternehmen bzw. mit dem Beruf der Eltern.

17

4.3 HERAUSFORDERUNGEN UND DEFIZITE IM BEZIEHUNGSALLTAG HAUPTKATEGORIE 4.3.1 Berufs- und branchenbedingte Belastungen und Herausforderungen

4.3.2 Unterschiedliche Ansichten oder Wenn wir streiten, dann über’s Geschäft!

4.3.3 Mängelliste oder Das kommt in der Beziehung zu kurz

SUBKATEGORIE a) Fliessender Übergang von der Privat- zur Arbeitssphäre

KODIERREGELN Aussagen zu den verschwommenen Grenzen zwischen Privat- und Arbeitssphäre. In Bezug auf konkrete Gegebenheiten und in Bezug auf die Gefühle und Wahrnehmungen.

b) Das Unternehmen gibt den Rhythmus vor

Aussagen zu Folgen von Zwängen, die durch die Unternehmung, durch die Präsenz vor Ort entstehen.

c) Ängste und Befürchtungen der ›Hotelfrau‹

Hinweise auf konkrete Gedanken, Ängste, ungute Gefühle, die durch die privat-berufliche Partnerschaft entstehen.

a) Meinungsverschiedenheiten Ebene Organisation und Unternehmensführung

Aussagen zu beruflichen Auseinandersetzungen auf der Ebene der Organisation, inkl. Unternehmensführung, Mitarbeiterführung.

b) Meinungsverschiedenheiten Ebene Gleichwertigkeit und Achtung

Aussagen zu konkreten berufliche Meinungsverschiedenheiten als Ausdruck von mangelnder Gleichwertigkeit und Achtung.

c)Meinungsverschiedenheiten Ebene Familie und Kinder

Aussagen zu konkreten Auseinandersetzungen auf der Ebene Verwandtschaft (beruflich-privat) und auf der Ebene Kinder und Erziehung (privat).

d) ›Daily Hassles‹ oder Was mich manchmal nervt …

Kleine wiederkehrende Widrigkeiten im Alltag aufgrund eines gezeigten Verhaltens des (Ehe-)Partners.

a) Spüren eines Mangels an Paar-Sein und eines Mangels an Nähe

Konkrete Aussagen auf Paar-Ebene, welche auf Wünsche nach mehr Nähe, Liebe und mehr Zusammen-Sein hinweisen.

b) Spüren eines Mangels an Zeit für das FamilieSein und für die Beziehungspflege c) Mangel an Zeit für Hobby, Reisen, Kunst, Kultur, Sport, Weiterbildung

Konkrete Aussagen, welche auf Wünsche nach mehr Zeit für Kontakte mit Familie und Freunden hinweisen. Aussagen, welche auf ein Manko im Bereich der Freizeitbeschäftigung und Weiterbildung hinweisen.

18

4.3 HERAUSFORDERUNGEN UND DEFIZITE IM BEZIEHUNGSALLTAG HAUPTKATEGORIE

SUBKATEGORIE d) Mangel an Antrieb, Lust, Energie

KODIERREGELN Aussagen der ›Hotelfrau‹, welche auf Lethargie, auf eine individuelle oder paarspezifische Lust- und Antriebslosigkeit hinweisen.

4.3.4 Die ›Hotelfrau‹ und der tägliche Spagat zwischen Beziehung, Familie, Beruf

a) Spagat zwischen Partner, Familie, Beruf

Belastungen und Herausforderungen, die infolge der Doppelbelastung Familie und Beruf für die ›Hotelfrau‹ entstehen.

b) Verantwortung Kindererziehung

Aussagen der ›Hotelfrau‹ zur alleinigen oder hauptsächlichen Verantwortung für die Kindererziehung.

c) Wechselwirkung Kind und berufliche Tätigkeit der Eltern

Nachteilige Aspekte oder Kompromisse, die die Kinder der berufstätigen Eltern eingehen oder eingehen müssen.

a) Investition in die Partnerschaft

Aussagen zu physischen und psychischen Leistungen der ›Hotelfrau‹ als Investition in die Partnerschaft.

4.3.5 Bewältigungsstrategien

b) Paarkompetenz als Res- Paarspezifische Copingstrategien in source: Kommunizieren, belastenden Situationen. Akzeptieren, Distanzieren 4.4 MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT: AUFGABEN UND ROLLEN HAUPTKATEGORIE 4.4.1 Gestaltung der Arbeitsbeziehung

4.4.2 Wechselseitiges Lernen

SUBKATEGORIE a) Wer ist der Chef: Du, ich, wir?

KODIERREGELN Aussagen zur Ausgestaltung der Führungsrolle in der Unternehmung.

b) Ideologie: Mann und Frau als gleichwertige Partner

Aussagen zum gendergerechten Erleben und Verhalten in der Paarbeziehung.

c) Aufgaben und Kompetenzen als Leitplanken für die Partnerschaft d) Prozess der Aufgabenteilung

Gestaltung der Aufgaben- und Kompetenzenverteilung.

a) Von der Frau zum Mann

Kompetenztransfer von Frau zu Mann.

b) Vom Mann zur Frau

Kompetenztransfer von Frau zu Mann.

Aussagen dazu, wie die Teilung der Aufgaben und Kompetenzen zu Beginn oder im Laufe der Partnerschaft zustande gekommen ist.

19

4.5 ENTWICKLUNG DER PARTNERSCHAFT IM LAUFE DER ZEIT HAUPTKATEGORIE 4.5.1 Rückblick

4.5.2 Ausblick und Perspektiven

SUBKATEGORIE a) Persönliche und partnerschaftliche Entwicklung im Laufe der Zeit

KODIERREGELN Aussagen zur Entwicklung der Partnerschaft sowie Aussagen zur Stabilität und Qualität der Beziehung.

b) Ja, mit meinem Mann würde ich wieder zu sammen leben und arbeiten! c) Nein, lieber nicht mehr!

Konkretes Ja- Commitment der ›Hotelfrau‹.

a) Persönliche und berufliche Zukunftsprojekte der ›Hotelfrau‹

Konkretes Nein-Commitment der ›Hotelfrau‹. Aussagen zur individuellen und partnerschaftlichen Gestaltung des privatberuflichen Lebenslaufs.

4.6 UNTERNEHMEN UND GESELLSCHAFT HAUPTKATEGORIE 4.6.1 Wechselwirkung Partnerschaft - Unternehmen 4.6.2 Gedanken der Hotelfrau zu Frau, Familie und Gesellschaft

SUBKATEGORIE a) Vorteile für die Unternehmung

KODIERREGELN Angaben zu den vorteilhaften Aspekten der Tandembeziehung für die Unternehmung.

a) Rolle der Frau in Familie und Beruf

Allgemeine Aussagen zur Rolle der Frau in Familie, Beruf, Gesellschaft.

c) Rolle des Mannes in Familie und Beruf

Allgemeine Aussagen zur Rolle des Mannes in Familie, Beruf, Gesellschaft

c) Massnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Konkrete Beispiele, wie die Gesellschaft Frauen und Familien zu einer Entlastung bzw. Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen kann.

20

10.12 KODIERLEITFADEN - RESSOURCEN UND SYNERGIEN IM BEZIEHUNGSALLTAG RESSOURCEN ANKERBEISPIEL SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹ UND SYNERGIEN

PAARKLIMA: WIR ZWEI HABEN’S SCHÖN MITEINANDER Gefühle von »Es gibt mir ein beruhigendes Zweisamkeit, Gefühl, wenn er da ist. Ich merke, Geborgenheit wenn er auswärts ist, dann … Ich und Vertrauen gönne ihm das von Herzen und das gehört auch dazu und er muss auch weg. Auch dass er mindestens einmal in der Woche Golfen geht ist o.k., aber wenn er dann nicht hier ist, werde ich etwas zapplig. Das gibt mir ein beruhigendes Gefühl und auch ein vertrautes Gefühl. Er gehört einfach auch hier dazu. Das Haus und wir, das gehört einfach zusammen.« (B8)

Wertschätzung, Respekt und Verständnis

»Wir bringen uns einen grossen Respekt entgegen. Respekt im Umgang, Respekt und Verständnis, sind aber auch sehr herzlich. Ich kann wirklich sagen, ich liebe ihn immer noch von Herzen und umgekehrt auch. Dass wir eine gute Balance gefunden haben zwischen dem Geben und dem Nehmen und dass jeder zu sich findet.« (B4)

›Das Zusammensein gibt mir Zufriedenheit und er fühlt sich sicher, wenn ich da bin.‹ (B1) ›Zusammen leben und arbeiten gibt mir Sicherheit.‹ (B2) ›Zusammen leben und arbeiten gibt mir Halt und Motivation. Das Wichtigste ist das Vertrauen.‹ (B3) ›Es gibt mir ein gutes Gefühl und Zufriedenheit. Für mich stimmt’s.‹ (B4) ›Es gibt mir Gewissheit und es macht mich stolz.‹ (B5) ›Es gibt mir Wohlbefinden. Er steht mir so nah wie niemand sonst. Wir haben einen guten Austausch. Tiefes Vertrauen. Kennen uns blind.‹ (B6) ›Es ist immer ein Miteinander. Es ist für mich absolute Zufriedenheit.‹ (B7) ›Die Beziehung harmoniert. Es ist ein Kennen und Wissen, ohne dass man viel reden muss.‹ (B8) ›Ich bin es so gewohnt und bin gerne um ihn herum und wir kennen uns ohne gross zu reden. Es ist ein Luxus. Kleine Ritualen pflegen.‹ (B9) ›Er hat mich immer in Schutz genommen. Wir kennen uns so gut. Es gibt mir Zufriedenheit.‹ (B10) ›Ich vermisse meinen Mann, wenn ich zwei Nächte weg bin und habe Heimweh. Es gibt mir Kraft.‹ (B11) ›Zusammen leben und arbeiten gibt mir Befriedigung.‹ (B12) ›Ich schätze das Vertrauen und die Geborgenheit, seine Nähe, seine Wärme. Ich kann mich auf ihn verlassen. Es gibt mir Freude und Kraft.‹ (B13) Es ist eine extrem hohe Loyalität. Er ist sehr unterstützend.‹ (B14) ›Es gibt mir sicher Kraft und Freude.‹ (B15) ›Er hat Verständnis für meine Probleme.‹ (B1) ›Wir beide haben eine absolute Wertschätzung für einander und schätzen die geleistete Arbeit, die beide machen. Gegenseitiges Einfühlen.‹ (B2) ›Ich schätze sein grosses Verständnis. Ich wurde nie betrogen. Er ist erster und einziger Partner bis jetzt.‹ (B4) ›Wir verstehen uns sehr gut.‹ (B6) ›Es ist ein Schätzen, ein Achten. Respekt haben für und Gefallen haben an dem anderen und seiner Leistung.‹ (B7)

21

RESSOURCEN

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

UND SYNERGIEN

PAARKLIMA: WIR ZWEI HABEN’S SCHÖN MITEINANDER Wertschätzung, Respekt und Verständnis

Liebe, Zärtlichkeit und Attraktion im Alltag

»Er ist sehr aufmerksam. Es ist zwar nicht mehr so das Kribbeln im Bauch wie vor 30 Jahren, es ist klar, dass sich das etwas beruhigt und abflacht. […] … am letzten Valentinstag hat er mir ein Herz mit meinem Namen darauf geschenkt. Darin hat es 365 Lose gehabt. Jede Woche ist ein Los drin mit einem Gutschein für etwas. Das ist seine Art zu zeigen, dass er mich gern hat.« (B8)

›Die Beziehung harmoniert, sie ist mir viel wert.‹ (B8) ›Vertrauensvoll, respektvoll, liebevoll, rücksichtsvoll.‹ (B9) ›Verständnis, dass er von der Arbeit spät nach Hause kommt. Grosszügigkeit.‹ (B10) ›Gegenseitige Wertschätzung der Arbeit und der beruflichen Fähigkeiten. Verständnis des Mannes bez. Wunsch nach Berufstätigkeit der Frau.‹ (B12) ›Er kennt mich genau.‹ (B13) ›Sich gegenseitig verstehen und Wohlwollen zeigen. Wertschätzung des Einsatzes der Frau i.S. Kindererziehung. Verständnis für die Arbeit.‹ (B14) ›Unsere Beziehung ist spannend, anregend, bereichernd. Es stimmt einfach. Es ist wie am Anfang. Wir hatten Glück einander gefunden zu haben.‹ (B2) ›Harmonisch, spannend. Es stimmt einfach irgendwie.‹ (B3) ›Wir sind glücklich, haben es schön. Wir umarmen und küssen uns in der Gaststube. Die Chemie stimmt.‹ (B4) ›Begrüssen uns mit einem Kuss. Nach so langer Zeit springen wir einander nicht mehr so hinterher.‹ (B5) ›Herzliche Begrüssung, Umarmung. Freude am Wiedersehen. Gemeinsame Liebe zum Sohn verbindet.‹ (B6) ›Es funktioniert. Wohlfühlen miteinander, Harmonie, Spannung, Kribbeln. Wir tauschen Zärtlichkeiten aus. Es ist so schön. Wir freuen uns auf einander.‹ (B7) ›Geschenk zum Valentinstag als Ausdruck der Liebe.‹ (B8) ›Gefühl einen Meter über dem Boden zu schweben ist noch da.‹ (B9) ›Er schickt Blumen, schenkt Schmuck.‹ (B10) ›Im Büro nehmen wir uns schon mal in den Arm, egal ob Mitarbeiter da sind.‹ (B11) ›Ich gebe meine ganze Liebe und Aufmerksamkeit.‹ (B13) ›Es funktioniert. Verschiedene Facetten von Mutter, Frau und Beruf sind spannend für die Partnerschaft.‹ (B14) ›Sich fest gerne haben.‹ (B15)

22

RESSOURCEN

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

UND SYNERGIEN

PAARKLIMA: WIR ZWEI HABEN’S SCHÖN MITEINANDER Paarlauf: Ge»Man ist in einer Hochstimmung meinsam in die und der andere Partner erlebt gleiche Richtung genau das Gleiche. Man kann das wirklich gegenseitig erleben. Man weiss, wir haben beide dazu beigetragen. Es ist halt ein gemeinsames Erlebnis, gleich wie in den Ferien, wenn man etwas gemeinsam erlebt. Das tut einer Beziehung wahnsinnig gut. Hingegen, wenn jemand das nur alleine erlebt und das zu Hause erzählt, das kann man ja nie so nachvollziehen.« (B9)

›Erfolg teilen. Über Erlebtes und über Probleme sprechen können.‹ (B1) ›Auf einer gemeinsamen Ebene über Erlebtes sprechen können.‹ (B2) ›Gemeinsam arbeiten an Aufbau der Stammgäste. Ein Projekt gemeinsam haben. Lastenverteilung auf vier Schultern.‹ (B3) ›Wir machen das Beste aus der Situation. Mit dem eigenen Geschäft und den Arbeitszeiten.‹ (B4) ›Beide sind vom Gastgewerbe und wissen wovon sie reden und haben beide unregelmässige Arbeitszeiten. Sich gegenseitig Arbeit abgeben können.‹ (B5) ›Sehe ihn den ganzen Tag nicht, telefonieren immer.‹ (B6) ›Entscheiden gemeinsam. Gleiche Ideen und Idealvorstellungen haben. In die gleiche Richtung gehen wollen und Ziel vor Augen haben. Sind beide ehrgeizig. Kommen uns nicht in die Quere.‹ (B7) ›Können jederzeit miteinander reden, wenn einen etwas bedrückt. Gemeinsame Arbeit ist ein wichtiger Teil des Lebens. Es ist eine Einheit: das Haus und wir zwei.‹ (B8) ›Wollte immer schon einen Hotelier heiraten und ein Hotel mit ihm führen. Ein gutes Team sein beruflich und privat. Gemeinsam wahnsinnig viel bewirken können. Ich sehe nur Vorteile. Man hat auch unterschiedliche Erlebnisse im Hotel.‹ (B9) ›Miteinander etwas zu erreichen und zu erleben ist das Schöne.‹ (B10) ›Wir konnten aus roten Zahlen schwarze Zahlen machen. Bewältigung von Schwierigkeiten bei der Arbeit schweisst ein Paar zusammen. Beruflich eine gemeinsame klare Linie haben. Einen ähnlichen Erziehungsstil bez. der Kinder haben. Ich gebe ihm Inputs.‹ (B12) ›Gemeinsame Arbeit entlastet teilweise.‹ (B13) ›Gemeinsame berufliche Zukunft. Gleiche Ziele verfolgen. Ein grosses Ganzes sein. Gleiche Wünsche und Träume haben. Auf einer stabilen Grundlagen Pläne schmieden und umsetzen. Wir ergänzen uns perfekt. Unser Know-how und die Lust gemeinsam etwas zu machen, passen extrem gut zusammen.‹ (B14) ›Gleiche Interessen haben. In der Natur sein. Sich gegenseitig motivieren.‹ (B15)

