Die deutsche Junioren-Nationalmannschaft und ihr Weg zum Europameistertitel 2007

Die deutsche Junioren-Nationalmannschaft und ihr Weg zum Europameistertitel 2007 Wie schon 2006 fand die diesjährige Auflage der JuniorenEuropameister...
Author: Liane Schmidt
1 downloads 3 Views 3MB Size
Die deutsche Junioren-Nationalmannschaft und ihr Weg zum Europameistertitel 2007 Wie schon 2006 fand die diesjährige Auflage der JuniorenEuropameisterschaft in Lugano statt, wo die europäische Inline-Skaterhockey-Elite im „Palamondo Cadempino“ perfekte Bedingungen für ihre Titelkämpfe vorfand. Da die deutsche Auswahl letztes Jahr triumphal den Titel holte und deshalb beste Erinnerungen an Lugano und das Tessin hatte, konnte der ISHD-Tross mehr als nur damit leben, dass es zum zweiten Mal in Folge zum Erzrivalen in die Schweiz ging. Die Schweizer setzten die letztjährige Ausgabe der Europameisterschaft gelinde gesagt in den Sand und wurden nur enttäuschender Dritter, so dass sich die sportliche Leitung der Deutschen im Klaren darüber war, dass man bei den Eidge-

nossen jeden Stein umdrehen würde, um diese Scharte auszuwetzen und gerade für die bitterböse HalbfinaleNiederlage gegen Deutschland Revanche zu nehmen. Doch nicht nur die Schweizer wollten den Titel, auch die Engländer hatten nach dem Finaleinzug von 2006 sicherlich Blut geleckt. Neben den „großen Drei“ aus Deutschland, der Schweiz und England nahmen auch EMDauergast Dänemark, die Niederlande sowie zum zweiten Mal die Juniorenauswahl aus Österreich am Turnier teil. Erstmals ging man mit sieben Mannschaften an den Start, da auch Israel mit von der Partie war. In Anlehnung an die Statuten der UEFA wurde es den Israelis ermöglicht, trotz ihrer geographisch gesehen nicht

Lugano Paradiso... Wahrlich paradiesische Aussichten

europäischen Lage an der EM teilzunehmen. Die Teilnahme der israelischen Nationalmannschaft darf durchaus als Meilenstein in der Entwicklung der IISHF gesehen werden. Ein Turnierfeld von sieben Nationen stellte die IISHF vor neue Herausforderungen, ein dicht gedrängter Zeitplan, für den zwei Tage gerade noch so ausreichen und eine Spielzeitverkürzung in der Vorrunde von 2 x 20 auf 2 x 15 Minuten waren die Folge. Vorbereitungen Das „Projekt Gold“ begann für die Verantwortlichen der Junioren-Nationalmannschaft bereits wenige Wochen nach der EM 2006. Genau genommen am 28. Oktober letzten Jahres, am Rande des PlayoffHalbfinales, trafen sich die beiden Trainer zu einem ersten Sondierungsgespräch, bei dem wichtige Eckpfeiler für den Weg zur dritten Titelverteidigung gesetzt werden sollten. Man wusste, dass zum Einen die Konkurrenz im nächsten Jahr durch den fast provozierend locker eingefahrenen letzten Titel regelrecht aufgestachelt sein würde und man zum Anderen in der eigenen Mannschaft wichtige Leistungsträger wie Esser, Becherer, Stupp oder Kemper zu ersetzen hatte. Zur Folge des-

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Jonas Matzken. Auffallend, dass man im Vergleich zu den Vorjahren weniger heraus stechende Einzelakteure zur Verfügung hatte, andererseits aber mit einer noch nie da gewesenen mannschaftlichen Geschlossenheit aufwarten konnte.

sen wurde die Zügel deutlich angezogen, mehr Lehrgänge und Sichtungen als zuletzt angesetzt und ein Konzept erstellt, das einerseits viel Altbewährtes enthielt, andererseits aber um einige neue Gesichtspunkte erweitert wurde, nicht zuletzt, um nicht den berühmt-berüchtigten Alltagstrott zu verfallen. Die ersten Spieler wurden von Michael Klein und Christian Keller Anfang Februar zum Rapport bestellt, hierbei handelte es sich um einen freien Sichtungslehrgang, zu dem die deutschen Vereine über 50 Spieler schickten, die bislang noch nicht im engeren Beobachtungsfeld der Nationaltrainer standen, oder sich nochmals zu beweisen hatten. Es soll dabei nicht unerwähnt bleiben, dass es hiervon mit Felix Tauer und Cedric Meyers immerhin zwei Spieler ins EM-Team schafften, mit Lukas Langer und Michael Eymann zwei weitere letztendlich dem erweiterten Kader der Mannschaft angehörten. Dem ersten Kaderlehrgang Ende Februar, bei dem auch die Fitness der Nationalmann-

schaftkandidaten auf den Prüfstein gestellt wurde, sollten bis zur endgültigen Nominierung im August zwei Fitnesstests und fünf Trainingstage folgen, zudem nahm die Mannschaft traditionell am Kölner Pfingstturnier teil. Ein wichtiger Bestandteil der diesjährigen EMVorbereitungen war auch der Junioren-Länderpokal in Kollnau, wo man bei der von den Bundestrainern betreuten NRW-Auswahl anders als in den Vorjahren auf die erste Garde verzichtete und überwiegend jüngeren Perspektivspielern die Möglichkeit gab, sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Eine Chance, die beispielsweise Spieler wie Dominik Luft oder Till van de Sand beim Schopfe packten und sich in den EM-Kader spielten. Dieser stand dann vier Wochen vor den Titelkämpfen endgültig fest und war eine Mischung aus altbekannten Größen wie Lukas Fettinger, Lars Wegener oder Paul Bankewitz und jungen hungrigen, teils vor einigen Monaten noch eher unbekannten Akteuren wie Christian Laing oder

Der Kreis schließt sich in Monheim Am letzten AugustWochenende traf sich der endgültige Kader zu einem dreitägigen Trainingslager in Monheim, wo die Saison für die Nationalmannschaft mit dem ersten Sichtungstraining auch begann. Mal davon abgesehen, dass man sich natürlich im spielerischen und taktischen Bereich den letzten Feinschliff holte, standen auf den ersten Blick eher seltsam anmutende Disziplinen wie Tauziehen, Brennball oder „ich lass mich rückwärts von der Mauer fallen und hoff, dass mich die Mannschaft auffängt“ auf dem Trainingsplan. Als man nach einem hart um-

Trainingscamp in Monheim: Vertrauen!?

