Die Paneuropa-Bewegung der Zwischenkriegszeit 1

Anita Ziegerhofer Die Paneuropa-Bewegung der Zwischenkriegszeit 1 Kurzfassung Die Geschichte der Vereinigung europäischer Staaten läßt sich bis an di...
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Anita Ziegerhofer

Die Paneuropa-Bewegung der Zwischenkriegszeit 1 Kurzfassung Die Geschichte der Vereinigung europäischer Staaten läßt sich bis an die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert zurückverfolgen. Bis in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg stellten sich die vielen Europaideen der hervorra­ gendsten Philosophen und Denker lediglich als Visionen dar. Auch Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi gehörte zu diesen Visionären, doch hat er mit seiner 1923 ins Leben gerufenen Paneuropa-Bewegung erstmals den Schritt unternommen, seine Vision zu verwirklichen. Die Paneuropa­ Zentrale befand sich in den Räumen der Hofburg in Wien, im Laufe der Zeit konnte er beinahe in allen europäischen Ländern Paneuropa-Sektionen gründen; dafür kamen ihm sicherlich seine hervorragenden Kontakte zu fast allen europäischen Politikern, die damals Rang und Namen hatten, zu­ gute. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zählte die Paneuropa­ Bewegung zu j enen Themen, mit denen sich die europäischen Regierun­ gen auseinandersetzen mußten. Nach dem Zweiten Weltkrieg leistete Coudenhove nunmehr als Präsident der von ihm gegründeten Europäi­ schen Parlamentarier Union einen wesentlichen Beitrag zur Gründung des Europarates.

1. Allgemeine Einleitung Die politische Idee der Vereinigung europäischer Staaten hat eine lange Vor­ geschichte, welche sich - abgesehen von den griechischen und römischen Paneuropaplänen - bis an die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert zurückverfol­ gen läßt. 2 Es war der französische Kronanwalt Pierre Dubois, der 1306 in seinem Werk "Über die Rückgewinnung des heiligen Landes" die Vereinigung des christli­ chen Abendlandes forderte; motiviert von dem Wunsch der Erhaltung des Christentums3. Aus dieser Motivation heraus muß auch seine Forderung, den Papst als einende letzte Instanz anzusehen, verstanden werden. Sein Zeitge1 2

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Dieser Beitrag ist die erwBilerte und ergänzte Fassung eines an der russischen Akademie der Wissenschaften am April 1997 gehaltenen Vortrages. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr.habll. h,st Olga Vellcko Einen allgemeinen Überblick über die Geschichte der Vereinigten Staaten von Europa liefern unter anderem: Claus Schöndube/Chnstel Ruppert: Eine Idee setzt sich durch. Bonn 1964; Dems de Rougemont: Europa. Vom Mythos zur Wirldichkell. München 1961; Rolf Hellmut Foerster: Europa. Geschichte einer politischen Idee. Munchen 1967. P,erre Dubois. In: Ernest Renan: Histoire htteraire de ta France. Band 26. Paris 1873.

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nosse Dante Alighieri sprach sich 1308 für ein vereintes Europa in seinem Opus "De monarchia" aus, dessen erste Macht allerdings - konträr zu Dubois der Monarch darstellen müsse4! Über die Jahrhunderte hindurch wurden die Ideen zur Gestaltung Europas immer konkreter: so nahmen bereits im 17. Jahrhundert Abbe de Saint-Pierre5 oder William Penn6 die Bildung des Völkerbundes gedanklich vorweg und Henri de Saint-Simon forderte im 18. Jahrhundert gar schon ein Europäisches Parlament. 7 Das 19. Jahrhundert brachte eine völlige territoriale Neugestaltung Europas: anstelle eines geeinten Europa a la Napoleon trat ein in Nationalstaaten zer­ splittertes. Dieses derart zerstückelte Europa wurde zum Nährboden unzähli­ ger Europapläne, die nun nicht mehr allein von europäischen Philosophen, Dichtern und Politikern stammten, sondern auch von russischen Literaten.8 Waren alle diese nur exemplarisch erwähnten Ideen dahingehend unter­ schiedlich, weil sie unter dem Einfluß der machtpolitischen Situation des jewei­ ligen Vaterlandes des Autors entstanden, so waren jedoch alle Ideen von demselben Motiv geleitet: nämlich von jenem der Friedenssicherung und erhaltung für Europa. Aus demselben Grund entsprang der Gedanke, ein überstaatliches Schiedsgericht einzurichten. Die Mehrzahl der Europaplaner plädierte auch aufgrund der bereits schon historisch-gewachsenen Bedrohung 9 aus dem Osten für den Zusammenschluß Europas. Schließlich tritt - vermehrt und insistierender ab dem 19. Jahrhundert der Gedanke der Schaffung einer europäischen Zollunion auf. Bis nach dem Ersten Weltkrieg, und auch das haben alle Europapläne gemein, bestanden diese nur theoretisch im Kopf bzw. auf dem Papier - die Zeit für eine praktische Umsetzung schien nie die richtige zu sein. Als Europa nach dem Ersten Weltkrieg territorial und wirtschaftlich zersplittert daniederlag, entwickelte Graf Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi seinen Plan von einem vereinten Europa. Im Gegensatz zu den vorangegan­ genen Europaplanern versuchte er erstmals, sein "Paneuropa" auch konkret umzusetzen, wenngleich diese Vision, aufgrund der politischen, wirtschaftli­ chen und ideologischen Konstellation Europas von Anfang an dazu bestimmt war, eine Totgeburt zu werden!

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Ahghlen Dante, Monarchie. Ubersetzt und erktärt mit einer Elnfuhrung von Dr Constantln Sauter, Freiburg Abbe Castet de Saont-Plerre: Der Traktat vom EWigen Fneden. Kötn Deutsche Bearbeitung von F von Oppetn-Bronlkowskl, Bertln seinem Pfan gemäß mußten alle bedeutendsten Staaten Europas sich zu einem europäischen Staatenbund zusammenschtleßen, on dem die Schwächeren honrelchende Sicherheit finden, daß )9der die gegenseitigen Abmachungen auch Wlrkhch häll, daß der Handet nie unterbrochen Wird und daß alle kunftlgen Streiligkeiten ohne Kflege auf dem Wege des Schledsgeflchts ausgetragen werden, Auf andere Welse Ist die Sicherheit nicht zu ertangen Siehe dazu Rougemonl Europa S t Er nahm den Wllham Penn Essay towards the Present and Future Peace of Europe. Pennsylvanla Gedanken eines Vötkerbundes vorweg und fuhrte ,n dem nach Ihm posthum benannten Staat Pennsytvanla die toteranteste und pazillstischte Verfassung ein, Siehe dazu Rougemont Europa S Graf de Salnt-Slmon-Sandncourt Uber die Wiederherstellung der europillschen Gemeinschaft. oder uber die Notwendigkeit. die Volker Europas In eoner einzigen pohtlschen Körperschaft zusammenzufassen, ohne daß Sie Ihre nallonale Unabhängigkeit verlieren, Pans "Was Europa nOltut ISt eine Konstitution, die In sich selbst gefestigt ISt und dieser Völkerbund benotlgt gemeonsame Inslltullonen und eine Organisation" Zitiert bei Rougemont, Europa S Unter Ihnen befanden sich Peter Tschaada)9w, Leo Tolstol oder FJOdor M DostO)9WSk, Vgl Rougemont: Europa S Ein Problem Europas stellt die Frage nach der europa,schen Ostgrenze dar Aus dem Osten drangen Hunnen, Awaren, Ungarn. TUrlertam und der Itahenlsche M,n,sterpras,dent Benllo Mussohnl. Die Vertragsbestlnvnungen. darunter Raumung des Rhelntandes durch Frankreich und Zusage Deutschlands. keine gewaltsamen Grenzveranderungen Im Osten zu tatlgen. trugen zur Entspannung ZWischen Deutschtand und Frankreich bei. 11 Nationen unterzeichneten In Pans den Kellog-Bnand-Pakt. wonn der Kneg ats letztes MIl1el von zwischenstaatlichen Konlilkten geachtet Wird Durch die Konferenz von Lausanne wurde bestimmt. daß Deutschtand eine Schlußzahlung seiner Reparationen tätogen solle.

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ideologischen Situation Europas zur Schimäre werden! Denn der Erste Welt­ krieg bewirkte nicht nur eine politische und territoriale Umgestaltung, sondern brachte neue geistige Strömungen hervor, die vor allem die Menschen Euro­ pas spalteten: nämlich den Faschismus, den Nationalismus und den Bolsche­ wismus. In diese Zeit fielen Coudenhoves Bestrebungen, die Vereinigten Staaten von Europa zu konstituieren.

