Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg. Beschluss

Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg Beschluss Az.: VK 10/14 Arnsberg, den 30.6.2014 In dem Nachprüfungsverfahren wegen fehlerhafter...
Author: Eva Rothbauer
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Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg Beschluss Az.: VK 10/14

Arnsberg, den 30.6.2014

In dem Nachprüfungsverfahren

wegen fehlerhafter Wertung im EU-weiten Nicht Offenen Vergabeverfahren „Rahmenvereinbarung über die Lieferung von PC-Systemen, Notebooks, Monitoren und Thin-Clients( Los 4), Bekanntmachung vom

Az: 2013/S

hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg durch die Vorsitzende Frau RD’in Hugenroth, das hauptamtliche Mitglied Herrn Dipl.-Ing. Wiegard und das ehrenamtliche Mitglied Herr n Assessor Latzel, Bauverbände Westfalen,Dortmund, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 27.6.2014 am 30.6.2014 entschieden:

1. Der Antrag ist zulässig und hinsichtlich des Hilfsantrages begründet. Die Rechtswidrigkeit der Aufhebung des Loses 4 in der Ausschreibung über die Rahmenvereinbarung über die Lieferung von PC-Systemen, Notebooks, Monitoren und Thin-Clients ( Los 4), Bekanntmachung vom

Az: 2013/S

wird festgestellt.

2. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Aufwendungen der Antragstellerin. 1

3. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten für die Antragstellerin wird für notwendig erklärt. 4. Eine Gebührenentscheidung ist entbehrlich, weil die Antragsgegnerin gemäß § 8 GebG NW von der Gebührenpflicht befreit ist .

I. Sachverhalt Bereits im Sept. 2012 hat die Antragsgegnerin die Entscheidung getroffen, einen Rahmenvertrag für IT-Komponenten für das Haus und angegliederte Institutionen an den Markt zu bringen, der 4 Lose beinhalten sollte, nämlich für die Beschaffung von Desktop-PCs, Monitoren, Notebooks und Thin-Clients, letztere nur für das Haus der Antragsgegnerin selbst. Entwickelt wurde ein Vertrag für die Laufzeit von 3 Jahren zuzüglich eines Jahres auf Option. Für die vorgesehenen 450 Thin-Clients (Los 4) war ausweislich der Aktenbegründung die Festlegung eines bestimmten Produktes erforderlich. Die Beteiligten streiten nur um die Aufhebung des Loses 4.

Die EU-Ausschreibung enthielt unter Ziff. II.1.5 zwar die geschätzten Mengen, aber auch den ausdrücklichen Hinweis, dass eine Mindestabnahmeverpflichtung oder eine Höchstabnahmemenge nicht vorgegeben werde, aber mehrere Hauptangebote zulässig seien. Unter Ziff. II.1.8 wurden Angebote für ein oder mehrere Lose zugelassen. Nebenangebote waren ausgeschlossen. Nach Durchführung des Teilnahmewettbewerbs hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 30.10.2013 die Verdingungsunterlagen versandt. Auf S. 2 dieses Schreibens heißt es unter den ankreuzbaren Alternativen „Der Auftraggeber behält sich eine losweise Vergabe vor“ und „Nebenangebote sind nicht zugelassen.“ Es gingen insgesamt 4 Angebote fristgerecht ein, darunter eins der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat jeweils 4 Hauptangebote pro Los eingereicht. Diese Angebote bestanden aus unterschiedlichen Kombinationen verschiedener Produkte für die Lose 1-3 und für Los 4 aus jeweils ein identisches Angebot. Die Antragsgegnerin hat die jeweiligen Angebote losbezogen gewertet. Dazu ist sie zu dem Ergebnis gekommen, dass wegen falscher Nachweise nicht alle Angebote wertbar wären, wohl aber die zu Los 4.

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Nach rechtlicher Prüfung hat sie dann jedoch die Angebote für Los 4 bei der Antragstellerin sowie einer weiteren Bieterin als Doppellose ausgeschlossen. Sie hat – bezogen auf Los 4 - von einer Aufklärung gem. § 18 VOL/A EG abgesehen, da aus den Angeboten der Antragstellerin die technische Identität der angebotenen Artikel aus den Vorgaben bzw. den von den Bietern vorgenommenen Eintragungen bezogen auf Herstellertyp und Herstellerartikelnummer eindeutig hervorgegangen ist.

