Die Welt in 100 Jahren

Die Welt in 100 Jahren Dring, dring! Tims Wecker riss ihn um Punkt acht Uhr aus dem Schlaf. Er haute zielsicher ohne hinzuschauen drauf, um ihn auszus...
Author: Etta Flater
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Die Welt in 100 Jahren Dring, dring! Tims Wecker riss ihn um Punkt acht Uhr aus dem Schlaf. Er haute zielsicher ohne hinzuschauen drauf, um ihn auszustellen, doch er piepste zu seinem Erstaunen einfach weiter. Verdattert drehte Tim sich um und begutachtete den immer piepsenden Wecker. Er versuchte ihn mit allen Mitteln still zu bekommen, doch der wollte einfach nicht ausgehen! Vor Wut stieg er aus seinem Bett, um einen Hammer zu holen und das verdammte Ding einfach kaputt zu schlagen, aber was war das? Sobald Tim den Boden berührte, verstummte der Wecker urplötzlich. Mann, Mann, Mann, dachte Tim, seinen Geburtstag hatte er sich eigentlich schöner vorgestellt. Leicht genervt ging er die Treppe runter, doch anstatt seiner Mutter sah er einen Roboter, der in der rechten Hand eine Rührschüssel und in der linken einen Kuchen hielt. Tim fiel vor Schreck beinahe von der letzten Treppenstufe. Als der Roboter dann aber auch noch in perfekter Robotersprache: „Al-les Gu-te zum Ge-burts-tag Tim“, zu ihm sagte und ihm den Kuchen hinhielt, kippte Tim endgültig vorneüber. Nachdem er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, stotterte er: „Wer bist du eigentlich und was soll das Ganze und wo ist Markus überhaupt?“ - „Wer ist denn Markus?“, fragte der Roboter zurück. „Na mein Bruder! Aber das ist jetzt auch egal, was mich viel mehr interessieren würde ist, was du hier machst. Das ist doch nicht normal!“ - „Wie-so? Al-le Fami-lien ha-ben doch heut-zu-ta-ge Ro-bo-ter. Wir sind ja auch ei-ne sehr gro-ße Hil-fe zum Beispiel im Haus-halt“, entgegnete der Roboter. Bin ich eigentlich bescheuert, dass ich mit einem Roboter rede, dachte Tim, nein ich werde jetzt einfach in die Küche gehen und so tun, als wäre nichts gewesen. Doch als er in die Küche ging, wartete dort bereits die nächste Überraschung auf ihn: Am Küchentisch saß seelenruhig ein weiterer Roboter und blätterte in einer Zeitung. Der erneute Schreck stand Tim ins Gesicht geschrieben. Doch diesmal hatte er sich schneller wieder unter Kontrolle und meinte zum Roboter: „So, was soll das jetzt? Ich habe heute Geburtstag und normalerweise ist es bei uns so üblich, dass das Geburtstagskind morgens erstens nicht von irgendwelchen gestörten Weckern, sondern mit einem Ständchen geweckt wird. Zweitens wird man an der Treppe auch nicht von einem Roboter erwartet und drittens befinden sich auf dem Tisch normalerweise Geschenke und keine aufgeschlagenen Zeitungen.“ Sofort drehte sich der Roboter um und rief: „Num-mer 3 die Ge-schen-ke bit-te!“ Noch bevor Tim irgendetwas erwidern konnte, sah er in der Tür einen dritten Roboter mit einem Haufen Geschenke in der Hand auf ihn zukommen; doch als ob das nicht schon schräg genug wäre, kam dahinter auch noch der erste Roboter. Allerdings trug dieser keine Geschenke, Kuchen oder Zeitungen, nein er kam laut „Happy Birthday“ trällernd in die Küche marschiert, als ob es nichts Selbstverständlicheres geben würde, als drei Roboter in der Küche. Anstatt die Geschenke anzunehmen, fragte Tim erneut nach seinem großen Bruder. Während der, der ihn an der Treppe begrüßt hatte, anscheinend immer noch nicht schnallte, wer Markus war, zog der Zeitungsroboter ein kleines Gerät hervor, das ein bisschen aussah wie ein GPS-Gerät und tippte den Namen „Markus“ ein. Nur ein paar Sekunden später erschienen auf dem Bildschirm irgendwelche Koordinaten, mit denen Tim jedoch nicht viel anfangen konnte. Denn als ihm der Roboter das Gerät unter die Nase hielt, zuckte er nur mit den Schultern und sah den Roboter fragend an. „Oh, sor-ry da-mit kannst du ja gar nichts an-fang-en, Mo-ment …“, beantwortete er

Tims indirekte Frage. Nachdem er etwas verstellt hatte, hielt er Tim das Teil erneut hin, jetzt stand auf dem Ding allerdings eine Adresse, die Tim sofort erkannte, es war die seines besten Freundes. „Bit-te sehr, da ist dein Bru-der ge-ra-de.“ Was sollte das denn jetzt schon wieder? Was machte sein Bruder denn bei seinem Freund?