23

RESSOURCEN

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

UND SYNERGIEN

PARTNERSCHAFT IN DER BALANCE ZWISCHEN PRIVAT- UND BERUFSLEBEN Persönliche »Meistens mache ich dann Sport. ›Malen und Stricken konnte ich gut im BeWork-LifeDas mache ich schon immer. Ich trieb, als Ausgleich.‹ (B1) Balance der ›Hogehe joggen, walken, schwimmen ›Die Zeit mit dem Kind gibt Energie und telfrau‹ ins Aquafit. Ich habe FreundinKraft. Arbeitsrhythmus mit kleinen Pausen nen, mit denen ich abmache. Ich ist gut.‹ (B2) habe eigentlich fast jeden Tag eine ›Angefangen mit Sport, mit Joggen. Etwas Stunde, die ich dafür einsetze. für mich tun. Ich mache mit Kolleginnen ab. […] Ich bin nicht gewillt, immer Gehe einfach weg. Bin da egoistisch. Arabends bis um 22 Uhr zu arbeiten. beitsrhythmus mit kleinen Pausen ist gut‹ Wirklich nicht. Ich muss Zeit ha(B3) ben für mich privat. Ich muss ›Zwei, drei Sachen mache ich für mich, z.B. Sport machen können, weil ich Sport.‹ (B5) nur dann funktionieren kann, ›Sport. Eine Stunde täglich für mich.‹ (B6) sonst merke ich, dass ich träge ›Sport mache ich für mich. Gehe ins Fitnesswerde und es zwickt mich überstudio.‹ (B7) all. Ich habe dann gar keine Lust, ›Kulturelle Veranstaltung besuchen.‹ (B10) wenn ich zu wenig Sauerstoff ›Kann selber entscheiden, ob ich heute 3 bekomme … Das ist so Stunden arbeite oder gar nicht. Muss nur Lifebalance. Das ist die Lifemir Rechenschaft ablegen.‹ (B11) Work-Balance, die finde ich ganz ›Ab und zu aus dem Tal weggehen und wichtig.« (B6) wieder mit Freude zurückkommen. Yoga machen, in die Natur hinaus gehen, mit dem Hund spazieren gehen, zur Ruhe kommen. Schätze die Gespräche mit meiner Tochter. Sie versteht mich gut.‹ (B13) ›Umfeldmässig ist es positiv. Ich fühle mich gut und nicht als exotischer Vogel. Habe auch Freundinnen, die so leben wie ich. Verhalte mich möglichst authentisch, das ist am meisten glaubwürdig.‹ (B14) ›Bin froh um diese Oase, 10 Minuten vom Betrieb entfernt.‹ (B15) Zeit und Raum »Wir ziehen uns meistens abends ›Joggen beide gerne. Trinken am Nachmitfür das Paar-Sein um 23 Uhr zurück und gehen tag einen Tee.‹ (B2) meistens um Mitternacht zu Bett. ›Wenn ich ins Büro komme, trinken wir Diese Stunde gehört eigentlich gemeinsam Kaffee.‹ (B3) auch uns. Natürlich gibt es da ›Am Mittwoch und Donnerstag kochen wir 10vor10 und dann schalten wird zusammen und räumen zusammen auf. den Fernseher ab und diskutieren Probieren miteinander Zimmerstunde zu über das und jenes. Wir nehmen machen. Einander gegenseitig die Freizeit abends jeweils einen Tee, bevor zugestehen können. Im Winter gönnen wir wir miteinander zu Bett gehen. uns einen Saunabesuch. Sich einen Tag Wenn wir dann im Bett liegen, verwöhnen lassen. Mussten lernen abzudiskutieren wir vielfach noch schalten.‹ (B4) über das eine oder andere. Ich ›Freizeit ist dann, wenn nicht die grosse habe das Gefühl, diese Zeit sei Masse unterwegs ist. Freizeit ist beschränkt. wertvoll. Die wenige Zeit, die wir Wir probieren etwas gemeinsam zu mahaben, am Tag sind das vielleicht chen. Essen gemeinsam zu Mittag und trineineinhalb, zwei Stunden, aber ken in den Pausen Kaffee.‹ (B5) diese Zeit ist wertvoll und ir›Am Wochenende nichts zu tun, tut uns gendwo gut genutzt.« (B2) beiden gut. Am Mittwoch gehen wir weg, Kino oder Essen. Gemeinsam etwas unternehmen oder in die Ferien gehen. Gemeinsam kochen.‹ (B6)

24

RESSOURCEN

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

UND SYNERGIEN

PARTNERSCHAFT IN DER BALANCE ZWISCHEN PRIVAT- UND BERUFSLEBEN Zeit und Raum ›Die Nächte werden länger, trinken noch für das Paar-Sein ein Glas Wein. Der Montag und der Dienstagabend sind für uns reserviert. Einfach mal 2 Tage weggehen und ausschlafen. Bei der Arbeit gemeinsam Kaffee trinken und zu Mittag essen. Eine Woche gemeinsam Urlaub machen.‹ (B7) ›Im Sommer gehört der Montag uns. Sich zwischendurch mal etwas gönnen.‹ (B8) ›Am Sonntag haben wir gemeinsam frei. Dann kocht mein Mann. Bei der Arbeit trinken wir nach dem Essen gemeinsam Kaffee im Stübli.‹ (B9) ›Sich Zeit herausnehmen ist wichtig. Wir reisen sehr gerne miteinander.‹ (B10) ›Wir nehmen es uns vor, aber es ist im Moment noch schwierig. Kinder sind klein. Gerne würden wir 2-3 Mal jährlich ein verlängertes Wochenende als Paar verbringen.‹ (B12) ›Am schönsten ist es, wenn wir einen Tag frei haben oder in den Ferien sind.‹ (B13) ›Wir machen beide gerne Sport, fahren Velo und joggen zusammen. Wir sind gerne in der Natur. Ferien an der Nordsee als Therapie. Sind lockerer, entspannter.‹ (B15) Zeit und Raum, »Wir arbeiten sechs Tage pro Wo- ›Weihnachten, der 24. Dezember ist für die um die Familie che. Wir haben gemeinsam am Familie reserviert. Ist heute noch heilig. und die Freunde Sonntag frei. Da hat jeder für sich Ferien ohne Kinder gemacht.‹ (B1) zu erleben seine Sachen, die er erledigen ›Sonntag ist Familientag. Nichts Geschäftwill, entweder weil er sie erlediliches, kein PC, kein Telefon. Wir ziehen gen muss oder weil er einfach uns in das Ferienhaus zurück. Ich nehme drauf Lust hat. Mein Mann zum mir bewusst Zeit für mein Kind. Wir essen Beispiel … Ich kann nicht kochen, mittags und abends gemeinsam.‹ (B2) das heisst, ich koche nicht gerne. ›Wir essen immer zu Hause mit den KinMein Mann ist der Koch bei uns dern, nicht im Betrieb. Nachmittags bin ich und er kocht jeden Sonntag. Wir mit den Kindern auf dem Eisfeld oder auf essen dann auch jeden Sonntag dem Spielplatz.‹ (B3) gemeinsam mit den Kindern. Das ›Achten darauf mit den Kindern frei zu ist eigentlich der einzige Tag, an haben, etwas mit ihnen zu unternehmen. Es dem wir gemeinsam essen. Das ist mir wichtig am Abend bei den Kindern sind so die familiären Rituale.« zu sein. In Ruhe das Abendessen geniessen (B9) und zelebrieren. Gönnen uns als Familie ein Wochenende in London. Auswärts essen gehen mit den Kindern. Familie geht vor bei der Mitarbeitereinsatzplanung.‹ (B4) ›Versuchen 4 Tage in der Woche um 18 oder 19 Uhr nach Hause zu gehen und mit den Kindern zu essen. Am Sonntagabend gehen wir auswärts essen mit der Familie.‹ (B5) ›Mein Haus in den Bergen ist im Wochenende unser Familienmittelpunkt.‹ (B6)

25

RESSOURCEN

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

UND SYNERGIEN

PARTNERSCHAFT IN DER BALANCE ZWISCHEN PRIVAT- UND BERUFSLEBEN Zeit und Raum, ›Er hat sein Reich mit den Kindern und ich um die Familie meines. Er macht mit seinen Kindern Feriund um Freunde en, ich mit meinen.‹ (B7) zu erleben ›Aus den vier Wänden rausgehen. Zeit nehmen für Beziehungspflege.‹ (B8) ›Zeit für Familie-Sein in den Ferien, das Paar-Sein kommt eindeutig zu kurz. Ferien im Ferienhaus, nicht in einem Hotel. Sonntag ist der einzige Tag, wo wir mit der Familie essen.‹ (B9) ›Nehme manchmal eine Einladung an, sitze zu Freunden an den Tisch. Familienweihnachten.‹ (B10) ›Am Nachmittag, Abend und am Wochenende für die Kinder da sein. Partner verbringt auch Zeit mit Kindern.‹ (B11) ›Die Familienbeziehung gibt mir viel.‹ (B13) ›Setze mich sehr ein für die Beziehungspflege.‹ (B14) Zwischen der »… im Haus spiele ich die Rolle ›An Weihnachten werden strikte keine GäsPrivat- und der der Geschäftsfrau und da gehört te angenommen. Es sind auch keine MitarArbeitssphäre es sich nicht, dass ich meinem beiter da.‹ (B1) ziehen wir als Mann küsse, ausser es ist ein spe›Ich möchte nicht, dass Verwandte bei uns Paar eine Grenze. zieller Anlass. Wir zeigen uns im Haus wohnen. Beruf und Privates zu gegenseitig nicht die Zuneigung, trennen ist eine wichtige Geschichte. Wenn wenn wir mit dem Kader am wir mit dem Kader am Tisch sitzen, zeigen Tisch sitzen. Natürlich haben wir wir gegenseitig keine Zuneigung. Im Bemal ein Thema, wo die anderen trieb bin ich die Geschäftsfrau.‹ (B2) finden, das ist lustig, dass wir das ›Wenn wir zusammen arbeiten, dann reden privat austauschen. […] Ich glauwir vom Geschäft. Es gibt keine privaten be, da hat man die Rolle der GeSachen. Zu Hause versuchen wir, das Geschäftsfrau im Betrieb und sobald schäft aussen vor zu lassen. Wir tragen allman die Kleider der Geschäftsfrau fällige Meinungsverschiedenheiten im Büro trägt, dann ist es Geschäft. Ich aus und sorgen dafür, dass es untenrum gebe mich im Betrieb auch nie nicht bemerkt wird.‹ (B4) privat. Ich würde mich auch nie ›Wir diskutieren nicht in der Küche, was zu einem Gast an den Tisch setgerade zu Hause oder mit den Kindern los zen. Ich würde nie zu einem Gast ist. Wir besprechen so wenig wie möglich an die Bar gehen, denn dort wird zu Hause, was den Betrieb betrifft.‹ (B5) es persönlich und dort wird es ›Arbeit und Familie trenne ich ganz.‹ (B6) privat. Wenn ich im Betrieb bin, ›Mutterrolle wird nicht mit dem Geschäft dann bin ich Geschäftsfrau und verbunden. Kombination Mutter-Geschäft das ist eine Rolle. Und wenn ich ist separat. Beide haben das abgetrennt. zu Hause bin, dann ziehe ich die Seine Kinder bleiben draussen und meine Schuhe aus und dann bin ich Priauch.‹ (B7) vatfrau. Dann ziehe ich auch das ›Kein Händchen halten oder schmusen vor Jackett aus …« (B2) den Mitarbeitern und kein Anschreien vor Gästen oder Mitarbeitern.‹ (B8). ›Zu Hause haben wir die Regel, dass nicht über das Geschäft gesprochen wird. Ab und zu passiert es doch.‹ (B9) ›Wir wohnen nicht mehr beim Hotel. Eine eigene Küche zu haben ist herrlich. Kann nun privat Gäste empfangen.‹ (B10)

26

RESSOURCEN UND SYNER-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

GIEN

PARTNERSCHAFT IN DER BALANCE ZWISCHEN PRIVAT- UND BERUFSLEBEN Zwischen der ›Im Geschäft entsprechend angezogen, priPrivat- und der vat eher lockerer. Von der Person her bin Arbeitssphäre ich jedoch dieselbe. Manchmal tauschen wir ziehen wir als bei der Arbeit Privates aus.‹ (B11) Paar eine Grenze. ›Vor der Dusche ist gar nichts privat. Geschäft muss abgestreift werden. Essen mit Familie in einem separaten Raum, ohne Gäste. Wir demonstrieren nicht, dass wir ein Paar sind. Das ist privater Natur.‹ (B12) ›Viele Gäste sind neugierig, was unser Privatleben betrifft. Müssen uns distanzieren.‹ (B13) ›Es braucht Disziplin in der Beziehung, in den Abläufen. Nicht in ein familiäres Ding abrutschen, so à la Wenn-nicht-heute-dannmorgen. Professionalität soll im Vordergrund sein.‹ (B14) DAS PAAR UND SEINE KINDER Hotel und Kin»In der Hotellerie, finde ich, kann der: Das geht man das sehr gut unter einen Hut sehr gut zusambringen. Gerade so ein Betrieb, men. wie wir es sind. Der ist ideal, weil es eben auch ein familiärer Betrieb ist, weil wir immer schon einen Kindergarten hatten und ich immer schon meine Kinder dorthin hatte geben können. Da konnte ich insofern auch weiterarbeiten. Für mich hat es immer gestimmt. Ich finde die Hotellerie einen ganz tollen Bereich, wo man sich selber weiterentwickeln und sich selber entfalten kann, wenn man Familie und Kinder hat.« (B2)

›Immer da sein, wenn die Kinder kommen. Kinder waren nie alleine. Zeit kann man sich nehmen, z.B. für Hausaufgaben. Im Kleinbetrieb funktioniert das besser als im Grossbetrieb. Vater sieht Kinder auch tagsüber.‹ (B1) ›In der Hotellerie kann man sich gut organisieren. Wie ein kleines Dorf. Dienstleistungen aus dem eigenen Betrieb nehmen.‹ (B2) ›Lösen uns gegenseitig bei Kinderbetreuung ab. Vater ist zu Hause bei den Kindern, wenn ich arbeite. Wie auf einem Bauernhof sind die Kinder immer um uns herum. Müssen nicht in eine Krippe. Immer bringt jemand von der Familie die Kinder ins Bett. Prioritäten setzen, Qualität ist wichtig.‹ (B3) ›Arbeite bewusst noch Teilzeit. Unterstütze die Grosse bei der Stellensuche. Vater sieht Kinder so mehr als andere Väter.‹ (B4) ›Je älter die Kinder werden, desto besser geht es.‹ (B11) ›Wenn ich im Beruf zufrieden bin, gebe ich das den Kindern weiter. Qualität zählt, nicht Quantität. Wenn der Alltag läuft, geht es wunderbar. Wenn Problemfälle da sind, wird’s schwieriger.‹ (B12) ›Als Vater ist der Mann viel abwesend, jedoch sehr emotional präsent und pflegt eine sehr gute Bindung zu den Kindern. Kinder werden in Vordergrund gestellt.‹ (B14)

27

RESSOURCEN

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

UND SYNERGIEN

DAS PAAR UND SEINE KINDER Juhui! Papi und »Ich habe immer darauf geachtet. Mami arbeiten Für mich ist es immer ein bisszusammen im chen wie PR in der Familie. Dass Hotel: Identifika- die Kinder diese Tätigkeit als tion mit dem positiv wahrnehmen und nicht als Beruf der Eltern. ein ach schon wieder so lange Arbeiten. Sondern, dass sie sehen, dass ich gearbeitet habe, weil noch etwas Interessantes zu tun war. Meine Tochter hat dann immer das Gefühl, vermutlich ist es ganz toll gewesen, sonst wäre sie ja nach Hause gekommen. Ich habe auch immer gewollt, dass sie die Arbeit als etwas Positives wahrnehmen und auch als etwas Bereicherndes. Nicht: Wir haben halt diesen Job und ich hab halt nichts anderes gelernt …« (B14)

›Der Kleine isst mit uns und den Kadermitarbeitern. Ist sich das gewöhnt. Am Tisch wird gelacht, wenn er manchmal seine Geschichten erzählt.‹ (B2) ›Älteste Tochter hilft manchmal aus. Hat dadurch ein viel grösseres Verständnis für die Arbeit der Eltern.‹ (B4) ›Kinder dürfen im Service mithelfen und etwas Taschengeld verdienen.‹(B7) ›Silvesterfeiern im Hotel. Zvieri-Essen im Hotel. Es entsteht für Kinder ein Mehrwert, wenn sie Eltern erleben, die gemeinsam auf ein Ziel hin arbeiten.‹ (B14)

28

10.13 KODIERLEITFADEN – HERAUSFORDERUNGEN UND DEFIZITE IM BEZIEHUNGSALLTAG HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