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

kämpften Fight zwischen den „Scorpions“ und den „Gladiators“ (nach einer dramatischen Verlängerung übrigens) auch endlich ausgekartet hatte, wer wen bei der Euro am Frühstücksbuffet zu bedienen hatte, beendete man das Trainingscamp, mit der Einschätzung, dass die Mannschaft jetzt stark genug war, um der geballten europäischen Konkurrenz die Stirn zu bieten und man in Monheim genau den Teamgeist herbei schwören konnte, den man sich von Anfang an als wichtiges Teil im Deutschland-Puzzle „Projekt Gold“ angesehen hatte. Süden voraus, hinter Tunnels und Staus schon Lugano in Sicht Der Tross der Nationalmannschaft setzte sich freitags in den frühen Morgenstunden in Bewegung, erste Abfahrt des Busses war um 5 Uhr in Krefeld, wo das Gros der Mannschaft und die ersten Fans zustiegen. Eine gute Stunde später Halt am S-Bahnhof in Köln-Longerich, wo neben dem Trainerstab auch das ganze Mannschaftsequipment, angefangen von den schicken neuen Trikots bis hin zu Bananen und Müsliriegeln, zu verladen war. Der Betreuerstab war relativ schnell verstaut, die Ausrüstung weigerte sich zunächst, musste aber nach massivem Einsatz von Muskelkraft und Köpfchen letztlich doch kapitulieren, so dass gegen 6:30 Uhr alle Bustüren zugingen. Nicht mit dabei war leider der langjährige Betreuer Hans Merkel, der krankheitsbedingt

Zwischenstopp im Emmental kurzerhand absagen und das Bett hüten musste. Nun ging es auf Richtung Süden, mit Zwischenstopp in BadenBaden, wo man mit Lukas Fettinger und Stefan Gläsel noch schnell zwei weitere Spieler und den IISHFReferee Josef Balom eintütete. Ohne die prognostizierten Staus und abgesehen von einigen, von der Klimaautomatik unseres Fünf-SterneReisebusses verursachten, Hitzewallungen sowie etwas Feuchtigkeit im „Coaches Corner“ (das Busdach war nicht ganz dicht), verlief die Fahrt in die Schweiz ohne nennenswerte Zwischenfälle. Man hatte sogar noch Zeit für einen kleinen Zwischenstopp, wo man im malerischen Bergpanorama des Emmentals ausgiebig die Spätsommersonne genießen konnte. Einen weiteren positiven Nebeneffekt hatte die Tatsache, dass man eine Stunde eher in Lugano eintraf als erwartet dann auch noch. Man konnte nach langem Hick-Hack im

Vorfeld nämlich doch noch kurz auf den Platz, um leicht zu trainieren und sich an die Bedingungen vor Ort zu gewöhnen. Zum Training fand sich dann mit Jonas Matzken, der direkt von einer Klassenfahrt aus Italien kam, dann auch der letzte Spieler beim Team ein. Willkommen im Motel Vezia Nachdem locker trainiert und in „aller Ruhe“ die Kabine bezogen wurde, ging es ab ins Motel Vezia, wo die Mannschaft das Wochenende über Quartier bezog. Diese Unterkunft wurde von einigen Eltern empfohlen, die bereits letztes Jahr dort genächtigt, die Herberge für gut und den Service für überaus freundlich befunden hatten. Diese Eindrücke bestätigten sich durch die Bank, und nach einer Willkommensrede des überaus zuvorkommenden und hilfsbereiten Hotelbesitzers hatten die Spieler etwas Freizeit. Nun war das Team dann auch endlich in Komplettbesetzung

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

anwesend, mit ExNationalspieler Bernd Löhnert traf der kurzerhand engagierte Physiotherapeut als letztes Teammitglied ein. Am Hotelpool gab es für die Mannschaft zu später Stunde noch letzte Instruktionen in Einzel- und Gruppengesprächen, ehe es gegen 22:30 Uhr ins Bett ging. Man musste schließlich früh raus, da bereits um 8:30 Uhr das erste Turnierspiel gegen Österreich auf dem Programm stand. Es konnte also dann endlich losgehen… Team Austria nicht mehr als ein Sparring-Partner Die Zielvorgabe für das erste Turnierspiel war unmissverständlich, gegen Österreich musste ein Sieg her und nach Möglichkeit ein klarer. Das Ziel für die Vorrunde war der erste Platz, um im Halbfinale auf einen vermeintlich leichten Gegner zu treffen und den Hauptkonkurrenten Schweiz und England aus dem Weg zu gehen. Dazu konnte man einen Stolperstein namens Österreich natürlich nicht gebrau-

chen. Schnell stellte sich in dieser Partie heraus, dass die Österreicher zwar im Vergleich zum Vorjahr merklich verbessert, aber immer noch weit davon entfernt waren, der deutschen Mannschaft in irgendeiner Form gefährlich werden zu können. Die Mannen aus der Alpenrepublik bejubelten ihren ersten Torerfolg wie einen Sieg, jedoch schlug es vor diesem verwandelten Penalty in der Schlussminute neun Mal bei „Team Austria“ ein. Die deutsche Mannschaft zeigte eine Leistung, die als solide einzustufen ist und absolut ausreichend war, um eine Mannschaft wie Österreich klar mit 9:1 zu distanzieren. Dass sich die Mannen von Michael Klein und Christian Keller im Turnierverlauf deutlich steigern mussten, war aber ebenso klar. Für den Moment konnte man aber erstmal zufrieden sein, man war gut und mit einem klaren Sieg in das Turnier gestartet und konnte sich entspannt auf die Tribüne setzen, um ein Auge darauf werfen,

Der erste Treffer der EM durch Dominik Luft (vorne)

was die Konkurrenz so alles zu bieten hat. Und die hatte einiges auf dem Kerbholz, denn sowohl die Schweizer als auch die Briten legten in ihren Auftaktmatches ein beeindruckendes Tempo vor. Die Eidgenossen distanzierten, wie auch zu erwarten war, den mit viel Herz auftretenden EM-Neuling aus Israel klar. Auch die Briten zeigten temporeiches und sehr passsicheres Skaterhockey, waren auf keinen Fall zu unterschätzen und wurden von einigen Fachleuten sogar stärker als die Schweizer angesehen. Eine Einschätzung, die sich aber, soviel vorweg, im weiteren Turnierverlauf nicht bewahrheiten sollte. Steigerung gegen Dänemark – aber weiterhin nur Vorgeplänkel Im zweiten Turnierspiel bekam es die deutsche Nationalmannschaft mit Dänemark zu tun, einer Mannschaft, die stärker eingeschätzt wurde als Österreich, aber bei weitem nicht mehr den Glanz vergangener (Gentofte) –Zeiten hatte. Dass die Dänen mit dem Turniersieg wohl nichts zu tun haben werden wurde erwartet, das magere Unentschieden im Auftaktspiel gegen die Niederlande überraschte aber schon etwas. Die deutschen Trainer hatten ihren Jungs für das erste Spiel ein gutes Zeugnis ausgestellt, erwarteten aber für den Vergleich mit den Nordeuropäern eine Steigerung. Und die bekamen sie auch, zumindest in den ersten Minuten, wo die Deutschen ihre Gegenspieler verdammt alt aussehen ließen. Drei Wech-