2" Die Person Coudenhove und seine Idee Es stellt sich nun die Frage nach der Person Coudenhoves und welche Über­ legungen seiner Initiative zugrundelagen, die die europäische Außenpolitik der Zwischenkriegszeit mitbestimmen sollte: Richard Nikolaus wurde am 17. November 1894 als zweiter Sohn eines öster­ reichisch-ungarischen Diplomaten und einer reichen Japanerin in Tokio gebo­ ren. 1896 kehrte er mit seiner Familie auf das väterliche Gut im böhmischen Ronsperg zurück. Das Schloß, die Oase des Friedens, wie Coudenhove es bezeichnete 13, lag zwischen zwei Grenzen: an der Reichsgrenze im Westen zwischen Deutschland und Österreich und an der Sprachgrenze im Süden, die die deutsche Sprache von der slawischen schied. 14 Hier wuchs er in der von seinem Vater philosophisch geprägten Welt auf, der ein Schopenhauer­ Jüngling und Anhänger der indischen Philosophie war. In seinen Memoiren schreibt er, daß er in dieser Welt den Unterschied zwischen Wirklichkeit und Traum nicht gelernt hat. 1 5 Ronsperg war internationaler Mittelpunkt, aus aller Welt empfingen die Coudenhoves Gäste. Auf Richard machte vor allem der indische Gast Suhraworthy, der spätere Begründer des Panislamismus, gro­ ßen Eindruck. Er war für seine Idee ebenso Vorbild, wie die von ihm sehr ge­ schätzten Philosophen Plato, Schopenhauer und Nietzsche. 16 Zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters zog Richard 1908 nach Wien, wo er das Theresianum, eine Eliteschule, besuchte. Nach der Matura immatrikulierte er an der Univer­ sität Wien Philosophie und Neuere Geschichte. Eine Zäsur im Leben Coudenhoves stellte das Jahr 1915 dar, da heiratete er nämlich eine um Jahre ältere in Wien sehr berühmte Burgschauspielerin - Ida Roland. Über diese Heirat sagte Coudenhove, daß sie ihn mit einem Schlag von allen Bindungen an seine Familie und an ein konservatives Milieu, dem er innerlich längst entfremdet war, befreite und dessen weltanschauliche und politische Ansichten von den seinigen grundverschieden waren.17 Weiters meinte er, daß "er plötzlich zu einem modernen Menschen, zu einem Kinde des zwanzigsten Jahrhunderts wurde: völlig frei zu sagen und zu schreiben, 13 14 15 16 17

Rlchard Coudenhove·Kalerg' Ein Leben tur Europa Meine Lebenserinnerungen. KOln·Ber"n und erweiterte Aullage von "Eine Idee erobert Europa"). S Coudenhove Leben tur Europa S Coudenhove Leben tur Europa S Coudenhove Leben lur Europa S 64" Coudenhove. Leben tur Europa. S

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1966 (2. veranderte

was ich von der Welt und von den Menschen dachte.,18. Während der Kriegs­ zeit promovierte er 1917 zum Doktor der Philosophie an der Universität Wien. In dieser Zeit dachte er sehr viel über die Bedeutung des Krieges nach und kam für sich zu dem Resultat, daß der Krieg den Kampf zwischen Vergangen­ heit und Zukunft darstelle und daß durch diesen Altes durch Neues ersetzt und neuen Ideen zum Durchbruch verschafft werde. Er wurde dabei von dem 14Punkte-Programm des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson inspi­ riert, welches für ihn das "Neue" darstellte. Seither war er ein großer Anhänger Wilsons und später forderte er die Revision der Versailler Verträge auf der Basis dieses Programmes. Das Ende des Ersten Weltkrieges machte ihn staatenlos; die Frage, ob er nun österreichischer oder tschechischer Staatsbürger geworden war, berührte ihn allerdings nicht, da er in einer Welt aufgewachsen war, "wo man nicht in Län­ 9 dern dachte, sondern in Kontinenten., 1 . Er selbst fühlte sich als "Bürger einer neuen und größeren Gemeinschaft, einer neuen Welt: als Bürger des aufge­ henden Völkerbundes". Schließlich wurde er vorübergehend tschechischer Staatsbürger. 2o Als 1919 der Völkerbund als überstaatlicher Staatenbund ins Leben gerufen wurde, hoffte Coudenhove, daß dieser für Europa den langersehnten Frieden bringen werde. Später bezeichnete er ihn als "internationalen Club unverbindli­ cher Begegnungen und Besprechungen der Außenministef1 " deren Tagungen in Genf er deshalb besuchte, um mit europäischen Politikern Kontakte zu pfle­ gen. Immer mehr wurde ihm bewußt, daß er für die Erhaltung des Friedens in Euro­ pa zu sorgen hätte. Er war geradezu beseelt von dem Gedanken der Frie­ denswahrung, derzuliebe er das tätige Leben eines Pazifisten dem beschauli­ chen eines Philosophen vorzog. Dennoch meinte er dazu rückblendend, "daß er sich ohne seinen philosophischen Glauben nicht veranlaßt gesehen hätte, den Kampf um Paneuropa aufzunehmen. [ ... ] Aber in einer Zeit, da die Welt brennt, hat niemand, der in der Lage ist, an der Löschaktion teilzunehmen, ein 22 Recht auf Beschaulichkeit,, . Seine Zauberformel für die Friedenswahrung war die Vereinigung des in 27 Staaten zersplitterten Europa. Um diese Idee zu realisieren, begab er sich auf die Suche nach einem Politiker von Rang und Namen. Der nationalistisch-gesinnte französische Ministerpräsident Raymond Poincare kam dafür genauso wenig in Frage wie ein deutscher Politiker - auch wenn dieser Walter Rathenau hieß. So sah er einzig im tschechischen Mini­ sterpräsidenten Tomas Garrigue Masaryk jenen Mann, der als politischer Trä­ ger der Paneuropa-Idee geradezu prädestiniert war. Ihn verehrte Coudenhove auf das höchste, zumal er nicht nur der Schöpfer der tschechischen Republik war, sondern weil er ein Demokrat war, der "desirous of strengthening his 18 19 20 21 22

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Coudenhove: Leben für Europa. S. Coudenhove: Leben für Europa. S. Im Jahr erhielt er die französische Staatsbürgerschalt. R,chard Nikolaus Coudenhove-Kalergl: Agonie des Völkerbundes. In: Paneuropa 817. Coudenhove: Leben für Europa. S

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nation's ties with the Western democracies rather than with the Russian des­ potism,,23. Masaryk empfing Coudenhove erstmals 1921 in der Prager Burg, er hörte seinen Ausführungen sehr sorgsam zu "and he encouraged me to go ahead with my work. But he could not pledge any personal co-operation", da "ifs impossible for him, as head of a state, to take the lead in such a crusade without engaging or perhaps compromising his government"24. Er dachte, daß "the time for a Pan-Europe is not ripe"25. So konnte sich Coudenhove vorerst lediglich auf die Medien stützen: 1922 erschienen seine Gedanken in der Neu­ en Freien Presse, Wien, und gleichzeitig in der Vossischen Zeitung, Ber/in. Im selben Jahr appellierte Coudenhove öffentlich und im Namen der europäi­ schen Jugend an Mussolini, Europa zu retten, indem er eine Paneuropäische Konferenz einberufen sollte, welche die Gründung der Paneuropa-Union zu vollziehen hätte. Mussolini hatte auf diesen Appell nicht geantwortet. Es ver­ blüfft, warum sich der Antifaschist Coudenhove an den Duce wandte, doch verband die beiden Männer eine Reihe von weltanschaulichen Gemeinsam­ keiten, die wahrscheinlich auch für das Treffen der beiden Männer im Jahr 1933 eine Rolle spielten.26 1923 schrieb er das Buch "Paneuropa", das deshalb ein Welterfolg wurde, zumal es in fast alle Sprachen der Welt übersetzt wurde. Das Buch, das er der europäischen Jugend widmete, leitete er mit folgenden Worten ein: "Dieses Buch ist bestimmt, eine große Bewegung zu wecken, die in allen Völkern Eu­ ropas schlummert". Jedem Exemplar legte er eine Karte bei, mit der Frage "Wollen Sie der Paneuropa-Bewegung beitreten". Über 1.000 positive Antwor­ ten kamen zurück. Darunter auch von vielen intellektuellen Persönlichkeiten wie Stefan Zweig, Franz Werfel, Gerhard Hauptmann, Thomas und Heinrich Mann, Bronislaw Hubermann, Sigmund Freud, Albert Einstein ... Dennoch war die Sympathie der meisten Intellektuellen für Paneuropa nur von kurzer Dauer und es blieben nur wenige seine treue Begleiter bis 1938, darunter der be­ rühmte Geiger Bronislaw Hubermann und Thomas Mann, beide waren über­ zeugte Europäer.

Was waren nun die Forderungen und Zielsetzungen Paneuropas? Coudenhove konzentrierte sich hauptsächlich auf die außenpolitische Angele­ genheiten und sah daher die Notwendigkeit der Vereinigung der europäischen Staaten aufgrund dreier Gefahren, die Europa von "außen" bedrohten: das war einmal die Gefahr des Vernichtungskrieges, weiters die Gefahr einer Unter­ werfung des europäischen Kontinents durch Rußland und drittens die Gefahr des wirtschaftlichen Ruins, welcher durch die Wirtschaftsmächte Amerikas und der Sowjetunion drohte.