BERUFS- UND BRANCHENBEDINGTE BELASTUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN Erleben eines »Was ich nicht sehr gut kann ist ›Wir leben in diesem Geschäft. Das kann fliessenden Über- switchen zwischen dem Betrieb, man nie teilen in privat und nicht-privat. gangs von der in dem wir arbeiten und der Zeit Man kann nicht immer vor den Leuten saPrivat- zur Arfür Liebe. Denn wenn ich im Begen, was man denkt. Im Kleinbetrieb ist es beitssphäre trieb war und dann hinüber gehe, noch viel extremer. Jede geht am gleichen dann bin ich noch so permanent Ort rein und raus.‹ (B1) unter Strom, da kann ich auch ›Switchen zwischen Arbeit und Betrieb und nicht abstellen. Zeit für irgendwie Zeit für Liebe und Zärtlichkeit ist schwierig. auch so, also ich bezeichne es als Sehe die Grenze zwischen Geschäft und Liebe oder Zweisamkeit oder so Privatleben nicht gut. Einen solchen Schalmal andere Worte miteinander ter habe ich nicht. Im Büro können wir nicht auszutauschen, die Nähe und so.« so privat diskutieren, wenn gerade jemand (B2) vorbeigeht.‹ (B2) ›Wenn ich im Geschäft bin, habe ich nicht das Gefühl nicht seine Ehefrau oder nur Geschäftspartnerin zu sein. Es geht ineinander. Man muss nach aussen professionell sein und trotzdem ein Lachen zeigen.‹ (B8) ›Als wir noch im Betrieb wohnten, hatten wir keine Privatsphäre. Waren Tag und Nacht im Betrieb drin. Mussten runter zum Kochen. Hatte nur eine Kaffeemaschine. Man hat die Gäste und die Mitarbeiter in der Wohnung gehört und auch die anfahrenden Autos mit Gästen. Hie und da bleibt das Liebevolle, das Einander-gerne-Haben auf der Strecke. Es tickt immer weiter.‹ (B10) ›Gehen manchmal nicht gleich ins Büro, wenn wir Streit haben. Man erlebt alles zusammen und kann keine Neuigkeiten erzählen. Das ist noch schwierig. Auch in den Ferien bin ich immer mit dem Geschäft verbunden. Immer. Fände es schön, wenn ich mal an nichts denken müsste.‹ (B11) ›Manchmal gibt es Endlosdiskussionen und man kann nicht abschalten. Das Private oder ein Hobby kommt zu kurz. Ich habe Mühe, wenn der Mann zu Hause anruft und vom Betrieb erzählt. Dann bin ich automatisch wieder im Geschäft. Wenn wir nicht im Betrieb sind, sorgt heutzutage das Handy für die Erreichbarkeit.‹ (B12)

29

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

BERUFS- UND BRANCHENBEDINGTE BELASTUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN Erleben eines ›Wir sind im ganzen Umfeld drin. Sind fliessenden Überimmer erreichbar, auch nachts. Jeder kennt gangs von der einen hier im Dorf. Alle Gäste, EinheimiPrivat- zur Arsche und alle Mitarbeiter. Für die Partnerbeitssphäre schaft ist es zu viel Nähe. Es geht immer um den Betrieb. Es ist dauernd ein Kommen und Gehen. Man ist immer ein wenig unter Beobachtung. Es wird geschaut, wie man redet, läuft, angezogen ist. Man steht immer ein wenig unter Druck, ist nicht ganz locker und frei. Wir streiten dort, wo wir keine Zuhörer haben. Am Abend kann ich nach Vorwürfen und Diskussionen nicht gerade die liebende Ehefrau sein.‹ (B13) ›Es gibt eine Dynamik auf der Beziehungsebene, auf der emotionalen Ebene, wenn die Leute miteinander verheiratet sind.‹ (B14) ›Zu Hause gibt es Diskussionen. Ich kann abschalten, aber mein Mann nicht. Das ist noch schwierig. Wir diskutieren zu Hause eine Stunde oder fünf Stunden.‹ (B15) Das Unterneh»Mal schnell etwas spontan zu ›Nie im Sommer in die Ferien gehen könmen gibt den unternehmen. Wir müssen das nen. Betrieb kommt vor dem Privatleben. Rhythmus vor immer sorgfältig planen, wenn Bedürfnisse zurückstellen. Plötzlich wird wir frei machen. Oder einmal, das durch die Routine alles normal. Du kannst liegt halt auch an dem kleinen nicht auswählen, musst es machen. Immer Bergdorf, dass man spontan irmeinen, wir müssen hier im Betrieb sein. gendwo hingeht zum Essen oder Immer ein schlechtes Gewissen haben. Es ist um einen schönen Abend zu verkompliziert, einer Ablösung alles zu erkläbringen. Hier oben kennt einen ren.‹ (B1) jeder, alle Gäste kennen einen, ›Betrieb geht vor, wenn’s läuft. ‹ (B2) alle Einheimischen, die Mitarbei›Im Winter müssen wir immer am Abend ter. Man ist nie wirklich für sich. hier sein. Immer ein Hin und Her. Man Oder dann müssen wir eben weg- gewöhnt sich an den Rhythmus. Man ist in fahren und den einen oder andeeinem Ding drin. Dann ist das so.‹ (B3) ren Tag auswärts verbringen. […] ›Jobsharing geht nicht, weil der Betrieb Dann gibt es plötzlich einen Engimmer geöffnet ist. Wir haben einen andepass mit den Mitarbeitern oder ren Freitage-Rhythmus als andere Mensonst ein Problem und dann schen. In betrieblichen Ausnahmesituatiosteckt man natürlich persönlich nen leben wir aneinander vorbei. Wir steimmer zurück. Wir haben das so hen das irgendwie durch. Immer fehlt jevon unseren Eltern gelernt und mand und wir müssen einspringen.‹ (B4) vor allem auch von meiner Mut›Die meisten Bekannten haben andere Arter. Der Gast ist König. Zuerst beitszeiten als wir. Man lässt sich in den muss der Betrieb laufen und alles Betrieb einbinden, hat dieses Gefühl dem andere kommt nachher.« (B13) Gast gegenüber und meint, man muss das jetzt machen.‹ (B5) ›Er hatte das Nachtgeschäft, ich das Tagesgeschäft. Haben uns nie gesehen. Wir konnten nicht mehr zusammenwohnen, solange wir nicht den gleichen Arbeitsrhythmus hatten. Es war eine Katastrophe.‹ (B6)

30

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

BERUFS- UND BRANCHENBEDINGTE BELASTUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN Das Unterneh›In der Hochsaison bleibt keine Zeit füreimen gibt den nander, obwohl wir gemeinsam arbeiten. Rhythmus vor Damit habe ich Mühe, je älter ich werde. Die Beziehung läuft nebenher. Theaterveranstaltungen sind meistens am Freitag oder Samstag, wenn wir am meisten zu tun haben.‹ (B8) ›Wenn man einen schwachen Abend hat, muss man trotzdem da sein. Das stinkt mir manchmal.‹ (B10) ›Das Geschäft geht vor. Ist kein Thema. Grösse des Betriebes spielt eine Rolle beim gemeinsamen Beziehen der Frei- und Ferientage. Ist noch schwierig.‹ (B12) ›Spontaneität geht verloren. Betrieb geht vor alles andere. Bedingt Organisation. Bin immer erreichbar. Wir müssen immer das machen, was für den Betrieb richtig ist.‹ (B13) ›Die Branche frisst einen auf, weil das Unternehmen immer offen ist. Das ist anders als in einem Büro.‹ (B14) ›Wir sollten eine Woche raus. Das geht nicht. Jetzt haben wir auch noch am 24. Dezember geöffnet. Freie Tage werden gestrichen. Wir packen es nicht.‹ (B15) Ängste, Gedan»Ich denke, dass wir den Betrieb ›Das Geschäft kommt vor deinen Bedürfnisken und Befürch- nicht mehr führen können, wenn sen. Ist eine Art Existenzangst. Löhne müstungen der ›Howir es nicht packen. Es braucht sen bezahlt werden. Kannst daher niemantelfrau‹ wirklich zwei dazu. Die Gesunddem nein sagen.‹ (B1) heit und die Nerven … das geht ›Wenn der Mann krank würde, könnte das einfach nicht mehr mit diesem ein Problem geben. Ich bin auf der FinanzEinsatz.« (B15) seite zu schwach. Könnte das Haus nicht alleine führen. Er könnte das, würde sich für mich jemand anders holen. Ich frage mich, macht der Körper dieses Tempo mit 58 noch mit? Man kann nicht einfach einen Geschäftsführer einstellen. Wie ist es für unsere Beziehung, wenn die Tagesstruktur, welche durch Betrieb und Familie geprägt ist, wegfällt?‹ (B2) ›Brauchen einander um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Wenn ihm etwas passieren würde, hätte ich keine Ahnung wegen den Konten und so.‹ (B3) ›Mein Mann hatte das Knie kaputt, konnte 7 Wochen nicht arbeiten. Ich konnte das nicht bewältigen. Er unterstützte mich, wo er nur konnte. Solche Ausnahmesituationen sind sehr belastend für mich. Ich weiss nicht, ob ich den Betrieb alleine führen könnte oder wollte. Zahlenmässig ist er super. Ich mache keine Buchhaltung.‹ (B4)

31

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

BERUFS- UND BRANCHENBEDINGTE BELASTUNGEN UND HERAUSFORDERUNGEN Ängste, Gedan›Es ist eine Belastung, wenn mein Mann ken und Befürchausfällt. Kurzfristig Ersatz zu finden ist tungen der ›Hoschwierig und gewisse Sachen kann man telfrau‹ nicht delegieren.‹ (B5) ›Die Pachtverträge laufen bald aus. Wir müssen uns neu orientieren. Wenn einer von uns wegfällt, wird der andere das Leben schon meistern können. Sohn darf einfach nicht mit dem Geschäft belastet werden. Das muss ich noch regeln.‹ (B6) ›Der Betrieb basiert auf seinen Kochkünsten. Denke manchmal, was wäre, wenn …‹ (B8) ›Im Hinterkopf ist die Angst da, dass ein Partner sterben könnte.‹ (B9) ›Als selbständig Erwerbender schaut man nicht auf die Stunden. Da geht es um das Finanzielle. Ich würde den Betrieb nicht alleine führen wollen. Mir wäre das zu viel. Könnte mit niemandem reden über den Betrieb, wenn ich nach Hause komme. Hoffe, dass wir gesund bleiben. Das ist meine grösste Angst. Will noch viel zusammen erleben.‹ (B10) ›Ich hatte eine fürchterliche Krise. Die Angst hier wegzugehen.‹ (B14) ›Einsatz ist sehr hoch. Belastet Gesundheit und Nerven.‹ (B15)

32

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN ODER WENN WIR STREITEN, DANN ÜBER’S GESCHÄFT! Meinungsver»… gestritten haben wir immer ›Es war immer das Gleiche. Die Mitarbeiter schiedenheiten wegen anderen. Nicht wegen uns. vom Service waren bei diesem Konflikt auf Ebene UnterJa, das ist so. Nicht wegen uns meiner Seite. Die haben sich auch immer nehmensselber eigentlich. Man hatte dann wegen dem Koch aufgeregt. Streit haben führung und irgendein Problem mit einem wir nur wegen anderen, nicht wegen uns.‹ Organisation Angestellten und ich habe gefun(B1) den, so nicht oder das nicht. Er ›Mitarbeiterführung ist eine Herausfordefand dann, sooo schlimm ist das rung. Aufpassen, dass man nicht ausgenicht. Das waren meistens solche nutzt wird. Ich nerve mich wegen meinem Sachen oder umgekehrt. Dass er Mann. Er sollte mehr sagen. Haben Diskusfand, nein, das geht aber wirklich sionen wegen der Arbeit.‹ (B3) nicht und ich dachte, sooo ›Meine Stellvertretung spürt Spannungen. schlimm ist das nun auch wieder Wir arbeiten professionell und versuchen nicht. Das hat dann schon möglichst die Leute an der Front nichts manchmal Reibereien gegeben, merken zu lassen.‹ (B4) muss ich schon sagen. Als wir ›Mitarbeiter spielten uns gegeneinander diesen Koch hatten, das war ja aus. Müssen darauf achten.‹ (B5) wahnsinnig. Er hat einfach immer ›Wenn beide nicht die gleiche Philosophie alles geschluckt und hat sich einhaben, funktioniert es nicht. Daraus erfolfach alles bieten lassen. Und der gen zu viele Reibungspunkte. Viele Gäste hat das einfach nie gemacht. Und sagen, sie hätten die Spannungen schon ich war jeden Montag in allen lange gemerkt. Die Mitarbeitenden spürten Lüften. Wir haben immer deswedie Launen meines Mannes.‹ (B7) gen gestritten.« (B1) ›Meinungsverschiedenheiten bei Kleinigkeiten, aber auch in strategischen Fragen, wenn’s ums Marketing geht. Finden den Konsens, womit wir leben können.‹ (B9) ›Die Küchensprache ist nicht ganz einfach. Auseinandersetzungen wegen falschen Bestellungen.‹ (B10) ›Wir haben schon die gleiche Idee, setzen es aber anders um. Meinungsverschiedenheiten, wenn der Mann Informationen nicht weiterleitet. ‹ (B11) ›Verschiedene Reibungspunkte im Alltag: Informationen werden nicht weitergeleitet, Tischwäsche sieht nicht gut aus, unterschiedliche Ansichten bez. Mitarbeiterführung. Wir haben oft die gleiche Idee, arbeiten jedoch in der Ausführung anders. Ich strikte nach ISO-Standards, er hat es im Kopf. Mein Mann nimmt vieles als persönliche Kritik auf. Umgang damit entwickelt sich mit der Erfahrung.‹ (B12) ›Habe eine ganz andere Auffassung von Geschäfts- und Mitarbeiterführung als mein Mann. Wir sind zwei Riesengegensätze. Ab und zu fliegen die Fetzen. Haben uns mit den Jahren zusammengerauft. Finanzen sind immer ein Konflikt, müssen uns ausgleichen.‹ (B13)

33

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN ODER WENN WIR STREITEN, DANN ÜBER’S GESCHÄFT! Meinungsver›Ich habe den Anspruch, dass er mir Inforschiedenheiten mationen ordentlich weiterleitet und dies Ebene Unterauch ordentlich kommuniziert. Manchmal nehmensführung hat er die Schmerzgrenze überschritten, er und Organisation wurde ein wenig schroff oder es kam ein dummer Spruch. Das akzeptiere ich nicht.‹ (B14) Mitarbeiter spüren die Spannungen. Er hat mich mal alleine in eine Mitarbeiterschulung geschickt, die er hätte machen sollen, weil wir Streit hatten. Da musste ich unser Problem erläutern. Die Entwicklung und die Führung des Betriebs sowie die Kommunikation mit Mitarbeitern fordert mich sehr stark heraus. Gibt Anlass zu viel Diskussionen. Wir diskutieren schon seit einem Jahr, sehen noch keine Lösung.‹ (B15) Meinungsver»Mein Mann war lange Personal›Ich habe gewisse Sachen im Betrieb geänschiedenheiten chef und Vizedirektor, also eher dert, weil ich es anders machen wollte. Es Ebene Gleichwer- eine Führungsperson, und ich war für ihn schwierig zu akzeptieren, dass tigkeit und Achhabe viele Jahre in einem kleinen ich gewisse Sache anders machen will. Er tung Betrieb gearbeitet, wo ich sehr hatte das Gefühl, er müsse mir zeigen, wie selbständig habe arbeiten können. alles geht, weil ich nicht vom Fach war. Ich Er wollte immer wissen, was ich habe mich durchgesetzt.‹ (B1) mache und ich hatte das Gefühl, ›Er kann mich nicht wie eine seiner Angeich weiss, was ich machen muss. stellten behandeln. Im Haushalt hält sich Ich konnte das aber nicht einfach mein Mann sehr zurück. Das ist nicht geso sagen. Man muss lernen etwas recht verteilt bei uns.‹ (B5) zu akzeptieren oder mein Mann ›Aufteilung Arbeit, Familie und Beruf hätte muss merken, dass ich nicht einin der Balance sein müssen. Ich fühlte mich fach eine seiner Angestellten bin, oft zurückgewiesen.‹ (B6) der man sagen kann, nimm den ›Früher gab es kein Danke, kein Bitte. Die Besen und geh‘ wischen.« (B5) Achtung fehlte. Mein Man schrie mich vor den Gästen an: Komm mal, mach mal, tu einmal.‹ (B7) ›Als ich die Meisterprüfung gemacht habe, hat er sie auch gemacht. Er hat mit mir gewetteifert, hat gemerkt, das ich stärker bin als er. Er wollte mir fachlich ebenbürtig sein. Er hat extrem Mühe von mir etwas anzunehmen.‹ (B8) ›Ich war alleine verantwortlich für die Kinder und habe mich zurückgesetzt gefühlt. Früher habe ich vor dem Kader die Entscheidungen meines Mannes angezweifelt. Musste damit aufhören, habe gemerkt, dass das nicht geht. Da gab es viele Reibungspunkte. So nach 10 Jahren hat man es dann gelernt. Mein Mann hat mich früher als Mitarbeiterin betrachtet und weniger als seine Frau.‹ (B9)

34

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN ODER WENN WIR STREITEN, DANN ÜBER’S GESCHÄFT! Meinungsver›In Sachen Weiterbildung fühle ich mich schiedenheiten benachteiligt. Habe keine Unterstützung Ebene Gleichwervon ihm bei der Organisation. Das ist sehr tigkeit und Achunfair. Ich musste lernen damit umzugetung hen, dass man über meinem Kopf hinweg entscheidet. Wenn ich informiert bin, kann ich es akzeptieren, sonst nicht. Bin ein Alphatier.‹ (B12) ›Mein Mann fühlt sich ein wenig als Untergebener. Das ist für unsere Beziehung sehr schwierig. Er hat sich von der Familie nicht immer sehr angenommen gefühlt. Ich mache es ihm zum Vorwurf, dass er auf Stufe Mitarbeiter bleiben will. Er soll sich nicht aus der Verantwortung ziehen.‹ (B13) ›Es gibt auch Gäste oder Journalisten, die einen als Frau nicht gleichwertig behandeln. Wir haben einen Machtkampf geführt. Ich bin sicher nicht die mitarbeitende Frau.‹ (B14) ›Ich bekomme an der Front viel Lob von den Gästen. Es heisst, ich sei eine Arme und arbeite zu viel. Mein Mann bekommt weniger Anerkennung. Dies ist ein zentrales Thema und führt zu Konflikten in der Beziehung.‹ (B15)