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

„Gegen Dänemark einen Schritt nach vorne machen!“ sel, drei Tore, das Spiel war nach knapp vier Minuten beim Spielstand von 3:0 für den Europameister so gut wie gelaufen. Dass dieser dann aber zwischenzeitlich in eine regelrechte Lethargie verfiel, blieb ebenso wenig im Verborgenen, wie die Tatsache, dass die Dänen auch kein Maßstab für den weiteren Turnierverlauf sein würden. Die deutsche Mannschaft legte nach Überwindung ihrer kleinen Schwächephase, wo man auch den Anschlusstreffer hinnehmen musste, wieder zu, ging speziell nach dem Seitenwechsel sehr hohes Tempo und schoss so einen ungefährdeten 8:1Sieg heraus. Standortbestimmung Schweiz – ein erster Showdown Im dritten Spiel war es dann für Lars Wegener & Co. endlich soweit, nachdem die beiden ersten Begegnungen getrost mit dem Stempel „Vorgeplänkel“ versehen und zu den Akten gelegt werden konnten, ging es nun in völlig andere Sphären, denn mit den Schweizern wartete der Hauptkonkurrent um den EMTitel. Eine Mannschaft, die

gestärkt aus der Pleite von 2006 hervorging, was die ersten Turnierspiele der Eidgenossen auch eindrucksvoll unter Beweis stellten. Die Titelträume einer anderen Nation hatten inzwischen einen herben Dämpfer bekommen, die „Three Lions“ aus England, übrigens mit Betreuer in Löwen-Kostüm (?!?!) angereist, präsentierten sich gegen Holland eher wie harmlose Stubentiger und wurden von den Niederländern mit 4:2 abgestraft. Die diesjährige Europameisterschaft hatte also ihre erste faustdicke Überraschung. Schlagworte wie „Standortbestimmung“ oder „Schlüsselspiel für den weiteren Turnierverlauf“ beherrschten die Vorbesprechungen im deutschen Lager. Doch entweder schienen die Klein-Cracks dies überhört zu haben oder kamen mit dem Druck nicht zurecht, denn die Leistung der Deutschen in der Anfangsphase ließ nicht nur den Trainern die Haare zu Berge stehen. Andererseits war es auch vom

Allerfeinsten, was die Schweiz zu Beginn auf das Parkett zauberte und spätestens jetzt war jedem bewusst: Der im Vorjahr noch gedemütigte Rivale brennt auf die Revanche und liegt mindestens auf Augenhöhe mit dem Titelträger. Die deutsche Mannschaft wirkte unsortiert, überfordert, ja fast desolat, was zur Folge hatte, dass man schnell mit 0:3 zurücklag und kein Mittel gegen die immer einen Schritt schnelleren Schweizer zu finden schien. Auch das 1:3 durch Nicki Neutzer brachte nicht die erhoffte Wende, vielmehr konnten sich die Deutschen Spieler bei ihrem Goalie Paul Bankewitz und nicht zuletzt der Glücksgöttin Fortuna bedanken, dass man zur Halbzeit nicht schon weitaus höher zurücklag. In der zweiten Halbzeit standen die Deutschen enger am Mann, brachten hin und wieder auch gelungene Offensivaktionen zustande und hatten endlich die Spielanteile, die man einfach braucht, um einem Gegner wie der Schweiz

Deutschland nach 0:3-Rückstand am Boden... aber Christian Laing & Co. kommen zurück

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Paroli bieten zu können. Eine Schlüsselszene war mit Sicherheit die 24. Minute, als Dominik Bialke nach einem hässlichen Foul vom Feld getragen werden musste und für kurze Zeit sogar das Bewusstsein verlor, was die Schiedsrichter mit einer 5-MinutenStrafe gegen die Schweiz ahndeten. Es ging ein Ruck durch die Mannschaft, die folgende Überzahl führte zum 2:3Anschlusstreffer durch Lukas Fettinger, die Aufholjagd war nun endlich eingeleitet, die Partie wurde von Minute zu Minute hektischer und kippte in dieser Phase zugunsten der Deutschen. Auch weil die Schweizer nun vermehrt auf der Strafbank zu finden waren, teilweise zurecht, teilweise aber auch aus fast schon mysteriösen Gründen. Ein Schicksal, das die Eidgenossen nun mit ihren Deutschen Gegnern teilten, die gerade in der ersten Hälfte ein ums andere Mal unter sehr fragwürdigen Umständen dezimiert wurden. Deutschland machte nun Druck, das Schweizer Tor war

„Die“ Vorlage der EM D. Holthausen zum 4:3

im Belagerungszustand, bis es wiederum Lukas Fettinger vorbehalten war, zum viel umjubelten 3:3-Ausgleich einzunetzen. Die Deutschen blieben am Drücker und kamen durch Till van de Sand zum 4:3Führungstreffer, doch die Referees hatten den Ball nicht im Tor gesehen und dem Treffer die Anerkennung verweigert eine krasse Fehlentscheidung, wie später verschiedene Videobilder zeigen sollten. Doch bei der deutschen Auswahl lief es nun rund, Chancen fast im Sekundentakt, bis es kurz vor Schluss Cedric Meyers war, der eine Vorlage der Extraklasse von Dennis Holthausen zum 4:3 über die Linie drückte, was diesmal auch den Schiedsrichtern glücklicherweise nicht entgangen war. Da nur noch wenige Sekunden zu spielen waren, sah Deutschland wie der sichere Sieger aus, doch mit dem Abpfiff leistete sich die Hintermannschaft noch mal einen Riesenklops, so dass es hinter Bankewitz zum 4:4 einschlug. Zum Glück war aber die Schlusssirene just einen Moment vorher ertönt und Deutschland schlug die Schweiz somit 4:3. Die glücklichen, aber nervlich überstrapazierten deutschen Fans sprachen von einem wahren Krimi, wie gut, dass sie noch nicht wussten, was sie 30 Stunden später erwarten sollte... Im Mannschaftskreis machte sich Erleichterung breit, ein verloren geglaubtes Spiel konnte durch einen Kraftakt par Excellence noch gedreht werden, den Schweizern wurde ein ziemlicher Dämpfer verpasst und ganz nebenbei

hatte man nun allerbeste Karten auf Platz eins nach der Vorrunde. Doch dass über dieses Spiel noch Klartext geredet werden musste, stand außer Frage, denn eine Halbzeit lang war man dem Gegner in allen Belangen unterlegen. Mit diesem „Bruder-LeichtfußHockey“ war hier kein Blumentopf zu gewinnen. Lockerer Aufgalopp Holland ohne Gegenwehr

Ihre letzte Pflicht hatten die deutschen Junioren am Samstag dann in der Abendsonne von Lugano zu absolvieren. Gegen die „Oranjes“ galt es jedoch Vorsicht walten zu lassen, denn immerhin konnten die Niederländer ja gegen England gewinnen und hatten nach einem Remis gegen Dänemark sogar beste Karten auf Rang drei nach der Vorrunde. Die Deutschen präsentierten sich in dieser Partie in jeder Hinsicht souverän, ließen dem Favoritenschreck keine Chance und spielten beim 16:0 den höchsten Turniersieg heraus. Obwohl das Liveticker-Team das anders sah, soll es nicht unerwähnt bleiben, dass Felix Tauer, der jüngste Torhüter im deutschen Aufgebot, keineswegs „eingerostet“ war, sondern sich mit einem spektaku-