Unter dem 5.5.2014 hat die Antragsgegnerin sodann die Mitteilung nach § 101 a GWB bezogen auf die Lose 1, 2 und 3 versandt. Bezogen auf Los 4 hat sie der Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 22.4.2014 mitgeteilt, dass sie dieses Los mangels zuschlagsfähiger Angebote aufhebe. Ferner hat sie mitgeteilt, dass Los 4 nicht wieder erneut auszuschreiben. Mit Schreiben vom 24.4.2014 rügte die Antragstellerin die Aufhebung von Los 4. Der Rüge hat die Antragsgegnerin nicht abgeholfen (Schreiben vom 29.4.2014, Bl 420, Akte 2), mit der Begründung, eine Zuschlagserteilung bei preislich und technisch identischen Angeboten sei ausgeschlossen. Eine mögliche Auslosung hätte bereits in der Bekanntmachung aufgeführt werden müssen. Eine Aufklärungspflicht habe nicht bestanden, da die Identität der Angebote eindeutig gewesen wäre. Damit habe kein zuschlagsfähiges Angebot zu Los 4 mehr vorgelegen. Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben vom 13.5.2014 den Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer gestellt, den diese mit Schreiben vom gleichen Tage an die Antragsgegnerin übermittelt hat. Nach Eingang der Akten wurde der Antragstellerin Akteneinsicht gewährt. Mit Schreiben vom 23.5.2014 hat die Vergabekammer zur mündlichen Verhandlung am 27.6.2014 geladen.

Die Antragstellerin wendet sich mit dem vorliegenden Nachprüfungsantrag gegen die Aufhebung des Loses 4 der o.g. Beschaffungsmaßnahme. Sie ist der Auffassung, dass die Aufhebung der Aufhebung zu erfolgen hat, weil kein Aufhebungsgrund gem. § 20 Abs. 1 VOL/A EG gegeben sei. Insbesondere lägen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 lit a VOL/A EG nicht vor. Es bestünde nach wie vor der Beschaffungswille des Auftraggebers. Dieser habe sich dadurch manifestiert, dass die Antragsgegnerin im nahen zeitlichen Zusammenhang mit der Aufhebung des Loses 4 die in diesem Los ausgeschriebene Hardware tlw., insbesondere die 3

Thin-Clients aus einer Insolvenz beschafft habe, ohne diesen Bedarf gesondert ausgeschrieben zu haben. Nach wie vor bestünde auch der Beschaffungsbedarf an Software für den Betrieb dieser Thin-Clients, denn ohne Beschaffung der Software sei die gekaufte Hardware nutzlos. Bezogen auf die Antragsbefugnis weist die Antragstellerin ferner darauf hin, dass auch bei Wegfall des Vergabewillens der Antragsgegnerin ein Feststellungsinteresse bestünde, um in einem weiteren zivilgerichtlichen Verfahren Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet, weil die Antragstellerin ein wertbares Hauptangebot eingereicht habe, was der vorgeschriebenen Form entspräche. Die Antragsgegnerin gehe zu Unrecht davon aus, dass die identischen Hauptangebote 14 zu Los 4 nicht wertbar seien und insofern ein unzulässiges Mehrfachangebot darstellten. Vielmehr handele es sich um genau ein Angebot, was lediglich im untechnischen Sinne vervielfältigt eingereicht worden sei. Es sei unstreitig, dass die 4 Exemplare sich weder inhaltlich / technisch noch preislich unterschieden. Bei vollständig identischen Hauptangeboten bestünde keine Gefahr der Wettbewerbsverzerrung wie bei Hauptangeboten, die inhaltlich oder preisliche Unterschiede aufwiesen. Nach Akteneinsicht ergänzt die Antragstellerin ihren Vortrag zunächst mit dem Hinweis darauf, dass die Haushaltssicherungsmaßnahme 73 – restriktive Mittelbewirtschaftung – bereits 2012 von der Antragsgegnerin erstmalig in ihrem Haushaltssicherungskonzept angeführt worden sei. Verbunden mit der Ausschreibung sei jedoch keine Mittelbindung erfolgt, da lediglich die Rahmenvereinbarung ausgeschrieben wird, aus der heraus keine Ansprüche auf Vertragsschlüsse existierten. Darüber hinaus erwiese sich aus der Akteneinsicht, dass die Antragsgegnerin eindeutig nicht aufgrund der angespannten Haushaltslage aufgehoben habe, sondern aufgrund der Rechtsauffassung, dass für Los 4 keine wertbaren Angebote vorlägen, was wiederum auf der Vorstellung von Doppelangeboten beruht. Dies ergäbe sich eindeutig aus der Dokumentation. Der Vermerk verweise auf die Anlage 85 der Dokumentation, die wiederum einen Prüfungsvermerk darstelle (vom 19.2.2014) in welchem die Antragsgegnerin die Aufhebung mit der preislichen und technischen Identität der von der Antragstellerin ausgefüllten Preisblätter zu Los 4 begründe. Eine Abwägung für oder gegen eine Aufhebung sei nicht erfolgt. Im übrigen habe sich die Antragsgegnerin entsprechend 4