35

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN ODER WENN WIR STREITEN, DANN ÜBER’S GESCHÄFT! Meinungsver»Am Anfang war es schon heftig. ›Konflikt wegen Mutter, weil sie sich mit schiedenheiten Es hat doch viel Reibung gegeben, Haushalt, Kindererziehung und MitarbeiEbene Familie vor allem mit den Schwiegerelterführung bemüht.‹ (B3) und Kinder tern. Wir hatten etwas andere ›Ich bin zu Hause strenger als mein Mann. Ansichten und andere Ideen, die Er steht als Lieber da, ich als Böser. Das tut wir verwirklichen wollten. […] mir weh. Jemand muss doch gewisse ReIch hatte doch ziemlich Mühe geln einhalten.‹ (B4) gehabt. Mir ist es schwer gefallen. ›Die Reibungspunkte sind noch viel grösser, Ich habe manchmal auch die Unwenn Kinder im Betrieb sind. Einmal hat terstützung meiner Schwiegerder eine das Gefühl, er müsse die Kinder in mutter vermisst. Mein SchwieSchutz nehmen und der andere will die gervater war zwar immer sehr Kinder fördern. Wir hatten grosse Probleoffen, man konnte auch immer me. Mit seinen Eltern haben wir lange gemit ihm reden, aber es war doch braucht, bis die Eckpunkte besprochen waschwierig. […] Es war wahnsinnig ren. Am Anfang waren sie sehr präsent. Das schwierig, weil er natürlich imwar nicht gut.‹ (B7) mer mitten drin gestanden ist. ›Am Anfang unserer Beziehung hat es mit […] Also Erziehung, da gibt es den Schwiegereltern viel Reibung gegeben. immer so einen Reibungspunkt, Wir hatten andere Ideen, andere Ansichten. weil mein Mann ja sehr grosszüEs gab viele Tränen und Diskussionen von gig ist. Wenn er mit den Kindern meiner Seite. Mein Mann stand zwischenlosgeht, dann kauft er einfach drin. Für die Beziehung war es eine Probe. etwas. Ich bin halt nicht so. […] Heute ist das Verhältnis besser. Wir streiten Ich weiss genau, wenn ich ein wegen der Erziehung der Kinder. Ich finde, Wochenende weg bin, dann hat er mein Mann ist zu grosszügig. Er kauft den den Kindern garantiert etwas Kindern immer etwas.‹ (B11) gekauft.« (B11) ›Wir hatten viele Kämpfe in der Familie. Mein Sohn und mein Mann. Die beiden sind häufig anderer Ansicht. Wir raufen uns immer wieder zusammen. Ich versuche nicht mehr zu vermitteln, es jedem recht zu machen. Die sollen miteinander streiten, mir geht’s besser dabei. In Sachen Kindererziehung ging’s immer um den Ausgang. Ich war unserer Tochter gegenüber viel grosszügiger als er. Wir haben uns aneinander abgewetzt, weil wir anderer Auffassung waren und weil wir die Kinder nicht gemeinsam gehabt haben.‹ (B13) ›Die Familie ist mir sehr wichtig. Meine Mutter ist relativ viel im Betrieb. Ich habe das Gefühl, ich komme in die Pubertät und werde relativ spät erwachsen. Ich wehre mich. Meine Mutter ist immer ein Thema. Sie schnürt uns beide den Hals zu und sorgt unter uns für Spannungen.‹ (B15)

36

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

UNTERSCHIEDLICHE ANSICHTEN ODER WENN WIR STREITEN, DANN ÜBER’S GESCHÄFT! ›Daily Hassles‹ »[…] und der Computer. Mein ›Ich muss alles organisieren. Von ihm oder Was mich Mann ist einfach ein Computerkommt nichts. Er sagt: Ich muss meine Frau an meinem Mann Freak und er kann stundenlang fragen. Es würde mich freuen, wenn er immer wieder vor diesem Ding hocken. Ich den- mehr Initiative zeigen würde. Das nervt mal ein wenig ke immer, mein Gott … Das sind mich.‹ (B1) nervt … die zwei Hauptpunkte, wo ich ›In gewissen Angelegenheiten ist er so versage, kannst du jetzt nicht einmal bohrt.‹ (B3) das Ding in Ruhe lassen?! Er sagt ›Mein Mann sammelt alles. Autos, Eisendann, ich muss nur schnell etwas modelle, Papierkram, Werbematerial. Es ist schauen. Dieses Ich-muss-nurendlos. Das gibt immer wieder Diskussioschnell dauert dann einfach eine nen.‹ (B5) Stunde und nicht nur 5 Minuten.« ›Mich nervt, was er mit seinem Geld macht. (B11) Hat sich einen Off-Roader gekauft, obwohl er weiss, dass ich das das Allerschlimmste finde.‹ (B6) ›Mein Mann ist bei Reklamationen grosszügiger als ich. So Kleinigkeiten führen immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten.‹ (B9) ›Er will immer recht haben und kann kein Fehler eingestehen. Ich muss ihm über fünf Ecken etwas beibringen.‹ (B10) ›Er kann stundenlang vor dem Computer sitzen.‹ (B11) ›Er ist relativ dominant, sieht und hört alles. Er muss lernen sich etwas zurückzunehmen.‹ (B15)

37

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

MÄNGELLISTE ODER DAS KOMMT IN DER BEZIEHUNG ZU KURZ Spüren eines »Er hatte zwei Burnouts in den ›Ich hätte gerne mehr Zeit gehabt für uns.‹ Mangels an Paar- letzten sechs Jahren. Das war eine (B1) Sein und einem schwierige Phase. Vor allem weil ›Mehr Zeit. Einfach mal 2 Tage frei haben.‹ Mangel an Nähe ich es nicht gemerkt habe. Er ist (B2) zu einem Freund von uns und hat ›Wir haben wenig Zeit für uns. Die Kinder mich einfach mitgenommen. Er sind noch klein. Wenn Kinder grösser sind, hat dann eigentlich seinem können wir mal gemeinsam aufs Bike.‹ (B3) Freund erzählt, er stehe kurz da›Ich war immer alleine zu Hause. Auch vor sich das Leben zu nehmen. angebunden mit dem Kind. Habe es nicht Das hat mich wahnsinnig schoertragen können. Heute schaue ich für ckiert und auch ein Stück weit mich.‹ (B6) beleidigt, dass er das ihm erzählt ›Wir haben Höhen und Tiefen in der Beziehat und mir nicht. […] Es zieht hung. Hängt mit dem Betrieb und dem sich durch unsere Beziehung wie Stress zusammen. Wir haben wenig Freizeit, ein roter Faden, dass wir unser würden gerne mehr unternehmen.‹ (B8) Paar-Sein einfach zu wenig insti›Wenn wir etwas machen, dann mit den tutionalisiert haben. Dass wir z. B. Kindern. Das eigentlich Paar-Sein kommt gesagt hätten, wir gehen einmal zu kurz. Beruf verlangt Präsenzzeit. Es ist im Monat auswärts essen. Wir ein Auf und Ab.‹ (B9) hatten es vor gehabt, dann aber ›Zwischendrin gab es eine Zeit, wo wir es doch nie gemacht. Wir haben uns sehr schwierig miteinander hatten. Es hat verschiedene Sachen vorgenomgekriselt. Beide hatten das Gefühl, dass wir men um unsere Beziehung zu zusammenbleiben wollen, wir wollen nicht, verbessern, aber es hat dann doch dass es auseinandergeht.‹ (B11) nie geklappt. […] Trotzdem bin ›Einmal einen lustigen Abend haben miteiich der Meinung, wenn man zunander. Privat möchte ich mit anderen Ersammen arbeitet, dann hat man so wachsenen zusammen sein und so auf diese viele gemeinsame Punkte, BezieWeise die Nähe zu meinem Mann spüren. hungspunkte, dass man sich eiDas ist anders als bei der Arbeit.‹ (B12) gentlich gar nicht so auseinander- ›Wir haben zu wenig Zeit füreinander und leben kann. Die Gefahr hat bei können es nicht planen.‹ (B13) uns nie bestanden.« (B9) ›Ich vermisse Zärtlichkeit. Es ist rundum die Uhr das gleiche Leben, ich möchte mal ausbrechen können. Wir haben selten Luft für uns. Die Partnerschaft ist einfach Teamwork und eigentlich gefestigt. Es ist ein zeitlicher Aspekt, der uns fehlt.‹ (B15) Spüren eines Mangels an Zeit für das FamilieSein und für die Beziehungspflege

»Ja klar, es gibt ganz viele Sachen, die wir gerne gemacht hätten, aber nicht machen konnten. Es gibt zum Beispiel in meiner Familie relativ viele Familienanlässe und Geburtstage oder geschäftliche Sachen, zu denen uns mein Vater immer eingeladen hat. Da konnten wir nie hingehen. Ich war immer das Familienmitglied, das am wenigsten dabei war.« (B14)

›Wir konnten selten etwas miteinander unternehmen als Familie. Mal ging er am Mittwoch mit den Kindern, mal ich.‹ (B1) ›Der Kontakt zu Kollegen bleibt auf der Strecke. Verwandte besuchen wir in der Zwischensaison.‹ (B3) ›Ich bin schon lange nicht mehr mit einer Kollegin fortgegangen. Wenn man zusammen lebt und arbeitet, vernachlässigt man die Aussenwelt.‹ (B4)

38

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

MÄNGELLISTE ODER DAS KOMMT IN DER BEZIEHUNG ZU KURZ Spüren von eines ›Ich hätte gerne mehr Zeit für die Kinder Mangels an Zeit gehabt. Die Kinder hätten das sicher auch für das Familielieber gehabt. Mein Mann hätte vermehrt Sein und für die nein sagen müssen. Jetzt nehme ich mir Zeit Beziehungspflege für die Familie und für meine Kinder. Die sind nur einmal klein. Mit dem Alter merkt man, dass man gar nicht so viele Kollegen hat. Die sind andere Wege gegangen. Das ist schade.‹ (B5) ›Ein gemeinsames Leben als Familie haben wir nie gehabt. Ich musste akzeptieren, dass mein Mann dieses Bünzli-Dasein nicht leben wollte.‹ (B6) ›Ich habe noch vier Geschwister und beide Eltern und Nichten und Neffen und keine Zeit diese Beziehungen zu pflegen. Möchte an Geburtstage gehen. Es wäre schön spontan mit Kolleginnen etwas zu unternehmen.‹ (B8) ›Es macht mir ein wenig zu schaffen, die wenige Zeit für die Familie. Habe auch wenig Zeit für Kontakte, für Freundinnen, zum Tratschen und Quatschen. Ohne meinen Mann würde ich vereinsamen. Selten können wir zu einem Geburtstag oder zu einem Fest gehen.‹ (B10) ›Ich wäre gerne an Familienanlässe und Geburtstage gegangen.‹ (B14) ›Ich habe zwei Freundinnen, zu denen ich nur einen telefonischen Kontakt haben kann.‹ (B15) Mangel an, Auf»Es gibt schon Sachen wo wir ›Hobbies habe ich fast keine mehr, musste schieben von Zeit beide, also gegenseitig … Wir mir die Zeit fast stehlen. Am Anfang habe für Hobby, Reihaben beide sehr gerne Kunst und ich noch den Turnverein geleitet. Irgendsen, Kunst, KulKultur. Wir gehen sehr gerne auf wann ging das nicht mehr.‹ (B1) tur, Sport, WeiReisen. Durch diese Art von Le›Kaum Zeit für Kunst, Kultur und Reisen.‹ terbildung ben kommen Kunst, Kultur, (B2) Freunde, Reisen, etc. zu kurz. […] ›Es wäre schön, wenn jeder Zeit hätte und Wir haben zwei, drei gute Freunmit seinen Hobbies einen eigenen Weg einde, mit denen wir viel mailen, da schlagen könnte.‹ (B3) kommt in meinen Mails oft vor: ›Wünsche mir mehr Freizeit.‹ (B5) Träumen ist ja erlaubt. Dann ›Mehr Zeit für Hobbies. Mal ein Buch lesen kommt irgendwoher ein Reisekönnen.‹ (B8) programm und wir sagen, kommt ›Freizeit fehlt ganz klar.‹ (B9) wir gehen mal wieder auf eine ›Wir sind extrem engagiert von den StunReise. Dann schaue ich das so an den her. Selten können wir an eine Vernisund sage, wow, das wär eine Sasage oder ins Theater gehen.‹ (B10) che! Einfach einmal so können! ›Weiterbildung kommt zu kurz. Hat auch Auch irgendwo Zeit für sich zu mit der Situation Mutter-Arbeit zu tun. Ich haben. Das ist wohl etwas, aber gehe selten in den Ausgang. Das fehlt mir.‹ nicht so, dass ich darunter total (B12) leiden würde.« (B2)

39

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

MÄNGELLISTE ODER DAS KOMMT IN DER BEZIEHUNG ZU KURZ Mangel an, Auf›Wir konnten viele Sache nicht unternehschieben von Zeit men. Ich könnte tausende Aktivitäten auffür Hobby, Reizählen.‹ (B14) sen, Kunst, Kul›Jeder soll Zeit haben für ein eigenes Hobtur, Sport, Weiby.‹ (B15) terbildung Mangel an An»Wir besuchen zum Beispiel prak- ›Die Anwesenheit dieses Kochs hat uns trieb, Lust, Enertisch keine kulturellen Anlässe. wirklich viel Substanz gekostet. Wir waren gie Wir gehen selten miteinander froh, als er weg war.‹ (B1) essen, weil wir beide nicht mehr ›Die Situation mit meiner Mutter braucht mögen. Ganz klar deswegen.« halt schon viel Energie. Zusammenarbeiten (B9) und zusammen leben braucht viel Energie und Kraft.‹ (B3) ›Mich stressen die langen Stunden. Es bringt mich ans Limit.‹ (B4) ›Ich kann nicht lesen im Bett, nach 3 Seiten schlafe ich ein. Mir fehlt der Antrieb mit anderen Leuten wegzugehen.‹ (B8) ›Wir gehen wenig miteinander essen, weil wir beide nicht mehr mögen.‹ (B9) ›Mein Mann sagt, komm wir gehen. Ich bin manchmal einfach zu müde.‹ (B10) ›Der Job ist so intensiv. Wir hätten früher reisen sollen, ohne Kinder, das wäre ideal gewesen. Aber es kam uns nicht in den Sinn.‹ (B12) ›Es hat Reaktionen von Angstzuständen gegeben. Ich war überlastet. Es ist einfach irgendwann zu viel geworden. Es hat in gewissen Momenten sehr an meinen Kräften gezerrt. Es wäre schön, wenn es etwas weniger häufig werden würde.‹ (B14) ›Ich brauche Luft, eine Pause. Ich kann mich nicht erholen. Seit zwei, drei Jahren kommen wir nicht weiter. Ich spüre es in mir und der Partner zeigt kein Verständnis dafür. Er spürt das nicht.‹ (B15)

40

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

DIE ›HOTELFRAU‹ UND DER TÄGLICHE SPAGAT ZWISCHEN BEZIEHUNG, FAMILIE, BERUF Spagat zwischen »Er war ein Kind, das es immer ›Beim ersten Kind war ich hin und her gePartner, Familie schwer hatte in der Schule und rissen zwischen Betrieb und Zuhause. und Beruf wo ich ständig hin und her gerisKonnte keinen Support bei den Hausaufgasen war, weil ich einfach zu weben geben. Schlechtes Gewissen ist abhännig Zeit für ihn hatte. Um Schulgig von der Art des Kindes. Es ist ein Vorsupport zu geben. Er hätte immer teil vor Ort zu wohnen.‹ (B2) jemanden gebraucht, der sich mit ›In der Zwischensaison habe ich den grösseihm hinsetzt und Hausaufgaben ren Stress, weil ich noch kochen muss. Ormacht. Bei uns läuft am Mittag ganisatorische Sachen bleiben auf der Stremeistens relativ viel. Dort war ich cke. Das nervt mich halt. Zwischendurch viel hin und her gerissen. Auf der habe ich manchmal eine Minute für mich einen Seite er, der zu Hause war zum Kaffeetrinken. Es ist eine sehr intensive und Hilfe benötigt hätte und auf Zeit, auch mit den Kindern. Zuhause bin ich der anderen Seite der Service, der manchmal zu lieb. Will dort nicht auch nach mir rief. Da hatte ich oft ein noch ein Puff haben. Das ist eine Gefahr. schlechtes Gewissen.« (B2) Meine Mutter, meine Schwester und das Kindermädchen unterstützen uns bei der Kinderbetreuung.‹ (B3) ›Die Schwiegereltern wollten, dass ich mehr arbeiten würde. Ich will es nicht so machen wie meine Schwiegereltern. Sie haben keine Bindung zu unseren Kindern, weil sie immer im Geschäft waren. Ich wäre lieber mehr zu Hause. Manchmal habe ich ein Gefühl des Abschiebens. Gedanken an Kinder alleine zu Hause würden mir weh tun. Ich möchte abends möglichst für die Kinder da sein, denn dann ist immer eine gewisse Spannung da. Ich bin Gastgeberin, Ansprechperson für die Mitarbeiter, Kontrolleurin, Mami, Partnerin, Chauffeurin, Bürofrau. Alles unheimlich viele Berufsgattungen, die ich in einem verbinde. Meine Eltern sind dadurch, dass sie die Kinder hüten, eine zweite Bezugsfamilie. Die Kinder geniessen das sehr. (B4) ›Es war nicht geplant, dass ich so schnell wieder arbeiten würde. Ich fand es schlimm. Hätte mir am Anfang mehr Zeit mit den Kindern zu Hause gewünscht. Wäre lieber 1 Jahr oder mit einem kleineren Pensum zu Hause geblieben. Mit dem AuPair ging es so einfach, dass ich weiter gearbeitet habe. Rollen wechseln zwischen Business und Muttersein. Man muss sehr viel umstellen, improvisieren, weil immer wieder etwas dazwischen kommt.‹ (B5)