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„Wenn ihr noch mehr Überraschungen für mich habt, dann sagt es mir bitte gleich“, bat Tim die Roboter. Doch der Geschenkeroboter erwiderte nur: „Wie-so Ü-ber-ra-schung-en, es ist doch ganz nor-mal, dass je-der ein GPS-Gerät trägt, falls mal was pas-sie-ren sol-lte.“

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„Äh ja, okay ich glaub ich muss jetzt auch mal…“, stotterte Tim, der zu verdutzt war, um auch nur ein vernünftiges Wort herauszubringen. Stattdessen fiel ihm der Rührschüsselroboter ins Wort: „Sag mal musst du nicht jetzt in die Schu-le?“ - „Ja, stimmt, du hast Recht“, antwortete er schnell, schnappte sich seinen Ranzen und war schon fast weg, als ihm der Rührschüsselrobotor noch hinterher rief: „Ich kann dich auch fah-ren.“ Na super, dachte Tim, als ob dieser Morgen nicht schon schlimm genug gewesen wäre, sollte er nun auch noch mit einem Roboter zur Schule fahren. Das war nun wirklich das Letzte, was er wollte, da würden ihn ja auch alle sehen und dann womöglich noch tausend Fragen stellen, die er eh nicht würde beantworten können. „Nein danke, ist schon okay ich geh zu Fuß“, rief er ihm also zu, doch dieser hatte schon den Autoschlüssel in der Hand und meinte nur: „Ach komm, du hast ja schließ-lich heu-te Ge-burts-tag, da kann ich dich ru-hig schon mal zur Schu-le fah-ren.“ Im Auto folgte dann die nächste Überraschung: Zuerst tippte der Roboter nur die Adresse der Schule in ein Navi ein, auch das war schon relativ ungewöhnlich, aber als er dann, nachdem er den Motor gestartet hatte, auf die Rückbank kletterte und das Auto von alleine losfuhr, zweifelte Tim zum wiederholten Male an diesem Tag an seinem Verstand. Tatsächlich fuhr das Auto bis auf den Parkplatz der Schule, wo Tim, der inzwischen auch schon völlig fertig mit den Nerven war, ausstieg und freudig von seinen Freunden, die zum Glück durch die verdunkelten Scheiben den Roboter nicht gesehen hatten, begrüßt wurde. Tim hatte sich vorgenommen, ihnen vorerst nichts von seinen Erlebnissen zu erzählen, sie würden ihm ohnehin nicht glauben und alles für einen Witz halten. Nachdem er sich in den ersten zwei Stunden überhaupt nicht auf den Unterricht konzentrieren konnte, stellte er in der Pause endlich seinem besten Freund die Frage, die ihm schon die ganze Zeit einfach keine Ruhe ließ: „Äh, sag mal Felix, was hat Markus eigentlich heute Morgen bei dir gemacht?“ Felix starrte ihn erst einige Sekunden total verständnislos an, ehe er erwiderte: „Bist du jetzt irgendwie total übergeschnappt! Was sollte Markus denn bei mir gemacht haben?“- „Ach so ja, ich dachte nur wegen dem GPS-Dingsda, aber das kann sich ja auch mal irren.“ Jetzt sah Felix noch verdatterter aus und fragte: „Was für ein GPS-Dingsda denn bitte? Und überhaupt, was hat das mit mir zu tun? Oder mit Markus? Ich versteh gerade gar nichts mehr!“ - „Nee schon gut, vergiss es einfach, ist egal“, antwortete Tim ganz ruhig, doch in Wirklichkeit war er total durcheinander. „Hmmm, okay, ich glaub' troztdem, dass du dich besser zu Hause mal hinlegen solltest, ich glaube, du bist `nen bisschen krank.“ Auf dem Weg nach Hause überlegte Tim die ganze Zeit, wie das alles zusammenpassen konnte, allerdings ohne Erfolg. Doch noch bevor er zu Hause die Klingel drücken konnte, ging der Spaß schon weiter, denn die Haustür öffnete sich bereits, bevor er den Klingelknopf überhaupt berührt hatte. Und wer stand dort in der Tür? Natürlich der Rührschüsselroboter. „Woher wusstest du denn bitte, dass ich schon da bin?“, fragte Tim. „Na, das ist doch wohl klar! Das hat mir ei-ne meiner Ü-ber-wa-chungs-ka-me-ras ge-zeigt.“ - „Ah ja, okay, verstehe“, antwortete Tim, obwohl er in Wahrheit nicht mal ansatzweise schnallte, wie das funktionieren sollte.

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Plötzlich kamen auch noch der Zeitungs- und der Geschenkeroboter, stellten sich neben den Rührschüsselroboter und zogen alle gleichzeitig ihre Helme ab und zum Vorschein kamen Tims Eltern und sein Bruder Markus, die sich vor Lachen kaum noch einkriegten und dann aber, immer noch lachend, Tim zum Geburtstag gratulierten. Dieser wusste nicht recht, was er sagen sollte, also fragte er: „Wie seit ihr denn auf die Idee gekommen und überhaupt, wie habt ihr das alles hinbekommen?“ - „Naja, du interessiert dich doch sonst auch immer so für die Zukunft und da dachten wir uns halt, geben wir dir doch mal einen kleinen Vorgeschmack, wie die Zukunft aussehen könnte. Und zu deiner anderen Frage: Das meiste waren nur so ein paar kleine technische Spielchen und das Auto haben wir uns bei Papas Filmstudio geliehen; solche Autos gibt es nämlich wirklich schon, nur eben nicht auf dem normalen Markt“, antwortete sein Bruder. „Oh Mann, da habt ihr mich aber echt ganz schön reingelegt. Ich hoffe, dass ich bei meinem nächsten Geburtstag nicht wieder sowas mitmachen muss; ich weiß nämlich nicht, ob ich es dann merken würde, so gut wie ihr das gemacht habt.“ Den restlichen Geburtstag feierten sie ohne GPS-Geräte, dafür aber mit einem sehr, sehr großen Kuchen. Carla Dornbusch (8l)