ihrer Formulierung im Aufforderungsschreiben vom 30.10.2013 zu einer Vergabe im Gesamtpaket entschlossen. Daher sei die Teilaufhebung des Loses 4 vergaberechtswidrig. Hinsichtlich der nicht erfolgten Aufklärungspflicht verweist die Antragstellerin darauf, dass das Aufklärungsermessen sich zu einer Aufklärungspflicht verdichte, wenn ein eindeutiges Angebot des Bieters vorläge und der Auftraggeber selbst durch Recherche Zweifel in bezug auf das Angebot bekommen habe. Eine weitere Ausnahme läge vor unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, wenn der öffentliche Auftraggeber in der Vergangenheit einen konkreten Vertrauenstatbestand geschaffen habe. Da es dem Antragsgegner offenkundig bekannt gewesen sei, dass die 4 Preisblätter identisch gewesen seien, sei auch das Angebot zu Los 4 als solches nicht unklar gewesen oder hätte inhaltlicher Aufklärung bedurft. Wenn der Antragsgegner bei der Antragstellerin um Aufklärung gebeten hätte, wäre eine Klarstellung in dieser Hinsicht erfolgt, dass nur die Abgabe eines einzigen Angebotes beabsichtigt gewesen wäre. Aufgrund der unterschiedlichen Formulierungen zur Losvergabe in der Bekanntmachung und im Angebotsschreiben sei für den Bieter nicht verständlich gewesen, ob ein Angebot für alle Lose oder jeweils ein Angebot pro Los abgegeben werden sollte. Aufgrund der von ihr geschaffenen Unklarheit sei sie zur Aufklärung verpflichtet gewesen. Die rechtliche Einordnung der Antragsgegnerin der vorgelegten vervielfältigten Preisblätter sei falsch, da der Begriff des Doppel- oder Mehrfachangebots voraussetze, dass es mind. 2 verschiedene Angebote eines Bieters gäbe, welche sich entweder im Preis oder in der Leistung unterschieden. Auch die von der Antragsgegnerin herangezogene Rechtsprechung bezöge sich nur auf unterschiedliche Angebote eines Bieters. Im übrigen seien mehrere Hauptangebote für ein Los zulässig gewesen. Bezogen auf den Fortbestand der Beschaffungsabsicht weist die Antragstellerin nochmals darauf hin, dass es keine Indizien dafür gebe, dass die Antragsgegnerin endgültig von dem ausgeschriebenen Vorhaben Abstand genommen habe. Soweit auf die Haushaltssituation verwiesen worden sei, sei dies lediglich so zu verstehen, dass eine weitere Beschaffung von Thin-Clients in Zukunft durchaus angedacht sei, wenn wieder Haushaltsmittel zur Verfügung stünden. Die zusätzlich beschafften Thin-Clients seien offensichtlich für Dienststellen außerhalb der Antragsgegnerin vorgesehen. Sollte sich jedoch herausstellen, dass die Behauptung eines plötzlich 5

aufgetretenen zusätzlichen Bedarfs an Thin-Clients im Febr. 2014 eine bloße Schutzbehauptung dargestellt habe, bescheinige dieses ebenfalls einen Beschaffungswillen der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin habe dann das Los 4 aufgehoben, um das Angebot einem Anbieter auf dem Markt zuzuschieben, der gebrauchte Thin-Clients anbietet, was einer Scheinaufhebung gleichkäme. Es bestünde daher insgesamt kein sachlicher Grund für die Aufhebungsentscheidung, so dass eine Rückgängigmachung auch in der Sache möglich sei.