41

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

DIE ›HOTELFRAU‹ UND DER TÄGLICHE SPAGAT ZWISCHEN BEZIEHUNG, FAMILIE, BERUF Spagat zwischen ›Ich musste das Bild einer klassischen FamiPartner, Familie lie wegdenken. Das war sehr schmerzhaft. und Beruf Wir sind zwei Singles mit Kind und nicht eine Familie. Ich trenne Arbeit und Familie. Wir hätten die Situation mit mehr als einem Kind nicht bewältigen können. Die Arbeitsbelastung wäre zu hoch gewesen. Ich hatte nicht das klassische Hausfrauending. Ging nicht spazieren und käffelen.‹ (B6) ›Ich war immer berufstätig. Eine Woche Mutterschutz und fertig. Das Kindermädchen hat mir viel Last abgenommen. Habe immer versucht den Spagat und den Stress zu schaffen. War an jedem Elternabend. Kinder, Schule, Instrumente, Sport. Ich arbeitete viel nachts. Wollte es allen recht machen. Habe es recht gut hinbekommen. Kinder im Betrieb sind ein grosses Handicap, einfach die Belastung, alles unter einen Hut bringen zu wollen.‹ (B7) ›Wir haben keine Kinder. Ich wollte nicht beides, Geschäft und Kinder. Kinder im Gastgewerbe kommen zu kurz.‹ (B8) ›Habe immer ein bisschen ein schlechtes Gewissen gegenüber den Kindern. Ohne Au-Pair hätte ich das nicht geschafft.‹ (B9) ›Wir konnten keine Kinder bekommen, das war extrem schwierig zu akzeptieren. Wir haben alles dafür gemacht.‹ (B10) ›Früher meinte ich, ich müsse nebenbei auch noch vieles machen. Habe mir selber Druck gemacht. Beim ersten Kind habe ich im Spital weitergearbeitet. Heute bereue ich es, dass ich mich so habe stressen lassen.‹ (B11) ›Wenn ich arbeite, arbeite ich. Aber ich habe Mühe zu switchen. Es ist tagtäglich ein Riesenspagat. Mit meinem Mann muss ich mich organisieren. Er macht es sich jedoch häufig einfach. Als Mutter muss man extrem flexibel sein. Lernen, die freie Zeit mit den Kindern und nicht mit Putzen zu verbringen. Kinder waren bei einer Tagesfamilie gut aufgehoben.‹ (B12)

42

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

HAUPTKATEGORIE: DIE ›HOTELFRAU‹ UND DER TÄGLICHE SPAGAT ZWISCHEN BEZIEHUNG, FAMILIE, BERUF Spagat zwischen ›Ich habe immer ein schlechtes Gewissen Partner, Familie gehabt, entweder gegenüber dem Betrieb und Beruf oder gegenüber den Kindern. Hatte das Gefühl immer etwas zu vernachlässigen. Es war in meinem Kopf, ich musste das machen. Ich war voll und ganz Mutter und habe nebenbei den Betrieb jongliert. Ich hatte keine Unterstützung, musste das alles alleine schaffen. Die Tochter war eine sehr gute Schülerin und ging gerne zur Schule. Das hilft. Ich muss immer geben. Alle wollen etwas von mir.‹ (B13) ›Ich wollte beides, Kind und Job und beides sehr gut machen. Das bedingt einen guten Komplizen an meiner Seite. Berufstätige Mütter wollen nicht schuld sein, wenn etwas mit den Kindern nicht gut ist. Das kostet Zeit und Energie. Bin auf die private Planung angewiesen. Habe ein tolles Kindermädchen.‹ (B14) ›Wir haben keine Kinder. Mein Mann wollte keine Kinder. Für mich stimmt es so. Die Doppelbelastung wäre für mich sehr schwierig gewesen.‹ (B15) ›Eine Trennung kam für mich erst im Frage Verantwortung »Was die Kinder betrifft, das Kindererziehung muss ich schon sagen, da wäre es als mein Sohn 18 Jahre alt wurde. Vorher ging’s nicht. Ich wollte horten und die Fasicher einfacher gewesen, wenn milie beschützen. Zusammen leben und man die Zeit mit den Kindern zu zweit hätte gestalten können. Der arbeiten heisst für mich verantworten übereine mit dem einen Kind und der nehmen für den Mann und für das Kind.‹ (B6) andere mit dem anderen. Über ›Schwierig als Frau mit 3 Kindern einen Jahre hatten wir die Situation – Schlussstrich unter der Partnerschaft zu die ist jetzt zwar langsam am ziehen und den Mut haben alleine auszuVerschwinden, weil die Kinder ziehen. Es gehört sehr viel dazu, auch weil älter geworden sind –, dass ich keine Verwandten in der Nähe habe.‹ gleichzeitig zwei Ansprüche an (B7) mich stellten. Das hat über Jahre ›Quasi alleine verantwortlich für die Erziean meinen Kräften gezerrt. Mein hung der Kinder. Ging alleine an Elternrelativ grosser Einsatz im Beruf, abende, an Elterngespräche und auf Schulnicht in einem Beruf, wo man besuche. Ich kam mir sehr alleine vor, wähgemütlich werkelt, sondern in rend mein Mann Karriere machte. Geburt einem Beruf, der etwas von mir der Kinder war ein gewaltiger Einschnitt. Es fordert und gleichzeitig zu Hauwar keine einfache Zeit.‹ (B9) se die Kleinkinder, die auch ihre Ansprüche stellen. Der Tag dauert von morgens 6.30 Uhr bis abends ca. 21.30 Uhr und das über Jahre. Dann noch die zusätzliche Beanspruchung durch die Ämter, die ich nebenher noch habe, die mir wichtig sind. Und in meiner Herkunftsfamilie habe ich die Situation,

43 HERAUSFORDERUNGEN UND DEFIZITE

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

HAUPTKATEGORIE: DIE ›HOTELFRAU‹ UND DER TÄGLICHE SPAGAT ZWISCHEN BEZIEHUNG, FAMILIE, BERUF Verantwortung dass ich mich schon seit Jahren ›Es ist ein Riesenkampf. Ich möchte, dass er Kindererziehung meiner Mutter annehmen muss, mehr Zeit mit den Kindern verbringt. Ich weil ich seltsamerweise im Zentkann nicht mit seiner Unterstützung rechrum dieser Familie stehe. Da nen, wenn ich z.B. zum Zahnarzt muss. muss ich sagen, das hat in gewisAuch wenn er es 2 Monate zum Voraus sen Momenten in einem unerträg- weiss, geht es für ihn nicht. Er drückt sich, lichen Mass an meinen Kräften wo er kann. Das kann und werde ich nicht gezerrt ...« (B14) akzeptieren. Er sagt auch, er habe Ferien und gehe für 2 Stunden in die Sauna. Ja, und ich und die Kinder? Das kotzt mich an.‹ (B12) ›Ich war am Abend immer alleine. Ich war wie alleinerziehend, obwohl er emotional da war. Es ist eine Belastung, man muss sehr selbständig sein und darf nicht verzweifeln. Ich habe dies als Herausforderung betrachtet und nicht negativ empfunden, aber jetzt, nach so vielen Jahren, wäre es schön, wenn es etwas weniger werden würde. Die Kinder stellten Ansprüche an mich. Diese konnte ich nicht mit meinem Mann teilen. Das hat über Jahre an den Kräften gezerrt.‹ (B14) Wechselwirkung »Zum Beispiel auch unser grosser ›Die Kinder sehen die Eltern eher als GeKind und berufli- Sohn, er sieht seinen Vater schon schäftsleute.‹ (B2) che Tätigkeit der ein wenig als Über-Vater. Das hat ›Eine Garantie, dass die Kinder nicht zu Eltern sicher auch damit zu tun, dass er kurz kommen, hat man nicht. Im Sommer ihn immer im Geschäft sieht, dass merke ich, dass sie es nicht mögen, wenn er ihn immer mit Geschäftskleiich arbeiten gehe.‹ (B3) dern sieht. Ich denke, manches ›Die Kinder können nicht am MittwochKind sieht seinen Vater morgens nachmittag mit Gspänli abmachen, weil das Haus verlassen, aber es sieht dann halt ihr Vater frei hat. Dafür können ihn nicht, wenn er arbeitet. Dann sie am Samstag abmachen. Das sind so kommt deren Vater abends wieKompromisse, die die Kinder machen müsder heim, zieht seine Schuhe aus sen.‹ (B4) und ist Privatmann. Unsere Kin›Wir konnten nicht viel teilnehmen am der sehen immer, wie wir profesSchulgeschehen. Konnten auch die Dinge sionell agieren, wie wir professio- nicht machen, die wir mit den Kindern hätnell mit unseren Mitarbeitern ten machen sollen. Sie mussten auch zuumgehen, wie wir entsprechende rückstecken.‹ (B5) Gespräche mit unseren Mitarbei›Je angespannter wir sind, desto zappliger tern am Tisch führen und das ist werden die Kinder. Zeitweise sollte das für sie sicher auch etwas schwieGeschäft vor den Kindern tabu sein.‹ (B12) rig. Wir sind für sie vermutlich nicht Vater und Mutter in einem klassischen Sinn. Sie sehen uns vermutlich eher als Geschäftsleute.« (B2)

44

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

BEWÄLTIGUNGSSTRATEGIEN Investition in die »[…] dankbar dafür, dass ich habe Partnerschaft arbeiten können. Dass ich so ein Stück weit auch an seinem Leben teilhaben konnte. Er ist ein Workaholic, das ist ganz klar. Für ihn hätte es auch keine Alternative gegeben. Ich hatte nur die Wahl mich anzupassen oder zu gehen. […] Wir waren auch schon in einer Paartherapie, das war vor 2 Jahren. Wir sind einfach nicht mehr weitergekommen. […] Dann haben wir aufgehört miteinander zu reden. Wir haben nur noch gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet. Mit der Arbeit kann man sehr viel verdrängen. Irgendwie haben wir es so einfach wieder überstanden.« (B9)

›Viel Zeit. Es fordert von mir Freude am Zusammenarbeiten und Flexibilität.‹ (B1) ›Muss mich immer wieder einbringen. Kann nicht in Tag hinein leben. Es braucht ein aktives Mitdenken, ein aktives Einbringen. Es erfordert Einsatz.‹ (B2) ›Es fordert von mir viel Energie und Kraft.‹ (B3) ›Ich habe ja gesagt zu diesem Geschäft und habe damit eine Verantwortung auf mich genommen. Wir haben einen guten Konsens gefunden für die Kinder und mit der Stellvertretung. Wir fangen uns gegenseitig auf, motivieren uns gegenseitig.‹ (B4) ›Unsere Beziehung hätte nicht gehalten, wenn wir nicht viel präsent gewesen wären und viel miteinander gemeinsam gemacht hätten. Es fordert Kompromissbereitschaft.‹ (B5) ›Nach unserer Trennung haben wir eine Ehetherapie gemacht. Jetzt ist es wirklich anders. Wir wissen, wie es funktioniert.‹ (B6) ›Im Gegensatz zur früheren Beziehung läuft es heute harmonisch.‹ (B7) ›Es fordert meinen vollen Einsatz.‹ (B8) ›Kompromissbereitschaft.‹ (B9) ›Es fordert Toleranz.‹ (B10) ›Es fordert von mir Einsatz.‹ (B11) ›Viel Energie und viele Kompromisse.‹ (B12) ›Sehr viel Toleranz.‹ (B13) ›Eine Zeit lang haben wir eine Beratung beigezogen. Wir hatten damals schwierige Zeiten. Es fordert Disziplin und Humor und viel Liebe.‹ (B14) ›Ich spreche mit Freundinnen über die Situation. Werde eine Beratung in Anspruch nehmen. Es fordert von mir alles.‹ (B15)

45

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNG UND DEFIZITE

BEWÄLTIGUNGSSTRATEGIEN Paarkompetenz »Ich schätze es wahnsinnig, dass als Ressource: es uns gelungen ist, eine offene Kommunizieren, und ehrliche Auseinandersetzung Akzeptieren, zu haben. Wir haben Probleme Distanzieren bewältigen können, die für uns sehr schwierig waren. Wir konnten diese Probleme hinter uns bringen. Wir sind nicht daran gescheitert und zwar dadurch, dass wir uns dem stellen konnten. Eine Zeit lang haben wir eine Beratung beigezogen. Ich habe keinen Mann, der sagt, nein, das mache ich nicht oder das braucht es nicht. Er sieht, wenn es wirklich schwierig ist und dass es dann manchmal mehr braucht, als nur zu warten, bis es vorbei geht. In diesem Zusammenhang benötigt man auch eine gewisse Bereitschaft sich weiter zu entwickeln und auch zu überlegen, warum es jetzt schwierig ist.« (B14)

›Wenn mich etwas sehr beschäftigt, lasse ich es zuerst gerade mal raus. Dann ist die Geschichte diskutiert. Wir haben wenig Reibungsfläche. Auch weil wir schon lange miteinander arbeiten. Wir streiten nicht gerne und ich akzeptiere, dass mein Mann der Chef ist. Das ist so. Ich hole nicht schreiend mein Recht heraus. Ferien haben eher noch Konfliktpotenzial, weil man so viel Zeit miteinander hat.‹ (B2) ›Könnte oftmals explodieren. Manchmal sprechen wir eine Weile nicht mehr miteinander. Sind dann so eine Stunde ein bisschen eingeschnappt. Wir raffen uns dann wieder auf. Müssen ja den Karren wieder ziehen. Habe nicht gerne Streit. Gehe dem aus dem Weg. Wir haben es harmonisch, sehr harmonisch.‹ (B3) › Wir haben selten Meinungsverschiedenheiten im Geschäft, weil Küche und Service getrennt sind. Im Stress hat er vielleicht ein, zwei Beleidigendes gesagt. Wir können das miteinander ausdiskutieren.‹ (B4) ›Mein Mann ist dermassen freiheitsliebend. Ich musste das akzeptieren. Habe mich damit versöhnt, weil ich es nicht ändern kann. Die Trennung war gut. Ich konnte Distanz schaffen. Vorher wurde ich nur noch wütend. Heute schlucke ich nicht mehr alles und sage, was mich stört.‹ (B6) ›In meiner heutigen Beziehung haben wir kaum Reibungspunkte. Ich muss nicht kämpfen. Es geht uns beiden sehr gut.‹ (B7) ›Er ist sehr ruhig, ich flippe eher mal aus. Aber nicht lange. Krach, dass die Fetzen fliegen, kennen wir weniger. Im täglichen Stress sagt man schon mal etwas, aber wir reden darüber und diskutieren das aus. Manchmal habe ich das Gefühl, wir dürften etwas mehr reden. Sind beide nicht so daran gewöhnt und etwas zurückhaltend. Wenn mich etwas bedrückt, bin ich meistens im Büro und rede nur das Nötigste. Es fliessen dann eher Tränen, ich kann es nicht so auf einer sachlichen Ebene angehen.‹ (B8) ›Bei Auseinandersetzungen ruft mein Mann aus, ich rede einfach nichts mehr für einige Stunden. Irgendwann kommen wir doch wieder zusammen und staunen über unseren Streit wegen einer solchen Lappalie. Zwei, drei Mal habe ich gesagt, jetzt geh ich. Bin doch immer wieder nach Hause gekommen.‹ (B10)

46

HERAUSFORDE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

RUNGEN UND DEFIZITE

BEWÄLTIGUNGSSTRATEGIEN Paarkompetenz: Kommunizieren, Akzeptieren, Distanzieren

›Geschäftlich haben wir wenig Auseinandersetzungen. Wir hatten zwischendrin eine Krise. Ich bin eine Weile zu meinen Eltern gegangen, um Abstand zu haben. Dann sind wir zusammengesessen und haben geredet. Beide hatten das Gefühl zusammenbleiben zu wollen. Wenn wir Krach haben, möchte ich es vor dem Schlafengehen ausgesprochen haben.‹ (B11) ›Rede viel mit meiner Tochter. Das hilft sehr. Ab und zu würde ich am liebsten davonlaufen. Wir sprechen uns immer wieder aus nach einem Streit.‹ (B13) ›Durch eine offene, ehrliche Auseinandersetzung konnten wir unsere Probleme bewältigen. Wir haben beide eine hohe Motivation und schützen uns gegenseitig.‹ (B14)

47

10.14 KODIERLEITFADEN – MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT: AUFGABEN UND ROLLEN MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT

ANKERBEISPIEL

GESTALTUNG DER ARBEITSBEZIEHUNG Wer ist der Chef: »Ich akzeptiere ihn und vor allem Du, ich, wir? respektiere ich ihn quasi als meinen Chef, wenn man so will. Vom Organigramm her, wenn man es genau anschaut, steht er auch über mir. Ich habe auch überhaupt kein Problem, das zu akzeptieren, weil ich auch seine Fähigkeiten, sein Know-how, seine Leistungen absolut respektiere … Ich bin diesbezüglich ein Fan meines Mannes. Für mich ist er der perfekte Chef und zu Hause sieht es wieder etwas anders aus. Dort bin ich quasi der Chef, wenn man so will. […] Es ist klar, einer muss den Lead haben, aber trotzdem muss der andere genau wissen, was seine Kompetenzen sind. […] Wenn beide starke Persönlichkeiten sind und beide Führungsverantwortung übernehmen wollen, dann müssen sie ganz klar miteinander abmachen, wer wofür zuständig ist. Wer welche Kompetenzen hat. Man muss sehr viel reden miteinander.« (B9)