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

lären Save in der Schlussphase seinen ersten LänderspielShotout redlich verdiente. Blickt man auf die einseitige Partie zurück, ist schwer davon auszugehen, dass die Holländer ihre Kräfte schonten, um für die aus niederländischer Sicht entscheidenden Sonntagsspiele gegen Israel und Österreich nicht unnötig Federn zu lassen. Den Deutschen konnte das egal sein, man ließ den ersten Wettkampftag eher locker ausklingen, konnte auch seinerseits einige Leistungsträger schonen und kam dabei noch zu einem Kantersieg, was will man mehr... Ein Sonnentag für die Deutschen und ein arbeitsreicher Abend für den Physio Das Resümee des ersten Turniertags fiel aus Deutscher Sicht demnach positiv aus, man blieb verlustpunktfrei, selbst bei einer Niederlage gegen GB wäre Platz eins nicht in Gefahr, die Mannschaft schien nach der starken zweiten Halbzeit gegen die Schweiz und dem souveränen Auftritt gegen die Niederlande endgültig im Turnier ange-

Ganz entspannt... Manager Werner Hoffmann

kommen zu sein. Eltern, Fans und sonstiges Begleitpersonal verbrachten bei traumhaften 31 Grad eine schöne Zeit, auch Spieler und Betreuer hatten bei diesen klimatischen Bedingungen keine Mühe, die mal kürzeren, mal längeren Wettkampfpausen zu überbrücken. Mit mehr oder weniger Erfolg versuchte man sich beim Beachball, was aber Kölns Cedric Meyers mit seinem Goalie Paul Bankewitz veranstaltete (siehe Bild), möchten wir der Fantasie des Lesers überlassen. Alles in allem kam die deutsche Mannschaft gut über den Tag, jedoch bereitete der Gesundheitszustand von Stürmer Dominik Bialke dem Betreuerstab nach wie vor große Sorgen. Nach dem Bandencheck gegen die Schweiz hatte sich dieser nämlich bis zum Abend deutlich verschlechtert, so dass Physiotherapeut Bernd Löhnert Extraschichten schieben musste und nicht mit der Mannschaft zum Pizzaessen gehen konnte. Spätestens jetzt hat es sich gelohnt, die medizinische Abteilung im Vorfeld der Europameisterschaft auf-

zuwerten, zudem konnte man mit Löhnert einen Top-Mann gewinnen, der übrigens beim Phsyio der deutschen FußballNationalmannschaft, Klaus Eder, in der Ausbildung war. Als gegen 23 Uhr Mannschaft, Betreuer und Fans wieder im Hotel eintrafen, konnte Entwarnung gegeben werden, da sich Dominiks Zustand inzwischen stabilisiert hatte und die Chancen für einen Einsatz am Sonntag immerhin bei 50:50 standen. Ein herzlicher Dank gebührt an dieser Stelle auch Dr. Dietmar Sowa aus Augsburg für die telefonische Unterstützung und sehr gute Einschätzung der Lage zu später Abendstunde. Nun ging es für den gesamten Tross ins Bett, man musste schließlich Kraft tanken für den Tag der Entscheidung. Sonntagmorgen gegen GB – fast schon EM-Tradition Sonntags klingelten die Wecker der deutschen Spieler zwar eine Stunde später als tags zuvor, von ausschlafen konnte hinsichtlich der überaus christlichen Zeit von 7 Uhr keine Rede sein. Beim

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Das Spiel gegen England ist früh entschieden... Cedric Meyers und die Deutschen treffsicher Frühstück dann wieder das inzwischen merklich besser eingespielte Prozedere – die Verlierer aus der Trainingslager-Competition bedienen die Sieger, ehe es ab zur Halle ging, wo man sich auf den Vergleich mit der Auswahl Großbritanniens vorbereitete. Schon fast traditionell fand dieses Spiel am Morgen des zweiten Turniertags statt, also „Business as usual“ für Klein & Co. Das Trainergespann machte das Team nochmals heiß, zwar war Platz eins nach der Vorrunde so gut wie sicher, doch man stellte deutlich heraus, wie wichtig es ist, in den entscheidenden zweiten Turniertag mit einer entsprechenden Leistung zu starten. Gesagt – getan, die deutsche Mannschaft spielte gut, phasenweise sogar richtig gut und hatte gegen die in sehr wechselhafter Form auftretenden Briten keine Mühe, sich eine 5:1Führung zu erarbeiten. Dass diese am Ende noch auf 5:3 zusammenschmolz war allenfalls Ergebniskosmetik, der

deutsche Sieg war jedoch zu keinem Zeitpunkt mehr in Gefahr. Man konnte zufrieden sein, mit England war der letzte große Stolperstein in der Vorrunde aus dem Weg geräumt, Platz eins unter Dach und Fach und gegen die Israelis konnte man es nun erst mal gemächlich angehen lassen. Das erste Länderspiel gegen Israel - ein freundschaftliches Aufeinandertreffen Das sechste und letzte Vorrun-

denspiel war für die Deutschen zwar sportlich völlig bedeutungslos, weshalb auch fast die halbe Mannschaft in „zivil“ auf der Tribüne Platz nahm, dennoch für alle Beteiligten etwas ganz besonderes. Erstmals in der SkaterhockeyGeschichte gab es ein Länderspiel zwischen diesen beiden Nationen. Ganz abgesehen von den geschichtlichen und aktuellen weltpolitischen Ereignissen war es natürlich etwas außergewöhnliches, gegen diese Mannschaft aus dem Nahen Osten anzutreten. Lukas Fettinger, der aufgrund der schonungsbedingten Tribünenpräsenz von Lars Wegener dieses Mal das „C“ auf der Brust trug, begrüßte seinen israelischen Kapitänskollegen mit einem Extra-Präsent, auch das Shakehands der Trainer und Offiziellen fiel deutlich länger und intensiver aus als normalerweise üblich. Der sportliche Vergleich der beiden Mannschaften ist schnell zusammengefasst: Einbahnstraßen-Hockey auf das Tor von Israel beherrscht das Bild, die deutsche Mannschaft