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Rlchard Nikolaus Coudenhove-Kalerg' Crusade for Pan-Europe Autoblography of a man and a movemenl New York 1943 S. und derselbe In Memonam Masaryk. In: Paneuropa S Coudenhove. Crusade S Coudenhove Crusade. S Remhart FrolTVTl9lt Paneuropa oder MIMeieuropa EInigungsbestrebungen Im Kalkul deutscher WIrtschaN und Politik SchnNenrelhe der V,ertelJahrsheNe für ZeitgeschIChte 34 StuMgart S

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Um diese Gefahren von Europa fernzuhalten, forderte er den europäischen Staatenbund unter gegenseitiger Garantie der Gleichberechtigung, Sicherheit und Selbständigkeit aller Staaten, ein europäisches Bundesgericht zur Schlichtung sämtlicher Konflikte zwischen europäischen Staaten, ein europäi­ sches Militärbündnis mit gemeinsamer Luftflotte zur Sicherung des Friedens und gleichmäßiger Abrüstung, die schrittweise Schaffung des europäischen Zollvereins, die gemeinsame Erschließung der europäischen Kolonien sowie eine gemeinsame europäische Währung. Außerdem die Pflege der nationalen Kulturen aller europäischer Völker als Grundlage der europäischen Kulturge­ meinschaft, die Sicherung aller nationalen und religiösen Minderheiten Euro­ pas gegen Entnationalisierung und Unterdrückung und die Zusammenarbeit Europas mit anderen Völkergruppen im Rahmen eines weltumspannenden Völkerbundes. Die Krönung sah Coudenhove in der Gründung eines europäischen Bundes­ staates mit einer eigenen Verfassung: dessen Staatenhaus würden die 26 Vertreter der 26 Bundesmitglieder bilden, dessen Völkerhaus die 300 Dele­ gierten von je einer Million Europäern. Bewußt wählte er den Namen Paneuropa als Pendant zu Panamerika und nicht "Vereinigte Staaten von Europa" , da dieser terminus technicus zu sehr an den Zentralismus der Vereinigten Staaten von Amerika erinnern könnte.27 Die Anlehnung an die Struktur Panamerikas tritt in der Bezeichung der Union als 28 "Schwester-Organisation" zur Pan-Amerikanischen Union deutlich zutage. Bei der Umsetzung von Paneuropa stieß Coudenhove auf drei wesentliche Fragen, diese waren erstens die Frage der Eingliederung Englands bzw. zweitens die Rußlands in die paneuropäische Union und drittens die Frage der Zukunft des Völkerbundes. Seine Antworten auf diesen Fragekomplex be­ zeichnete Coudenhove als weltpolitische Richtlinien der Union: Da Großbritannien nach wie vor ein Weltreich darstellte, war es unmöglich, dieses einem Paneuropa einzugliedern, davon abgesehen, wäre es nie bereit gewesen, einem europäischen Staatenbund beizutreten. Den Grund dafür nannte Winston Churchill bereits 1929: er empfand wohl den Gedanken der Vereinten Staaten als richtigen und bestätigte auch, daß England auf Seiten Europas wäre, "aber es ist nicht Europa, es ist ihm verbunden, aber gehört ihm nicht an,,29. Deshalb forderte Coudenhove eine britisch-europäische Entente und das engste herzlichste Einvernehmen mit dem britischen Reich. In der Sowjetunion sah Coudenhove die größte Gefahr für Europa, nachdem diese durch die Revolution kommunistisch geworden war und als solche alle 27 28 29

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Coudenhove Leben fur Europa S . Paneuropa o.S Wlnston Churchlll Wir Englander und Paneuropa In Paneuropa S Vergleiche dazu auch Leo S Amery Paneuropa und Bntlsh Empire In Paneuropa 617. S. ·WIr konnten nie unseren Palnotlsmus fur das In alle WeiHeile reichende Emp"e aufgeben. mcht einmal einer Idee Wie der paneuropäischen zuliebe. Wir könnten auch keine politische oder Wirtschaftliche Entfremdung ZWischen uns und den Domimen nskleren. welche die unvermeidliche Folge unserer EInbeZIehung In ein europäisches System ware. Wir können mcht gleichzeitig Paneuropa und Panbntannlen angehören •.• Wenn Wir eine Teilnahme an Paneuropa ablehnen. so heißt das nlchl. daß WIr eine Mitwirkung ablehnen •

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Vorkehrungen für eine Weltrevolution traf. Seine Position gegenüber der Sowjetunion formulierte er dergestalt: "Solange Rußland mit Rücksicht auf seine asiatische Politik und auf die tiefen kulturellen, sozialen, politischen und wirtschaftlichen Gegensätze zu Europa eine engere Bindung an diesen Erdteil ablehnt, muß die Sicherung des russisch-europäischen Friedens, gegenseitige Nichteinmischung in die innere Politik und der Ausbau der wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen die Grundlage des russisch-europäischen Verhältnis­ ses sein,,3o. Europa müsse sich einen, da ein zersplittertes Europa die Sowjet­ union zum Angriff verlocke: deshalb sichere Paneuropa nicht nur den russisch­ europäischen Frieden, sondern auch die russisch-europäische Freundschaft, die im beiderseitigen wirtschaftlichen und kulturellen Interesse liege.31 Als im Jahr 1931 Coudenhoves Broschüre "Stalin & CO,.:J2 erschien, erregte diese größtes Aufsehen. Er analysierte in diesem Heftchen die russische und die europäische politische bzw. wirtschaftliche Lage und rief alle Europäer auf, Paneuropa zu gründen, um gemeinsam gegen die drohende nach Westeuropa übergreifende Macht der Sowjetunion anzukämpfen. Europa müsse eine Ent­ scheidung treffen, entweder für oder gegen den Bolschewismus. Eine neutrale Haltung Europas verachtete Coudenhove, da bei einer Feuersbrunst Passivität 3 Mord und Selbstmord bedeute? Der Autor mußte sich des Vorwurfes - einen russisch-europäischen Krieg anzetteln zu wollen - erwehren. Im Zusammen­ hang mit einer Kontroverse zwischen Coudenhove und der sozialdemokrati­ schen "Arbeiter-Zeitung" teilte Otto Bauer den Standpunkt der AZ: diese be­ fürchtete nämlich, daß Europas Vereinigung als Kampfzusammenschluß ge­ gen die Sowjetunion zu bewerten sei. Dies schien Bauer eine Wendung (in Coudenhoves Bewegung Anm. A. Z.) zu sein, "die die europäische Sozialde­ mokratie zur Gegnerschaft gegen ihre Bewegung zWänge!'.:J4 Und auch Karl Renner schrieb Coudenhove, daß er durch diese "Broschüre den Kriegstrei­ bern eine breite Angriffsfläche gebe, was ihn aufrichtig beunruhigt und was er auch bedauert,.:J5. Unter dieser Perspektive bat er Coudenhove im Zuge der Vorbereitungen zum Baseler Kongreß, von der Beisetzung seines Namens zum Ehrenkomitee Abstand nehmen zu wollen, da "sich doch in meiner Partei die Bedenken über die Richtung, die die Paneuropa-Bewegung einnimmt, mehren,,36. Coudenhove entgegnete diesen Vorwürfen, daß die Paneuropa­ Union grundsätzlich immer für den Frieden eintrete, "doch gelten Waffenstili­ stände bei den Russen nicht als Frieden, sondern als Ruhepause vor der nächsten Invasion, vor dem Angriff gegen Europa. Denn der Bolschewismus will Europa besiegen und ist derzeit nur aufgrund seiner wirtschaftlichen Posi­ tion gelähmt. Die Paneuropäische Parole heißt demnach, Zusammenarbeit mit

30 Rlchard Nikolaus Coudenhov9-Kalergl Paneuropa-Unoon Zlllert bei Hans Krebs Paneuropa oder Mlneleuropa? (Natlonalsozlallsllsche Bibliothek hrsg von Gottfned Feder). Munchen S. Rlchard Nlkotaus Coudenhove-Kalergl Deutschlands europäische Sendung Eon Gespräch. In Paneuropa S R N Coudenhove·Kalergl STAUN & Co Leipzig-Wien Selten. 33 Coudenhove STAUN & Co. S 34 Zentrum zur Aufbewahrung hlstonsch-dokumentanscher Dokumente (CChIDK), Moskau Bestand Paneuropa­ Union, FIndbuch Akt (: Delo) Wien, Feber I. CChIDK, 554-4-34. Wien, Dezember fol. 36 CChIDK, Wien, August fol.

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der Sowjetunion, wenn es sein kann, Abwehr, wenn es sein muß,,J 7. Den Beitritt der Sowjetunion zum Völkerbund 1934 begrüßte Coudenhove. Allerdings war er gegen deren Beitritt zur Paneuropa-Union, da sich dadurch die Sowjetunion in europäische Konflikte einmischen könnte, was jedoch vice versa für Europa nicht gelte. Der durch die Jahre immer heftiger und polemischer werdende Abwehrkampf gegen die Sowjetunion veranlaßte viele seiner Anhänger, sich von der Bewe­ gung zu distanzieren. Dies prophezeite bereits 1931 Reichsgerichtshofpräsi­ dent Walter Simons, der ein engagierter Paneuropäer in der deutschen Sekti­ on war, in folgender Aussage: "Als offene Kampfansage gegen den bolschewi­ stischen Reichsverband wird Paneuropa manchen Staatsmann abschrecken, der sich sonst dem Grunde und Ziele der von ihnen geleisteten Bewegung nicht verschließen würde, , 38. Die Bildung von Paneuropa innerhalb des Völkerbundes war aufgrund des Artikels 21 der Völkerbundstatuten rechtlich möglich, diesbezüglich mußte sich Coudenhove keine Sorgen machen. Seine Befürchtungen galten vielmehr dem Weiterbestand des Völkerbundes, welcher durch die Nicht-Mitgliedschaft Ame­ rikas gefährdet war: schließlich stellte der Völkerbund ohne Amerika ein ohn­ mächtiges Gebilde dar. Deshalb beschäftigte er sich mit der Frage der Einglie­ derung Amerikas in den Völkerbund ohne daß Amerika seine Monroe-Doktrin aufgeben müsse. Die Antwort darauf gab ihm ein Blick auf den Globus. Er erkannte, daß die Welt in Blöcken organisiert war: Panamerika, die Sowjetuni­ on, das Britische Reich und Commonwealth, Japan begann sich gerade mit China zu einem mongolischen Völkerblock zu formieren und nur Europa war in 27 Staaten zerrissen. Würde sich Europa zu einem Paneuropa vereinen, be­ stünde die Welt aus fünf Machtblöcken, welche sich im Völkerbund vereinigen könnten, innerhalb dessen die Monroe-Doktrin zur Geltung käme. Die Sowjet­ union könne jedoch erst dann dem Völkerbund beitreten, wenn sie wieder demokratisch geworden war. Diesen Plan offerierte er dem Völkerbundsekretär Sir Eric Drummond. Dieser war für Paneuropa nicht zu gewinnen und gab ihm 39 abschließend den Rat "Please don·t go too fast,, .