Aufhebungsgründe könnten überhaupt nur eingreifen, wenn sie erst nach Beginn der Ausschreibung aufgetreten sind oder dem Auftraggeber vorher nicht bekannt sein konnten. Da die z.Z. angespannte Haushaltslage und darauf beruhend akut fehlende Haushaltsmittel kein Rechtfertigungsgrund sein könnten, weil aus dem Abschluss des Rahmenvertrages keine unmittelbare Bindung finanzieller Mittel erfolge, könne sich die Antragsgegnerin auch darauf nicht berufen. Im Übrigen sei die angespannte Haushaltslage auch nicht erst nach Beginn der Ausschreibung entstanden. Darüber hinaus sei die Aufhebungsentscheidung ermessensfehlerhaft, weil eine Betätigung des Ermessens bei der Entscheidung nicht dokumentiert worden sei. . Ein Heilen dieses Fehlers durch das Nachschieben von Ermessensgründen sei in diesem Fall nicht möglich, da es sich hierbei nur um eine mögliche Ergänzung eines grundsätzlich ausgeübten Ermessens handeln könnte. Im vorliegenden Fall habe aber die Antragsgegnerin weder erfasst, dass ihr hinsichtlich der Aufhebungsentscheidung ein Ermessensspielraum zustand noch habe sie die bestehenden Alternativen zur Aufhebung geprüft. Diese Rechtsauffassung wird mit Schreiben vom 18.6.2014 vertieft. Das Vorliegen einer Bewirtschaftungsverfügung vom 25.4.2014 werde mangels Nachweis in den Akten bestritten.

Die Antragstellerin beantragt daher, 1.Die Aufhebungsentscheidung des Los 4 der „Rahmenvereinbarung über die Lieferung von PC-Systemen, Notebooks, Monitoren und Thin-Clients“ aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das nicht offene Vergabeverfahren unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer fortzusetzen; 2. hilfsweise festzustellen, dass die Aufhebung des Loses 4 rechtswidrig ist; 3.die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin für notwendig zu erklären; 6

4. der Antragsgegnerin die Kosten des Nachprüfungsverfahrens sowie die Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gem. der §§ 128 Abs. 4 GWB, 80 VwVfG einschl. der vorprozessualen Anwaltskosten aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen. Ihrer Ansicht nach wäre eine weitergehende Aufklärung nicht möglich gewesen, ohne das Risiko einer unzulässigen Nachverhandlung einzugehen. Die 4 eingereichten Hauptangebote der Antragstellerin zu Los 4 seien als Mehrfachangebote unzulässig und hätten daher nicht gewertet werden können. Die zusätzliche Beschaffung von Thin-Clients Mitte Febr. 2014 habe auf einem nicht vorhersehbaren dringenden Bedarf beruht, der nicht zu den ausgeschriebenen Positionen des Loses 4 gehöre. Aufgrund des noch nicht genehmigten Haushalts der Stadt Herne und der restriktiven Haushaltsführung seien gebrauchte Thin-Clients sowie die dazugehörige notwendige Software beschafft worden. Die Antragstellerin habe im Rahmen dieser Beschaffung den Zuschlag für die benötigte Software erhalten. Für die gebrauchten Thin-Clients habe es zum Zeitpunkt dieser Beschaffung nur ein Anbieter auf dem Markt gegeben. Aufgrund der angespannten finanziellen Haushaltslage sei derzeit nicht absehbar, ob und in welcher Menge die Beschaffung von Thin-Clients noch erfolgen könne. Aus diesem Grund sei das Los 4 nicht erneut ausgeschrieben worden. Ergänzend trägt die Antragsgegnerin vor, dass die ergangene Bewirtschaftungsverfügung vom 25.4.2014 mit einer Sperrung von Haushaltsmitteln verbunden war und dieses der Grund gewesen sei, das Los 4 wegen fehlender und nicht mehr ausreichender Haushaltsmittel nicht erneut auszuschreiben. Eine erneute Ausschreibung des Loses 4 hätte bei den Bietern den Anschein erweckt, Aufträge im Hinblick auf die ausgeschriebenen Artikel erwarten zu können. Dieses könne die Antragsgegnerin vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich ergangenen Bewirtschaftungsverfügung nicht realisieren. Die Aufhebung selber sei ausschließlich aufgrund nicht wertbarer Angebote erfolgt. Die Behauptung der Antragstellerin, es läge lediglich ein Angebot mit 3 Kopien vor, entspräche nachweislich nicht den Tatsachen. Sie verweist dazu auf die unterschiedlichen Unterschriften auf den Angebotsblättern und die unterschiedlich formulierten Angebotsschreiben der Antragstellerin. Im Übrigen sei die von der Antragstellerin angeführte widersprüchliche Darstellung der Aussagen zur 7