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

›Ich bin nicht die Angestellte meines Mannes. Wir sind beide gleichwertig, aber er ist der Chef und hat das letzte Wort. Sonst gibt’s endlose Diskussionen. Ich akzeptiere es und schätze das. Er hat mehr Erfahrung, sieht mehr über das Hotel hinaus, ist besser ausgebildet. Ich kann ihm jedoch Paroli bieten.‹ (B2) ›Ich bin diejenige, die voraus geht und führt. Man nimmt mich als die Chefin des Hotels wahr. Mein Mann kann das nicht, hat am liebsten nichts damit zu tun.‹ (B6) ›Ich mag es den Lead ein Stück weit abzugeben. Lasse mich durch ihn ein Stück weit führen. Ich bin seine Assistentin. Habe dadurch auch mehr Freiheiten. Ich leite keine Abteilung, führe auch nicht gerne Leute. In der Hotellerie ist es noch generell so, dass die Männer die Direktoren sind und dass die Frau dann halt erst an zweiter Stelle kommt. Mit den Kindern und mit dem Arbeitspensum hat es sich ergeben, dass er der Chef ist. Habe es zähneknirschend akzeptiert.‹ (B9) ›Wir sind zwar gleichwertig, aber nach aussen ist mein Mann immer noch der Chef.‹ (B11) ›Er ist als Direktor angestellt, ich als Teilzeitmitarbeiterin. Ich wollte einen eigenen Vertrag. Ich bin halt auch Mutter und möchte gegenüber dem Arbeitgeber kein schlechtes Gewissen haben. Direktion im Teilzeitpensum geht nicht. Ich kann gut im Hintergrund bleiben, mein Mann nicht. Er braucht die Bestätigung. Ist auch noch kulturell bedingt, von seiner Herkunft her.‹ (B12) ›Ich bin die Chefin im Hause seit eh und je. Dadurch haben wir ab und zu Reibereien. Ich bin verantwortlich für die gesamte Mitarbeiterführung. Mein Mann ist fair und tolerant. Er dürfte jedoch mehr Verantwortung übernehmen bei der Geschäftsführung.‹ (B13) ›Ich bin die Ruhigere, ordne mich unter und brauche eine starke Person an meiner Seite. Er ist mein Vorbild in vielen Punkten.‹ (B15)

48

MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT

ANKERBEISPIEL

GESTALTUNG DER ARBEITSBEZIEHUNG Ideologie: Mann »Im Beruf lege ich sehr viel Wert und Frau als darauf, dass ich nicht als die ungleichwertige terstützende Frau und die Frau Partner im Hintergrund gelte. Das ist da oft ein Automatismus, z.B. bei Journalisten und bei allen möglichen Leuten … Überhaupt, das Wort ‚unterstützen’, wenn man von ‚unterstützen’ redet, kommt immer eine Unterstützung von unten. Das finde ich nicht richtig. Es ist mehr ein Ressourcen teilen. Das finde ich viel besser. Wobei es auch sein kann, dass eine Frau eine unterstützende Rolle inne hat und das muss nicht negativ sein, aber es muss dann einfach – und das ist das Allerwichtigste – klar definiert sein. […] Mein Mann ist nach aussen sehr viel präsenter im Hotel, aber ich habe mir meine Eigenausstrahlung wahren können mit meinen eigenen Kompetenzen und mit zusätzlichen Tätigkeiten. Vor Ort bin ich zwar weniger sichtbar, aber genau so geschätzt. Man weiss, ich bin auf Augenhöhe und genau so gut ausgebildet.« (B9)

Aufgaben und Kompetenzen als Leitplanken für die Partnerschaft

»Er macht seinen Küchenbereich, wo ich höchstens die Menus lese und sage, was ich gut oder nicht gut finde. Wenn’s ums Büro geht, dann machen wir das zusammen. Ich mache mehr die Buchungen und die Rechungen, aber wir sprechen uns ab, wie was vonstatten gehen soll. Was den Servicebereich betrifft, hilft er dort mit, wenn es das braucht. Im Hotelbereich arbeiten wir miteinander, obwohl die Aufgaben konsequent verteilt sind. Mit Sicherheit mache ich die ganze Buchhaltung, die Rechnungen, die Löhne, das sind sicher meine Aufgaben. Mit Sicherheit sind das Kochen und Rezeptieren sein Bereich.« (B7)

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

›Wenn eine Auskunft verlangt wird, dann sagt mein Mann automatisch, meine Frau ist da die Spezialistin.‹ (B2) ›Wir waren immer gleichberechtigt, auch gegenüber den Leuten, die mit uns arbeiten. Ich bin nie die Frau des Chefs gewesen. Ich will wegen meinen Qualitäten, wegen meiner Arbeit wichtig sein. Ich definiere mich nicht über meinen Mann. Wir haben beide den gleichen Lohn und die AG gehört uns beiden zu gleichen Teilen. Habe die Verantwortung zur Hälfte übernommen. Hätte ansonsten Anpassungsleistung erbringen müssen und wäre nicht zufrieden gewesen.‹ (B6) ›Wir behandeln uns gerecht und fair.‹ (B8) ›Früher hat mein Mann häufig in der IchForm gesprochen und nicht in der WirForm. Wir sind ein Team, entscheiden gemeinsam und machen das gemeinsam und nicht er alleine. Heute machen wir das partnerschaftlich, aber trotzdem recht sachlich. Wir begegnen uns auf Augenhöhe, haben die gleiche Ausbildung.‹ (B9) ›Die Finanzen müssen geregelt sein. Gütertrennung und Ehevertrag sind sehr wichtig.‹ (B10) ›Es ist ausgeglichen verteilt. Ich mache mehr im Haushalt, dafür arbeite ich weniger im Büro. Wir haben ein schönes Leben.‹ (B11) ›Ich bin nicht die unterstützende Frau im Hintergrund und will auch nicht so wahrgenommen werden.‹ (B14) ›Habe meinen eigenen Bereich und kann mich darin ausleben.‹ (B2) ›Wir haben den Aufgabenbereich ganz getrennt. Mein Mann macht den ganzen Finanzteil. Dort ist er der Spezialist. Spreche mich mit meinem Mann ab, übernehme die Verantwortung für meinen Bereich.‹ (B2) ›Wir besprechen vieles miteinander. Gleichen ab.‹ (B4) ›Jeder hat seine Aufgabe. Er macht FundB, Mitarbeiterführung und ich Reception und Rückwärtigen Dienst.‹ (B5) ›Aufgabenbereiche sind klar aufgeteilt. Beide sollen sich entfalten können. Die Mitarbeitenden wissen: Die haben das für sich getrennt. Sie respektieren das und trennen es klar, wenn sie eine Frage haben.‹ (B6)

49

MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT

ANKERBEISPIEL

GESTALTUNG DER ARBEITSBEZIEHUNG Aufgaben und Kompetenzen als Leitplanken für die Partnerschaft

Prozess der Aufgabenteilung

»Also übernommen hatten wir das Hotel noch nicht, weil meine Schwiegereltern damals auf dem Betrieb waren. Für mich war es etwas speziell, als wir hierher gekommen sind. Man ist so die Freundin des Sohnes vom Chef. Wir wollten eigentlich keinen Sonderstatus haben. Das heisst, am Anfang, als wir kamen, haben

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

›Aufgabenverteilung ist nicht gross. Er ist in der Küche, ich bin im Service. Den Hotelbereich und das Büro machen wir zusammen. Dann gibt’s Bereiche, die ganz klar getrennt sind, z.B. mache ich die Buchhaltung. Wir sprechen das gemeinsam ab.‹ (B7) ›Wir haben unsere Zuständigkeitsbereiche. Ich mache vor allem das Büro und die Administration und er ist gerne an der Front. Gewisse Sachen fliessen ineinander.‹ (B8) ›Die Kompetenzen sind klar abgesteckt. Ich habe meinen Bereich, wo ich selber entscheiden kann. Könnte es nicht haben, jedes Mal zu fragen. Auch ein Mitarbeiter muss wissen, was seine Kompetenzen sind, das ist genau gleich.‹ (B9) ›Es braucht eine ganz klare Aufgabenteilung. Am Anfang war ich noch in der Küche, habe alle verrückt gemacht und umgekehrt. Das geht nicht.‹ (B10) ›Jeder muss seinen Bereich haben, wo er sagt, wie’s läuft. Jeder kann in seinem Bereich entscheiden.‹ (B11) ›Wir sind beide starke Persönlichkeiten und haben die Sektoren getrennt. Je weniger wir einander dreinreden, desto besser geht’s. Gemeinsame Absprache ist wichtig.‹ (B12) ›Wir haben die Kompetenzen für meinen Mann, für mich und für meinen Sohn schriftlich festgehalten.‹ (B13) ›Wichtig ist die Trennung und Abgrenzung der Aufgabenbereiche zur Steigerung der Professionalität. Braucht Disziplin, sich daran zu halten. Getrennte Büros, klare Regeln. Die Frau sollte einen entsprechenden Status erhalten und der sollte definiert, ausformuliert und nach innen und aussen kommuniziert werden. So können sich alle orientieren. Daneben braucht es Raum für Humor und man muss ein Auge zudrücken können. Anders geht es nicht.‹ (B14) ›Wir sind dran die Aufgaben neu zu verteilen.‹ (B15) ›Ich hatte keine Ahnung von der Küche, deshalb war klar, dass er das macht. Ich habe Hauswirtschaft gelernt. Somit war die Aufteilung klar.‹ (B1) ›Mein Mann hat klare Leitplanken gezogen und ich habe sie akzeptiert. Dieser Prozess war für mich sehr hart. Ich dachte anfänglich, dass ich das nicht schaffe. Rückblickend bin ich davon überzeugt.‹ (B2)

50

MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT

ANKERBEISPIEL

GESTALTUNG DER ARBEITSBEZIEHUNG Prozess der Aufmein Mann und ich immer mit gabenteilung den Mitarbeitenden im Mitarbeiteressraum zusammen gegessen. Mein Mann und ich haben versucht herauszufinden, wo unsere Positionen sind, wer für was zuständig ist. Das war ein Entwicklungsprozess, der etwas gedauert hat. Mein Mann hat die Leitung der Restauration übernommen und ich musste für mich so ein bisschen schauen, was ich machen sollte. Er hat eine Zeit lang auch noch die Reception gemacht. Später bin auch ich an die Reception gegangen. Aber jeder muss seinen Bereich im Geschäft haben …« (B11)

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

›Die Aufteilung hat sich so ergeben, wir haben das gar nicht gross aufgelistet.‹ (B3) ›Haben geschaut, wer was lieber macht. Das hat funktioniert, wir kommen uns nicht in die Quere.‹ (B5) ›Hat sich mit der Zeit eingespielt. Je nachdem, wer was gerne macht.‹ (B8) ›Es ist eigentlich völlig natürlich gewachsen, entsprechend den Stärken und Schwächen. Und so, dass jeder seine Erfüllung findet.‹ (B9) ›Es war ein Entwicklungsprozess, wir haben versucht unsere Positionen und unsere Vorlieben herauszufinden.‹ (B10) ›Es hat sich aufgrund unserer Ausbildungen so ergeben. Er ist eher so der Front- und Restaurationstyp, ich bin gerne an der Front und in der Administration.‹ (B12) ›Der Betrieb ist gewachsen, hat sich entwickelt. Wir müssen die Aufgabenteilung neu überdenken.‹ (B15)

51

MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT

ANKERBEISPIEL

WECHSELSEITIGES LERNEN Von der Frau »Ich glaube, er hat die Sorgfalt zum Mann gelernt und akzeptiert, dass man arbeiten muss, dass es einem nicht einfach zufliegt. Ich bin ziemlich fleissig. Das bin ich immer schon gewesen und ich mache das auch gerne. Aber ich habe auch gerne Freizeit. Ich habe eine gute Balance. Wenn ich an der Arbeit bin, bin ich am Arbeiten. Ich glaube, das hat er schon gemerkt. Mir ist keine Arbeit zu schlecht. Das gibt es bei mir nicht. Dann fang ich an zu putzen, trage Kisten runter, entlade den Wein. Andere würden sagen, Jesusgott, eine Frau? Dabei habe ich das alles schon lange gemacht. Ich glaube, das Anpacken, das hat er schon ein wenig von mir übernommen.« (B6)

Vom Mann zur Frau

»Mein Mann hat eine Kompetenz, die ich extrem bewundere. Er ist extrem souverän und locker. Er ist total locker. Bei ihm kann Bill Clinton kommen und ein Dinner haben, das kratzt ihn gar nicht. Da würde er sich freuen. […] Ich wär aufgeregt und würde mir allerhand Fragen stellen … Wie soll ich den begrüssen? Wie muss ich ihn begrüssen?

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

›Ich weiss es nicht. Man nimmt in einer solchen Beziehung Sachen voneinander an und denkt, dass man das schon immer so gemacht hat.‹ (B1) ›Als Frau bringe ich eine Sozialkomponente und bringe eine atmosphärische Note hinein.‹ (B2) ›Er lernt von mir, dass man gewisse Sachen sagen darf.‹ (B3) ›Treibe ihn morgens an. Er ist ein Morgenmuffel. Er hat das Organisatorische von mir gelernt.‹ (B4) ›Er hat im administrativen Bereich viel von mir profitiert.‹ (B5) ›Das Organisatorische und die Sorgfalt. Sachen nicht einfach liegen lassen.‹ (B6) ›Die Sachen ein wenig lockerer sehen. Mal rausgehen und sich keine Sorgen machen.‹ (B7) ›Ich weiss nicht, was er von mir gelernt hat. Müsste ihn mal fragen.‹ (B8) ›Er ist risikofreudiger Typ. Er ist durch mich vorsichtiger geworden, überschläft seine Entscheidungen häufig nochmals.‹ (B9) ›Meine Stärke ist das Organisieren. Das hat er von mir gelernt.‹ (B10) ›Er hat die soziale Anbindung von mir gelernt. Er war immer ein wenig für sich. Auch den Familiensinn.‹ (B11) › Er hat gelernt diplomatischer zu sein. Nicht mehr so rauf und runter.‹ (B12) ›Er hat gelernt innovativer zu sein. Mehr Vertrauen in die Zukunft zu haben und sich mit Leib und Seele für etwas einzusetzen.‹ (B13) ›Er profitiert von mir. Ich bin sehr belastbar. Kann hunderttausend Sachen gleichzeitig machen und es wird mir nicht zu viel. Ich bin gut organisiert und setze meine Ressourcen ein.‹ (B14) ›Als Quereinsteigerin habe ich fachlich alles von ihm gelernt. Gerade auch die Einteilung der Arbeit, da konnte ich von der Schule nichts mitnehmen.‹ (B1) ›Ich erfahre von ihm, was ausserhalb der Hotelwelt abläuft.‹ (B2)

52

MANN UND FRAU BEI DER ARBEIT

ANKERBEISPIEL

WECHSELSEITIGES LERNEN Von Mann zur Diese Frage würde er sich gar Frau nicht stellen, weil es ihm irgendwie egal wäre. Das ist etwas, das ich von ihm extrem lernen kann. Ich bin wahnsinnig korrekt und strukturiert und bei mir muss immer alles richtig sein und es muss immer alles gut organisiert sein.« (B14)

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

›Ich habe gelernt, mal nichts zu sagen und erst einmal darüber zu schlafen. Bin ruhiger geworden.‹ (B3) ›Habe als Quereinsteigerin das Fachliche gelernt.‹ (B4) ›Ich habe gelernt nicht so schnell zu explodieren und geduldig zu sein. Er kann Situationen sehr gelassen nehmen. Im Arbeitsbereich FundB habe ich auch viel von ihm gelernt.‹ (B5) ›Er ist ruhiger als ich. Diese Besonnenheit habe ich gelernt.‹ (B6) ›Seine Pingeligkeit und seine Genauigkeit alles aufzuschreiben.‹ (B7) ›Spontan sein dürfen. Nicht gleich in die Luft steigen. Ruhe bewahren. Aber auch Fachliches im Bereich Küche.‹ (B8) ›Ich arbeite lieber alleine. Kann ihm vieles abschauen und bei ihm Tipps holen im Bereich Mitarbeiterführung.‹ (B9) ›Er ist immer optimistisch und kann sehr gut abschalten, wenn er aus dem Betrieb geht. Das lerne ich von ihm.‹ (B10) ›Im Bereich Buchhaltung könnte ich von ihm profitieren. Und dass ich nicht mehr so impulsiv bin und die Dinge gelassener angehe.‹ (B11) ›Habe gelernt mich durchzukämpfen, nicht zu allem Ja und Amen zu sagen und meinen Standpunkt zu vertreten.‹ (B12) ›Habe aus den Beziehungen gelernt, dass man Menschen nicht anbinden, festhalten und kontrollieren kann. Gefühle kann man nicht erzwingen.‹ (B13) ›Souveränität, Lockerheit, Fröhlichkeit.‹ (B14)

53

10.15 KODIERLEITFADEN – ENTWICKLUNG DER PARTNERSCHAFT IM LAUFE DER ZEIT ENTWICKLUNG DER PARTNER-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