3. Die Umsetzung der Vision Der Philosoph Coudenhove legte von Anfang an viel Wert darauf, bei der Rea­ lisierung Paneuropas auch die geistigen Werte Europas in Form von Symbolen darzustellen. So wählte er für das Motto der Bewegung den Spruch des heiligen Augustinus: "In necessariis unitas - in dubiis libertas - in omnibus caritas" und als Symbol das rote Kreuz auf goldenem Hintergrund, welches er folgendermaßen defi­ nierte: "Im Zeichen des Sonnenkreuzes, das die Sonne der Aufklärung verbin37

Coudenhove STAUN & Co. S. 54 38 CChlDK 554·4·356. Berlm. Jänner Coudenhove. Leben lur Europa S.

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det mit dem Roten Kreuz der internationalen Menschlichkeit, wird der paneuro­ päische Gedanke über alle Beschränktheit und Unmenschlichkeit chauvinisti­ scher Zerstörungspolitik siegen, , 40. Gegen Ende des Jahres 1924 wurde das Zentralbüro der Paneuropa­ Bewegung in Wien, in den von der österreichischen Regierung zur Verfügung gestellten Räumen in der Hofburg, eröffnet. Ein Jahr zuvor hatte Coudenhove den Paneuropa-Verlag im sechsten Wiener Bezirk gegründet. Die Anmeldun­ gen erfolgten bis zur Eröffnung der Zentrale entweder im Verlag oder im Deut­ schen Generalsekretariat. Der Eintritt in die Union stand allen Männern und Frauen, Vereinen und Organisationen offen. Als Jahresbeitrag waren für 1925 in Österreich 1,50 Schilling, in Deutschland eine Mark vorgesehen; Unbemit­ telte waren davon "aus prinzipiellen Gründen" ausgeschlossen. Der Mitglieds­ beitrag war nicht sehr hoch, bedenkt man, daß man 1925 für einen Liter Milch 40 - 45 Groschen zahlen mußte. Durch die Mitgliedschaft war man verpflichtet, für die Verbreitung von Paneuropa Sorge zu tragen. Das Zentralbüro in der Hofburg bildete das administrative Herzstück der Be­ wegung während der Zwischenkriegszeit; von hier aus wurden die Verbindun­ gen zu den weiteren Sektionen und Komitees in ganz Europa hergestellt. Die österreichische Regierung stand der Bewegung durch all die Jahre positiv gegenüber: nahmen die einzelnen Bundeskanzler (außer Seipel) wohl nie besonders aktiv an der Bewegung teil, so stellten sie immerhin bis zur gewalt­ samen Auflösung des Büros 1938 den Ehrenpräsidenten. Vereinzelt stellten sich nach Beendigung ihrer politischen Laufbahn einige Politiker in den Dienst Paneuropas, so wurde Altbundeskanzler Karl Buresch Vizepräsident der Union oder der ehemalige Handelsminister Eduard Heini Vizepräsident der Paneuro­ päischen Wirtschaftszentrale. Während der Bundeskanzlerschaft Kurt Schuschniggs (1934-1938) waren die Kontakte österreichischer Regierungsmitglieder zu Coudenhove im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren sehr eng. Ein Grund dafür könnte die Verla­ gerung der Bewegung von der politischen Zielrichtung auf die wirtschaftliche gewesen sein: beginnend im Jahr 1932 und schließlich verstärkt durch die politischen Ereignisse in Deutschland 1933 konzentrierte sich Coudenhove voll auf die Schaffung eines Wirtschafts-Paneuropa. Eine weitere Erklärung könnte jene sein, daß die österreichische Regierung in der Paneuropa-Bewegung eine Chance sah, den Nationalsozialismus von Österreich fernzuhalten. Sicher trugen auch die freundschaftlichen Kontakte Coudenhoves zu einigen Regie­ rungsmitgliedern zur Intensivierung der gegenseitigen Beziehungen bei, zumal noch einige Politiker aristokratischer Herkunft waren 41 Coudenhove bat 1924 Bundeskanzler Prälat Ignaz Seipel, die Ehrenpräsident­ schaft der Österreichischen Union zu übernehmen. Seipel nahm diese Bitte an, 40 41

1. 1924. S. 19.

Paneuropa·Manlfes1. In: Paneuropa Das Sonnenkreuz verbindet die belden Ursynilote europäiSCher Kultur · die chnsUiche Ethik und heidnische Schönheit. Internationalen Humanismus und modeme Aufklärung; Herz und Geist, Mensch und Kosmos. z . B Außen· und Justizminister Egon Berger-Waldenegg oder Handelsminister Eduard Heini

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allerdings unter der Bedingung, daß der Sozialdemokrat Karl Renner und der Großdeutsche Franz Dinghofer als seine Stellvertreter fungieren würden welch' schöne österreichische koalitionäre Lösung! Bevor Renner diesem Junktim zustimmte, mußte ihn Coudenhove jedoch erst überzeugen, daß es sich bei Paneuropa nicht um eine versteckte österreichisch-deutsche An­ schlußbewegung handelte, sondern um einen "Anschluß all around", Bevor es zur Gründung des Zentralbüros in Wien gekommen war, erfolgten jene in Prag und Berlin Anfang des Jahres 1924. In Prag übernahm Außenmi­ nister Edvard Benes das Ehrenpräsidium und in Deutschland bekleidete Reichstagspräsident Paul Löbe die Ehrenpräsidentschaft, sein Stellvertreter war Dr. Erich Koch-Weser, der Vorsitzende der Demokratischen Partei. Im seiben Jahr erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift "Paneuropa" , sie sollte bis 1938 das öffentliche Organ der Bewegung bleiben. Die meisten Beiträge, mehrheitlich politischen Inhalts, verfaßte Coudenhove selbst; er benützte die Zeitschrift auch dafür, seine Bücher vorabzudrucken bzw. diese zu bewerben. Seit dem Jahr 1935 erschien Paneuropa auch in französischer Sprache; seine Absicht, Paneuropa auch in tschechischer Sprache zu publizieren, konnte er jedoch nicht realisieren. Um der Bewegung die nötige Breitenwirkung und Propaganda zu verschaffen, reiste Coudenhove von Anfang an und auch immer in Begleitung seiner Frau unermüdlich durch ganz Europa. Dabei kam es ihm darauf an, möglichst schnell in allen Hauptstädten Sekretariate oder Komitees zu gründen. Bereits zu Beginn des Jahres 1924 fuhr Coudenhove nach England, wo er den ehemaligen Chefredakteur der Times - Wickham Steed -, aber auch H. G. Wells, Noel Baker und Bernard Shaw als Anhänger gewinnen konnte. Eine sehr wertvolle Beziehung knüpfte Coudenhove mit Kolonialminister Leo S. Amery, welcher ihn mit Winston Churchill bekannt machte. Ein großes Anliegen Coudenhoves war es, Frankreich für Paneuropa zu ge­ winnen: bis dato war Paneuropa eine rein deutschsprachige Angelegenheit, dies könnte Paneuropagegner und vor allem die Staaten der Entente dazu verleiten, die Union als Sammelbecken von Revisionisten der Friedensverträge zu deuten. Beim Aufbau der Beziehungen bediente sich Coudenhove der Hilfe des tschechischen Außenministers Benes. Dieser stellte ihm einen Diploma­ tenpaß aus und gab ihm für seine Reise nach Paris fünf Empfehlungsschrei­ ben an einflußreiche führende Politiker mit.42 Derart ausgestattet, trat Couden­ hove Anfang Jänner 1925 seine Reise nach Paris an, wo man ihn äußerst freundlich empfing. Aristide Briand sollte er jedoch erst später treffen; dafür kam er mit Außenminister Edouard Herriot zusammen. In ihm fand Coudenho­ ve einen Sinnesgenossen, welcher bereits im Jänner 1925 vor dem französi­ schen Abgeordnetenhaus eine Rede hielt, in der er sich für die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa aussprach. 43 42

Diese waren Paul Boncour, Henf! de Jouvenel, Paul Palnleve, Joseph Barthelemy und Anstide Briand 43 Auszugsweise bei Schöndube/Ruppert: Eine Idee setzt Sich durch. S.114; sowie Edouard Hernot: Vereinigte Staaten von Europa. Leipzig 1930