Losvergabe im Angebotsschreiben

zum Text der EU-Bekanntmachung irrelevant,

da der diesbezügliche Tatbestand vor Angebotsabgabe hätte gerügt werden müssen. Inhaltlich stünde der Vermerk im Angebotsschreiben auch nicht im Widerspruch zu der eindeutig aus der Bekanntmachung ersichtlichen Absicht, in Losen vergeben zu wollen.

II. Gründe. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und hinsichtlich des Hilfsantrages begründet. Der Antragsgegnerin stehen keine Gründe nach § 20 VOL/A EG zur Rechtfertigung der Aufhebung zur Verfügung.

1. Zulässigkeit 1. 1 Zuständigkeit der Vergabekammer Die Vergabekammer in Arnsberg ist für die Entscheidung über den Antrag nach § 2 Abs. 2 u. 3 der Zuständigkeitsverordnung in Nachprüfungsverfahren des Landes Nordrhein-Westfalen (ZuStVONpV NRW vom 23.02.1999, SGV. NW. Nr. 630) zuständig, weil die Antragsgegnerin und Vergabestelle als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr.1 GWB ihren Sitz im Zuständigkeitsbereich der Kammer – Regierungsbezirk Arnsberg – hat.

1.2 Sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer Für die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge sind die Vergabekammern nach §§ 102, 104 GWB zuständig. Die Beschaffung von PC-Systemen, Notbooks, Monitoren und Thin-Clients ( Los 4) über einen Rahmenvertrag für die Antragsgegnerin und angegliederte Einheiten ist ein öffentlicher Auftrag nach § 99 Abs.2 GWB.

1.3 Schwellenwert Der Auftrag übersteigt nach den Schätzungen des Auftraggebers insgesamt den 2013 gültigen Schwellenwert von 200.000 €.

1.4 Statthaftigkeit und Antragsbefugnis

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Die Nachprüfung der Aufhebung mit dem Ziel der Aufhebung der Aufhebung ist seit der Entscheidung des BGH vom 18.2.2003, Az.: X ZB 43/02 unstreitig zulässig, obwohl formal mit der Aufhebung kein laufendes Vergabeverfahren mehr gegeben ist. In der gleichen Entscheidung hat der BGH aber auch klargestellt, dass kein Auftraggeber über das Nachprüfungsverfahren gezwungen werden kann, einen Vertrag zu schließen. Ziel des Nachprüfungsverfahrens kann mithin nur sein, die Rechtmäßigkeit, nicht die Rechtswirksamkeit dieser Entscheidung zu überprüfen.

Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in bieterschützenden Rechten und zumindest einen drohenden Schaden darlegt. Die Antragstellerin hat mit ihren Angeboten ihr Interesse nachvollziehbar dargelegt. Der Schaden besteht im Verlust der Zuschlagschance. Mit der Darlegung möglicher fehlerhafter Bewertung ihrer Angebote zu Los 4 benennt sie einen vergaberechtlichen Fehler, der die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung berührt. Der Nachprüfungsantrag entspricht formal den Anforderungen des § 108 GWB.

1.5 Rüge Die Rüge vom 24.4. 2014 ist frist- und formgerecht. Soweit die Antragstellerin unterschiedliche Formulierungen zur Losvergabe in der Bekanntmachung und im Angebotsschreiben vom 30.10.2013 als missverständlich rügt, ist diese Rüge nach § 107 Abs. 3 Ziff. 3 GWB verspätet und damit präkludiert.