Ehrentreffer für Israel... Schlusspunkt im ersten Länderspiel

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

schoss ein standesgemäßes 13:1 heraus, das viel umjubelte Ehrentor der Israelis kam in der Schlussphase unter gütlicher Mithilfe der deutschen Abwehr zustande. Doch daran wollte sich niemand so recht stören, da man mit seinen Gedanken schon ganz wo anders war und den sympathisch und diszipliniert auftretenden Israelis dieses Erfolgserlebnis auch vollends gönnte. Das Vorrundenfazit - alles bleibt anders… Die deutsche Mannschaft hatte ihr erstes Etappenziel, Platz eins nach der Vorrunde, erreicht. Man hatte dies als Losung ausgegeben, um ein möglichst leichtes Halbfinale zu haben. Doch wie schon im Vorjahr, als man in der Runde der letzten vier als Gruppenerster plötzlich auf die Schweiz traf, kam auch diesmal alles anders. Die mit den Deutschen auf Augenhöhe befindliche Schweiz landete mit nur einer Niederlage auf Platz zwei, Dritter wurden aber völlig ü-

berraschend die Holländer. Siege gegen Österreich und Israel, ein Remis gegen Dänemark und vor allem der 4:2Überraschungscoup gegen die Briten spülten die Oranjes auf Platz drei. Dahinter landete GB, das im entscheidenden Spiel gegen Dänemark (4:3) alle Mühe hatte, seinen Halbfinalplatz überhaupt zu manifestieren, zufrieden damit war im britischen Lager allerdings niemand so recht. Fünfter wurden eher enttäuschende Dänen, die ihren Abwärtstrend der letzten Jahre fortsetzten. Der erste Länderspielsieg der Geschichte (5:1 gegen Israel) bescherte „Team Austria“ Rang sechs. Siebter und punktloser Letzter wurden die Israelis, die aber keineswegs unter ferner Liefen waren und zumindest gegen die Teams aus der unteren Tabellenhälfte phasenweise gut mithalten konnten. Beim deutschen Tross hielt sich die Begeisterung über das Halbfinale gegen die im Vergleich zu Holland wesentlich unangenehmer zu spielenden Engländer stark in Grenzen.

Platz eins nach der Vorrunde... Die deutschen Fans obenauf

Wieder wurde es trotz makelloser Vorrunde nichts mit dem leichten Gegner, doch schließlich kannte man diese Situation aus dem Vorjahr ja bestens, also: alles bleibt anders… Feuer im Halbfinale – Fehlanzeige! Müder Kick gegen England Die gute Nachricht zuerst, die deutsche Mannschaft erreichte das Endspiel und war ihrem Traum von Gold wieder einen Schritt näher gekommen. Doch die Schlechte folgte zugleich, denn was die Deutschen über weite Strecken dieser 2x20 Minuten fabrizierten, war alles andere als meisterlich. Los ging es mit einer Hiobsbotschaft aus der Kabine. Unmittelbar vor der Partie hatte sich Betreuer Benny Musial, die gute Seele der Mannschaft, bei der Obstzubereitung in den Finger geschnitten. Er musste mit einer tiefen Wunde zum Nähen ins Krankenhaus gebracht werden und fiel für das Spiel aus. Da ja der zweite Betreuer, Hans Merkel, krankheitsbedingt gar nicht erst mit angereist war, schrumpfte das Bandenpersonal auf drei Mann, die beiden Trainer und den Physio, die aber eh schon alle Hände voll zu tun hatten, zusammen. Dankenswerter Weise sprang mit Ralf „GTIRalle“ Meyers vom HC KölnWest ein erfahrener „Türsteher“ ein, so dass diese Lücke unkompliziert und schnell geschlossen werden konnte. Doch andere Lücken taten sich auf, die deutsche Mannschaft spielte zwar einigermaßen ge-

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Alle Hände voll zu tun... Goalie Steffen Müller im Halbfinale fällig nach vorne, vernachlässigte die Abwehrarbeit allerdings sträflich, so dass Keeper Steffen Müller mehr zu tun bekam als ihm lieb sein konnte. Doch der Krefelder Schlussmann hielt, so gut es ging, die Schotten dicht und war wichtiger Garant für eine 4:2-Führung, die die Deutschen mit in die Schlussphase nahmen, wo man dann durch zwei weitere Treffer zumindest auf dem Papier für klare Verhältnisse sorgen konnte. Jedoch hatte die deutsche Mannschaft förmlich gelitten und vor allem konditionell unnötig Federn gelassen. Man hatte nun vier Stunden Zeit, wieder neue Kraft zu tanken und sich ernsthaft Gedanken darüber zu machen, wie man die zahlreichen Fehler bis zum Finale abstellen kann. Denn eines war jedem in schwarzrot-gold klar wie Kloßbrühe: leistet man sich gegen die Schweiz wieder ähnliche Aussetzer, würde dies zu einem Fiasko allerersten Grades führen. So taten die beiden Trainer erstmal gut daran, auch den

Anhang etwas zu beruhigen, um wieder für Ruhe im Umfeld zu sorgen, ehe man sich gemeinsam mit der Mannschaft bei Spare-Rips und Würstchen stärkte. Langes Warten und finale Vorbereitungen Während die Schweiz locker mit 12:0 durch ihr Halbfinalmatch gegen inzwischen saftund kraftlose Holländer spazierte und die Platzierungsspiele vor sich hin plätscherten, stieg im deutschen Lager die Anspannung von Minute zu Minute. Zwei Stunden vor

Spielbeginn versammelten Michael Klein und Christian Keller ihre Mannen im Mittelkreis des neben der Halle befindlichen Fußballplatzes. Dabei wurden abseits vom Trubel des Palamondos nicht nur die im Turnier gemachten Fehler aufgearbeitet, sondern nochmals in Erinnerung gerufen, welcher Aufwand über die Saison gemeinsam betrieben wurde und dass es nun im Finale auch darum geht, die Erfolgsformel eines gewissen Herrn Doug Mason („Eishockey besteht nur zu 20 Prozent aus Technik, der Rest ist Kopfsache“) nicht außer Acht zu lassen. Alles in allem hatte dieser fast schon konspirative Treff gepaart mit einem lockeren Fußballmatch das Ziel, die Mannschaft, die nach dem Halbfinale mit ihren Kräften am Ende war und viel mehr geknickt als entschlossen wirkte, wieder aufzurichten, denn der Moment, auf den man seit Anfang Februar hingearbeitet hatte, stand schließlich erst noch bevor. Die Trainer hatten auf mentale Weise die Lebensgeister ihrer Männer wieder erweckt, den Part für die körperliche Fitness übernahmen der inzwischen