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Ende 1925 traten die Coudenhoves ihre Reise nach Amerika an, um dort die Werbetrommel für Paneuropa zu rühren und vor allem um die Staaten davon zu überzeugen, daß Paneuropa keine Gegenbewegung zum Völkerbund war. Während seiner Vortragstour durch Amerika lernte er viele einflußreiche Männer kennen, darunter auch den späteren Präsidenten Herbert Hoover oder Außenmi­ nister Frank Kellogg.44 Im Jänner 1926 verließen Coudenhove und seine Frau Amerika, nachdem Tage zuvor das "American Cooperative Committee of the Pan-European-Union" in New York gegründet wurde. Mittlerweile waren in Belgien, Ungarn, Polen, Spanien, Bulgarien, Rumänien, Jugoslawien und in den baltischen Staaten Paneuropa-Sektionen entstanden. Um der Bewegung nun die nötige Propaganda zu verschaffen, veranstaltete er 1926 den ersten Paneuropa-Kongreß in Wien. Es zählte zu den Pflichten des Präsidiums, einmal in drei Jahren einen Kongreß abzuhalten, zudem alle Mit­ glieder und sämtliche Paneuropäer Zutritt hatten. Der Kongreß diente vor­ nehmlich Propagandazwecken, auf dem eine Rückschau über den Fortschritt der Bewegung und ein Ausblick auf die weitere Entwicklung gehalten wurde.45 Zum Wiener Kongreß waren ca. 2.000 Personen gekommen, viele europäische Staaten (Frankreich, Belgien, Finnland, Griechenland, Tschechoslowakei ... ) ließen sich offiziell durch ihre Gesandten vertreten oder schickten Grußworte. Österreich war durch Bundeskanzler Rudolf Ramek vertreten. Der Kongreß war ein Erfolg und öffnete ihm den Weg zu Aristide Briand, der sich 1927 be­ reit erklärte, das Ehrenpräsidium der Bewegung zu übernehmen. Noch im selben Jahr wurde in Paris ein Paneuropa-Komitee gegründet, dessen Präsi­ dent der führende Wirtschafter und Politiker Louis Loucheur wurde. Auf dem Wiener Kongreß war auch die Organisation der Bewegung festgelegt worden. Demnach bestimmte man, daß die Paneuropa-Union die Organisati­ onsform der Bewegung war, deren Hauptsitz das Zentralbüro in Wien bildete. Die Union wiederum war in nationale und internationale Sektionen gegliedert, deren höchste Instanz der Zentralrat bildete. Dieser Zentralrat setzte sich zum einen aus dem Präsidenten der Union und zum anderen aus den Präsidenten der Landessektionen zusammen. Die nationalen Sektionen waren in ihrem inneren Aufbau autonom, sie konnten sich als Verein oder Komitee konstituie­ ren, allerdings bedurfte dies der Zusage des Zentralrates. Die Präsidenten der jeweiligen Sektionen fungierten als Vizepräsidenten, weshalb diese den Präsi­ denten bei dessen Abwesenheit vertreten konnten. Der erste Präsident der Bewegung war Coudenhove, seine Nachfolger sollten für vier Jahre vom Zentralrat gewählt werden. Dem Präsident war die Leitung der Agenden des Zentralbüros übertragen und er war verpflichtet, einmal jähr­ lich die Zentralratssitzung einzuberufen. In den Intervallen zwischen den Ta­ gungen war er allein berechtigt, im Namen der Union Erklärungen abzugeben. Er sorgte für die Durchführung der Beschlüsse des Zentralrates und organi145.

44 Coudenhove Leben tur Europa S CChIDK, 554-4·313, 1.83 § 18 der Satzungen des Vereines "Paneuropäische Union Zentrale"

45

584

sierte Kongresse und Konferenzen. Er durfte weder im Dienste eines Staates stehen noch Mitglied einer Partei sein. Mittlerweile hatte die Idee wohl zahlreiche Anhänger gefunden, war aber trotz des Ehrenpräsidiums Briands noch nicht zu einer durchschlagenden Massen­ bewegung geworden. Umso mehr drängte Coudenhove Briand, der Paneuro­ pa-Idee die notwendige Popularität zu geben. Briand ließ sich jedoch Zeit, mußte er doch noch den Kriegsächtungsplan mit dem amerikanischen Au­ ßenminister Kellogg zustandebringen! Schließlich war es am Genfer Völkerbundtag des Jahres 1929 so weit: Briand verlautbarte, daß er sich für die Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa einsetzen werde: "Ich bin der Auffassung, daß zwischen Völkern, deren geo­ grafische Lage so ist, wie die der Völker Europas, eine Art föderatives Band bestehen muß; diese Völker müssen jederzeit die Möglichkeit haben, mitein­ ander in Verbindung zu treten, über Ihre Interessen zu beraten, gemeinsame Entschließungen zu fassen, untereinander ein Band der Solidarität zu schaf­ fen, das ihnen erlaubt, zu gegebener Zeit einer ernsten Lage, falls eine solche entsteht, gegenüberzutreten. Dies ist das Band, um dessen Bindung ich mich bemühen mÖchte, ,46. Darauf folgte Stresemanns Rede, welche jedoch ausschließlich auf die wirt­ schaftliche Komponente der Vereinigung einging. Einige Tage später traten alle 26 europäischen Außenminister zusammen, um Briand mit der Ausarbei­ tung eines Memorandums über die Errichtung der Vereinigten Staaten von Europa zu beauftragen. Doch zogen bereits die ersten schwarzen Wolken am europäischen Horizont auf: Gustav Stresemann starb einige Tage nach seiner Rückkehr aus Genf. Schließlich brach in New York der Börsenkrach aus, der die Weltwirtschaftskri­ se nach sich zog. Umsomehr mußte nun Paneuropa vorangetrieben werden, weshalb Couden­ hove 1930 in Berlin den 2. Paneuropa-Kongreß einberief. Der Eröffnungstag der 17. Mai - war zugleich jener Tag, an dem Briand sein "halbherziges" Me­ morandum an alle europäischen Regierungen aussandte. Die Briand'sche "Denkschrift über die Einrichtung einer Europäischen Union" bedeutete eine Farce. Unter dem Eindruck der politischen und weltwirtschaftlichen Ereignisse formulierte Briand (bzw. sein Sekretär Alexis Leger) eine sehr oberflächliche Schrift, verfaßt nach allen Regeln der Diplomatie, derzufolge sich die Staaten vorerst politisch und erst danach wirtschaftlich vereinigen sollten. Dies war Grund genug für die Gegner der Vereinigungsidee, das Memorandum als Ca­ mouflage für versteckte französische Hegemonialansprüche zu bewerten. So nimmt es nicht wunder, daß die offiziellen Antwortnoten, welche an den Quai d'Orsay retourniert wurden, dem Memorandum de facto oberflächlich wohl zustimmten, de iure jedoch ablehnend gegenüberstanden. Wohl aus Courtoi­ sie Briand gegenüber wollten die Staaten, außer Italien, Deutschland und 46

Zitiert nach Schör\dubeIRuppert. Eine Idee setzt SICh durch

S.116. 585

England, deren Antwortnoten ablehnend ausfielen, sich offiziell wohlgeneigt zeigen.47 Briand präsentierte auf der Völkerbundtagung 1930 in Genf das Ergebnis sei­ ner Rundfrage: daraufhin wurde nicht wie so sehr von Coudenhove erwartet, die Europäische Union konstituiert, sondern lediglich die Einsetzung eines Studienkomitees beschlossen, welches sich mit der Umsetzung des Memo­ randums auseinandersetzen sollte. Das Studienkomitee trat einmal zusam­ men, führte ein Schattendasein und wurde 1946 zusammen mit dem Völker­ bund aufgelöst. " Die Genfer Völkerbundtagung wurde von der Hiobsbotschaft aus Deutschland hinsichtlich des fulminanten Ausgangs der Wahlen für die Nationalsozialisten überschattet. Das Aufdecken des geheimen Planes einer deutsch­ österreichischen Zollunion trug gleichfalls zu einer merklichen Trübung der deutsch-französischen Beziehungen bei. Dennoch dachte Coudenhove nicht daran, seine Bemühungen um Paneuropa aufzugeben. So initiierte er 1932 den 3. Paneuropa-Kongreß, welchen er vor­ erst in Brüssel veranstalten wollte, schließlich wurde Basel der Veranstal­ tungsort, weil Basel an der deutsch-französischen Grenze der Schweiz lag! Er nannte den Kongreß auch bewußt "Europäischer Kongreß" und nicht "Paneuropäischer Kongreß", da er ihm dadurch einen unabhängigen Charakter geben wollte. Erstmals war dieser Kongreß im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen in Fachkommissionen untergliedert, nämlich in eine politische, wirtschaftliche, juristische und propagandistische, deren Tätigkeiten vor allem im wirtschaftli­ chen Bereich ihre Fortsetzung auch nach dem Kongreß fanden. In Basel kündigte Coudenhove auch die Gründung einer Paneuropäischen Partei an. Diesen Schritt rechtfertigte er mit dem Scheitern der europäischen Politik: "Ich hätte diesen Versuch gar nicht unternommen, hätten nicht alle politischen Parteien in den letzten zehn Jahren in der europäischen Frage gänzlich versagtU48. In vielen Briefen äußerte sich Coudenhove, daß er von der Bildung der Paneuropapartei Abstand nehmen wollte, aber in dieser sah er die einzige Möglichkeit, aus der rein politischen Bewegung eine Massenbewegung zu machen. Der Plan stieß jedoch auf wenig Interesse und so gehörte bei­ spielsweise der "Financier" der Bewegung, der deutsche Industrielle Robert Bosch, zu den Gegnern dieser Idee.4 9 Im Parteiprogramm waren die Ziele der Paneuropa-Bewegung implementiert, welche durch politische und soziale Forderungen ergänzt wurden. Diese waren etwa die Versöhnung der europäi­ schen Völker im Geiste des 14-Punkte-Programms Wilsons, die Streichung sämtlicher internationaler Kriegsschulden, die Reform der Demokratie durch Stärkung der Staatsautorität und Regierungsstabilität, die volle politische, 47 48 49

