Die Markgrafen auf dem Nordgau

Die Markgrafen auf dem Nordgau nach Dr. M. Döberl, „Die Markgrafschaft und die Markgrafen auf dem bayerischen Nordau“. von J. B. Lassleben (1913) in „...
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Die Markgrafen auf dem Nordgau nach Dr. M. Döberl, „Die Markgrafschaft und die Markgrafen auf dem bayerischen Nordau“. von J. B. Lassleben (1913) in „Die Oberpfalz“, 1953, 41. Jahrgang, Seite 4 ff.

Audulf, der ehemalige Seneschalk Karl des Großen, ist der erste urkundlich bezeugte Markgraf auf dem Nordgau. Im Diedenhofer Kapitulare vom Jahre 805, das über die Marken uns Aufschluss gibt, ist er beauftragt, die Grenze gegen die Slaven zwischen Forchheim, Premberg und Regensburg zu überwachen und besonders die Ausfuhr von Waffen und Brünnen zu verhindern. Auch war wegen einer damals herrschenden Hungersnot ein Ausfuhrverbot für Lebensmittel erlassen, das er durchzuführen hatte. Im Jahre 808 und 806 bekämpfte er als Anführer der Bayern mit dem Grafen Werner von der Ostmark die böhmischen Tschechen, wodurch diese in ein Abhängigkeitsverhältnis zum Deutschen Reiche kamen. Audulf war von 799 an auch Präfekt von Bayern und bis zu seinem im Jahre 818 erfolgten Ableben der tatsächliche Herrscher über ganz Bayern. Markgraf Ernst wird nach dem Vertrag von Verdun (843) erstmalig genannt. Er soll dem Nordgau entstammen und kämpfte 846 und 855 gegen die Böhmen. 857 wird sein Sohn Ernst (II.) als Teilnehmer an einer erfolgreichen Expedition gegen dieses benachbarte Volk erwähnt. Markgraf Ernst wird bald als „comes“ (Graf( bald als „dux“ (Führer, Herzog) bezeichnet. Er steht and er Spitze des bayerischen Adels und hat seinen Rang unmittelbar nach den königlichen Prinzen. Seine Tochter Hildegard ist mit Karlmann, dem Sohne Ludwigs des Deutschen, vermählt. 861 wurde Markgraf Ernst von diesem, weil er sich mit Karlmann wider ihn empört hatte, auf einer Reichsversammlung in Regensburg abgesetzt. Er starb 865. Sein Nachfolger war Engildeo, der jedoch erst nach dem Tode Ludwigs des Deutschen (876) urkundlich auftritt. Er vereinigt die Grafschaft zu Regensburg und im Donaugau mit der Markgrafschaft auf dem Nordgau. Als Orte, die in seiner Grafschaft liegen, werden genannt: Pfünz, Pfahldorf, Gundelfing, Harlanden, Raitenbuch und Schrotzhofen. Im Jahre 895 wird auch er wegen Untreue (von König Arnulf) seines Amtes entsetzt. Im nämlichen Jahre erscheint noch Luitpold, ein Verwandter des Könighauses, als Markgraf. Er herrschte auch im Donaugau, in der Markgrafschaft Kärnten, wahrscheinlich auch in Oberpannonien.

Als Orte im Nordgau werden unter ihm beurkundet: Mühlhausen a.d. Sulz, Bergmatting, Dörnhof, Ottensoos, Sendelbach bei Hersbruck und eine Hufe an der Luhe. Er zählt zu den einflussreichsten Ratgebern der Könige Arnulf und Ludwig d. Kind und wird in den königlichen Urkunden „dux Boemanorum“ und „illustris marchio“ bezeichnet. Nebem dem Markgrafen Aribo von der Ostmark erscheint er als Führer des bayerischen Heerbannes im Kampfe wider die Mähren und Ungarn. In einer Schlacht gegen die letzteren fiel er am 5. Juli 907 mit dem größten Teil seines Heeres. Sein Sohn Arnulf ist nicht nur Markgraf auf dem Nordgau, sondern bereits 908 auch Herzog von Bayern. Dem König Konrad verweigerte er aber die Anerkennung und musste darum aus Bayern fliehen; auch Heinrich dem Finkler versagte er sie anfänglich, söhnte sich jedoch später mit ihm aus. Im Jahre 929 zog er mit ihm wider die Böhmen. Um die weltlichen Großen zur Ausrüstung großer Reiterscharen gegen die Ungarn zu ermuntern und zu befähigen, verlieh Arnulf ihnen mangels Geldes Grund und Boden, den er 914 durch Einziehung der Klöster und Kirchengüter an sich brachte, wodurch die vornehmen Geschlechter und ihre Hintermänner (Aftervasallen) dem Herzogtum verpflichtet wurden. Durch diese Säkularisation sind viele Klöster vollständig eingegangen; wegen ihr wird auch Herzog Arnulf mit dem Beinamen „der Böse“ belegt. Er starb am 14. Juli 937. Eberhard, sein Sohn, verweigerte König Otto I. die Huldigung, weshalb er von diesem 939 entsetzt wurde; er ist in der Fremde verschollen. Das Herzogtum Bayern bekam Berthold, der Bruder Arnulfs des Bösen, die Markgrafschaft auf dem Nordgau wurde jedoch, um die Macht der bayerischen Fürsten zu schwächen, von der Herzogswürde getrennt. Sie wurde von König Otto dem Babenberger Grafen Berthold verliehen. Der aus dem Geschlecht der Babenberger stammende Markgraf Berthold soll der Sohn des mit dem sächsischen Königshaus verschwägerten ostfränkischen Grafen Heinrich gewesen sein. Er hatte bereits die Gaue Volkfeld und Radenzgau inne, als ihm Kaiser Otto I. auch die Verwaltung des Nordgaus übertrug. Berthold ist am 20. Januar 945 als Grenzgraf beglaubigt. Nach einer anderen Urkunde darf man jedoch annehmen, dass er bereits 941 die Markgrafschaft besaß. Die bayerische Herzogswürde hatte er, wie schon erwähnt, nicht mehr; die Macht des Markgrafen sollte ja fortab nicht nur auf den Schutz der Grenze gegen die Slaven gerichtet sein, sondern auch der bayerischen Herzogsgewalt ein Gegengewicht bilden.