»Ich denke, bei uns hat sich vieles zum Vorteil verändert. Es könnte sich auch vieles zum Nachteil verändern oder man könnte sich völlig auseinanderleben. Man ist dann so häufig zusammen, dass man praktisch nur noch flüchtet, man hat praktisch nichts mehr gemeinsam, obwohl man den ganzen Tag zusammen ist. Das ist bei uns eigentlich nicht so. Im Gegenteil, wir haben am Anfang mehr Schwierigkeiten gehabt, 24 Stunden zusammen sein zu können. Das haben wir beide nicht gekannt. Jetzt haben wir uns eigentlich gut in die Rolle hinein gelebt.« (B5)

›Bei Auseinandersetzungen sind wir lockerer geworden. Unsere Beziehung wäre nicht besser oder schlechter gewesen, wenn ich zu Hause geblieben wäre.‹ (B1) ›Haben einander gegenseitig bereichert und uns parallel weiterentwickelt. Sind gemeinsam gleichwertig gewachsen.‹ (B2) ›An der Harmonie und der Gemeinsamkeit arbeiten wir immer.‹ (B3) ›Lassen einander Freiräume. Stehen einander nicht gegenseitig im Weg. Sind aneinander gewachsen, haben einander gegenseitig weitergebracht.‹ (B4) ›Mit der Erfahrung geht es besser.‹ (B5) ›Wir haben eine gute Beziehung. Freunde sagen, es sei unglaublich, was daraus entstanden sei und wie dynamisch wir seien.‹ (B6) ›In der alten Beziehung konnten wir keinen freien Tag zusammen geniessen. In der heutigen Beziehung geniessen wir das Miteinander. Bin keine Familienmutter, die zu Hause am Herd steht. Möchte mich im Betrieb entfalten.‹ (B7) ›Unsere Beziehung hat etwas an Spontaneität verloren. Gewisse Sachen pendeln sich ein. Haben gemeinsam etwas aufbauen können, damit bin ich zufrieden. Unsere Beziehung hat den Herausforderungen standgehalten.‹ (B8) ›Unser Ziel war es die berufliche und private Zukunft gemeinsam zu bestreiten. Darauf haben wir hingearbeitet. Die neue berufliche Orientierung tut unserer Beziehung gut. Etwas Neues starten, aus dem Trott herauskommen. Wir haben uns nie auseinandergelebt.‹ (B9) ›Das ist unser Leben. Wir haben gelernt, auf die persönlichen Bedürfnisse zu achten. Am Anfang waren wir unerfahren und hatten schwere Zeiten. Wir wollten unsere Beziehung nicht wegwerfen und heute ist unsere Beziehung sehr stabil.‹ (B10) ›Unsere Beziehung wurde von Jahr zu Jahr intensiver durch all die Sachen, die wir zusammen durchgemacht haben.‹ (B11) ›Es verlangt Kompromissbereitschaft. Beziehung ist konstanter und reifer geworden, hat sich angepasst.‹ (B12) ›Unsere Beziehung ist entspannter geworden. Wir haben mehr Gelassenheit gewonnen.‹ (B13)

SCHAFT

RÜCKBLICK Persönliche und partnerschaftliche Entwicklung im Laufe der Zeit

54

ENTWICKLUNG DER PARTNER-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

SCHAFT

RÜCKBLICK Persönliche und partnerschaftliche Entwicklung im Laufe der Zeit

Ja, mit meinem Mann würde ich wieder zusammen leben und arbeiten

›Beziehung ist besser geworden. Es braucht immer wieder neue Herausforderungen. Wir fördern uns gegenseitig. Wir erleben eine Aufbruchstimmung, weil wir uns beruflich neu orientieren. Wir sind noch nie dem Alltag verfallen. Die Herausforderungen haben nicht zu substanziellen Schwierigkeiten geführt. Ich bin humorvoller und gelassener geworden und habe mehr Vertrauen.‹ (B14) ›Wir haben gemeinsam viel erreicht. Unsere Partnerschaft befindet sich zur Zeit emotional in einer Umbruchphase.‹ (B15) »Mit meinem Mann zusammen ja. Und zwar deshalb, weil wir es einfach gut haben. Und ich habe auch ganz klar gesagt, dass ich es nur mit ihm mache. Nicht wegen seinen Eltern, sondern ich mache es wegen ihm und wegen uns und nicht wegen jemand anderem. Ich habe einfach gemerkt habe, dass ich mit ihm gut zusammenarbeiten kann. Mit ihm geht das. Ich weiss nicht, ob ich das mit jedem könnte.«(B4)

›Vom Ganzen her betrachtet bin ich zufrieden, wie es gelaufen ist. Würde jedoch einmal im Jahr mit den Kindern Ferien machen.‹ (B1) ›Würde es wieder so machen.‹ (B2) ›Ja, das würde ich wieder so machen.‹ (B3) ›Mit meinem Mann: Ja. Wir haben es einfach gut. Möchte weiter so arbeiten.‹ (B4) ›Rein vom Zusammenarbeiten her, so wie wir das haben, würde ich es wieder machen. Ich würde konsequenter Zeit zu Hause mit den Kindern verbringen.‹ (B5) ›Das ist jetzt unser zweiter Versuch. Wir werden zusammenbleiben. Mit meinem Mann ist es möglich. Mit meinem Bruder könnte ich das nicht. Wir waren immer fair zueinander. Schade, dass ich keine Grundausbildung mitbrachte. Damit wäre es für mich einfacher gewesen.‹ (B6) ›Mit meinem heutigen Partner würde ich das ganz sicher beibehalten wollen. Hoffe, dass es noch lange so weitergeht.‹ (B7) ›Ja, ich glaube schon. Ich wünsche mir so weiterleben zu können und dass es auch weiter funktioniert. Würde rückblickend auf mehr Freizeit achten.‹ (B8) ›Wollen unbedingt weiter zusammenarbeiten. Absolut. Hoffe, dass es so weitergeht.‹ (B9) ›Mit meinem Mann ja, aber aus finanziellen Überlegungen nicht mehr in der Gastronomie. Rückblickend würde ich mich mehr weiterbilden. Das hat mir gefehlt. Ich wünsche mir einen schönen, gesunden Abschluss unseres gemeinsamen Lebens.‹ (B10) ›Ich hänge an diesem Hotel. Will es weiter führen.‹ (B11)

55

ENTWICKLUNG DER PARTNER-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

SCHAFT

RÜCKBLICK Ja, mit meinem Mann würde ich wieder zusammen leben und arbeiten

Nein, lieber nicht mehr!

›Ja, doch, ein solches Rollenmodell würde ich wieder wählen. Für die Zukunft wünsche ich mir mehr Freizeit.‹ (B12) ›Heute sind wir an einem Punkt angelangt, wo wir nach wie vor gemeinsam die Zukunft gestalten möchten.‹ (B14) »Wenn man zurückblickt und ehrlich ist, war’s wahrscheinlich von Anfang an so. Nur wenn man miteinander einen Betrieb übernimmt, dann ist die Euphorie da ... Jeder hat wahrscheinlich seine eigene Vorstellung, wie er den Betrieb gerne führen möchte. Dann überblickt man das Ganze nicht so. Im Nachhinein betrachtet möchte ich sagen, dass man schon von Anfang an gegeneinander gearbeitet hat und dass nicht jeder von uns die gleiche Vorstellung hatte. Der eine hielt etwas für nötig, was der andere für unnötig hielt.«(B7)

›Die Reibereien in der alten Beziehung haben mich geprägt. Früher war es Geschäft plus Kinder. Heute ist es Geschäft, Kinder und der Teil, den wir miteinander machen.‹ (B7) ›Wegen den Reibereien und Diskussionen würde ich es nicht mehr machen. Es ist zu viel Nähe. Wir sind zu gegensätzlich, was Führung und Betrieb anbelangt.‹ (B13) ›Würde es nicht mehr machen. Komme im Moment nicht aus dem Tunnel heraus. Wünsche mir für die Zukunft eine gute Partnerschaft und eine gute Zusammenarbeit.‹ (B15)

56

ENTWICKLUNG DER PARTNER-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

SCHAFT

AUSBLICK UND PERSPEKTIVEN Persönliche und »Was wir mal angehen müssen, berufliche Zuist zu planen, was wir später mitkunftsprojekte einander machen wollen. Wo wir der ›Hotelfrau‹ sein werden. Wir werden ja nicht immer hier im Hotel leben. Das können wir auch nicht. Mein Mann ist 6 Jahre jünger, das heisst also, dass er noch einige Jahre länger arbeiten wird. Das fällt demnächst an. Ich habe mir schon Gedanken gemacht. Wir träumen schon lange davon, dass wir eventuell in der Toscana etwas Kleines hätten, für Sommer und Herbst. Seit fast 20 Jahren fahren wir dahin in die Ferien. Ich selber möchte mich gerne künstlerisch weiter entwickeln. Ich male sehr gerne oder arbeite gerne im Garten mit Steinen, mache Skulpturen. Habe die letzten zwei Sommer einen wunderschönen Steingarten angelegt. Die Natur, die Pflanzen, die Steine, das sind Dinge, die mir sehr viel Freude machen.« (B13)

›Wir wollen noch viele Ausflüge machen, ein Haus bauen. Langweilig wird’s uns nicht.‹ (B1) ›Wir nehmen es, wie’s kommt. Könnte mir auch vorstellen im Bildungsbereich zu arbeiten, wenn mein Mann eine Pause machen will.‹ (B2) ›Die gemeinsame Verwirklichung unser Hotelprojektes. Auch wenn die Kinder mal zum Haus raus sind.‹ (B3) ›Miteinander viele Sachen unternehmen, uns sportlich betätigen. Miteinander, aber auch jeder für sich. Wenn ich Grossmutter würde, würde ich sehr gerne Kinder hüten.‹ (B4) ›Mein Mann ist 8 Jahre älter, wird vor mir pensioniert. Muss mir bei Gelegenheit überlegen, was ich dann arbeiten soll. Ein kleineres Pensum, um dann mehr Zeit mit meinem Mann verbringen zu können.‹ (B5) ›Bin offen für das, was kommt. Ich würde gerne wieder reisen, mit oder ohne meinen Mann. Wenn der Pachtvertrag ausläuft, würde ich lieber etwas für mich alleine machen und er soll etwas für sich machen.‹ (B6) ›Der nächste Absprung ist der Sprung ins Pensionsalter. Ich bin zufrieden, wie es ist und möchte es gerne noch einige Jahre so weiterführen.‹ (B7) ›Wie wollen noch ca. 10 Jahre arbeiten und uns dann zurückziehen. Dann sind wir unabhängiger und können das Leben noch vermehrt geniessen.‹ (B8) ›Die Zukunft ist offen. Wir schauen, was kommt. Der Job meines Mannes hat Vorrang und ich suche etwas Passendes, wenn’s so weit ist.‹ (B9) ›Hier werden wir noch knapp 5 Jahre arbeiten. Nachher werden wir uns anstellen lassen. Ich bin überzeugt, es kommt etwas an mich heran.‹ (B10) ›Aussteigen wäre für mich emotional schwierig. Für meinen Mann weniger. Wir sind am Evaluieren, wie es mit dem Betrieb in Zukunft weitergehen könnte. Wir wollen die Möglichkeiten der allfälligen Nachfolgeplanung frühzeitig ins Auge fassen.‹ (B11)

57

ENTWICKLUNG DER PARTNER-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

SCHAFT

AUSBLICK UND PERSPEKTIVEN Persönliche und berufliche Zukunftsprojekte der ›Hotelfrau‹

›Im Moment stimmt es für mich. Ob es in 10 Jahren noch aktuell ist, weiss ich nicht. Möglicherweise gehe ich in eine beratende Funktion zurück. Möchte mich auch noch weiterbilden. Langfristig möchte ich mich im Bereich Schulung engagieren.‹ (B12) ›Wir müssen die Zukunftsplanung demnächst aktiv angehen. Planen, was wir später miteinander machen wollen. Mein Mann ist 6 Jahre jünger, er wird also noch einige Jahre länger arbeiten.‹ (B13) ›Wir übergeben ein gutes Unternehmen, können Stolz auf uns sein. Wir sind nicht die Typen für Lebensstellen. Wir planen viele Sachen beruflicher und persönlicher Art. Ich habe angefangen zu reiten. Wir haben das Gefühl, dass jenseits des 15Stunden-Tages noch etwas kommt.‹ (B14) ›Ich frage mach, wo ich stehe und wohin ich gehe. Ich weiss noch nicht, wie die Zukunft aussehen wird.‹ (B15)

58

10.16 KODIERLEITFADEN – UNTERNEHMEN UND GESELLSCHAFT RAHMENBEANKERBEISPIEL SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹ DINGUNGEN

WECHSELWIRKUNG PARTNERSCHAFT – UNTERNEHMEN Vorteile für das »Wenn es positiv verläuft, dann Unternehmen bringt es der Unternehmung sehr sehr viel. Weil es einfach wirklich so ist, dass man Gemeinsamkeit ausstrahlt. Und sowohl im Restaurant als auch im Hotel kann eine Person nie alles abdecken …« (B7)

›Der Betrieb bewegt uns immer wieder nach vorne, weil er so interessant ist. Gewohnheit kommt nicht auf, es bleibt spannend.‹ (B2) ›Es ist ein Gewinn für die Unternehmung. Eine gute Partnerschaft strahlt eine positive Stimmung aus.‹ (B4) ›Wir arbeiten beide sehr gerne miteinander um auch einen Erfolg zu sehen. Der Erfolg ist wirklich spürbar. Gäste schätzen und spüren unser gemeinsames Engagement.‹ (B7) ›Gäste schätzen das Familiäre und das Persönliche. Es ist auch eine finanzielle Sache.‹ (B8) ›Zwei kompetente Ansprechpersonen. Als Paar hat man eine grössere Präsenz beim Auftritt nach aussen. Wir verkaufen nicht Betten, sondern Emotionen, geben dem Gast ein gutes Gefühl. Etwas Privates.‹ (B9) ›Die Gäste schätzen es sehr, das Persönliche. Gast ist nicht nur eine zahlende Nummer. Er kann Anteil nehmen an der Familie, am Aufwachsen der Kinder, und auch der Hund gehört dazu.‹ (B13) ›Wir haben doppeltes Know-how, doppelte Verantwortung, aber auch geteilte Verantwortung und geteilte Freunde. Das schafft eine unverwechselbare Stimmung.‹ (B14) ›Wir leben als Gastgeber. Das ist unsere Marke.‹ (B15)

59

RAHMENBE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

DINGUNGEN

GEDANKEN DER ›HOTELFRAU‹ ZU FRAU, FAMILIE UND GESELLSCHAFT Rolle der Frau in »Die Frauen haben sich sehr ›Für Frauen ist es schwierig Beruf und FaFamilie und Beemanzipiert, aber es bleibt den milie unter einen Hut zu bringen.‹ (B1) ruf Frauen nach wie vor die Doppel›Es scheint für Frauen nicht einfach zu sein belastung von Kindererziehung, Kinder, Beruf und Geschäft zu vereinen.‹ Familie, Haushalt und Geschäft. (B2) Da machen es sich die Männer ›Die Familie ist mir wichtig. Der Hort wäre halt schon … Die Männer haben für mich kein Thema. Meine Schwiegereleinfach eine andere Rolle. Für die tern sind kein gutes Vorbild. Sie hatten keiMänner ist es sicher einfacher ne Zeit für die Kinder.‹ (B4) unternehmerisch erfolgreich zu ›Heute arbeitet die Frau weiter trotz Kinder sein. Sie müssen auf fast nichts und Haushalt. Vielleicht nicht im VollpenRücksicht nehmen oder nehmen sum. Die einen müssen arbeiten, die andere einfach auf nichts Rücksicht. Als haben das Gefühl, sie verpassen etwas.‹ (B5) Frau und Mutter fühlt man sich ›Irgendwann sollte auch bei uns ankomeinfach für die Kinder verantmen, dass die Frauen arbeiten.‹ (B6) wortlich.« (B13) ›Das Berufsleben ist vielseitig und vielfältig. Für die Frau wird es immer schwieriger, wenn sie nur noch am Herd steht. Dann findet sie keinen Anschluss mehr.‹ (B7) ›Sehe eher, dass die Mutter zu Hause bleibt und die Erziehungsaufgabe wahrnimmt. Aus finanziellen Überlegungen ist es halt nicht überall möglich. Die Erziehungsaufgabe sollte aber nicht an die Schulen delegiert werden.‹ (B8) ›Frauen steigen vermehrt nach einer gewissen Zeit in den Beruf ein. Es gibt immer noch zu wenige Frauen in Führungspositionen.‹ (B9) ›Die Frau nimmt in der Familie eine sehr wichtige Rolle ein.‹ (B10) ›Die Familie ist sehr wichtig. Ich wollte nicht einfach Kinder und sie dann irgendwo abgeben.‹ (B11) ›Es ist absolut nötig, dass die Frauen arbeiten. Frauen sind eine grosse Stütze unserer Wirtschaft. Meine Mutter war mit meinem Vater berufstätig. Andere Länder haben bessere Betreuungsangebote.‹ (B12) ›Frauen haben sich sehr emanzipiert. Aber es bleibt die Doppelbelastung von Kindern, Familie, Haushalt und Geschäft. Ich musste mich als Frau in meiner Familie sehr durchsetzen.‹ (B13) ›Einen Beruf und gleichzeitig Kinder zu haben, ist mittlerweile in der Gesellschaft anerkannt. Aber die Wertvorstellungen in den Köpfen von Frauen und Männern sind nach wie vor unterschiedlich. Meine Mutter war für mich kein gutes Vorbild. Mein Vater hat mich beruflich gefördert.‹ (B14) ›Ich bin so aufgewachsen, dass Mann und Frau gleich viel zu sagen haben.‹ (B15)