Vgl dazu AMa Ziegerholer: Österreich und das Memorandum uber die Elnnchtung der Europäischen Union In Austnan HIstory Yearbook (Im Druck) CChIDK. 554·1·39. Wien. 10 101. Theodor Heu55; Robert Bosch Leben und Leistung Munchen S. 360

586

1998 29 1932,

227

1975.

wirtschaftliche und soziale Gleichberechtigung der Frau, der Ausbau der so­ zialen Gesetzgebung für Kinder, Mütter, Kranke und Greise, der Schutz der Eingeborenen in den Kolonien der europäischen Staaten, das Verbot der na­ tionalen, sozialen und konfessionellen Haßpropaganda etc. Bereits Anfang 1933, aufgrund der Ereignisse in Deutschland, gab Coudenho­ ve seine Pläne über die Schaffung einer eigenen Partei auf, wollte diese aller­ dings durch ein Plebiszit ersetzen. Dieses plante er für den 29. Juli 1934, an­ läßlich des 20. Gedenktages zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Durch diese europäische Volksabstimmung an dem schicksalshaften Datum sollte der Welt gezeigt werden, daß sie entschlossen war, eine Wiederholung des Weltkrieges für immer unmöglich zu machen. " Nach 20 Kriegsjahren (sie! ) muß die Erkenntnis allgemein zum Durchbruch gelangen, daß nur ein politi­ scher und wirtschaftlicher Staatenbund den Frieden Europas sichern und die Not brechen kann"so. Coudenhove hoffte, daß durch eine allgemeine Volksab­ stimmung das Ziel der Vereinigung europäischer Staaten rascher erreicht werden könnte. Wesentlich für einen Erfolg schien ihm, die Unterstützung der katholischen Kirche, der Arbeiterschaft und der Frauen zu sein.5 1 Doch auch diese Idee scheiterte aufgrund der politischen Ereignisse im Jahr 1934. Aber bereits im darauffolgenden Jahr unternahm er einen wiederholten Anlauf, und wollte diesmal allerdings das Plebiszit zuerst in Ländern, die dazu "reif genug" waren, wie Österreich, Schweiz und Tschechoslowakei durchfüh­ ren. Hinsichtlich der Finanzierung gab sich der Graf sehr optimistisch, da "das Völkerbundplebiszit der englischen Völkerbundliga den Beweis erbrachte, daß eine solche private Volksabstimmung bei genügend gutem Willen technisch durchführbar ist. Die Durchführung soll sich im weiten Maße an dieses engli­ sche Vorbild halten"s2. Auch die Volksabstimmung, die für das Jahr 1937 ge­ plant war, für deren Vorbereitung die dazwischen liegenden Jahre genutzt werden sollten, kam nicht zustande. Neben der Veranstaltung des Kongresses in Basel 1932 bemühte sich Cou­ denhove im selben Jahr, Deutschland und Frankreich in Lausanne von der Notwendigkeit der Revision des Versailler Vertrages zu überzeugen. Voller Euphorie schrieb er an den belgischen Paneuropäer Dannie Heinemann, daß er erstmals bei führenden französischen Politikern und Industriellen vollstes Verständnis für die Revisionsdebatte durch Rückkehr auf die 14 Punkte­ Wilsons gefunden habe.53 Dies bestärkte ihn, nach Lausanne zu gehen. Seine Interventionen blieben ungehört. Die Machtergreifung Hitlers 1933 hatte für die Paneuropa-Bewegung in Deutschland zur Folge, daß die Bewegung und somit auch alle politischen Bücher Coudenhove's verboten wurden. Das Büro der Union wurde jedoch nicht aufgelöst, da Coudenhove noch 1936 dem Generaldirektor der RAVAG, 50 RlChard Nikolaus Coudenhove-Kalergo: Europäisches Plebiszit I n Paneuropa 1 CChIDK. 554-4-42. Wien, 1 März CChIDK. Wien. 16 Oktober CChIDK, 554-1·33. Wien, Feber 53

51 52 53

554-7-81.

20

1933, 101 157 1935. 101 51 1932. 101

0. 1932. $. 295.

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Oskar Czeija, zu seiner Kooptierung in den Vorstand der deutschen Union gratulierte. Im Vorstand bekleidete dieser die Funktion des Schatzmeisters. Er sollte das Vermögen der hiesigen Union gegen Waren (in erster Linie Papier) 5 aus Deutschland nach Österreich überweisen lassen. 4 Durch die politische Umwälzung in Deutschland änderte sich auch die Ziel­ richtung der Bewegung: stand diese bis dato ganz im Zeichen des Aufbaues und der Verbreitung der Idee, so begann nun der Kampf gegen den National­ sozialismus und für bzw. um Europa. Im selben Jahr ging auch die Beziehung zu Robert Bosch in Brüche, wodurch mit einem Schlage die Frage der weiteren Finanzierung der Union virulent wurde. Diese erfolgte seit 1930 hauptsächlich über die von Bosch ins Leben gerufene Paneuropa-Förderungsgesellschaft. Zum Bruch zwischen beiden Männern, die grundsätzlich völlig konträre Lebenseinstellungen hatten, kam es deshalb, weil Coudenhove die Gefahr der Zerreissung und Aufteilung der Schweiz in der Forderung des Nationalsozialismus - alle deutschsprachigen Gebiete vereinen zu wollen - sah.55 Bosch, der so sehr auf das Zustandekom­ men der Achse Berlin-Paris hoffte, war von dieser Aussa� e derart schockiert, 6 daß er daraufhin die Beziehung zu Coudenhove beendete. Der Verlust der Förderungsgesellschaft mußte einer Katastrophe gleichkom­ men, zumal diese die primäre Finanzquelle darstellte. Weitere Einnahmequel­ len waren die Einkünfte aus den Abonnements der Zeitschrift bzw. aus dem Verkauf von Büchern, die Mitgliedsbeiträge sowie Spenden und Gelder, die Coudenhove durch seine Vorträge erhielt. Coudenhove wandte sich daraufhin an den österreichischen Bundeskanzler Engelbert DolIfuß, der sofort bereit war, die Bewegung nicht nur materiell, sondern auch ideell zu unterstützen. Bis zur gewaltsamen Auflösung des Paneuropa-Büros in Wien wurde die Bewe­ gung zusätzlich von den Regierungen Frankreichs, der Tschechoslowakei und teilweise von Rumänien gesponsert. Mit dem rumänischen Ministerpräsidenten Titulescu verband ihn übrigens eine persönliche Freundschaft, ihn lernte er auf der Heimatfahrt von Amerika 1926 auf dem Schiff kennen. Titulesco war es auch, der für Coudenhove die Verbindung über seinen Freund, den italienischen Außenminister Dino Grandi, zu Mussolini herstellte.57 In dem so schicksalshaften Jahr 1933 bemühte sich nämlich Coudenhove um ein Gespräch beim Duce, welches über die erwähnte Intervention am 10. Mai tatsächlich zustandekam. Die beiden Männer führten ein sehr angeregtes Gespräch, dessen Inhalt eher die philosophischen Gemeinsamkeiten darstell­ ten, als die Politik. Bis dato stand das faschistische Italien Paneuropa feindse54 55

155

CChIDK, 554-1-57, Wien, 11 Dezember 1936, fol. Rlchard NIkolaus Coudenhove·Kalergr Die SchweIz In Gefahrl In Paneuropa 1933 S 172 56 Heuss. Robert Bosch. S. 450; DIe Forclerung der deutsch·franzOslschen Achse stellte eIne Verkennung der politIschen Lage durch Bosch dar Coudenhove Leben fur Europa S 167 Coudenhove bezeIchnet Bosch als eInen der besten deutschen Europäer Als ein Selfmademan war er Paneuropäer nicht aus wortschaf1l1chen, sondern aus moralischen Gründen Bezüglich der Auseinandersetzung mot Bosch Ist In Coudenhove's Memoiren nichts zu finden, außer dIe lapIdare Außerung. daß dIe deutschen MItglieder der FOrderungsgesellschaft 1933 zurucktreten mußten. S. 199. Coudenhove' Leben für Europa. S 201ft