2. Begründetheit Der Antrag ist hinsichtlich des Hilfsantrags begründet. Der Antragsgegnerin steht ein sachlicher Grund durch die wenig später eingetretene Einschränkung der Haushaltsmittel zur Verfügung, an der Aufhebung festzuhalten, so dass eine Scheinaufhebung ( zu Gunsten eines anderen Bieters) und damit ein rechtlich zu mißbilligendes Verhalten der Antragsgegnerin ausgeschlossen werden kann. Soweit die Aufhebung des Loses 4 mit der fehlerhaften Einschätzung der vorgelegten Angebote als Doppelangebote begründet wird, ist sie mangels Aufhebungsgrund rechtwidrig. Die Aufhebung ist damit rechtswidrig, aber wirksam.

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2.1. Kein Aufhebungsgrund nach § 20 VOL/A EG Abs.1 lit a) Die Antragstellerin hat unstreitig viermal gleichlautende Angebote hinsichtlich des Loses 4 vorgelegt. Diese hat die Antragsgegnerin ausweislich des Vermerks vom 3.2.2014, Bl. 89 d. Akte 2) auch als wertbar erachtet, jedoch aus formalen Gründen einer juristischen Überprüfung als Doppelangebote unterzogen und ist dabei unter Bezugnahme auf einige Entscheidungen zu Mehrfachangeboten zu dem Ergebnis gekommen, dass diese unzulässig seien und daher – eben so wie zwei Angebote eines weiteren Bieters zu Los 4, die sich allerdings hinsichtlich des Preises unterschieden, auszuschließen seien. Doppelangebote oder Mehrfachangebote sind nach der zitierten Rechtsprechung (Wiedemann in Kulartz, Komm. zur VOL/A ,Werner Verlag, 2. Aufl. 2011, § 16 Rdnr. 358) unzulässig, wenn sie, sich preislich unterscheiden und damit die Gefahr von Wettbewerbsverzerrungen bergen. Hauptangebote, die sich in Hinblick auf nichtpreisliche Kriterien unterscheiden werden mittlerweile durchgehend als zulässig erachtet und auch im vorliegenden Verfahren ausdrücklich zugelassen. Da die vorliegenden Angebote für Los 4 sich in keiner Weise von einander unterscheiden außer im Begleitschreiben im Bezug auf die unterschiedlichen Angebote zu Los 1 bis 3, handelt es sich jedoch um die Wiederholung eines Angebots. Die Wiederholung eines Angebots ist die Wiederholung einer rechtsgeschäftlichen Erklärung, die sich allein durch die Wiederholung nicht verändert und das Angebot auch nicht verdoppelt. Die Annahme irgendeines dieser 4 Angebote hätte immer zu dem gleichen Vertragsinhalt geführt. Jede Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin hätte dieses selbe Ergebnis gehabt und hätte in keinem Fall zu einer Wettbewerbsverzerrung geführt. Mithin bleibt es bei der festgestellten Wertbarkeit des Angebots. Der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin ist mithin unzulässig, da weitere Ausschlussgründe nach § 19 VOL/A EG nicht vorgetragen wurden und nicht ersichtlich sind. Gleichzeitig entfällt damit der Aufhebungsgrund nach § 20 VOL/A EG Abs.1, lit. a).

2.2 Aufhebungsgrund nach § 20 VOL/A EG Abs. 1, lit. d) Eine Aufhebung ist auch gerechtfertigt, wenn ein anderer schwerwiegender Grund dafür vorliegt. Die Antragsgegnerin hat ausdrücklich erklärt, dass die Aufhebung allein und ausschließlich auf dem Nichtvorliegen wertbarer Angebote beruhe. 10

Lediglich die Folgeentscheidung, nicht wieder auszuschreiben, sei durch die Begrenzung der Haushaltsmittel begründet. Ob sich die Folgeentscheidung inhaltlich so von der Ausschlussentscheidung trennen läßt, kann dahingestellt bleiben, denn die haushaltsrechtliche Situation ist als Aufhebungsgrund nirgendwo in der Akte dokumentiert. Sie ist mithin als Aufhebungsgrund nicht heranziehbar. Sie kann insoweit auch nicht im Wege des Nachschiebens von Ermessensgründen eingeführt werden, da die hier angegriffene Aufhebungsentscheidung offenkundig nicht auf einer haushaltsrechtlichen Ermessenserwägung beruht: Der diesbezügliche Vermerk vom 22.4.2014, Blatt 349 der Akte 2 bezieht sich ausschließlich auf das Fehlen wertbarer Angebote und die Nichtbekanntmachung einer Losentscheidung. Er enthält keine Aussage zu der gleichzeitig mit Schreiben vom 22.4.2014 mitgeteilten Entscheidung, das Los nicht wieder auszuschreiben. Die Antragsgegnerin hat dies in der mündlichen Verhandlung auch so bestätigt. Die haushaltsrechtliche Situation kann mithin auch nicht als schwerwiegender Grund iSd § 20 Abs.1 Lit d) VOL/A EG in Frage kommen.