60

RAHMENBE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

DINGUNGEN

GEDANKEN DER ›HOTELFRAU‹ ZU FRAU, FAMILIE UND GESELLSCHAFT Rolle des Mannes »Beim Mann hat sich weniger ›Beim Mann hat sich wenig verändert. Arin Familie und verändert als bei der Frau. Viel beitet meist zu 100%. Gerade auch in FühBeruf weniger. […] Da ist der, welcher rungspositionen.‹ (B1) 100% arbeitet. Auf jeden Fall bei ›Der Mann als Haupternährer. Das stimmt den meisten. Es gibt wenige, die für mich so.‹ (B2) sich das teilen könne. Das sind ›Mein Mann hat keine Zeit, eine andere Idealfälle, wenn du das so unter Rolle zu übernehmen.‹ (B4) einen Hut bringst. Ich sehe sogar ›Im Gastgewerbe gibt’s viel Präsenzzeit. bei Bekannten, bei den wirklich Das Arbeitspensum des Mannes hat zugeguten Jobs, dass es auch dort nommen. Der Mann kann weniger Zeit für schwierig ist. Wenn eine Frau die Familie aufwenden. Je kleiner der Beeinen gewissen Job, eine Fühtrieb ist, umso mehr ist der Mann engarungsposition hat, dann kann sie giert.‹ (B5) auch nicht sagen, sie arbeite nur 3 ›Männer, die weniger arbeiten, werden in Tage pro Woche.« (B1) der Gesellschaft als Versager dargestellt.‹ (B6) ›Rollen gleichen sich an. Der Mann muss weiterhin im Geschäft voll da sein. Der moderne Mann ist in der Familie integriert, lebt mit.‹ (B7) ›Es ist noch ungewöhnlich, wenn der Mann die Rolle der Hausfrau übernimmt.‹ (B8) ›Würde es mutig finden, wenn ein Mann die feminine Rolle einnehmen würde.‹ (B9) ›Ich sehe den Mann nicht mehr als den Haupternährer. Ich kann mich selber versorgen.‹ (B10) ›Der Mann sollte auch seinen Teil an der Erziehung übernehmen‹ (B11) ›Bei den meisten wird der Mann das Geld nach Hause bringen.‹ (B12) ›Für die Männer ist es einfacher unternehmerisch erfolgreich zu sein, denn sie müssen auf fast nichts Rücksicht nehmen.‹ (B13) ›Männer wollen sicher mehr Partner sein und Vater. Haben eine hohe Bereitschaft sich zu entwickeln.‹ (B14) ›Der Mann ist heute sehr gefordert, weil er eine Frau hat, die auch viel erleben will. Es ist schwierig für den Mann, angesichts der Jobbelastung allen gerecht zu werden.‹ (B15)

61

RAHMENBE-

ANKERBEISPIEL

SAMMLUNG ›HOTELFRAUEN‹

DINGUNGEN

GEDANKEN DER ›HOTELFRAU‹ ZU FRAU, FAMILIE UND GESELLSCHAFT Massnahmen zur »Ich denke aber, dass das schon ›Es braucht Kinderkrippen, Blockzeiten und besseren Vereinviel damit zu tun hat, dass vom Mittagstische. Auf dem Land ist es schwiebarkeit von Fami- Staat her zu wenig gemacht wird, riger als in der Stadt. Auf dem Land ist die lie und Beruf z.B. im Bereich der KinderkripUnterstützung durch Grosseltern möglipen. In anderen Ländern, in cherweise noch besser. Es wird noch zu Skandinavien zum Beispiel, da wenig Geld dafür zur Verfügung gestellt.‹ passiert viel mehr diesbezüglich. (B1) Man steht heute als Frau immer ›Blockzeiten. Es gibt Schulen, da kommen noch vor der Frage, Familie oder Kinder zu Zeiten nach Hause, wo kein Beruf, Kinder oder Beruf. Es ist Mensch zu Hause sein kann.‹ (B2) nicht so einfach, beides zu verein- ›Die Ansichten von Unternehmern hier im baren.« (B9) Dorf sind teilweise erschreckend. Die sagen, eine Krippe sei nicht nötig, man solle sich selber organisieren.‹ (B3) ›Es braucht mehr Kinderkrippen und die Möglichkeit, dass der Mann 50% Jobsharing machen kann.‹ (B6) ›Mehr Kinderkrippen.‹ (B9) ›Die Kinderkrippen sind teils relativ teuer. Unsere Kinder wurden in einer Privatschule ganztags betreut. Das hat seinen Preis. Es sollte gerade für alleinerziehende Mütter nicht so sein, dass der ganze Lohn für die Kinderkrippe draufgeht. Nicht alle Familien können auf Verwandte zählen.‹ (B11) ›Bei uns sind wir in Sachen Kinderbetreuung total im Hintertreffen. Da hat der Staat noch eine Aufgabe zu lösen. Wenn’s hier im Dorf um die Gründung eines Kinderhorts geht, hat man das Gefühl, das sei für die karrieresüchtigen Frauen, die arbeiten wollen. An Unternehmerfrauen oder an Frauen, die arbeiten müssen, wird nicht gedacht.‹ (B12) ›Die Berufstätigkeit, die Kinderbetreuung und die Tätigkeit des Mannes benötigen eine höhere Akzeptanz, auch unter den Frauen. Dann braucht es Blockzeiten, Mittagstische, Aufgabenbetreuung.‹ (B14)

62

10.17 THEMENKÄRTCHEN MIT ZUSAMMENFASSENDEN ›MELODIEN‹ ZUSAMMEN LEBEN UND ZUSAMMEN ARBEITEN GIBT MIR … B1 B2 B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B10 B11 B12 B13 B14 B15

»Eigentlich Zufriedenheit. Ich denke, es ist schon schön, wenn du zusammen etwas machen, durchziehen und auf die Beine stellen kannst …« »Sicherheit.« »Das ist schwierig … Irgendwie auch Halt. Man hat etwas Gemeinsames, eben ein Projekt … Man baut das ja zusammen auf. Das gibt einem auch Motivation.« »Gewisse Energien, ein gutes Gefühl und Befriedigung. Für mich stimmt’s.« »Stolz, Stolz, dass man das schon so lange zusammen machen darf, ohne dass wir soweit sind, dass jeder seinen Weg geht.« »… eigentlich ein Wohlbefinden.« »Kraft. Das muss ich sagen, das ist für mich … absolute Zufriedenheit.« »Gibt mir ein gutes Gefühl, eine Zufriedenheit und auch Vertrauen in unsere Beziehung und in unser gemeinsames Leben, dass das funktioniert.« »Inspiration.« »Zufriedenheit.« »Gibt mir Kraft.« »Befriedigung.« »Viel Freude und Kraft, aber auch viele Differenzen.« »Ein reichhaltiges Leben auf allen Ebenen und die Möglichkeit ganz viele Sachen zu bewältigen, aber eben nicht alleine.« »Es gibt mir sicher Kraft und Freude. Es ist auch ein Lebensweg von mir, wo ich mich, ausser in diesem Jahr, sehr wohl fühle. Ich ist mir eigentlich wohl an der Seite von meinem Mann und geniesse das eigentlich auch.«

ZUSAMMEN LEBEN UND ZUSAMMEN ARBEITEN FORDERT VON MIR … B1 B2

B3 B4 B5 B6 B7 B8 B9 B10 B11 B12 B13 B14 B15

»Flexibilität … Freude am Zusammenarbeiten« »Einsatz, dass man auch immer wieder etwas gibt oder so … Dass ich mich selber auch immer wieder einbringe. Ich kann nicht einfach in den Tag hinein leben und denken, es kommt dann schon gut. Es braucht für mich auch ein aktives Mitdenken, ein aktives Sicheinbringen …« »Viel Energie. Energie und Kraft.« »Kompromisse … Organisationstalent und ein gewisses Verständnis auch.« »Kompromisse.« »Verantwortung übernehmen und auch manchmal für die anderen. Für den Mann und für das Kind.« »Eigentlich wenig. Eigentlich wirklich wenig, weil es so harmonisch verläuft. Weil ich vorher so negative Erfahrungen gemacht habe, so dass ich es jetzt sehr geniesse.« »Ja, meinen vollen Einsatz.« »Kompromisse oder Kompromissbereitschaft.« »Toleranz.« »Einsatz.« »Viel Energie und viele Kompromisse.« »Sehr viel Toleranz.« »Disziplin und Humor und viel Liebe.« »Alles.«

63

FÜR MICH UND/ODER FÜR MEINE PARTNERSCHAFT WÜNSCHE ICH MIR … B1 B2 B3 B4

B5 B6

B7 B8 B9 B10 B11 B12 B13 B14

B15

»Ich wünsche mir, dass es so weitergeht, dass wir gesund sein können.« »Mehr Zeit« »Dass das Vertrauen bleibt, dass er das auch nicht missbrauchen würde. Das ist das Wichtigste, Vertrauen haben.« »Dass wir weiter so zusammen arbeiten dürfen, dass es schön ist, dass ich es gut habe mit so einem Partner und dass ich hoffe, dass wir es geniessen können und gesund bleiben können. Ich sage immer, wir haben Glück. Alles ist uns eigentlich gelungen, was wir bis jetzt gemacht haben und haben machen wollen.« »Dass wir das so beibehalten können.« »..., dass wir in Ruhe alt werden können und noch ein paar Reisen machen. Und dass wir noch ein schönes Leben haben. Das glaube ich, kommt auch. Ich habe schon das Gefühl. Und dass mein Sohn seinen Weg machen kann. Ich bin eigentlich sehr zufrieden.« »Dass es noch lange so weitergeht.« »Dass wir so weiterleben dürfen und dass es auch weiter so funktioniert. Ich denke, wenn es die nächsten 10 Jahre weiter so gut funktioniert, dann ist es gut gewesen.« »Dass es so weitergeht wie jetzt.« »Einen schönen Abschluss unseres Lebens, einen gesunden Abschluss. Nicht, dass eine Krankheit einen Strich durch die Rechnung macht.« »Das fordert von mir Einsatz … und weiterhin viel Spass.« »Mehr Freizeit zusammen.« »Mehr Zeit für uns beide.« »Dass alles weiterhin so ein grosses Ganzes sein wird mit all den vielen Aspekten, dass es ein gemeinsames Leben mit sich bringt und dass es ein bisschen mehr Zeit bringt. Also ein bisschen mehr Raum für mehr Zeit. Aber im gleichen Stil wie bis jetzt.« »Mehr Zeit.«

64

10.18 GESAMTAUSWERTUNG MANAGEMENTAUFGABEN

AUFGABENBEREICH GesamtAUFTEILUNG verantwortung PROZENTUAL Management

PAARE (FRAU UND MANN) Paar 1 Paar 2 Paar 3 Paar 4 Paar 5 Paar 6 Paar 7 Paar 8 Paar 9 Paar 10 Paar 11 Paar 12 Paar 13 Paar 14 Paar 15

F M F M F M F M F M F M F M F M F M F M F M F M F M F M F M

50% 50% 100% 50% 50% 20% 80% 40% 60% 80% 20% 50% 50% 50% 50% 100% 50% 50% 30% 70% 20% 80% 90% 10% 50% 50% 40% 60%

Ausbildungsverantwortung Lernenden und Personalentwicklung der Mitarbeitenden

Finanzielle Verantwortung und Budgetverantwortung

Führung und Betreuung der Mitarbeitenden

50% 50% 100% 80% 20% 20% 80% 10% 90% 100% 50% 50% 50% 50% 100% 50% 50% 100% 20% 80% 90% 10% 100% 30% 70%

100% 100% 100% 20% 80% 50% 50% 100% 50% 50% 50% 50% 10% 90% 0% 100% 50% 50% 100% 50% 50% 100% 100%

50% 50% 50% 50% 60% 40% 20% 80% 40% 60% 100% 50% 50% 50% 50% 20% 80% 50% 50% 100% 20% 80% 90% 10% 100% 30% 70%

Qualitätsmanagement

50% 50% 50% 50% 40% 60% 20% 80% 20% 80% 100% 50% 50% 50% 50% 50% 50% 50% 50% 50% 50% 100% 100% 20% 80%

65

10.19 GESAMTAUSWERTUNG AUFGABEN BEI DER ARBEIT PAARE (FRAU UND MANN)

Paar 1

Paar 2

AUFGABEN (-BEREICH) ARBEIT

F

M F

Etage Lingerie Küche Office Service Bankett- und Seminarwesen Einkauf Food Einkauf Non-Food Reception Marketing Gästebetreuung Öffentlichkeitsarbeit, PR und z.B. Kontakt mit Bergbahnen, Tourismusverein Personalwesen (Verträge, Bewilligungen, Administration, Selektion) Zahlungsverkehr Buchhaltung, Lohnbuchhaltung Salärwesen Technik, PC, Maschinen, Gebäudeunterhalt Concierge, Transportwesen Ambiente, Dekoration im Hotel (Pflanzen etc.) Ambiente, Dekoration ausserhalb (Umgebung/Garten) Wellnessabteilung

X X

X X

Paar 3

Paar 4

Paar 5

M F

M F

M F

X X

X X

X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

X

-

X X X X X X

X X X X

X

M F

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

X X

X X X X

X X

-

X X X X X X

Paar 6

M F

X - X X X X X X X X X X

X X X X

X X X X

Paar 7

M F

X X

X X X X X X X X

Paar 8

M F

X X X X X X X X X X X X

X

Paar 9

Paar 10

M F X X X X X X X X

M F

X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

Paar 11

Paar 13

M F

M F

X X X X X X X - X X X X X X X X X X X

X X

X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

Paar 12

X X X X X X

M F

X X - X X X X X X X X X X X -

X X

X X X X X X X X X X X X X X X X

Paar 14

X X X X

X X

X

X X X X

X

X

X

X

X

X

X

-

-

-

-

-

-

-

-

-

X X -

-

-

-

-

-

X X X

X X X X X X X - X

X

-

X

X

X - X X

X X X X X X X

M

X X

X X X - X X X

X

M F

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X

X

Paar 15

X

X

X X

66

10.20 GESAMTAUSWERTUNG AUFGABEN ZU HAUSE PAARE (FRAU UND MANN) AUFGABEN (-BEREICH) ZU HAUSE

Paar 1 F

Paar 2

M F

Paar 3

M F

Paar 4

M F

Paar 5

M F

Paar 6

M F

Paar 7

M F

Paar 8

M F

Paar 9

M F

Paar 10

M F

Paar 11

M F

Paar 12

M F

Paar 13

M F

Paar 14

M F

Paar 15

M F

M

HAUSHALT Einkaufen Kochen Abwaschen Sonstige Putzarbeiten Waschen Bügeln Flicken Reparaturen/Unterhalt Auto/Velopflege Pflege Pflanzen/Garten Verwaltung Finanzen, Steuern, Versicherungen Abfallentsorgung Organisation des Wochenablaufs Andere Haushalttätigkeiten KINDERBETREUUNG Kinderbetreuung im Haus (inkl. Spielen) Mit den Kindern essen Hausaufgabenhilfe Zur Schule bringen Gemeinsame Freizeitgestaltung (extern) Kinder zu Freizeitaktivitäten bringen Mit den Kindern zum Arzt gehen Kinder zu Hausarbeit anleiten Kranke Kinder pflegen Kontakte mit Schule/Ausbildende/-r

X X X X X X X X X X X X X X - X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X - - X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X X X X - - X X X X X X X X X - - X X X X X X X X - - X X X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X

X X X X X

X X X

X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X - X X X X X X X X X X

X X X X X X X

X X X X X X -

X X X X X X X X X X X X X X X X - X X X X X X X X X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X - X - - X X X

X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X

X X X X X X X X X X X X X X X X X X - X X X X X X X X - X X X X X X X X X X X X X X X X

67

PAARE (FRAU UND MANN) AUFGABEN (-BEREICH) ZU HAUSE

Paar 1 F

Paar 2

Paar 3

Paar 4

M F

M F

M F

X X X

X

X

X

X

-

X X

X

-

X - X X X

X - X X - -

Paar 5

M F

Paar 6

Paar 7

Paar 8

Paar 9

M F

M F

M F

M F

X X X

X

X

-

X X X

X

-

-

X X X

X

Paar 10

M F

Paar 11

Paar 12

Paar 13

Paar 14

Paar 15

M F

M F

M F

M F

M F

X

X X X

X

X

X

X

-

X X -

-

X

X X X

X

X X -

X X -

-

X

X X X

X

M

ANDERE FAMILIENAUFGABEN Kontaktpflege mit Verwandten/Bekannten (Einladungen, Geschenke organisieren, Geburtstage, Spitalbesuche etc.) Betreuung anderer Angehörigen (Grosseltern; (Schwieger-)Eltern) - im Haus Betreuung anderer Angehörigen - ausser Haus Gemeinsame Freizeitaktivitäten initiieren Betreuung Haustiere Gemeinsame Ferienplanung Andere nicht-berufliche Tätigkeiten

X X

X

X X - X X - - X X

X X X X X X X X X X

X X X

X X X X X X X X

-

X X X

X X X -

X X X -

X X X -

X X X X - X X X X X

X X X X X X X - - - X X X X X X X X

68

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benützung anderer als der angegebenen Hilfsmittel verfasst habe. Unterschrift:

Suggest Documents