Als Markgraf stand er denn auch, als sich der Bayernherzog Heinrich der Zänker gegen Kaiser Otto II. empörte, treu zur Sache des letzteren. Berthold starb am 16. Juli 980. Heinrich, sein ältester Sohn, auch Heinrich von Schweinfurt genannt, tritt am 2. April 981 zum ersten Mal urkundlich auf. Auch er steht anfänglich treu auf Seiten des Kaisers, verbündet sich aber später, da ihm dieser das bei seiner Thronkandidatur versprochene Herzogtum Bayern vorenthielt, wider ihn mit den Slaven, gegen die er doch zum Schutze des Landes bestellt war. Kaiser Heinrich II. zog aber erfolgreich gegen ihn zu Felde und Markgraf Heinrich verlor 1003 Eigen und Lehen. Um die Macht der Grenzgrafen für immer zu schwächen, verfügte der Kaiser eine völlige Zerstückelung ihres Gebietes. Aus einem beträchtlichen Gebiet im Südwesten bildete er die Grafschaft Hirschberg und verlieh sie einem Grafen Berengar; Teile im Nordwesten schlug er zum neugegründeten Bistum Bamberg (1007), Gebiete zwischen dem Unterlauf der Schwarzen Laaber und dem unteren Regen scheinen an die Burggrafen von Regensburg gekommen zu sein. Nur das Stück im Nordosten, welches später in die Verwaltungsbezirke Cham und Nabburg geteilt wurde, bewahrte seine bisherige Eigenschaft als Grenzgebiet. Mit diesem belehnte der Kaiser zunächst den Grafen Odalschalchus, bis es 1004 der entsetzte Markgraf Heinrich nach erlangter Begnadigung wieder zurück erhielt. Am 18. September 1017 beschloss er seine Tage. Ihm folgte in der Markgrafschaft sein Sohn Otto (von Schweinfurt). 1021 wurde der Umfang des von ihm verwalteten Gebietes durch Kaiser Heinrich II. insofern weiter geschmälert, als der Rest des noch vorhandenen Königsgutes zwischen Regnitz, Pegnitz und Schwabach gleichfalls an das Bistum Bamberg kam. (Aus diesen Bamberger Besitzungen ward später die Grafschaft Sulzbach gebildet; deren Besitzer wahrscheinlich von dem Grafen Berengar von Hirschbarg abstammen). Gleichwohl steht aber der Markgraf treu zu Kaiser und Reich und begleitet seinen kaiserlichen Herrn (Heinrich II.) auf zwei Zügen, die 1040 durch die Further Senke und 1041 durch das obere Egertal ausgeführt wurden, gegen den eigenen Schwager, den Böhmenherzog Bretislaw. In Verbindung mit seiner Schwester Judith, der Böhmenherzogin, gelang es indessen dem Markgrafen noch im Oktober 1041, das Regensburger Abkommen zu vermitteln, das für Jahrzehnte ein freundschaftliches Verhältnis zwischen dem Reiche und Böhmen begründete. Diese treuen Dienste lohnte der Kaiser dem Markgrafen dadurch, dass er ihm 1048 das damals erledigte Herzogtum Schwaben übertrug, wodurch er, nachdem er noch die allerdings verkleinerte Markgrafschaft auf dem Nordgau und zahlreiche Eigengüter und Lehen inne hatte, einer der mächtigsten deutschen Fürsten wurde. Mit ihm erlosch am 28. September 1057 der Mannesstamm des Schweinfurter Hauses.