Der „Wunder-Cocktail“ für das Finale

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

mit zwei Stichen genähte und professionell verbundene Betreuer Benny Musial mit einer frischen Obst-Ration und Physiotherapeut Bernd Löhnert mit einem eher „speziellen“ Elektrolyt-Cocktail. Nun konnte es also losgehen, die Europameisterschaft hatte ihr Traumfinale, die Schweizer ihre Chance auf die große Revanche für die vielen Niederlagen der letzten Jahre. Ihnen gegenüber stand aber eine entschlossene deutsche Mannschaft, die wieder oben auf war. Der finale Krimi – ein „Drama in 5 Akten“ oder „die verzweifelte Suche nach einem Europameister“ Eines schon mal vorweg, das was am Abend des 9. September 2007 zwischen 19 Uhr und 21 Uhr 18 passierte, wird allen Beteiligten lange in Erinnerung bleiben. Dass dieses Finale Spieler, Trainer und Fans beider Seiten an den Rand des Wahnsinns trieb, ist die eine Sache. Doch auch alle anderen, neutralen, unbeteiligten oder wie auch immer gearteten Zu s c h a u e r i n L u ga n o Cadempino wurden regelrecht elektrisiert von diesen 138 Minuten Skaterhockey. Ein Spiel, das neben spielerischer Klasse und Kampf um jeden Zentimeter um so mehr geprägt war von Genie und Wahnsinn, unglaublichen Comebacks und Einbrüchen – einer wahren Achterbahnfahrt der Gefühle, die ihren finalen Show-Down erst im Glücksspiel Penaltyschiessen fand und eigentlich keinen Verlierer verdient hatte. Auch wird man sich an ein Spiel erinnern,

dessen Geschichte nicht in aller Kürze zu erzählen ist. Wir werden einen Versuch starten: Die deutsche Mannschaft begann hochkonzentriert, Lars Wegener und seine Teamkollegen hatten nochmals alles mobilisiert und waren im ersten Drittel die überlegene Mannschaft. In Keeper Paul Bankewitz hatte man einen sicheren Rückhalt und in der Offensive erspielte man sich gute Torchancen. Lukas Fettinger und Till van de Sand brachten Deutschland mit 2:0 in Führung, wie stark aber auch die Schweizer sind, zeigte sich kurz darauf. Einen Abstimmungsfehler der Deutschen nutzte man zum 1:2 und legte kurz darauf gleich den Ausgleich hinterher. Deutschland ging aber wieder in Führung, nach zwanzig, schon heiß umkämpften, Minuten hieß es 4:2, ein Ergebnis, das dem Spielverlauf gerecht wurde, denn bis auf die zwischenzeitliche Drangperiode der Eidgenossen, war Deutschland aktiver, zweikampfstärker und folglich auch überlegen, zumal

man seine Fehler in der Defensive auf ein absolutes Minimum beschränken konnte. Das zweite Drittel begann mit einem weiteren Treffer für Deutschland. Als Patrick Büren kurz nach dem Seitenwechsel das 5:2 erzielte, sah es gut, ja verdammt gut aus für die Mannen von Michael Klein. Das erwartete Aufbäumen der Rot-Weißen schien im Keim erstickt, fatal, dass man es in dieser Phase trotz bester Einschusschancen verpasste, den sprichwörtlichen Sack zuzumachen und das Finale früh zu entscheiden. Denn auf einmal kippte das Spielgeschehen auf die andere Seite, die Schweiz hatte sich gefangen und zog genau das Offensivspiel auf, mit dem sie die deutschen Cracks in der Vorrunde 15 Minuten lang förmlich vorführte. Einige unnötige Ballverluste und Strafzeiten taten ihr übriges dazu, so dass die Zuschauer ab der 25. Minute ein ganz anderes Spiel sahen. Die Schweizer trieben einen Angriff nach dem anderen voran, die deutsche Abwehr hätte sich in die-

Die deutsche Abwehr im zweiten Drittel... Konfusion pur

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

ser Phase um ein Freischwimmerabzeichen bewerben können, Entlastung durch eigene Chancen – Fehlanzeige. So kam es wie es kommen musste, Deutschland wurde von dieser Übermacht regelrecht erdrückt und sah sich nach 40 Minuten nicht mehr mit 5:2 in Front, sondern mit 5:6 in Rückstand liegend. Die Trainer zogen die Reißleine und wechselten den Torhüter, zwar war Paul Bankewitz absolut kein Vorwurf zu machen, doch die gnadenlos ins Hintertreffen geratene Mannschaft brauchte jetzt ein Zeichen. Gut, dass man mit eben Bankewitz und Steffen Müller über zwei erstklassige Torleute verfügte, was ein derartig taktisches Mittel überhaupt erst sinnvoll machte. Müller wurde also ins eiskalte Wasser geworfen, der Sturmlauf der Schweizer hielt aber auch im dritten Spielabschnitt an, so dass es nicht lange dauerte, bis auch Deutschlands neuer Torhüter hinter sich greifen musste. 5:7 - fünfzehn Minuten vor dem Ende, jetzt wurde es langsam bitter. Die

Schweizer Fans feierten ihr Team schon wie den neuen Europameister, hatten dies aber zu früh getan, wovon auch der deutsche Anhang, der 20 Minuten zuvor schon am Jubilieren war, ein Lied singen konnte. Denn nicht zum ersten Mal in diesem Turnier kämpfte sich die deutsche Auswahl zurück, Fettinger und Holthausen sorgten für den 7:7-Ausgleich, der deutsche Jubel kannte keine Grenzen mehr. Fünf Minuten vor Schluss gab es eine Strafe gegen die Schweiz, die deutschen Trainer schickten in Überzahl ihre Paradereihe mit Pat r i c k Bür e n, De n ni s Holthausen, Stefan Gläsel und Lukas Fettinger auf den Platz, keine zehn Sekunden später: Querpass Holthausen, Schuss Büren – TOR für Deutschland – 8:7, wieder hatte das Spiel eine nicht mehr erwartete Wende erhalten. Die Ernüchterung folgte aber prompt, die Schweiz erzielte im Gegenstoß das 8:8, die Halle glich nun endgültig einem Tollhaus. Die Spannung in den Schlussminuten stieg

Kampf pur... Gläsel, Holthausen & Co. kommen zurück

ins Unermessliche, jeder Schuss, jeder Abpraller, jeder verunglückte Querpass konnte nun die Entscheidung bringen. Die beiden Mannschaften, körperlich am Ende ihre Kräfte, schenkten sich auch weiterhin nichts. Da es mit der Kondition in beiden Lagern verständlicherweise nicht mehr so gut bestellt war, taten sich wieder und wieder Lücken auf. Chancen auf beiden Seiten, ein drei auf zwei der Schweizer, im Gegenzug ein zwei auf eins der Deutschen, packender hätte die Schlussphase kaum verlaufen können. Fast schon konnte von einem fairen 8:8-Unentschieden die Rede sein, ein Ergebnis, das dem Spiel zweier absolut gleichwertiger Team gerecht geworden wäre. Doch Moment!!! Man war auf der Suche nach einem Europameister, also musste eine fünfminütige Verlängerung her... Diese begann mit einem Paukenschlag, Deutschlands Topscorer Lukas Fettinger schnappte sich, von seinem Sturmpartner Stefan Gläsel am Anfangsbully mustergültig frei gespielt, die Kugel und jagte sie über die Schulter des Schweizer Keepers zum 9:8 in die Maschen. Da es aber beim Skaterhockey bekanntlich kein „Golden Goal“ gibt, hatten die Deutschen noch fast fünf Minuten bis zum totalen Triumph zu überstehen. Die Schützlinge von Michael Klein und Christian Keller machten ihre Sache nun nahezu perfekt, unaufhaltsam lief die Uhr gegen die Schweizer, die ebenfalls aufopferungsvoll kämpften, aber gegen das deutsche Abwehrbollwerk kein Mittel mehr zu finden schienen. Die