2.3 Kein Anspruch auf Fortsetzung des Verfahrens Eine Aufhebung ohne rechtfertigenden Grund nach § 20 VOL/A EG ist rechtswidrig. Ein Anspruch auf Fortsetzung des Verfahrens besteht jedoch aufgrund der Vertragsfreiheit des Auftraggebers nicht, wenn die Aufhebung nicht aus rechtlich zu mißbilligendem Grund erfolgt ist (BGH Beschluss vom 20.03.2014 - X ZB 18/13 vorhergehend: OLG Karlsruhe, 04.12.2013 - 15 Verg 9/13): „Rdnr. 20 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Bieter die Aufhebung des Vergabeverfahrens, von engen, hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen, nicht nur dann hinnehmen, wenn sie von einem der in den einschlägigen Bestimmungen der Vergabe- u d Vertragsordnungen (§ 17 Abs. 1, § 17 EG Abs. 1 VOB/A; § 17 Abs. 1, § 20 EG Abs.1 VOL/A) aufgeführten Gründe gedeckt und deshalb von vornherein rechtmäßig ist. Aus den genannten Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnungen folgt nicht im Gegenschluss, dass ein öffentlicher Auftraggeber gezwungen wäre, ein Vergabeverfahren mit der Zuschlagserteilung abzuschließen, wenn keiner der zur Aufhebung berechtigenden Tatbestände erfüllt ist (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.2002 – X ZR 232/00, VergabeR 2003, 163). Vielmehr bleibt es der Vergabestelle grundsätzlich unbenommen, von einem Beschaffungsvorhaben auch dann Abstand zu nehmen, wenn dafür kein in den Vergabe- und Vertragsordnungen anerkannter Aufhebungsgrund vorliegt. Dies folgt daraus, dass die Bieter zwar einen Anspruch darauf haben, dass der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält (§ 97 Abs. 7 GWB), aber nicht darauf, dass er den Auftrag auch erteilt und demgemäß die Vergabestelle das 11

Vergabeverfahren mit der Erteilung des Zuschlags abschließt (vgl. BGH, VergabeR 2003, 163)“ und Rdnr. 21: „Während eine von den Vergabe- und Vertragsordnungen gedeckt und somit rechtmäßige Aufhebung zur Folge hat, dass die Aufhebung keine Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaften Vergabeverfahrens begründet, kann der Bieter im Falle einer nicht unter die einschlägigen Tatbestände fallenden Aufhebung auf die Feststellung antragen, dass er durch das Verfahren in seinen Rechten verletzt ist (§ 114 Abs. 2 Satz 2 GWB entsprechend; § 123 Satz 3, GWB). Ein Schadensersatzanspruch beschränkt sich in solchen Fällen allerdings regelmäßig auf die Erstattung des negativen Interesses (vgl. BGH, Urteil vom 09.06.2011 – X ZR 143/10,l BGHZ 190, 89 Rn. 16 Rettungsdienstleistungen II, Scharen in Kompaktkommentar Vergaberecht, 3. Auf., 13. Los Rn. 54). Weitergehende Ansprüche, wie ein Schadensersatzanspruch auf Erstattung des positiven Interesses oder zur Vermeidung eines entsprechenden Schadenseintritts ein Anspruch auf Weiterführung des Vergabeverfahrens, können unter besonderen Voraussetzungen zwar in Betracht kommen, etwa dann, wenn der öffentliche Auftraggeber die Möglichkeit, ein Vergabeverfahren aufzuheben, in rechtlich zu missbilligender Weise dazu einsetzt, durch die Aufhebung die formalen Voraussetzungen dafür zu schaffen, den Auftrag außerhalb des eingeleiteten Vergabeverfahrens an einen bestimmten Bieter oder unter anderen Voraussetzungen bzw. in einem anderen Bieterkreis vergeben zu können.“ Ein solches zu mißbilligendes Aufhebungsverhalten wird in der Literatur unter dem Stichwort der Scheinaufhebung behandelt und liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Beschaffungswille entfallen ist und dafür ein sachlicher Grund vorliegt (vgl hierzu VK Bund vom 4.3.2014, Az.: VK 2- 7/14: „Dem Postulat, wonach die Aufhebungsentscheidung eines öffentlichen Auftraggebers –die zivilrechtlich betrachtet nichts anderes darstellt als die Entscheidung, keines der abgegebenen Angebote anzunehmen- einer vergaberechtlichen Überprüfung zugänglich sein muss (vgl. zum Erfordernis der Überprüfbarkeit von Aufhebungsentscheidungen EuGH, Urteil vom 18. Juni 2002, Rs. C-92/00, sowie Urteil vom 16. Oktober 2003, Rs. C-244/02), ist im hier vorliegenden Fall der Aufgabe des Beschaffungswillens dadurch Rechnung zu tragen, dass die Vergabenachprüfungsinstanzen sich auf die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung beschränken, wenn es an einem wichtigen Grund im Sinne von § 20 EG Abs. 1 VOL/A fehlt (so ausführlich Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. Februar 2003, a.a.O.)“