Markgraf Otto von Schweinfurt besaß indessen mehrere Töchter, von denen Beatrix die Gemahlin des Grafen Heinrich von Hildrizhausen war. Dieser waltete schon zu Lebzeiten seines Schwiegervaters als stellvertretender Graf im Nordgau und wurde auch später nach dessen Ableben sein wirklicher Nachfolger in der Markgrafschaft. Allein im Jahre 1077 brach er mit anderen deutschen Fürsten Kaiser Heinrich IV. die Treue und schlug sich auf die Seite seines Gegenkönigs Rudolf von Rheinfelden, weshalb er im gleichen Jahre noch vom Kaiser auf dem Reichstage zu Ulm abgesetzt und seiner Lehen und Länder für verlustig erklärt wurde. An seiner Stelle ernannte Kaiser Heinrich IV. auf dem Hoftage zu Nürnberg den Grafen Dipold von Giengen zum Markgrafen. Er fiel aber schon am 7. August 1078 zu Mellrichstadt in der Schlacht zwischen Kaiser Heinrich IV. und Rudolf von Rheinfelden. In der gleichen Schlacht fand auch sein Vorgänger im Besitze der Markgrafschaft, Heinrich von Hildrizhausen, kämpfend seinen Tod. Nach dem Tode dieser beiden Markgrafen belehnte der Kaiser den Vetter Dipolds I., den Grafen Rapoto I. mit der „marchia Camba“. Er fiel bereits 1080 auf der Seite Heinrichs IV. in der Schlacht bei Hohensölden a.d. Elster. Auf ihn folgte sein Sohn Rapoto II., der auch das bayerische Pfalzgrafenamt und die Herrschaft Vohburg erlangte. Er besaß großen Besitz und man erzählte sich von ihm, dass er „vom Böhmerwald bis zur ewigen Stadt auf eigenem Grund und Boden herbergen könne“. Er war einer der gefürchtetsten Gegner der hochkirchlichen Partei in Bayern und starb zu Ostern 1099 während eines Hoftages zu Regensburg kinderlos an einer bösartigen Seuche. Nach seinem Tode gingen seine Eigentümer und viele seiner Lehen, besonders die Markgrafschaft Cham und die Herrschaft Vohburg auf Dipold II., den Sohn Dipolds I. und Luitgards, der Tochter des Schwabenherzogs Berthold I. von Zähringen über. Er stand anfänglich auf Seiten des Kaisers Heinrich IV., schloss sich aber später an dessen Sohn Heinrich (V.) an, als er wider seinen Vater rebellierte. Im Vereine mit seinem Vetter, dem Grafen Berengar von Sulzbach, der nach ihm der mächtigste Herr auf dem Nordgau war, begleitete er Heinrich V. auf fast allen seinen Kriegszügen. So war er 1108 Teilnehmer an der erfolglosen Reichsheerfahrt nach Ungarn und an dem Kriegszuge nach Böhmen 1110, der hauptsächlich infolge des diplomatischen Geschickes der beiden Grafen Dipold und Berengar ein günstiges Resultat für den König hatte. Zweimal begleiteten sie auch diesen nach Italien (1110 und 1116). Nach dem Tode Heinrichs V. stellte er sich auf die Seite des ihm verwandten Staufen Friedrich, unterwarf sich aber drei Jahre später dem gewählten König Lothar von Supplinburg, um nach dessen Tod sofort wieder an die Seite der

Staufen, des nun zum König erkorenen Konrad III., der mit Gertrud, der Tochter Berengars von Sulzbach verehelicht war, zu treten. Dipold II. ist der Gründer (1118) des Klosters Reichenbach am Regen, das er mit Benediktinern Hirsauer (im Schwarzwald) Reform aus dem von seiner Mutter Luitgard mitbegründeten Kloster Kastl a.d. Lauterach besetzte. Seine bedeutendste Schöpfung ist jedoch die Gründung des Klosters Waldsassen (1133), zu dessen Leitung er Zisterzienser-Mönche berief, welche nicht nur große Flächen bisher unkultivierten Bodens mustergültig zu bewirtschaften begannen, sondern auch die Pioniere des Deutschtums bis tief ins Egerland hinein wurden. Am 8. April 1146 beschloss Markgraf Dipold II. sein vielbewegtes tatenreiches Leben. In dem von ihm begründeten Kloster Reichenbach fand er seine letzte Ruhestätte. Bereits einige Wochen nach seinem Hinscheiden wird sein Vetter Gebhard II. von Sulzbach, der Schwager König Konrads III. als Markgraf bezeichnet, welchen Titel er indes nur kurze Zeit (bis 1. Mai 1149) führt. Er scheint wegen Zwistigkeiten mit Heinrich, dem zum Reichsverweser bestellten Sohne Konrads III. als Markgraf abgesetzt worden zu sein. Das Amt eines Markgrafen wurde nun nicht mehr vergeben. Bei späteren Benennungen bedeutet der Name „Markgraf“ nur mehr einen einfachen Titel ohne jedwede weitere Machtbefugnisse.

Abschrift: Alfred Kunz, Weiden