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

auf höchstem Niveau, bis acht Sekunden vor Schluss. Das Tor der Eidgenossen war längst verweist, der Ball genau hinter diesem, als ein genialer Pass auf einmal Räume öffnete und den deutschen Abwehrriegel knackte. Der Rest war Formsache, Querpass zur Mitte, keine Chance für Müller – 9:9 – Spielzeit 64:54. Wieder zwei gleichwertige Mannschaften, aufgrund des frühen Tores auf der einen und des späten auf der anderen Seite wieder ein leistungsgerechtes Ergebnis, aber was immer noch blieb, war die Suche nach einem Europameister – also auf ins Penaltyschiessen... Es dauerte einige Minuten bis es endlich losgehen konnte, zunächst musste der Platz von Schweiß und Nässe befreit werden, dann hatten die Trainer jeweils fünf Schützen zu benennen, so dass Klein und Keller ein letztes Mal an diesem Abend die Köpfe zusammensteckten. Fünf Nummern kritzelte Co-Trainer Christian Keller auf das von der IISHF mit viel Liebe und Detailtreue

ausgearbeitete Papier: die 23 – die 16 – die 22 – die 96 und die 48.

konnte. Der alte und neue Junioren-Europameister heißt DEUTSCHLAND!!!

Vielleicht half es, dass die deutschen Trainer und auch Goalie Steffen Müller noch am Morgen des Finaltags ein Replica des berühmten Elfmeter-Spickzettels von Jens Lehmann aus dem WMAchtelfinale gegen Argentinien in den Händen hielten, man weiß es nicht, auf alle Fälle hatten die Deutschen im Lotteriespiel Penaltyschiessen das Glück auf ihrer Seite. Nach jeweils vier Schützen verwandelten Dennis Holthausen, Dominik Bialke und Patrick Büren, aber nur zwei Schweizer, so dass der letzte deutsche Schütze, Nicolas Neutzer, die Entscheidung auf dem Schläger hatte, jedoch an der Fanghand des Schweizer Goalies scheiterte. Doch auch Steffen Müller konnte den letzten Schuss parieren und sorgte dafür, dass die beinahe verzweifelte Suche nach dem Europameister 2007 um 21 Uhr und 18 Minuten endlich zu den Akten gelegt werden

Siegerehrung - ein Jubelmeer in Schwarz-Rot-Gold Kein Wunder, dass es für die Mannschaft danach kein Halten mehr gab, Steffen Müller wurde unter dem Pulk seiner Mitspieler begraben, noch Minuten nach dem Abpfiff konnte es im deutschen Lager kaum jemand fassen: man hatte nach Torquay 2004, Kaarst 2005 und Lugano 2006 zum vierten Mal in Folge den Europameistertitel errungen, so dass die Siegerehrung ganz im Zeichen des Schwarz-RotGoldenen Jubels stand. Doch es gab auch noch andere Dinge, die aller Ehren wert waren, ein Fairplay-Preis zum Beispiel, der an Israel ging. Die Abschlussplatzierungen kurz im Überblick: Deutschland vor der Schweiz, Dritter Großbritannien, Vierter Holland, Fünfter Dänemark vor Österreich und Israel.

Der Moment der Entscheidung... Steffen Müller hält den letzten Schweizer Penalty

Das Allstar-Team bestand aus Spielern vier verschiedener Nationen: Goalie Shane Sturkenboom aus den Niederlanden, Sebastien Gurtner sowie Alessio Antonietti aus der

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

spiel bescheren wird. Schon mit etwas Wehmut nimmt der deutsche Tross nach zwei erfolgreichen, wohl organisierten und von Traumwetter geprägten Jahren Abschied vom Palamondo in LuganoCadempino, mit dem sicheren Gefühl aber auch, in Krefeld perfekte Bedingungen und eine vorbildliche Organisation vorzufinden.

Schweiz, Joe Edwards (GB) und Lukas Fettinger aus Deutschland. Der Angreifer vom TV Augsburg avancierte mit 25 Punkten (19 Tore / 6 Vorlagen) mit großem Abstand zum Topscorer des Turniers und mit inzwischen 28 Einsätzen zum deutschen Rekordnationalspieler in der Altersklasse Junioren, wofür er von der ISHD ein entsprechendes Präsent überreicht bekam. Ferner gewann Fettinger seinen vierten Europameistertitel, was vorher noch keinem Juniorenspieler in der Geschichte des internationalen Skaterhockeys vergönnt war. Diese durchaus als herausragend zu bezeichnende Einzelleistung darf jedoch keineswegs darüber hinweg täuschen, dass der Schlüssel zum Erfolg für die deutsche Junioren-Nationalmannschaft 2007 der große Teamgeist gepaart mit einer unbändiger Willensstärke war. Mit diesen Mitteln schaffte man es, schwierigste Phasen des Turniers zu überstehen und trotz mehrmaliger Rückstände immer wieder zurückzukommen, um das „Projekt Gold“ letztendlich in

einem Herzschlagfinale zu vollenden und für ein weiteres Jahr in der europäischen Skaterhockey-Hackordnung ganz oben zu stehen.

Arrivederci Lugano – Ein herzliches Willkommen in Krefeld 2008 Nach der EM ist vor der EM, nächstes Jahr finden die Titelkämpfe auf deutschem Boden in Krefeld statt. Eine rheinische Skaterhockey-Hochburg als Veranstaltungsort einer Europameisterschaft, was der Junioren-Nationalmannschaft in zwölf Monaten ein Heim-

Zwar ist es für die Verantwortlichen des CSC kein leichtes, das rheinische Sauwetter entsprechend zu beeinflussen, doch in Krefeld laufen die Vorbereitungen für einen idealen Turnierrahmen schon auf Hochtouren. Die Messlatte liegt nach Lugano mit seiner wunderschönen Halle verhältnismäßig hoch, doch führt man sich vor Augen, dass die Schweizer gerade in Sachen Zuschauerresonanz und Catering doch einiges an Luft nach oben hatten, liegt es für Krefeld und den CSC durchaus im Bereich des Möglichen, Lugano mit seinen beiden Veranstaltungen zu toppen. Ob dies für unsere JuniorenNationalmannschaft ebenfalls möglich ist, wird die Zukunft

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Zudem wird man sich damit anfreunden müssen, dass es keineswegs, wie mancherorts behauptet, eine Selbstverständlichkeit ist, jedes Jahr eine Mannschaft mit dem Potential zum Titelgewinn zur Verfügung zu haben. Ferner gibt es im deutschen Nachwuchs-Inline-Skaterhockey zahlreiche Themenbereiche, die es zusammen mit den Vereinen anzugehen gilt, auch um den erfolgreichen Fortbestand der Junioren-Nationalmannschaft zu sichern.