57

588

lig gegenüber, welches jede Gelegenheit nützte, um in der Monatsschrift mit dem klingenden Namen "Anti-Europa" Paneuropa zu kritisieren. Das Zusam­ mentreffen bewirkte schließlich, daß die Opposition Mussolinis gegen Paneu­ ropa schwand, als erstes Zeichen dafür wurde "Anti-Europa" aufgelöst und die paneuropafreundliche Zeitschrift "Ottobre" gegründet. Damit war ein Teil von Coudenhove's Ziel, nämlich den Duce für Paneuropa zu gewinnen erreicht, jetzt galt es Italien und Frankreich anzunähern! Dies entsprach Coudenhoves neuem Konzept für ein Europa ohne Deutsch­ land: ihm schwebte nun die Schaffung der "Vereinigten Staaten von Europa" vor.58 Darunter verstand er einen Staatenbund der 20 europäischen Staaten, innerhalb dessen sich die Mitgliedsstaaten neben wirtschaftlichen Präferenzen auch gegenseitigen politischen Schutz vor Angriffen gewähren sollten. Dieser Staatenbund müßte gemeinsame Institutionen und vor allem ein Bundesgericht haben. Wesentlich schien es Coudenhove, daß innerhalb des Bundes der gegenseitige Schutz der nationalen Minderheiten gewährt werde. Dieser müs­ se sich vorerst außerhalb der durch den Viererpakt vereinten Großmächte bilden, schließe allerdings deren späteren Beitritt nicht aus. Als Basis sollten die bestehenden Staatenverbindungen, wie die Kleine Entente, die Baltische Union und die Balkanunion dienen und die Versuche, zwischen Österreich und Ungarn, zwischen Spanien und Portugal sowie zwischen den skandinavischen Staaten eine engere Zusammenarbeit zu organisieren. Den ersten Ansatz­ punkt sah er in der Bildung von Donaueuropa. Wien propagierte er als euro­ päische Bundeshauptstadt, aufgrund ihrer kulturellen, geographischen und historischen Bedeutung, aber auch als Chance, Deutschland wieder zur Pa­ neuropa-Bewegung zurückzuführen, da Wien deutschsprachig war. Den Plan, Wien zum Zentrum Europas zu erheben, hatte Coudenhove bereits 1920, damals wollte er die Stadt aus Österreich ausgliedern und zum Sitz des Völ­ kerbundes machen. 59 Da es Coudenhove bewußt geworden war, daß eine Einigung europäischer Staaten auf politischer Ebene nicht erreichbar war, versuchte er, diese über die Wirtschaft zu erzielen. Am Vortag des 4. Paneuropa-Kongresses in Wien, am 15. Mai 1935, wurde im Haus der Bundesgesetzgebung feierlich die Gründung der Paneuropäischen Wirtschaftszentrale vollzogen. Diese erfolgte unter den Auspizien der österreichischen Bundesregierung. Die Wirtschaftszentrale war das Ergebnis dreier Wirtschaftskongresse, welche als Fortsetzung des Basler Kongresses in den Jahren 1933 und 1934 abgehalten wurden. Der Zweck dieser Einrichtung war die Organisation der europäischen Wirtschaft, um im Rahmen der Weltwirtschaft mehr verkaufen bzw. kaufen zu können, dabei ließ sich Coudenhove von der Ottowa-Konferenz 1932 inspirieren.so Diese Wirt­ schaftszentrale, dessen Vizepräsident der ehemaligen Handelsminister Eduard Paneuropa 7 1933

197

58 AlChard NIkolaus Coudenhove-Kalerg, Block der Klelnslaalen In' S Martln Posseil, "Ich bin seIl dem Zusammenbruch meines OSlerrelchlsch-unganschen Vale�andes ein uberzeugler Ö europalscher Palnol" Rlchard NIkolaus Coudenhove-Kalergl Paneuropa und Slerrelch In: MIchael Gehler!Rolf Slelnlnger ÖslerrelCh und dIe europäIsche InlegrallOn WIen S 369 SO RelChskonferenz In Ottawa Großbntannlen und dIe DomInions eInIgen sIch auf Vorzugszoll-Syslem.

59

1932

1945-1993,

1993

1940-1950.

589

Heini war, sollte analog zur Union strukturiert sein. Ab dem Jahr 1 934 erschie­ nen parallel zur Zeitschrift "Paneuropa" die Paneuropa-Wirtschafshefte. Doch auch bei der Umsetzung der Vision von einem gesamteuropäischen Wirtschaftssystem zeigte sich, daß diese nur schrittweise vollzogen werden könnte. Eine der Hauptfragen der europäischen Wirtschaft war der Agrarsek­ tor. Aus diesem Grunde entschied sich Coudenhove für die Veranstaltung des ersten paneuropäischen Argrarkongresses. Bereits Bundeskanzler DolIfuß regte 1933 eine derartige Konferenz an, weshalb die Eröffnung der ersten Agrarkonferenz im Jänner 1 936 ganz in Zeichen der Würdigung En g elbert 1 Dolltuß und unter dem Motto " Bauern Europas - einigt Europa" stand.6 Inter­ essant in diesem Zusammenhang sind die Bemühungen Coudenhoves um die Finanzierung des Kongresses: so versuchte er, diesen mittels Errichtung einer Paneuropa-Lotterie zu bestreiten, dies wirft ein Licht auf die wohl prekäre ma­ terielle Situation der Union. Im Anschluß an den Agrarkongreß fand die erste Donaukonferenz statt. Dabei kamen die Teilnehmer aus Österreich, Ungarn, Bulgarien, Rumänien und der Tschechoslowakei überein, daß die wirtschaftliche Zusammenarbeit aller Donaustaaten eine Notwendigkeit sei, weil es sich dabei um eine Lebens- und Existenzfrage handle. Abschließend erging an die österreichische Regierung die Aufforderung, eine Konferenz der Regierungen der Donaustaaten zur Fest­ stellung der Grundlinien der handels-, währungs- und verkehrspolitischen Zu­ sammenarbeit des Donauraumes einzuberufen.62 Das Jahr 1936 beraubte Coudenhove seines Traumes vom Aufbau der Achse Paris-Rom. Dies geschah einerseits wegen des Abessinien-Feldzuges Musso­ linis und schließlich durch den Eintritt Italiens in den Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), als Folge dessen sich Mussolini für die Achse Rom-Berlin ent­ schied. Bereits 1936 traf Coudenhove Vorbereitungen für eine im November 1937 in Wien stattfindende Schulkonferenz. So versandte er an europäische Geogra­ fen und Historiker, Schulinspektoren und Mittelschulprofessoren Fragebögen, die exemplarisch folgende Fragen beinhalteten: • Wo liegt die Ostgrenze Europas?63 •

Empfiehlt es sich, für die europäischen Kolonien in Afrika den Begriff Eurafrika einzuführen?



Empfiehlt sich die strenge begriffliche Trennung zwischen Weltgeschichte und europäische Geschichte bzw. Weltkultur und europäische Kultur?

61 62

1

1937

193H

Verlauf und ErgebniS der Paneuropa·Agrarkonferenz. fn Paneuropa S PaneuropäIsche Donaukonferenz. fn: Paneuropa S. SOff 63 HinsIchtlich dIeser Frage stellten dIe Geografen mehrheItlich fest, daß die SoWJ9tunlon aufgnund Ihrer pohOschen, WIrtschaNlIchen und SOZIalen SItuatIon eIne GesamtheIt darstelle und so""t nicht zu Europa gehöre. demnach könne auch der Ural nIcht mehr als Ostgrenze gelten Vgl Rlchard NIkolaus Coudenhove·Kalerg, Europas Grenzen 1938. In. Paneuropa S

1936

1937

590

411



Soll sich der Geschichtsunterricht auch mit der Geschichte der europäischen Gemeinschaftsidee befassen? etc.

Die Auswertung der Fragebögen bildete die Grundlage für die Schulkonferenz. Den Ehrenvorsitz der Konferenz bekleidete der österreichische Unterrichtsmi­ nister Hans Pernter. Das Ergebnis der Tagung war unter anderem eine Emp­ fehlung an die europäischen Regierungen, die folgende Anregungen beinhal­ tete: die Verwendung von Weltkarten im Geografieunterricht, welche die Zer­ rissenheit Europas den wirtschaftlichen Großräumen des britischen Reiches, der Sowjetunion, Nord- und Südamerikas sowie Ostasiens gegenüberstellt, den Ausbau des Unterrichtes über europäische Wirtschafts- und Kulturgeogra­ fie, das Studium der Geschichte der gemeinsamen politischen, geistigen und sozialen Bewegungen als Ergänzung zur nationalen Geschichte, die Darstel­ lung der Verwirklichung der europäischen Idee von den Kreuzzügen bis zu Aristide Briand, das Studium der Kulturgeschichte unter Zuhilfenahme univer­ salgeschichtlicher Zeittafeln und Landkarten und schließlich der Appell an alle Lehrer, den Schülern zu lehren, daß die Vielfalt der Kulturen Bereicherung und Entfaltung bedeutet. Deshalb gehöre der internationale Schülerbriefwechsel, die Verwendung des Schulrundfunnks sowie der Austausch von Schulfilmen gefördert.64 Abschließend wurde die Einberufung einer Konferenz europäischer Unterrichtsminister und Unterrichtsverwaltungen beschlossen, die im Sinne der Empfehlungen eine dauernde Zusammenarbeit in die Wege leiten sollte.65 Im selben Jahr liefen bereits die Vorbereitungen für die erste paneuropäische Rohstoffkonferenz, die für die Zeit vom 16. bis 19. März 1938 geplant war. Die Union hat im Zuge der Vorarbeiten dafür alle europäischen Rohstoffe nach Herkunfts- und Bestimmungsländern untersucht und für jede einzelne Roh­ stoffgruppe ermittelt, welche Menge aus Europa, aus den europäischen Kolo­ nien und aus den übrigen Ländern komme. Das Resultat sollte die Grundlage der Beratungen im März 1938 sein.66 Diese Konferenz konnte nicht mehr stattfinden, da Österreichs Schicksal mit 13. März besiegelt wurde - es war ins "Reich heimgekehrt". Das bedeutete auch für die Paneuropa-Bewegung in Österreich das Ende: das Zentralbüro der Paneuropa-Union in der Hofburg wurde gesperrt und der gesamte Bestand beschlagnahmt. Richard Coudenhove floh mit seiner Familie in einem Auto, das ihm die Schweizer Botschaft zur Verfügung gestellt hatte, über Italien in die Schweiz. Dort errichtete er in Bern das Zentralbüro und Paris wurde zum politischen Zentrum der Bewegung. Von da aus versuchte Coudenhove, sein Paneuropa über die Errichtung der Achse Paris-London zu realisieren. Zu diesem Zwecke reiste er 1938 dreimal nach London, dort hatte mittlerweile Winston Churchill die Regierung übernommen und Coudenhove hoffte, daß dieser die Paneuro­ pa-Idee favorisieren würde und daß man dergestalt den Krieg von Europa doch 64