Im Folgenden führt die Kammer des Bundes dann aus, dass schon fraglich ist, inwieweit ein Vergabewille überhaupt justiziabel sein kann und dass es nur darauf ankommen kann, dass eine Diskriminierungsabsicht ausgeschlossen werden kann. Die zusätzliche Beschaffung gebrauchter Thin-Clients beruhte nach dem unwiderlegten Vortrag auf einem gesonderten Bedarf und bezieht sich auch auf ein insoweit anderes Produkt

Vorliegend kann eine solche Diskriminierungsabsicht ausgeschlossen werden. 12

Die Einschränkung in der Verfügbarkeit der Haushaltsmittel ist ein sachlicher Grund, von der Beschaffung der weiteren neuen Thin-clients abzusehen und abzuwarten, um zu sehen, wie sich die Marktlage verändert hat , wenn sich die Haushaltslage wieder gebessert hat. Möglicherweise hat sich dann auch der Bedarf als solcher verändert.

2.4. Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Ausschreibung bezüglich des Loses 4 Da kein rechtfertigender Aufhebungsgrund nach § 20 VOL/A EG festzustellen ist, ist die Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Ausschreibung bezüglich des Loses 4 festzustellen. Gleichwohl ist die Rechtswirksamkeit der Aufhebung ebenfalls festzustellen, weil eine Scheinaufhebung ausgeschlossen werden kann. Wegen der Vertragsfreiheit des Auftraggebers ist auch die rechtswidrige Aufhebung eines Vergabeverfahrens durch die Vergabestelle wirksam. Es besteht keine Zuschlagspflicht des Auftraggebers. So hat die Antragstellerin auch nur die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung im Hilfsantrag begehrt. Ein derartiger Fortsetzungsfeststellungsantrag ist in § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB ausdrücklich vorgesehen (vgl OLG München vom 28.3.2012 ,Az: Verg 11/12).und gilt auch für den Fall der Teilaufhebung einer Ausschreibung bezüglich einzelner Lose. III. Kostenentscheidung

Die Kostenentscheidung beruht auf §128 Abs. 4GWB . Gem. § 128 Abs.4 Satz 1 GWB hat ein im Nachprüfungsverfahren unterliegender Beteiligter die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Gegners zu tragen. Mithin hat die Antragsgegnerin die Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten war für die Antragstellerin aufgrund der Komplexität des Vergaberechts erforderlich.

IV. Rechtsmittelbelehrung:

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Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist gem. § 116 Abs. 1 GWB die sofortige Beschwerde zulässig. Sie kann binnen einer Notfrist von 2 Wochen, die mit der Zustellung dieser Entscheidung beginnt (§ 117 Abs. 1 GWB), schriftlich beim Beschwerdegericht eingelegt werden. Beschwerdegericht für die Vergabekammer ist das Oberlandesgericht Düsseldorf, Vergabesenat, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Sie muss durch einen zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt 2 Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.

gez. Hugenroth

gez. Wiegard

(Vorsitzende)

(hauptamtl. Mitglied)

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