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Harald u. Nicole Holthausen, Bernd Stupp

http://picasaweb.google.com/championships07

Michael Klein, Ingo Goerke, Christian Keller

Fotos:

Texte / Redaktion:

Es ist die Aufgabe des Verbandes, hierfür die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen und liegt in den Händen der Vereine, eine entsprechende Vorarbeit zu leisten, die die Bundestrainer in letzter Konsequenz nicht mehr als vollenden können. Denn nach der EM ist vor der EM und deshalb werden sich wohl Michael Klein und Christian Keller demnächst wieder irgendwo in Deutschland treffen, um frühzeitig die Eckpfeiler für die Vorbereitung auf die Europameisterschaft 2008 zu setzen.

Dionysstr. 16, 50739 Köln

Dass es Ausnahmekönner dieses Kalibers auch im deutschen Skaterhockey nicht wie Sand am Meer gibt, ist Fakt. Schon die diesjährige Mannschaft hat eine Entwicklung eingeleitet, die über Erfolg und Misserfolg deutscher Junioren-Nationalmannschaften in Zukunft mehr denn je entscheidend sein wird: Wird man es schaffen oder eben nicht, aus dem vorhandenen Spielermaterial eine ausgeglichene, homogene und stimmige Mannschaft zu formen, die in sich so gefestigt ist, um,

wenn nötig, über ihre Grenzen zu gehen?!

Herausgeber:

In Torquay begann eine Erfolgsgeschichte, die (vorerst) bis zum diesjährigen 12:11Finalsieg reicht, eine Ära fast schon, die entscheidend mitgeprägt wurde von herausragenden Einzelspielern - anfangs

Gordon Kindler oder Michael Häfele, über Robin Weisheit und Kai Esser bis hin zu Lukas Fettinger.

ISHD Inline - Skaterhockey Deutschland

zeigen. Die Ansprüche sind auf alle Fälle hoch, denn in den letzten Jahren sparte Deutschlands Nachwuchselite nicht gerade mit Superlativen. Nicht minder beeindruckend als vier Europameistertitel in Serie ist die Länderspielbilanz, in der man bei der Suche nach einer Niederlage bis ins Jahr 2004 zurückblättern muss. Seit jenem 4:7 vom 18. September 2004 gegen die Schweiz verlor man kein einziges Spiel mehr!

Alle Ergebnisse im Überblick Deutschland Dänemark Israel Österreich Großbritannien Niederlande Dänemark Österreich Niederlande Deutschland Großbritannien

-

Österreich Niederlande Schweiz Dänemark Israel Schweiz Deutschland Israel Großbritannien Schweiz Österreich

9:1 3:3 0:7 0:4 8:0 0:11 1:8 5:1 4:2 4:3 8:0

Israel Niederlande Schweiz Dänemark Israel Großbritannien Schweiz Niederlande Israel Schweiz

-

Dänemark Deutschland Österreich Großbritannien Niederlande Deutschland Dänemark Österreich Deutschland Großbritannien

2:8 0:16 9:1 3:4 1:7 3:5 6:1 7:4 1:13 8:2

Spiele

Siege

Remis

Niederl.

Tore

Diff.

Punkte

1.

Deutschland

6

6

0

0

55:9

46

12

2.

Schweiz

6

5

0

1

44:8

36

10

3.

Niederlande

6

3

1

2

21:37

- 16

7

4.

Großbritannien

6

3

0

3

27:20

7

6

5.

Dänemark

6

2

1

3

20:24

-4

5

6.

Österreich

6

1

0

5

11:38

- 27

2

7.

Israel

6

0

0

6

5:48

- 43

0

Halbfinale: Deutschland Schweiz

-

Großbritannien Niederlande

6:2 (4:1) 12:0 (3:0)

-

Israel Österreich Dänemark

11:2 (6:0) 1:4 (1:1) 3:4 (1:1)

-

Niederlande

-

Schweiz

12:11 (4:2/1:4/3:2/1:1)

4. 5.

6. 7.

Platzierungsrunde: Dänemark Israel Österreich

Spiel um Platz drei: Großbritannien

5:1 (2:0)

Finale: Deutschland

Abschlussklassement: 1. 2. 3.

Deutschland Schweiz Großbritannien

Niederlande Dänemark

Österreich Israel

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Die deutsche Junioren-Nationalmannschaft 2007

Steffen Müller

Felix Tauer

Torhüter

Torhüter

Paul Bankewitz Torhüter

Christian Laing

Sebastian Eloo

Verteidiger

Verteidiger

Tobias Mazur

Till van de Sand

Dennis Holthausen

Nicolas Neutzer

Jonas Matzken

Verteidiger

Verteidiger

Verteidiger

Verteidiger

Verteidiger

Patrick Büren

Sebastian Müller

Lukas Fettinger „A“

Dominik Luft

Dominik Bialke

Verteidiger

Stürmer

Stürmer

Stürmer

Stürmer

Stefan Gläsel

Cedric Meyers

Benedikt Hüsken

Lars Wegener „C“

Werner Hoffmann

Stürmer

Manager

Stürmer

Stürmer

Stürmer

Michael Klein

Christian Keller

Benni Musial

Trainer

Co-Trainer

Betreuer

Hans Merkel Betreuer

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Bernd Löhnert Physio

Scorerliste Name

Pos

Nr

Ga

G

A

P

PIM

SOG

+/-

1 Lukas Fettinger

S

16

8

19

6

25

0

51

26

2 Stefan Gläsel

S

27

7

6

8

14

2

14

17

3 Patrick Büren

V

96

7

6

7

13

4

23

17

4 Dennis Holthausen

V

23

8

6

5

11

2

24

21

5 Till van de Sand

V

21

8

4

6

10

6

12

20

6 Benedikt Hüsken

S

70

7

8

1

9

4

26

9

7 Cedric Meyers

S

40

8

4

4

8

6

11

9

Lars Wegener

S

71

7

4

4

8

2

19

9

9 Christian Laing

V

2

8

1

5

6

2

11

13

10 Sebastian Müller

S

10

8

1

4

5

4

16

14

Dominik Luft

S

18

8

2

3

5

0

11

7

Dominik Bialke

S

22

7

4

1

5

4

11

6

13 Nicolas Neutzer

V

48

8

3

1

4

4

28

15

Tobias Mazur

V

13

8

3

1

4

8

9

7

15 Sebastian Eloo

V

9

8

1

1

2

4

7

6

Jonas Matzken

V

61

8

1

1

2

4

8

4

Ga = Spiele, G = Tore, A = Vorlagen, P = Punkte, PIM = Strafminuten, SOG = Torschüsse, +/- = Plus-Minus-Wertung

Torhüterstatistik Name

Nr

Ga

Min

GA

SOG

S%

GAA

PIM

Steffen Müller

1

6

125

8

69

88,4

3,8

0

Felix Tauer

30

4

65

2

21

90,5

1,8

0

Paul Bankewitz

33

6

95

9

54

83,3

5,7

2

Ga = Spiele, MIN = Minuten, GA = Gegentore, SOG = Schüsse, S % = Gehalten in Prozent, GAA = Gegentordurchschnitt, PIM = Strafminuten

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland

Deutschland Junioren - Europameister 2007

© 2007 - ISHD Inline-Skaterhockey Deutschland