Rlchard Nikolaus Coudenhove-Kalergl Konlerenzbenchl ln Paneuropa 1937. S 174·175 65 Coudenhove. KonferenzberICht. S 176 66 Paneuropäische Rohstoffkonferenz. In Paneuropa 1938. S. 24ft

591

noch abwenden könnte. Es gelang ihm allerdings nur, die Gründung eines Paneuropa-Komitees im Jahr 1939 zu vollziehen, dessen Vorsitzender Leo S. Amery wurde. Bis 1940 lebte Coudenhove in seinem Schweizer Chalet in der Nähe von Gstaad, dann ging er nach Amerika, wo er das 1926 gegründete "Paneuropean-Committee" in New York reorganisierte und dieses in "American Committee for a Free and United Europe" umbenannte. 67 Als Professor für Geschichte leitete er ein Seminar an der New Yorker Universität, welches zum Sammelbecken der Paneuropa-Idee wurde. Als Coudenhove 1946 wieder nach Europa zurückkehrte, begann er mit der Umsetzung seiner Paneuropa-Idee. Wie zu Beginn seiner Bewegung in den zwanziger Jahren suchte er auch jetzt nach einem charismatischen politischen Führer für Paneuropa: für ihn kamen de Gaulle und Churchill in Frage. Doch beide winkten ab, Churchill deshalb, weil sein Schwiegersohn Duncan Sandys eine eigene Bewegung gründete. Daraufhin begann er in privater Initiative mit den Vorarbeiten für eine Europäische Verfassungsgebende Versammlung.68 Mittels Umfrage bei westeuropäischen Parlamentariern legte er den Grundstein für die Bildung von "Komitees für europäische Föderation" in den Parlamenten Westeuropas. 69 Da die Umfrage beim zweiten Anlauf positiv ausfiel, gründete Coudenhove 1947 den internationalen Dachverband der föderalistischen Par­ lamentariergruppen mit dem Namen " Europäische Parlamentarier Union" (EPU), dessen Präsident er wurde. Diese Parlamentarier-Union trug wesentlich zu Schaffung des Europarates 1949 bei. Coudenhove war aufgrund der bri­ tisch-französisch dominierten Europapolitik in seinen weiteren paneuropäi­ schen Plänen eingeschränkt, weshalb er sich von der parlamentarischen Arbeit abwandte und seine Ideen in der 1952 gegründeten Paneuropa-Union zu ver­ wirklichen suchte. Als Coudenhove 1972 starb, hatte er die wesentliche Etappen zur Vereinigung Europas miterleb!: nämlich die Schaffung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951, die Unterzeichnung der Römer Protokolle 1957, wo­ durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft geschaffen wurde, aber auch die vorläufige wirtschaftliche Teilung Europas in die Sechs (EWG-Staaten) und die Sieben (EFTA-Staaten), welche den Einigungsprozeß für Jahre hemmte. Nach seinem Tode blieb nur mehr das strategische Gerippe seiner Bewegung, die er in der Zwischenkriegszeit mit Leben erfüllt hatte, übrig und die Union war - laut Emmanuel Richter - zu einem einflußlosen Honoratioren-Verband, an dessen Spitze Otto von Habsburg steht, verkommen?O 67

374

PosseIl "Uberzeugter europsIscher Patnot" S. 68 Vgl dazu Waller Upgens Jahre Ringen um die Europäische Verfassung Ookumente Von den Schnflen der Widerstandsbewegung bis zum Vertragsentwurf des Europalschen Parlaments, Bonn Im speZiellen S. S Kongresse der EPU Possell. "Uberzeugter europ31scher Patnot" S Parlamentarier In J,men europäischen Staaten, welche unter SOWJetischer EInflußsphäre standen bzw der Diktaturen der lbenschen Halbinsel. erhlellen keinen Fragebogen Inhalt der Frage war, ob man der Bildung einer Europillschen Föderation Im Rahmen der UNO zusllmme Ausfuhrllcher In Martm PosseIt Rlchard Coudenhove·Kalergl und die Europalsche Parlamentarler,Unlon. Die parlamentarische Bewegung für eine "Europalsche Konslltuante" Ph,l.d,ss UniV Graz S 10011 Emmanuel Richter Die Paneuropa·ldee Die aristokratische ReNung des Abendlandes In Pie W,ener Jahrhundertwende. Emflüsse·Umwell·W"kung hrsg Jurgen NautzlRlchard Vahrenkamp. Wien (Studien zur Politik und Verwaltung hrsg Chrlstlan Brunner el. al.). S 808

69

70

592

45

225ff

24811

t939·194 5

398

( 1 946·1952)

1987 19962

1986

Und just in seinem 100. Geburtsjahr stimmte Österreich mit zwei Drittel Mehr­ heit für einen Beitritt der im Jahr 1992 in Maastricht geschaffenen Europäi­ schen Union - doch Coudenhoves Leistungen für ein Vereintes Europa fanden dabei nicht einmal peripher Erwähnung.

4 . Zusammenfassung Die Zeit von 1923 bis 1933 stand ganz im Zeichen der Schaffung von Paneu­ ropa innerhalb des Völkerbundes. Coudenhove setzte alles daran, Europa für seine Idee zu gewinnen, wofür er ehrgeizig und unermüdlich kämpfte. Als Höhepunkt dieser Phase kann man die Aufforderung Aristide Briands im Jahr 1930, ergangen an die europäischen Staaten, bezeichnen, sich zu einem Staatenbund zu vereinen. Als am 30. Jänner 1933 Hitler Reichskanzler gewor­ den war, änderte sich Coudenhoves Zielrichtung: er begann für die Bildung der "Vereinigten Staaten von Europa" bzw. für die Schaffung eines politischen und wirtschaftlichen Donaueuropa (ab 1935) zu kämpfen. Zu diesem Zwecke setzte er alle seine Kräfte für den Aufbau der Achse Paris - Rom ein. In dieser Phase, welche bis 1938 dauerte, erkannte er, daß nicht so sehr die Politik seinen Plan hinderte, sondern vielmehr die Wirtschaft. Daher erhielt Paneuropa eine wirt­ schaftliche Stoßrichtung, die in der Schaffung der Paneuropäischen Wirt­ schaftszentrale in Wien anno 1935 gipfelte. Vehement versuchte er gegen den Nationalsozialismus anzukämpfen - ein Unterfangen, das sich jedoch als er­ folglos erwies und dem er und seine Idee zum Opfer fielen: so mußte er in der Nacht des 11. März 1938 mit seiner Familie aus Österreich fliehen. Die Zeit während seines europäischen Exils bis 1940 stellte die letzte Phase der europäischen Paneuropa-Bewegung dar: in dieser Zeit versuchte er, die Achse Paris - London aufzubauen; in deren Verwirklichung sah er die letzte Chance für den Frieden in Europa. Bei der Realisierung seines Paneuropas zeigte sich, daß vor allem Frankreich und die Entente-Staaten sowie die baltischen Staaten Paneuropa sehr enga­ giert unterstützten; aber auch in Ungarn befand sich ein starkes Paneuropa­ Komitee. Coudenhoves Popularität in diesem Land beweist unter anderem der Versuch seitens des Präsidenten der ungarischen Sektion - Paul von Auer -, ihn für den Nobelpreis 1937 vorzuschlagen. Zu Beginn des Jahres 1937 be­ dankte sich Coudenhove dafür, bezweifelte aber, "daß diese Intervention be­ reits in diesem Jahr Früchte tragen wird, aber Vorschläge müssen sich immer einige Jahre überholen, um zu einem Ergebnis zu führen,,7 1 . Für die Verbreitung seiner Idee setzte Coudenhove alle Möglichkeiten der Propaganda ein, welche er als Kriegsmittel des paneuropäischen Feldzuges bezeichnete. 72 neben zahllosen und rastlosen Reisen durch Europa, unzähli­ gen Büchern und Artikeln und der Zuhilfenahme von Radiosendern, suchte er seine Bewegung durch Knopfstecknadeln, Paneuropa-Fahnen oder durch die 71 72

1 4 1 1937

261

CChlDK 554·4·55. Wien I anal von Coudenhove an Dr Paul von Auer R,chard Nikolaus Coudenhove·Kalergl Die Paneuropalsche Propaganda In: Paneuropa

2. 1924

S 8

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Kreation einer Paneuropakrawatte populär zu machen. Weiters hatte er im Gedenken an die Versendung des Briand'schen Memorandums den 17. Mai als Europatag auserkoren, und die Ode an die Freude aus Beethovens neunter Symphonie sollte die Europahymne werden. Trotz all' dieser politisch, wirtschaftlich und sozial motivierten Anstrengungen um die Vereinigung der europäischer Staaten mußte er scheitern, da Paneuro­ pa trotzallem eine politisch-elitäre Bewegung war und die Herzen der europäi­ schen Bevölkerung nicht erreichte.

Paneuropa hätte " Europa aus der Sackgasse der nationalen Eifersucht führen 73 können,, , es bedurfte allerdings eines weiteren schrecklichen Weltkrieges und eines zweiten "pact initiale" durch Schuman/Monnet, um die Idee der Ver­ einigten Staaten von Europa als " Europäische Union" in die Realität umzuset­ zen!

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Hans Hattenhauer: Europäische RechtsgeschIChte. Heidelberg

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1994 2

S.

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